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Stefan Schlegel

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  1. Ja, ich hatte es auch ein paar Seiten zuvor so schon geschrieben: Dermaßen packende Actionmusik wie bei diesem Nicolai ist wirklich die Ausnahme im Vergleich zu vielen anderen Genre-Musiken. Selbst bei den späteren Nicolais, die an sich durchaus recht gut sind, aber insgesamt doch viel mehr nacn Morricone klingen, weil es so von den Produzenten verlangt wurde, findet sich ein loderndes Feuerwerk in diesem Stil eigentllich kaum. Vor allem ist das bei diesem frühen Score noch sehr eigenständig gearbeitet und hört sich in weiten Teilen überhaupt nicht nach Morricone an. Morricone greift ja oft auch eher zu statisch-repetitiven Mitteln, während das bei 100.000 DOLLARI kaum der Fall ist. ich habe oben ja auch den MICHELANGELO-Score erwähnt: Auch da muß man sagen, diese Musik hat im Prinzip kaum Ähnlichkeit mit dem Morricone-Sound. Während dann später in den vielen B-Produktionen Ende der 60er und Anfang der 70er Nicolai meist ganz stark immer den Morricone-Stil imitiert hat. Es war natürlich auch der Druck da, es muß so klingen wie Morricone, weil es das musikalische Erfolgsrezept der Zeit war. Morricone hat sich lange Zeit dagegen gewehrt, daß einige seiner älteren Scores veröffentlicht oder daß überhaupt seine alten Albumfassungen expandiert werden. Läßt sich in Interviews mit ihm nachlesen, wie er dazu steht. Ist im Prinzip dieselbe Haltung wie bei Goldsmith auch. Er ist erst in den letzten paar Jahren viel nachsichtiger und milder geworden und läßt nun fast Alles zu. Nur die ganz frühen Scores zu den Schlagerfilmen DICIOTTENNI AL SOLLE oder LA VOGLIA MATTA hat er wohl immer noch nicht genehmigt. Genauso hat er die Hand drauf bei den beiden MACGREGOR-Western-Scores von Mitte 60er. Es hat ja auch ganz schön lange gedauert bis er mal die Veröffentlichung der frühen Musiken AGENTE 505 und IL SUCCESSO überhaupt zugelassen hat vor einigen Jahren. Die Labels haben halt dermaßen gedrängt, daß er am Ende gesagt hat: Also gut, dann machts halt.
  2. Irgendwie reden wir hier wohl ein wenig aneinander vorbei. Habe ich etwa von einem tollen Score wie Waxmans THE NUN'S STORY gesprochen, der für mich mit der beste des Komponisten ist? Nein, also ganz bestimmt nicht. Du weißt sicherlich ganz genau wie ich, daß so viele US-Scores von zweit- und drittklassigen Komponisten für die Fans so komplett wie möglich herausgebracht wurden in den letzten Jahren. Wenn man nur an die vielen Lalaland-CDs im SciFi und Horror-Bereich denkt. Meine Güte, ist das vielleicht Alles komplett hörenswert und musikalisch am Stück lohnend? Oder jetzt gar ganze 14 CDs mit LOST IN SPACE? Für Fans natürlich voll ok, aber ansonsten? So gäbe es doch wirklich genügend Beispiele, wo ich nicht im Leben 70 Minuten durchstehen würde. Jeder kann sich die selbst nach seinem Geschmack raussuchen wie er will. Um so was gings mir doch hier. Und selbstverständlich brauche ich von vielen der weiter oben besprochenen Spaghetti-Western-Scores keinesfalls eine ganze CD. Habe ich doch so oft bereits weiter oben geschrieben gehabt, wie davon halt mal das Hauptthema reichen würde. Jedoch spielt gerade der Nicolai hier eben für mich schon in einer anderen Liga als viele andere eher platte Durchschnittserzeugnisse aus demselben Genre und er hat auch eine Binnenspannung drin, ist nicht nur repetitiv, weshalb sich das Durchhhören der alten Albumfassung meines Erachtens durchaus lohnt.
  3. Das ist natürlich eine Binsenweisheit, daß viele Scores früher (und selbstverständlich auch die neueren Datums) nicht dafür komponiert wurden, um dann mal in kompletter Form auf Tonträger veröffentlicht zu werden. Das gilt nicht nur für diese italienischen Sachen oben, sondern genauso für Hunderte von US-Scores, wo inzwischen jedes Fitzelchen auf CD herausgebracht wird. Ist für mich also kein besonders schlagkräftiges Argument. Ich bleibe dabei: Die alte Plattenfassung von Nicolais 100.000 DOLLARI mit knapp 40 Minuten geht für mich voll in Ordnung, und wenn ich mir das anhören will, dann auch in der Fassung am Stück durch. Nur die Expandierungen darüber hinaus geben für mich wie fast immer nun mal keinen großen Sinn. Und so herausragend finde ich das Thema von RITORNO DI RINGO nun auch nicht. "Ringo dove vai" ist da für mich mindestens gleichwertig.
  4. Na da scheint sich meine Empfehlung bezüglich 100.000 DOLLARI PER RINGO ja doch für Dich gelohnt zu haben. Freut mich zu hören. Mir persönlich war die GDM-Ausgabe allerdings doch zu lang und ich bin bei meiner Edipan-LP aus den 80ern geblieben. Ich hatte die GDM-CD vor rund 12 Jahren mal eine Weile hier, aber es war mir dann zuviel des Guten an Wiederholungen und Spannungshängern, die dazugekommen sind, so daß der Score lang nicht mehr so einen guten musikalischen Fluß aufwies wie es auf der Erstausgabe mit knapp 40 Minuten der Fall war, wo Alles Wesentliche eben doch gut zusammengestellt vertreten war. Natürlich hat der Bobby Solo-Song bei Edipan noch gefehlt, aber den hatte ich eh bereits auf einem japanischen Spaghetti Western-Sampler. insofern bin ich eigentlich mit der alten Edition vollkommen zufrieden und wünsche mir da auch gar nichts Besseres mehr. Für mich sind die beiden Morricone-RINGO-Scores dagegen eher schwächer und durchwachsener. Sie wirken beide auf Dauer etwas konzeptlos und sind keine richtigen Highlights in Morricones Western-Output. RITORNO DI RINGO mag noch ein bißchen gehaltvoller sein als der sehr mittelmäßige PISTOLA DI RINGO, aber auch hier ist ein zu starker musikalischer Mischmasch zu Gange, der mich trotz manch gelungener Tracks nie recht begeistert hat. Interessanterweise kam 100.000 DOLLARI noch einen Monat vor dem zweiten Morricone-Ringo in Italien heraus, obwohl ja Viele denken, er sei danach entstanden. Außerdem heißt die von Richard Harrison gespielte Hauptfigur zumindest in der italienischen Fassung anscheinend überhaupt nicht Ringo, der Name kommt dort im Film selbst gar nicht vor. Ursprünglich war da wohl auch ein ganz anderer Titel vorgesehen. Auch die Story hat überhaupt nichts mit den beiden anderen Ringo-Filmen zu tun. Daher ist natürlich auch die Nicolai-Musik völlig anders gestaltet als die von Morricone, es gibt hierbei keinerlei Bezugspunkte. Der Nicolai kam zuvor wie bereits gesagt nicht auf CAM heraus wie Du oben geschrieben hast, sondern auf Edipan. Dieses Label hat Nicolai selbst gehört und auf dem hat er bereits in den 70ern viele eigene Film und TV-Musiken und auch Library-Material (teilweise unterm Pseudonym Leo Flagg) herausgebracht. Besonders schön und ausdrucksstark etwa seine genau ein Jahr vor dem Western-Score entstandene Musik zum, TV-Mehrteiler VITA DI MICHELANGELO, die es früher auch als Edipan-LP gab. Diese Musik ist letztes Jahr nun auch endlich mal auf CD erschienen bei Kronos.
