Zum Inhalt springen
Soundtrack Board

Angus Gunn

Mitglied
  • Gesamte Inhalte

    784
  • Benutzer seit

  • Letzter Besuch

Alle Inhalte von Angus Gunn

  1. 05. Oktober, Berlin So, da ich annehme, dass niemand von euch sonst dabei war, hier ein kurzer Erlebnisbericht vom gestrigen Konzert: Obwohl ich zum ersten Mal in Berlin war, habe ich von der Stadt eigentlich nur den Bahnhof, die U-Bahn-Stationen und die direkte Umgebung der Columbia-Halle gesehen. Und das war alles auch eher das Gegenteil von schön. Einquartiert habe ich mich im Ibis-Hotel direkt am Hauptbahnhof. Ich mag die Dinger nicht (zu teuer, zu unpersönlich), aber es war ja auch nur für eine Nacht. Vor der Columbia-Halle hatte sich bereits ein illustres Völkchen versammelt. Die T-Shirt-Motive ließen keinen Zweifel daran, dass sich von diesem Event weniger der Filmmusikliebhaber sondern natürlich vielmehr die Spencer/Hill-Gemeinde angesprochen gefühlt hat. Bei Einlaß fiel mir zuerst jenes Plakat ins Auge dessen Motiv auch schon die Promotionaktionen im Vorfeld geziert hatte und das mit folgendem Satz überschrieben war: DIE MACHER DER BUD SPENCER UND TERENCE HILL FILMMUSIK. Mal abgesehen von fehlenden Binde- und Auslassungsstrichen schien mir die Vokabel "Macher" schon etwas unglücklich gewählt zu sein. Man stelle sich einmal das letzte Morricone-Konzert in der Köln-Arena mit einer solchen Übertitelung vor: "Der Macher der Clint Eastwood und Quentin Tarantino Filmmusik" Aber gut, Schwamm drüber. Um 20 Uhr ging´s dann los. Die beiden betraten gut gelaunt die Bühne, und es gab das zu erwartende Potpourri der beliebtesten Songs. Sitzplätze waren genügend vorhanden, aber schon nach den ersten Klängen saß eigentlich niemand mehr. Zur Big Band gehörte auch eine Streichergruppe, die die meißte Zeit kaum herauszuhören aber auch für die eine oder andere solistische Passage zuständig war. Instrumentales gab es in Form der Titelmusik aus ZWEI AUßER RAND UND BAND und des "Piedone"-Themas. Nahezu sämtliche bud-spencer-bezogene Filmsongs hatten ihren Auftritt. Aber auch "Why Is Everyone So Mad?" aus AUCH DIE ENGEL MÖGEN´S HEIß, "Zorro is Back", "Orzowei" aus der gleichnamigen TV-Serie und alle drei Songs aus den SANDOKAN-Filmen. Letztere wurden von einem Gruß des Darstellers Kabir Bedi eingeleitet der kurz in einem Einspieler auf der Leinwand erschien. Für die unvermeidliche "La-La-La"-Nummer aus ZWEI WIE PECH UND SCHWEFEL zog dann tatsächlich noch ein etwa 40-köpfiger Chor auf die Bühne. Alles in allem ein sehr gelungener Abend. Nichts für den Freund feinsinniger Klanggespinste, aber toll die beiden mal live auf der Bühne erlebt zu haben. Und da ich keinesfalls ohne Autogramm wieder nach Hause wollte, hatte ich mir natürlich auch die Teilnahme an der Aftershow-Party gesichert. Diese fand mit zahlenmäßig reduziertem Publikum bei freier Verköstigung in angrenzenden Räumlichkeiten statt. Der Chor war auch hier wieder anwesend und sorgte mit hübschen A-capella-Arrangements diverser Bud-Spencer-Filmsongs (nicht nur von De Angelis) für das passende Ambiente. Beim Smalltalk-Streifzug durch die Gemeinde stieß ich nicht nur auf Sal Borgese sondern u.a. auch auf eine dreiköpfige Clique italienischer Besucher von denen einer von seinen Begleitern als der weltgrößte De-Angelis-Fan betitelt wurde. An spleenigen Figuren herrschte kein Mangel, und ich hatte große Mühe überhaupt noch an die begehrten Trophäen heranzukommen. Unzählige Fotos, auch schonmal ein Filmplakat, hier und da eine DVD, aber kaum jemand hatte Tonträger dabei, was mich schon etwas gewundert hat. Eine Single von "Trinity", ein Album von "Bulldozer", zwischendurch mal ein CD-Sampler. Ich war also mit meinen Vinyl-Schätzen, die blasphemischerweise noch nichtmal Bud-Spencer-Bezug hatten, ein Exot in der Front der versammelten Jagdgesellschaft. Von anderen auf meine merkwürdigen Mitbringsel angesprochen, nutzte ich die Gelegenheit einer handvoll erstaunter Partygäste den Stellenwert der beiden "Filmmusik-Macher" im italienischen Genre-Kino etwas näher zu erklären. Hier nun die erbeuteten Trophäen. Im Fall von LA POLIZIA INCRIMINA (großartiger Film übrigens, der endlich mal eine sorgfältige DVD-Edition verdient hätte) konnte ich nun endlich nach Franco Nero und Enzo Castellari auch die Komponisten auf dem Cover verewigen. Wurde auch langsam Zeit.
