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Soundtrack Board

Sebastian Schwittay

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Alle Inhalte von Sebastian Schwittay

  1. Ich finde, du überschätzt Scott ein wenig. Sicher, ALIEN, BLADE RUNNER und AMERICAN GANGSTER sind moderne Klassiker (wenngleich ich persönlich den mittleren "nur" gut finde), darüber hinaus hat der Mann aber nur noch ein paar gute Unterhaltungsfilme (THELMA & LOUISE, LEGEND, HANNIBAL, BLACK HAWK DOWN) und jede Menge Mist fabriziert (GLADIATOR, WHITE SQUALL, G.I. JANE, BLACK RAIN, BODY OF LIES, A GOOD YEAR, KINGDOM OF HEAVEN)... Ridley Scott wegen einer oder maximal zwei überragenden Leistungen als Meister lobzupreisen finde ich einfach übertrieben.
  2. Etwas verspätet geht es nun weiter mit "The Things our Fathers Loved" aus dem Jahr 1917. http://www.youtube.com/watch?v=IZAqLyIcSbk In diesem Song wird Ives' Bezug zur (amerikanischen) Tradition und zum musikalischen Alltag deutlich: das lyrische Ich beschreibt zu Beginn einen "Ort in der Seele, der nur aus Melodien besteht, aus Melodien aus lange vergangenen Zeiten" ("I think there must be a place in the soul all made of tunes, of tunes of long ago") und bezieht sich hiermit auf die amerikanischen Traditionals, die Volkslieder, die Kirchenhymnen und die populären Marsch-Melodien, die Ives in seiner Kindheit überall gehört und in sich aufgenommen hat. Erinnerungen kommen hoch, und das lyrische Ich besingt akustische Eindrücke aus früheren Zeiten: eine spielende Orgel an einer Straßenecke ("I hear the organ on the Main Street corner"), oder Tante Sarah, die Gospels vor sich hin summt ("Aunt Sarah humming Gospels"). Spätestens jetzt ist klar, dass das lyrische Ich Charles Ives selbst ist bzw. er in diesem Song seine eigenen musikalischen Jugend-Erinnerungen ausdrückt. Nachdem die Erinnerung an "Aunt Sarah" verklungen ist, schließt sich eine Folge von harmonisch freien, seltsam "schimmernden" Akkorden an, mit denen interessanterweise die Textstelle "Summer Evenings" vertont wird. Hier wird ein weiterer wichtiger Aspekt in Charles Ives' Musik deutlich: Natur-Eindrücke drückt Ives oft mit avancierten, anspruchsvollen musikalischen Mitteln aus, in diesem Falle mit harmonisch nicht mehr eindeutigen Wendungen und Akkorden, die Sinnbild für die wundersame Rätselhaftigkeit der Natur sein sollen. Der zweite Teil des Songs (ab 1:02) ist schließlich geprägt von einer beschwingten, festlichen Melodie (vermutlich ein Zitat eines populären Traditionals), das lyrische Ich besingt dazu die alte Dorf-Kapelle und die zu Feiertagen festlich geschmückten Straßen. Der Charakter der Musik wird immer lebhafter, der Satz dissonanter. Die kindliche Aufregung über das festliche Treiben nimmt zu - zwar kennt das lyrische Ich nicht die Texte und Worte der damals gesungenen Lieder ("I know not what are the words..."), aber den enthusiastischen Erinnerungen tut dies keinen Abbruch, denn die Melodien und Volkslieder berühren die Seele und verbinden das Individuum mit der Tradition. Und genau diese Tradition (die alten Lieder, Hymnen und Traditionals) bedeutet für Ives Heimat - die Seele ist dort zu Hause, wo die alten Lieder und Melodien in der Luft liegen, die alten Lieder, die von den Dingen singen, "die unsere Väter liebten" ("But they sing in my soul of the things our Fathers loved."). Damit schließt der Song - interessanterweise wieder auf einem sehr offenen, harmonisch freien, "schimmernden" Akkord. Ist die Erinnerung an alte Zeiten also letztlich genau so rätselhaft wie die Natur (siehe zweiter Absatz)? Am kommenden Wochenende geht es weiter mit "Charlie Rutlage" (1920), sowohl in der Originalfassung für Stimme und Klavier, als auch in einer Version für Stimme und Orchester.
