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Sebastian Schwittay

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Alle Inhalte von Sebastian Schwittay

  1. In unnötigem schlechten Gewissen habe ich mir gerade noch einmal mit einigen Tagen Abstand mein erstes Posting hier im Thread durchgelesen, und finde daran - abgesehen vielleicht von der bissigen Formulierung "Spießer-Schreibe" - wirklich überhaupt nichts Problematisches. Das ist einfach nur ein ehrlicher Ausdruck dessen, was ich beim Anhören der Musik wahrgenommen habe. Das kürzlich von Silas geführte Robert-Elhai-Interview hat mein schon länger bestehendes Gefühl, dass Howard in den 90ern gezielt nach besonders farbigen, teils auch aggressiven orchestralen Farben gesucht hat, bestätigt. Insbesondere WATERWORLD und OUTBREAK (aber auch DANTE'S PEAK, wo sich seine Mitarbeit ja ohrenscheinlich nicht nur aufs Thematische beschränkt hat) empfinde ich im klangästhetischen Detail als enorm stark von den 90er-"Aggressoren" Kamen und Goldenthal bestimmte Musiken, die insbesondere in den "Effekt-Sektionen" Blech, Percussion, Klavier, Harfe, etc. ordentlich auf die Tube drücken. Auch haben Howard und seine Mixer damals noch nicht annähernd so viel Hall und weichgezeichnete Konturen im Sinn gehabt - ganz im Gegenteil, da wird dermaßen viel mit Highlights, Close Miking und Akzent-Effekten (col legno-Streicher, Klavier, fortissimo-Girlanden der Piccolo-Flöten, Staccati des gestopften Blechs) gearbeitet, dass es einem in den Ohren klingelt. Interessant fand ich diesbezüglich ja immer die klangästhetischen Ähnlichkeiten zwischen "Louis' Revenge" aus Goldenthals INTERVIEW WITH THE VAMPIRE und "A Little Resistance" aus Howards OUTBREAK. Sicher, das war damals genauso ein Trend wie das, was ich heute so gerne an zeitgenössischer Filmmusik kritisiere - aber eben doch irgendwie eine imaginativere und "purere" Ästhetik, die noch echte Freude am Klangereignis und an instrumentalen Effekten hatte.
  2. THE FURY (Brian De Palma, 1978) DEATH WISH (Michael Winner, 1974) (Noch schnell das 2015er Mediabook mit dem schönen Kinoplakatmotiv gesichert, bevor am 22. März die hässliche Neuauflage kommt...)
  3. Jepp, Beltrami baut diese Art von Klaviereffekten auch hin und wieder in seine Actionmusik ein. Müsste ich mal ein paar weitere Beispiele raussuchen... Ja, der war mir schon länger bekannt. Toll vor allem die "Garage Chase":
  4. WIND RIVER ist ein großartiger Film, die Musik gibt ihm aber leider gar nix. Das bisschen minimale Stimmungsmalerei hätte man auch ganz weglassen können, der Film funktioniert schon so hervorragend.
  5. Da ist natürlich viel Wahres dran - der Grund, warum ich trotzdem bei Filmmusik bleibe (das auch als Antwort auf die Frage von @ataraxus im RED SPARROW-Thread), ist ganz einfach der Umstand, dass die klassische Musik den Bezug zur Öffentlichkeit mittlerweile vollständig verloren hat, und die einzige Instrumentalmusik mit gesellschaftlicher Relevanz heutzutage nun mal die Filmmusik ist. Ihr kommt mittlerweile eine Doppelrolle zu: die Dienstleistung für den Film UND eben das Feld, auf dem gesellschaftlich rezipierte (!) Neuerungen in der Instrumentalmusik überhaupt noch vorgenommen werden (können). Und gerade deswegen finde ich Komponisten wie Jonny Greenwood so unfassbar wichtig für die Instrumentalmusik-Kultur unserer Zeit. Auf dem Gebiet der klassischen Kunstmusik, die nur für sich alleine im Konzertsaal besteht, kann gar kein kultureller Impact mehr stattfinden - einfach deswegen, weil es nicht mehr wahrgenommen wird. Zur Abstimmung: werde mir in den nächsten Tagen nochmal eingehender den Affen-Giacchino vornehmen, und dann meine Kreuzchen machen. Sieht aber gut aus für PHANTOM THREAD - freut mich.
  6. Anspieltipps: "Sandy's Necklace" (Track 2), "Dark Streets" (Track 7), "YWNRH" (Track 8), "Downstairs" (Track 12) und "Joe's Drive" (Track 13).
