Zum Inhalt springen
Soundtrack Board

Mephisto

Administratoren
  • Gesamte Inhalte

    4.672
  • Benutzer seit

  • Letzter Besuch

Alle Inhalte von Mephisto

  1. Ich hatte vor Jahren mal ein mp3-Gerät und das auch gerne genutzt, aber mittlerweile höre ich nur noch zu Hause Musik. Mich stören die Nebengeräusche und die schlechte Qualität - wer hier im Forum gegen 128 b/s wettert, muss auch konsequent bleiben
  2. Wie kommst Du denn ausgerechnet bei "Wild Rovers" auf diese Frage? Das kommt ganz darauf an...Zimmer würde wahrscheinlich ohne Arrangeure ebenfalls so klingen wie mit. Mich wundert bei dem Plastikklang ohnehin, warum man noch echte Musiker bemüht. Auch bei Goldsmith war die Arbeit als Orchestrator oftmals mehr Fleiß- und Schreibarbeit, denn in den mehrstimmigen Particellen standen die ganzen Instrumentenangaben drin. Friedhofer hat von Korngold auch sehr profitiert und nicht umgekehrt (an Friedhofers späteren eigenen Arbeiten erkennt man, wie viel Klangfarben er von Korngold übernahm. Und wie sagte Max Steiner einst so schön?: "Wenn ein Orchestrator eine gute Idee hat, behält er die besser für sich." (Dieses Zitat findet sich in der längeren "Casablanca"-Analyse, die hier mal vom Lindwurm verlinkt wurde.)
  3. Auch von mir alles gute (mittlerweile) nachträglich! Wir hatten ja nie groß Kontakt außerhalb des Forums, umso mehr freut mich, nach der längeren Funkstille zu lesen, dass es Dir gerade gut geht!
  4. Souchak? Lese ich da den Neid der Besitzlosen oder ist eine höfliche und persönliche Kommunikation jenseits des drögen "Gefällt mir"-Klickens schon so aus dem sozialen Bewusstsein entschwunden... Darf ich noch mal? Ich denke, Du meinst in "Caribbean Suite" keine Marimbaphone (die habe ich in der Hörprobe nirgends gehört) dafür aber die sehr präsenten Steeldrums. Ich bezweifle aber irgendwie, dass Mancina echte (=akustische) verwendet hat - das klingt dann doch irgendwie ein bisschen zu synthetisch. Wie dem auch sei, wie man sehen kann, ist die Steeldrum verschieden "eingebeult", dadurch kommen unterschiedliche Tonhöhen zustande. Je nach größe des Instruments unterscheidet sich demnach auch der Tonumfang (= mögliche Töne, die ein Instrument spielen kann (Klavier: 88, Tamtam: 1...).
  5. Deswegen ja auch die musikalische, nicht die ursprüngliche Funktion
  6. Und ich danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast, diese lieben Worte zu schreiben. Der Hartmann lohnt sich - besonders auch für Filmmusikfreunde! Im Gegensatz zum "Quantensprung" ist das "Tamtam" aber (wie auch "Pauken und Trompeten) berechtigt - jedenfalls wenn man seine Funtkion in der Musik bedenkt. Soweit ich weiß, wurde das Tamtam in China jedenfalls als Folterinstrument eingesetzt - der Gefangene wurde zwischen zwei Tamtams angekettet und durch den Klang und die nicht zu unterschätzenden Schwingungen der der beiden Metall in den Wahnsinn getrieben...