  2. Eine junge Frau auf einer Art Selbstfindungstrip besucht viermal die tschechische Stadt Olomouc, jedesmal zu einer anderen Jahreszeit, reflektiert über ihr Leben und freundet sich mit einem als Pantomime auftretenden Jungen an. Zum Film selber kann ich sonst nichts weiter sagen. Er scheint bisher nicht im deutschen Sprachraum aufgeführt worden zu sein. Die sehr lyrische und stimmungsvolle Musik stammt von Emil Viklicky. Der Komponist verarbeitet nach eigener Aussage mehrere regionale, folkloristische Motive in der Musik. Besonders anmutig ist ihm das verträumte, von Streichern, Oboe und Klavier interpretierte AUTUMN THEME gelungen. Nicht minder stimmungsvoll sind die OPENING CREDITS, die mit dem Klavier beginnen, um dann zum Orchestertutti anzuschwellen. Gesungen wird auch. Mit klarer, ätherischer wirkender Stimme interpretiert Zuzana Lapcikova ein Folkslied namens IN OLOMOUC TOWN (Dreh- und Handlungsort des Films), das sich mit seinem emotionalen und wehmütigen Flair sehr schön ins Ganze einfügt. Aber BLOUDIM ist in Teilen auch ein Jazz-Score. Stücke wie SUMMER THEME und HIGHLANDS, LOWLANDS JAZZ VERSION sind verspielt und deutlich optimistischer angelegt, verlieren aber nie ihre Themenstrukturen aus den Augen und fließen überaus angenehm dahin. Vor allem das ARION FOUNTAIN THEME mit seinen herrlichen Soloparts von Klavier und Oboe, gleitet, vom Streichorchester flankiert, ungemein geschmeidig durchs Ohr. Ein sehr behagliches, stilvolles Album, dessen Nachteil aber in seiner Kürze liegt. Gerade mal 23 Minuten währt der gesamte Score, und entsprechend kurzatmig ist manch ein Track ausgefallen. Dafür hat Viklicky aber in den FINAL CREDITS immerhin ganze 5 Minuten Zeit, seine Themen und Motive noch einmal in einem wirklich hörenswerten und voller Ideen steckenden Finale zu einem gelungenen Abschluß zu bringen. Um den Käufer nicht mit einer so kurzen Laufzeit im Regen stehen zu lassen, findet sich im Anschluß noch ein 11-minütiger Bonus-Track, bei dem es sich anscheinend um den Mitschnitt eines Jazzkonzertes handelt, das ebenfalls auf dem OLOMOUC TOWN-Thema beruht.
  3. Irmin Schmidt: ROTE ERDE In einer Auflistung der besten deutschen TV-Produktionen überhaupt dürfte die 13-teilige Bergarbeiter-Saga ROTE ERDE auf gar keinen Fall fehlen. Im Mittelpunkt steht der aus Pommern eingewanderte Bruno Kruska, der im Ruhrgebiet Ende des 19. Jahrhundert unter Tage als Bergmann arbeitet. Erzählt wird seine Lebensgeschichte (und in der zweiten Staffel die seines Sohnes) vor dem Hintergrund sozialer und politischer Unruhen in erdigen, düsteren Bildern. Aus zeitgeschichtlicher Sicht eine hochinteressante, und ebenso in der Darstellung der desolaten Lebensverhältnisse und der beklemmenden Arbeitsumstände auf der Zeche formidable Serie, die nicht nur Ruhrgebietler begeistern und fesseln sollte. Das gilt aber auch für die Musik des "Can"-Mitbegründers und mit allen akademischen Wassern gewaschenen Irmin Schmidt, dessen wunderschöne, elegische Kompositionen einen erheblichen Teil zur Stimmung beitragen. Im Kern rocklastig, ist das Hauptthema ein verführerisches, balladeskes Requiem von einnehmender Schönheit. Bluesige Harmonika- und Akkordeonklänge über betörenden, sphärischen Klangflächen unterstützen auch weiterhin das bedrückende Flair der Bilder. Besonders anmutig, wenn dann noch ein Cello hinzukommt. Zu monotonen Streicherpizzicati geht es hinab in finstere Grubenschächte und das Saxophon sorgt für emotionale Lichtblicke, wenn es sich in jazziger Manier im drangvollen Klang der Hoffnungslosigkeit seinen Raum nimmt. Ich weiß nicht, ob diese Musik als Download angeboten wird, aber die damalige Teldec-LP sollte nicht allzu schwer aufzutreiben sein.