  7. Hier noch auf Spotify: Klingt in Albumform wirklich nochmal runder und geschlossener als im Film. Viele Stücke sind ja im Film entweder gar nicht, oder nur als zusammengestutzte Edits zu hören. @bimbamdingdong empfehle ich übrigens dringend, vom Album Abstand zu nehmen. Im Gegensatz zum schönen PHANTOM THREAD ist das hier nämlich wirklich dissonant.
  8. DAYLIGHT finde ich großartig, DRAGONHEART hat ebenfalls seine Qualitäten, und selbst xXx konnte ich immer ganz gut leiden. An THE SKULLS habe ich nur noch blasse Erinnerungen, könnte mir aber vorstellen, dass mir der in der Retrospektive nochmal einiges geben wird. Von den FAST AND THE FURIOS-Filmen habe ich aus cinephilen Kreisen mittlerweile so viel Positives gehört, dass ich die baldmöglichst aufholen werde - besonders gespannt bin ich da natürlich auf Cohens ersten Teil. Einzig seinen Beitrag zum MUMMY-Franchise fand ich eher blass und nichtssagend. Auch wenn Cohen allgemein eher als seichter Blockbuster- und Multiplex-Regisseur gilt - sein Zugang zum Genrekino hat dieses gewisse raubeinige 70er-Flair, mit Anklängen am typischen Katastrophenkino der Zeit, an Technologie-Kritik und der Reflektion männlicher Stereotype. Peter Hyams, ein weiterer Apologet dieser Art von Kino, ist da gar nicht so weit, finde ich...
  9. Klar, ein grimmiger Beltrami à la LIVE FREE OR DIE HARD wäre da sicher das i-Tüpfelchen gewesen - aber man kann nicht alles haben.
  10. Die Prämisse des Films liest sich jedenfalls selten geil. Suspense- und Actionstoffe, die während Stürmen und anderen Naturkatastrophen spielen (HARD RAIN, JURASSIC PARK, SNAKE EYES) sind einfach nie verkehrt. Und dann auch noch von einem Veteranen inszeniert, und nicht von einem 29-jährigen Greenhorn... ich bin sehr angetan.
  11. Wenn mir eine Musik ein überzeugendes ästhetisches Konzept präsentiert, bin ich auch gerne bereit, mich darauf einzulassen, auch wenn es nicht hundertprozentig auf meiner Wellenlänge liegt. Auf jedes Blockbuster-Plattitüden-"Konzept", das von Komponist X, Y und Z auf die gleiche Weise abgespult wird, lasse ich mich aber nicht mehr ein. (Ist jetzt gar nicht unbedingt auf den Howard gemünzt, auch wenn ich in seiner Klangästhetik durchaus einen Trend sehe.)
  12. Was genau ist denn an LADY BIRD "sperrig"? Ich glaube, für mich ist das, was ihr hier als "sperrig" definiert, eine völlig selbstverständliche Spielart musikalischer Ästhetik: mir geht es um eine (ich zitiere mich, für die, die meine Beiträge nur überfliegen) "detailfreudigere, eher auf Spalt- denn auf Mischklang setzende Orchestration und Klangästhetik, die der Klangsinnlichkeit der spezifischen instrumentalen Farben wieder zu mehr Geltung verhilft und dem Trend zur orchestralen Gleichmacherei entgegenläuft." Das ist nicht "sperrig", das ist nicht "modernistisch", das ist nicht "künstlerisch total anspruchsvoll", das ist nur eine Ästhetik, die Freude am Klang der Instrumente hat. Wie völlig ausgestorben diese Ästhetik in der Filmmusik mittlerweile ist, sieht man an Aussagen von Leuten wie @bimbamdingdong, die eine Musik wie PHANTOM THREAD "grässlich" finden, nur weil der Klang von Solo-Streichern und der Mechanik eines Klaviers im Mittelpunkt steht. Überraschung, bimbamdingdong: so klingen Musikinstrumente. (Und da hier scheinbar tatsächlich niemand willens ist, auf Differenzen und Unterschiede in Howards Klangästhetik der 90er und 2010er Jahre einzugehen, beende ich das Gespräch zu RED SPARROW jetzt. Hab nun mittlerweile dezent die Schnauze voll, hier meine Zeit mit Leuten zu verschwenden, die meine Beiträge eh nur überfliegen und die Essenz des Gesagten überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen.) Ich lehne bestimmte Dinge genauso leidenschaftlich ab wie ich andere Dinge liebe. Für mich ist Geschmack nicht einfach nur Geschmack, sondern auch Positionierung und Überzeugung. Mir ist eine "ich find an allem was"-lari-fari-Einstellung fremd, und ich hab gar keinen Bock drauf, aus allem irgendwelche Qualitäten herauszuarbeiten. Wenn ich mit einer politischen Strömung per se nichts anfangen kann, stelle ich mich auch nicht hin, und philosophiere drüber, was für ein schön gemachtes Wahlplakat die doch haben. Ich habe mich mit Filmmusik und klassischer Musik nun lange genug beschäftigt, um sagen zu können, für was ich ästhetisch einstehe, und für was nicht. Für Entdeckungen bin ich natürlich jederzeit offen - aber mein Kompass ist endgültig eingestellt.
