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Schuhputzer (Vittorio de Sica) Dank der aktuell erschienenen Pidax-DVD bot sich nun die Gelegenheit, mir diesen Klassiker mal zu Gemüte zu führen. Schuhe werden nur am Anfang geputzt, denn so verdienen sich Pasquale und Giuseppe im Rom der Nachkriegszeit ihren kärglichen Lebensunterhalt. Gelegentlich pflegen sie die Pferde reicher Leute, doch ihr großer Traum vom eigenen Pferd ist in unerreichbarer Ferne. Als sie in eine zwilichtige Diebstahl-Affäre verwickelt werden, geraten sie unschuldig in Verdacht und landen im Jugendgefängnis. Glaubwürdig in der Milieuzeichnung und deutlich in seiner humanen Aussage, entwickelt sich ein Gefängnisdrama, das zwar nicht ganz so eindringlich geraten ist, wie der etwas später entstandene (und wesentlich bekanntere) "Fahrraddiebe", aber dennoch als wichtiger Beitrag zum italienischen Neo-Realismus sehenswert ist. Wie bei den Fahrraddieben stammt die Musik auch hier von Alessandro Cicognini.
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Danke für die Info. Irgendwie passt das Stück ja eigentlich auch nicht zu der düsteren Atmosphäre des Films. Da wäre etwas hitzigeres, dramatischeres angebracht gewesen.
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Klasse Film! Den mag ich auch sehr gern. Und der paßt auch ganz gut zu dem, was ich mir gestern Abend angesehen habe: YELLOW SKY (Herrin der toten Stadt a.k.a. Nevada) Sieben Banditen (angeführt von Gregory Peck und Richard Widmark) flüchten nach einem Bankraub in die Wüste und geraten in eine verlassene Goldgräberstadt namens Yellow Sky. Mike (Anne Baxter) und ihr Großvater sind die einzigen Menschen, die hier noch leben. Wie sich herausstellt, sitzen die beiden auf einem größeren Goldschatz, den sie selbst gefördert haben, und schon bald eskalieren die Konflikte. Ein Western-Klassiker, der aber etwas in Vergessenheit geraten ist, wie mir scheint. Wellmans Inszenierung ist äußerst sorgfältig, die Schwarz-weiß-Kamera fängt ungewöhnlich stimmungsvolle Bilder ein, vor allem in den Szenen im Dämmerlicht oder Halbdunkel mit ihren Licht- und Schatten-Kontrasten. Auffallend ist auch die Musik. Denn nach einer neutralen Overtüre im typischen Stil der 40er von Alfred Newman säuselt nur noch der Wüstenwind durch die Szenerie. Kein Ton Filmmusik unterstützt die hochdramatische Handlung, und ich kann mich an keinen anderen Western erinnern, bei dem das so gemacht wurde. Ungewöhnlich und sehenswert.
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Im Gegensatz zu den sieben Stücken bei "Lucertola" (siehe weiter oben), hat es sich das britische Label "Finders Keepers" zum Ziel gesetzt, den vollständigen Score zu Rollins delirierender Vampir-Fantasie herauszubringen. Und das war nur mit Kompromissen möglich. Sämtliches bisher fehlendes Material mußte mangels Alternativen direkt der Tonspur entnommen werden, Geräuscheffekte inklusive. Zwei oder drei kurze Dialoge hat man ebenfalls übernommen, aber leider in englischer Sprache. Dabei wäre bei einem Rollin-Film die Wahl der französischen Originalsprache die sinn- und stimmungsvollere gewesen. Dennoch ist das Ergebnis ganz passabel geraten und unterhaltsam durchhörbar. Was die CD für den Fan nahezu unverzichtbar macht, ist das ungewöhnlich sorgfältig gestaltete Booklet, das den Leser auf eine archäologische Reise in die pariser Underground-Musikszene der frühen 70er Jahre mitnimmt und dort den Ursprüngen der Gruppe Acanthus nachspürt. Spannend und informativ. Und wer sich generell für den Regisseur oder europäisches Genre-Kino der 70er Jahre interessiert, dem möchte ich mit Nachdruck die Blu-Ray-Mediabooks von "Wicked Vision" ans Cineasten-Herz legen. Diese stellen tatsächlich sogar die vor etwa zehn Jahren erschienenen, erstklassigen "Encore"-Editionen in den Schatten, sind neu abgetastet (aber nicht zu sauber, das Zelluloid-Flair bleibt erhalten) und glänzen mit wunderbar ausgewogenem Kontrast. Im Fall von LE FRISSON wurde als ganz besonderes Schmankerl noch die deutsche Kinofassung SEXUAL-TERROR DER ENTFESSELTEN VAMPIRE erstmalig beigefügt. Da diese jedoch nicht mehr aufzutreiben war, mußte sie mit der komplett erhaltenen, deutschen Tonspur und dem seinerzeit vom Verleiher nachgedrehten Material, das sich im Archiv der Murnau-Stiftung befand, rekonstruiert werden. Unglaublich, welch ein Aufwand hier für ein Nischenprodukt betrieben wurde, und das Ergebnis spricht für sich.