  4. Mir gefällt die auch immernoch wesentlich besser als die "Score"-Doku aus dem letzten Jahr. Das mag aber auch daran liegen, dass "Der Klang der Bilder" zu einer Zeit kam, als man noch nicht die heutigen Informationsmöglichkeiten hatte. Damals war das schon eine beeindruckende Erfahrung all die Komponisten mal im Film vorgeführt zu bekommen. Heute ist das nichts Ungewöhnliches mehr. Außerdem konzentrierte sich "Score" viel zu sehr auf die heutige Filmproduktion, die mich sowohl bildästhetisch wie auch musikalisch kaum noch interessiert. Das ist natürlich nur meine persönliche Präferenz, aber selbst die wenigen Beispiele aus der Filmgeschichte beschränkten sich ja wirklich nur auf das Allerbekannteste. "Klang der Bilder" war da viel ausgewogener. Ich habe mir den mal digitalisiert, die Qualität ist allerdings nicht gerade umwerfend, da ich auch nur meine eigene, alte VHS-Aufnahme nehmen konnte.
  5. Rolf Unkel: DER WINTER DER EIN SOMMER WAR u.a. Wie ich es oben schon einmal beschrieben habe, gehören die Filmmusiken von Rolf Unkel nicht zu denjenigen, die auf Biegen und Brechen um Aufmerksamkeit bemüht sind. Die Themen sind vermeintlich unscheinbar. Weder sollte man imposante Orchestrierungen, unnötige Effekthascherei oder gar Ohrwürmer erwarten. Doch offenbart sich bei genauerem Hinhören meiner Meinung nach stets eine beachtliche Sorgfalt und großes musikalisches Verständnis für die dramaturgischen Notwendigkeiten beim Vertonen von Filmen, und gelegentlich überrascht Unkel sogar mit Einfällen, die die Erwartungshaltung an eine Genre-Komposition ganz nebenbei unterlaufen. Nicht nur Fritz Umgelter wußte das distinguierte Understatement seines Komponisten offensichtlich zu schätzen. Es folgen drei Hörbeispiele, die alle drei auch Unkels Vorliebe für solistisch eingesetzte Holzbläser unterstreichen. DER WINTER DER EIN SOMMER WAR ist ein im 18. Jahrhundert angesiedelter Sechsteiler, der auf einer historischen Begebenheit beruht. Nach einer Vertragsschließung zwischen dem englischen König Georg III und dem Landgrafen Friedrich II von Hessen-Kassel werden 12000 hessische Soldaten nach Amerika in den Unabhängigkeitskrieg geschickt um dort für die englische Krone gegen aufständische Kolonien zu kämpfen. Zwei rivalisiernde Halbbrüder stehen im Mittelpunkt der Handlung. Das Musikthema ist eine herrliche Streicherelegie mit verspielt-idyllischen, teils sogar etwas angejazzten, Zwischentönen von Flöte und Klarinette. In UNRUHIGE NACHT wird ein Militärpfarrer als Seelsorger zu einem jungen Soldaten gerufen, der wegen Fahnenflucht in einer Zelle auf seine Hinrichtung wartet. Die Musik wurde hier mit einem sehr kleinen Ensemble realisiert, strahlt menschliche Wärme, aber auch hoffnungslose Resignation aus. Der solistische Schwerpunkt liegt bei der Oboe (?), die gleichförmigen Trompetenakkorde symbolieren natürlich die ablaufende (Lebens-)zeit. ZEITSPERRE ist ein echter Geheimtipp. Freitag Nachmittag in einer Bank. Die Angestellten bereiten sich auf den Feierabend vor. Ein kleiner Junge, Sohn des Buchhalters, hat sich beim Spielen in den Tresorraum verirrt und wird eingeschlossen. Als man den Fehler bemerkt, ist es zu spät. Das Zeitschloß ist bereits aktiv und wird sich erst am kommenden Montag wieder öffnen lassen. Nun beginnt eine fieberhafte Rettungsaktion, denn die Luft in der Kammer wird nur noch für einige Stunden reichen und die Panzertür scheint unüberwindlich zu sein. - Ein ganz großartiger, außerordentlich packender Thriller nach einer Vorlage von Arthur ("Airport") Hailey, der zeigt, dass eine spannende Geschichte auch ohne jegliche Gewalt auskommen kann. Und Filmmusik gibt es auch keine, mit Ausnahme des Abspanns. Und hier ignoriert Unkel die vorangegangenen dramatischen Ereignisse völlig, sondern läßt den Film mit einem launigen Stück ausklingen, umgesetzt von Fagott und Bass, das auch zu Geschäftszeiten im Schalterraum der Bank spielen könnte. Lediglich die dezenten Percussions deuten wie verrinnende Sekunden auf die vorangegangene Hektik hin. Eine unauffällige, gleichzeitig aber auch originelle Musik, weil sie sich nicht genrekonform verhält.
