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Soundtrack Board

Angus Gunn

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Alle Inhalte von Angus Gunn

  1. Über Lautsprecher, nicht über Kopfhörer gelauscht: Klingt angenehm und transparent. Rauschpegel und Azetat-Laufgeräusche kommen mal mehr mal weniger durch, sind aber die meiste Zeit sehr dezent. Trotzdem gehen auch leisere Töne nicht verloren, wie z.B. der gleichförmige Takt bei CREATION, der die ganze Zeit über mittrommelt oder die Harfen- und Celesta-Klänge in PRESENTING THE BRIDE. In den lauten, hohen Tönen, bei Trompeten oder Orchestertutti neigt die Aufnahme natürlich zu Verzerrungen, aber nie soweit, dass es wirklich unangenehm auffiele. Zur Not hat Matessino dann auch in problematischen Passagen den Pegel mit sicherer Hand reduziert, so dass es eigentlich keine klanglichen Ausfälle gibt. Als subjektives Fazit würde ich sagen: Knapp auf dem Niveau von Disneys SNOW WHITE, aber nicht so gut wie FSM´s NORTH WEST PASSAGE. Für einen Fan der Musik (und Waxman generell) führt eigentlich kein Weg dran vorbei, alleine schon wegen des stilvollen, 20-seitigen Booklets.
  2. Schön. Aber es ist das einzige Thema in dieser Art auf der CD? Den Hörbeispielen nach handelt es sich sonst um Easy Listening der eher uninteressanten Art. SUNSET SUNRISE sagt mir garnichts. Ist von dem neuen Quartet-Satz die einzige, die mich interessieren würde.
  3. Bert Breit: DER MANN IM SALZ Im 17. Jahrhundert gelangt der Nachwuchs-Jäger David in die Obhut des Dekan Sölln in Bayern. Dieser beschafft ihm eine Arbeitsstelle im Salzbergwerk. Bei einer Sprengung wird dort ein Mensch freigelegt, der seit Urzeiten im Salz eingeschlossen und konserviert war. Für die abergläubische Bevölkerung ist es der Teufel, was für den zuständigen Inquisitor Anlaß ist, die Gegend von vermeintlichen Hexen und Teufelsanbetern zu säubern. Diese zweiteilige Ganghofer-Verfilmung wurde 1989 mit einigem Aufwand inszeniert. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, wenn es auch nicht in einer Liga mit den großen Historien-Mehrteilern von Franz Peter Wirth oder Fritz Umgelter spielt. Die Musik von Bert Breit (1927-2004) setzt vornehmlich auf Streicher und besitzt eine Atmosphäre, die die Bilder nicht durchgehend zu erzeugen vermögen.
  4. Hat denn nicht Chuck Cirino die ganzen Wynorski-Filme vertont? Die beiden sind doch seit jeher Morricone-Fans, da wäre ein Film wie dieser doch prädestiniert. Im übrigen scheint der Name Enzo Milano nur auf der CD zu existieren. Im Filmvorspann ist ein gewisser Taj angegeben. Andererseits... was hätte Cirino für einen Grund, ausgerechnet hier seinen Namen zu verschweigen?
  5. Der wohlhabende, herzkranke Industrielle Carlo lebt mit Frau und Tochter in einer Villa in Piacentino. Um an den Besitz zu kommen, zettelt der Neffe ein Intrigenspiel gegen Carlo an, bis dieser mit tatkräftiger Unterstützung der neu eingestellten, hübschen Köchin den Löffel reicht. Eine Sexkomödie von 1975, die in Deutschland erst in den 80er Jahren auf Videokassette herauskam, und in dieser Form dann auch der Zensurwut jener Tage zum Opfer fiel und prompt auf dem Index landete. Die Filmmusik ist den De-Angelis-Brüdern mal wieder entwaffnend charmant gelungen. Die beiden Hauptthemen heißen MILO und COUNTRY LIFE, werden mal mit Gitarre und Flöte, fröhlich beschwingt, als nostalgisches Klavier-Arrangement oder mit Saxophon dargeboten. Besonders hübsch auch mit Akkordeonbegleitung, die immer wieder durch solistische Kapriolen erfreut. Kein Orchester diesmal, sondern ein reiner Ensemble-Score, der seine Themen unterhaltsam zu präsentieren weiß. Und als Rausschmeißer gibt es noch eine von Franco De Gemini im Stil der 50er geschriebene Rock-n-Roll-Nummer namens CRAZY BABY, die man auch nicht mehr so schnell aus dem Kopf bekommt.
