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Jonas Uchtmann

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Alle Inhalte von Jonas Uchtmann

  1. Das ist aber ein etwas einseitiges Verständnis von klassischer Musik Die "Art" von Musik ist jedenfalls nicht das entscheidende. (Examinierten) Berufsmusikern ist es egal, was sie spielen: Ihr Studium ist darauf ausgerichtet, vielfältige Stile und Gattungen zu vermitteln und darüber hinaus die Fähigkeit zu erwerben, Neues selbtständig und zügig anzueignen. Na ja, bei diesem weder spieltechnisch noch hinsichtlich der Klangkultur sonderlich herausfordernden Score war es bestimmt nicht vonnöten, die Berliner Philharmoniker zu engagieren Mit etwas Zeit hätte selbst das Filmorchester Babelsberg diesen Score bewältigen können. Ja, es ist vor allem eine Frage der Spezialisierung: Filmmusiken einzuspielen ist halt eine der Besonderheiten des LSO, d.h. "site reading" (vom Blatt spielen) wäre eine der Schlüsselqualifikationen für dieses Orchester, was sich sicherlich auch bei Vorspielen bemerkbar macht. Site reading ist aber keine Frage des Interpretationsstils, -vermögens oder Talents, sondern eine kognitive, trainierbare Fähigkeit. Für die Studiomusiker in Hollywood ist es die wichtigste Fähigkeit, für viele europäische Orchester eher zweitrangig. Eine wichtige Ausnahme bilden aber u.a. die Rundfunkorchester der ARD (die sicherlich auch Hollywoodscores problemlos einspielen könnten). Bei LIONHEART und RAMBO III wurden die Synthesizer-Parts von Goldsmith nachträglich eingespielt, zu sehen in der MftM-Doku. Meine Theorie war immer, dass er damit die in beiden Fällen schlechte Leistung der Musiker kaschieren wollte, aber das ist eher Wunschtraum. Wenn Tyler Bates oder Brian Tyler ihre neuesten Schlachtplatten aufnehmen, mag die HSS ja ein bunter Haufen sein. Anders liegt der Fall aber, wenn Williams, Horner, Elfman, Silvestri etc. einen Score einspielen: da ist die Besetzung zumindest in den entscheidenden Positionen handverlesen und über Jahrzehnte die gleiche. Auch unter den Studiomusikern Hollywoods gibt es eine erste, zweite und dritte Garnitur Naja, ein Kinderspiel nun auch nicht, besonders TOTAL RECALL nicht. Außerdem gibt es technisch nun wirklich schlimmeres als "Le Sacre", das Stück ist nicht zuletzt deshalb modernes Standardrepertoire, weil es (heutzutage) fast jeder Berufsmusiker bewältigen kann. Von Stravinskij selbst und generell aus der Klassik, aber auch von Goldsmith gibt es das schwierigeres ... Tja, Mitte der 80er Jahre konnte Intrada halt noch keine großen Sprünge machen Außerdem war die Gelegenheit günstig: Die LIONHEART-Sessions waren gebucht, Komponist und Regisseur ohnehin vor Ort und das Orchester frei - zumal der erste Budapester Score, KING SOLOMONS MINES, noch recht ordentlich gespielt ist. Erst LIONHEART wurde ein mittleres Debakel, aber das war ja vorher nicht abzusehen Natürlich könnte man sich ISLANDS IN THE STREAM wesentlich besser vorstellen, aber aufgrund der ausreichenden Probenzeit ist das (neben KSM) sicherlich die beste Leistung dieses Orchesters für einen Goldsmith-Score Das Graunke Orchester, seit 1990 die Münchner Symphoniker, hat seit der Nachkriegszeit eine lange Tradition als Studioorchester im Film- und TV-Bereich. Goldsmith nahm hier z.B. THE WIND AND THE LION und TWILIGHTS LAST GLEAMING. Um 1990 herum scheint es tatsächlich massive Probleme gehabt zu haben, früher war es aber definitiv ein A-Orchester und ist es nominell sicherlich auch heute noch. Wie sie heute technisch sind, kann ich nicht sagen, aber sicherlich ist es das schwächste der vier Sinfonieorchester Münchens. Lee Holdridge hat mit dem Orchester übrigens vor einigen Jahren MISTS OF AVALON aufgenommen.
  2. Dann liegen wir ja gar nicht so weit auseinander. Wenn man eine Rangfolge erstellen wollte, welche Musikformen sich am besten in unser Schema integrieren lässt, dann käme auf Platz 1 sicherlich der Jazz, der (je weiter seine Evolution vorangeschritten ist) "Qualitätskriterien" entwickelt hat, die mit denen von Kunstmusik durchaus zu vergleichen sind – nicht bezüglich konkreter Inhalte, aber doch hinsichtlich der Maßstäbe. Als nächstes käme der Bereich Pop, der immer dann Schwierigkeiten mit sich bringt, wenn die angesprochene konventionelle ("opernhafte") Dramaturgie verlassen wird, man es beispielsweise nur mit Songs zu tun hat. Was den Bereich der Weltmusik angeht, so wird es hier in der Tat besonders schwierig, was nicht nur damit zu tun hat, dass den Rezensenten oft Kenntnis und Verständnis ethnischer Musik abgehen, sondern eben auch daran, dass es per se um gänzlich andere, der westlichen Musikauffassung oft völlig entgegengesetzte Musikauffassungen handelt (bspw. Koreanische Musik). Schon der Begriff der "Weltmusik" ist ja im Grunde rassistisch, und unser Blick auf die Musik anderer Kulturen noch immer stark imperialistisch geprägt. "Stilreine Weltmusik" wird (zumindest als Originalmusik) in der westlichen Filmmusik nicht sonderlich häufig verwendet, es handelt sich meist um (mehr oder minder ohrfällig konzipierte) Versatzstücke. Gelungene Integration oder Synthese von europäischer (Kunst-)Musik und Weltmusik findet kaum je statt. Was nun Dein Beispiel angeht – BODY LOVE – so fällt die Einordnung nicht gar so schwer. Schulze, als Vertreter der Berliner Schule, ist ein wichtiger Exponent Elektronischer Musik, die (zumindest groß geschrieben ) eher zum Bereich der E-Musik (also Kunstmusik) gerechnet wird. Allerdings sind die Bezüge im Falle der Berliner Schule längst nicht so deutlich wie bei der Kölner Schule (um Stockhausen, die lange Zeit stilistisch der Seriellen Musik verhaftet geblieben ist), und viele ihrer Vertreter, u.a. auch Tangerine Dream, sind später auf Abwege geraten. Für Klaus Schulze gilt das weniger, auch in seiner Zeit als Produzent. Und auch wenn "Body Love" natürlich viele populäre Konzessionen aufweist, so leugnet die Musik die Herkunft ihres Komponisten nicht. Ich würde den Score durchaus hoch einschätzen.