  6. Peer Raben: BERLIN ALEXANDERPLATZ Zugegeben, ich bin kein Fassbinder-Fan. Und daran ändert auch sein Opus Magnum BERLIN ALEXANDERPLATZ nichts. Die Geschichte um Franz Biberkopf, der nach seiner Haftentlassung im Berlin der ausgehenden 1920er Jahre neben mehreren Liebschaften auch wieder in kriminelle Aktivitäten verwickelt wird, walzt Fassbinder auf über 15 nicht enden wollende Stunden aus. Dazu kommt jener für ihn so typische Manierismus, dem auch seine Schaupieler unterliegen und der den Zuschauer konsequent auf Distanz hält. Wer ähnliche Probleme mit Fassbinders Stil hat, dem empfehle ich die großartige Fallada-Verfilmung WER EINMAL AUS DEM BLECHNAPF FRIßT (siehe weiter oben), die einen ganz ählichen Plot sehr viel effektiver und mitreißender erzählt, oder die Erstverfilmung BERLIN ALEXANDERPLATZ von 1931 mit Heinrich George. Die Musik stammt natürlich von Peer Raben und ist weitaus angenehmer als der dazugehörige Film. Neben eleganten Klavierarrangements und zeitgenössischen Tänzen schwebt über allem das wunderbar melancholische Hauptthema, das sich perfekt in das von erdigen Farbtönen und düsterer Ausleuchtung dominierte Szenario einfügt. https://www.youtube.com/watch?v=M1byOOhrSBk
  7. Ja, es soll Querelen mit dem Produzenten gegeben haben, der den Unfalltod eines Stuntman bei den Dreharbeiten werbewirksam ausgebeutet hat. Zumindest bei uns hat es mit dem Kinostart über zehn Jahre gedauert, nachdem er vorher aber schon im TV zu sehen war. Aber letzten Endes zählt das Ergebnis und das gefällt mir ausgesprochen gut. Und wenn ich in meinem alten Rowohlt-Filmlexikon nachschlage, dann sind die der gleichen Meinung: "Realistisch harter, spannender Actionfilm von hoher formaler Qualität." Genau so ist es.
  8. HAI (a.k.a. "Outsider", a.k.a. "Shark") Aus aktuellem Anlaß mein Lieblingsfilm mit Burt Reynolds (abgesehen vielleicht von DELIVERANCE). Waffenschmuggler Caine schlägt in einer verwahrlosten, sudanesischen Hafenstadt auf und wird als Taucher angeheuert, um Goldbarren aus einem von Haifischen belagerten Schiffswrack zu bergen. Kein Hai-Horror-Film, obwohl er als solcher gerne beworben wird, sondern ein intensives Abenteuerdrama mit zum Schneiden dichter Atmosphäre, glaubwürdigen Charakteren und sehr pessimistischem Menschenbild. Den Noir-Touch verdankt er dem stimmungsvollen Jazz-Score von Rafael Moroyoqui.
  9. Endlich mal gesehen. Tolles, hitziges Dschungel-Drama, das die Konflikte zwischen Plantagenbesitzer Heston und seiner Frau Parker in den Vordergrund stellt. Da wird der Abwehrkampf gegen ein mörderisches Ameisenheer fast zur Nebenhandlung. Die Musik von Amfitheatrof war vor ein paar Jahren für mich die Überraschung auf der glorreichen Intrada-Doppel-CD, die sich den Produktionen von George Pal gewidmet hatte.
  10. Zdeněk Liška: DAS HAUS IN DER KARPFENGASSE Mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht bricht über die Bewohner eines Mietshauses im jüdischen Viertel von Prag am 15. März 1939 die bittere Realität des Krieges herein. Konzipiert als dreiteiliger Fernsehfilm, gelangte DAS HAUS IN DER KARPFENGASSE nach der TV-Ausstrahlung in einer gekürzten Fassung auch in die Lichtspielhäuser. Die größte Verwunderung (zumindest bei mir) löst der Name des Regisseurs aus. Wer hätte Kurt Hoffmann je ein solch einfühlsames und intensives Drama zugetraut? Der Mann, der ansonsten ausschließlich (!) in seichtesten Unterhaltungsgewässern herumgeplätschert ist, legt hier einen ganz bemerkenswertes Filmwerk vor, das die pittoresken prager Schauplätze in wunderbar stimmungsvoller Schwarz-Weiß-Fotographie einfängt. Eingeschnittene Dokumentaraufnahmen und der Umstand, dass die Tschechen hier auch wirklich tschechisch reden, verstärken nur den realistischen Gesamteindruck. Nicht minder bemerkenswert ist sicherlich auch die Filmmusik des tschechoslowakischen Komponisten Zdenek Liska. Dass man ihn engagiert hat, ist natürlich dem Ort der Handlung geschuldet, und es hat sich auch in jeder Hinsicht ausgezahlt, ist doch der osteuropäische Stil der Komposition genau richtig und dürfte selbst beim musikalisch völlig unkundigen Zuschauer unterbewußt entsprechende Assoziationen wecken. Mit düsteren Klängen von Orgel oder Klavier werden die prager Gassen zu Orten von altraumhafter Beklemmung, rabiat durchbrochen vom aggressiven Marschmotiv für die deutschen Besatzungstruppen. Im folgenden Zusammenschnitt habe ich vier kurze Musiksequenzen herausgegriffen und aneinandergereiht. Die dazugehörigen Filmszenen habe ich diesmal nicht zur Collage umgeschnitten, sondern so gelassen, wie sie im Film zu sehen sind. https://vimeo.com/287889028
  11. Schön, dass sich in unseren "Außenseiter"-Fäden hin und wieder auch noch andere Mitleser wortgewaltig äußern.? Ob der Werbeeffekt groß genug ist, um im Forum die Reichweite zu erhöhen, sei mal dahingestellt, ist aber in jedem Fall aller Ehren wert. Dein Text ist sehr interessant, wenn auch stellenweise für mich schon wieder fast zu tiefschürfend, denn als Laie beurteile ich Filmmusik natürlich ausschließlich aus der Sicht des Konsumenten und Fans. Sehr gut gefällt mir der Goldsmith/Williams-Vergleich, der auch für mich absolut nachvollziehbar ist. Würde das auch für VIELE KAMEN VORBEI gelten? Den habe ich mal vor einiger Zeit im Zusammenhang mit dessen DVD-Premiere hier vorgestellt (natürlich ohne jegliche Resonanz?) Auf den halte ich sehr große Stücke, finde ihn höchst effektiv und würde jetzt nicht sagen, dass er einem Majewski in irgendeiner Weise unterlegen wäre.