  6. Im römischen Stadtviertel Trastevere streift ein entlaufener Hund durch die Gassen, der Zeuge mehrerer kleiner, skurriler, amüsanter und tragischer Geschichten wird, die sich dort ereignen. Ein Episodenfilm der bei uns nie ausgewertet wurde. Nino Manfredi, der in Deutschland nach wie vor erst noch großflächig entdeckt werden muß, spielt nicht nur eine der Hauptrollen, sondern interpretiert auch den Titelsong. Seine grobschlächtige, teils mehr gesprochene als gesungene Performance steht im Kontrast zu der sanften, melancholischen Instrumentalspur, die ihn begleitet. Die weiteren Tracks spiegeln mit Folklore und orchestralen Arrangements das quirlige Leben und Wirken in Trastevere wieder. Sei es der schwungvolle GRANDMA´S DANCE, der exotische Sitar-Track VIAGGIO oder das mit Country- und Rockeinflüssen hantierende KERRY - das ist alles wunderbar arrangiert, sehr geschmeidig anzuhören und wird von den herrlich ruhigen, verträumten Instrumentalversionen des Hauptthemas kontrapunktiert und zusammengehalten, bei denen auch hier wieder Maurizios charismatisches Gitarrenspiel begeistert. Besondere Erwähnung verdient aber auch das FINALE, das mit wuchtiger Kirchenorgel, Chor und Orchester den Score zu einem eindrücklichen Abschluß bringt. Eine zauberhaftes Album, das aufgrund der Obskurität des Films viel zu wenig beachtet wird. Orchesterleiter ist hier erstmals Gianfranco Plenizio, der später noch öfter mit den beiden zusammengearbeitet hat.
  7. Zugegen, das Cover ist keine gestalterische Glanzleistung, aber es zählen die Inneren Werte, und die sind auf dieser Kritzerland-CD in hinreichendem Maße zu finden. Für Paramount hat Victor Young seit den 30er Jahren an einer Unzahl an Filmen als Komponist, Arrangeur und musikalischer Leiter gearbeitet. Nicht wenige davon sind dem Film Noir zuzurechenen. Und davon finden sich gleich zwei auf diesem Album. In APPOINTMENT WITH DANGER (Inspektor Goddard, 1951) geht es im einen Postinspektor (Alan Ladd), der den Mord an einem seiner Kollegen untersucht und dabei an eine Verbrecherbande gerät, die einen Postraub in großem Stil plant. Das PRELUDE eröffnet mit einem Young-typischen Marsch, der nach amerikanischem Heroismus klingt, und erstmal als ganz neutrale Eröffnung für sich alleine steht. War zu der Zeit nicht unüblich, und ist mir gerade bei Young schon mehrmals aufgefallen. Es folgen 25 Minuten, die Young auf der Höhe seines dramatischen Schaffens zeigen. Düstere, streicherlastige Stücke mit starken, mitreißend thrillenden Motiven und gelegentlichen Abstechern ins Melodramatische, die im hitzigen COPS AND ROBBERS ihren Höhepunkt finden. THE ACCUSED (Frau in Notwehr, 1949): Eine Professorin (Loretta Young) tötet einen ihrer Studenten, der sie vergewaltigen wollte. Sie versucht die Tat zu verschleiern, verliebt sich aber in einen Mann, der dem getöteten Studenten nahestand. Schon der Inhaltsangabe nach kein aktionsreicher Gangster-Krimi sondern ein emotional aufgeladenes Melodram, auf das Young mit einem hinreißenden, ebenso schwelgerischen wie intimen Hauptthema reagiert, das sich durch den ganzen ca. 18-minütigen Score zieht. Ergreifend schön, und der exakte Gegensatz zu den fiebrigen Thriller-Klängen von "Appointment with Danger". Kein Noir, aber der Vollständigkeit halber erwähnt seien die abschließenden 22 Minuten aus SEPTEMBER AFFAIR, wiederum sehr schwelgerisch, teils quirlig-lebhaft und höchst romantisch mit mediterranem Mandolinen-Flair. Für die ganze Scheibe gilt: Eine rundum gelungene Sache.