  5. Davon profitiert GDM natürlich auch. Obwohl es nicht ganz stimmt, daß man die früheren GDM-Alben nicht mehr über den Second Hand-Markt irgendwo erhalten würde.. Wenn man sich ein wenig umschaut, ist im CD-Bereich, wenn es sich nicht um ganz top-rare und uralte Editionen handelt, doch heutzutage Einiges möglich. Z.B. würdest Du die Vorgänger-Ausgaben von LE PISTOLE NON DISCUTONO oder FACCIA A FACCIA bei eBay Italien für je nicht mal 20 Euro jederzeit bekommen. Also so rar sind die nun auch wieder nicht. Für Jemanden, der erst jetzt bei Morricone einsteigen will, mag die GDM-Politik ja noch halbwegs annehmbar sein, aber ansonsten kann man wirklich nur noch müde abwinken. Denn es geht nur noch darum: Wie kann man noch am Ehesten Geld aus den hauseigenen Morricone-Scores herausmelken, wenn man sie auf CD veröffentlicht? Denn das grunsätzliche Problem ist eben, daß durch den Rückgang der CD-Verkäufe in den letzten 2-3 Jahren gerade hinsichtlich Italien es sich für GDM nicht mehr lohnt, noch irgendwas Anderes als Morricone auf CD herauszubringen. Es gab eine Zeit vor rund 4-5 Jahren, wo durchaus immer wieder interessante und ausgefallene Scores erschienen, vor allem in der GDM/Legend-Serie und durchaus auch mal im GDM Club mit Intermezzo zusammen, aber diese Zeiten sind einfach vorbei und das läßt sich nicht mehr groß umändern. Sie haben jetzt Anfang des Jahres versucht, ein paar nie veröffentlichte RCA-Scores aus den 60ern und 70ern nur noch als digitalen Download bei iTunes anzubieten. Ich habe das auch nur über Andere mitbekommen, da ich iTunes nicht habe, aber offenbar ist die Geschichte seit rund drei Monaten auch wieder ziemlich eingeschlafen.Was mich allerdings überhaupt nicht wundert: Wer wird sich denn dort schon etwa IL FISCHIO AL NASO von Usuelli oder LA DONNA DEL LAGO von Rossellini, die zudem nicht promotet werden, kaufen bzw. downloaden wollen? Sicherlich ist es weitaus biiliger für GDM, so was nicht mehr auf CD pressen zu lassen und allein digital anzubieten, aber im Endeffekt kommt wie man sieht doch auch wieder nichts dabei rum, weil es überhaupt zu wenige Sammler gibt, die das interessiert. Wenn schon nicht auf CD, dann noch weniger als digitalen Download. Nur ist eine Sache ziemlich klar, nachdem sich letztes Jahr ihre 300er-CD-Editionen schon nicht mehr ausverkauft haben: Auf CD macht GDM für die Zukunft nichts Anderes mehr als Morricone und eben im Prinzip da fast nur noch die recycelten Doppelpacks. Und selbst da ja nicht mal mehr 500, sondern nur noch 300 Exemplare pro Scheibe. So ist die Lage eben. Und die wird nicht mehr besser.
  6. Wenn man ein bißchen länger in der Filmmusikszene unterwegs ist und weiß, was eigentlich hinter den Kulissen abläuft, dann kann man von einem guten Preisleistungsverhältnis bei den Morricone-Doppel-CDs von GDM ganz bestimmt nicht sprechen. Eher von einem allerletzten Aufgebot, weil Alles Andere für sie eben nicht mehr läuft. GDM ist ein ziemlich gerissener Verein, wo es allein nur noch um kommerzielles Kalkül geht und um nichts Anderes mehr. Dahinter stecken keine Idealisten oder große Filmmusik-Liebhaber wie bei den kleineren Labels - zumindest nicht mehr seit sie nunmehr ab Dezember 2014 alle ihre anderen CD-Serien, die sich in den letzten Jahren immer schlechter abgesetzt haben, völlig eingesteltl haben. Liebloser als was die derzeit machen gehts gar nicht mehr. Die Morricones, die sie jetzt (wieder) bringen, wurden ja alle schon einmal, meist sogar mehrmals, veröffentlicht in den letzten 10-15 Jahren. Da holt man einfach die alten CD-Master aus dem Archiv raus, schmeißt zwei meist thematisch überhaupt nicht zusammenpassende Morricones zusammen und lacht sich ins Fäustchen, daß die Sammler, denen eventuell der eine Score von den beiden fehlt, den anderen noch mitkaufen müssen, wenn sie ihn haben wollen. Das mag für unerfahrene jüngere Sammler noch interessant aussehen, aber wenn man ein paar Jahre dabei ist, dann sieht man sofort: Es ist nichts weiter als reine Abzockerei. Ich weiß auch aus erster Hand, daß da kein neues Mastering gemacht wird für diese rund 50 Doppel-CDs, sondern es wird überhaupt nichts dran gemacht, sondern einfach die alten Kamellen aus dem Keller geholt und nochmals neu verkauft. Die Sachen aus dem General Music und RCA-Archiv gehören ihnen eh selber. Das ist für die deshalb mit ganz geringem Aufwand und so gut wie keinen Kosten verbunden, so eine Doppel-CD zu produzieren. Und dann verlangen sie dafür noch 27 Euro wie bei Intermezzo oder 30 Dollar wie bei SAE. Das ist ja absolut lachhaft, wenn man weiß, wie billig das für die eigentlich zu fabrizieren ist. Und dann diese einfallslosen und miesen Cover. Unglaublich, wie das vebraten wird, da kann man nur den Kopf schütteln. Rein kommerzielles Kalkül und sonst gar nichts mehr. Von Liebe zur Sache kann da überhaupt nicht mehr die Rede sein. Ich würde mich hüten so was von denen noch zu kaufen und denen ihr jetziges Geschäftsgebaren sozusagen noch zu unterstützen. Es ist wirklich übel, was die treiben. Und noch was Anderes zu machen auf CD interessiert sie ja ohnehin nicht mehr. Andere kleinere Labels zahlen bei ihren CDs meist drauf, GDM auf der anderen Seite stoppt jetzt jegliche CD-Produktion, wenn der Fall eintreten sollte. Das heißt, von den Produktionskosten her könnten die die Doppel-CDs ohne mit der Wimper zu zucken eigentlich für weniger als 20 Euro anbieten, aber das machen sie natürlich nicht, weil sie sonst nicht abkassieren können. Zudem werden natürlich Limitierungen auf 300 Stück nur deshalb gemacht, um die Leute zu ködern, die CDs so schnell wie mögich zu kaufen. Natürlich spart man sich dabei erneut Produktionskosten bei so einer geringen Auflage. Es ist schon ein knallhartes Geschäft, was hier läuft. Da muß ich sagen: Nein, bei so was hörts bei mir auf. Natürlich machen sie jetzt auch noch Morricone-LPs, weil der Markt das im Moment hergibt. Und ebenfalls keine anderen italienischen Komponisten mehr. Es ist wirklich sehr schade, was aus GDM geworden ist. VAMOS A MATAR COMPANEROS haben sie erst im Mai auf LP mal wieder gebracht. Da werden sie folglich noch ein Weilchen warten bis sie den wieder auf CD bringen.
  7. Wenn Du auf meine Worte etwa drei Seiten zurück gehört hättest, dann hättest Du Dir dieses Album gar nicht erst anschaffen brauchen. Denn es war für mich von vornherein klar absehbar, welches Urteil schlußendlich kommen würde von Dir. Nicht, um falsch verstanden zu werden: Deiner Meinung stimme ich absolut zu und es ist überflüssig, sich so was zu kaufen. GLI SPECIALISTI ist überhaupt einer der schwächsten und enttäuschendsten Lavagnino-Scores - das hört man sich einmal an und dann ist die Sache erledigt. Ich selbst habe schon viele Lavagnino-LPs und CDs in der Sammlung stehen, aber so was würde ich mir niemals kaufen. Auf gar keinen Fall, weil es abseits vom Film viel zu banal ist und auch der eigentliche musikalische Stil vom Lavagnino überhaupt nicht mehr herauszuhören ist. Ich meine, mir persönlich kann es egal sein, aber ich finde es einfach schade, daß Du Dir den Weg zu Lavagnino mit solchem Kleinkram verbaust und Dich mit solch wenig erbaulicher Musik, die es gar nicht wert ist, dermaßen ausführlich auseinandersetzt, während Du die eigentlichen Perlen des Komponisten, die nicht unbedingt in dem Genre hier liegen, auf diese Art und Weise niemals entdecken wirst. Ich verstehe auch nicht, wie man wahllos Musiken rausfischt ohne irgendeine Ahnung von Leben und Werk des Komponisten zu haben bzw. nicht mal in der Sekundärliteratur ein wenig nachliest, was eigentlich die wirkliche Bedeutung von Lavagnino ausmacht und wo die interessanten Scores denn wohl zu suchen sind. Er hat insgesamt um die 300 Filmmusiken geschrieben innerhalb von rund 25 Jahren. Das ist eine Menge. Du glaubst ja sicher nicht, daß das Alles toll ist oder hörenswert auf Tonträger. Nein, auf gar keinen Fall, da Vieles vor allem ab Mitte 60er in ganz kurzer Zeit mit wenig Budget entstanden ist und rein atmosphärisch untermalende Routine darstellt, Du wirst alle diese 300 Scores sowieso nie in Deinem Leben hören können. Also wäre es viel eher angebracht, sich den paar Dutzend wesentlichen Sachen, wo er sich seinem Personalstil gemäß entfalten konnte, zuzuwenden und sich das zuzulegen. Wenn Du dazu nicht bereit bist, dann kann man Dir natürlich nciht helfen. Man muß sich einfach auskennen in der ganzen Materie, denn es gibt eben gewaltige Qualitätschwankungen in der italienischen Filmmusik, weil natürlich die Komponisten auch so Vieles und so Unterschiedliches vertont haben. Zum Schluß noch eins: Wenn Du ein musikalisches Highlight von Lavagnino mit wunderbar inspirierten Themen und farbiger Instrumentierung noch entdecken willst, dann würde ich Dir raten, statt in irgendwelche Sonderangebote von mittelmäßg bis schwachen Scores zu investieren, mal unsere nächste Alhambra-CD zu kaufen, die wohl im Oktober erscheinen wird. Natürlich kommt da kein Western, aber bei dem prachtvoll schwelgerischen Score von 1960, der da erstmals auf CD überhaupt erscheinen wird, würdest Du endlich mal den sinfonischen Lavagnino-Stil in Reinkultur und den Komponisten auf dem Zenith seines Schaffens erleben können. Ich will Dich nicht zwingen, die CD zu kaufen, aber wenn Du weiterhin dermaßen starr am italienischen Western-Genre hängen bleibst, dann wirst Du viele herausragende italienische Scores, die Dir nämlich durchaus gefallen könnten, weiterhin völlig verpassen. Just my two cents.
