von Manfred Schreiber
Zumindest verwunderlich, wenn Kinopublikum kaum Erinnerungen hat an instrumentale Filmmusik (vom gerade eben erlebten Film) – erquickt, jubelnd, enttäuscht, verstört oder gar heulend, strömen Menschen aus dem Saal in das Foyer hinaus, fabulieren über Star-Frisuren, Love-Songs (huch, die sind vocal!), VFX, Stunts, Jokes, Tragisches oder Gemeucheltes. So was bleibt hängen, nur: Zum Soundtrack kann sich niemand äußern. Ich frage schon gar nicht mehr. Nach Der Weisse Hai hätte man möglicherweise die Chance gehabt, 1975 etwas zu erfahren, ein Weilchen ist das her. Ich war vier.
Es gibt Experten, die verkünden ernsthaft, dass Filmmusik nur „gut“ ist, wenn man sie als Zuschauer überhaupt nicht wahrnimmt – sie sollte nämlich vielmehr im Unterbewusstsein, dort als Klangteppich... Solch abstrusen Zustand möchte man bei Star Wars, 1492 oder Lord of the Rings lieber doch nicht „heraus hören“. Ein Soundtrack ist ein Character – mein ganz persönlicher Standpunkt. Öfters stiefmütterlich hingeramscht: Das Soundtrack-CD-Sortiment im Kaufhaus – irgendwo zwischendrin bei Deutsch, Weltmusik, Indie oder Musical. Bravo! Da fragt man sich schon als treuer Filmmusik-Sammler: „Bin ich anders?“
Soundtrack-Liebhaber – gewöhnlicher Weise werden wir für verkorkste Spinner gehalten, ein wenig mag das passen. Ein wenig. Gut, wenn Queen, Reinhard Mey, Grönemeyer, Adele und Uschi Blum (old school trifft auf immer genießbar) laufen mag ich auch nicht den Sender wechseln – jedoch, so viele Sender spielen erst gar keine Soundtracks. Mainstream-Beliebigkeit herrscht oft vor (eben aufgezählte Künstler ziehen viele Hörer an, sicher, aber für mich ist Mainstream dann doch noch viel gröber). Vielleicht, weil alles im Leben mainstreamig wurde? Auch – sonst wäre es kein Mainstream. Weiteren, schlüssigeren Theorien stehe ich offen gegenüber.
Ist instrumentale Filmmusik für den Durchschnitts-Kino-Konsumenten entbehrlich? Relativ, wohl die Geschmacksfrage, bestenfalls – jedenfalls: einen Gedanken wert. Für Sportevents nimmt man gern Soundtracks her und beschallt euphorische Massen – zur Gewinn-Minimierung handelt so sicher kein Veranstalter, nicht mal der Satteste.
Eins ist sicher – wenn in Wyatt Earp die Männer zum Duell ihre Strasse runter gehen wirkt das (wir sind im Film!) mit bombastischer Filmmusik kerniger, staubiger, besser! Und exakt dafür ist der ganze Spaß, ob Orchester oder Synthe, gedacht: um ein Filmerlebnis besser zu machen. Millionen Menschen, Millionen Kinogänger – ist es denen gleich, ob in Die Brücken am Fluss oder Terminator 2 der individuelle Soundtrack genial passt? Klangteppich, unterbewusst, verstehe... Vielleicht beglückt man uns bald mit Jaws (eben dem `75er-Original) als 3D-Geschütz – dann probiere ich es wieder, hinterher im Kinofoyer.