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Mephisto

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  1. Das ist auch wirklich schwer, aktive Filmkomponisten zu nennen, die ein hohes Niveau an konzeptionellem Gespür, thematischen Ideen, instrumentatorischer Raffinesse und einen Riecher für den richtigen Einsatz von Musik besitzen. Mir fallen da Gabriel Yared, Abel Korzeniowski, Johnny Greenwood und Alberto Iglesias ein. Ich wüsste auch nicht, dass ich Zimmer groß verrissen habe, sondern ihm zugestanden habe, dass er über innovative und kreative Ideen verfügt, nur das entweder die Umsetzung plump ausfällt oder jenseits dieser Idee fader Leerlauf herrscht.
  2. Vielleicht geht's ja wirklich um den Sorround-Effekt. Ich zweifle jedenfalls nicht daran, dass Zimmer wieder zumindest eine konzeptionell hervorragende Idee hat, die aber in viel zu massig dumpfen Mummenschanz in Form eines Breis aus Celli, Bässen, wabernder Elektronik und eventuell auch Chor erstickt wird. Das war leider schon bei "Inception" der Fall. Die Idee, die Bläserstimme aus "Je ne regrette rien" immer weiter zu verlangsamen und zu verzerren, traf den Nagel auf den Kopf. Was drum herum passierte war leider viel weniger filigran. ebenso beim "Joker" in "The Dark Knight", oder der Verbindung des Davy-Jones-Themas und des zweiten Liebesthemas in "Fluch der Karibik 3", der leider auch an handwerklicher Schwäche scheiterte. In Bezug auf die Perkussion bemängle ich als Schlagzeuger natürlich gänzliches Fehlen von Pauken oder der großen Trommel. Bei Zimmer auf Stabspiele zu hoffen wäre, wie auf Holzbläser zu warten...
  3. Falscher als falsch! http://www.gmx.net/themen/unterhaltung/kino/kinonews/62a57vy-gut-filme-klingen#.A1000103 Selten wurden auf wenige Sekunden so viele schlichtweg unzutreffenden Aussagen gemacht!
  4. Da ich die ganze Zeit mit Goldsmith beschäftigt war, habe ich noch nicht in die CD gehört, aber was ich bei zweimaliger Filmsichtung gesehen habe, hat mich durchaus angesprochen. Ich erwarte mir mehr eine solide, orchestrale Abenteuermusik denn ein Meisterwerk, aber kann/darf/soll/muss nicht immer Kaviar sein
  5. Rio Lobo Bereits viermal wurden Goldtransporte der Nordstaaten von den Rebellen überfallen und ausgeraubt. Für Colonel Cord McNally steht fest, dass es in den eigenen Reihen einen Verräter geben muss, der die Südstaaten mit den nötigen Informationen über die Züge versorgt. Kurz vor Ende des Krieges soll ein Goldtransport unter dem Kommando von Leutnant Forsythe den Sold für die Truppen der Nordstaaten zu dessen befreundeten Colonel McNally bringen, doch der Zug wird von den Südstaaten unter Captain Pierre Cordona und Seargent Tuscarora Phillips überfallen und ausgeraubt. Als die Telegraphenverbindung abreißt, macht sich McNally mit seinen Männern zum Ort des Überfalls auf, doch sie finden nur den ausgeraubten Zug, die Soldaten und Forsythe, der bei dem Überfall tödlich verletzt wurde und im Sterben liegt. Die Nordstaatler teilen sich auf, um in der Umgebung nach den flüchtenden Rebellen zu suchen und tatsächlich trifft McNally bald darauf auf einen flüchtenden unbewaffneten Südstaatler. Das anfängliche Misstrauen des Colonels ist berechtigt, denn es handelt sich um eine Falle. McNally wird bewusstlos geschlagen und wacht anschließend in einer Höhle auf, die den Südstaatlern als Unterschlupf dient. Captain Cordona, den McNally jetzt als eine flüchtige Bekanntschaft aus Vorkriegszeiten erkennt, eröffnet dem Nordstaatler, dass dieser den Rebellen helfen soll, die feindlichen Truppen zu umgehen und sie sicher mit der Beute in den Süden leiten soll. McNally stimmt zu, doch leitet er die Südstaatler bei der nächsten Gelegehneit direkt in ein Lager der Nordstaaten, sodass Captain Pierre Cordona und Seargent Tuscarora Phillips gefangen genommen werden. Kurz bevor die die beiden Rebellenführer gefangen genommen werden, bittet McNally um die Information über den Verräter und bietet ihnen an, sie laufen zu lassen, sollten sie ihm den Namen nennen, doch die beiden Männer wollen lieber verhaftet werden, als ihren Soldaten die Geldquelle zu rauben. Als bald darauf der Krieg endet, empfängt McNally die entlassenen Kriegsgefangenen und fragt sie abermals nach dem Verräter. Nun eröffnen ihm Cordona und Phillips, dass sie die Namen der beiden Männer, die sie für Informationen bezahlen, nicht kennen und geben eine lose Personenbeschreibung, doch sie geben McNally anschließend das Versprechen, sich sofort bei ihm zu melden, sollten sie die Verräter gesehen haben und tatsächlich erreicht McNally einige Jahre nach dem Krieg eine Nachricht von Cordona, dass dieser einen der Männer gesehen hat, den dieser sucht. In Rio Lobo, wohin Tuscarora Phillips zurück gekehrt ist, unterdrückt ein Großrancher namens Ketcham die aufkeimende Stadt mit der Hilfe eines korrupten Sheriffs, zu dessen Hilfssheriffs einer der beiden Verräter gehört. Gemeinsam nehmen Cordona und McNally den Kampf gegen Ketcham auf... "Rio Lobo" bildet den letzten Teil einer lose aufeinander bezogenen Trilogie um aufrechte Helden, die im Sheriff's Office einen Gefangenen gegen den Einfluss eines reichen Viehbarons schützen oder dort ausharren, um auf Verstärkung zu hoffen. Während "Rio Bravo" zu den großen Beiträgen Hawks' zum amerikanischen Western zählt, parodierte er viele Elemente bereits in "El Dorado". Auch "Rio Lobo" nimmt in vielen Teilen bezug auf "Rio Bravo" und steht mit seiner konventionellen, schemenhaften Darstellung seiner Figuren, der traditionellen Handlung und dem Wayne-typischen Heldentum etwas alleine in einer Zeit, in der Western oft viel kritischer mit sich und ihren Inhalten umgingen. Der Spätwestern ab 1969 drehte sich oftmals um tragische Helden, die an ihren eigenen Vorstellungen von Moral und Ehre im Kampf gegen die vorrückende Zivilisation zu Grunde gingen. Umso befremdlicher wirkt es somit, wenn John Wayne in seiner immergleichen Kombination aus Lederweste, hohem Hut und Winchestergewehr ohne jede Reflektion das Heldenpathos aus vergangenen Zeiten charakterisiert und Leuten das Recht zuspricht, einen Mitmenschen getötet zu haben, denn sonst wäre dieser halt von jemand anderem erschossen worden. Die Kritiker reagierten dementsprechend und so fielen die meisten Urteile über "Rio Lobo" negativ aus. Nichts desto trotz weiß Howard Hawks' Schwanengesang zumindest heute, 40 Jahre später, immer noch zu überzeugen. Natürlich ist die Handlung nicht originell, sind Regisseur und Hauptdarsteller bessere Filme gelungen, aber genau dieses Abarbeiten sämtlicher Western-Klischees vom bunt bemalten Quacksalber-Wagen über mexikanische Grenzstädtchenidylle bis hin zur klassischen, schusslastigen Konfrontation zwischen Gut und Böse macht letzten Endes den Charme von "Rio Lobo" aus, der nichts weiter sein will als ein Western, aber dies hundertprozentig. Somit entstand ein äußerst unterhaltsamer Film, der neben vielen Bezügen zu seinen Vorgängern auch mit spektakulären neuen Einfällen aufwartet. Dazu dürfte neben einem äußerst kreativ gedrehten Vorspann auch einer der findigsten Zugüberfälle der Western- wenn nicht gar der Filmgeschichte gehören! Sämtlichen Schauspielern wird nicht allzu viel abverlangt, umso erfreulicher ist, dass alle mit Engagement dabei waren und es eine Freude ist, ihnen zuzusehen. Viele der Figuren lassen sich so oder so ähnlich in "Rio Bravo" und "El Dorado" ausfindig machen. Da wäre natürlich zuallererst John Waynes Charakter Cord McNally und der (zumindest in Zivil) dem klassischen John-Wayne-Helden entspricht, wobei das offensichtliche fortgeschrittene Alter mit leichtem Augenzwinkern gut überspielt wird. Jorge Rivero tritt in Ricky Nelsons und James Caans Fußstapfen und bestreitet die Rolle als jugendlicher Held überzeugend. Mit besonders viel Spielfreude ist Western-Urviech Jack Elam als kleiner Farmer Phillips - Tuscaroras Vater - zu sehen, der sich gegen Ketchams Imperium auflehnt. Jennifer O'Neill gibt die Rolle der etwas zickigen Dame, die aber zu ungeahnter Tatkraft erwacht, wenn es drauf ankommt. In "Rio Lobo" war außerdem eine der wenigen schauspielerische Tätigkeiten der späteren Filmproduzentin Sherry Lansing in der Rolle der selbstbewussten Amelita zu sehen. Letzten Endes ist "Rio Lobo" kein herausragender Western, aber dennoch ein würdiger Abschluss für Hawks' Karriere, der auch heute noch Spaß macht und zu unterhalten weiß. Vertont wurde "Rio Lobo" von Komponist Jerry Goldsmith, der die musikalische Nachfolge von Dimitri Tiomkin und Nelson Riddle antrat. Dem Komponisten stand ein durchschnittliche bestztes Orchester zur Verfügung, dass - wie so oft bei Westernvertonungen - um folkloristische Instrumente wie Akkordeon, Gitarre und Mandoline erweitert war und auch über eine große Schlagwerksektion inklusive Marimbaphon, Peitsche, Ratsche, Glocken und Holzblöcke verfügt. Goldsmith, der in den 60er Jahren mehrere Western vertont hatte und dessen Arbeiten besonders in der ersten Hälfte seiner Karriere von einem deutlich modernistischen Stil geprägt waren, komponierte für Hawks' letztes Werk eine dem Film entsprechende deutlich gradlinigere und konventionellere Musik, die zu großen Teilen auf zwei Themen fußt. Das Hauptthema ist eine leicht melancholische Melodie in moll mit deutlichem