  7. Der Ausdruck "viel Tamtam um etwas machen" wird auch ohne Frage mit dem Instrument zu tun haben...ebenso wie "die zweite Geige spielen" oder "mit Pauken und Trompeten". die ganze Bandbreite des Tamtams kann man meiner Ansicht nach in Karl Amamdeus Hartmanns "Sinfonia Tragica" erfahren. Hartmann war stark gegen die Nationalsozialisten eingestellt und dieses Werk stellt einen deutlichen Protest gegen das Regime dar. Das kann man daran erkennen, dass sich in dieser Partitur unzählige Zitate jüdischer oder anderweitig diskriminierter Komponisten finden (Mahler, Honegger und viele mehr). Das leise bedrohliche "Rauschen" des Tamtams kann man schön während des gemessen schreitenden Trompetensolos im zweiten Satz (Video I 2:09) im Hintergrund vernehmen. Oder in voller Wucht gleich nach dem Beckenschlag zu Beginn des dritten Satzes (Video II 0:01) http://www.youtube.com/watch?v=oH88UfpKGeE http://www.youtube.com/watch?v=E3KQHkoK1j4 Zum dritten Satz sei noch angemerkt: DAS ist mal echte Actionmusik...wie würde ich mich freuen, wenigstens halb so treibende, elaborierte Klänge mal wieder im Kino zu hören. Sonst natürlich DAS Tamtamstück schlechthin: Karlheinz Stockhausen - Mikrophonie http://www.youtube.com/watch?v=BfRknDawEEg Bei Goldsmith gibt es natürlich immer wieder Tamtam, allerdings fällt mir jetzt auf die Schnelle kein wirkliches "Tamtam"-Paradestück von him ein. Ich werde diesbezüglich nochmal in mich gehen. Die youtube-Videos sind natürlich wieder komplette anti-mp3 128 Argumente, aber zu Lehrzwecken muss es reichen "Drums" ist so völlig nichtssagend - was soll das sein? Das Schlagwerk hat so viele Arten von Trommeln zu bieten - große Trommel, kleine Trommel (Schnarrtrommel, Rührtrommel), Tomtoms etc. Von "Percussions" bevorzuge ich die deutsche Variante "Perkussion", die auch entsprechend gesprochen wird (nicht "perrkaschn"), aber am liebsten Schlagwerk oder Schlagzeug. Dabei muss man im Orchester auch immer bedenken, dass die Pauke ursprünglich zum Blech gehört und man deshalb auch "Schlagzeug und Pauke" sagt - also beide Instrumente trennt. Die Pauke ist das gewichtigste Schlaginstrument in der herkömmlichen Orchesterbesetzung und Pauker in einem Orchester spielen eigentlich nie andere Schlaginstrumente (und verdienen auch mehr als die anderen Schlagzeuger und "Tutti-Schweine"). Die Pauke kann wegen ihrer verstellbaren Tonhöhe als Quasi-Melodieinstrument eingesetzt werden und ist auch sonst sehr vielseitig (hier einmal zwei Beispiele): http://www.youtube.com/watch?v=zczmUfj3kqE http://www.youtube.com/watch?v=YRA_n55lg4s
  8. Worauf ich hinaus will, ist, dass das Tamtam ein ostasiatisches Musikinstrument ist, das gegen Ende des 19. Jahrhunderts Einzug in das Symphonieorchester gefunden hat. Gustav Mahler z. B. setzte es regelmäßig für den Tod ein. Das Tamtam ist um einiges "gewichtiger" als der bloße Gong und hat eine immense dynamische (Lautstärke) Bandbreite. Da es eigentlich immer mit weichen Schlägeln gespielt wird, kann man es problemlos wirbeln, sodass es im Leisen einen bedrohlichen Teppich bildet, im Lauten mit ohrenbetäubend mächtigen Schlägen das ganze Orchester bei Seite fegen. Wenn ich also lese "mit viel Tamtam und Bläsern" könnte es also sein, dass gemeint ist, jemand setzt neben Bläsern auch kräftig das Tamtam ein...es könnte aber auch sein, dass einfach gemeint ist: "Mit viel brachialer Action, die insbesondere durch die Bläser transportiert wird." Ich gehe mal davon aus, dass Du zweiteres meintest, denn Goldsmith setzt das Tamtam in "Shadow" um einiges weniger präsent ein als andere asiatische Perkussion - insbesondere diverser Bambusinstrumente. Dachte, ich bereichere diesen Thread mal kurz mit ein bisschen Instrumentenkunde - insbesondere in der heutigen Zeit ist es ja wichtig, auf die Vielfalt des Schlagwerks hinzuweisen, dass ja allgemein nur noch als "Drums" (bäh...) bekannt ist. Tamtam.bmp
  9. Tamtam im Sinne von "Hörgefühl" oder Instrument? die Musik gehört tatsächlich zu den kreativen Geistesblitzen des sonst sehr zahmen Früh-Neunziger-Goldsmiths... Ich fand den Film ja auch sehr schick. Würde mich freuen, wenn sich die Superheldenfilme wieder mehr an dieses Maß von Action und Effekten halten würden (da würden mir auch die ersten beiden Spiderman-Filme von Raimi einfallen), als dass immer gleich ganze Städte in Schutt und Asche gelegt werden.