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DRACULAS BRAUT: Ein gebrechlicher Professor und sein junger Schüler wollen die Ankunft und Vermählung Draculas verhindern, dessen Erscheinen von Schattenwesen und einem seltsamen Nonnenorden akribisch vorbereitet wird. Auch in diesem Spätwerk greift Rollin auf seine bekannten Stilmittel zurück, und geht dabei alles andere als mainstream-tauglich vor. Er inszeniert seine Bilder wieder mit Hingabe, erreicht aber nicht die Intensität und poetische Dimension seiner besten Werke. Doch auch mit diesem verhältnismäßig schwächeren Film dürften Rollin-Connaisseure zufrieden sein, zumal auch Brigitte Lahaie zu Pferd einen eindrucksvollen Auftritt hat. Die Musik ist nun erstmals beim rührigen "Omega"-Label herausgekommen und gehört zu den von mir am dringlisten erwarteten Soundtracks des europäischen Horrorkinos. Philippe d´Aram, Rollins Leib- und Magenkomponist seit FASCINATION, hat hier eine wirklich betörend schöne Komposition gezaubert, die den elektronischen Klangapparat um Violine, Cello, Klavier und Percussions ergänzt. Das Hauptthema ist hinreißend in seiner düsteren Melancholie und wird zu den poetischen Schlußbildern wunderbar konzertant dargeboten ("Liberte"). Der Violinenpart wird sogar an wenigstens zwei Stellen im Bild von einer namenlosen jungen Frau interpretiert. Asynchron zwar, aber natürlich ging es Rollin nicht um technische Spitzfindigkeiten, sondern ausschließlich um die Umsetzung seiner poetischen Bilderwelten. Die CD enthält außerdem die bereits zweimal zuvor erschienene Musik zu LA MORTE VIVANTE (a.k.a. "Lady Dracula"), die rund 20 Jahre zuvor entstanden ist und stilistisch sehr gut mit FIANCEE harmoniert. Da man es offenbar unbedingt komplett haben wollte, wurden beide Titel durch zwei, bzw. drei, kurze Tracks von der Filmtonspur ergänzt, was aber kaum negativ auffällt, da die Klangqualität ansonsten wirklich erstklassig ist. "With emotion, I remember how happy it was to work with Jean." - Philippe d´Aram
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Da in den letzten Jahren weitere liebevoll editierte Rollin-Veröffentlichungen das Licht der Welt erblickt haben, und ein Ende vorläufig nicht abzusehen ist, sehe ich den Zeitpunkt gekommen, einen Faden zu eröffnen, der sich sowohl der Filme, aber vor allem auch deren musikalischen Verzierungen widmet. Es existiert bereits ein Rollin-Faden im Filmforum, aber dort wurde bisher nicht viel geschrieben, und es soll hier ja auch primär um die Musik gehen. Daher starte ich mal einen neuen. Der Übersichtlichkeit halber erlaube ich mir, meine bisherigen Beiträge zum Thema erstmal zusammenzufassend hier reinzukopieren: Wild, sinnlich, eigenwillig, einzigartig, faszinierend. Diese Vokabeln fallen mir spontan ein, wenn ich die Filme des französischen Regisseurs Jean Rollin beschreiben soll. Und wenn ich daran denke, wie viele Hebel ich seinerzeit in den 90er Jahren in Bewegung gesetzt habe, um an obskure, ausländische Videofassungen seiner Filme zu kommen... Damals hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass diese vermeintlich unvermarktbaren Werke jemals in solch aufwendigen Heimkino-Auswertungen erscheinen würden, wie es heute der Fall ist. Die CD von Lucertola traf damals durchaus eine Mitschuld an meiner Neugier und Begeisterung für diesen Ausnahme-Regisseur. Die fünf vorgestellten Soundtracks auf diesem Sampler transportieren die eingetümliche Stimmung von Rollins Bildern perfekt. In "Frisson des Vampires" treffen die an Stummfilm-Ästhetik erinnernden Bilder von Gruften und Grabsteinen im Gegenlicht, von Vampir-Mädchen mit Kerzenleuchtern auf schmuddeligen Progressiv-Rock der Gruppe Acanthus. Aber dennoch melodisch und mit Struktur. Sieben Tracks gibt´s davon zu hören. Für "La Rose de Fer", einen der visuell schönsten Filme aller Zeiten (und das ist keine Übertreibung!), komponierte Pierre Raph einen minimalistischen, melancholischen Score mit Stimm- und Echoeffekten. Gerade die