  3. Diese angeblich lächerliche Wirkung muss ein individuelles ästhetisches Problem sein jedenfalls bist Du der erste, von dem ich höre, dass er das Xylophon als lächerlich empfindet ... :-) Was SINBAD so besonders macht, ist die Übertragung des unverwechselbaren herrmannschen Klangidioms auf dieses sehr spezielle Subgenre des Abenteuerfilms: seine maßgeschneiderte Anwendung auf den Film. Herrmann ist nicht nur als Person, sondern auch als Komponist in mehrfacher Hinsicht ein Paradoxon. Seine Tonsprache verändert sich im Grunde von Film zu Film nur sehr wenig, und doch sind die meisten seiner Scores charakteristisch und ohne Probleme voneinander zu unterscheiden. Der Personalstil Protominimalismus, Archaismen, harmonische und strukturelle Affinitäten zum Impressionismus variiert, wenn überhaupt, nur marginal. Was er aber von Score zu Score ändert, ist die Instrumentierung, bzw. genauer die Besetzung. Deswegen findest Du wahrscheinlich auch THE DAY THE EARTH STOOD STILL oder BENEATH so genial: weil Herrmanns sehr exzentrische Besetzungen eine hochgradig originelle Klanglichkeit zur Folge haben. Bei BENEATH und VERTIGO mag auch noch der vergleichsweise üppige, spätromantische Gestus dazu beitragen, dass die Musiken Dir als Freund des Golden Age besonders gefallen. Bei SINBAD ist nun die Besetzung eine recht konventionelle (Standardsinfonieorchester, ein wenig zusätzliche Percussion), die Tonsprache mit Ausnahme des Hauptthemas indes besonders herrmannesk-herb: Keine Polyphonie, sehr kleinschrittige - eben minimale - Motivzellen, stark reduzierte Harmonik bei gleichzeitig sehr ausgeprägtem Hang zu kontrastierenden Mixturen, die dann auch schon zusammen mit genialen Vertonungseinfällen wie dem Skelettduell das Faszinosum der Musik ausmachen. Nun, das Tolle an GULLIVER sind die konkurrierenden Ebenen der Musik: Auf der einen Seite der Klassizismus, auf der anderen Seite der Gegensatz von musikalischem Mikrokosmos (Liliputaner) und Markrokosmos (Riesen). Das ist schon rein konzeptionell eine Meisterleistung, von der Umsetzung ganz zu schweigen. Dass die musikalische Charakterisierung der Riesen vielleicht auf den ersten Blick sehr spröde anmutet, kann ich ja noch nachvollziehen, aber der Rest? Ohrenfreundlicher ist Herrmann doch selten gewesen ... Ich würde es in beiden Fällen einfach mal mit den (guten bis sehr guten) Neueinspielungen probieren. Die Originalaufnahmen sind technisch wirklich nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Dann liegen wir ja gar nicht so weit auseinander. Wenn man eine Rangfolge erstellen wollte, welche Musikformen sich am besten in unser Schema integrieren lässt, dann käme auf Platz 1 sicherlich der Jazz, der (je weiter seine Evolution vorangeschritten ist) "Qualitätskriterien" entwickelt hat, die mit denen von Kunstmusik durchaus zu vergleichen sind nicht bezüglich konkreter Inhalte, aber doch hinsichtlich der Maßstäbe. Als nächstes käme der Bereich Pop, der immer dann Schwierigkeiten mit sich bringt, wenn die angesprochene konventionelle ("opernhafte") Dramaturgie verlassen wird, man es beispielsweise nur mit Songs zu tun hat. Was den Bereich der Weltmusik angeht, so wird es hier in der Tat besonders schwierig, was nicht nur damit zu tun hat, dass den Rezensenten oft Kenntnis und Verständnis ethnischer Musik abgehen, sondern eben auch daran, dass es per se um gänzlich andere, der westlichen Musikauffassung oft völlig entgegengesetzte Musikauffassungen handelt (bspw. Koreanische Musik). Schon der Begriff der "Weltmusik" ist ja im Grunde rassistisch, und unser Blick auf die Musik anderer Kulturen noch immer stark imperialistisch geprägt. "Stilreine Weltmusik" wird (zumindest als Originalmusik) in der westlichen Filmmusik nicht sonderlich häufig verwendet, es handelt sich meist um (mehr oder minder ohrfällig konzipierte) Versatzstücke. Gelungene Integration oder Synthese von europäischer (Kunst-)Musik und Weltmusik findet kaum je statt. Was nun Dein Beispiel angeht BODY LOVE so fällt die Einordnung nicht gar so schwer. Schulze, als Vertreter der Berliner Schule, ist ein wichtiger Exponent Elektronischer Musik, die (zumindest groß geschrieben ) eher zum Bereich der E-Musik (also Kunstmusik) gerechnet wird. Allerdings sind die Bezüge im Falle der Berliner Schule längst nicht so deutlich wie bei der Kölner Schule (um Stockhausen, die lange Zeit stilistisch der Seriellen Musik verhaftet geblieben ist), und viele ihrer Vertreter, u.a. auch Tangerine Dream, sind später auf Abwege geraten. Für Klaus Schulze gilt das weniger, auch in seiner Zeit als Produzent. Und auch wenn "Body Love" natürlich viele populäre Konzessionen aufweist, so leugnet die Musik die Herkunft ihres Komponisten nicht. Ich würde den Score durchaus hoch einschätzen.