  10. "Say A, Motherfucker!" - ich muss sagen, dass ich den nicht so "fürchterlich beschissen" fand, aber man merkt dem Film deutlich an, dass man schlichtweg versucht hat, "Alien" nochmal anders zu machen - dieses Mal im Wasser und nicht im Weltraum. Das Monster fand ich aber dennoch schön ekelhaft - auch für heutige Verhältnisse. Die Musik hingegen ist einer meiner eher rar gesähten Spät-Achtziger-Favoriten des Meisters. Die Stücke sind eindricksvoll strukturiert (besonders das sich langsam aufbauende Hauptthema ist ein großer formeller Wurf des späten Goldsmith), ebenso wie die Transformation des erst mysthischen Solo-Trompeten-Themas zur optimismussprühenden Fanfare...naja, kann man ja alles an anderer Stelle nachlesen
  11. Vielen Dank für diese tolle(n) Empfehlung(en - die beiden Club-CDs habe ich bereits seit einiger Zeit)! Aber der Jeanne-D'Arc-Score war mir neu, obwohl ich erst kürzlich den (äußerst beeindruckenden) Film gesehen habe!
  12. ...und ich keinen Dafür wurden es: - The Sand Pebbles (Golden-Age-Idiome (kräftige Fanfaren, pentatonische "China-Klischees" in knackigem Silver-Age-Gewand) - Planet der Affen (klar!) - Alien (eine der besten Kompositionen des letzten Jahrhunderts) - Star Trek (heroisches Pathos trifft verträumtes Weltraum-Fernweh und atmosphärisch dichte mystische Klanggemälde) - Poltergeist (grandiose Klangfarben, brachiale Action) - Legend (sein letztes großes Meisterwerk)
  13. Vielleicht hat Sam in Panik auch seine guten Manieren vergessen. Er wäre ja nicht der erste, der in einer Stresssituation nicht mehr alle Höflichkeitsformen wahrt.
  14. Ein sehr schöner Bericht, alex. Soweit ich weiß, wollte Young sogar auf eigene Kosten Promo-CDs herstellen, aber auch da hätte er an Elfman blechen müssen.
  15. ...und "Cloud Atlas" war immerhin teilweise deutsch.
