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Soundtrack Board

Jerry Goldsmith (Musik & Film)


Mephisto
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Rund die letzten anderthalb Jahre habe ich mich mit einem der bedeutendsten Komponisten der Filmgeschichte auseinandergesetzt. An das mehrfache Hören nahezu aller verfügabren Werke auf Tonträger war auch die Sichtung aller verfügbaren Filme gekoppelt, nach deren Rezeption ich stets einen Text verfasste, um mir selber über meine Ansichten und Eindrücke klar zu werden, aber auch, um diese momentanen Ansichten für mich festzuhalten und eventuell in der Zukunft mit neu gewonnenen Höreindrucken abgleichen zu können. Das Hören der Musiken fand nicht chronologisch, sondern genrebezogen statt, rund 20% der Musiken hörte ich bei diesem Projekt erstmalig. Da meine Ausführungen im entsprechenden Filmthread Zuspruch fanden und für Neulinge, die einer schier unübersichtlichen Masse von CD-Veröffentlichungen gegenüber stehen, habe ich mich entschieden, meine Ausführungen hier noch einmal in chronologischer Reihenfolge zu veröffentlichen.



1959

 

City of Fear - Stadt in Angst

 

Dem kriminellen Vince Ryker gelingt mit einem Kumpan die Flucht aus dem Gefängnis. Die beiden Häftlinge stehlen aus der nahe liegenden Krankenstation einen Metallzylinder und fahren in einem Krankenwagen davon. Sein Komplize wird bei dem Kampf mit den Wachen schwer verletzt und verblutet auf der Fahrt, sodass Ryker einen neuen Wagen stiehlt und unter neuer Identität in die nahe gelegene Großstadt fährt. Die Polizeivorstehenden Jensen und Archer versuchen seiner händeringend habhaft zu werden, doch als einzige Anhaltspunkte dienen momentan nur Rykes Freundin und der Schuhladenbesitzer Eddie Crown, bei dem der Flüchtling einst arbeitete. Tatsächlich nimmt dieser bald Kontakt zu seinem ehemaligen Chef auf, denn Crown handelt neben Schuhen auch mit Rauschgift. Vince Ryker nimmt nämlich an, dass sich in dem kleinen Metallzylinder Kokain im Wert von einer Million befindet doch in Wahrheit ist das Behältnis Teil eines Forschungsprojekts und enthält tödliches Kobalt 60…

 

„City of Fear“ ist mit dem Antihelden Vince Ryker, der urbanen Kulisse, der drastischen Schwarzweißfotografie und dem McGuffin des radioaktiven Stoffs ein Film Noir wie er im Buche steht, doch über diese klassischen Stilmittel heraus wenig originell oder eigenständig. Die besonders hohe Bedrohung durch den Kobalt-60-Behälter wirkt durch die zeitgenössisch bedingte charmante Naivität, mit der das Mittel als riesige tickende Zeitbombe interpretiert wird, recht aufgesetzt und somit lässt sich der Film auf ein klassisches Katz und Maus Spiel zwischen der Polizei und dem gehetzten und immer stärker von Verzweiflung getriebenen Protagonisten herunter brechen. Immerhin ist der Film mit nur knapp 80 Minuten Laufzeit straff inszeniert und auch die Schauspieler waren zumindest damals nicht unbekannt. Vince Edwards war als TV Doktor „Ben Casey“ präsent und dürfte heute hauptsächlich als Major Cliff Bricker in „Die Teufelsbrigade“ bekannt sein. Seine Filmpartnerin Patricia Blair hatte ein Jahr zuvor in „The Big Sleep“ an der Seite von Basil Rathbone gespielt. Joseph Mell mimt den zwielichtigen Eddie Crown und besonders Sherwod Price hinterlässt als Kaugummi kauender Dandy Pete Hallon einen bleibenden Eindruck. Letzten Endes weiß „City of Fear“ zu unterhalten, weist aber keinerlei Überraschungen oder interessante Stilmittel auf, die den Film über die Jahre im Allgemeinen cineastischem Gedächtnis halten könnten und überschreitet zu keiner Zeit die Grenze des Gesitteten oder Konservativen.