  4. Werter Seth, zunächst schon vorab eine Entschuldigung an Dich, dass ich Dich mit waldgeist verwechselt habe und Dir daher vorgeworfen habe, Du würdest zwar einerseits kritisieren, dass Cinemusic nach persönlichem Geschmack bewertet, bei 7TH VOYAGE OF SINBAD jedoch genau das gleiche selbst tun. Dieser Vorwurf geht natürlich ins Leere - mea maxima culpa! Lieber waldgeist, auch an Dich ein dickes Sorry, weil ich Euch argumentativ vereinigt habe, aber wenigstens hat es in Deinem Fall nicht zu falschen Anschuldigungen geführt. Ja, nicht alles ist Gold, was glänzt, auch im Golden Age nicht - nur fällt das in dieser Diskussion nicht so stark ins Gewicht, weil bislang noch so viel Gutes aus dem GA unveröffentlicht ist, dass niemand genötigt ist, sich der Nieten diskograpgisch anzunehmen. Grüße von Jonas
  5. Durchaus richtig, damit nennst Du das (m.M.n. einzige) zentrale Problem dieses Ansatzes: Dass sich manches eben nicht optimal in dieses Raster einfügen lässt. Vielleicht hätte ich nicht von europäischer Kunstmusik als einziger Grundlage sprechen sollen, aber sicherlich ist es die prägende. Man kann ein solches Bewertungssystem nicht einfach absolut und unkonnotiert in den Raum stellen, sonst tritt der Extremfall ein, dass man entweder rein aus dem Bauch heraus wertet oder sich anmaßt, alles objektiv nebeneinander stellen zu können, ganz gleich, um welche Musikform es sich handelt. IRDENDWAS muss man so einem System also zugrunde legen. Wenn man sich ein wenig auf Cinemusic, Filmmusik2000 oder FilmmusikWelt umschaut, wird man feststellen, dass hoch bewertete Scores eben doch meist dem Bereich Kunstmusik zuzurechnen sind bzw. sich an diese anlehnen. (Ob die Filmmusik eines Korngold oder heute Goldenthal nun Kunstmusik - oder deutscher: Ernste Musik - ist, das ist freilich ein anderes Thema.) Rein quantitativ haben jedenfalls auch heute noch (jedenfalls in Hollywood) die allermeisten Filmmusiken diesen Kunstmusikbezug, gleich ob Komödien- oder Horrorscores. Filmmusik, auch stark von anderen Musikformen geprägte, ob Popmusik, Weltmusik oder Jazz, gehorcht in den allermeisten Fällen relativ eng umschriebenen dramaturgischen Gesetzen: Ihre Funktion ist die musikalische Illustration bewegter Bilder, des Films nämlich, die eine wie auch immer geartete Story erzählen, meist mit den dramatischen Mitteln des Theaters, musikalisch denen der Oper und der Programmsinfonie. Auch ein moderner Actionscore, etwa von John Powell, hat in gewisser Weise noch diesen quasi-opernhaften Charakter. So modern das musikalische Vokabular auch sein mag, die dramatischen Formeln (Spannungsaufbau, Klischees) und die Funktion der Musik ist immer noch die gleiche wie zur Zeit von Korngold und Steiner. Und deswegen hat ein stark von Popularmusik geprägter Score immer noch mehr mit klassischer europäischer Musiktradition zu tun als das neueste Album von Madonna. Letzteres ist auch der Grund, warum ich es für legitim halte, das 6-Sterne-Bewertungssystem auch auf solche Scores anzuwenden, die in stilistischer Hinsicht nicht auf europäischer Kunstmusik fußen. Die Alternative wäre, auf eine Wertung in Punkten oder Sternen völlig zu verzichten. Grafische Bewertungen können immer nur eine Gedankenkrücke darstellen und NICHT die differenzierte Essenz einer Kritik. Dann würden die Texte aber von noch weniger Leute gelesen werden, was natürlich auch niemand will. Theoretisch wäre es schon möglich, jede Musik nur innerhalb ihres Genres zu bewerten: D.h. Zimmers THE ROCK (der freilich auch keine reine Popmusik ist!) bekommt X von 6 Punkten auf der Popskala, SEA HAWK X von 6 auf der Kunstmusikskala usf. In der Praxis würde das aber sehr schwierig werden bzw. heilloses Chaos, denn wer entscheidet z.B. über die jeweilige Zuordnung? Man muss also Kompromisse eingehen und damit leben, dass man gelegentlich einer Musik nicht völlig gerecht werden kann: Dass zwar ein Score wie LAST RUN brillante Popmusik ist (in Anführungszeichen, denn es ist eben auch nicht nur Pop), er aber durch den Blickwinkel einer von Kunstmusik geprägten Rezeption gewisse Defizite aufweist: mangelnde Variation, einfachere Harmonik etc.