  16. Dr. Mabuse: Der große Spieler (Ein Bild der Zeit) - Fritz Lang (1922) Lang wendete sich mit diesem Film vom expressionistischen Stummfilm ab und begründete den neuen filmischen Realismus. Statt stilisierter Dekors und stark expressivem Spiel der Darsteller setzt der Regisseur auf die Botschaft. Die Geschichte um Mabuse, einen einflussreichen Kriminellen, der seine hypnotische Fähigekit ausnutzt, um sich dem Reichtum anderer zu bemächtigen und sie ins Unglück zu stürzen dient als Rahmenhandlung für eine breit ausgelegte Rundumschlagkritik an den aufkommenden goldenen 20er Jahren. Dr. Mabuse nutzt die Möglichkeiten der neuen Technik und stürzt Leute an der Börse in den Ruin oder leitet vom Autotelefon den neuen Mordanschlag in die Wege. Seine Opfer sind von der Dekadenz verwöhnte und gelangweilte Neureiche und Adlige. Lang führt uns durch unzählige Nachtclubs und Hinterhofspielhöllen, in denen die Spieler ihren nötigen Nervenkitzel höchstens durch den riskanten Einsatz all ihres Gutes bekommen. Mabuse schikaniert seine Mordbuben mit dem Kontrollwahn eines Fabrikaufsehers. Die Abhängigkeit des Arbeitnehmers zum Arbeitgeber wird hier ins Absurde verdreht und Lang schafft eine Form der bitteren Tragik, wenn einer von Mabuses Handlangern preisgibt, dass er sich umbringen müsste, würde derihn auf die Straße setzen. Welche Hintergedanken der Film verfolgt, wird spätestens klar wenn nach der ersten Viertelstunde ein ausgelaugter Handlanger verzweifelt klagt: "Ich ertrage dieses 200km Leben nicht. Das ist moderne Menschenfresserei!" und Mabuse den Expressionismus als "Spielerei" abtut. Trotz der Länge von knapp drei Stunden schafft Lang es, durch eine perfekt koordinierte Struktur, den Rezipienten zu keinem Zeitpunkt zu verlieren. Da keine Originalmusik überliefert wurde, existieren diverse neu aufgenommene Musiken. "Dr. Mabuse" ist ein äußerst beeindruckendes Zeitdokument, das die heutzutage verklärten "Goldenen 20er" auf eine gekonnte und wirkungsvolle Art bricht!
  17. Danke für diese Gegenüberstellung! Ich habe bisher nur die SCG, die Varèse wird noch dieses Jahr - spätestens zu Weihnachten nachgeholt! Die Trax fand ich arg matschig - interessanterweise fand ich auch SVG besser als Varèse mono (vielleicht weil ich es so gewohnt bin?). Gewonnen hat für mich allerdings die Stereo-Varèse und über die Neueinspielung breite ich mal höflicherweise den Mantel des Schweigens... Welche Aufstellung hat sich denn bei den anderen ergeben?
  18. Orlacs Hände - Robert Wiene (1924) Wiene schuf mit dem "Kabinett des Dr. Caligari" einen DER expressionistischen Stummfilme, an dessen Erfolg er vergeblich mit "Genuine", einem Vampirfilm anzuknüpfen versuchte. Drei Jahre später drehte er mit "Raskolnikov" eine hervorragende Verfilmung von Dostojewskis "Schuld und Sühne", bevor er mit "Orlacs Hände" seinen letzten expressionistischem Stummfilm drehte und sich anschließend dem leichteren Unterhaltungsfilm widmete. Die Geschichte über den berühmten Pianisten Paul Orlac, der in einem Zugunglück seine Hände verliert und im Krankenhaus die Hände eines frisch hingerichteten Mörders angenäht bekommt, strotzt vor expressionistischen Elementen. Für den Protagonisten vermischen sich Realität und Fiktion, schon bald läuft Orlac Gefahr, dem Wahn anheim zu fallen. Als schließlich auch noch sein Vater ermordet wird und sich die Fingerabdrücke seiner neuen Hände am Tatort befinden, scheint die Situation ausweglos. Wiene schuf mit "Orlacs Hände" keinen Meilenstein mehr, aber diesen Film kann man sich auch heute noch sehr gut ansehen, da der Regisseur sein Handwerk einfach verstand. Die Schauspieler sind alle treffend besetzt, allen voran Konrad Veidt als Orlac, dessen äußerst expressives Spiel auch heute noch fesselt. Zu kaum einem Wiene-Film wurde eine Originalmusik komponiert, geschweige denn überliefert. 