Ohrwurmcharakter und wird während des Vorspanns von dem Gitarristen Tommy Tedesco gespielt, der der Sohn von Mario Castelnuoco-Tedesco war. Dieses Hauptthema zieht sich wie ein roter Faden durch die Musik und erklingt in unterschiedlichen Klanggewändern. So verwendete Goldsmith es in den Blechbläsern als kräftige "Ritt-Musik" mit synchopischen Rhythmen der Streicher und des Schlagwerks inklusive Peitschenknallen, als sanfte Akkordeonmelodie, die von zarten Kontrapunkten des Fagotts umspielt wird oder als verhuschtes Motiv der Bassflöte sowie als Mandolinenstimme in Suspensepassagen. Des Weiteren komponierte Goldsmith eine kräftige Americana-Fanfare, die, gleichberechtigt mit dem Hauptthema, die Helden während des Wüstenritts in Form einer ausladenden Streichermelodie mit starker Stütze der Posaunen und des Tamburins begleitet, oder in kleinerer Besetzung von dem Akkordeon über leichte Gitarrenbegleitung erklingt. Doch auch jenseits seiner beiden Themen schrieb Goldsmith äußerst effektive Passagen wie die kunstvoll ineinander verflochtenen Streicherstimmen, als Ameliat McNally ihre Wunde zeigt, oder die mit äußerst kreativen Schlagzeugeffekten garnierten Suspensepassagen. "Rio Lobo" gehört zu den ersten Filmmusiken, in denen der Komponist mit elektronischen Effekten experimentiert, die später nicht mehr aus seinem Schaffen heraus zu denken sind. Dabei beschränken sich die synthetisch erzeugten Klänge allerdings als pochende und hallende Effekte, die zur Schattierung der Streicher und Bläser in den Spannungspassagen dienen und so keinesfalls störend hervorstechen, wie es später in "Breakheart Pass" der Fall sein wird. Die Musik zu "Rio Lobo" erschien erstmals 2001 als limitierte Edition bei Prometheus. Dabei hatte das Label nicht nur Zugang zu den vollständigen Bändern der Aufnahmen in Mono, sondern zusätzlich zu einigen Stereobändern aus Goldsmiths Privatarchiv. Man entschied sich, die nahezu komplette Musik aus den beiden Elementen zusammen zu setzen und die Stücke in Stereo und Mono als zwei seperate Blöcke auf die CD zu pressen. Diese Entscheidung wirkte sich deutlich negativ auf das Hörerlebnis aus. Nicht nur, dass die Vorspannmusik nun direkt in der Mitte des Programms platziert war, das Finale war als Abschluss beider Blöcke insgesamt zweimal - einmal in Stereo und einmal in Mono - enthalten. Zusätzlich wurden mehrere einzelne Stücke zu Suiten zwischen 7 und 9 Minuten Laufzeit zusammengefasst, sodass ein Programmieren der Musik in Filmreihenfolge unmöglich gemacht wurde. Positiv zu vermerken ist allerdings der sehr ausführliche Begleittext von Ford A. Thaxton, der mit vielen Informationen zu Musik und Film aufwartet. Die CD war mehrere Jahre lang ausverkauft, bis Lalaland Records die Musik zu "Rio Lobo" erneut veröffentlichte und die Gelegenheit nutzte, die editorischen Mängel der Erstausgabe zu überarbeiten, sodass sich nun die fast vollständige Musik in Mono in Filmreihenfolge zu Beginn des Films findet, an die sich sämtliche Source-Musik-Stücke und anschließend alle auf der Prometheus befindlichen Stereo-Stücke finden. Es ist unverständlich, warum die Musik nach Ketchams Gefangennahme während des Ritts bei nacht in die Stadt, zwar zumindest in dem Begleitheft der Prometheus-Ausgabe angesprochen wird, auf keiner der beiden Ausgaben zu finden ist. Trotzdem ist die Wiederveröffentlichung dieser Musik sehr lobenswert, denn auch, wenn "Rio Lobo" weder ein Meisterwerk ist, noch zu den überragenden Beiträgen des Komponisten zum Westerngenre zählen, so schrieb Jerry Goldsmith dennoch eine durchweg gelungene Western-Musik, die viele Topoi gekonnt bedient und zusätzlich die eine oder andere Raffinesse bereit hält.
  6. Ich habe mir dieses Jahr gerade mal "John Carter" gekauft. Insgesamt war ich filmmusikalisch überhaupt nicht mit diesem Jahr zufrieden. Weder in amerikanischen noch in deutschen Landen. Weder "Avengers" noch "Skyfall" rissen mich vom Hocker, sonst waberte es größtenteils herum oder betsand aus akzeptabler Dutzendware, die nicht weiter auffällt. Hatte mir schon was Nettes von Filmen wie "Ludwig II", "Cloud Atlas" oder "Die Vermessung der Welt" erhofft, aber da wurde auch kaum etwas geboten, obwohl ich mir denken kann, dass die Arbeitsvorraussetzungen noch ein bisschen angenehmer sind als jenseits des großen Wassers. Insbesondere "Cloud Atlas" war ein riesiger Reinfall. Da geht es sogar um einen Komponisten, der anscheinend ein visionäres oder immerhin bedeutendes Stück des 20. Jahrhunderts schreibt und dann suppen die drei Komponisten da nur ein wenig vor sich hin? Man hätte Gabriel Yared da ran lassen sollen. Der ist wahrscheinlich der Letzte, der neben Abel Korzeniowski so etwas zustande bringen kann. Ich spiele aber immer mehr mit dem Gedanken, meine Sammlung um zwei weitere Filmmusiken des Jahres 2012 aufzustocken: "Rise of the Guardians" (wäre auch mein erster Desplat) und eventuell auch "Anna Karenina".
  7. Einsam sind die Tapferen (Lonely Are the Brave) Jake Burns ist ein Relikt aus einer vergangenen Zeit: Als Viehtreiber in Texas und Mexiko arbeitend, hat der einsame Reiter nur zwei treue Gefährten: Seine Winchester und seine Stute Whisky. Zusammen mit seinem Freund Paul Bondi wuchs er bei einer Indianerin in den Bergen auf. Während Jake das Leben als Viehtreiber nach altem Vorbild war, heiratete Paul seine Freundin Jerry, gründete mit ihr eine kleine Familie und wurde Schriftsteller. Aus der Zeitung in Mexiko erfährt Jake von Pauls Verhaftung. Er half illegalen Einwanderern bei der Grenzüberschreitung, wofür er voraussichtlich zwei Jahre absitzen muss. Sein Freund begibt sich sofort in die Heimat, wo Paul in Untersuchungshaft in der Polizeistation sitzt. Jake beginnt in einer Bar eine Schlägerei und wird verhaftet. Sein Plan ist es, gemeinsam mit Paul auszubrechen und zu fliehen, doch als er seinem Freund in der Gemeinschaftszelle begegnet, offenbart ihm dieser, dass ein Ausbruch für ihn unmöglich ist, da er seiner Familie wegen nicht sein ganzes Leben vor dem Gesetz fliehen kann. Paul möchte die zwei Jahre absitzen und dann ein neues Leben beginnen. Jake hat Verständnis für dessen Vorhaben, kann aber selbst nicht einen Tag länger im Gefängnis bleiben und bricht alleine aus. Mit seinem Pferd und seinem Gewehr macht er sich auf den Weg nach Mexiko, während ihm die Polizei stets mit neuester Technologie auf den Fersen ist… In den 60er Jahren wurde der Western, nachdem er „salonfähig“ geworden war, durch Schauspieler wie John Wayne und Regisseure wie John Ford zur Blüte gebracht. Es ist daher besonders bemerkenswert, dass bereits 1962 mit der Verfilmung von Edward Abbeys Roman „The Brave Cowboy“ ein Gegenentwurf entstand, der den Western-Mythos auf interessante Art und Weise dekonstruiert. Wäre Jake Burns in einem Ford-Western ein rechtschaffener Held, der der Gerechtigkeit zum Sieg verhilft und ohne solche die Gemeinschaft hilflos wäre, so ist er hier ein Außenseiter, ein Gehetzter und letzten Endes ein Verlierer – gejagt von dem Gesetz, schutzlos und übervorteilt. Der Roman geht dabei dem Experiment nach, einen klassischen Westernhelden in die Gegenwart (1956) zu versetzen und die freie Moralvorstellung der Pionierzeit mit der Gesetzesvorstellung der Zivilisation aufeinander treffen zu lassen. Die Verfilmung unter der Regie von David Miller kann durchaus als gelungen bezeichnet werden, wobei besonders die Verfolgung durch die Berge in der zweiten Hälfte des Films dramaturgisch etwas durchhängen, bevor der Film mit einem sehr starken Ende in der letzten Viertelstunde noch einmal anzieht. Filmisch allerdings ist „Lonely Are the Brave“ absolut hochwertig und Miller schafft es grandios, die verschiedenen Welten aufeinander prallen zu lassen. So bedient er sich klassischer Westerntopoi wie dem am Lagerfeuer schlummernden Cowboy, die den Zuschauer in Sicherheit wiegen, bevor Düsenflugzeuge die Wild-West-Romantik jäh zerschneiden. Oftmals genügt nur ein kleiner Schwenk mit der Kamera, um den klassischen Western in die Gegenwart zu katapultieren. In anderen Stellen erhält der Regisseur die Western-Romantik auch aufrecht, wie in der Abschiedsszene zwischen Jerry und Jake. Die Einstellung, in der die Frau dem Reiter, der auf die Berge zustrebt, lange nachblickt, versetzt einen tatsächlich in eine andere Zeit, einen anderen, heilen Film. Wohltuender Weise wird auf Schwarzweißmalerei verzichtet. Die Polizisten sind keine klassischen Bösewichte, wollen Jake auch zuerst gehen lassen, bis dieser wieder wild um sich schlägt. Während sich der Cowboy in der Landschaft bestens auskennt, scheinen die Beamten mit der Jagd überfordert und auch wenn ihre Technik dem Flüchtling überlegen ist, so ist sie in der rauen Natur nicht immer hilfreich. Allerdings wäre es wünschenswert, den Kontrast zwischen den Dorfpolizisten, die zwar mit gutem Willen, aber wenig Verstand vorgehen, und dem um seine Freiheit kämpfenden Burns besser heraus zu arbeiten. So allerdings schleppt sich die Jagd etwas hin. Nichts desto trotz ist „Lonely Are the Brave“ ein gut unterhaltender Film, der neben einer guten Regie und einer hervorragenden Schwarzweißfotografie von Philip H. Lathrop auch mit sehr überzeugenden Schauspielern aufwartet. Kirk Douglas ist ein perfekter Jake Burns: kernig, männlich und von einer sympathischen Einfachheit. Sein Gegenspieler, Sheriff Morey Johnson, wird treffend von einem leicht griesgrämigen Walter Matthau verkörpert. Gena Rowlands überzeugt in der Rolle der Jerry Bondi, die an der moralischen Verstocktheit ihres guten Freundes Jake offensichtlich leidet und „Beißer“ George Kennedy ist in einer kleinen Rolle als sadistischer Hilfspolizist zu sehen. Insgesamt ist „Lonely Are the Brave“ ein überaus sehenswerter Film, dessen dramaturgische Schwächen durch die handwerkliche Raffinesse mehr als ausgeglichen wird. Zur Musik: Jerry Goldsmith hatte seit seinem ersten vertonten Kinofilm – „The Black Patch“ – 1957 durch innovative und äußerst originelle Filmmusiken auf sich aufmerksam gemacht. Mit „Lonely Are the Brave“ sollte er seinen ersten größeren A-Film vertonen und löste diese Aufgabe ohne Frage tadellos. Bernard Herrmann, der einmal bei den Aufnahmen zugegen war meinte, die Musik sei viel zu gut für den Film. Ob dem so ist, sei einmal dahin gestellt, aber die Qualität der Musik ist über jeden Zweifel erhaben. Für die Musik stand dem Komponisten ein durchschnittlich besetztes Orchester zur Verfügung, das er zudem um einige folkloristische Instrumente wie das Akkordeon und die Gitarre erweiterte. Im Großen und Ganzen steht die Partitur der konventionellen Western-Vertonung nahe, doch gelingt es Goldsmith meisterhaft, dem Genre seinen eigenen musikalischen Stempel aufzudrücken. Auf große Copland’sche Americana wird größtenteils zu Gunsten kleinerer Besetzungen verzichtet. Klassische Westernklischees werden nur zu Beginn eingesetzt, um den Zuschauer dem Film entsprechend in Sicherheit zu wiegen. Stattdessen ist die Musik mit ihrem monothematischen hauptsächlich aus der Sicht des Protagonisten entworfen und dementsprechend lyrisch und impressionistisch geraten. Dabei gelingt es Goldsmith immer wieder meisterhaft, seinem langen und gesanglichen Thema stets neue Facetten abzugewinnen. Ganz zu Beginn als zarte Melodie in der Gitarre über einen Liegeton der Violinen eingeführt, erklingt das Thema bald als stolze Hornmelodie im Orchester und wenig später als Akkordeon-Solo. Doch auch die um das Thema herum komponierten Passagen oder eigenständige Stücke sind mit äußerster Sorgfalt gearbeitet. Zu den frühen Höhepunkten der Musik gehört die Vertonung der Schlägerei in der Bar, die durch rhythmische Schichten der Marracas und der Gitarre einen mexikanischen Anstrich bekommt und über die sich komplexe und teils harsche Ausbrüche des Orchesters legen. Auch die atmosphärisch sehr dichte Vertonung von Burns’ erster (und einziger Nacht) im Gefängnis, in der er schlimm verprügelt wird, stellt das musikalische Gespür des Komponisten unter Beweis. Aus lang gezogenen Tönen der Kontrabässe schält sich langsam eine sich immer weiter steigernde Fortspinnung des Hauptthemas heraus, das schließlich abrupt abbricht und von spitzen Pizzicati der Violinen abgelöst wird. Die lang angehaltenen, fast sphärischen Akkorde der Violinen für den Ausbruch des Einzelgängers, die von einigen scharfen Xylophonakzenten gestört werden, erschaffen eine intensive Spannung. Der geringe Aktionismus der Musik entspricht dem angehaltenen Atem des angespannten Flüchtlings. Mit den Stücken für die Jagd durch das Land steuert Goldsmith seine Musik energetisch dem tragischen Finale zu. Harsche Ausbrüche des Blechs, angespannte Triller der Holzbläser und Streicher legen den optimistischen Arrangements des Hauptthemas immer wieder musikalische Hindernisse in den Weg, bis schließlich wieder die Gitarre über sanfte Liegetöne der Violinen das letzte Wort hat. Die Musik zu „Lonely are the Brave“ erhielt zum Filmstart kein kommerzielles Album und bis in die 90er Jahre waren die Aufnahmen nicht zugänglich. Dann ermöglichte das dubiose Bootleg-Label „Delphi“ mit der ersten CD zu dieser Musik eine passable Zwischenlösung, die allerdings weder durch Vollständigkeit noch durch sauberen Klang glänzen konnte. Die definitive Veröffentlichung erfuhr „Lonely Are the Brave“ schließlich erst durch den Varèse-Club, der dieses Juwel angemessen veröffentlichte. Erstmals vollständig und mit einem gut ausgestattetem Booklet versehen, erklingt diese Musik in bestmöglicher Klangqualität und enthält somit auch die kurzen klischeehaften Westernpassagen, die den Rezipienten während des Vorspanns gekonnt in die Irre führen. Jerry Goldsmith nutzte mit dieser oftmals introvertierten Westernmusik seine Chance, einen A-Film zu vertonen, voll aus und legte den Grundstein für eine der erfolgreichsten und längsten Hollywood-Karrieren.
  8. So sehr ich auch für ältere B-Abenteuerfilmmusik zu haben bin, habe ich mir dieses Album nicht gekauft (im Gegensatz zu "The Sword and the Sorcerer" oder "Yor") aber bei allem was Du schreibst, werde ich mir die CD auch in Zukunft nicht zulegen. Ich drücke die Daumen, dass Dein Exemplar bald eintrifft!
  9. Religion ist aber durchgehend in dem Film ein tragendes Element, das immer wieder zur Sprache gebracht wird. Die kommt nicht erst zum Schluss rein. Anscheinend bin ich ohnehin einer der ganz wenigen, die die Wendung erfrischend und gelungen fanden.
  10. Soweit ich erkennen kann sind das doch ohnehin ausschließlich Streicher. Wenn Zimmer auf Herrmanns Spuren wandelt und "Superman" nur mit Streichorchester belegt, dann ist das gar nicht so einfallslos. Man kann aber davon ausgehen, dass die Musik wieder sehr steril klingen wird und sie auch erst am Mischpult aus den einzelnen Instrumentengruppen, vielleicht dem Chor und natürlich der Elektronik zusammen gesetzt wird. Würde mich nicht wundern, wenn da noch Bilder von einzelnen Blechbläsern und Schlagzeug kommen würden. Holzbläser würden mich allerdings sehr wundern.
  11. Mich würde der Film ebenfalls (zusammen mit "Cherry Tale" interessieren. Außerdem wüsste ich gerne, wie die Aufnahme entstanden ist. Musiker zusammen zu organisieren ist ja immer ein bisschen aufwendig. Welche Präparationen am Klavier hast Du denn vorgenommen und wo bekommt man so ein Widderhorn her?
  12. Was historische (in diesem Fall Mittelalter) Romane betrifft, möchte ich auf eine eher exotische Romantrilogie aufmerskam machen, die mir meine Quasigattin (auf meinen Wunsch hin) zu Weihnachten geschenkt hat: Fürst und Junker - Friedrich Axmann Axmann war ein wiener Schriftsteller im 19. Jahrhundert und schrieb für den Kolportagenverleger Münchmayer einen ausladenden Roman, der in mehreren Teilen in Münchmayers Zeitschrift "Deutsches Familienblatt" abgedruckt und von dem Redakteur Karl May (oh ja, genau DER Karl May) betreut und lektoriert wurde. Axmann beschreibt den Zerfall der Herrschaft adliger Raubritter in den deutschen Marken zu Beginn des 15. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt steht Botho, ein Berliner Kaufmannssohn, der eine Fehde mit den Brüdern Hans und Dietrich von Quitzow führt sowie Friedrich I. von Hohenzollern, der die brutale Herrschaft der Junker stürzen und ein kultiviertes Reich unter seiner Herrschaft einen möchte. Besonders spannend ist, dass Axmann noch deutlich von romantischen Idealen beeinflusst und das Mittelalter als einen Pool von reinen Helden, wahren Edelmänner, echter keuscher Liebe und finsteren Gesellen betrachtet, aus dem er reichlich schöpft. ausladende Naturbeschreibungen, blutige Gefechte und schmachtende Dialoge sehnsüchtiger Liebenden füllen über 1000 Seiten in drei stilvoll gebundenen Bänden. Heraus gegeben wurde das ganze vom Karl-May-Verlag in einer lobenswerten Edition, die ich jedem Ritter-Freund ans Herz legen möchte, der sich mit den Wurzeln der idealisierten und romantisch verfremdeten Ritterwelt beschäftigen möchte. Nachdem Axmann verstarb, setzte May übrigens die Geschichte mit dem eigenständigen Werk "Ritter und Rebellen" fort - sein einziger Mittelalterroman!
  13. Stagecoach - San Fernando In der kleinen Stadt Tonto, Aruzona, bricht im örtlichen Saloon ein Streit zwischen zwei Soldaten um das Animiermädchen Dallas aus, der für die beiden Kontrahenten tödlich endet. Dallas wird von der Armee der Stadt verwiesen und soll am nächsten Tag die Postkutsche nach San Fernando nehmen, die bald eintrifft. In der Kutsche fährt die schwangere Offiziersgattin Lucy Mallory sowie der ängstliche Schnapsvertreter Peacock. Joshua Boone, der Doktor von Tonto, schließt sich der Prostituierten Dallas an, denn besonders die Aussicht auf eine Kutschfahrt mit einem Vertreter für Spirituosen scheint ihm sehr verlockend. Auch der Berusfspieler Hatfield verlässt die Stadt und schließt sich der Reisegruppe an. Als weiterer Gast besteigt kurz vor Abfahrt der Bankangestellte Henry Gatewood, der in der Bank seines Schwiegervaters 10 000 Dollar unterschlug und behauptet, er werde dringend in San Fernando erwartet. Begleitet wird das vom raubeinigen Fahrer Buck gelenkte Gefährt von Marshal Curly Wilcox. Diesem ist der Häftling Ringo aus dem Gefängnis entflohen und der Marshal nimmt an, dass Ringo nach San Fernando gereist ist, um dort Matt Plummer zur Rechenschaft zu ziehen, der Ringos Vater und Bruder ermordeten und ihn durch Falschaussagen ins Gefängnis brachten. Doch schon wenige Stunden nach Aufbruch macht der Marshal den ersehnten Fang: Am Wegrand sitzt Ringo, der sein Pferd verlor und bittet um eine Mitfahrgelegenheit, um nach San Fernando zu gelangen. Marshal Wilcox stimmt zu, um den Entflohenen sofort am Ziel einzusperren und von der Belohnung endlich seine Ranch aufbauen zu können. Doch zwischen Tonto und San Fernando warten zuerst viele Schwierigkeiten auf die Passagiere und den Fahrer. So kommt es nicht nur zu Spannungen zwischen den verschiedenen Passagieren, vor Allem haben die Indianer wieder das Kriegsbeil ausgegraben und halten die Strecke zwischen Tonto und San Fernando besetzt... 