kurzen ersten Tracks, von Klavier und E-Gitarre intoniert, entfalten eine große suggestive Kraft, wenn Rollins Handkamera die trostlos-fauligen Ecken einer namenlosen Stadt ablichtet, oder wenn sich ein Liebespaar auf einer Lok (!) im Morgendunst zu den Anfangstiteln in den Armen liegt. Mit gerade mal knappen 10 Minuten ein sehr kurzer Score, der damit allerdings komplett ist. Jedenfalls ist mir im Film keine weitere Musik aufgefallen. Die letzten drei stammen von Philippe d´Aram und haben einiges zu bieten: "Fascination" leitet mit einem Chororgel-Arrangement, dass sehr an die Popol-Vuh-Musik zu "Aguirre" erinnert, ein. Gefolgt von einem gespenstisch-morbiden Walzer. Bass und Spinett tragen eine düstere Elegie in "La Morte Vivante" vor. Die 18 Minuten "Perdues dans New York" schließlich erinnern an die Synthie-Ensemble-Musik, die Maurice Jarre in den 80ern gerne komponiert hat. Manches klingt wie aus einem Actiondrama jener Dekade, und kann auch Hören empfohlen werden, die organisch gewachsene, in sich geschlossene Scores bevorzugen und den Klängen der 80er nicht abgeneigt sind. Das trifft sicherlich nicht jedermanns Geschmack, aber das filmlische Oeuvre von Jean Rollin ist mit diesem Querschnitt schon sehr gut musikalisch erfaßt. Es fehlt nun eigentlich nur noch D´Arams traumhafte Komposition zu "Fiancee de Dracula". Das Schlußthema wird keiner so schnell vergessen, der diesen Film mal gesehen hat. Alles in allem eine wunderschöne, mit Herzblut produzierte CD, die den späteren Ausgaben von FindersKeepers, die freilich auch ihre Qualitäten haben, vorzuziehen ist. LES DEUX ORPHELINES VAMPIRES war 1997 Jean Rollins Rückkehr zum Vampirfilm. Louise (Alexandra Pic) und Henriette (Isabelle Teboul) sind zwei blinde, verwaiste Mädchen, die ein Leben im Heim in der Obhut von Nonnen verbringen. Unzertrennlich und stets zu zweit unterwegs, tasten sie sich tagsüber mit Blindenstöcken durch die Straßen. Nachts jedoch erwachen ihre vampirischen Instinkte. Sie sehen ihre Umwelt in blauem Dämmerlicht und gehen gemeinsam in der nächtlichen Stadt auf Beutezug. Rollins Umgang mit dem Thema entspricht natürlich auch in diesem Film wieder seinen ganz eigenen Regeln. Auch in seinem Spätwerk hat er nichts von seiner poetischen Kraft eingebüßt. Wenn seine Vampirmädchen zu nächtlicher Stunde Unterschlupf zwischen den verwitterten Grabmalen eines Friedhofs finden und rundherum die glatten Hochhausfassaden New Yorks in den Himmel ragen, dann erscheint dieser Friedhof mit einem Mal als ein harmonischer Rückzugsort, eine märchenhafte Twilight-Zone inmitten einer feindlichen, modernen und rationalen Umwelt, in die sie sich aber immer wieder hinauswagen müssen, um sich selber am Leben zu erhalten. Der Vampir, das übernatürliche Geschöpf der Nacht, als fragiles Wesen in einer feindseligen Umwelt. Diese Thematik habe ich selten, wahrscheinlich noch nie, überzeugender gesehen als hier. Auch sonst ist Rollins Werk vollgestopft mit surrealen Einfällen, die er in der für ihn so typischen Bildsprache umsetzt. Sei es nun der bizarre Gastauftritt von Brigitte Lahaie oder die imposante Fledermaus-Königin - das ist alles ganz wunderbar am Maintream vorbeiinszeniert. Auch ein Güterbahnhof (wiederkehrendes Motiv in seinen Filmen) wird hier zu einer Zwischenwelt, zu einem Ort übernatürlicher Begegnungen. Der Blaufilter, der dabei über den Nachtszenen liegt, gibt dem Geschehen einen noch entrückteren, traumwandlerischen Anstrich und erinnert sicherlich nicht zufällig an die blau eingefärbten Bilder der Stummfilmzeit. Eine Soundtrack-CD hat es hierzu auch mal gegeben. 