 

„City of Fear“ war nach dem Western „Black Patch“ und „Face of a Fugitive” der dritte Spielfilm, den der damals 30-Jährige Jerry Goldsmith für’s Kino vertonte. Das Genre des Film Noir bot dem Komponisten die Gelegenheit, seine eigene Identität als modernistischer Komponist voll einzubringen, sodass die Musik für „City of Fear“ durchgehend atonal konzipiert ist. Besonders mittels des häufigen Einsatzes der tiefen Register des Orchesters schuf Goldsmith mit den Bässen, der Bassklarinette und dem Fagott eine düster brodelnde Untermahlung. In den einzelnen Verfolgungsjagden lassen sich bereits einige Manierismen des Komponisten ausfindig machen, die später seine Musik prägen sollten wie das tief hämmernde Klavier (hier gespielt von John Williams!), doch auch zeitgenössische Elemente kamen in der Musik unter wie die prasselnden Wirbel der Bongo, die einige Zeit später in den „U.N.C.L.E.“-Musiken zu hören waren. Eine besonders schicke und lautmalerische Lösung fand der junge Komponist für den McGuffin: Das strahlende Kobald-60 wird durch atonale Akkorde des Vibraphons charakterisiert, das hart angeschlagen wird, in deren Klang sich zusätzlich die Güiro mischt. Für die urbane Kulisse des Films entwarf Goldsmith zusätzlich einige jazzige Passagen wie eine elegische Trompetenlinie oder die hier und da kurz swingig aufzischende Hi-Hat, allerdings verlässt Goldsmith nie seine modernistisch atonalen Pfade. Reinen Jazz gibt es nur in zwei Stücken, die jeweils die undurchsichtigen Handlungen des schlaksigen Pete Hallon unterlegen. Hier kommt mittels synkopierter Melodielinie des Vibraphons, Swing-Rhythmen des Drumsets und dem gezupften Contrabass komplett überzeugende Jazzstimmung auf, die einen fast zum Mitschnipsen animiert.

Ein Merkmal für eine Goldsmithsche Filmvertonung war oft der spärliche aber dafür gezielte und wirkungsvolle Einsatz von Musik, auf den sich selbst einem so kurzen Film wie „City of Fear“ die gerade einmal 28 Minuten Musik zurückführen lassen. Dabei vertonte der Komponist wenige Dialogszenen (oder nur kurze Bruchteile von Gesprächen) und nutzt die Wirkung der Musik für Montagen oder Dialogfreie Szenen wie den durch die Stadt schleichenden Protagonisten oder die temporeich gefilmten Montagen für die Polizeiarbeit, deren Untermalung zusätzlich mit einer ordentlichen Prise militärischer Rührtrommeln gewürzt ist.

„City of Fear“ ist bis heute die älteste auf Tonträger erhältliche Filmmusik Goldsmiths und verfügt somit auch über musikhistorischen Wert. Lange Zeit bildete eine klanglich schlechte Suite als einzige Möglichkeit, die Musik zu studieren, die zusammen mit „The General with the Cockeyed Id“ auf dem Delphi-Label veröffentlicht wurde. Sämtliche Stücke der Musik wurden in einem 37 Minuten andauernden Stück aneinandergereiht und die Laufzeit offensichtlich durch Wiederholung einzelner Tracks in die Länge gestreckt. Erst Intrada machte die Musik auf einer offiziellen und vollständigen klanglich sauberen Ausgabe zugänglich. Bildet die Musik natürlich einen frühen Gehversuch eines späteren Giganten der Filmmusik, so ist „City of Fear“ mehr als eine historische Randnote, sondern bietet durch die düstere Atmosphäre, die leicht jazzigen Einschläge und temporeiche Montagen und Verfolgungsjagden auch heute noch deutliches Hörvergnügen.



