Wir sind gestern erstmalig zu Fuß durch den bekannten Strassentunnel gegangen (die Absperrung ist mittlerweile weg). Wer den Zustand unmittelbar nach der Katastrophe nochmal sehen möchte, der bemüht am besten eine Suchmachine mit den Stichworten „Altenahr“ und „Tunnel“, denn ich möchte hier keine fremden Bilder posten. Erst wenn man zu Fuß in diesem breiten Strassentunnel steht, kapiert man so richtig welche Gewalt das Wasser dort hatte! Der Strassentunnel diente damals als regelrechtes „Druckwasserrohr“, und muss im kompletten Querschnitt Wasser geführt haben. Auch der Eisenbahntunnel links war teilweise geflutet, und die Brücke davor wurde zerstört. An die 1000 Kubikmeter je Sekunde müssen dort lang gerauscht sein. Davon existieren allerdings keine Bilder, weil das erstens bei Dunkelheit geschah, und auch weil der Aufenthalt in diesem Bereich absolut tödlich war.
Erkenntnis:
Natur ist nicht nur „Blümchen und Schmetterlinge“, sondern zuweilen ein unglaublich brutales Monster.
Da kommt in meinem Kopf wieder Hans Zimmer ins Spiel: Beim Stück „Mountains“ läuft bei mir dazu mittlerweile an ganzer Film im Gedächtnis ab: Das „Tic tac“ am Anfang: Die Zeit läuft, als sich die Wetterprognosen zuspitzen und die Karten immer mehr rote und violette Flächen bekommen. Dann beginnt beim leisen quirligen Orgelspiel langsam der Regen, der sich immer mehr steigert, bis erste Bäche ihre Gräben verlassen und eigene Wege zu suchen. Schliesslich bricht bei den tiefen, fast in den Infraschall absinkenden Tönen das Wasser mit einer Wahnsinns Kraft durch und reißt alles mit, was sich ihm in den Weg stellt: Autos, jahrhundertealte Bäume, Brücken, Häuser, ganze Strassen... Zum Schluss tauchen die in den Medien bekannt gewordenen Drohnenaufnahmen der breiten Wasserwalze von Kreuzberg vor meinem inneren Auge auf.
DIESE Bilder kenne ich glücklicherweise auch nur aus den Medien, kann mich aber nicht davon lösen. Insbesondere gestern in der großen Tunnelröhre kam mir das wieder in den Sinn. Vielleicht kann Musik ja tatsächlich ein wenig dazu beitragen, wieder mehr Respekt vor Umwelt und Natur zu entwickeln, denn die kann uns mit einer lässigen Handbewegung einfach von der Platte putzen. Das ist ja auch sogar das eigentliche Thema des Films „Interstellar“, nur dass wir wohl auf absehbare Zeit keine Fluchtmöglichkeit von unserem Planeten haben werden.
Nicht zusetzt ist das alles hier mit der Musik vielleicht auch etwas „Konfrontationstherapie“ für mich selber…