  6. Nein, aber der generelle Standard der Filmmusikproduktion im Golden und im frühen Silver Age war besser als heute, da gibt es, sorry, nichts zu deuteln. THE SEVENTH VOYAGE OF SINBAD ist neben GULLIVER musikalisch der profundeste der Harryhausen-Scores und keineswegs durchschnittlich; das Duell mit dem Skelett als kitschig und nicht das Gelbe vom Ei zu bezeichnen, wäre fast komisch, wenn es nicht so tragisch wäre. Tragisch deshalb, weil Du anscheinend die spezifischen dramaturgischen Vertonungsmittel, die Herrmann für diese Filme gewählt hast, nicht verstanden hast. Falsch, das nennt sich Musikkritik und hat mit Anstand nichts zu tun. Schlag mal den Kulturteil Deiner Tageszeitung auf: Wenn es für Dich schon unanständig ist, eine Musik als primitiv zu bezeichnen, sollte Dir da eigentlich das Messer in der Tasche aufgehen. Davon abgesehen bezweifle ich stark, dass irgendwo auf Cinemusic ein Komponist persönlich als primitiv bezeichnet wird. Falls es Dir übrigens nicht aufgefallen sein sollte: In Deinem letzten Beitrag hast Du selbst eine Musik, die Dir nicht gefällt, reichlich unreflektiert als Durchschnitt bezeichnet. Also erst mal an die eigene Nase fassen. Kein Mensch kann wirklich objektiv sein, aber offenbar hast Du Dich mit dem Bewertungsansatz von Cinemusic (der im übrigen der gleiche ist wie bei den anderen deutschen Seiten) noch nie auseinandergesetzt: Nicht persönlicher Geschmack, sondern die Orientierung an den Traditionen europäischer Kunstmusik sind dessen Grundlage. Das setzt natürlich - zumindest beim Rezensenten - voraus, dass man diese Traditionen auch im Ansatz kennt. KING KONG hätte eine Höchstwertung verdient, GWTW sicher nicht. Zu vermuten, dass Michael Boldhaus GWTW deswegen nicht 6 Punkte gegeben hat, weil es an der nötigen "Verehrung" für Max Steiner fehlt, ist schon fast grotesk und legt nicht gerade nahe, dass Du Dich auf Cinemusic besonders gut auskennst ... Wie erklärst Du Dir dann bitte schön gute Bewertungen für z.B. Elfman, Goldenthal, Shore oder zig experimentelle Scores aus Silver bis Wooden Age? Mediantketten sind ja auch ach so experimentell. Der überragende Score das Jahres 2006 war PANS LABYRINTH sicherlich nicht. Bei GOOD GERMAN stimme ich Deiner Wertung (4-4,5) zu, aber wie kommst Du dazu, von "absolut überzogen" zu sprechen, wenn die Cinemusic-Bewertung gerade mal einen halben Stern von Deiner Einschätzung abweicht? Das klingt jetzt leider wesentlich bärbeißiger, als es gemeint ist, aber denk vielleicht mal drüber nach. Solche merkwürdigen Aussagen hast Du doch eigentlich nicht nötig ...
  7. Besten Dank Euch allen für die guten Wünsche und Herzlichen Glückwunsch an alle, die kürzlich Geburtstag hatten!
  8. Und was ist das hier? http://www.filmmusikwelt.de/index.php?D=cb3cc343669a0d28eca9e88067e66417&V=file&file=ae22e8369943641adb33252ced55208f
  9. Das ist so nicht ganz richtig, es gibt auch von vielen Goldsmith-Scores Aufführungsversionen, zu beziehen unter http://www.tnv.net/composers.php?compID=93 Die sind natürlich sehr teuer und es handelt sich nicht um Piano-Arrangements à la Hal Leonard, wie es sie von Williams-Scores zuhauf gibt. Bei Goldsmith gibt es in dem Bereich nur einige wenige Standards, neben Bearbeitungen für Klavier auch einige wenige für Concert Band, Schulorchester etc. (STAR TREK, WALTONS, aber z.B. auch RUDY). Was Komplettfassungen angeht, so befinden sich die Dirigier- und Orchesterpartituren i.d.R. in den Händen der Studios und da gibt es kaum ein Drankommen. Einen Großteil seiner handgeschriebenen Particelli hat Goldsmith allerdings der AMPAS-Stiftung vermacht, die können auch eingesehen werden - dafür muss man sich nach L.A. begeben ... So weit der offizielle Stand der Dinge. Einige Partituren sind, obwohl schwer zu finden, auch so im Umlauf - sogar in Deutschland. Das ist selbstverständlich möglich und in Fällen, wo von einer Musik nur noch Tonaufzeichnungen existieren, sogar der einzige Weg, etwas zu rekonstruieren, s. im Bereich Filmmusik diverse Morgan/Stromberg-Projekte oder ALEKSANDR NEVSKIJ. Im Falle von 13th WARRIOR dürften weder die Qualität der Aufnahme noch die Komplexität der Partitur eine sonderliche Hürde darstellen.