  8. CORRI UOMO CORRI dürfte Dir wahrscheinlich schon recht gut gefallen. Davon gehe ich mal aus, da das eh ein halber Morricone ist. RIchtiggehend geklärt ist es bis heute nicht, ob die Musik nun von Nicolai oder von Morricone stammt. Rgissuer Sergio Sollima behauptet, sie sei von Morricone, Peter Boom, der das "Espanto en el corazon" singt, genau das Gegenteil. Jedenfalls sind die Ähnlichkeiten zu Morricones IL MERCENARIO, wo Nicolai ohnehin mitgearbeitet hat, aus dem gleichen Jahr zum Teil auffallend. Nichtsdestotrotz eine äußerst abwechslungsreiche Angelegenheit: Mexikanisches Lokalkolorit, großangelegte Westernchöre, daneben melancholische Gitarren- und Trompetenklänge. Da ist Alles drin, was man bei Italo Western-Musiken so mag. Die alte CAM-LP bzw. CAM-CD mit 31 Minuten fließt einwandfrei ohne irgendwelche Hänger. Ich habe die expandierte Edition von 2007 auch mal kurz hier gehabt, aber sofort wieder rausgehauen, denn das zusätzliche Material bringt fast nichts und die Musik wird nun viel zähflüssiger als zuvor. Da hat man übrigens Alles chronologisch angeordnet wie Du es gerne haben möchtest, aber dadurch ist natürlich die alte, viel schönere Albumfassung nun flöten gegangen. Daher für mich persönlich absolut überflüssig in der Version. Das würde ich mir so einfach auch nicht mehr anhören wollen. Die anderen zwei von Dir bestellten Nicolai-Titel sind nicht so stark, haben aber durchaus ihre Momente. Allerdings sehr an die ersten zwei Dollar-Western von Morricone angelehnt und von daher nicht so besonders eigenständig. Ich weiß nicht, ob I QUATTRO DELL'AVE MARIA für Dich unbedingt das Richtige sein wird. Ist halt schon auch viel Komödiantisches drin und man muß sich Vieles selbst zusammensuchen, da natürlich massig Material auf der Doppel-CD oben ist. Ich hätte Dir da einen der beiden anderen oben genannten dramatischeren Rustichellis weitaus mehr ans Herz gelegt. Aber mal schauen, wie Du drauf reagieren wirst.
  9. Ja klar, die Songtexte sind natürlich lächerlich und voller Platitüden. Das waren sie aber streng genommen zu einem großen Teil auch schon bei den Songs für die US-Western der 50er. Mich stört so was an sich nicht, denn mir kommt es hierbei einzig und allein auf die musikalische Machart an. Und die paßt mir gerade beim ARIZONA COLT-Song sehr gut. Sobald das Pop-Idiom hingegen zu stark ausgeprägt ist, etwa das Schlagzeug zu sehr in den Vordergrund gerückt wird. dann reagiere ich in der Tat meistens empfindlicher. Deshalb ist ja auch meine Sammlung von Spaghetti-Scores auf LP und CD gar nicht mal so umfangreich, denn ich habe von Anfang an immer genau selektiert, was eben meinem musikalischen Geschmack entspricht und was ich wirklich haben möchte - selbst wenn ich natürlich sehr Vieles mal gehört und dann eben verworfen bzw. mir nicht zugelegt habe. Nur rein um des Sammelns willen habe ich so gut wie nie was gekauft. Und somit fallen dann sehr viele der späteren Italo Western-Scores ab etwa 1970 herum meist ganz raus bei mir, weil zeitgemäßer Pop und Beat da schon immer mehr die Oberhand gewonnen haben. Mir liegt das Elegisch-Pathetische und das Romantische hingegen sehr, eigentlich immer schon, und danach habe ich mir auch die Titel, die ich selbst haben will, ausgesucht. Wenn Du etwa Rustichellis UN MINUTO PER PREGARE oder L'UOMO, L'ORGOGLIO, LA VENDETTA anhörst - ich weiß nicht, ob die CDs inzwischen schon bei Dir angekommen sind -, dann dürfte es Dir kaum schwer fallen zu verstehen, daß genau die Art von pathetisch aufgeladener Musik bei meinen Vorlieben natürlich voll ins Schwarze trifft. Die von Dir erwähnten Tracks in der zweiten Hälfte von QUELLA SPORCA STORIA sind zum Teil durchaus noch reizvoll, aber "L'assolto di Santana" ist bei mir nun etwa auch nicht der große Bringer. Das "groovige", das Dir hier gefällt, ist mir dabei fast schon wieder etwas zuviel. Und der Chor in "Johnny sulla croce" ist zwar ganz akzeptabel, aber auch nicht wirklich begeisternd oder übermäßig originell. So was habe zumindest ich auch schon öfters gehört.
  10. Ganz ehrlich gesagt ist es bei mir so, daß ich auf der alten CAM-CD, wo ja SETTE DOLLARI SUL ROSSO auf der ersten Hälfte enthalten ist und QUELLA SPORCA STORIA dann auf der zweiten, ich meistens nur SETTE DOLLARI komplett angehört habe und QUELLA SPORCA dann eher ein wenig unbeachtet gelassen habe, weil die Musik einfach nie so voll gezündet hat bei mir. Ich habs vorhin gerade nochmals ausgetestet: Es gibt ganz sicher wie Du sagst schon einige bemerkenswerte und gute Tracks in dem Score, vor Allem in der ersten Hälfte etwa mit "In Memoria", wo der Chor à la Morricone seine Aufwartung macht, aber mindestens so ab Track 8 läßt bei mir nach wie vor die Aufmerksamkeit ziemlich stark nach und es kommt mir eindeutig zuviel Spannungs-Leerlauf herein. Die elektronischen Effekte zusammen mit dem E-Bass, Cembalo usw., die ja bereits im zweiten Track auftauchen, gefallen mir gar nicht. Diese Art atmosphärischer Spannungsmusik ist ja nun auch nicht unbedingt was ganz Neues, sondern in vielen Horror-Scores der Zeit Mitte 60er so ähnlich eingesetzt worden und daher eigentlich nicht wirklich ungewöhnlich. Paßt auch eher in dieses Genre als in einen Western. Da gibts gerade auch bei den Italienern genügend Beispiele für solche Tracks. Und Vieles, was dann ab "La Medaglia" so erscheint, sagt mir musikalisch weniger zu. Natürlich kommt dann noch die ein oder andere nette Variante vom Hauptthema zwischendrin und es wird dann wieder besser, trotzdem ist mir das ständige Auf und Ab zu stark. Da fehlt mir auf Dauer eine richtig kohärente Linie. Mir fehlt auch etwas der musikalische Drive und das Tragische, das im zuvor auf der CD zu hörenden SETTE DOLLARI viel stärker vertreten ist. Von daher bin ich mal gespannt, wie der wohl bei Dir denn dann ankommen wird. Warum das gesungene Hauptthema von ARIZONA COLT mir deutlich besser gefällt als das von QUELLA SPORCA STORIA kann ich schon klar sagen: Die Instrumentierung bei QUELLA SPORCA STORIA mit dem Schlagzeug und dann die elektronischen Beigaben ist mir schon fast zu popig aufgemacht. Für mich ist das eher ein Pop-Song aus der Zeit um 1968. Das ist bei ARIZONA COLT ja völlig anders in Szene gesetzt. Mich zieht der Song bei ARIZONA COLT richtig rein, Den kann ich zudem sehr oft hintereinander hören. Mir gefällt da vor Allem das Raumgreifend-Epische und das Nostalgische in der Melodieführung. Dann werden bestimmte Melodietöne richtig gedehnt, so daß es natürlich dementsprechend schmachtet, und die Streicher kommen insgesamt gesheen viel satter zur Geltung. Hinzu kommt die sonore Stimme von Raoul, die hier Klasse dazu paßt. Das ergibt eine wunderbare Einheit, die mich in besonderem Maße packt. Es ist beileibe nicht so, daß der Song von QUELLA SPORCA STORIA schlecht wäre, aber er gleitet eher etwas an mir vorbei und hat nicht diese melodische Kraft, die mich nun besonders aufhorchen ließe. Auch die Gesangsstimme von Maurizio Graf klingt für mich gewöhnlicher und hat nicht diesen pathetischen Tonfall von Raoul, der mir ganz besonders zusagt.