  3. Der erste Satz aus Schostakowitschs erstem Cellokonzert: Mein Lieblingswerk von Schostakowitsch und, wie oben geschrieben, auch eins meiner Lieblingswerke aus der Musik des 20. Jahrhunderts. In kaum einer anderen Musik wird so viel von dem, was Schostakowitsch erlitten hat, deutlich. Gerade der erste Satz wirkt wie die musikalische Beschreibung einer unentwegt arbeitenden (Staats-)Maschinerie, die alles mit brutaler Gewalt unterdrückt. Interessant zudem: das Horn als Gegenpart des Solo-Cellos - im Grunde also ein Doppelkonzert für Cello, Horn und Orchester.
  4. Spätestens wenn die Trilogie 80 Jahre alt wird, gibt es auch wieder Rekonstruktionen, die sich so nah wie möglich an die Originalfassung halten. Geschah bei METROPOLIS, geschieht auch bei STAR WARS...
  5. ALIEN³ ist meiner Meinung nach der beste, originellste, optisch wie akustisch faszinierendste Film der Reihe. In keinem anderen Film der Reihe werden Themen wie Religion, Gewalt, Nihilismus und Trauer so facettenreich und intelligent verhandelt wie hier. Außerdem ist es der erste Film, der die Protagonistin als wahren Menschen zeigt, der nicht nur gut "anführen", sondern auch lieben und vergeben kann. Der Score ist sowieso der beste der Reihe (minimal besser als Goldsmith, sage ich jetzt mal), da brauchen wir gar nicht drüber debattieren. Und die besten Darsteller der Reihe versammelt er ebenfalls: wenn man von John Hurt in ALIEN absieht, haben im ALIEN-Universum nie bessere Schauspieler als Charles Dance und Charles S. Dutton gespielt. PS: Die AvP-Filme zähle ich nicht zur ALIEN-Reihe, das ist eine eigenständige (misslungene) Cross-Over-Serie. PS 2: Ich verachte BLADE RUNNER nicht, finde ihn nur nicht meisterhaft. Dazu hat er zu viele Längen und stellt viele Charaktere zu ungenau vor.
  6. Da ich nie ein großer Fan von BLADE RUNNER war, ist mir das Remake davon ziemlich gleichgültig. Aber PROMETHEUS sollte schon gut werden - im ALIEN-Kosmos lässt sich leider viel verschandeln.
  7. Sanders ist meistens Beltramis technischer Assistent, kümmert sich um die elektronischen Teile der Scores und fungiert auch häufig als Beltramis "Laufbube", der Dinge mit den Regisseuren abspricht, während Marco selbst an den Noten sitzt. Da sich Sanders so viel um die elektronischen Elemente in den Beltrami-Scores kümmert, wurden für THE HURT LOCKER auch beide Oscar-nominiert, schließlich besteht der Score zu einem Großteil aus synthetischen Elementen. Bei DON´T BE AFRAID OF THE DARK bin ich mir nicht sicher, wie es ablief. Der Score hat wenig Synth, möglicherweise hat Sanders dieses Mal ganz klassisch beim Stift-und-Papier-Komponieren mitgemacht. Keine Ahnung. Der Score ist jetzt übrigens auch endlich im deutschen iTunes verfügbar.
  8. Hmm, EXPLORERS habe ich als alte Varèse-CD. Netter, routinierter Goldsmith mit schönem Thema, nix Herausragendes, aber gut. Ich bestell mir halt die Intrada-CD auch nochmal, aber eher aus Komplettierungsgründen. Bei den LaLaLand-Sachen warte ich dagegen erst mal ab.
  9. Ein paar Ausschnitte aus meinen Lieblingswerken werde ich jetzt mal posten: Der erste Satz: Wie beschrieben: Idylle und Schmerz ganz nah beieinander. Einige Passagen könnten Elliot Goldenthal als Inspiration für IN DREAMS gedient haben ("Agitato Dolorosa").
  10. Hach, ich merke gerade, wie viele Werke ich meiner Liste noch hinzufügen könnte: Edgar Varèses Schlagzeug-Komposition "Ionisation", Richard Strauss' neo-romantische "Vier letzte Lieder" und natürlich auch noch Igor Strawinskys "Le Sacre du Printemps". Und Sergeij Prokofjews "Skythische Suite" gehört irgendwie auch zu meinen Favoriten, auch wenn das Stück jetzt nicht allzu bedeutend ist.
  11. Ich interpretiere das Werk folgendermaßen: "Polymorphia" bezieht sich auf die Vielgestalt der Natur - der Natur im allgemeinen Sinne als als der Natur der Klänge. Das gesamte Stück ist eine Reise durch eben diese Natur der Klänge. Über all dem steht aber letztlich immer noch Gott, der immer nur in einer reinen Gestalt auftaucht - in der reinen Tonalität, hier ausgedrückt durch den C-Dur-Akkord. Katholizismus ist sicher nicht jedermanns Sache, aber ich verstehe nicht, was daran heuchlerisch sein sollte.