  10. Der beste Score unter den hier zur Auswahl stehenden ist natürlich Yareds TROY. Einer der wenigen Scores der letzten Jahre, der zumindest versucht, sich dem Mainstream in den Weg zu stellen und klassische Konventionen des Erzählkinos mit dem Sound des New Age auszusöhnen. Die Varietät des thematisch, idiomatisch und satztechnisch Gebotenen ist durchaus beeindruckend und das klangliche Endergebnis (aufgrund der Yared zur Verfügung gestellten Zeit) musikalisch profund, wenngleich natürlich wenig subtil und überlaut. In den Händen eines technisch besseren und beweglicheren Komponisten hätte das verwandte Konzept aber zu einer der großen Filmmusiken der letzten Zeit werden können. Musikalisch kommt jedenfalls Horners hollywoodkonforme und zusammengeschusterte Konfektionsware dagegen nicht an, bei aller Kompetenz der Ausführung und der imponierenden Produktionsgeschwindigkeit. Auf Platz 2 nach Yared folgt GLDIATOR, eine Musik, die trotz ihrer Plattitüden, Plagiate und unfreiwilligen Persiflagen größtenteils funktioniert. Die narrative Qualität ist ihr nicht abzusprechen, die Vielseitigkeit ist höher als gewöhnlich und manche Aspekte sind wirklich stimmig und zeitgemäß gelöst. Bei LAST LEGION begegnen wir einem Komponisten, dessen hervorstechendste Merkmal früher die Herstellung von hausbackenem, gut gemachtem und schön instrumentiertem Schönklang gewesen ist und der nun leider ins Gigantomaniekarussell der Film(musik)industrie geraten ist worunter bedauerlicherweise die Anhörbarkeit des Ganzen leidet. Vangelis ALEXANDER ist ein bedauerlicher Anachronismus, der auch filmimmanent versagt. Letzteres gilt für KING ARTHUR zwar nicht, aber wann immer ich in vielen Jahren auf die Degeneration der Kunstform Filmmusik einzugehen das Missvergnügen haben werde, wird mir dieser Zimmer einfallen - obgleich es natürlich viel, viel schlechtere Scores gibt. Und übrigens: Dass die einzig wahren Sandalenscores ausschließlich von Rózsa stammen, greift übrigens auch etwas kurz ...
  11. Danke für Deine Anmerkungen. Wir sind uns natürlich der Tatsache bewusst, dass das Design von FilmmusikWelt nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit ist, können hier aber mittelfristig nur bedingt Abhilfe schaffen, da unser technischer Admin sich zurückgezogen hat und die eigentliche Redaktion zu 100 % aus Informatik-Nieten besteht. Falls uns jemand unter die Arme greifen möchte: jederzeit! Was die Übersichtlichkeit angeht, so würden wir heute im Detail manches anders aufteilen (etwa die Unterscheidung zwischen Rezensionen und Kurzkritiken wegfallen lassen), aber ansonsten halte ich den status quo für noch vertretbar. Die Rubrik Demnächst erfüllt ihren Sinn und Zweck in der Tat nicht mehr, weswegen ich sie soeben zurechtgestutzt habe und sie möglicherweise in Kürze ganz von der Seite nehmen werde. Zur Häufigkeit der Updates kann ich nur - mit großem Bedauern - auf das verweisen, was Mike bereits geschrieben hat: Es fehlt momentan leider die Zeit. Und wenn Zeit knapp ist, habe zumindest ich auch mittlerweile nicht mehr den Nerv, sie auf in der Regel belanglose Fließbandware von Varèse und Konsorten zu ver(sch)wenden. Da ziehe ich den Hut vor Mike Rumpf, der sich auch diesem Segment mit großer Disziplin annimmt. Und Artikel wie der von Michael Boldhaus zu SEA HAWK, wo man merkt, dass es eine Herzensangelegenheit gewesen ist, die kosten eben verdammt viel Zeit.
  12. Nur ganz kurz eingehakt: Scott hatte nichts gegen Goldsmiths LEGEND, sondern der Produzent des Films. Sir Ridley war lediglich nicht gewillt, Goldsmiths Arbeit zu verteidigen und hat damit einmal mehr bewiesen, welch rückgratloser Hampelmann und filmmusikalischer Opportunist er ist. Bei TROY hatte ich immer den Verdacht, dass die Wirkung der Yared-Musik im Petersen-Film im Einzelfall grandios und der hornerschen Musik überlegen sein dürfte, in der Gesamtwirkung aber schlicht zu erdrückend für das dünne Süppchen sein dürfte, das Wolle da (für die Kinoversion) gekocht hat - somit die Rejection auf eine Art nachvollziehbar ist.
  13. Auch wenn es gerne bestritten wird: THE 13TH WARRIOR entstand vor der MUMIE, aber das hatten wir auch alles schon im letzten Jahr, s.: http://www.soundtrack-board.de/board/showthread.php?t=5849&page=2 Wie schon dort muss ich auch jetzt wieder mein Erstaunen darüber äußern, wie beliebt dieser Goldsmith-Score ist und wie man ihn für besser als die MUMIE halten kann.