  11. Doch witzig, wie sich die Geschmäcker unterscheiden können. Hätte ich jetzt nicht gedacht, daß ausgerechnet QUELLA SPORCA STORIA dermaßen zieht bei Dir. Ehrlich gesagt habe ich seit jeher Mühe, mir das alte 35 Minuten-Album komplett anzuhören, da mir eigentlich nur jedes zweite Stück davon einigermaßen gefällt. Denn es gibt mehrere Tracks mit eher statischen Spannungshängern, die mir überhaupt nichts geben und die ich am Liebsten überspringe. Insgesamt bleiben für mich vom gesamten Score nicht mehr als 20 Minuten übrig, die ich ganz gelungen finde, aber auch nicht richtig überragend. Das gesungene Hauptthema "Find a Man" ist für mich ok, aber kein absolutes Ohrwurmthema wie das etwa aus ARIZONA COLT, das bei mir schon ganz anders zieht. Dann gibt es einige ganz hübsche romantische Passagen mit den Streichern und dem Chor, aber sobald der übliche Suspense wieder die Oberhand gewinnt, und das ist eigentlich meines Erachtens hier einfach zu oft, läßt der Score für mich sehr zu wünschen übrig. Ist für mich daher Alles in Allem nur eine halbe Sache. Für mich ergeben die Stücke keine richtige Einheit, sondern es fasert zu sehr aus, so daß es immer wieder Phasen gibt, die mich nicht besonders ansprechen und wirklich langweilen. Wie gesagt: Von QUELLA SPORCA STORIA täte es mir eine Viertelstunde oder gerade mal 20 Minuten. Die 35 Minuten, die ich auf der CAM-CD von Mitte 90er habe, schaffe ich kaum am Stück. Es ist erst in den letzten 7-8 Jahren so in Mode gekommen, daß man die alte Albumfasusng, sofern es eine mal gab, nimmt und dann hinten als Bonus noch oft wild durcheinander - meist mit Version 2, 3 etc. eines Tracks betitelt - draufpackt. In der Zeit davor so kurz nach dem Jahre 2000 und auch bei den ersten Digitmovies-CDs gabs in Italien auch mal eine Phase, wo man alte Alben wieder ganz umgemodelt und rein chronologisch sequenziert hat. Bei De Masi ist das etwa bei QUANTO COSTA MORIRE der Fall gewesen.
  12. Im Großen und Ganzen stimme ich mit Deiner Bewertung von ARIZONA COLT überein, aber ich hatte Dich nicht umsonst vor der expandierten Fassung gewarnt wie Du Dich vielleicht noch erinnerst: "Von der Verarbeitung kann da meiner Meinung nach auch ARIZONA COLT nicht mithalten - vor Allem nicht in der expandierten Fassung! -, aber da ist eben das Thema und dessen Varianten (sowohl gesungen als auch instrumental) auf der CD doch so bestechend, daß man über einige Spannungs-Tracks hinwegsehen kann." Grundsätzlich kannst Du bei diesen Spaghetti-Western-Scores ohnehin in den allermeisten Fällen davon ausgehen, daß die Expandierungen musikalisch so gut wie gar nichts einbringen außer einer überflüssigen Redundanz und reinen Wiederholungen. Das wird Alles doch nur deshalb verlängert, weil es genügend Genre-Fans gibt und somit ein kommerzielles Geschäft damit gemacht werden kann. Rein musikalische Überlegungen, wie man noch was besser machen könnte, bleiben dabei sowieso außen vor und kann man vergessen. Du siehst ja jetzt selbst, wie Dir die Länge das Hören des kompletten Albums dann nur noch mehr vermiest. Also reicht doch die alte Fassung von Mitte 80er mit knapp 40 Minuten schon vollkommen aus, oder? Und selbst da muß man eigentlich noch aufgrund der Spannungs-Tracks ein paar Abstriche machen. Der insgesamt in sich schlüssigste De Masi-Western-Score bleibt deshalb für mich SETTE DOLLARI SUL ROSSO - aber selbstverständlich auch nur in der alten CAM-Fassung mit rund 35 Minuten und nicht übertrieben hochgehievt auf eine ganze Stunde.. Bei "Attesa e dolore" hätte ich gedacht, daß Du vielleicht auch auf Brahms als Inspiration tippen würdest, denn das Hauptthema aus dem dritten Satz von Brahms dritter Sinfonie ist doch sehr ähnlich. Ich gaube schon, daß De Masi das hier als Vorlage gedient hat und er sich davon hat zu dem Thema in eben diesem Track hat inspirieren lassen. Er hatte sich bei Brahms (und zwar bei dem bekannten Walzer No. 15 für Klavier aus dem op. 39) nämlich auch schon an 1963 beim Liebesthema für den Horrorfilm LO SPETTRO bedient - und zwar ziemlich auffällig.
  13. Klar, das sehe ich eigentlich auch so, daß die Möglichkeiten zum Reinhören heutzutage ungeheuer vielfältig sind und gar nicht mehr zu vergleichen mit dem, wie es früher mal war. Da gebe ich Dir völlig Recht. Für mich persönlich ist das auch recht einfach, weil ich ziemlich schnell weiß, ob mir was zusagt oder nicht. Wenn Mephisto sich in der Tat Beispiele bei Youtube aus Deiner Liste anhören würde, wäre das mit Sicherheit für ihn von Nutzen. Logisch. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das bei seiner Haltung - wie er es selbst ja weiter oben mal geschrieben hat - mit dem möglichst mehrfachen Anhören und dem anschließenden Durch-Analysieren jedes kompletten Albums fast Track für Track auch so ist. Für mich selbst wäre es Zeitvergeudung, mir einen zweit- oder drittklassigen Score gar mehrfach vollständig anzuhören, um mir dann erst im Detail ein Urteil darüber zu bilden. Das funktioniert bei mir definitiv anders und da fällt die Entscheidung Pro oder Contra sehr schnell. Ansonsten verpaßt man ja auch viel zuviel von dem, was einem wirklich gefällt.
  14. Ganz objektiv gesehen ist es wohl so, daß die musikalischen Präferenzen von Denton und Mephisto zum Teil doch etwas arg auseinanderdriften. Gerade, wenn ich mir die obige Liste so ansehe, kann ich eigentlich fast vorhersagen, wie rund die Hälfte der Titel bei Mephisto sicher nicht besonders ankommen wird. So wie ich seinen Geschmack einschätze aus dem bisher Gelesenen, würde er garantiert so einige Scores davon als substanzlos, zu Beat-lastig oder zu inkohärent und seicht beurteilen. Natürlich sind auch ein paar ganz interessante Titel in der Liste drin, die man eventuell empfehlen könnte, aber sich davon einfach blindlings nur so 10 Titel zum Kauf herauszusuchen, könnte meines Erachtens eher zu noch mehr Verwirrung und Frust führen als daß es groß weiter hilft. Ich selbst kenne einige Leute, die früher in den 80ern schon zu LP-Zeiten etwas unbedarft Versuche gemacht haben, ein bißchen bei italienischen Scores einzusteigen, aber zu viele Fehlkäufe gemacht haben, weil sie sich nicht auskannten in der Materie, und dann im Endeffekt lieber wieder ganz die Finger davon gelassen haben. Insofern sind solche großen Listen ein bißchen gefährlich - vor Allem, wenn sie nicht auf den konkreten musikalischen Geschmack und das Empfinden des Gegenübers abgestellt sind. Ein wenig sollte man halt schon abschätzen können, was dem Anderen gefallen könnte oder nicht.