  12. Ich versuche es jetzt mal mit 10 Werken: - Olivier Messian: "Quatour pour la fin du temps" (das 1941 in einem KZ entstandene Quartett für Klavier, Violine, Cello und Klarinette wäre ein schönes Gegenbeispiel für - in den langsamen Sätzen - einfache, aber unglaublich tiefempfundene und ausdrucksstarke Musik; wie ich geschrieben habe: wenn irgendwo in der Musik des 20. Jahrhunderts Gott zugegen sein sollte, dann hier...) - Dmitri Schostakowitsch: "Cello-Konzert Nr. 1 Es-Dur" (1959 - für mich der musikalische Inbegriff von Schostakowitsch düster-melancholischer Tonsprache, tiefster und ehrlichster Ausdruck einer gequälten und gehetzten Seele) - Dmitri Schostakowitsch: "Lady Macbeth von Mzensk" (1934 - aus seiner stürmischen Phase; die brutalste, vulgärste, düsterste Oper aller Zeiten) - Béla Bartók: "Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta" (1936 - das wilde und ungestüme Werk, das von seinen originellen Klangkombinationen aus Klavier, Celesta und Streichern lebt, ist eines der wichtigsten Impulsgeber für die Filmmusik Jerry Goldsmiths) - Krzysztof Penderecki: "Polymorphia für 48 Streicher" (1961 - für viele sicher nur "Krach", für mich fast das aufregendste, was das 20. Jahrhundert zu bieten hat: Penderecki vereint hier sämtliche neuen, von ihm erfundenen Streicher-Spieltechniken - schlagen, kratzen, Spielen auf dem Saitenhalter, etc. - und entwirft ein einmaliges, emotional packendes Geräusch-Gemälde) - Charles Ives: "Three Places in New England" (1914 - die witzigste und mitreißendste Collage, die ich kenne: Soldaten- und Kapell-Märsche, Kirchenlieder, Hymnen, klassizistische Tupfer und dissonante Cluster... alles vereint in einer Musik, die hochkomplex ist und Spaß macht) - Charles Ives: Die Songs (ca. 1888-1921 - aus den 112 Songs kann ich mir gar keinen einzelnen heraussuchen: die Ives-Songs gehören für mich jedenfalls zu den genialsten und witzigsten Miniaturen des 20. Jahrhunderts >>> im Charles-Ives-Gedächtnis-Spätsommer-Thread stelle ich die Songs momentan vor) - Arnold Schönberg: "Fünf Orchesterstücke op. 16" (1909 - so romantisch kann atonale Musik sein... hier hört man, wie sehr der frühe Schönberg noch vom Geist der Spätromantik geprägt ist: atonal, aber zutiefst emotional, stürmisch und "wild at heart") - Alfred Schnittke: "Streichquartett Nr. 3" (1983 - "Polystilist" Schnittke kombiniert Themen und Motive aus dem "Stabat Mater" von Orlando di Lasso und aus Beethovens 16. Streichquartett mit Schostakowitschs DSCH-Motiv und eigenen Ideen - aus dieser Zitat-Kombination entsteht eines der schmerzhaft-intensivsten Streichquartette überhaupt, von idyllischster Ruhe bishin zum musikalischen Schmerzschrei ist hier alles vertreten) - John Adams: "Century Rolls" (1996 - für mich eines der schönsten Klavierkonzerte des 20. Jahrhunderts und mein Lieblingswerk der (Post-)Minimal Music: sinnliche, prickelnde, sommerlich-erfrischende Musik, einfach nur herrlich!)
  13. Pendereckis "Polymorphia" ist in der Liste meiner Lieblinge vorhanden, die ich nachher poste... Ich finde den C-Dur-Akkord am Ende wunderbar - und er ist nur im Kontext von Pendereckis Religiösität zu verstehen. Penderecki war nie ein radikaler Neuerer, sondern ein konservativer "Forscher", der in jungen Jahren die Natur des Klangs erforscht hat - das Zentrum seines musikalischen Denkens war trotzdem immer die Tonalität.
  14. BigMac hat alles wunderschön auf den Punkt gebracht, nix hinzuzufügen.
  15. Ich dachte, wir wären hier allesamt Hörer mit einem gewissen Anspruch... Nun ja, für mich ist Gorecki eben ein Klassik-Popstar, der das Massen-Bedürfnis nach sphärisch-ätherischer New-Age-Musik befriedigt und seine Musik viel größer klingen lässt, als sie eigentlich ist. Wenn schon einfach, dann bitte auch ehrlich einfach, z.B. wie das hier: http://www.youtube.com/watch?v=WICLxcveoIg DAS ist ein Meisterwerk einfacher, aber ausdrucksstarker Musik. Wenn irgendwo in der Musik des 20. Jahrhunderts Gott wohnen sollte - dann hier.