  14. Natürlich gibt es auch bei den "Großen" auf den ersten Blick seltsam anmutende Instrumnetationsentscheidungen - darin besteht manchmal ja auch die Neuartigkeit eines Werkes. In solchen Fällen steckt dahinter aber ja keine Willkür, sondern (s.o.) innermusikalische Notwendigkeit. Passable Instrumentierung ist, bei ausreichenden Vorkenntnissen in Theorie und Kontrapunkt, relativ leicht zu erlernen, und in der heutigen Filmmusik ist es symptomatisch, wie schlampig in dieser Beziehung gearbeitet wird. Nimm zum Beispiel die gigantomanen Besetzungen fast sämtlicher Actionscores der letzten Jahre. Jeden gut ausgebildeten Komponisten, aber auch den anspruchsvollen Laien, sollte da das kalte Grausen packen, wie plump unnötigerweise herumgeklotzt, wie stupide klischiert da gearbeitet wird (z.B. Streichung der Bratschen oder Holzbläser und Forcierung des Blechs durch 4-6-fache Besetzung, Cello als Allzweckwaffe langweiligst ausgestalteter Solopartien, Tutti-Monodie, große SATB-Chöre, jedoch sucht man A, B und manchmal gar T vergeblich ). Wirklich meisterliche Instrumentierung ist - vielleicht stärker als alle anderen Bereiche des Tonsatzes - eine Frage umfassender Repertoirekenntnis und der praktischen Erfahrung. Man kann Beethoven und Mahler nicht 1:1 vergleichen und daher nicht sagen, wer "objektiv" besser ist. Da käme dann am Ende tatsächlich heraus, dass Beethovens Themenverarbeitung nach formalen Kriterien der mahlerschen überlegen ist (o Wunder: schließlich entwickelt er anders als Mahler seine Themen noch streng in Sonatenform), während Mahler als der vielleicht brillanteste Instrumentierer der Musikgeschichte abschneidet (o Wunder: ihm stand schließlich ein ganz anderer Apparat zur Verfügung als Beethoven). Wem nützt das aber? Untersuchen und vergleichen kann man allenfalls die historische Größe zweier Komponisten, also ihren Einfluss auf die Musikgeschichte - und da zieht Mahler natürlich den kürzeren, wenngleich auch er ein Genie war, wie die Welt es selten gesehen hat. Die Musikwissenschaft hat lange Zeit (bis vor 40, 50 Jahren) versucht, den "besten" Komponisten aller Zeiten zu bestimmen - das Ergebnis dieser tatsächlich immer stark subjektiv und auch nationalistisch (!) gefärbten Analysen lautete meist Bach oder Beethoven - gefolgt von Mozart. Wenn es um die historische Größe geht, kommt das sogar annähernd hin - wobei Debussy, für die deutschsprachige Forschung der damaligen Zeit ein rotes Tuch, noch ergänzt werden müsste. Heute wird Personengeschichte dieser Art so gut wie nicht mehr betrieben, man beschäftigt sich mit einzelnen Werken, Werkvergleichen oder anderen übergeordneten Fragestellungen. Insofern passt Dein Fußball-Vergleich schon. Aber er steht nicht im Widerspruch zu den Kriterien, die Vincent und ich aufgeführt haben ...
  15. Ich beziehe gerade Prügel dafür, dass ich bei meiner Aufzählung der größten Sinfoniker Brahms, Dvorak, Bruckner und Henze nicht aufgezählt habe. BRAHMS gehört in der Tat als Zwischenglied unbedingt noch mit rein, Bruckner und Dvorak sind zwar wichtig, doch stellt ersterer den Endpunkt und letzterer eher eine Nebenlinie bestimmter musikhistorischer Entwicklungen dar. HENZE sollte aber wirklich nicht unerwähnt bleiben, damit auch die zeitgenössische Musik angemessen vertreten ist. Ja, auch in der Instrumentierung kann man zwischen richtig und falsch unterscheiden. So ist z.B. eine Orchesterbesetzung mit 15 Trompeten und 30 Streichern in Hinblick auf ausgewogenen Gesamtklang eine falsche Instrumentationsentscheidung, die höchstens durch eine innermusikalische Notwendigkeit erklärt werden kann. Zudem gibt für jede Epoche der Musikgeschichte Instrumentationslehren (für die Romantik etwa von Berlioz, für die Moderne von Hindemith), denen man entnehmen kann, wie tradierte Schemata ( z.B. das eben erwähnte) mit dem jeweiligen Zeitgeschmack in Beziehung stehen. Übertragen auf das obige Beispiel müssten 15 Trompeten im spätromantischen Orchester nicht weniger als 225 Streicher gegenüberstehen ... Sie sind es. Unabhängig von Kategorien wie Geschmack und Gefallen gibt es für die Qualität von Themen objektive Kriterien: Ausgewogenheit von Schreit- und Sprungbewegung, Vermeidung von Akkordik, Sanglichkeit und Dissonanzbehandlung, um nur ein paar (horizontale) Kriterien zu nennen. Viele Williams-Themen erfüllen diese Kriterien vortrefflich. Bis ca. 1900 entscheidet darüber in der abendländischen Diatonik die Harmonielehre. Harmonisierung dient einem Komponisten nicht dazu, sein Handwerk zur Schau zu stellen, sondern dazu, musikalische Standpunkte jenseits von reinem Schwarz-Weiß-Denken zu gestalten. Das unterscheidet einen Goldsmith von einem Jablonsky oder die Beatles von irgendeinem Schrott aus den aktuellen Charts. Die Frage nach dem zu Schlichten sollte somit beantwortet sein. Ausladende Harmonik ... das ist schwierig (weil der Begriff nicht wirklich glücklich ist). Aber stell Dir vor, Du würdest den Film AMERICAN BEAUTY mit Musik aus THE EMPIRE STRIKES BACK untermalen ... Rhythmik ist in der prämodernen Musik in der Regel ein der Harmonik und Melodik untergeordnetes Element. Aus dem Zusammenspiel von Satzform, Melodieduktus, formalem Abschnitt und sogar Instrumentierung ergibt sich mehr oder weniger automatisch der Rhythmus. Mit der Neuen Musik emanzipiert sich die Rhythmik und der Zusammenhang zwischen technisch-handwerklichem Anspruch und Rhythmus wird klarer. Polyphonie erfordert zunächst wiederum höheres handwerkliches Geschick. Allerdings gibt es Fälle, wo die Harmonisierung eines homophonen Satzes nicht minder anspruchsvoll ist als ein polyphoner Satz. Dadurch relativiert sich die Frage der Wertigkeit. Es ist eben auch in der Musik so: 90 % sind Handwerk, 10 % Talent ...