1939 drehte John Ford mit "Stagecoach" eins der frühen Western-Meisterwerke, das den Grundstein für dessen und John Waynes Karriere legte. Schon bei der Premiere von Publikum und Kritikern gefeiert ist dieser Film auch heute noch ein erstklassiger Western. Allerdings ist "Stagecoach" ein Beweis dafür, dass zeitlose Klassiker nicht nur heute von Produzenten als antastbar und verbesserungswürdig gelten, denn als Produzent Martin Rackin bekannt gab, dass er eine Neuverfilmung 1966 in die Kinos bringen würde, war die Empörung groß. Sogar Ford selbst schrieb Rackin persönlich einen Brief worauf dieser sinngemäß antwortete, dass es nicht seine Schuld sei, wenn Ford damals keinen guten Film gedreht hätte und Rackin jetzt die endgültige Fassung produzieren müsse. Bei der Sichtung des fertigen Films von 1966 fällt jedoch schnell auf, dass der Produzent seinen eigenen hohen Ansprüchen nicht gerecht werden konnte und stattdessen bloß einen blassen Abklatsch des Originals produzierte. Weder verfügt die Neuverfilmung über die Bildgewalt des Originals, noch vermögen es die Schauspieler (bis auf eine Ausnahme), ihren Figuren so vortrefflich Leben einzuhauchen wie die Darsteller 1939. Einzig und alleine Ann-Margret bleibt mit ihrer leicht zynischen Darstelleung der im Kern redlichen und gutmütigen Prostituierten Dallas im Gedächtnis und lässt ihre Kollegen durchweg verblassen. Das als amüsant ausgelegte Verhältnis zwischen Bing Crosbys Doc Boone und dem von Red Buttons gespielten Schnapsvertreter Peacock ist viel zu albern geraten, Mike Connors in der Rolle des kavalierartigen Hatfields genauso wie Stefanie Powers' Lucy Mallory äußerst blass geraten und auch wenn Robert Cummings sich in der Rolle Henry Gatewoods bemüht, so fällt er einem schnell mit seinem ewigen Drängen zum völlig unangebrachtem Zeitpunkt auf die Nerven. (Frau Mallory hat ihr Kind jetzt endlich bekommen? Gut, dann können wir ja bitteschön weiterfahren!) Western-Urviech Slim Pickens liefert eine nette Leistung als einfältiger Fahrer ab, allerdings ist seine Rolle recht klein und weder Alex Cord als Ringo oder Van Heflin schaffen es, ihre Rollen überzeugend darzustellen. Zu belanglos werden die Textzeilen heruntergeleiert, zu ausdrucksschwach ist die ohnehin kaum vorhandene Mimik. Regisseur Gordon Douglas war so ziemlich in jedem Genre tätig, doch kann seine Neuverfilmung niemals das Original übertreffen. Stattdessen setzt der Regisseur in der 1966er-Verfilmung auf ein hohes Maß an Gewalt - besonders die ersten fünf Minuten sind sehr blutig geraten. Das erste Bild nach dem Vorspann zeigt einen Soldaten, der einen Tomahawk ins Gesicht geschlagen bekommt, ein zweiter wird von hinten mit einer Lanze getroffen. Nach einem sehr blutigen Überfall der Indianer auf einen Armeestütztpunkt folgt der brutale Kampf der Soldaten im Saloon, auch hier werden Messer in den Körper gerammt und bleiben stecken, fließt das Blut. Stand im Original besonders das zwischenmenschliche Verhältnis zwischen den einzelnen Charakteren im Mittelpunkt, das von der Bedrohung durch die Indianer überschattet wurde, so versucht Gordon in seiner Version, die fehlende Stimmung durch Schockmomente wie haufenweise aufgetürmte Leichen von Soldaten zu übertuschen. Dies allerdings geht zu keinem Zeitpunkt auf, sodass "Stagecoach" aus dem Jahre 1966 nichts weiter als eine blasse und überflüssige Kopie eines zeitlosen Klassikers darstellt. Interessanterweise rollte die Postkutsche 1986 in einer TV-Verfilmung erneut über heimische Bildschirme, dieses Mal in einer obskuren Neuverfilmung mit Kris Kristoffersen als Ringo und Willie Nelson als Doc Holiday. Komponist Jerry Goldsmith schien von dem Film ebenfalls nicht besonders inspiriert geworden zu sein, denn seine Musik ist relativ blass geworden und hält Vergleichen mit dessen großen Würfen im Bereich der Westernvertonung nicht stand. Für die Musik stand dem Komponisten ein durchschnittlich besetztes Orchester zur Verfügung, das außerdem um folkloristische Instrumente wie Akkordeon, Mundharmonika, Banjo, Gitarre und Maultrommel erweitert war. Es fällt auf, dass Goldsmith sämtliche Actionszenen wie den ersten Angriff der Indianer zu Beginn, den Kampf im Saloon, den Überfall auf die Kutsche oder feurige Finale stets unvertont lässt. Stattdessen komponierte er eine sehr folkloristisch orientierte Musik, die neben ruppigen Actionpassagen auch die für Goldsmith typischen lateinamerikanischen Elemente sowie die für das Genre typische Americana vermissen lässt. Der folkloristische Charakter wird schon in der Musik für den Vorspann während einer ausladenden Kamerafahrt über eine Waldlandschaft voll ausgespielt: Ein Rhythmus der Maultrommel und eine kleine Figur der Mundharmonika bilden das Fundament für eine volksliedhafte Melodielinie des Akkordeons, bevor schließlich die Streicher einsetzen und Raum für das eigentliche Hauptthema schaffen. Dieses ist eine seichte wiegende Melodie, die von der Trompete intoniert wird und sich wie ein roter Faden durch die folgende Musik zieht, allerdings lässt sie den markanten musikalischen Charakter vieler anderer Western-Themen aus der Feder Goldsmiths vermissen. Neben einigen Außenaufnahmen der durch die Landschaft rollenden Kutsche, die mit einigen rhythmisierten Akkorden der Bläser und Streicher unterlegt sind, über die sich entweder der Akkordeonkontrapunkt der Vorspannmusik oder das Hauptthema selbst legen, vertonte der Goldsmith in seiner kurzen Komposition von gerade einmal 22 Minuten Länge hauptsächlich Dialogszenen, die er mit sanften Darbietungen des Hauptthemas in der Mundharmonika, den Streichern oder solistischen Holzbläsern über lang ausgehaltene Akkorde der Streicher vertont, die mit einigen Harfenarpeggien oder Gitarrenakkorden garniert werden. Zu den wenigen starken Momenten der Musik gehört die Untermalung für eine Szene, in der die Passagiere in einer Blockhütte einen Berg von Soldatenleichen entdecken. Die fröhliche und beschwingte Reisemusik schwenkt hier innerhalb weniger Sekunden in eine effektvolle Passage mit tiefen grummelnden Streichern, col-legno-Schlägen und einer archaisch anmutenden aber verhaltenen Melodie der Altflöte, die für die ständig präsente Bedrohung durch die Indianer steht. Obwohl „Stagecoach“ keine besonders starke Westernmusik Goldsmiths ist, wurde sie bereits zum Filmstart auf LP veröffentlicht. Auf Grund der kurzen Länge der Musik konnte nahezu die vollständige Partitur auf dem Album untergebracht werden. 1998 erschien die Musik schließlich auf CD und bildet die erste Veröffentlichung des renommierten Filmmusiklabels FSM. Leicht erweitert enthält die CD neben zwei kurzen Klavier-Source-Musiken aus „Stagecoach“ auch Musik aus der kurzlebigen Westernserie „The Loner“. Die sehr gut restaurierte Musik und das äußerst informative Begleitheft setzten Maßstäbe für 250 kommende Veröffentlichungen Lukas Kendalls, trotzdem dauerte es über 12 Jahre, bis die auf 3000 Stück limitierte Veröffentlichung ausverkauft war. In der Zwischenzeit erschien auch die allererste Veröffentlichung des Films nach der Kinopremiere in der „Twilight“-Reihe auf Bluray-Disc, die zusätzlich eine isolierte Musikspur enthält. „Stagecoach“ wurde schließlich 2012 von Lalaland Records neu veröffentlicht und neben einigen Minuten Musik wie weiterer Source-Stücke auch um die auf der FSM-Ausgabe fehlende Banjospur erweitert. Dennoch enthält keine der beiden CD-Veröffentlichungen die vollständige Filmmusik. Zu den prominentesten fehlenden Stücken gehört die rund einminütige Passage, die die Kusche zur ersten Raststätte begleitet. Es wäre wünschenswerter gewesen, Lalaland hätte eine andere, bedeutendere vergriffene Western-Musik des Komponisten neu aufgelegt wie „The Ballad of Cable Hogue“, „Bandolero!“ oder „Rio Conchos“, denn „Stagecoach“ ist leider einer der wenigen sehr blassen Einträge Jerry Goldsmiths, der zwischen 1960 und 1975 mehrere Western äußerst effektiv und originell vertonte.
  14. Dabei gehört das Vorspiel zu Wagners mitreißendsten Stücken. Wenn da noch jemand einem Sitznachbarn die "Reingold"-Handlung erklären würde, hätte ich ihn schnell den Mund verboten - auch wenn's Herr Waltz gewesen wäre. "Die Walküre" ist ein wirklich spannender Krimi trotz fünf Stunden Länge. Was den Abgang von Simon Rattle betrifft: Er ist ein großartiger Impressionisten-Dirigent und war immerhin offen für Neueres und Seltenes. Daher bleibt zu hoffen, dass jemand an seine Stelle tritt, der ebenfalls aufgeschlossenere Programme macht. Da ich selbst nicht in Berlin lebe kenne ich ihn nur von den Aufnahmen und die sind mir allerdings oft zu komprimiert. Den CD-Aufnahmen mit Rattle fehlt oft die klangliche Tiefe und Weite. Z. B. hört man Plattenglocken im fff nur, wenn man die Partitur mitliest.