1997 als Beilage zum Bildband "Virgins and Vampires" erschienen. Philippe d´Aram war seinerzeit Rollins Haus- und Hofkomponist und hat für das Vampirmärchen eine passende und stimmungsvolle Musik geschaffen. Die Titelmusik beginnt mit sphärischen, synthetischen Chorälen und dem charakteristischen Klang der Glasharfe, woraus eine betörende Melodie entsteht, die den Hörer unmittelbar in Rollins eigenwillige Welt hineinzieht. Den knapp 40-minütigen Score dominieren düstere Klangfarben und melancholische Melodien. Da offenbar auf die Szenen komponiert wurde, finden sich mehrere kurze Spannungstracks auf der Scheibe, die für sich genommen nicht allzuviel hergeben. Hervorzuheben ist jedoch das knapp 6-minütige PHANTOMS IN NEW YORK. Der modernen Pop-Musik verpflichtet, aber ruhig dahinfliessend, mit zwilichtiger Synthie-Begleitung, hypnotisch und sehr eingängig. CIRCUS kommt dagegen als bizarrer Walzer mit wuchtigen, akzentuierenden Beckenschlägen daher. Eine Flöte setzt einen trübsinnigen Kontrapunkt zu den eher verspielten Klavierläufen in STATUES OF BLOOD. TOGETHER beginnt mit sanft-optimistischem Klavier um dann mit gramvollen Streicherklängen in eine wunderschöne Elegie überzugehen. Eingebettet zwischen D´Arams Musik findet sich ein mir ansonsten unbekanntes Musikstück namens REIS GLORIOS (im Abspann des Films EX GLORIOUS betitelt), dessen Interpretation einer Musikgruppe namens "Ars Antigua" zugeschrieben wird. Es fügt sich mit sphärischen Klangfarben und ätherischer Gesangsstimme wunderbar ins Gesamtbild ein und verfehlt auch im Film selbst seine Wirkung nicht. Was viele verschrecken wird, ist der Umstand, dass es sich hier um einen Synthesizer-Score handelt, möglicherweise ergänzt durch das ein oder andere akustische Instrument. Manch eine Streicherpassage klingt in der Tat etwas billig, und man hätte d´Arams doch sehr ansprechender Komposition ein höheres Budget gewünscht. Aber unterm Strich bleibt dies eine sehr feine, stimmungsvolle Musik, komponiert mit französischer Nonchalance und mit Sinn für die morbide Sinnlichkeit der Bilder eines wahren Film-Auteurs. Anscheinend auch von unseren hiesigen Fachhändlern völlig unbemerkt sind vor drei Jahren Francois Tusques Musikaufnahmen zu Jean Rollins LA REINE DES VAMPIRES herausgekommen. Verantwortlich hierfür ist das rührige britische Label "Finders Keepers", die die Aufnahmen aus Tusques Privatarchiv in sehr guter Tonqualität gerettet und auf LP verewigt haben. Eine CD gibt es leider nicht, und wer den Kauf eines Vinyl-Albums scheut, der kann sich zumindest an den Download halten, den das Label auf seiner Seite anbietet. Zum Film: Dieser ist der zweite Teil eines Kurzfilms names VIOL DU VAMPIRE (mit einem Score von Yvon Geraud), baut lose auf diesem auf, hat aber ansonsten eine völlig eigenständige Handlung. Beide Teile zusammen wurden als abendfüllender Spielfilm unter dem VIOL-Titel in die Kinos gebracht, wobei LA REINE bei dieser Gelegenheit in LES FEMMES VAMPIRES umbenannt wurde. Es ist eines von Rollins Meisterwerken, noch in schwarz-weiß gedreht, mit unglaublichen visuellen Einfällen, wild, poetisch, einzigartig und unvergeßlich. Die Musik von Francois Tusques läßt sich mit diesen Begriffen am besten beschreiben: Avantgarde und Free Jazz. Wem bei diesen Begriffen nun das kalte Grauen packt, der kann sich getrost zurücklehnen, denn er muß sich keinerlei Gedanken mehr machen, ob sich der Erwerb dieser Musik für ihn eventuell lohnen könnte. Wer jedoch schon Erfahrung mit dieser Musiksparte hat, oder musikalischen Experimenten wie z.B. Morricones Kapriolen mit der "Nuovo-Consonanza"-Gruppe etwas abgewinnen kann, der kann durchaus mal ein Ohr riskieren. In den Film fügen sich Tusques kakophonische Klänge jedenfalls blendend ein und tragen sehr zur eigentümlichen Stimmung bei. Das musizierende Ensemble hat in einer Szene sogar einen Cameo-Auftritt. Tusques selber läßt in einen Interview auf der Encore-DVD durchblicken, dass er der klassischen Herangehensweise in der Filmmusik nicht viel abgewinnen kann, was nicht sehr überraschend ist und was sicherlich auch mit Rollins Ansichten übereingestimmt haben dürfte. Seine Musik zu REINE DES VAMPIRES erwies sich jedenfalls als so trefflich, dass Rollin sie 1970 für LA VAMPIRE NUE erneut verwendete. Ich habe erst lange mit mir gehadert, aber als Jean-Rollin-Fan war klar, dass ich an dieser