  8. Hab´s mir fast gedacht. Der Film ist zwar großartig, aber dann reicht dennoch mir die alte CD.
  9. Eine Käutner-Retro wäre hier bei uns auch mal eine tolle Sache. Müßte ich mal vorschlagen. Das ist natürlich eine ganze Menge, und da ist ja auch einiges an seichtem Unterhaltungskokolores dabei.
  10. Deswegen hab´ ich es auch unverändert so gelassen. War bestimmt auch technisch nicht einfach zu realisieren.
  11. Lupino hat ja auch dieses unsägliche Ende von ON DANGEROUS GROUND verbrochen, was dem ansonsten so guten Film doch einige Qualitätspunkte gekostet hat. Das Ende wurde ihr zwar aufoktroyiert, aber es ist auch geradezu fahrlässig simpel per Überblendung drangeklatscht und wirkt inszenatorisch irgendwie profan und unbeholfen. David Buttolph: THIS GUN FOR HIRE (1942) Der Wecker schlägt an. Philip Raven steht von der Pritsche auf, nimmt eine Nachricht entgegen und wirft sich einen Mantel über. Einer kleinen Katze stellt er eine Schale Milch hin. Eine Haushälterin, die das Tier mit einem Lappen verscheuchten will, reißt er rabiat zurück und schlägt ihr ins Gesicht. Noch einmal streicht er liebevoll über den Rücken der Katze und verläßt die Wohnung. Ein neuer Auftrag wartet. Ein großartiger Einstieg, der bereits exakt den Charakter der Hauptfigur skizziert. Berühmter Kriminalfilm der "Schwarzen Serie" nach einer Vorlage von Graham Greene. Melodramatisch und psychologisch weitgehend unglaubwürdig, lebt der düster-fatalistische Film von seinem Gespür für Atmosphäre, Stimmungen und erzählerischem Rhythmus. (Lexikon des internationalen Films) THIS GUN FOR HIRE (Die Narbenhand) ist der erste und beste von drei Noir-Krimis, in denen Alan Ladd zusammen mit Veronica Lake auftrat. Ladds lakonische Darstellung eines Auftragkillers ist wegweisend und in seinem Einfluß auf ähnliche Figuren der Filmgeschichte (prominentes Beispiel: Alain Delon in "Le Samourai") bis heute spürbar. David Buttolphs Filmmusik beginnt mit einer ausschweifend melodramatischen Overtüre und ist ansonsten sehr effizient eingesetzt. Für die folgende Mini-Suite habe ich mal die Sequenz des ersten Auftragsmords ausgewählt, da der Score hier mit seinen hektisch flirrenden Streichern und dem düsteren Nachspiel besonders effektvoll ausgefallen ist.
  12. Um Helmut Käutners UNTER DEN BRÜCKEN ranken sich die Mythen, was in erster Linie auf seine Entstehungszeit zurückzuführen ist. 1944/45 in und um Berlin entstanden, wurden die Dreharbeiten vom Krieg bestimmt. Schauplätze mußten kurzfristig geändert werden, da die ursprünglich vorgesehenen Drehorte zwischenzeitlich durch alliierte Luftangriffe zerstört worden waren. Andere im Film gezeigte Locations wie die Jannowitzbrücke und der Schlütersteg haben das Ende des Krieges nicht überstanden. Von all dem ist im fertigen Film nichts zu bemerken. In peotischen Bildern wird eine eigentlich ganz einfache, zeitlose Dreiecksgeschichte um zwei Havelschiffer (Knuth & Raddatz) und eine junge Frau (Hannelore Schroth) erzählt. Beseelt und authentisch. Die Stilismen des italienischen Neo-Realismus sind hier bereits spürbar. Mit dieser kleinen Suite möchte ich an einen der schönsten deutschen Filme erinnern. Selbst der große Helmut Käutner war selten, vielleicht nie, so gut wie hier. Eichhorn verarbeitet in seiner Filmmusik den Text des Gedichtes "Die Brücke Tuledu" von Hans Leip zu einer melancholischen Seemannsweise, deren Melodie er auch als Leitmotiv verwendet.