  15. Breakheart Pass - Nevada Pass In Fort Humboldt ist die Epidemie ausgebrochen und somit bahnt sich ein Transport der US-Armee seinen Weg durch die verschneiten Rocky Mountains, beladen mit Medikamenten und Soldaten. An Bord des Zuges befinden sich neben den Ersatztruppen und ihren Offizieren auch der Gouverneur Richard Fairchild, der Prediger Reverend Peabody, der Arzt Molyneux, Marica Scoville, die Tochter des Kommandanten von Fort Humboldt sowie ein Koch, der Heizer und der Lokführer. Als der Zug kurz in Myrtle City, Nevada, hält, gehen zwei weitere Zivilisten an Bord: Nathan Pearce, der Marshal der Orts, verhaftete den gesuchten Verbrecher John Deakin im Saloon und verschafft sich die Zustimmung des Gouverneurs trotz Missbilligung des höchsten Offiziers die Erlaubnis, den Gefangenen nach Fort Humboldt zu begleiten, um ihn dort vor das Militärgericht zu stellen. Die Abfahrt aus Myrtle City verzögert sich, denn zwei Offiziere werden vermisst. Schließlich fährt der Zug ohne die beiden Militärs ab, da die Zeit drängt, doch von nun an ist die Fahrt mit immer mehr Schwierigkeiten versehen. Zuerst bricht die Telegraphenverbindung zum Fort ab und dann wird der Arzt Molyneux tot aufgefunden. Wenig später stürzt der Heizer vom Zug und als auch noch die letzten Wagons mit den Soldaten abgekoppelt werden und in einen Abhang herunter stürzen, kann keiner mehr an Zufall glauben. John Deakin, der einst als Mediziner gearbeitet hat, untersucht den Tod des Doktors und findet bald heraus, dass dieser keines natürlichen Todes gestorben ist. Als er eines nachts die Ladung des Zuges kommt er einer Verschwörung auf die Spur: Statt Medizin hat der Zug ausschließlich Sprengstoff, Munition und Waffen geladen, die vor einiger Zeit gestohlen wurden. Als auch der Revenrend in einer der Waffenkisten gefunden wird ist klar, dass sich unter den verbliebenen Personen ein Mörder befindet... Nachdem der Western in den 60er Jahren sein Zenit überschritten hatte, gab es immer wieder Fälle, in denen mehr oder minder geglückte Versuche unternommen wurden, das Genre neu zu beleben. Außer den John-Wayne-Filmen, in denen der "Duke" nach wie vor als kerniger Held mit der Winchester für Recht und Ordnung sorgte, wagten viele Western einen melancholischen, teils resignativen Blick auf das einst durchweg glorifizierende Genre. Sam Peckinpah zeigte in "The Wild Bunch" und "Pat Garret jagd Billy the Kid", wie einstige Westernhelden unter die Räder der Zivilisation kommen, Richard Fleischer ließ 1973 in "Vier Vögel am Galgen" den Traum dreier Farmersöhne vom romantischen Banditenleben tragisch zerplatzen und auch die beiden Protagonisten in Blake Edwards' "Wild Rovers" scheitern ebenfalls bei dem Versuch, einmal auf einen grünen Zweig zu kommen. Michael Crichton hingegen verpackte den Western in "Westworld" in futuristisches Gewand während Filme wie "Boss Nigger" oder "Take a Hard Ride" die Pionierzeit im Lichte des aufkeimenden Blaxploitation betrachten. "Nevada Pass" gehört zu den seltenen Versuchen, den Western mit dem Krimi zu mischen. Die Romanvorlage stammt von Alistair McLean aus dem Jahre 1974, das bereits ein Jahr später nach einem Drehbuch desselben Autors verfilmt wurde. Die Handlung orientiert sich lose an Agatha Christies "Mord im Orient Express" und versetzt die Ausgangssituation einer Gruppe Verdächtiger Personen im Zug in die 1870er Jahre. Regie führte Tom Gries, der bereits mit dem Hauptdarsteller Charles Bronson in "Der Mann ohne Nerven" zusammen gearbeitet hatte und Lucien Ballard, der bereits als Kamermann für Peckinpahs "Wild Bunch" gearbeitet hatte, war für die Fotografie verantwortlich. Die originelle Idee für die Handlung, der Hauptdarsteller, Regisseur und Kameramann versprechen eigentlich einen sehr unterhaltsamen Film, doch letzten Endes bleibt "Nevada Pass" recht blass und nutzt das Potential nie vollständig aus. Mäßig spannend geraten, reihen sich Anfangs nur diverse Morde aneinander, bis die wenig überraschende Auflösung plötzlich hereinplatzt und letzten Endes wegen des Showdowns rapide an Bedeutung verliert. Die beeindruckende Schneelandschaft der Rocky Mountains wird ebenfalls nicht zufriedenstellend genutzt, sodass der Film hauptsächlich während der beiden spektakulären Actionhöhepunkte glänzt: Neben der Zeitlupenentgleisung dreier echter Waggons bietet der Kampf zwischen Deakin und dem Koch des Zuges auf einem Wagon während der Fahrt über eine riesige Holzbrücke einiges an Schauwert - besonders, da der Kampf tatsächlich mit zwei Stuntmen auf einem fahrenden Zug und ohne jede Modellaufnahmen oder Leinwand gedreht wurde. "Nevada Pass" wurde offensichtlich als Bronson-Vehikel produziert und der schweigsame Charakterkopf liefert eine überzeugende Leistung als undurchsichtiger John Deakin ab. Seine Gegenspieler Nathan Pearce und Richgard Fairchild werden routiniert von Ben Johnson und Richard Crenna dargestellt. Charles Durning gibt einen glaubwürdigen Lokführer und die in einem Bronson-Streifen dieser Zeit unverzichtbare Jill Ireland ist treffend für die zarte Marica Scoville. "Nevada Pass" ist also an sich kein schlechter Film, hätte aber in Hinblick auf Stab und Besetzung deutlich mehr sein können als ein immerhin mäßig spannender Western-Krimi. Zur Musik: „Breakheart Pass“ markiert nach „100 Gewehre“ und „Der Mann ohne Nerven“ die dritte Zusammenarbeit zwischen Regisseur Tom Gries und Komponist Jerry Goldsmith, der neben diesem Film mit „The Cassandra Crossing“ und „The First Great Train Robbery“ zwei weitere Filme vertonte, deren Handlung zum großen Teil auf Zügen stattfand. Für „Breakheart Pass“ stand Goldsmith ein durchschnittlich besetztes Orchester zur Verfügung, das außerdem um eine Gitarre erweitert wurde. Außerdem experimentierte der Komponist hier zusätzlich mit elektronischen Effekten, die in den kommenden Jahren immer mehr Raum in seinen Kompositionen einnehmen sollten. Einen wichtigen Bestandteil der Filmmusik zu „Breakheart Pass“ bildet das schmissige Hauptthema, das von einer Hornfanfare eröffnet und von den Trompeten gespielt wird. Dieses Thema verfügt über einen hohes Maß an Ohrwurmqualität und lässt mit der treibenden Begleitung der Gitarre und den stoßhaften Blechbläserakkorden sofort Westernatmosphäre aufkommen, die durch die schwelgerischen Streicher und den Einsatz des elektronisch verzerrten Klaviers zunehmend verstärkt wird. Dennoch täuscht der erste Eindruck, denn jenseits des Hauptthemas ist die Musik sehr spröde und suspenselastig, was auch der Handlung geschuldet ist. Dabei führt Goldsmith sein Thema auf zwei unterschiedliche Wege fort. Zum Einen dienen Bruchstücke der Melodie immer wieder als kurze motivische Einwürfe in den Suspense-Passagen, andererseits erklingen kurze groß orchestrierte Passagen für unzählige Außenaufnahmen des durch die Schneelandschaft dampfenden Zuges. Allerdings ist keine dieser Darbietungen so schwelgerisch und ausladend wie die Vorspannmusik, denn wie auch einige Jahre später in „The Cassandra Crossing“ charakterisiert Goldsmith die schwere metallische Maschinerie der Eisenbahn durch harte und raue Reibungen in den Melodieinstrumenten und gleichmäßig stampfendes Schlagzeug. Schwerfällige metallische Rhythmen, von Ambosschlägen durchsetzt, bilden die Basis für schrille Interpretationen des Themas im Blech. Einen Großteil des Films beobachten die Zuschauer John Deakin während seiner kriminalistischen Unternehmungen im inneren des Zuges, sodass die Musik oftmals minutenlanges abwechselndes Kriechen und Verstecken des Protagonisten illustrieren oder nahende Bedrohung untertönig ankündigen muss. Hier setzt Goldsmith sein Orchester sehr kammermusikalisch ein, sodass oftmals nur wenige Instrumente zugleich spielen. Dabei greift Goldsmith häufig in die modernistische Trickkiste und bedient sich alternativer Spieltechniken der Streicher oder harscher anschwellender Akkorde der Bläser. Originellerweise setzt der Komponist beim Schlagzeug auffallend oft Schellenbäume ein, die meistens mit Schlittenglocken assoziiert werden und somit einerseits auf die verschneite Umgebung Bezug nehmen und zum anderen wie ein Nachhall der mächtigen hämmernden Stahlgeräusche des Zugs oder des Orchesterschlagwerks wirken. Doch auch wenn das Hauptthema in nahezu jedem Stück vertreten ist und ohne Frage als Grundlage für die meisten Passagen dient, komponierte Goldsmith auch ein musikalisches Motiv für Deakins Gegenspieler: Gouverneur Fairchild und dessen Verbündete. Dieses kurze aus vier aufsteigenden Noten bestehende Motiv für die Fagotte wird hauptsächlich von einer Arpeggiofigur aus elektronisch erzeugten Klängen gebildet und von Einwürfen der Föten und Blechbläser flankiert. Der anachronistische Einsatz der elektronischen Elemente wirkt dabei befremdlich und möchte weder in den rein akustisch konzipierten Rest der Musik passen noch sich wie die restliche Musik in die Bilder einfügen. In den beiden zentralen Actionsequenzen des Films (und der Musik) – der Zugentgleisung und dem Boxkampf auf dem Waggondach – geht Goldsmith mit gewohnter musikalischer Brutalität zu Werke. Harsch gestrichene einzelne Noten der tiefen Streicher markieren dabei den Takt während sich nach und nach einzelne wiederkehrende kurze Fragmente der Bläser erklingen und sich anschließend das Schlagzeug mit mehreren rhythmischen Schichten einsetzt, bevor die abgehängten Zugwaggons in Zeitlupe am Abhang zerschellen. Der Faustkampf ist ähnlich mit einer gleichförmigen rhythmischen Basis durch tiefe Streicher und Bläser unterlegt, über die sich anschließend einzelne Einwürfe des Hauptthemas in den Blechbläsern legen, die von hektischen Einwürfen der Holzbläser und dominanten Schlägen der kleinen Trommel durchsetzt werden. Die Musik zu „Breakheart Pass“ wurde zum Filmstart nicht veröffentlicht und erschien erst Jahrzehnte später als Bootleg, bevor Lalaland Records 2006 die vollständige Musik in Form einer limitierten Edition auf den Markt brachte, die zwei Jahre später ausverkauft war. Neben einem hervorragenden Begleittext von Jeff Bond besticht diese Veröffentlichung zusätzlich durch eine sehr klare Klangqualität. Dass besonders die Bläser etwas schrill klingen ist allerdings im Sinne des Erfinders. Die beiden äußerst kurzen Bonus-Stücke – eine Militärfanfare sowie eine kurze Gitarrenspur (wahrscheinlich aus Track 4) – sind allerdings völlig verzichtbar. Letzten Endes dürfte für alle, die mit „Breakheart Pass“ einen klassischen Goldsmith-Western-Score erwartet haben, enttäuscht worden sein, denn abseits des Hauptthemas besteht die Musik aus vielen langen, zwar raffiniert gestalteten, aber auf Dauer ermüdenden und anstrengenden Suspense-Passagen und auch die veralteten und unpassenden Synth-Effekte sind dem Hörgenuss streckenweise abträglich. Lalaland gelang mit dieser CD ohne Frage eine wichtige Veröffentlichung und Goldsmith schuf eine im Film sehr förderliche und wirkungsvolle Musik, auf CD allerdings ist „Breakheart Pass“ nur teilweise überzeugend.