Veröffentlichung letzten Endes nicht vorbeikomme. Der Film ist nun wirklich der letzte, den man einem Rollin-Neuling als Einstieg empfehlen sollte. Er entstand als profane Auftragsarbeit für Eurocine, als Rollin kurzfristig einspringen mußte. Immerhin ist der Meister selber in einer kleinen Rolle zu sehen, und hier- und da blitzt sogar seine eigene inszenatorische Handschrift auf (etwa bei den Szenen, die das Alltägliche im Dorf zeigen, oder wenn die Untoten über eine ruinöse Burgmauer wandeln). Außerdem erfreuen Howard Vernon und Nadine Pascal durch ihre Anwesenheit. Und, mal ganz unter uns, solch ein charmanter, hanebüchener, verkorkster Horror-Erotik-Quark ist mir letzten Endes immer noch lieber, als die meisten CGI-Blockbuster unserer Zeit - aber das nur am Rande. Die Musik ist... extravagant und erfordert Aufgeschlossenheit. Das OPENING säuselt sogar ganz nett und entspannt dahin, die Horror-Szenen dagegen sind mit scheppernden Geräuschcollagen unterlegt. Und so wie in AQUATIC SEQUENCE 1 & 6 stelle ich mir die Demotracks eines Bontempi-Orgel-Herstellers vor. Hinter DIURNAL MELODY FOR A BIRD verbirgt sich ein Minütchen Vogelgezwitscher. Bleibt noch das Liebesthema. Dieses ist in mehreren Modifikationen vertreten. Leider wird ausgerechnet von dem kitschigen EROMANTIC VIOLINS (mit echten Streichern, da hat man sich nicht lumpen lassen) im Film am meisten Gebrauch gemacht. Selbiges Thema gibt es noch in angemesseneren Varianten u.a. mit weiblicher Gesangsstimme. Manche Tracks werden mangels Masterbändern von Soundeffekten begleitet, was aber gar nicht so schlimm ist, denn so ein bißchen Wassergeplätscher trägt zum Ambiente bei. Komponiert hat das Ganze der umtriebige Daniel J. White, der eine beachtliche Filmographie aufzuweisen hat und gelegentlich auch für Jess Franco als Schauspieler vor der Kamera stand. Seine vermutlich bedeutenste Rolle dürfte die des Max Karlstein in Jess Francos wunderbarem FILLE DE DRACULA sein, ein Film, den man aber freilich in erster Linie wegen der vollendeten Britt Nichols gesehen haben sollte. Die CD hat zwar keinen Booklet-Text, erfreut das Auge aber mit liebevoller, mehrseitiger Bebilderung. Für Daniel Whites Soundtrack-Premiere hätten sicherlich bessere Kandidaten zur Wahl gestanden. Aber wer weiß, schließlich ist die CD mit "Collection Horreur a la francaise Volume 1" überschrieben. Es darf also mehr erwartet werden. LAC DES MORTS VIVANTS wird jedenfalls kaum den gemeinen Filmmusikfan erreichen, sondern ist eher was für Anhänger jener Genre-Gewässer, denen dieses Werk entspringt, oder als Ergänzung für´s private Kuriositätenkabinett geeignet.
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Als THE OPIUM CONNECTION lief dieser Drogenkrimi in den deutschen Kinos, der von Ferdinando Baldi grundsolide und nicht ohne Ambitionen inszeniert wurde. "Kenntnisreich, aber etwas zerfahren inszeniert, mit einem guten Hauptdarsteller und einigen unnötigen Härten", meinte dereinst das katholische Filmlexikon in einem seiner bei italienischen Genre-Ware nicht allzu häufigen Anfälle von Wohlwollen dazu. Ausgangspunkt der Filmmusik ist die grandiose, reflektive Titelballade. Im Folk verwurzelt, bluesig in Gitarrenbegleitung und Gesang, fabelhaft orchestriert, beschreibt sie die Schattenseiten des Drogenhandels in einfacher Sprache und mit wütendem Zynismus. Ansonsten arbeitet der Regisseur nur wenig mit Musik, die er ansonsten zur Erzeugung eines allgemeinen Ambientes nutzt, entweder in Form von diegetischem Jazz oder beim Blick auf Mohnblumenfelder mit schwebenden, solistischen Flötenklängen. Nach "French Connection" und "Tote Zeugen singen nicht" kommt natürlich kein Drogenkrimi ohne Verfolgungsjagden aus, und auch AFYON OPPIO hat seine Action-Tableaus, doch bleiben diese Szenen allesamt ohne musikalische Begleitung. Das vorbildlich produzierte CD-Album von CSC bietet mit gerade einmal 30 Minuten den kompletten Score, und ist damit immernoch 5 Minuten länger als die damalige Vinyl-LP.