  15. Die korrekte chronologische Reihenfolge der Titel wäre: - QUELLA SPORCA STORIA NEL WEST (UA: März 1968) - SARTANA NON PERDONA (UA: Oktober 1968) - AMMAZZALI TUTTI E TORNA SOLO (UA: Dezember 1968) - LA SFIDA DEI MACKENNA (UA: März 1970) Weder VADO L'AMMAZZO noch AMMAZZALI gehen für mich bereits in den alten, kürzeren Fassungen auf den 90er Jahre-CDs von Beat, die damals De Masi selbst wohl noch zusammengestellt hatte, über Mittelmaß hinaus. Außer dem Hauptthema ist doch da eigentlich nicht viel zu holen außer viel wenig aufregende Spannungsmache. Haben mich daher beide nie so besonders angesprochen. Man merkt halt auch, der Sound wird insgesamt ein bißchen moderner, urbaner und jazziger, paßt sich auch mehr der Pop-Musik der End-60er an und könnte dann in großen Teilen eben auch zu Polizefilmen der Zeit passen. Der klassischere Spaghetti Western-Sound von SETTE DOLLARI oder ARIZONA COLT verschwindet da so allmählich. Ein für mich weitaus stärkeres und deftiges Hauptthema hat da im Übrigen sowieso noch 7 WINCHESTER PER UN MASSACRO von 1967. Der könnte Dir meiner Meinung nach dank seiner mitreißenden Dramatik vermutlich auch noch eher liegen. Ich verstehe allerdings nicht ganz, warum Du Dich unbedingt nur auf dieses eine Genre so dezidiert kaprizierst und jetzt noch drei mittelprächtige De Masi's aus dem Beat-Sondernagebot abgreifen willst anstatt eine richtig gute CD des Komponisten, wo sich der Kauf auch mal unbedingt lohnen würde. Gerade was das betrifft, würde ich doch gerade Jemandem wie Dir, der klassische Sinfonik bevorzugt, De Masi's EROE VAGABONDO von 1966 ans Herz legen, den Kronos vor drei Jahren erstmals überhaupt herausgebracht hat. Hat selbstverständlich nichts mit Western zu tun, aber ist einfach ein ganz wunderbarer Score, den man von vorn bis hinten mit Genuß anhören kann. Warum gehst Du an so was total vorbei, nur weil Du unbedingt De Masi-Western sammeln willst? So eine Ausrichtung auf ein einziges Genre bei einem Komponisten, wo man die meiste Zeit über dann doch bei Komplettfassungen eher enttäuscht wird, ist mir nicht recht begreiflich. EROE VAGABONDO, und deshalb erwähne ich den auch, ist ein echter Geheimtipp, sicherlich eine der schönsten Musiken von De Masi überhaupt. Den Film, halb Liebesgeschichte, halb Komödie, kennt halt niemand, Musik natürlich wohl auch kaum einer. Das ist ein echter Geheimtipp. De Masi hat eine hinreßend schöne romantische und glutvolle Musik dafür geschrieben, die wirklich bewegt. Ganz durch über 40 Minuten ohne große Schwachstellen sinfonisch durchgearbeitet, dazuhin mit herrllichen Viola und Gitarren-Soli von Dino Asciolla und Alesandro Alessandrioni.. Ich habe die CD erst vorgestern wieder zweimal laufen lassen. Das ist schon ein Hochgenuß wie man ihn bei De Masi gewiß nicht alle Tage erlebt. Klar scheint im spanischen Kolorit ein bißchen Rodrigos Concierto de Aranjuez durch, aber es ist ganz geschickt gemacht, wie De Masi darauf Bezug nimmt, während die ins Ohr gehenden und mundenden Themen selbst doch ganz von ihm sind. Die Wenigsten werden hinter diesem Titel irgendeine aufhorchen lassende Musik vermuten, aber dieser Score ist voller Anmut und Eleganz. Auch so kann man De Masi also mal erleben.
  16. Das sind allesamt alte Beat-CDs überwiegend aus den 90ern, und auf der letzten Seite am Ende noch 5-6 vom spanischen Vinilo-Label auch aus der Zeit. Da hat Colosseum wohl noch einige Rücklieferungen erhalten, die sie jetzt allmählich reinstellen. Von diesen Rücklieferungen hat mir ein Freund schon erzählt vor einiger Zeit. Das heißt, es dürften in den nächsten Wochen auch noch ältere CDs von anderen Labels dort ganz günstig angeboten werden. Für mich persönlich ist bei den Beat-CDs nichts dabei, was ich noch unbedingt haben müßte. Die für mich interessanten Titel habe ich längst alle. Von ein paar der Scores gabs dann später auch noch Expandierungen ebenfalls auf dm Beat-Label wie etwa bei DALLE ARDENNE ALL'INFERNO, der dann nochmals solo erschien. Diese Musiken kann ich durchaus empfehlen und sind für den Preis auf jeden Fall eine Anschaffung wert: - SEPOLTA VIVA/ANTICHRISTO (Morricone) - IL PREFETTI DI FERRO (Morricone) - IL BACIO (Piccioni) - CONSTANTINO IL GRANDE (Nascimbene) - L'UOMO CHIAMATO APOCALIISE JOE/LO CHIAMAVANO TRESETTE (Nicolai) - BERLIN '39 (Trovajoli) - EL CABALLERO DEL DRAGON (Nieto) - CRUSADES (Nieto) Gar nicht so übel ist auch der sehr romantische Micalizzi LUCREZIA GIOVANE (mit Edda-Vokalise dabei). Und einen Blick auf das Frühwerk von Mario Nascimbene von Anfang 50er gestattet der Sampler mit den drei Scores CRONACA DI UN DELITTO, OPERAZIONE MITRA und LA VALIGIA DEI SOGNI.
  17. Es ist eigentlich ein recht weiter Sprung vom Jahr 1965 nach 1968. Ich dachte eigentlich, Du woltlest die De Masi-Scores chronologisch vorstellen. Jezt doch nicht mehr? E VENNE IL TEMPO ist schon eine ziemlich schwache Angelegenheit. Da gibts allerdings deutlich Besseres von De Masi.
  18. Georges Delerue ist etwa ein Komponist, der ein ähnliches melodisches Gespür hatte. Vielleicht solltest Du mal bei ihm ein bißchen reinhören. Und es ist ja absolut kein Zufall, daß beide Komponisten in den frühen 60ern die ältere Garde abgelöst haben - der eine in Italien, der andere in Frankreich. Es ist schon völlig richtig, daß sowohl Delerue wie Morricone meist ganz anders vorgegangen sind als ihre US-Kollegen. Genau deshalb habe ich ja oben schon geschrieben gehabt: Es ist deshalb, wie wenn man Äpfel mit Birnen vergleichen würde. Bei Morricone gibt es des öfteren richtige "set pieces", und die Musik wird oft auch ganz anders eingesetzt wie den Amerikanern. Die Musik folgt nicht ständig untermalend dme Handlungsablauf und einzelnen Aktionen oder Bewegungen, sondern sie steht teilweise über dem Film und prägt dessen Atmosphäre durch einen ganz bestimmten Sound. Nigel Polkinghorne hat da mal vor vielen Jahren im Morricone-Magazin MSV ein paar sehr interessante und lesenswerte Artikel zu Morricones Stil unter der Überschrift "The Continental Stylist" gebracht. Besonders detailliert geht er dabei auf den Unterschied zwischen "punctuation music" (etwa bei Goldsmith oder Willaims) vs. "reflective/contemplative music" (bei Morricone) ein. Man kann sicherlich darüber streiten, ob er in Allem Recht hat, aber es ist zum Teil schon was dran an der Sache und vor Allem daran, wie Morricone mit in sich geschlossenen Stücken, die dann in anderen Instrumentierungen/Kombinationen wiederholt und leicht abgewandelt werden, arbeitet. Das ist auch nicht nur in seinen Western-Scores der Fall, sondern absolut typisch für ihn.
  19. Ich habe mir aufgrund der ganzen Diskusssion L'UOMO DELLA VALLE MALEDETTE, den ich auf einer alten CDR noch habe, auch mal wieder genauer angehört und bin doch auch ein wenig enttäuscht von der Musik. Da Denton ohnehin mit traditioneller sinfonischer US-Musik aus den 50ern offenbar sehr große Probleme hat, kann ich es klar nachvollziehen, daß er mit so etwas wie diesem De Masi-Score überhaupt nicht klar kommt. Das ist völlig logisch. Im Gegensatz zu ihm liegt mir der Stil schon, aber man muß schon sagen, es bleibt doch Alles sehr routine- und klischeehaft, kommt daher nie auch nur in Ansätzen in die Regionen eines Tiomkin, Moross oder Bernstein rein, nicht mal eines Victor Young in seinen besten Western-Arbeiten. Das klingt eigentlich teilweise am Anfang sogar ein wenig nach Bonanza und Shiloh Ranch, könnte auch aus einem B-Western der 50er von Sawtell, Buttolph, ab und an noch Duning oder Harline kommen. Mir persönlich ist die Musik ganz bestimmt nicht unsympathisch, es ist ein recht gut verarbeitetes Haupttthema drin, aber dennoch auch eher langweilige und stagnierende Phasen, sobald nicht eines der beiden Themen zum Zuge kommt. Flirrende Streicher und Tremoli sorgen dann für die üblichen Spannungsgesten der 50er, aber es geht einfach über ein bestimmtes Mittelmaß nicht hinaus. Vor Allem ist kein richtiger Personalstil hier herauszuhören - das ist für mich die große Schwachstelle des Scores. Es hört sich überhaupt nicht nach den späteren De Masi-Western-Scores an, eher vielelicht noch ab und an nach einem seiner schwächeren Peplum-Scores aus den ein, zwei Jahren davor. Und es ist von einem wirklich eingängigen und cool vorgetragenen Thema wie dem aus ARIZONA COLT natürlich meilenweit entfernt. Insofern: Wer typische Italo-Western-Muster in dem Score sucht, der kommt folglich hier nicht im Geringsten auf seine Kosten. Was ich an Dentons Argumentation allerdings nicht verstehe, ist der "billige Klassik-Imitation"-Vorwurf wohl selbst gegenüber hervorragenden Komponisten wie Korngold oder Rozsa. Ich frage mich da auch ein bißchen, auf welche Sinfonien in der Klassik er sich überhaupt bezieht. Wenn man wie ich die Spätromantik von Mahler, Strauss und Puccion sehr mag, dann müßte man doch auch unbedingt zu den exzellent durchkomponierten und prachtvoll-schwelgerischen Arbeiten etwa der beiden genannten Golden Age-Komponisten einen guten Draht haben. Aber ich vermute mal, daß er einfach von einer anderen musikalischen Richtung herkommt. Was ihm in der italienischen Filmmusik gut gefällt, das kann ich mir auf der anderen Seite schon einigermaßen vorstellen. Neben Fidenco werden sicher auch Cipriani und Micalizzi bei ihm ganz gern gehörte Komponisten sein.