  16. Ich kenne mich bei Rabin überhaupt nicht aus und enthalte mich da jeder bewertenden Äußerung. Dass Bruckheimer ja manchmal recht merkwürdige Ansichten zu Musik hat, dürften klar sein. Dass ein Regisseur von Goldsmith später lieber die Synths einsetzen wollte als die "richtige" Einspielung ist allerdings nicht vorgekommen
  17. "The Satan Bug", "In Harm's Way", "Planet of the Apes", "Illustrated Man", "Mephisto Waltz", "Winter Kill", Reincarnation of Peter Proud", "Take a Hard Ride", "Logan's Run", "Cassandra Crossing", "Coma", Capricorn One", "First Blood", "Psycho II", "Gremlins", "Legend"...ich merk's schon, es wäre einfacher, die Scores von Goldsmith aufzuzählen, in denen ich etwas an der Elektronik auszusetzen habe. Dass Elektronik in Filmmusik generell nichts zu suchen hat, habe ich so oder auch nur so in etwa nie geschrieben! David Arnold hat z.B. in "Casino Royale" hervorragend mit Synthesizern gearbeitet. Vangelis' Musiken oder Tykwers Musik für "Das Parfüm" entfaltet sden speziellen und charakteristischen Klang erst durch den Einsatz synthetischer Elemente. Ich setze vorraus, dass die Leser so eigenständig denken wie Lars und Du es tut. Natürlich schreibe ich diese Texte aus meiner Sicht, bemühe mich allerdings, Abstand zu nehmen und die Musiken an Hand nachvollziehbarer Elemente zu erläutern. Das funktioniert vielleicht nicht immer und dann freue ich mich über anregende Gespräche wie dieses hier. Wenn es nur meine Geschmack ohne jede Reflektion wäre, dann müsste ich ja auch "The 'Burbs" verdammen.Da habe ich doch erklärt, welche Punkte für einen Einsatz der Synthesizer sprechen auch wenn es mir unter uns lieber gewesen wäre, er hätte seine Themen orchestral realisiert und die Elektronik nur dann eingesetzt, wenn er es nicht mehr akustisch hätte machen können wie das gepitchte Hundebellen, das künstliche Meckern und die metallenen Effekte während des Vorspanns. An Lars: Gibt es denn Rabins Orchesteraufnahme auf CD? Wäre ja mal spannend, das zu vergleichen.
  18. Als Musiker ist es vielleicht genau das: Studiere ich wirklich vier oder mehr Jahre klassisches Schlagzeug, damit dann ein Komponist lieber Synth-Toms programmiert? Das hat (überspitzt gesagt) weniger mit Spaßtöterei zu tun als mit der Erniedrigung, dass ein Pauschalklang, der aus Nullen und Einsen besteht, einer feinmotorischen Leistung, die durch eigenes musikalisches Gespür, Empfinden und jahrelanger Übung bereichert wird, vorgezogen wird. Das geht mir nicht nur bei all den leidigen Drumloops so, sondern eben auch beim Klang einer Flöte oder eines Horns. "Ich will's halt so und damit hat sich's" ist weder eine ästhetische noch eine konzeptionelle Rechtfertigung. Wenn ich mit einem Werk an die Öffentlichkeit gehe und erwarte, dass Leute ihre wertvolle Lebenszeit damit aufwenden, sich mit meinem Werk auseinander zu setzen muss ich mich auch der Kritik aussetzen. Ansonsten kann ich all meine Sachen für die Schublade schreiben oder Musiker bezahlen, dass sie mir eine Aufnahme erstellen, die ich mir dann privat anhöre. Goldsmith feierte soviel Erfolge in seinem Leben, hatte eine Familie und ein gut gefülltes Konto. Wenn ich nun einige Forenseiten damit fülle, mich über seine elektronischen Fehltritte auszulassen, dürfte es ihn nicht sonderlich kratzen. Das hat auch weniger mit der Elektronik zu tun, sondern mit der Frage "Warum?" im Allgemeinen. Wenn jemand eine Fanfare komponiert und sie vom Cembalo und den Kontrabässen spielen lässt, obwohl er drei Trompeten im Orchester sitzen hat, dann frage ich mich auch: "Warum lässt er das nicht von den Trompeten spielen, wenn er eine klasische Fanfare haben will?" In diesem Fall: "Warum lässt er nicht die Flöte spielen, wenn er ihren Klang hören möchte?" Ich habe nie geschrieben, dass man so etwas nicht darf. Goldsmith darf es machen und macht es dementsprechend auch. Dass ich dann aber eine Frage dazu stelle oder meine Gedanken dazu zugänglich mache, ist ebenso wenig verkehrt.
  19. Ganz einfach: Um mich nicht durch eine Stunde Musik zu quälen, die mich weder emotional noch geistig bereichert. Diese Frage kann ich aber erst nach mehreren Hördurchgängen guten Gewissens beantworten, denn im Film geht manchmal zu viel von der Musik unter, andere Feinheiten hört man erst nach einigen Hördurchläufen heraus. Wenn ich diese erste Phase des Kennenlernens hinter mir habe und ich in meiner Freizeit vor dem CD-Regal stehe, treffe ich meine Entscheidung danach, welche Musik mir die zur Verfügung stehende Zeit wert ist. Es sei denn, ich habe gerade das Bedürfnis, eine bestimmte Musik aus welchen Gründen auch immer zu hören. Wenn ich schon den ganzen Nachmittag glaube, ich müsse endlich mal wieder "Don Quixote" von Richard Strauss hören oder brauche die wabernden Klänge von "Criminal Law" erübrigt sich die Frage, denn dann muss erstmal das jeweilige Bedürfnis befriedigt werden. (Eine Situation, die ich schon lange nicht mehr hatte, denn in letzter Zeit war immer fest eingeplant wann was gehört wird.)
  20. Mein letzter Absatz war auch ausschließlich auf das Gesamtwerk bezogen. Mir ist auch klar, dass es so wirkt, dass ich Elektronik im orchestralen Zusammenhang generell ablehne, doch der Eindruck täuscht - auch im Falle von Goldsmith. Das Problem ist nur, dass es da mehr zu kritisieren als zu loben gibt, denn nur zu oft ergeben die Synthsizer in Anbetracht von Goldsmiths eigener Aussage, er würde diese nur als eine Erweiterung des Orchesters ansehen, keinen Sinn oder aber das Konzept, dass er mit seinen Keyboards verfolgt, greift einfach nicht. Die anfänglichen Synthie-Spielereien wie die Ultravox-Effekte in "Satan Bug" oder "In Harm's Way" sind nunmal typischer Zeitgeist und tun niemandem weh. In den 70er Jahren beschäftigte sich Goldsmith weiter mit dieser Materie und entwickelte einige interessante Konzepte, die im musikalischen Zusammenhang ebenso aufgehen wie im Film. Dazu gehören die elektronischen Sequenzen in "Logan's Run", die stets als quasi-diegetische Musik fungieren (Geräusche des Zentralcomputers etc.) Auch die elektronische Sequenz in "Illustrated Man" geht konzeptionell sehr gut auf und bildet im Film eine interessante Klangkulisse. Das Problem bei derartigen rein elektronischen Kompositionen Goldsmiths ist allerdings, dass sie stets recht primitiv gestaltet sind. Sie erfüllen ihren Zweck im Film, sind aber als reines Hörerlebnis um einiges grobschlächtiger als seine instrumentalen Gegenstücke. Zu Zeiten von "Logan's Run" war mit Synthesizern bereits viel mehr möglich als das, was Goldsmith damit kreierte. In seinen späteren Musiken funktionierte die Elektronik besonders dann immer sehr gut, wenn sie für den Filmstoff spezifische Elemente in Klänge fasst wie die Walgesänge in "Leviathan". Viele elektronischen Einsprensgel halte ich in seinem Spätwerk allerdings für überflüssig. Andere wenige jedoch machen zum Teil auch den Reiz manchmer Musiken aus wie der Herzschlag in "Innerspace" oder das stete pochen in "Basic Instinct". Es gab auch spätere Musiken, in denen die Elektronik konzeptionell wichtig war. Hier fällt mir auf Anhieb "The 'Burbs" ein. Die Flöte für das Militärthema oder die Orgel für die Klopeks sind künstlich. Das lässt sich metaphorisch deuten, denn Mr Rumsfield ist kein echter General und die Klopeks augenscheinlich auch keine Horrorgestalten. Auch die restlichen elektronischen Klänge sind recht detailliert (wie im Vorspann) oder derart ausgefallen (Hundebellen, Ziegenmeckern), dass sie elementarer Bestandteil des Grundkonzeptes sind. Bei "Extreme Prejudice" war Goldsmith, der urprünglich eine Orchestermusik schreiben wollte, gezwungen, einen kleineren Synthiescore zu schreiben. Auch dagegen ist dann im Grunde nichts einzuwenden. Er hätte aber bedenken müssen, dass, wenn er sich nur einiger weniger Klangfarben bedient, seine Leitmotive unterschiedlicher entwerfen müsste. So ähneln sich mindestens zwei Motive zu sehr und es ist auch nicht besonders klug, ein Thema für den Protagonisten erst im letzten Viertel des Films einzuführen. Hier fehlt dann eine Identifikationsmöglichkeit. Es gibt allerdings auch Musiken, bei denen diese Konzepte nicht greifen wie z.B. "Under Fire". Die Synthesizer sollen die Journalisten musikalisch vertreten, die im Ensemble isoliert sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Assoziation bei einem Zuschauer/-hörer geweckt wurde, denn dieser Ansatz wird aus der Musik allein nicht deutlich. Die Synthsizer fügen sich nämlich ansonsten harmonisch, stilistisch und melodisch voll und ganz in die orchestrale Begleitung, sodass von Isolierung nicht die Rede sein kann, viel eher sogar von Symbiose. "Under Fire" klingt wie eine lateinamerikanische Musik für Orchester und Synthesizer, nicht aber wie künstliche maerikanische Elemente, die sich schwerlich in den akustischen folkloristischen Kontext einfügen können. Dann gibt es auch Konzepte, die nur im Filmzusammenhang Sinn ergeben wie das puslierende Geräusch für den Omegahedron, das immer zu hören ist, wenn man besagten Gegenstand auf der Leinwand sehen kann. Das funktioniert mit den Bildern wunderbar, auf CD ist es dann aber irritierend, wenn mitten in Goldsmiths Orchesterbombast plötzlich der Omegahedron für zwei Sekunden gegen das Tempo pulsiert und wie verstummt. Der zweite Aspekt, der mir bei Goldsmiths Verwendung von Synthesizern besonders im Spätwerk auffiel war die anscheinend grundlose Imitierung von Instrumenten, die er aber zur Verfügung hatte. Besonders deutlich wurde das bei z.B. "Lionheart". Auch bei vielen anderen Musiken ist diese Vorgehensweise fraglich. Warum kann man das Thema in "Matinee" nicht von einer echten Flöte spielen lassen? Warum muss es dieser Synthieklang sein? Weder konzeptionell noch Ästhetisch lässt sich das rechtfertigen und besonders im Spätwerk ist Goldsmith häufig von seinem früheren Ansatz abgewichen und hat Instrumente gesampelt, die er auch im Orchester sitzen hatte. Dass eine Karriere in Hollywood wahrscheinlich mehr Stress als Freude bereitet, dürfte klar sein, ebenso wie die mittlerweile schon fast katastrophalen Bedingungen für Komponisten. Ich bin Goldsmith unendlich dankbar für die all herrlichen Musiken die er uns beschert hat und es ist ja nicht so, dass ich nicht selbst gerne ein krachiges Spätwerk wie "Air Force One" einlege. Natürlich ist klar, dass es wahrscheinlich nicht eine Goldsmith-Musik gibt, die nicht im Filmzusammenhang gut funktioniert, aber ich stelle mir nunmal die Frage: "Warum sollte ich das auch jenseits des Films hören." und da muss ich ehrlich sagen habe ich für "Rent-a-cop", "Not without my daughter", "Warlock" oder "U.S. Marshals" einfach noch keine Antwort gefunden.