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Straßenfeger: Deutsche TV-Klassiker und ihre Musik
Angus Gunn antwortete auf Angus Gunns Thema in Filmmusik Diskussion
Hans Jönsson: DER MONDDIAMANT / LADY AUDLEYS GEHEIMNIS Zwei weitere Kriminaldramen, mit denen sich Regisseur Semmelroth wieder seiner Vorliebe für englische Literatur hingibt (vgl.: "Die Frau in Weiß" und "Der rote Schal") In DER MONDDIAMANT (1974) geht es um ein aus einem indischen Tempel geraubtes Juwel, das später in England Anlaß für Intrigen und Morde ist. Unter der Besetzung sticht besonders Theo Lingen hervor, der hier als ermittelnder Detektiv gegen sein sonstiges Rollenprofil besetzt ist. Optisch weniger opulent, und zurückhaltend in der Bildsprache, bezieht LADY AUDLEYS GEHEIMNIS (1978) seine Wirkung aus den konfliktträchtigen Spannungen der Protagonisten untereinander und den dialogreichen Ermittlungen im Fall des Auswanderers George Talboy, der nach mehrjähriger Abwesenheit auf den Herrensitz seines Onkels zurückgekehrt und dort über Nacht spurlos verschwunden ist. Komponist beider Filme ist wiederum Hans Jönsson, der auch hier wunderbar melodische Filmmusik mit britischem Flair geschrieben hat. Ein Jammer, dass es auch hierzu nie eine autonome Veröffentlichung gegeben hat. https://vimeo.com/314586294 -
Neueinspielung besser als das Original
Angus Gunn antwortete auf Steses Thema in Filmmusik Diskussion
CREATURE FROM THE BLACK LAGOON Obwohl es sich um eine Team-Arbeit von u.a. Herman Stein, Hans J. Salter und Henry Mancini handelt, berücksichtigt die Intrada-CD nur die Musikpassagen von Salter, was im Rahmen der Edition zwar Sinn ergibt, aber die Musik sehr einseitig auf das aggressive Horror-Scoring beschränkt. Außerdem leidet die Aufnahme unter einem blechernen Klang. Die Neu-Einspielung mit dem Radio Symphony Orchestra of Slovakia ist dagegen eine reine Freude. 35 Minuten, die den Score vorbildlich in all seinen Facetten repräsentieren. Bei der Rekonstruktion versuchte man nicht, der Musik durch größere Besetzung einen voluminöseren Klang zu geben, und ging sogar so weit, die Aufnahmen in einer sehr kleinen Räumlichkeit durchzuführen, um auf diese Weise das trockene Klangbild der alten Aufnahmen beizubehalten. Vorbildlich. -
Klasse! "Le Toubib" kenne ich überhaupt noch nicht, und von "Veuve Couderc" nur jene 5 Minuten auf der Universal-CD.
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Ich weiß nicht ob das nur am Filtern liegt? Es gibt ja auch Editionen, die beides enthalten, also DVD & Bluray, so dass man direkt vergleichen kann. Wenn ich also einen Titel aus der letzten "Galerie des Grauens" (nehmen wir mal "Alligator People" als Beispiel) nehme, da fühle ich mich beim DVD-Bild besser aufgehoben. Die Bluray-Variante mag "besser" aussehen, wirkt auf mich aber zu plastisch. Im Fall der Godzilla-Filme vermute ich einen ähnlichen Effekt, habe es aber noch nicht selbst überprüft. Das ist sind jetzt sicherlich Spitzfindigkeiten, und letzten Endes zählt, wie schon erwähnt, die persönliche Präferenz.