  20. Nun ja, Gott, ich bin ja auch schon mehrere Jahrzehnte in der Filmmusikszene dabei und habe in so viele Sachen über die Jahre bereits reingehört und mitbekommen, daß ich genau weiß, was ich brauche und was nicht. Ich habe eben zu Prä-Internet-Zeiten schon viele persönliche Kontakte zu anderen Sammlern hier in Deutschland und auch anderswo gehabt, die neben den üblichen US-Scores z.B. auch an französischen oder italienischen Sachen interessiert waren. Diese Art von Sammlern gibt es zwar durchaus, aber nun halt nicht im Übermaß. Da hat man sich dann ausgetauscht, hat sich öfters mal getroffen zu zweit oder auch zu dritt, hat sich Interessantes und Unbekanntes dann überspielen lassen, Damals noch auf Kassette oder dann später auf CDR. Logischerweise hat Jeder ein bißchen andere Schwerpunkte gehabt, so daß es eine gegenseitige Bereicherung war, weil man so auch auf recht obskure Titel gestoßen ist, die man ganz allein vieilleicht nie hätte entdecken können. Dadurch konnte ich über die Jahre hinweg in die meisten auf LP, EP oder CD veröffentlichten italienischen Titel - und eben nicht bloß Morricone - mal wenigstens reinhören und dann genau entscheiden, ob es für mich in Frage kommt oder nicht. Das läuft mir bei meist recht einfach ab: Wenn was gar nicht ankommt bei mir, dann lege ich mir das auch nicht zu. Das Motto war stets bei mir: Eine Platte oder ein CD-Album muß wenigstens zu 50% gefallen, denn sonst gebe ich es wieder ab. Ich stelle mir nicht Unmengen von Zeugs in die Sammlung, das mich eh dann im Prinzip musikalisch nicht besonders interessiert und das ich doch nie wieder anhören würde. Natürlich macht man mal einen Fehlkauf, das bleibt nicht aus, aber dann habe ich immer wieder versucht, so eine Scheibe auch ziemlich schnell wieder loszubekommen und sie im Endeffekt abgegeben.. Von daher bin ich absolut kein Komplettist, nie gewesen, weder was Genre noch was die meisten Komponisten betrifft, sondern ich habe immer das genau selektiert, was meinen persönlichen Geschmack trifft und was ich deshalb auch gern in die Sammlung stelle und dort genauso gerne wieder raushole. Bei De Masi etwa würde ich auch Vieles nicht sammeln oder kaufen wollen. das sind eben auch nur einige Titel von ihm, die mir wirklich zusagen. Und das wiederum auch nicht nur auf ein Genre, also jetzt Italo-Western, bezogen, sondern aufs größere Ganze hin betrachtet. VIele Sammler speziell bei italienischer Filmmusik kommen natürlich hauptsächlich von den paar populären Genres her und sammeln dann davon fast Alles, das ist bei mir überhaupt nicht der Fall. Insofern sehe ich die Western-Scores deshalb auch nur als ein kleines Teilgebiet. Was LONE WOLF MCQUADE betrifft, so war das schon an 1983, als Film und LP herauskam, bei mir ein eher zwiespältiges Erlebnis. Sicher gibt es zwar ein fetziges Thema, aber die elektronischen Effekte und die etwas arg modisch aufgepepte, teilweise recht popige Instrumentierung haben mich nicht besonders überzeugt. Außerdem finde ich, daß bei einigen melodischen Phrasen reichlich und natürlich bewußt Morricone-Imitat drin ist. Auch zwischendrin gibts doch einige Hänger, wo De Masi nicht so arg viel eingefallen ist, so daß es auf Tonträger kein rundes Ganzes ergibt. Von daher war die Musik nie ein richtiger Hit bei mir. SETTE DOLLARI SUL ROSSO zündet da schon ganz anders bei mir, und die Themen entsprechen genau meiner Wellenlänge. das hat hier schon Verve und Intensität, ist ziemlich dicht komponiert. Spielt auf jeden Fall natürlich auch noch in einer anderen Klasse als die demgegenüber doch eher leichtgewichtigeren BARA PER LO SCERIFFO und OKLAHOMA JOHN. Genau deshalb würde ich mir wie ja bereits geschrieben auch nicht noch eine Expandierung auf einer Einzel-CD von BARA oder OKLAHOMA JOHN zulegen wollen, denn eigentlich reicht von jedem Score eine runde Viertelstunde aus. Das kann man als nette Unterhaltung nebenbei laufen lassen, sind aber nun beides keine richtig herausragenden Arbeiten. Das Tromeptenthema bei SETTE DOLLARI hat da für mich eine andere Art von Intensität, das ist schon toll gemacht. Und es ist eben doch nicht so nah dran, daß es ein Morricone-Plagiat wäre. Auch die energiegeladenen Verarbeitungen in den anderen Tracks auf der CD sprechen mich persönlich sehr an. Von der Verarbeitung kann da meiner Meinung nach auch ARIZONA COLT nicht mithalten - vor Allem nicht in der expandierten Fassung! -, aber da ist eben das Thema und dessen Varianten (sowohl gesungen als auch instrumental) auf der CD doch so bestechend, daß man über einige Spannungs-Tracks hinwegsehen kann. Aber noch mehr eine runde Sache ist für mich eben SETTE DOLLARI - den höre ich deshalb auch immer an einem Stück durch in der alten CAM-Fassung. Raritäten auf LP, die es nciht auf CD geschafft haben, gibt es in der italienischen Filmmusik noch einige. Und Vieles erscheint auch deshalb nicht, weil es nicht zu den bei den Sammlern populären Genres gehört und deshalb kommerziell nur sehr schwer absetzbar ist. Das muß man immer beachten. Deswegen braucht man kaum Sorgen haben, daß Italo-Western-Scores unveröffentlicht bleiben würden. Da wird von den Produzenten selbstverständlich so gut wie Alles gebracht, was nur geht, wenn Bänder vorhanden sind und wenn es rechtlich möglich ist. Insofern ist es sicher ganz schön, daß man auch PER UN PUGNO NELL'ÓCCHIO auf CD herausbringt. Nur, wenn ich dran denke, was es Alles an alten Scores (im CAM-Katalog und anderswo) noch an nie veröffentlichten Raritäten außerdem noch gäbe, sieht die Welt halt schon wieder etwas anders aus. Da ist dann PER UN PUGNO beileibe kein Unikat mehr.
