Nach fast 25 Jahren – also 25 Jahre, seitdem ich von dem Film erstmals gehört habe – habe ich vor kurzem endlich die US-DVD von SACCO AND VANZETTI (Regie: Giuliano Montaldo, 1971; Darsteller u.a.: Gianmaria Volonté, Cyril Cusack, Geoffrey Keen) auf Ebay zu einem akzeptablen Preis ergattert. Mein Interesse an dem Film entsprang zunächst natürlich fast ausschließlich dem wuchtigen Score von Ennio Morricone inklusive des unvergeßlichen "Here's to You", gesungen von Joan Baez, das auch nach 25 Jahren noch immer zu meinen drei Lieblingsliedern zählt. Mit den auch von Baez interpretierten drei Teilen der "Ballad of Sacco and Vanzetti" wurde ich allerdings erst über die Jahre warm.
Der Film präsentiert sich nun doch etwas anders, als ich ihn erwartet hatte. Mir erschien die Inszenierung sehr streng, für heutige Verhältnisse fast unterkühlt und mit kaum etwas von dem emotionalen Überschwang, den ich vor dem Hintergrund der hochdramatischen Musik erwartet hätte. Über fast drei Viertel des Films erklingt fast gar kein Score, erst zum Finale hin sind einige Takte wahrzunehmen. Bezeichnenderweise entfaltet der Film seine (auf mich) stärkste emotionale Wirkung erst, als im Film selbst offenbar authentische Filmaufnahmen von Solidaritätsdemonstrationen in aller Welt für die angeklagten Sacco & Vanzetti gezeigt werden. Möglicherweise entfaltet "Sacco and Vanzetti" für Zuschauer, die vorher nichts über den authentischen Fall gewußt haben, aber eine intensivere Wirkung. Das Entsetzen, das ich bei diesem Justizskandal immer empfunden habe, "loderte" zumindest während des Films bei mir nicht wieder im gleichen Maße auf. Bisweilen dachte ich fast, hier verstehe sich Montaldo in der Tradition des distanziert-lehrhaften Brechtschen epischen Theaters, aber das ist wahrscheinlich etwas hochgegriffen.
Der technische Produktionsaufwand scheint sich in Grenzen zu halten, ist aber wohl auch der ja wahren Materie angemessen. "Sacco and Vanzetti" betont die Geschichte, nicht den Schauwert. Die vergriffene DVD aus dem Jahre 2000 enthält ein schönes Booklet im Stile einer miniaturisierten Zeitungsdoppelseite, der Film selbst wurde mitsamt einiger bescheidener Texttafel-Extras leider auf eine einschichtige DVD (buchstäblich) gepresst und hat von daher eine auch recht bescheidene Auflösung (standardmäßig erscheint der Film zuerst mit Balken an allen vier Seiten). Die Bildqualität ist nicht immer einheitlich, aber ausreichend.
6 von 10.