  13. Also ich hab das nicht auf CD-R. Ich war aber auch nie so tief in diesen Bootleg-Zirkeln involviert.
  14. Läßt sich denn auf der BD auch die Ur-Fassung ohne neue Effekte anwählen? An einer bildtechnisch restaurierten Fassung wäre ich schon interessiert, aber Eingriffe dieser Art sind absolut inakzeptabel, wenn nicht gleichzeitig auch eine authentische Alternative angeboten wird.
  15. Film kenne ich nicht, aber die Hörproben klingen nach einem richtig tollen Jazz-Score. Erfreulich, dass überhaupt mal was von Hancock kommt.
  16. Aus aktuellem, traurigem Anlaß. Auch wenn ich mich sonst nicht für ihn interessiert habe, kam Karel Gott in Talkshows stets sehr sympathisch rüber und ist natürlich auch Teil unser aller Kindheit:
  17. Schon wieder Korzynski. An dem haben die sich anscheinend festgebissen. Ich bin ja bisher nicht so begeistert von ihm (bis auf die Ausnahme der "Wilhelm-Meister"-Musik). Muß ich mir noch überlegen.
  18. Ich glaube ja. Es gab da auch mal ein Album mit der kompletten Tonspur. Er könnte aber auch die synthetisch erzeugten Rotorengeräusche meinen, die Bestandteil des Scores sind. Bei der oberen Rezension ist es deutlicher, dass er (oder sie) offenbar diese Dialog-Effekt-Fassung erwartet hat. Der britische Rezensent war dagegen scheinbar völlig überfordert mit dem Score. An der "Hebt die Titanic"-Meinung sieht man sehr schön, dass die Leute durch die heute üblichen Dauermusikberieselungen, gerade bei FX-betonten Filmen, irritiert sind, wenn´s mal ohne abläuft.
  19. Unter der Soundtrack-CD von APOCALYPSE NOW hat sich manch ein Amazon-Kunde etwas anderes vorgestellt: - Produkt ist als "Soundtrack" ausgewiesen. Tatsächlich handelt es sich um eine Auskoppelung aus dem Soundtrack und nicht um den "durchgehenden Soundtrack". Aufgrund der schlechten Beschreibung leider eine Fehlinvestition für mich !! - ich möchte wirklich nicht meckern, aber die Töne auf der CD machen beim Fil Sinn, aber so, einfach so anhören ... wenn da nicht diese zwei verdammt guten Stücke wären. Und die sind nicht einmal für den Film geschrieben worden. Auch hätte man die Effekte noch deutlich besser und eindrucksvoller und dadurch auch deutlicher erkennbar, erstellen können. Aber trotzdem. Das eine Stück ist einfach so gut, da wäre mehr wohl schon zu viel. Das zweite Stück, ja, da ist es von Vorteil wenn man den Film kennt und den Ausschnitt vor Augen hat, in dem es gespielt wird. Aber dennoch, auch ohne Film einfach gut. - I think this was my mistake. I was thinking I was getting something that had some resemblance to the music from the movie but this is very different. It is eerie, far out, mystical weird stuff that may have been part of the movie but I don't recognize it as such. It could be that my hearing is going bad or something but if you are indeed expecting any narration or voice over from the movie this isn't it. If you want weird, eerie sounding music, this will be right up your alley. I listened once and then gave it away. Und bevor ich es vergesse: Bei der DVD-Rezension von HEBT DIE TITANIC gab es auch eine merkwürdige Äußerung zur Filmmusik: - Wenn man berücksichtigt das der Film von 1980 ist und die Titanic erst 1985 gefunden wurde kann man über vieles hinweg sehen, trotzdem hätte man etwas mehr oder überhaupt Mal mit Augenzeugen sprechen sollen. Ich vermute ausserdem das den Filmmachern aufgefallen ist was sie da für einen Unsinn produzieren und hatten dann beim Schnitt keinen Bock mehr, hier und da fehlt einfach die Musikalische Untermalung!