  21. Ich weiß jetzt natürlich nicht, welche Quellen Du benützt, aber so große Widersprüche bei den Daten für die Uraufführungen der Filme sehe ich eigentlich nicht. Es gibt ja die IMDB, die oft ganz zuverlässig ist, aber nicht immer. Ich würde Dir auch die Seite "Archivio del Cinema Italiano" noch empfehlen, nur wird da immer das exakte Datum vom Freigabebescheid des jeweiligen Films verwendet. Das eigentliche Uraufführungsdatum ist dann natürlich meist erst ein paar Tage oder auch ein paar Wochen später gewesen. Aber zuverlässig ist die Quelle auf jeden Fall: http://www.archiviodelcinemaitaliano.it/index.php/archivio-del-cinema-italiano.html Für die Italo-Western gibts zusätzlich auch noch das Lexikon von Ulrich Brückner "Für ein paar Leichen mehr", wo ebenfalls alle Startdaten der Western in Italien und Deutschland genau drin sind. Es gibt natürlich noch andere Bücher in itaiien selbst, aber allein mit den drei Quellen kommt man doch sehr gut zurecht und ich sehe da eigentlich keinerlei Probleme. Die CAM-LP von De Masi's PER UN PUGNO NELL'OCCHIO ist nie recht auf den Markt gekommen, das heißt, normal im Laden gabs das auch an 1965 früher nie zu kaufen. Es sind nur eine Handvoll Promo-Exemplare gepresst worden, die dann möglicherwesie an Radiostationen verschickt wurden, aber nicht zum normalen Verkauf kamen. Von daher ist da natürlich ein Mythos um die und auch noch ein paar andere dieser CAM-LPs entstanden, die weltweit gesehen vielleicht gerade mal 2-3 Top-Sammler überhaupt je mal in den Händen gehabt haben. Das ist also nicht mit einer normal üblichen Plattenpressung zu vergleichen. Höchstens vergleichbar mit so was wie David Shires OLD BOYFRIENDS an 1979, wo ja damals wohl auch nur ein knappes Dutzend Promo-Scheiben in den Umlauf kamen. Mir persönlich gefällt die Musik zu PER UN PUGNO NELL'OCCHIO nicht so besonders. In Teilen ist das ganz nett, aber auch durchwachsen und für mich mit zuviel komödiantischem Mickey Mosunig dabei. Sicher gibts ein paar hübsche Einfälle, aber die kurzen Tracks fügen sich nicht wirklich zusammen und Vieles bleibt dann im Endeffekt Stückwerk. Von daher habe ich die CD auch nicht behalten, nur mal kurz hier gehabt. Man könnte sich vielleicht so rund 10-15 Minuten zurecht schneiden, aber insgesamt war es mir denn doch zu sehr auf einem Durchschnittslevel angesiedelt und man hat von den Themen her auch schon Besseres gehört. Normalerweise müßtest Du ja jetzt vom chronologischen Gesichtspunkt her bald mal zu De Masi's SETTE DOLALRI SUL ROSSO vordringen, denn der ist von 1966. Bin mal gespannt, wie der Score bei Dir ankommen wird. Ich habe meine alte CAM-CD davon (die auch QUELLA SPORCA STORIA NEL WEST noch enthält) gerade mal wieder angehört und bin immer noch sehr angetan davon. Das fatalistisch ausgekostete Trompetenthema zählt für mich zum Feinsten, was De Masi je komponiert hat, genauspo stark ist das heroische "A Man Must Fight". Es macht wirklich Freude, den Themen, von denen es hier mindestens 3-4 im Score gibt, und deren sehr ordentlicher Verarbeitung hier zuzuhören. Es gibt eigentlich nur zwei Aussetzer, mal eine Saloon-Musik und mal ein Arrangement von "Yellow Rose of Texas", aber ansonsten empfinde ich das als eine starke, zündende und abwechslungsreiche Western-Musik, die sich in den insgesamt 14 Tracks über 30 Minuten sehr gut hält. Auch die dramatischen Orchesterausbrüche kommen ziemlich tempogeladen und gepfeffert rüber. Macht echt Laune. Stilistisch ist das schwer einzuordnen, da sozusagen eine Art Brücke zwischen dem alten US-Western-Stil - Moross schielt etwa mal kurz um die Ecke - und dem der typischen Italo-Western gebaut wird. Aber auch De Masis eigene Handschrift ist hier sehr deutlich etwa hinsichtlich der Melodieführung.
  22. Da stimmt aber die Chronologie nun rein gar nicht. OKLAHOMA JOHN kam nämlich lange vor UNA BARA PER LO SCERIFFO in den italienischen Kinos heraus, wurde eigentlich sogar noch an 1964 produziert. Die Erstaufführung war im März 1965, die von BARA PER LO SCERIFFO dagegen aber erst im Dezember 1965.
  23. Um es mal klar zu sagen: Ich selbst war auch nie ein großer Fan der Spaghetti-Western und kam viel eher über völlig andere Scores aus ganz anderen Bereichen zur italienischen Filmmusik. Für mich gibt es wirklich nur ein paar sehenswererte Filme aus der Sparte, der größere Rest ist eher zum Abwinken. Von daher hat es auch früher länger gebraucht, daß ich mir die Musiken mal so nach und nach angehört habe. Wenn man sich jedoch für italienische Filmmusik interessiert und für bestimmte Komponisten, kommt man an dem Genre irgendwann nicht vorbei. Wenn ich so einen Score auf LP oder CD höre, dann abstrahiere ich meist vom Film selbst. Ich habs ja oben schon geschrieben: Es gibt einige Musiken für das Genre, die mir zum autonomen Anhören gut gefallen und die Spaß machen, aber doch auch sehr Vieles, was sich im mittelprächtigen Bereich bewegt oder noch darunter. Hier mit Goldsmith daherzukommen, bringt eher wenig, denn die Italo Western-Musik ist zumeist eine ganz andere Art von Musik, die auch von anderen Traditionen herkommt. Zudem spielt bei vielen Scores die Morricone-Imitation selbstverständlich eine große Rolle: Wie oft wurden alle möglichen Komponisten gebeten, den Morricone-Sound für einen zweitklassigen Streifen nachzumachen? Auch die damals sich gerade im Trend befiindliche Pop-Musik der 60er hat ja eine große Rolle gespielt. Mit Goldsmith zu vergleichen ist insofern wie wenn ich Äpfel mit Birnen vergleichen würde. Obowhl man immerhin sagen muß, er hat auf der anderen Seite mit dem Pfeifen im Main Title von BANDOLERO und ein paar anderen typischen Instrumentierungen doch auch mal ein wenig auf den damals populären Italo-Western-Sound reagiert bzw. ein Stück davon integriert. Ein Morricone arbeitet oft auch mit kleinteiligen Motivzellen, die dann verdichtet und übereinander geschichtet werden, aber es ist trotzdem einfach ein Stil für sich. Entweder mag man das oder halt nicht. Es gibt vielerlei Arten von Musik, die auf ihre Art gelungen sein können, und nicht Alles muß sich deshalb nach Goldsmith anhören. Wäre eigentlich auch schlimm, wenn es so wäre. Was Actionmusiken in Italo-Western betrifft, so finde ich einige Tracks in Morricones LA RESA DEI CONTI (THE BIG GUNDOWN) doch auch äußerst gut gemacht. Das hat schon Verve und Klasse, bietet ein zündendes orchestrales Feuerwerk. So was gibts in anderen Italo-Western in der Qualität auch nicht so oft zu hören. Oder natürlich wie oben schon erwähnt giibt es in Nicolais 10000 DOLLARI PER RINGO kraftvoll-zupackende Actiontracks, die mitreißen können und wo von der furiosen Rhythmik her schon auch mal ein wenig Strawinsky anklingen kann wie in "Incontro di fuoco" oder "Repressione violenta", wo Dissonanzen wild übereinander geschichtet werden, aber in der Spielart findet man das ansonsten eigentlich nicht so oft. Bei den vielen Komponisten aus dem B und C--Sektor fehlte es für solche Orchesterkniffe dafür dann natürlich auch oft an der Könnerschaft.
  24. Ja, die beiden De Masis UOMO DELLA VALLE MALEDETTA und UNA BARA PER LO SCERIFFO sind auf alle Fälle dem früheren ALLA CONQUISTA DELL'ARKANSAS vorzuziehen. Ich habe von BARA PER LO SCERIFFO nur die alte Beat-Fassung (gekoppelt mit RANCH DEGLI SPIETATI) mit rund 15 Minuten, aber das läßt sich eigentlich nur mit wenigen Hängern ganz gut durchhören, besticht durch ein flottes, am Anfang auch gesungenes Hauptthema, dann gibts ebenfalls wieder dahingaloppierende, auch mal nostalgisch angehauchte Passagen, die fast noch aus einem US-Western stammen könnten, und den typischen "brassy sound" von De Masi für die dramatischen Sequenzen. Für mich persönlich werden diese 15 Minuten sicherlich ausreichen. Bringt die Verlängerung auf der neueren Beat-CD hier denn wirklich noch was oder kommen wie üblich doch nur Spannungs-Tracks noch hinzu? Viele Szenen in den Italo-Western bestehen natürlich schon aus zerdehntem Lauern, Hinterhälten und Wartestellungen. Gerade das wird dann oft durch rein atmosphärische Suspense-Musik untermalt. Szenen nur mit reinen Schlägereien oder Action mußten dagegen nicht immer noch musikalisch illustriert werden, die Pistolenschüsse waren ja oft laut genug.. Es ist ja auch nicht so, daß die Filme von von Anfang bis Ende vollgepfropft wären mit Musik, es gibt schon auch immer wieder musikalische Pausen. Zu Nico Fidenco noch ein paar Anmerkungen: Eigentlich war er ja überhaupt kein richtiger Komponist, sondern nur ein popuiärer Schlagersänger. Er hatte nie irgendeine klassische Ausbildung gehabt, konnte wohl auch kaum Noten aufs Papier bringen. Das war ein Teamwork, das da die ganze Zeit über ablief. Der eigentliche Komponist bei den Fidenco-Scores war im Prinzip Gianni Dell'Orso (der Schwager von Edda Dell'Orso), der witzigerweise seit vielen Jahren ja der Chef vom italienischen GDM-Label ist. Dell'Orso hat das in einem Interview mal geschildert, wie die Arbeit mit Fidenco ablief: Fidenco hat praktisch die Melodien vorgesummt, die er haben wollte, Alles Andere, das Arrangement, die Orchestrierung, das harmonische Konstrukt, eben die ganze Kompositionsarbeit, war dann seine Sache.Mit den reinen Spannungsmusiken der Scores, wo keine Melodie vorkommt, hatte Fidenco dann überhaupt nichts zu tun, Das ging voll und ganz auf Dell'Orso's Konto. Man hat eben Fidenco für den Credit genommen, weil sein Name damals Mitte 60er schon sehr bekannt war - sozusagen als Aushängeschild. Und er war der Melodienlieferant für das oder die Hauptthemen der Musiken, aber nicht mehr.