  13. Übrigens, wem es nicht aufgefallen ist: ich habe der Musik nirgends kompositorische Qualitäten abgesprochen. Die Kritik bezog sich auf die (meinem Empfinden nach) plüschige und zahnlose Klangästhetik, die bei Howard mittlerweile so krass ausgeprägt ist, dass man sich fühlt wie in einer musikalischen Parfümerie oder einem Wellness-Tempel: alles wohlduftend, samtig-weich und perfekt ausgeleuchtet - aber auch furchtbar konturlos und erstarrt. In den 90ern war diese Weiche in Grundzügen auch schon vorhanden (ist wohl die Mischung aus Beethoven- und Elton-John-Prägung...), aber eben noch im Wechsel mit knarzig-aggressiver Orchestration (Elhai!) und oftmals rockigen oder jazzigen Klangkonzepten (FALLING DOWN, in Teilen auch UNBREAKABLE und THE FUGITIVE). Dass alles "modernistisch" sein muss, habe ich übrigens nirgends gesagt, @Mike Rumpf (wann ist dieses dumme Missverständnis endlich mal aus der Welt?), es geht mir nur um eine detailfreudigere, eher auf Spalt- denn auf Mischklang setzende Orchestration und Klangästhetik, die der Klangsinnlichkeit der spezifischen instrumentalen Farben wieder zu mehr Geltung verhilft und dem Trend zur orchestralen Gleichmacherei entgegenläuft. Scheinbar lässt sich über diese feinen Details aber einfach nicht diskutieren, weil man hier entweder nicht willens, oder nicht fähig ist, Musik auf solch einer sinnlich-akustischen Ebene wahrzunehmen... (Ist mir aber völlig unverständlich, wie man Musik nicht so wahrnehmen kann.) Eine durch verschiedene Merkmale und Eigentümlichkeiten bestimmte musikalische Sprache - kann ein prägnanter Individual-, aber auch ein kollektiver Stil sein. Schostakowitschs Stil lässt sich bereits als Idiom fassen; aber eben auch die durch Gemeinsamkeiten geprägte "Musiksprache" der Wiener Klassik (Haydn, Mozart, früher Beethoven). Die kürzlich diskutierte "Americana" wäre auch ein Idiom.
  14. Das finde ich gar nicht mal so problematisch. Der Knackpunkt ist eher, dass Newman die Parallelmontage musikalisch überhaupt nicht zusammenhält, sondern einfach wild und ohne System drauf los drischt. Wenn er das nicht bewusst gemacht hat, um den Film zu sabotieren (was ich auch nicht glaube, wäre ja für einen Hollywood-Komponisten äußerst unprofessionell), spricht das sogar für ein sehr schlechtes Grundverständnis für filmische Strukturen...
  15. Es klingt, vor allem in den Akkordverbindungen sowie in der Instrumentierung (Trompeten, Percussion ab 0:41), viel zu stark nach Silvestri - als wenn jemand ein Destillat aus verschiedenen Silvestri-Stilismen der späten 80er erstellt und daraus eine kurze Demo gebastelt hätte...
  16. Naja - als eigenständige Komposition sicher beachtlich, als Untermalung der Sequenz versagt es aber völlig. Furchtbar stückelig gedacht, ohne jeglichen dramaturgischen Bogen. Dagegen ist Goldsmiths Lösung wirklich mustergültig: eine klare, einfache, Ostinato-basierte Grundstruktur, die immer weiter gesteigert wird und am Ende genau das gleiche frenetische Feeling vermittelt - aber eben ohne chaotisch und überfrachtet anzumuten. Ich hätte Newman wohl auch sofort gefeuert.