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DAS MÄDCHEN WADJDA Vor ein paar Monaten hat in Saudi Arabien ein Kino eröffnet. Davor gab es dort 35 Jahre lang kein einziges öffentliches Kino! Wer hat´s gewußt? ... Ich auch nicht. Auf diesen Umstand bin ich gerade erst im Zusammenhang mit diesem Film aufmerksam geworden. Es ist der erste jemals in Saudi Arabien produzierte, abendfüllende Spielfilm. Aber abgesehen von den bemerkenswerten äußeren Begleitumständen ist er durchaus das Anschauen wert. Die 10-jährige Wadjda büffelt für einen an ihrer Schule alljährlich stattfindenden Koran-Wettbewerb. Doch ist es weniger ihr Ehrgeiz, die abgefragten Textpassagen fehlerfrei aufzusagen, denn sie hat es auf ein Fahrrad abgesehen, das sie sich von der Sieg-Prämie kaufen möchte. Ein ruhiges Alltagsdrama, dass seine Geschichte aus weiblicher, und insbesondere aus Wadjdas Sicht erzählt. Sie hat es nicht leicht in einer männlich-patriachalischen Gesellschaftsordnung und eckt mit ihrer leicht rebellischen Art bei Mutter und Schulleiterin an. Auch wenn mich der Film nicht gänzlich abgeholt hat, bietet er doch einen sehenswerten Einblick in eine fremde Alltagskultur und wird mit sympathischer Natürlichkeit von der jungen Hauptdarstellerin gespielt. Die Regisseurin hat danach in Amerika das Biopic "Mary Shelley" gedreht.
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Straßenfeger: Deutsche TV-Klassiker und ihre Musik
Angus Gunn antwortete auf Angus Gunns Thema in Filmmusik Diskussion
Großartig! Werde ich mir auf jeden Fall anschauen. Kleines Bonmot: Bruhn & Frank Duval bei Hans Rosenthal -
Da ist aber Vorsicht geboten. Denn es kann sein, dass mit dem hochauflösenden Bild plötzlich Dinge (also Filmtricks wie z.B. Fäden etc.) sichtbar werden, die man vorher nie gesehen hat. Ich persönlich finde sowas unschön. Das gilt für die japanischen SF-Filme, das gilt aber auch generell für viele Filme älteren Datums, bei denen nun das Schauspieler-Makeup nicht mehr stimmig ist, oder Black-/Blue-Box-Effekte stärker als bisher hervortreten. Das ist natürlich eine Geschmacksfrage, aber mir ist das Bluray-Bild i.d.R. zu "technisch", zu kalt. Bei Filmen der letzten 20 Jahre geht das in Ordnung, aber bei allem was ca. 80er Jahre und älter ist (und das betrifft in meinem Fall etwa 95% der Sammlung) greife ich, wenn ich die Wahl habe, immer zur DVD.
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Italienische Genre-Filmmusik der 50er-70er Jahre
Angus Gunn antwortete auf Mephistos Thema in Filmmusik Diskussion
Ein paar Anmerkungen zur neuen 50TH ANNIVERSARY DELUXE EDITION von Beat Records. Es wird mal wieder eine verbesserte Klangqualität versprochen, und das stimmt tatsächlich. Das Klangbild dieser CD empfinde ich als transparenter, klarer und ausgewogener als bisher, gerade im direkten Vergleich mit der vor 10 Jahren erschienenen GDM-CD. Vorgänge im Orchester treten deutlicher in Erscheinung. Als Beispiel möchte ich den Eröffnungstrack "C´era una Volta il West" nennen, wo beim Anschwellen des Orchesters (nach den Hörnern, etwa bei 1:35) nun auch der Bogen herauszuhören ist, der vibrierend über die Bass-Saiten streicht. Es sind Feinheiten dieser Art, die die Aufnahme nun durchziehen und ihn in seiner Gesamtheit tatsächlich aufwerten. Der Unterschied ist nicht wirklich groß, aber für den Gourmet und Fan dieses Meisterwerks durchaus eine Anschaffung wert. Alle anderen sind mit der inhaltsgleichen GDM-CD natürlich auch bestens bedient. Wer sich die CD zulegen möchte, sollte aber nicht mehr allzu lange damit zögern, denn bei einigen Händlern scheint die Auflage bereits vergriffen zu sein. -
Gestatten, mein Name ist..…
Angus Gunn antwortete auf Thomas Nofzs Thema in Neuigkeiten / Feedback / Begrüßung
Und auch schön, dass es da draußen noch Leute gibt, denen dieses spannende Hobby wichtig genug ist, sich einem solchen Forum anzuschließen. Auch von mir ein herzliches Willkommen, Alex! -
Man sieht ja, dass hier schon ein kleiner Austausch stattfindet und somit durchaus Interesse vorhanden ist. Ich verstehe Deine Bedenken. Ja, es werden sich höchstwahrscheinlich zwei Lager bilden, allerdings halte ich die Mitglieder unserer Community für reflektiert genug, um Diskussionen zu diesem sensiblen Thema sachlich und respektvoll zu führen. Es stimmt natürlich, dass das hier der falsche Thread ist. Der thematische Abstecher ist ja auch eher zufällig entstanden (zugegebenermaßen durch eine Bemerkung meinerseits....) Wenn überhaupt, dann müßte dazu im Off-Topic-Bereich ein separater Faden eröffnet werden. Kann man sich ja mal für die Zukunft vormerken. Könnte mir durchaus vorstellen, dass das die allgemeine Beteiligungkultur belebt.