2000 komponierte Ex-RCP-Mitglied Henning Lohner eine neue Musik, die von Lorne Balfe arrangiert wurde. Lohners Musik ist für ein kleines Kernensemble echter Musiker geschrieben und anschließend mit einer ordentlichen Portion mittelmäßiger Samples angedickt worden. Die Konzeption, das Klavier im Vordergrund stehen zu lassen, bietet sich bei dem Stoff förmlich an. Die unheimlichen Spannungsszenen versah Lohner mit rein elektronischen Klangcollagen, die auch nichtmusikalische Geräusche einbinden. Die Musik könnte man größtenteils als "Variation über ein Liebesthema" bezeichnen, allerdings schießt die Musik regelmäßig am Film vorbei. So erklingt das schicke Liebesthema an vielen unpassenden Stellen in beschwingtem Rumba-Arrangement (z.B. wenn Orlacs Vater gesteht, dass er seinen Sohn hasst). Die elektronischen Passagen, die Ensemblemusik und das Soloklavier werden blockhaft aneinandergereiht - und meistens nicht im Rhythmus des Films. Zum Ende hin lässt Lohner die Musik sogar schweigen und Stimmen Texte über den Film sprechen lassen, die aber von keiner Person auf der Leinwand gesprochen werden. Die Verwirrung ist perfekt, wenn man drei Stimmen gleichzeitg hört und einen vierten Text im Film liest. Ingesamt bremst die Tonspur den Film oftmals aus - schade. Den Film selbst kann aber beherzt empfehlen!
  19. Der Sebastian war ja damals ziemlich hart zum guten Eisenstein Natürlich ist der Film unkritische, unreflektierte Sowjet-Propaganda der härtesten Sorte, aber was erwartet man von einem Propagandawerk aus dem Jahre 1925? Dass Eisenstein ein brillanter Regisseur ist, ziegt sich meines Erachtens nach nicht nur an der (natürlich grandiosen) Treppenszene, sondern allen recht zahlreichen und ausladenden Actionszenen (Meuterei, Treppe), aber insbesondere auch in den Spannungsmomenten (kurz vor dem Erschießung, beim Finale). Insgesamt besticht Eisenstein durch einen sorgfältigen dramaturgischen Aufbau der Szenen. Wie er aus dem anfänglichen Brodeln im ersten Akt eine brutale Konfrontation kreiert ist schon gekonnt. Weshalb ich den Film hier nochmals ausführe: Ich habe ihn in der äußerst interessanten Tonfilmvariante (!) gesehen, die der deutsche Komponist Edmund Meisel 1931 mit einem Orchester und berliner Schauspielern aufzeichnete. Die Musik und die nachgesprochenen Zwischentexte wurden auf Schallplatte gepresst und synchron zum von allen Texttafeln berenigten Film abgespielt. Ein wahrlich interessantes Dokument - auch wenn sich nun offenbahrt, dass im Stummfilm oft viel weniger Text zu lesen als zu sehen war, denn die Texter bei "Potiemkin" hatten offensichtlich an einigen Stellen Sorge, die langen Einstellungen einiger sprechenden Personen mit genug Text auszufüllen. Dennoch, ein faszinierendes Erlebnis, an Hand dieses Beispiels zu beobachten, wie die Bilder nicht nur laufen, sondern später auch sprechen lernten.
  20. Durchschnittlich alle anderthalb Wochen. Ist aber letztens weniger geworden. Wo war der Film für dich unter dem Durchschnitt?