  16. Wegbereiter der Moderne, also Bindeglied zwischen Romantik und Neuer Musik, ist in allererster Linie Debussy – kein anderer hat derart viele Richtungen der Neuen Musik begründet, mitgeprägt oder gedanklich vorbereitet. Vom Stravinskij über Webern bis Messiaen und Boulez. Schostakowitsch ist zwar sicherlich der überragende Sinfoniker des 20. Jahrhunderts, allerdings stand er zu keiner Zeit an der Spitze einer Avantgarde - selbst die unter dem Einfluss der Proletkult entstandenen Sinfonien 2 und 3 sind harmonisch im Vergleich zu parallel entstandenen Werken (egal ob von Varèse oder Schönberg) geradezu zahm. Schostakowitsch führt formal (und auch in Bezug auf Harmonik und Instrumentierung) Mahler weiter, ansonsten ist seine Modernität jedoch gänzlich abseits der Weiterentwicklung der üblichen Parameter Harmonik, Rhythmik, Klang etc. zu suchen. Sein Verdienst liegt vielmehr darin, dass er diese Parameter in einer Zeit radikaler Stilbrüche für die sinfonische Form nutzbar gemacht, ihr weiterhin die Stange gehalten hat. Er hat der Sinfonik in einer Zeit, in welcher der Inhalt immer mehr zur Form wurde, Legitimation verschafft und die Gattung so in unsere Zeit gerettet. Generell ist natürlich die Koexistenz diverser Stilrichtungen ab dem 20. Jahrhundert unbestritten, aber Deutschland bildet da bis ca. 1910 eine Ausnahme – die Entwicklung verlief hier nämlich durchaus linear und parallel; man könnte bei Mahler, Strauss und Reger fast von einem Wettbewerb um die Auflösung von Romantik und Tonalität sprechen - Überwunden werden sollte sie allerdings erst von der Schülergeneration. Mahler ist ausgerechnet zu der Zeit gestorben, als Schönberg, Webern und Berg schließlich die Schallmauer der Tonalität durchbrochen haben - niemand weiß, wie er reagiert hätte. Bei Strauss weiß man es: er hat (nach Elektra) die Flucht ergriffen und ist in entgegengesetzter Richtung davongelaufen (Rosenkavalier, Alpensinfonie). Die überragenden Sinfoniker waren in der Klassik MOZART, HAYDN und BEETHOVEN, in der Romantik BEETHOVEN (und MENDELSSOHN), in der Spätromantik MAHLER und schließlich in der (klassischen) Moderne SCHOSTAKOWITSCH – wobei hier die Meister der Programmsinfonie (Berlioz, Liszt, Strauss, wenn man so will auch Debussy) noch gar nicht mit dabei sind. Der geistige Gehalt der (besten) Beethoven-Sinfonien bleibt unübertroffen - deswegen ist aber nicht jede Note unangreifbar. Gleiches gilt für Mahler und Schostakowitsch. Dass beider Popularität geringer ist, hat viele Gründe, und die meisten sind außermusikalisch. Schostakowitsch ist dennoch so populär, wie es ein Komponist seiner Generation nur sein kann, und Mahler dürfte neben Beethoven mittlerweile der am häufigsten gespielte Sinfoniker sein. Mozart und Haydn haben die Form der Sinfonie definiert und überhaupt erst verbindlich gemacht. Beethoven hat primär durch seine Sinfonien die Subjektivität in der Musik "erfunden" - was die wichtigste Grundlage für die Entstehung der Romantik war. Mahlers Musik ist in jeder Form grenzwertig: in Proportion, Emotion, Harmonik und Form. Dennoch scheint sie wie kaum eine andere die (musikalischen) Sehnsüchte des heutigen Menschen zu bedienen. Für Schostakowitschs Werk gilt ähnliches, nur sind die Themen seiner Musik spezieller, ihr Ausdruck pragmatischer. Es wird noch einige Zeit vergehen, ehe Schostakowitschs Musik wirklich verstanden wird ... Ansonsten hat Vincent die wesentlichen Punkte zur Frage, wie Musik möglichst objektiv bewertet werden kann, wunderbar dargelegt.
  17. Ja, Du FINDEST. Finden, Empfinden, Klangempfinden, Klangästhetik. Q.E.D.
  18. Zeitgeist. Er setzt sie in einer Weise ein, die den heutigen Hörgewohnheiten entspricht - darin ist er besser als viele andere, keine Frage. In 10 Jahren wird ein Filmmusikneuling allerdings so seine Probleme mit dieser Klangästhetik haben, so ist das heute schon mit älteren Zimmerscores (CRIMSON TIDE, THE ROCK) oder eben auch mit TOTAL RECALL.
  19. Na, ein Silver-Age-Score ist es doch ebenfalls nicht, oder? ASND ist die erste Filmmusik, bei der Jazz als Bestandteil des Scores dramaturgische und nicht mehr nur rein illustrative Funktionen zukommen - das ist die bezeichnende Novität. Das mag seiner Zeit voraus gewesen sein, ist aber ein Konzept, das von North und anderen in den folgenden Jahren des Öfteren wiederaufgegriffen wurde - und zwar ganz eindeutig noch in der filmischen Epoche des Golden Age. Ob die Einbeziehung des Jazz in ASND, die kühnen Modernismen eines Franz Waxman (auch in SUNSET BOULEVARD) oder die Übernahme von Kompositionstechniken der Neuen Wiener Schule durch Rosenman in THE COBWEB: all das hat - wie auch die stärker werdenden Einflüsse der Popularmusik - bereits im Golden Age seinen Anfang und bildet somit die Kontinuitätslinie zwischen GA und SA. Eine der Diskontinuitäten wären die geänderten ökonomischen Voraussetzungen, die die massenhafte Verbreitung von Scores mit kleineren Besetzungen unterstützt haben.