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Aber es sind ja eben diese Nebenschauplätze, die am dichtesten an unser aller Lebensrealität dran sind. Da oben geht´s natürlich um Profit und Machterhalt, und der linke Kader schluckt bedenkenlos die vorgeschobene Mär von Humanität und Hilfsbereitschaft. Deshalb finde ich es sehr wichtig, dass es unserer Führungselite nicht gelingt, das gesamte Volk auf die Seite ihrer Agenda zu ziehen. Es wird ja inzwischen auch aus allen Rohren gegen den "schrecklichen" rechten Gegner gefeuert, oft auch mit Mitteln, die mit Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nichts mehr zu tun haben, wovon ich mich selber Anfang letzten Jahres bei einer Demo in Berlin überzeugen konnte. Im Großen und Ganzen muß ich wirklich sagen, dass mir die rechte Seite in nahezu allen Belangen sehr viel sympathischer und bodenständiger ist, als die zum Teil völlig indiskutabel agierende linke. Gut, da ließe sich noch sehr viel drüber schreiben, habe aber im Moment keinen Nerv dazu. - Aldridge, was verwirrt Dich denn so an dem Text? Vielleicht kann ich etwas zu Deiner Erleuchtung beitragen.
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16. Hofbauer-Kongress in Nürnberg (Januar 2017)
Angus Gunn antwortete auf Sebastian Schwittays Thema in Film & Fernsehen
Das eine oder andere würde mich auch sehr interessieren, aber das Gesamtprogramm ist mir dann doch nicht wichtig genug, um deswegen Urlaub zu nehmen und die Reise nach Nürnberg anzutreten. Aber ich wünsche viel Vergnügen und hoffe auf einen interessanten Bericht. -
Ich habe die Formulierung absichtlich etwas allgemeiner gehalten. Ganz konkret meine ich damit die Einwanderung fremder und unverträglicher Kulturen und die aus meiner Sicht unsinnige und unglaublich übertriebene Genderisierung, um nur die wichtigsten zu nennen. Und irgendwie kommt das seit einigen Jahren alles auf einmal, was sich auch auf viele andere Lebensbereiche auswirkt. Ich gehöre zu den Menschen, die früher mal links gestrickt waren, und heute ins rechts-konservative Lager gewechselt sind. Hatte schonmal auf die Möglichkeit hingewiesen einen politischen Faden zu eröffnen. Wenn Interesse besteht...
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WILDE PFERDE ist einer jener melancholischen Western, die vom Ende der klassischen Western-Mythen erzählen. Halbblut Valdez nimmt den jugendlichen Streuner Jamie in seine Obhut und läßt ihn auf seiner Farm, zu der auch eine Herde von Wildpferden gehört, mitarbeiten. Doch der reiche Rancher Maral fängt an, das Land mit Stacheldrahl zu durchziehen, an dem sich eines der Pferde eine tödliche Wunde reißt, und der Konflikt nimmt seinen Lauf. Doch "Wilde Pferde" ist kein blutiger Rache-Western, ja, es fällt nichtmal ein einziger Schuß. Erzählt wird ein angenehm ruhiges, tragisches, aber auch humorvolles Drama, das auf eine Weise endet, wie man es gerade bei einem Schauspieler wie Bronson kaum erwarten würde. Dass die De-Angelis-Brüder die Musik für einen Film des Hollywood-Veteranen John Sturges komponieren, ist ungewöhnlich und überraschend, und dürfte höchstwahrscheinlich auf den Einfluß von Produzent Dino de Laurentiis zurückzuführen sein. Völlig ohne Orchester, belassen sie es beim prominenten Einsatz von Gitarre und Mundharmonika, gelegentlich von einer Rhythmusgruppe unterstützt. Der Titelsong "Freedom Rainbow" ist eine wunderbare, melancholische Country-Ballade, deren Melodie auch die ausgelassen-vergnüglichen Szenen mit den Wildpferden temperamentvoll unterstützt. Wobei der Hengst Flag sein eigenes Thema bekommen hat, das nicht minder gut ins Ohr geht. Bluesige Mundharmonika-Akkorde verströmen dagegen eine gewisse Resignation und weisen auf heraufziehendes Ungemach hin. Ein sehr schöner Score, der für den ambitionierten Film den richtigen Ton trifft.
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Der große Gruß- und Geburtstagsthread
Angus Gunn antwortete auf ein Thema in Neuigkeiten / Feedback / Begrüßung
Ich schließe mich den Neujahrswünschen an. Auf ein neues ...