  16. Da hast du mich genauso missverstanden wie damals in der Diskussion um THE TEMPEST. Mir geht es nicht darum, dass Musik möglichst komplex oder experimentell ist - mir geht es darum, dass Musik dem, was sie ausdrücken will, angemessen entgegentritt. Und 3 - 4 Akkorde reichen meiner Meinung nach nicht aus, um etwas "Großes" auszudrücken. Und ich nehme einfach mal an, dass Gorecki etwas Großes (im philosophischen Sinne) ausdrücken wollte, sonst hätte er erstens keine Sinfonie geschrieben und zweitens sie nicht mit einem so hochtrabenden Titel wie "Sorrowful Songs" versehen... Gorecki ist meiner Meinung nach (und damit stehe ich nicht alleine da) einer der überbewertetsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, da er simpelste Mittel aufplustert, ohne viel damit auszusagen. Nichts gegen einfach gehaltene Musik, aber in dem Bereich gibt es deutlich Besseres und emotional Wahrhaftigeres.
  17. Ich bin auch kein allzu großer Opern-Fan, aber meine Lieblings-Oper ist auch ein expressionistsches Werk: Dmitri Schostakowitschs Oper "Lady Macbeth von Mzensk", für die er fast eingelocht wurde. Stalin hat die dissonante, brutale Oper sehr missfallen, in der russischen Zeitung Prawda schrieb er über das Werk einen Artikel mit dem Titel "Chaos statt Musik". Es geht um die unglücklich verheiratete Katerina Ismailowa, die mit dem Arbeiter Sergeij fremdgeht und dann gemeinsam mit Sergeij ihren tyrannischen Ehemann tötet. Hier mal ein Ausschnitt, die verhängnisvolle Sexszene zwischen Kateria und Sergeij: http://www.youtube.com/watch?v=z4fdfN4Tk_0 In Schostakowitschs Oper wird diese Sex-Szene zur regelrechten Fick-Szene: die Musik ist vulgär, brutal, dissonant, provokant und anstößig. Die Streicher schreien, die Bläser quietschen - so versaut und ungezügelt, wie man sich das Ganze eben vorstellt. Eine Musik, die 1934 jedes Tabu in der Sowjetunion brach und zu den mutigsten, wichtigsten und mitreißendsten Werken der Opern-Literatur zählt.
  18. Das auf ein Werk herunterzubrechen, finde ich unvorstellbar schwierig, eigentlich schon fast unmöglich. Ich überlege mir mal eine Top 5... Die Gorecki-Sinfonie zähle ich übrigens sicher nicht dazu - es gibt weitaus interessantere und schönere Minimal Music als dieses Gewaber aus 3 - 4 Akkorden.
  19. Da kann ich ihn in Wien ja gleich fragen, ob das Ganze stimmt. Wäre wirklich mal wieder schön, einen Non-Action-Silvestri zu hören.
  20. Ich finde den dritten Teil am besten. Der hat ein irrwitziges Tempo, wirkt unglaublich roh und physisch ("real hand-made") und hat mit dem großartigen Jeremy Irons einen Bösewicht, der mit Alan Rickman auf Augenhöhe konkurriert. Außerdem ist er angemessen blutig, was z.B. in Teil 4 vollkomen fehlt. "Hard" stirbt man halt nur, wenn man auch ein bisschen Saft verliert...
  21. Naja, so lange Beltrami den Score schreibt, bin ich zufrieden... dass der fünfte Film wieder näher an den alten Filmen der Reihe ist, glaube ich nämlich nicht, egal welcher Regisseur da jetzt dran ist.
  22. Another Year (Mike Leigh) So, endlich auch den mal auf DVD. Einer der besten Filme 2010!
  23. 4:3 wäre aber realistisch bzw. historisch korrekt. Aber ich glaube, dass er normal in 1,85:1, vielleicht sogar in 2,35:1 gedreht ist. EDIT: Nope, ich sehe gerade: die Macher haben sich was gedacht, der Film ist in 1,33:1.
  24. Wohl tatsächlich ein ganz wunderbares Kleinod, das da auf uns zukommt. Der Ton des frühen Hollywood der 20er scheint perfekt getroffen zu sein. Freue ich mich ebenfalls sehr drauf!
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