  20. KING RAT ist einer jener auf das Wesentliche konzentrierten "Weniger-ist-mehr"-Scores, die den Film punktuell und gezielt unterstützen. Für mich einer von Barrys besten, aber bei der Intrada-CD würde ich fast sagen, dass eine Anschaffung überflüssig ist, wenn man die CD von 1995 schon hat. Denn diese klingt exzellent, und vermißt habe ich auch nie irgendwas. Im Gegenteil, hat sie doch z.B. mit dem KING AT MARCH, der im Film selber nur angedeutet wird, sogar mehr zu bieten, als der Film eigentlich hergibt. Aber vielleicht irre ich mich auch. Sollte sich jemand die anschaffen, würde ich mich über eine Meinungsäußerung freuen.
  21. Frank Bigelow betritt zügigen Schrittes die Flure des Polizeireviers, fragt sich zum Leiter durch und gibt einen Mord zur Anzeige. Auf die Frage, wer der Ermordete ist, antwortet er mit: "I was." Rückblende: Der Versicherungsmakler Bigelow will für ein paar Tage dem Alltag entfliehen und quartiert sich in einem Hotel in San Francisco ein. In einem Nachtclub vertauscht ein Unbekannter sein Getränk. Am nächsten Morgen fühlt er sich nicht wohl, sucht einen Arzt auf und erfährt, dass er ein langsam wirkendes Gift im Körper hat, für das es kein Gegenmittel gibt. Auf die Frage, wie lange er noch zu leben habe, bekommt er die Antwort: Vielleicht zwei Tage, höchstens eine Woche. Von nun an nimmt die Handlung an Fahrt auf, wie man es sonst selten zu sehen bekommt. Nachdem sich er erste Schock gelöst hat, macht sich Bigelow auf die Suche nach seinem Mörder. Dabei fegt er mit der Wucht einer Abrissbirne durch das großstädtische Nachtleben, legt sich mit Halbweltern an, läßt sich durch Schußwechsel nicht aufhalten. Denn er hat nichts mehr zu verlieren und nur noch sehr wenig Zeit. Ein kleines B-Movie, das mit einer cleveren Idee und einer atemberaubend spannenden Umsetzung glänzt. Die absolute Ausnahmesituation in der sich der Durchschnittsamerikaner Bigelow wiederfindet, wird in aller Glaubwürdigkeit und Konsequenz durchgespielt. Was den Zuschauer in die unbequeme Lage bringt, sich mit einem sympathischen Alltagshelden zu identifizieren, dessen Ende bereits gewiß ist. Eine Prämisse,n die bei einer großen Studio-Produktion zu der Zeit undenkbar gewesen wäre. Seinen Teil zur Wirkung trägt auch Dimitri Tiomkin bei, in dessen monothematischem Score sich die ganze Dramatik der Geschichte wiederfindet. Das beginnt schon bei der Overtüre, wenn die Kamera Edmond O´Brien durch die Flure der Polizeistation folgt. Der harte, stampfende Rhythmus verweist auf entschlossene Zielstrebigkeit, aber die Streicher erzählen gleichzeitig von Resignation und Verzweiflung. Noch aufwühlender gerät Tiomkin die Sequenz, in der Bigelow nach der verhängnisvollen Diagnose panisch und ziellos durch die Straßen rennt. Über die tosenden Orchesterwirbel legt sich vom Klavier intoniert das Hauptthema, bis Bigelow erschöpft innehält, zur Sonne hochblickt, seine Gedanken sortiert und einen Entschluß faßt. Ein starker Score, der beschämenderweise im ansonsten sehr interressanten DVD-Booklet keine Erwähnung findet. Der Film ist zwar im Netz frei verfügbar, sollte aber dennoch unbedingt auf der bildtechnisch weit überlegenen Koch-DVD-Edition (nur OmU) konsumiert werden.