  17. Und welche meinst du genau? THE DEATH OF STALIN? Den finde ich in der Tat "kulturfördernder", weil er ein in der Filmmusik selten gehörtes, anspruchsvolles Idiom aufs Tablett bringt und damit glattgebügelten Hollywood-Trends dezidiert entgegenarbeitet. Ebenso PHANTOM THREAD (selbsterklärend), LADY BIRD (mit seinem eher unorthodoxen Fokus auf Holzbläsern), LOVELESS (Cage lässt grüßen) oder LOGAN. Was lobte ich 2017 sonst noch so? Stimmt, THE LAST JEDI. Und selbst Williams ist in seiner Klangästhetik nicht so kuschlig und weichgespült wie Howard mittlerweile.
  18. Ein 19 Tracks umfassendes Album, aus dem man 16, vielleicht auch 17 Tracks rausnehmen muss, weil in denen eigentlich nichts außer bildbezogener Suspense passiert, finde ich ja grundsätzlich schon eher enttäuschend. Immerhin verbleiben mit den langen Ecksätzen (Ouvertüre, "Didn't I Do Well?" und die End Credits) über 20 Minuten an ordentlich durchkomponiertem Material - das mich aber auch nicht gerade zu Freudensprüngen verleitet. Howard präsentiert nämlich auch da nur seinen üblichen, samtig-weichen Klassizismus, angereichert mit ohrenschmeichelnden Russland-Klischees von Tschaikowsky bis zum (gemäßigten) Prokofjew. Und da ist dann auch Schluss, zu den Ecken und Kanten von Schostakowitsch - mit denen sich Christopher Willis kürzlich in THE DEATH OF STALIN so überzeugend auseinandergesetzt hat - gelangt Howard in seiner gediegenen Spießer-Schreibe gar nicht mehr. Für mich ist RED SPARROW letztlich eine weitere Bestätigung meiner Gleichgültigkeit gegenüber dem späteren Schaffen Howards - hat er mich in den 90ern und frühen 2000ern noch mit seinem Mut zu Spaltklang und modernistischen Orchestrationskniffen packen können (FALLING DOWN, WATERWORLD, DREAMCATCHER), sehe ich ihn seit spätestens 2005 nur noch als gediegenen Routinier, der zwischen unscheinbarem Funktionalismus im Underscoring und softem Edelkitsch in der sinfonischen Geste schwankt, ohne dabei noch nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Alles ist so dermaßen weich und überzogen mit einer dicken Schleimschicht aus musikalischem Gleitmittel, dass man überhaupt gar keine Konturen, keinen Widerstand mehr zu fassen bekommt - die tendenziell eher hallige, über Orchestrationsdetails hinwegbügelnde Abmischung seiner Filmmusiken trägt ihr Übriges zur dieser Wirkung bei. Zu dieser Ästhetik, die mittlerweile so weit von haptischer Klangsinnlichkeit entfernt ist, dass es jedem Klassik-Radio-Hörer die reinste Freude ist, habe ich einfach überhaupt keinen Bezug mehr.
  19. LOGAN (James Mangold, 2017) CHARLEY VARRICK (Don Siegel, 1973)
  20. Gibt es den Newman-AFO eigentlich auch irgendwo in annehmbarer Klangqualität? Auf YouTube finde ich nur Katastrophales...
  21. Stammt halt aus der Krisenzeit '87-'89 - da waren die lustlosen und halbgaren Arbeiten nicht selten.
  22. Schade, schade. Vergebene Chance, mal was richtig Eigentümliches und Kunstvolles auszuzeichnen. Glaube nicht, dass Greenwood so schnell nochmal nominiert wird.
  23. Soll er mal bei PHANTOM THREAD machen. Da entgeht ihm tatsächlich was. Zum Film SHAPE OF WATER: den fand ich in seiner charmant-süßlichen Arthaus-Attitüde schon fast ärgerlich bieder. Man merkt regelrecht, wie der Film auf Publikums- und Oscarstimmen-Fang geht. All der Horror, all das Abgründige und Perverse, was Del-Toro-typisch im Hintergrund mitschwingt, verkommt zur totalen Fußnote, passt eigentlich gar nicht mehr richtig hinein in diesen Film, der - so scheint es - in erster Linie darauf aus ist, ein Jean-Pierre-Jeunet- und Michel-Gondry-verwöhntes Programmkino-Publikum gehobenen Alters zu entzücken (welches wiederum in den Spießercharakteren von Sally Hawkins und Richard Jenkins seine wohl idealen Identifikationsfiguren findet). Ganz bittere Grütze, sorry.
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