  12. DIAL M hat auf mich auch einen eher zwispältigen Effekt. Auf der einen Seite liebe ich den Film (und natürlich Hitchcock im Allgemeinen) sehr, auf der anderen Seite war ich mit der Bateman-Suite auch immer gut bedient. Gefehlt hat mir lediglich die sehr dramatische Musik zum Telefon-Überfall selber, die nicht mit dem Tod des Attentäters endet, sondern danach noch mindestens eine Minute sehr dramatisch weiterläuft, wobei das meiste davon aber vom Telefongespräch zwischen Kelly und Milland überlagert wird und kaum zu hören ist. Ob das jetzt als Ganzes wirklich funktioniert, da bin ich mir auch nicht so sicher. Gewartet habe ich darauf zwar nicht unbedingt, aber die Investition ist es mir wert, da ich mir das Album sowieso kaufen würde.
  13. Majewski-Pausenfüller, Teil 2 Peer Raben: HAPPY BIRTHDAY, TÜRKE! Dies ist einer jener Fälle, bei dem ich damals nach der Fernseh-Ausstrahlung am nächsten Tag im Saturn war, um mir die CD zu kaufen. Aber nicht, weil der Film so toll war. Der solide Kriminalfilm um einen türkischen Privatdetektiv in Frankfurt wurde von Doris Dörrie mit Geschick und komödiantischem Einschlag inszeniert. Nicht wirklich herausragend, aber unterhaltsam. Es war die Musik von Peer Raben, die es mir angetan hatte. Der Komponist setzt hauptsächlich auf Solo-Instrumente, und die Streicher der Münchner Philharmoniker geben dem Score den orchestralen Unterbau. Die Synthesizer in LETTERS FROM HOME erzeugen ein melancholisches Flair der Einsamkeit. Harte Klavierakkorde und handgeschlagene Percussions erzeugen ein Motiv von eisiger Coolness in A TEENAGE PROSTITUTE und REVENGE. Einige interessante Klangcollagen unterstützen die Suspense-Sequenzen, und das Saxophon sorgt für laszive Zwischentöne. Zentrum der Komposition ist aber das wirklich brillante Hauptthema, das die lakonische Natur der Ereignisse wie auch des Protagonisten bestens einfängt. Es taucht in mehreren Variationen auf, hat einen hohen Wiedererkennungswert und erfreut mit immer neuen, einfallsreichen Instrumentierungskniffen. Besonders eindrucksvoll in der Titelmusik HAPPY BIRTHDAY, DETECTIVE! mit Schifferklavier (oder ist das eine Mundharmonika, oder beides?) wo es eine enorme Dynamik entwickelt. Über der Musik schwebt noch ganz unaufdringlich das Flair der späten 80er, und auch wenn der Film von 1992 ist, würde ich sie jetzt mal vorsichtig als einen der großen, europäischen (und weitgehend vergessenen!) Krimisoundtracks dieser Dekade bezeichnen, die sogar das Format eines Philippe Sarde erreicht. Auf der CD befinden sich außerdem jeweils ca. 15-minütige Suiten aus den Fassbinder-Filmen DIE DRITTE GENERATION und FAUSTRECHT DER FREIHEIT. Beide sind mit ihrem eher melancholischen Timbre und den zum Burlesken neigenden Stücken gerade in letzterem Titel stilistisch sinnvolle Ergänzungen zur "Hauptmusik".