  21. Mephisto

    Lustiges aus aller Welt

    Niemals, am Abend vor dem besagten Morgen kannst Du Dir als toller Revolverheld noch 'ne flotte Dorfmieze schnappen, die Nacht richtig auskosten, wirst von dem Geruch der Schinkenpfannkuchen und des frisch gebrühten Kaffees geweckt und gehst dann zufrieden, alle Vorteile des irdischen Lebens in den letzten Stunden ausgekostet, die Hauptstraße hinunter, die ganz klare frische Morgenluft in der Nase, zum vielleicht letzten Kampf. Sonst wachst Du auf, weißt, Du musst noch zehn Stunden totschlagen, tigerst nervös durch die Gegend, machst dich verrückt und beißt nach einem reichlich unerfreulichen Tag ins Gras - wenige Stunden von vielleicht einer schönen Nacht entfernt...
  22. Trockenkost wäre der Film - so glaube ich - auch ohne die Musik nicht geworden. Dazu ist das ganze einfach zu gekonnt geschnitten und montiert, aber die Musik trug dazu bei, dass es mich bei der eröffnenden Zugfahrt fast wegfegte. Thewes hat aber wirkliche eine grandiose Arbeit geleistet - eine derart meisterhaft instrumentierte Orchesterpartitur habe ich schon lange nicht mehr gehört - FAMOS! Gestern folgte ein weiteres Zeitdokument zum Themenbereich Berlin: Menschen untereinander - Gerhard Lamprecht (1926) Lamprechts Film schildert das Geschehen in einem berliner Mietshaus, das wie ein Querschnitt der "sozialen Torte" der 1920er aufgebaut ist: Unter dem Dach wohnt in ärmlichen Verhältnissen ein Ballonverkäufer mit seiner Familie. Die Künstlerin wird von der Ballettlehrerin personifiziert während der alte Klavierlehrer für den Intellektuellen steht. Die raffgierige und unbarmherzige Hausbesitzerin wohnt in der Mitte wie die Spinne in ihrem Netz. Unter ihnen betreibt ein Ehepaar eine Heiratsvermittlung mit "lockeren gesellschaftlichen Abenden" und im Parterre lebt der Politiker Köhler, dessen Frau im Gefängnis sitzt und dessen Ehe so seine Laufbahn bedroht. Köhlers Frau ist die Tochter des Juweliers, der ebenfalls in dem Haus wohnt und dort sein Geschäft betreibt. Je weiter man also die Treppe hinauf steigt, umso einfacher und letzten Endes ärmlicher werden die Verhältnisse - dem Mietshaus der damaligen Zeit entsprechend, aber interessanterweise eine genaue Umkehrung der sozialen Begriffe "Oberschicht-Unterschicht". In dem Haus gibt es nun verschiedene zwischenmenschliche Beziehungen und verwicklungen wobei schnell klar wird, dass es Lamprecht weder um Elends-Kitsch noch besonders tragische Schicksale geht - nach einem steinigen und langen Weg wendet sich für (fast) alle Beteiligten alles zum Guten. Der Film wurde mühevoll wieder restauriert und mit einer neuen Musik von Bernd Schultheis versehen, dessen improvisierte, geräuschorientierte Musik für kleines Ensemble eine intensive Atmophäre über Lamprechts Bilder legt. Schultheis, der bei seinen Stummfilmvertonungen keine Kompromisse macht, setzt hier auf einen zeitgenössischen, modernen Vertonungsansatz, der einen großen Bogen um den knapp zwei Stunden dauernden Film legt. Es fällt allerdings auf, dass einige der humoristischen Momente auch ein leichtes musikalisches Augenzwinkern gut hätten vertragen können, denn so hat die Musik teilweise etwas Distanzierendes, sogar Betäubendes. Nichts desto trotz ist "Menschen untereinander" in der restaurierten Fassung ein sehr interessantes Zeitdokument, dem man das Alter von knapp 90 Jahren fast gar nicht anmerkt.
×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Wir nutzen auf unserer Webseite Cookies, um Ihnen einen optimalen Service zu bieten. Wenn Sie weiter auf unserer Seite surfen, stimmen Sie der Cookie-Verwendung und der Verarbeitung von personenbezogenen Daten über Formulare zu. Zu unserer Datenschutzerklärung: Datenschutzerklärung