1960

 

Studs Lonigan - Kein Stern geht verloren

Zur Zeit der großen Depression sahen mehrere Schriftsteller es als ihre Aufgabe an, ein episches Werk zu schreiben, das die verkommene Gesellschaft wachrütteln sollte. James T. Farrell entschied sich zu einer groß angelegten Romanreihe um den Charakter des William "Studs" Lonigan, der durch seine äußere Umgebung beeinflusst nie von der schiefen Bahn, dem Alkohol und der Ausweglosigkeit loskommt. 1959 wurde die Reihe in einem 94minütigen Film untergebrach, der als frühe Stufe der Karriereleiter vieler angesehener Leute in Hollywood gilt (u. A. Jack Nicholson in seinem vierten Film überhaupt) - allerdings nicht für den Hauptdarsteller Christopher Knight, der nach seinem hieisgen Debüt auch schon wieder in der Versenkung verschwand. Auch der Film ist heute vergessen - zu Recht?
Ich muss zugeben, dass mich der Film durchweg unterhalten konnte und einige wirklich nette Einfälle enthielt. Besonders haften blieb die Trauerfeier um Paulie, einer von Studs Freunden, der betrunken vom Auto überfahren wurde. Kurz zuvor erzählt Paulie von seinem neuesten Plan und bricht in schallendes Gelächter aus, dann folgt ein Schnitt auf die Trauerfeier und das Gelächter des verstorbenen Sohnes wechselt zur weinenden Stimme der Mutter. Studs Lonigan und seine beiden überbliebenen Freunde müssen bestürzt mit ansehen, wie fast alle Trauergäste das Ereignis als fröhliche Wiedersehensfeier missbrauchen. Besonders die Collagen, die den Lebensstil und das bunte Treiben der Gang zu Anfang des Films beleuchten, sind vom Schnitt her sehr gelungen. Doch letzten Endes fehlt dem Film darüber hinaus doch leider das gewisse Etwas, umso einleuchtender ist jedoch, warum es Christopher Knight trotz blendenden Aussehens nicht zum Star gebracht hat: Sein teilweise sehr bemühtes Minenspiel wirkt oft fast parodistisch, ironisch und lächerlich.

Regiesseur Irving Lerner und Komponist Jerry (im Vorspann noch "Jerrald") Goldsmith hatten bereits zuvor für "City of Fear" zusammen gearbeitet, für den Goldsmith eine modernistisch düstere Musik schrieb. Seine Musik zu "Studs Lonigan" hingegen ist eher vom Jazz inspiriert, weist aber schon typische deutliche Americana-Spuren auf und vermengt diese gekonnt mit dem Broadwayjazz und ähnlich gelagerten Stücken Kurt Weills. Wie in vielen Frühwerk ist Goldsmith auch hier noch auf der Suche nach einem Personalstil, schafft es aber gekonnt, seine Vorbilder und Inspirationsquellen handwerklich und dramaturgisch hochwertig zu verarbeiten, ohne auch nur einmal ins Epigonenhafte abzugleiten. Die CD sei jedem empfohlen!



1962

 

Lonely Are the Brave - Einsam sind die Tapferen

 

Jake Burns ist ein Relikt aus einer vergangenen Zeit: Als Viehtreiber in Texas und Mexiko arbeitend, hat der einsame Reiter nur zwei treue Gefährten: Seine Winchester und seine Stute Whisky. Zusammen mit seinem Freund Paul Bondi wuchs er bei einer Indianerin in den Bergen auf. Während Jake das Leben als Viehtreiber nach altem Vorbild lebte, heiratete Paul seine Freundin Jerry, gründete mit ihr eine kleine Familie und wurde Schriftsteller. Aus der Zeitung in Mexiko erfährt Jake von Pauls Verhaftung. Er half illegalen Einwanderern bei der Grenzüberschreitung, wofür er voraussichtlich zwei Jahre absitzen muss. Sein Freund begibt sich sofort in die Heimat, wo Paul in Untersuchungshaft in der Polizeistation sitzt. Jake beginnt in einer Bar eine Schlägerei und wird verhaftet. Sein Plan ist es, gemeinsam mit Paul auszubrechen und zu fliehen, doch als er seinem Freund in der Gemeinschaftszelle begegnet, offenbart ihm dieser, dass ein Ausbruch für ihn unmöglich ist, da er seiner Familie wegen nicht sein ganzes Leben vor dem Gesetz fliehen kann. Paul möchte die zwei Jahre absitzen und dann ein neues Leben beginnen. Jake hat Verständnis für dessen Vorhaben, kann aber selbst nicht einen Tag länger im Gefängnis bleiben und bricht alleine aus. Mit seinem Pferd und seinem Gewehr macht er sich auf den Weg nach Mexiko, während ihm die Polizei stets mit neuester Technologie auf den Fersen ist…

 