  14. Halb so schlimm. Hauptsache, er kommt noch.
  15. Jauchzet, frohlocket, auf, preiset den Sarde / rühmet was heute Musicbox tat. ? (frei nach Bach)
  16. Solange Mephisto sein Majewski-Projekt unterbricht, erlaube ich mir mal mit einem Pausenfüller dazwischenzugehen. Michael Holm: HEXEN BIS AUFS BLUT GEQUÄLT Dieser Film dürfte den Freunden des Exploitationkinos wohlbekannt sein. Nach dem weltweiten Erfolg des britischen Films WITCHFINDER GENERAL entstand unter der Schirmherrschaft von Adrian Hoven dieses berüchtigte Werk, dem bis heute sein Ruf als sadistisch-schäbiger Horrorschund vorauseilt. "Eine durchgängig erzählte Handlung findet man nicht. Kommen und Abgang von Personen bilden die Aufhänger für die zahllosen Brutralitäten, deren Darstellung man keinerlei humanistische Absichten unterschieben soll", wütete die Kritik. Oder: "Sehr naiver, doch mit Sadismus genüßlich spekulierender Film, der weder kritische Distanz noch Sinn für Geschmack verrät." Die Wahrheit sieht jedoch anders aus: Natürlich ist das Ganze sehr exploitativ angelegt, und die dargestellten Folter- und Hinrichtungsszenen sind in der Tat starker Tobak, aber die Besetzung ist durch die Bank exzellent, die Story hat sehr wohl mehr zu bieten, als es die Kritiker wahrhaben wollen, die malerischen Schauplätze sind von erlesener Schönheit und auch an der technischen Umsetzung gibt es nichts zu bemängeln. Gerade weil die Chemie zwischen Udo Kier und Olivera Vuco so gut funktioniert, bildet die Liebesgeschichte zwischen den beiden auch ein so glaubhaftes und dramatisches Fundament für die Geschichte. Drehort war u.a. Schloß Moosham im österreichischen Lungau, das ich selber mal besucht habe und nur weiterempfehlen kann. Ein fantastisches Bauwerk, das auch für die "Götz-von-Berlichingen"-Verfilmung mit Raimund Harmstorf als Kulisse verwendet wurde. Und es dient auch als Schauplatz des Hörspiels "Der Pakt mit dem Teufel" aus der legendären Grusel-Serie von H.G. Francis. Also gleich mehrere Gründe, da mal hinzufahren! Die Musik von Michael Holm besteht aus zwei Hauptthemen. Das süßlich-kitschige Liebesthema begleitet gleich zu Anfang den Titelvorspann. Eine Kutsche wird überfallen, die Frauen geschändet. Die Musik dazu mit ihrem lieblichen Timbre bildet einen merkwürdigen Kontrast zu den brutalen Geschehnissen auf der Leinwand. Zu dem prunkvollen Marsch, mit dem das Hexerthema beginnt, wird der von Herbert Lom großartig gespielte Lord Cumberland eingeführt. Die infernalisch kratzenden Streicher, die danach einsetzen, weisen unmißverständlich auf dessen teuflischen Charakter hin. Von Holm wirklich sehr wirklungsvoll umgesetzt, ist das Hexerthema sicherlich der Höhepunkt der Komposition. Die Quasi-Fortsetzung HEXEN - GESCHÄNDET UND ZU TODE GEQUÄLT erzählt eine eigenständige Geschichte ohne Bezug zu seinem Vorgänger und ist auch deutlich schwächer als dieser. Die Musik stammt aus dem Sonoton-Archiv, weshalb hier hochkarätige britische Komponisten wie Don Banks und John Scott mit jeweils einem Track vertreten sind. Natürlich geht dieser Score stilistisch in eine völlig andere Richtung und klingt eher nach einer zeitgenössischen Hammer-Produktion. Da ich seinerzeit an der CD-Produktion mitgewirkt habe, kann ich zu den Begleitumständen etwas sagen. Michael Holm hat sich bei unseren Recherchen als sehr umgänglich und hilfsbereit erwiesen, aber die ursprünglichen Originalbänder waren nicht mehr vorhanden. Laut Holm bestanden die Aufnahmen im Wesentlichen aus den beiden Tracks Liebesthema und Hexerthema, beides jeweils durchgängige Kompositionen von rund zehn Minuten Länge. Was noch vorhanden war, war halt eine Kopie der Filmtonspur mit der Musik, deswegen gibt es auf der CD nur diese auseinandergeschnittenen, den Szenen angepaßten Teilstücke. Im zweiten Film sind noch einige andere Musikstücke zu hören, die aber nicht mehr aufzufinden waren. Wenn´s nach mir gegangen wäre, hätte der letzte Track (ein Syntheziser-Stück namens Space Station) nicht den Weg auf das Album gefunden, denn er fällt stilistisch völlig aus dem Rahmen und dient im Film lediglich für zwei oder drei Sekunden als Geräuscheffekt. Nun ja, aber auch mit diesen Kompromissen ist es ganz nett geworden, meine ich.
  17. Na klar ist das was für den Angus? War mir bisher gar nicht bewußt, dass dieser Score so gesucht ist. Schönes LP-Cover. Gefällt mir. Der Film selber spricht mich jetzt nicht im selben Maße an, wie es die Werke von Rollin tun, aber ein sehenswertes, schön fotografiertes Kleinod ist er allemal.