  21. Jonas, Du hast vollkommen recht. Da habe ich im Eifer des Gefechts zwei Begriffe durcheinander geschmissen. In der Tat liegt es nicht an der Instrumentierung, denn mit den vollen Orchesterbesetzungen, die Goldsmith zur Verfügung standen, hätte er allerhand anstellen können. Es ist vielmehr der Satz, der zwar im Film unter lauten Kampfgeräuschen oder Dialogen die musikalischen Absichten gut transportieren kann, außerhalb des Films allerdings sehr blass und schablonenhaft wirkt. Das ist insofern besonders schade, weil Goldsmith und seine Orchestratoren es schließlich besser konnten. "Poltergeist", "Legende", "Night Crossing" oder "King Solomon's Mines" beweisen das. Natürlich gibt es bei den beiden oben genannten Musiken auch Stücke, die über das lieblose Arrangement hinaus gehen. Hierzu würde ich bei "First Knight" allerdings eher die Passagen mit Lancelots Thema nennen. Auf die Höhlenmusiken im "13ten Krieger" habe ich aber auch in den Texten hingewiesen "Für die Szenen in der Höhle der Bärenmenschen komponierte Goldsmith einige sehr stimmungsvolle und atmosphärisch dichte Suspensemusiken, in denen er sich seiner avantgardistischen Ursprünge erinnern konnte." Ich glaube, wir sind uns außerdem einig, dass es einen Unterschied zwischen detaillierter Orchestrierung und derartigem Mummenschanz sind. Jon Williams' delikaten Partituren würde ich so etwas niemals vorwerfen, im Falle von Debney oder Howard schon eher. Dennoch muss ich ehrlich zugeben, dass eine überbordene Musik wie "Cutthroat Island" mir generell mehr Spaß bereitet als der durchsichtige Satz des späten Goldsmith' (eine Frage, die oben schon in Bezug auf "U.S. Marshals" diskutiert wurde). Virtuosität und Schauwerte sind in der Kunst meistens verpöhnt - ebenso in der Musik. "Subtil" ist ein Synonym für Qualität geworden, Übertreibung wird oftmals mit klischeehaft oder platt gleich gesetzt (nicht falsch verstehen Jonas, Dich meine ich damit nicht!) In der Hinsicht gibt es allerdings einen sehr schönen Satz (war er vielleicht sogar von Rubinstein?): "Versuchen sie erstmal, eine B-Dur Tonleiter in rasantem Tempo oktaviert mit beiden Händen auf dem Klavier zu spielen." Tatsächlich ist das nicht einfach und auch zum Virtuosentum gehört eine Menge Können, Handwerk, Geschick und Arbeit. Ich gestehe offen, dass mir eine mit allerlei Klangfarben aufgehübschte mittelmäßige Partitur mir mehr Hörgenuss bereitet als eine dröge und ökonomisch gesetzte Musik (wenn wir jetzt einmal Debney-Bombast mit "U.S. Marshals" vergleichen wollen). Umso fragwürdiger sind meines Erachtens nach Goldsmiths Schablonenparituren der 90er Jahre. Insbesondere "First Knight" möchte offensichtlich eine verkappter, bombastischer Golden-Age-Score sein (genau wie der Film ein monumentaler Ritterfilm sein will). Das funktioniert aber nicht, denn zum Bombast gehört nunmal auch eine ausladende Orchestrierung. Dass Goldsmith solche Dinge ideellerweise ablehnt, widerlegen Partituren wie "Lionheart", "Night Crossing", "Legend" oder auch die von Dir genannte "Mumie". Es bleiben also heroische und noble Melodien in skelletiertem Klanggewand. Der Effekt des ausladenden Ritter-Scores stellt sich also nur bedingt ein und Goldsmith hat sein Zeil zumindest teilweise verfehlt. Beim "13ten Krieger" verhält sich das ein bisschen anders, denn hier war es die Absicht des Komponisten, eine archaische Musik zu schreiben. Das beweisen die polyphonen Passagen für die zivilisiertere arabische Welt. Was mit dem Hauptthema, das eigentlich nur mit Schlagwerk, Chorvokalisen und Streicherakkorden begleitet wird, hervorragend funktioniert, lässt in den Actionpassagen schnell den Biss vermissen, den diese Kämpfe gebraucht hätten. Hier habe ich insbesondere die Holzbläser sehr vermisst. Nichts desto trotz verfügt natürlich besonders der "Fire Dragon" über rasante und packende Takte. Zu "Basic Instinct" haben wir dieselbe Meinung wie auch zu "The Edge", "Mulan", "First Contact" und "The Ghost and the Darkness". Ich habe mich bekanntermaßen durch einen Großteil von Goldsmiths Schaffen gehört (jede besprochene Musik mindestens viermal vor Filmsichtung - weitere Texte folgen) und muss sagen, dass sich bei dieser intensiven Beschäftigung sehr deutlich die Spreu vom Weizen trennt. Nach "Legend" hat Goldsmith schlichtweg nicht eine einzige Musik geschrieben, die an das hohe Niveau seiner besten Jahre heranreicht- im Gegenteil. Danach ging es rapide abwärts. Insbesondere die Synthsizer haben Goldsmiths Kreativität zu einem großen Teil verdrängt, weil er seine interessanten Klangkomposition nur noch per Tastendruck realisierte und sich das Ergebnis billig, veraltet und unoriginell anhört. "Poltergeist 2" kann dem ersten Teil kaum das Wasser reichen. "Executive Decision" versinkt trotz der zahlreichen Leitmotive im immergleichen Yamaha-Klangsumpf und auch "Hoosiers" ist zugekleistert mit überflüssigen Synths. In den 90er hat er sich zwar einigermaßen gefangen, aber abgesehen von dem wirklich brillanten "Basic Instinct" gab es kaum einen wirklich innovativen oder originellen Score. Wenn ich die wirklich wichtigen und besten Musiken dieses Komponisten auflisten müsste, dann würde es kaum eine in die Aufzählung schaffen, die nach 1985 komponiert wurde.
  22. The Ballad of Cable Hogue - Abgerechnet wird zum Schluss Der Goldsucher Cable Hogue wird von seinen beiden Kameraden Taggert und Bowen in der Wüste zurück gelassen, weil die Wasservorräte nur noch für zwei reichen. Hogue irrt vier Tage durch die Wüste und bricht schließlich zusammen. Kurz bevor er das Bewusstsein verliert fällt ihm auf, dass seine Stiefelspitzen nass sind und mit letzter Kraft fängt er an zu graben. Tatsächlich ist er in der vollkommenen Einöde auf ein Wasser gestoßen. In den folgenden Tagen erholt sich Cable Hogue und richtet sich ein kleines Wasserloch ein, dass dieses direkt an der einzigen Postkutschenstrecke in der Umgebung liegt. Sein erster Kunde ist der Wanderprediger Rev. Joshua Duncan Sloane, der ihm rät, sich das Gebiet abstecken zu lassen. Sofort macht sich Hogue auf in die nächste Stadt, um von seinem letzten Geld das Land mit dem Wasserloch zu erwerben. In der Stadt angekommen, läuft ihm die Prostituierte Hildy über den Weg, in die er sich sofort verliebt. Nachdem er sich von seinen letzten Münzen 2100 Quadratmeter Land kaufen konnte, nimmt er bei der Bank einen Kredit über 100 Dollar auf und begibt sich anschließend zu Hildy im Saloon. Doch als er sich darüber im Klaren wird, dass er sein wertvolles Land, das er nicht abgesteckt hat, schon lange allein ließ, bricht er den Besuch bei der Prostituierten ab, die darüber nicht sehr erfreut ist. Wieder bei seinem Wasserloch angekommen, beginnt Cable Hogue mit Sloane, eine Postkutschenstation aufzubauen. Eines Abends kommen die beiden wieder in die Stadt und Hogue stattet Hildy erneut einen Besuch ab, der zu beider Zufriedenheit verläuft. Sloane bekommt stattdessen Ärger mit dem Ehemann einer Frau, die er über ihren Verlust ihres Bruders "hinweg tröstete" und muss fliehen. Wenig später wird auch Hildy aus der Stadt vertrieben und sucht "Cable Springs" auf. Obwohl sie nach San Francisco gehen will, bleibt sie drei Wochen dort und zwischen Cable und ihr entwickelt sich eine zärtliche Romanze, bis Hildy schließlich ihren Plan in die Tat umsetzt und nach San Francisco geht. Cable Hogue bleibt alleine zurück und sinnt noch immer auf Rache für das, was seine einstigen Kameraden ihm antaten. Sein Verlangen nach Vergeltung scheint befriedigt, als Bowen und Taggert eines Tages tatsächlich in einer der Postkutschen sitzen, die bei "Cable Springs" hält... Die Figur des Verlierers im Wandel der Epochen und der Untergang des Wilden Westens, der der Zivilisation weicht, gehört zu den zentralen Themen der Filme Sam Peckinpahs. In "Ride the High Country" versuchen zwei alternde Banditen noch einmal ihr Glück, "Pat Garret jagt Billy the Kid" ist eine tragische Geschichte um zwei einstige Freunde, die sich bekämpfen müssen und "Junior Bonner" handelt von einem alternden Rodeoreiter und dessen zerrütteter Familie. Nachdem Peckinpah das Publikum sowie die Kritiker mit "The Wild Bunch", der dasselbe Thema behandelt, mit äußerst blutigen Gewaltdarstellungen schockierte aber auch begeisterte, entpuppt sich "The Ballad of Cable Hogue" als das genaue Gegenteil. Der Regisseur bezeichnete diesen Film oft als seinen persönlichen Lieblingsfilm und behauptete, das sei das einzige Projekt gewesen, das er sich jemals selbst ausgesucht hätte. Das Studio erhoffte sich mit "The Ballad of Cable Hogue" einen leichten kleinen Erfolg. In dem Wind von "The Wild Bunch" sollte dieser Film leich zu vermarkten und mit geringem Aufwand umzusetzen sein, doch die Produktion entpuppte sich als schwierig. Neben Peckinpahs Temperament und seiner zunehmenden Alkoholabhängigkeit verhinderten außerdem starke Regenfälle wochenlang die Dreharbeiten. Nachdem der Film schließlich abgedreht war, fand er bei dem Publikum kaum Beachtung, denn nach "The Wild Bunch" war man nicht auf einen derartigen Film desselben Regisseurs vorbereitet. Statt ausladender ästehtischer Zeitlupentode und spritzendem Blut wartet "The Ballad of Cable Hogue" nicht nur mit sehr viel erzählerischer Ruhe auf, sondern verfügt außerdem über eine ungewohnte Portion Humor, sucht Lösungen und keine Konfrontation. Aus Hass wird Liebe, aus Rache Vergebung. "The Ballad of Cable Hogue" ist außerdem mit vielen Religiösen Elementen versehen. Alleine schon der Name des Protagonisten - eine Summe aus "Cain" und "Able" - soll den starken menschlichen Aspekt betonen. Cable Hogue ist ein einfacher Mensch, nicht besonders gut, aber auch nicht bösartig. Er schafft sich selbst in der Wüste ein kleines Paradies, in dem zumindest zeitweise eine Eva weilt und auch Schlangen gibt es öfters