In den 60er Jahren wurde der Western, nachdem er „salonfähig“ geworden war, durch Schauspieler wie John Wayne und Regisseure wie John Ford zur Blüte gebracht. Es ist daher besonders bemerkenswert, dass bereits 1962 mit der Verfilmung von Edward Abbeys Roman „The Brave Cowboy“ ein interessanter Gegenentwurf entstand, der den Western-Mythos auf interessante Art und Weise dekonstruiert. Wäre Jake Burns in einem Ford-Western ein rechtschaffener Held, der der Gerechtigkeit zum Sieg verhilft und ohne dem die Gemeinschaft hilflos wäre, so ist er hier ein Außenseiter, ein Gehetzter und letzten Endes ein Verlierer – gejagt von dem Gesetz, schutzlos und übervorteilt. Der Roman geht dabei dem Experiment nach, einen klassischen Westernhelden in die Gegenwart (1956) zu versetzen und die freie Moralvorstellung der Pionierzeit mit der Gesetzesvorstellung der Zivilisation aufeinander treffen zu lassen. Die Verfilmung unter der Regie von David Miller kann durchaus als gelungen bezeichnet werden, wobei besonders die Verfolgung durch die Berge in der zweiten Hälfte des Films dramaturgisch etwas durchhängen, bevor der Film mit einem sehr starken Ende in der letzten Viertelstunde noch einmal anzieht. Filmisch allerdings ist „Lonely Are the Brave“ absolut hochwertig und Miller schafft es grandios, die verschiedenen Welten aufeinander prallen zu lassen. So bedient er sich klassischer Westerntopoi wie dem am Lagerfeuer schlummernden Cowboy, die den Zuschauer in Sicherheit wiegen, bevor Düsenflugzeuge die Wild-West-Romantik jäh zerschneiden. Oftmals genügt nur ein kleiner Schwenk mit der Kamera, um den klassischen Western in die Gegenwart zu katapultieren.  An anderer Stelle erhält der Regisseur die Western-Romantik auch aufrecht, wie in der Abschiedsszene zwischen Jerry und Jake. Die Einstellung, in der die Frau dem Reiter, der auf die Berge zustrebt, lange nachblickt, versetzt einen tatsächlich in eine andere Zeit, einen anderen, heilen Film. Wohltuender Weise wird auf Schwarzweißmalerei verzichtet. Die Polizisten sind keine klassischen Bösewichte, wollen Jake auch zuerst gehen lassen, bis dieser wieder wild um sich schlägt. Während sich der Cowboy in der Landschaft bestens auskennt, scheinen die Beamten mit der Jagd überfordert und auch wenn ihre Technik dem Flüchtling überlegen ist, so ist sie in der rauen Natur nicht immer hilfreich. Allerdings wäre es wünschenswert, den Kontrast zwischen den Dorfpolizisten, die zwar mit gutem Willen, aber wenig Verstand vorgehen, und dem um seine Freiheit kämpfenden Burns besser heraus zu arbeiten. So allerdings schleppt sich die Jagd etwas hin.

Nichts desto trotz ist „Lonely Are the Brave“ ein gut unterhaltender Film, der neben einer guten Regie und einer hervorragenden Schwarzweißfotografie von Philip H. Lathrop auch mit sehr überzeugenden Schauspielern aufwartet. Kirk Douglas ist ein perfekter Jake Burns: kernig, männlich und von einer sympathischen Einfachheit. Sein Gegenspieler, Sheriff Morey Johnson, wird treffend von einem leicht griesgrämigen Walter Matthau verkörpert. Gena Rowlands überzeugt in der Rolle der Jerry Bondi, die an der moralischen Verstocktheit ihres guten Freundes Jake offensichtlich leidet und „Beißer“ George Kennedy ist in einer kleinen Rolle als sadistischer Hilfspolizist zu sehen.

Insgesamt ist „Lonely Are the Brave“ ein überaus sehenswerter Film, dessen dramaturgische Schwächen durch die handwerkliche Raffinesse mehr als ausgeglichen wird.