  18. Rolf Unkel: DER RICHTER UND SEIN HENKER Ein Jahr bevor Heinz Rühmann in dem großartigen ES GESCHAH AM HELLICHTEN TAG einen Kindermörder überführte, erblickte eine andere Dürrenmatt-Verfilmung das Licht der Welt, jedoch nicht das der Kinoleinwände, sondern das der heimischen Bildschirme. DER RICHTER UND SEIN HENKER, der eine zunächst geradlinige Kriminalgeschichte erzählt, deren besondere Finesse sich erst gegen Ende offenbart, ist wieder eine jener verschollenen Pretiosen, die in der auch kulturell gar nicht hoch genug einzuschätzenden "Straßenfeger"-Edition aus den Archiven gerettet wurden. Es handelt sich dabei um einen sehr ordentlich und kompetent von Franz Peter Wirth ("Wallenstein") inszenierten, psychologisch stimmig untermauerten Krimi, der zwar nicht ganz an den Rühmann-Klassiker heranreicht, aber dennoch allemal sehenswert ist. Mit Karl Georg Saebisch präsentiert er außerdem einen Schauspieler in der Rolle des ermittelnden Kommissars, der aus meiner Sicht diese Rolle sogar besser ausfüllt, als es Rühmann tat. Die Musik stammt von einem der vergessenene Heroen deutscher Fernsehmusik. Rolf Unkels Kompositionen haben es niemals auf einen Tonträger geschafft, weder zu diesem Film, noch zu irgendeinem anderen. Ein Grund dafür wird sein, dass sich seine Filmmusik nicht mit einprägsamen Melodien anbiedert, und auch sonst keine Vorstöße in Richtung Plattenmarkt unternimmt. Sie sind meist von unaufdringlicher Art, eher zurückhaltend, wenn´s sein muß auch handfest dramatisch, aber keinesfalls massentauglich. Von 1972 bis 1979 verband ihn eine enge Zusammenarbeit mit dem großen Regisseur Fritz Umgelter, für den er mehrere Filme vertonte, wie z.B. den Historien-Klassiker DER WINTER, DER EIN SOMMER WAR oder das clevere Kriminaldrama DER VORGANG mit Horst Frank. DER RICHTER UND SEIN HENKER hat eine der farbigsten und dramatischsten Scores aus Unkels Feder bekommen. Für mich Grund genug, diese Musik hier in einem kleinen Zusammenschnitt vorzustellen, und bei der Gelegenheit natürlich auch den dazugehörigen Film zu würdigen. Die folgende Suite besteht aus der Titelmusik, dem anschließenden ländlichen Kleinstadt-Idyll und der Abspannmusik, wie immer von mir mit einer Schnittcollage unterlegt: https://vimeo.com/285152286
  19. THE RED PILL Ein Dokumentarfilm, der umso bemerkenswerter ist, wenn man um die Hintergründe seiner Entstehung weiß. Von einer feministischen Lobby produziert, begibt sich Cassie Jaye unter die Aktivisten der amerikanischen Männerrechtsbewegung, mit dem Ziel diese als frauenhassende Jammerlappen zu überführen. Es folgen Gespräche, Interviews und Recherchen, an deren Ende Jaye ihre eigene Meinung revidiert, und damit auch den Feminismus als das heuchlerische Konstrukt enttarnt, was es nunmal ist. Den fertigen Film mit exakt der gegenteiligen Aussage, die er eigentlich hätte haben sollen, hat Jaye dankenswerterweise an die Öffentlichkeit gebracht. Eine kleine Sensation, die den eingeschworenen Feministen-Zirkeln mal so richtig ans Bein pinkelt. Hochinteressant, wichtig und sehr unterhaltsam. Und immer dran denken: "There are no feminists in a burning building."
  20. Hab´s gerade mal selber überprüft und den ersten Teil quergeguckt. Ja, es ist tatsächlich eine Mischung aus beidem. Wobei die großen, wichtigen Musikpassagen (z.B. Vor- und Abspann, das Auslaufen der Schiffe) alle mit Ortolani vertont sind. Brandner bleibt da eher im Hintergrund. Seltsame Entscheidung, die da getroffen wurde. Ortolani wird im Vorspann als einziger Komponist genannt. Dies liegt aber wahrscheinlich daran, dass der englischsprachige Titel für die DVD genutzt wurde.
  21. Laut DVD-Booklet und Wikipedia fand die deutsche Erstaustrahlung in der ARD statt. Wenn die Brandner-Musik eine exklusive Sache vom WDR war, dann liegt hier eventuell der Hund begraben. Dann müßte es aber auch zwei Synchronfassungen geben, bei denen dann nur die die Musikspur ausgetauscht wurde. Wäre für mich im Moment die einzige Erklärung.
  22. Stefan, wo Du gerade den Columbus erwähnst, da ist mir eine Sache nicht ganz klar. Auf der DVD ist nämlich in der deutschen Synchronfassung ebenfalls der Ortolani-Score zu hören. Nicht dass ich was dagegen hätte, aber es hat mich irritiert und ist mir bis heute ein Rätsel. Ist der denn überhaupt jemals mit der Brandner-Musik ausgestrahlt worden? Ich kann mich da leider nicht mehr erinnern, welche Musik der früher im Fernsehen hatte.