  22. Gioacchino Angelo (1899 - 1971) ist ein in völlige Vergessenheit geratener Komponist, der seit der Stummfilmzeit für über 150 Filmkompositionen (zum Teil ohne Namensnennung) verantwortlich war. Daneben schrieb er sinfonische Musik und neun Opern, wobei er als passionierter Wagner-Bewunderer auch gerne auf die Leitmotiv-Technik zurückgriff. Was heute von seinem Lebenswerk auf Tonträger verfügbar ist, sind diese zwei Italo-Western von 1965, die ich seit längerer Zeit mal wieder aus dem Regal gefischt habe. Die Musiken beider Filme sind sich stilistisch sehr ähnlich und werden all jene bitter enttäuschen, die den typischen Spaghetti-Western-Stil erwarten. Tatsächlich stehen sie den amerikanischen Western der 40er Jahre näher als irgendetwas anderem. Die eingängigen Titelsongs wären als Eröffnung klassischer US-Serials mit Gene Autry und Co nicht fehl am Platze. Angelo macht eigentlich nichts verkehrt. Immerhin hatte er schon für zahlreiche amerikanische Filme die Scores der mediterranen Verleihfassungen geschrieben - u.a. auch für STAGECOACH, Western-Erfahrung war also vorhanden. Mit Streichern und Hörnern kreiert er dramatische Action-Motive (wobei ihm allerdings die sehr kleine Orchesterbesetzung im Wege steht), und die netten Saloon-Songs wissen seine Sängerinnen charmant vorzutragen. Aber die besten Momente sind solche von sentimentalem Charakter, bei denen er Instrumente, und vor allem das Cello, gerne solistisch einsetzt. ESPRESSIONI DOLOROSE und TRAMONTO NEL WEST aus DALLAS wären hier lohnende Anspieltipps. Eigentlich ganz sympathisch, aber auch nichts, was man jetzt ausdrücklich empfehlen würde. Interessante Randnotiz: Es gibt einen von Cinzia Angelo betriebenen You-Tube-Kanal (mit 4 Abonnenten!), auf dem zumindest ein paar rare Musikstücke zu finden sind. Insbesondere Angelos Sinfonien sind einen Versuch wert.
  23. DAS FEUERSCHIFF (1985) Nach Siegfried Lenz: Vor der Küste von Norfolk kommt es es auf einem Feuerschiff zu Auseinandersetzungen zwischen der Besatzung und drei flüchtigen Kriminellen. Endlich gibt es diese fast vergessene Verfilmung als DVD zu erwerben. Es ist eine amerikanische Produktion, doch wird DAS FEUERSCHIFF vom Fluidum des europäischen Kinos beatmet, was wohl in erster Linie dem polnischen Regisseur Jerzy Skolimowski zu verdanken ist. Er inszeniert in kühlen, realistischen und meist neblig-dunklen Bildern. Fast schon zu überzeichnet gibt Robert Duvall den Anführer der Verbrecher als homosexuellen, blasierten Geck. Sein direkter Gegenspieler ist Klaus Maria Brandauer als prinzipientreuer, pazifistischer Kapitän. Zwei Männer von gänzlich unterschiedlichem Charakter, doch mit ähnlicher Intelligenz, für die viel auf dem Spiel steht. Ein Sturm zieht auf, und in der klaustrophobischen Enge des Schiffes steuert der Film auf ein dramatisches Finale zu. Ein starkes, spannendes Kriminaldrama, und eine gelungene Literaturverfilmung mit behutsam eingesetzter, stimmungsvoller Filmmusik (Stanley Myers). Und eine vernachlässigte Perle des 80er-Jahre-Kinos.
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