  20. Angesichts der Tatsache, dass Hermann nach 1960 immerhin 19 von insgesamt 50 Scores seiner Karriere geschrieben hat, scheint ihn die "Epochenwende" gar so schwer nicht getroffen haben kann. Um dem nächsten Argument vorzugreifen: Ja, ich weiß, da ist u.a. auch ein Score dabei, den ich stilistisch gerade noch selbst dem Golden Age zugerechnet habe. Herrmann hat seinen Vertonungsstil im Silver Age ja auch nicht geändert (eher war es so, dass sich das Silver Age oftmals ihm angenähert hat), aber es ist kaum zu leugnen, dass er kommerziell zunächst erfolgreich blieb.
  21. Die Boardregeln, die Du zitiert hast, sprechen von Rufmord: als rufschädigende Äußerungen, Verunglimpfungen, leere Behauptungen etc. Worum es mir aber eigentlich geht: Dafür, dass jemand einen Filmkomponisten als Stümper (= Nichtskönner, jmd., der sein Handwerk nicht versteht) bezeichnet, sollte er m.E. nicht verwarnt / gesperrt / des Forums verwiesen werden. Das hiesige Hausrecht außen vor gelassen, ist so etwas schlicht und einfach freie Meinungsäußerung. Es ist unkonstruktiv, aber keine rufschädigende Äußerung (im rechtlichen Sinne) weder für Edelman noch für Dritte (also seine Fans). Daher verstößt es für meinen Geschmack ebenso wenig gegen die Boardregeln wie folgende "leere Behauptung": In Namibia wachsen Elefanten auf Bäumen. - das ist erstens gelogen, zweitens kindisch und drittens off topic. Aber lassen wir es gut sein, es ist ja auch nicht meine Sache. Und außerdem war meine erste Filmmusik-CD ein Elfman-Score.
  22. Meine Golden-Age-Lieblinge: The Charge of the Light Brigade Aleksandr Nevskij The Private Lives of Elizabeth and Essex The Sea Hawk A Streetcar Named Desire Viva Zapata! Demetrius and the Gladiators The Egyptian The 3 Worlds of Gulliver Zum Thema Periodisierung: Bei FSM orientiert sich die Einordnung nicht an einem festen Datum, sondern immer am Einzelfall. Die Epocheneinteilung daher an FSM-CDs festzumachen, dürfte wenig sinnvoll sein. Filmmusikgeschichte ist immer auch Filmgeschichte, und unter diesem Gesichtspunkt macht es einigen Sinn, das Golden Age 1956/7, mit dem Tod von Korngold und Young, enden zu lassen. Durch den Siegeszug des Fernsehens Antimonopolgesetze geriet das Studiosystem mehr und mehr ins Straucheln, die Filmproduktion der Majors (bis zu 500 Filme pro Studio pro Jahr) begann nachzulassen, die Einnahmen gingen zurück - all das begann bereits Mitte der 50er. Späte Triumphe wie BEN HUR (1959) sind da eher letztes Aufbäumen denn Höhepunkt des Golden Age. Was den Vertonungsstil angeht, so kann man den allmählichen Umbruch (von Zäsur kann keine Rede sein) natürlich auch um 1960 ansetzen. Infolge der wirtschaftlichen Umwälzungen wurden Scores mit sinfonischen Proportionen nur noch für wenige Großproduktionen bewilligt, bei kleineren Filmen wurden Einflüsse aus Pop und Jazz immer wichtiger und auch library music immer häufiger verwendet - wobei das ein Trend ist, der sich bereits seit Anfang der 50er immer mehr abgezeichnet hatte. Gleichzeitig fand ein Generationenwechsel statt: Die alte Garde trat ab, Korngold und Young tot, Steiner und wenig später auch Waxman und Newman im Ruhestand. Bernstein, North und anfangs auch Herrmann waren jung oder flexibel genug, den Sprung ins Silver Age mitzumachen. Für Goldsmith, Fielding und einige andere begann der große Aufstieg. Generell unterliegen musikalische Epochen selbstverständlich KEINER verbindlichen Einteilung, sondern sind variables Produkt aus sich wandelnder Lehrmeinung, persönlicher Perspektive und zeitlichem Abstand. Die neuere Musikwissenschaft lehnt starre, lineare Periodisierungsschemata insbesondere für die Musik des 20. Jahrhunderts fast einhellig ab, s. auch Andreas Ballstaedt, Wege zur Neuen Musik, 2003 Christoph von Blumröder, Der Begriff "neue Musik" im 20. Jahrhundert, München 1981
  23. Der Ton macht die Musik, keine Frage. Wenn jemand einen Komponisten als Stümper bezeichnet, ohne das näher zu begründen, dann ist das sicherlich nicht die feine Art, aber leider gang und gebe: in Foren wie im Feuilleton! Es gehört zur Professionalität eines Berufsmusikers, im Zweifelsfall damit umgehen zu können, und Mr. Edelman würde dieser Thread gewiss wesentlich ungerührter lasen als seine Fans. Und das muss auch den Fans klar werden. Man sollte da auf beiden Seiten Maß halten - weder grundlos beleidigen noch zu jeder geschmacklichen oder Fan-Verirrung immer nur Ja und Amen sagen. Damit will ich nicht gesagt haben, dass es eine geschmackliche Verirrung ist, Edelman-Fan zu sein. @ Bernd: Wie gesagt ist es aber kein Rufmord, eine Person des öffentlichen Lebens als Stümper zu bezeichnen. Natürlich kann man so etwas in einem Forum unter Berufung auf das Hausrecht unterbinden (und besser wäre das manchmal, ist mir schon klar) - aber wenn es jemand drauf ankommen lassen will: zivilrechtlich ist so ein Passus anfechtbar ...
  24. Im Prinzip eine sehr schöne Sache, allerdings sind zu viele zu lange (und zu wenig kommentierte) Filmausschnitte drin. Andererseits war es vermutlich auch nicht Anspruch der BBC, DIE John-Williams-Doku zu erstellen.
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