  23. Peter Schirmann: DAS JAHRHUNDERT DER CHIRURGEN Diese nach Jürgen Thorwalds historisch korrekten Sachbuch-Bestsellern gedrehte Serie war 1972 erstmals in der ARD zu sehen. Berichtet wird in 19 in sich abgeschlossenen Folgen von bedeutenden Fortschritten in der Medizin im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Nicht immer erwartet die Protagonisten ein glückliches Ende. Die ersten schwerwiegenden Eingriffe bei Tumorentfernungen, der Kampf gegen das Kindbettfieber oder eine Blinddarmoperation - das alles war seinerzeit eine gefährliche Gratwanderung zwischen Leben und Tod und man kann wirklich froh sein in einer Zeit zu leben, in der ein Zahnarztbesuch so komfortabel verläuft wie heute. Dies alles wird in den jeweils 25-minütigen Episoden unterhaltsam und sehr spannend vermittelt. Die historischen Settings wurden detailfreudig und aufwendig ausgestattet, und auch schauspielerisch wurde hier wirklich aus dem Vollen geschöpft. Ich kann mich nur erneut vor "Pidax" verneigen, diesen wertvollen Schatz deutscher Fernsehgeschichte gehoben zu haben, auch wenn von einem alten Magentband gemastert werden mußte, weshalb die Bildqualität bei empfindlichen Zeitgenossen wohl auf Ablehnung stoßen wird. Der Komponist Peter Schirmann ist mir erstmals Mitte der 80er Jahre aufgefallen, als eine von Ihm vertonte Fassung des Stummfilm-Klassikers NOSFERATU ausgestrahlt wurde. DAS JAHRHUNDERT DER CHIRURGEN bekommt von ihm ein den epochalen Ereignissen angemessenes, würdevolles, orchestrales Thema zugedacht, das eine jede Folge stimmungsvoll einleitet und beendet. Ich habe hier mal wieder eine kleine Collage zusammengeschnitten, bestehend aus Anfangs- und Schlußmusik, sowie einer kurzen Dialogsequenz aus DIE EHE DES FORSCHERS mit dem wunderbaren Erich Schellow in der Rolle des Robert Koch: https://vimeo.com/285546847
  24. Das ist natürlich absolut verständlich, aber immernhin gab´s vor Kurzem doch auch diese "Ben-Hur"-Kompletteinspielung. Die war aus meiner Sicht zwar überflüssig, zeigt aber doch, dass es in Ausnahmefällen trotz allem noch möglich ist, Scores von monumentalem Ausmaß neu einzuspielen. Was das Kickstarter-Projekt angeht, so würden bei mir NIGHT OF THE HUNTER von Walter Schumann und Georges Aurics THE INNOCENTS meine Wunschliste anführen. Halte ich beide, trotz kaum bekannter Komponisten, eigentlich nicht für völlig unrealistisch. Und ich meine auch von beiden mal irgendwo gelesen zu haben, dass keine Originalaufnahmen mehr verfügbar seien.
  25. Ernst Brandner: BLUT UND EHRE 1982 wurde diese aufwendige, vierteilige Mini-Serie über den aufkommenden Nationalsozialismus produziert. Drei Familien, eine wohlhabend uns systemtreu, eine mit sozialdemokratischem Vater und eine jüdisch-stämmig, stehen im Mittelpunkt der Handlung. Die Söhne werden im Schulunterricht und in der Hitler-Jugend auf die neue Ideologie geeicht. Gegen seine Überzeugung fügt sich auch Vater Keller nach anfänglichem Wiederstand in das System und erlebt einen sozialen Aufstieg. Die Konflikte die dabei untereinander, auch innerhalb der Familien, entstehen, werden von einer großartigen Schauspieler-Riege glaubhaft und sehr dramatisch umgesetzt. Auch die Besetzung der Kinder und Jugendlichen erweist sich dabei als absoluter Glücksgriff. Ernst Brandners Filmmusik ist in den 80er Jahren als LP veröffentlicht worden. Die Musik ist von rein sinfonischer Struktur und enthält mit dem Hauptthema auch einen orchestral ummanteltes, glorifizierendes Marschmotiv. Tatsächlich ist die Art der Vertonung auffallend altmodisch. Wenn im Radio Wahlergebnisse verkündet werden, wird das von Brandner dramatisch-aufbrausend kommentiert, geküßt wird unter einem Himmel voller Geigen, und die erwähnten Märsche unternehmen keinerlei Versuch, auf die unheilvollen Seiten der Ereignisse aufmerksam zu machen. Wäre dieser Film in den 50er Jahren entstanden, so hätte man ihn wahrscheinlich auf diese Weise vertont, und das Hauptthema hätte auch jeden nationalsozialistischen Propagandastreifen veredeln können. Die sinfonische Begleitung wird aber nicht überstrapaziert, und das Konzept, die Handlung nicht aus kritischer Distanz, sondern aus der Perspektive der damaligen Zeit zu betrachten, geht letzten Endes auf. Und das liegt freilich auch an den Kompositionen selber, die auf hohem Niveau auch ein großartiges Höralbum abgeben. https://vimeo.com/284539954
×
×
  • Neu erstellen...

Wichtige Information

Wir nutzen auf unserer Webseite Cookies, um Ihnen einen optimalen Service zu bieten. Wenn Sie weiter auf unserer Seite surfen, stimmen Sie der Cookie-Verwendung und der Verarbeitung von personenbezogenen Daten über Formulare zu. Zu unserer Datenschutzerklärung: Datenschutzerklärung