zu sehen. Reverend Sloane steht nicht nur für den irdischen Aspekt, er ist auch zuggleich der größte Heuchler und nutzt seinen Stand für seine Vorteile aus, sei es, um sich Wasser zu erschleichen oder Frauen für sich zu gewinnen. Für "The Ballad of Cable Hogue" wählte Sam Peckinpah äußerst treffende Darsteller. Es gibt kaum einen anderen Darsteller, der den Protagonisten hätte so verkörpern können wie Jason Robards, der den einfachen, aber im Kern rechtschaffenden und leicht naiven Cable Hogue meisterhaft spielt. Wie später Warren Oates erkannte auch Robards, dass mit der Hauptfigur Peckinpah selbst gemeint war und setzt das vortrefflich um. David Warner ist die ideale Besetzung von Reverend Sloane. Grundlegend nicht unsympathisch schafft er es, die Balance zwischen schleicherischem Heuchlertum und aufrichtiger Freundschaft zu wahren. Stella Stevens liefert in der Rolle der Hildy wahrscheinlich eine ihrer besten Darstellungen ihrer Karriere ab. Sie selbst sagte einmal, dass sie stets versuchte, zu erkennen, warum sie Hildy in Cable Hogue verliebt hätte. Sie spielt die liebenswerte Prostituierte, die eine Lady werden will und stets versucht, nach den Sternen zu greifen, obwohl das Glück vor ihr liegt, absolut treffend. Insgesamt ist "The Ballad of Cable Hogue" ein mehr als sehenswerter Film, der Peckinpahs melancholische Seite vollkommen widerspiegelt und mit den grandiosen Darstellern wahrhaftig zu den besten Filmen dieses Ausnahmeregisseurs gehört. Durch die Verzögerungen der Dreharbeiten und Peckinpahs sich stets verschlechtertem Gesundheitszustand wurden Spekulationen angeheizt, ob „The Ballad of Cable Hogue“ überhaupt noch fertig zu stellen sei, worauf hin Peckinpah ein Foto mit seinem Stab machen lies, auf dem er auf einer Bare liegend zu sehen ist während ihm mehrere Leute der Drehmannschaft Flaschen mit intravenösen Schläuchen bereit halten. Doch so amüsant diese Anekdote auch ist, so sehr verbirgt sich hinter ihr eine bittere Wahrheit, denn Peckinpahs Verhältnis zum Alkohol war längst außer Kontrolle geraten. So besuchte der launige Regisseur häufig eine Bar in der Nähe des Drehorts für „Cable Springs“, deren Rechnung zum Drehschuss angeblich über 70 000 Dollar betrug. Peckinpahs häufige Barbesuche hatten allerdings eine positive Auswirkung, denn in einer Kneipe spielte der Sänger und Liedermacher Richard Gillis, der sich selbst auf der Gitarre begleitete. Der Stil, die Texte und die Musik Gillis’ gefielen dem Regisseur so gut, dass er den Sänger sofort für das Projekt engagierte, doch diese Entscheidung barg einige Komplikationen. Schließlich war Gillis ein vollständiger Amateur, was Filmmusik betrifft und er schien offensichtlich der Aufgabe, neben seinen eigenen Liedern auch weitere musikalische Untermalung zu komponieren, hoffnungslos überfordert, sodass das Studio gezwungen war, einen Filmmusikkomponisten zu engagieren, der Gillis unter die Arme greifen konnte. Produzent Phil Feldman schlug Jerry Goldsmith vor und Peckinpah stimmte zu, doch durch die Verzögerung der Dreharbeiten geriet Goldsmiths Verpflichtung in Konflikt mit anderen Projekten, sodass Feldman sich erst an John Williams und schließlich an Dave Grusin wandte. Letzten Endes wurde Jerry Goldsmith wieder frei, sodass nun die musikalische Arbeit mit Gillis beginnen konnte. Für den Film hatten Peckinpah und Gillis bereits zwei Lieder ausgesucht: „Butterfly Mornin’“ und „Wait for me, Sunrise“. Während ersteres für Hildy steht ist das zweite Joshua Sloane zugeordnet. Was also fehlte, war ein drittes Lied, das für Cable Hogue stehen und somit auch als Titelmelodie fungieren konnte. Goldsmith schrieb eine Gillis’ Stil entsprechende Melodie, für die der Sänger den Text „Twomorrow ist he Song I Sing“ beisteuerte und beide Musiker trafen mit ihrem jeweiligen Anteil genau den Kern der Sache. Goldsmith knüpft mit seiner Komponisition deutlich an die ein Jahr zuvor entstandene Western-Musik zu „Wild Rovers“ an, in der er sich größtenteils klar von der großorchestralen Americana abwendet und einen deutlich folkloristischen und kleiner gehaltenen Vertonungsansatz wählte. Dabei kopierte er zu keiner Zeit die traditionelle Volksmusik Amerikas, sondern wob verschiedene derartige Elemente in seinen modernistisch angehauchten kammermusikalischen Satz ein. In „The Ballad of Cable Hogue“ geht der Komponist allerdings einen Schritt weiter. Der zurückhaltende und intime Charakter des Films, gepaart mit einigen ironischen und humorvollen Einlagen gaben Goldsmith zusammen mit Gillis’ Beiträgen die Möglichkeit, eine deutlich am Bluegrass orientierte Filmmusik zu schreiben, die eine ungeahnte Symbiose mit des bodenständigen und folkloristischen Liedern des Sängers eingehen. Dazu stand dem Komponisten ein kleineres Orchester zur Verfügung, dass dieser allerdings sehr sparsam nutzte und stattdessen vermehrt auf folkloristische Instrumente wie Gitarre, Banjo, Mundharmonika, Akkordeon und elektronisch verzerrtes Klaviers zurückgriff. Zu den Höhepunkten der Musik zählt ohne Frage die Musik zu Cables Flucht aus der Stadt, die mit ihren Zeitraffern und der komödiantischen Überzogenheit eine ironische Vertonung verlangt. Goldsmith schrieb für diese Szene eine fulminante Musik, die mit dem treibenden Spiel des Banjos, den groben Quinten der Fidel und dem elektronisch verzerrtem Klavier an ähnliche Passagen aus „The Flim-Flam Man“ oder teilweise an „Wild Rovers“ anknüpft. Auch der klischeehafte und altbacken wirkende Harmonium-Chroal für die Seelsorge Sloanes spiegelt treffend dessen heuchlerische Seite wider. Doch neben diesen teilweise überzogenen und ironischen Passagen schrieb Goldsmith viele kleinere Stücke, die in ihrer zarten musikalischen Natur perfekt auf den ruhigen Film abgestimmt sind. Oft greift der Komponist dabei auf die Melodien Gillis’ zurück, die, sanft von der Harfe umschmeichelt, in den Violinen oder Holzbläsern erklingen oder vom Banjo gezupft werden. Während „Wait for Me, Sunrise“ durchweg nur von Gillis selbst auf der Gitarre begleitet wird, ist die Begleitung von „Twomorrow Is The Song I Sing“ weitaus orchestraler, wobei auch hier der Schwerpunkt auf folkloristischen Elementen wie Gitarrenbegleitung, gezupftem Bass oder Banjo liegen und die Streicher mit den Bläsern größtenteils für rhythmische Akzente verantwortlich sind. Dass Goldsmith zu der Melodie einen hervorragenden melodischen Kontrapunkt schrieb, ist allerdings fast Vorraussetzung für ein Werk des Komponisten aus dieser Zeit. „Butterfly Mornin’“ wird nur einmal im Film gesungen und zwar von den Hauptdarstellern Jason Robards und Stella Stevens. Gillis nahm hierfür die Gitarrenbegleitung im Studio auf und die beiden Schauspieler sangen separat dazu. Diese Aufnahmen wurden dann auch am Set verwendet, wo Robards und Stevens den Text mit ihren Lippen synchronisierten. Zur Zeit des Filmstarts erfuhr „The Ballad of Cable Hogue“ keine Veröffentlichung in Form eines LP-Albums, was auch damit zusammen hängt, dass die Rechte für Gillis’ Liedern nicht beim Studio lagen. Erst 2002 veröffentlichte der Varèse-Club die Musik auf CD, die mittlerweile allerdings längst ausverkauft ist. Ausgestattet mit einem sehr informativen Begleittext von Nic Redman besticht das Album auch durch eine äußerst frische und klare Klangqualität. Leider konnte die Tonspur von „Butterfl Mornin’s“ mit dem Gesang von Robards und Stevens nicht mehr aufgefunden werden, sodass auf die Filmspur zurück gegriffen werden musste, die einige – allerdings nicht allzu sehr störende – Geräusche enthält. Allerdings wird es (wie so oft beim CD Club) stets ein Geheimnis von Redman und Townson bleiben, warum nicht die vollständige Musik auf der CD enthalten ist, die mit 37 Minuten Laufzeit zusätzlich sehr kurz geraten ist. So fehlt unter Anderem die Musik zu Hildys erstem Eintreffen auf „Cable Springs“, das Goldsmith mit einer sehr vergnügten Variation des Hauptthemas unterlegte und weitere kleine Passagen. Stattdessen wurden einige weniger interessante Stücke mit auf die CD gepresst wie eine kurze Fortführung des Harmonium-Chorals, die wenig musikalischen Nährwert enthält. Eine lobenswerte Veröffentlichung allgemein ist diese CD allerdings vom Albumschnitt verbesserungswürdig und daher bleibt zu hoffen, dass sich ein Label schnell einer Wiederveröffentlichung annimmt und dieses Mal vielleicht auch die vollständige Musik zugänglich macht. „The Ballad of Cable Hogue“ ist ein äußerst erfrischendes und originelles Werk in Goldsmiths Schaffen, das hier eine äußerst fruchtbare Zusammenarbeit zwischen zwei Musikern unterschiedlichster Natur hervorbrachte.
  23. Bei Goldsmith funktionieren die elektronischen Zusätze leider nur in den wenigsten Fällen, ob aus den MV-Studios oder von seinem John oder James Newton-Howard eingerichtet. Insbesondere in den 90er Jahren waren viel elektronische Klangfarben einfach nur verzichtbar. Insbesondere die ewig pochenden und zischelnden Effekte in seinen Actionscores oder diese Glockensynthies in seinen Dramenmusiken. Wie unnötig diese ganzen elektronischen Spielereien, die leider vielz u oft viel zu zu viel Raum einnehmen, sind, zeigt sich bei den Partituren, in denen er ohne elektronische Zusätze auskommt wie "The Edge".
  24. Offensichtlich nicht. Aber das sage ich weniger mit Hochnäsigkeit als mit Neid, denn was würde ich dafür geben, wenn ich "Planet der Affen", "Logan's Run", "Illustrated Man", "Wild Rovers", "Coma", "Chinatown", "Star Trek", "Poltergeist", "Legend", "Papillon", "The Omen", "Final Conflict", "Flim-Flam-Man", "Travelling Executioner", "The Stripper", "Night Crossing", "Patton", "Tora! Tora! Tora!", "Mephisto Waltz", "Great Train Robbery", "Star Trek V" und all die anderen Perlen noch einmal von Anfang an entdecken könnte...
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