  25. Ich würde mich da schwer tun, alle Spaghetti Western-Musiken richtiggehend über einen Haufen zu werfen. Eines ist klar: Es gibt natürlich ziemlich viel Murks in der ganzen Sparte, und wenn man sich nicht ein wenig auskennt, kann man sich recht schnell verlaufen. Ich finde, daß Du schon mit einige der schlechtesten Kandidaten überhaupt ausgewählt hast bei den Titeln, die Du weiter oben erwähnst. Ich habe die fast alle mal gehört, würde aber keinen von diesen Titeln je kaufen wollen. Fidenco ist ja ganz schwach, auch Migliardi natürlich, genauso bringt der Romitelli über eine längere Strecke hinweg nichts. Da würde ich dann schon sagen: Es gibt zumindest noch wesentlich Besseres als diese kaum jemanden vom Hocker reißenden zweit- und drittklassigen Arbeiten, eben Musiken, die dann auch demgegenüber wenigstens noch Mittelmaß darstellen. Oft ist es aber so, daß gerade bei diesen Italo-Western-Scorees ein oder zwei Tracks mit dem Hauptthema auf Samplern reichen, da der Rest oft genug in reinem Suspense versandet. Und auch ich würde mit Dir darin übereinstimmen, daß aufs Ganze gesehen sicherlich die einflußreichsten und mitreißendsten Italo-Western-Scores von Morricone geschrieben worden sind. Der Einzige, der ihm in diesem von ihm begründeten Western-Stil halbwegs das Wasser reichen konnte mit Arbeiten wie ANDA MUCHACHO SPARA, INDIO BLACK oder CORRI UOMO CORRI war Bruno Nicolai. Aber er war eben ja auch jahrelang Morricones Dirigent gewesen und konnte den Stil dementsprechend gut imitieren. Wobei man wiederum sagen muß: Er konnte in seinen Anfangsjahren aber auch anders, und sein 10000 DOLLARI PER RINGO von 1965 ist eine richtig starker Score, wo ein tempogeladenes Orchesterfeuerwerk auf den Hörer losgelassen wird nebst einem schmissigen Song, das insgesamt wenig bis gar nichts mit Morricone zu tun hat. Solltest du Dir auf jeden Fall mal anhören. Ist weitaus sinnvoller als wie die bereits oben genannten, arg trashigen Exemplare der Gattung. Daß es völlig anders geht denn wie bei Morricone, zeigt sich etwa auch bei Rustichelli in L'UOMO, L'ORGOGLIO, LA VENDETTA oder dem gerade von Jürgen erwähnten UN MINUTO PER PREGARE. Da ist viel eher opernhaftes Pathos nebst urwüchsiger Folklore angesagt, und melodisch ist das natürlich bezaubernd. Gerade diese beiden Musiken würde ich noch ein ganz gehöriges Stück über UCCIDI O MUORI stellen, der da auf keinen Fall rankommt. UCCIDI O MUORI ist nett, beileibe aber nicht herausragend. Noch eine Variante gibt es natürlich bei Piero Piciconi in MINNESOTA CLAY von 1964, wo sich Streicher aus den Karl May-Musiken mit stark synkopierten Rhythmen und Jazz-Elementen mischen. Eine recht interessante und originelle Musik, die ich ebenfalls zum Hören empfehlen würde. Ich habe zu allen drei Scores vor langer Zeit auch mal Rezensionen geschrieben. Die kannst Du hier bei Interesse nachlesen: http://www.cinemusic.de/2005-3460-italo-western-special-5-cds-zu-rustichelli-nicolai-piccioni/ Es gbt im übrigen auch deutlich bessere De Masi-Western-Musiken als den mir zu biederen ALLA CONQUISTA DELL'ARKANSAS, der mich in den frühen 80ern - ja, so lange gibts davon bereits einen Tonträger - schon auf LP ziemlich gelangweilt hat. Wiederum ein Score, den ich nicht kaufen würde. Da bieten De Masi's SETTE DOLLARI SUL ROSSO oder ARIZONA COLT, selbst sein QUANTO COSTA MORIRE doch weitaus zupackendere und zündendere Themen. Gerade bei SETTE DOLLaRI ist teilWeise auch noch ein wenig amerikanischer Einfluß präsent. Und ARIZONA COLT hat einen der ohrgängisten Italo-Western-Songs überhaupt. Sollte man von daher auf jeden Fall kennen, wenn man sich näher mit dem Genre beschäftigen möchte. Es gibt auch darüber hinaus durchaus noch einige zumindest teilweise ganz ansprechende und nicht schlecht gemachte Scores, die vielleicht nicht ganz durch gelungen sind, aber die man sich zumindest schon zulegen kann und immerhin mehr zu bieten haben als die von Dir bisher vorgestellten Titel. Die jetzt alle noch zu benenen. würde ein wenig den Platz sprengen. Was die Sequenzierungen auf den CDs anbetrifft: Im Großen und Ganzen wird schon einigermaßen chronologisch sequenziert auf den Digitmovies und GDM-CDs, nur eben meist keine Titel vergeben. Das hat mehrere Gründe: Zum einen sind meistens nur die Ansagen mit den "M-Nummern vorhanden bei den Originalbändern und daran hangelt man sich entlang, schaut nicht noch lang erst den Film extra an, um Alles abzugleichen. Da hätten sie sonst etwas viel Arbei bei den italienischen Labels. Das heißt, M1 ist sozusagen meist der Main Title und so wurde dann bei den Recording Sessions entsprechend den Filmszenen fortlaufend durchnumeriert. Das ist sozusagen der Leitfaden, wenn so eine CD produziert wird. Oft fehlen weitere infos, also sogenannte Cue Sheets, so daß eben auch keinerlei Titel da sind. Dann gibt es eine Auflage vom italienischen Rechteinhaber Sugar, daß bei einer CD-Veröffentlichnug hinter jedem Track der Filmtitel nochmals notiert werden muß oder man eben noch einfach die Tracks in der Art à la "Seq. 1, Seq. 2" etc. bringt, die wiederum M1, M2 etc. entsprechen. Manchmal wird natürlich auch zusammen editiert, wenn es mehrere kurze Stückchen gibt, die man besser nicht für sich allein stehen läßt. Die übliche Prozedur war schon die, daß die Recording Sessions nach "M"s gegliedert waren. Denn sonst hat man ja überhaupt keine Übersicht. Oft ist es aber auch vorgekommen, daß man ein Stück mehrfach verwendet hat im Film. Nicht unbedingt war das dann aber eine Entscheidung des Komponisen. Nicht ganz so oft dürte es jedoch passiert sein, daß wie bei Morricone/Leone geschehen ein großer Teil der Musik schon im voraus komponiert worden ist. Für diesen Luxus war ja gar keine Zeit vorhanden bei den vielen Aufträgen, die für die Komponisten zu vergeben waren und bei dem Output, der abgedreht wurde in den paar Jahren Mitte/Ende der 60er. Auch nicht ganz alltäglich ist dieses Vorgehen wie bei VERMÄCHTNIS DES INKA. Das hat aber einfach wohl damit zu tun, daß es sich hierbei um eine Co-Produktion von drei verschiedenen Ländern gehandelt hat, der Regisseur ein Deutscher war und den Komponisten ohnehin nie gesehen hat. Ist daher also recht eigenartig gelaufen. Es sind zwar viele Bänder im Lavagnino-Nachlaß da, aber nicht von VERMÄCHTNIS DES INKA. Daher wird also auch nichts veröffentlicht werden in naher Zukunft. Der zuständige Musikverlag war ohnehin Chiappo/Sonorfilm - und da kann man meist davon ausgehen, daß dort eh nichts mehr vorhanden ist. Zum Abschluß noch eine kurze Anmerkung: Lavagnino konnte durchaus großartige Westernmusik im traditionellen amerikanischen Stil schreiben, wenn er wollte. Ich verweise da nur auf den wunderbaren Track "Covered Wagons" in SOLEDAD. Das ist schon tolle epische Musik mit Chor und allem Drum und Dran - fast all dem vorzuiehen, was er später im Genre selbst dann komponiert hat. Da zeigt sich einfach, was machbar ist, wenn die Inspiration und der nötige Enthusiasmus tatsächlich vorhanden ist.
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