 

Jerry Goldsmith hatte seit seinem ersten vertonten Kinofilm – „The Black Patch“ – 1957 durch innovative und äußerst originelle Filmmusiken auf sich aufmerksam gemacht. Mit „Lonely Are the Brave“ sollte er seinen ersten größeren A-Film vertonen und löste diese Aufgabe ohne Frage tadellos. Bernard Herrmann, der einmal bei den Aufnahmen zugegen war, meinte, die Musik sei viel zu gut für den Film. Ob dem so ist, sei einmal dahin gestellt, aber die Qualität der Musik ist über jeden Zweifel erhaben. Für die Musik stand dem Komponisten ein durchschnittlich besetztes Orchester zur Verfügung, das er zudem um einige folkloristische Instrumente wie das Akkordeon und die Gitarre erweiterte. Im Großen und Ganzen steht die Partitur der konventionellen Western-Vertonung nahe, doch gelingt es Goldsmith meisterhaft, dem Genre seinen eigenen musikalischen Stempel aufzudrücken. Auf große Copland’sche Americana wird größtenteils zu Gunsten kleinerer Besetzungen verzichtet. Klassische Westernklischees werden nur zu Beginn eingesetzt, um den Zuschauer dem Film entsprechend in Sicherheit zu wiegen. Stattdessen ist die monothematische Musik hauptsächlich aus der Sicht des Protagonisten entworfen und dementsprechend lyrisch und impressionistisch geraten. Dabei gelingt es Goldsmith immer wieder meisterhaft, seinem langen und gesanglichen Thema stets neue Facetten abzugewinnen.  Ganz zu Beginn als zarte Melodie in der Gitarre über einen Liegeton der Violinen eingeführt, erklingt das Thema bald als stolze Hornmelodie im Orchester und wenig später als Akkordeon-Solo. Doch auch die um das Thema herum komponierten Passagen oder eigenständige Stücke sind mit äußerster Sorgfalt komponiert. Zu den frühen Höhepunkten der Musik gehört die Vertonung der Schlägerei in der Bar, die durch rhythmische Schichten der Marracas und der Gitarre einen mexikanischen Anstrich bekommt und über die sich komplexe und teils harsche Ausbrüche des Orchesters legen. Auch die atmosphärisch sehr dichte Vertonung von Burns’ erster (und einziger Nacht) im Gefängnis, in der er schlimm verprügelt wird, stellt das musikalische Gespür des Komponisten unter Beweis. Aus lang gezogenen Tönen der Kontrabässe schält sich langsam eine sich immer weiter steigernde Fortspinnung des Hauptthemas heraus, die schließlich abrupt abbricht und von spitzen Pizzicati der Violinen abgelöst wird. Die lang angehaltenen, fast sphärischen Akkorde der Violinen für den Ausbruch des Einzelgängers, die von einigen scharfen Xylophonakzenten gestört werden, erschaffen eine intensive Spannung. Der geringe Aktionismus der Musik entspricht dem angehaltenen Atem des angespannten Flüchtlings. Mit den Stücken für die Jagd durch das Land steuert Goldsmith seine Musik energetisch dem tragischen Finale zu. Harsche Ausbrüche des Blechs, angespannte Triller der Holzbläser und Streicher legen den optimistischen Arrangements des Hauptthemas immer wieder musikalische Hindernisse in den Weg, bis schließlich wieder die Gitarre über sanfte Liegetöne der Violinen das letzte Wort hat. Die Musik zu „Lonely are the Brave“ erhielt zum Filmstart kein kommerzielles Album und bis in die 90er Jahre waren die Aufnahmen nicht zugänglich. Dann ermöglichte das dubiose Bootleg-Label „Delphi“ mit der ersten CD zu dieser Musik eine passable Zwischenlösung, die allerdings weder durch Vollständigkeit noch durch sauberen Klang glänzen konnte. Die definitive Veröffentlichung erfuhr „Lonely Are the Brave“ schließlich erst durch den Varèse-Club, der dieses Juwel angemessen veröffentlichte. Erstmals vollständig und mit einem gut ausgestattetem Booklet versehen, erklingt diese Musik in bestmöglicher Klangqualität und enthält somit auch die kurzen klischeehaften Westernpassagen, die den Rezipienten während des Vorspanns gekonnt in die Irre führen. Jerry Goldsmith nutzte mit dieser oftmals introvertierten Westernmusik seine Chance, einen A-Film zu vertonen, voll aus und legte den Grundstein für eine der erfolgreichsten und längsten Hollywood-Karrieren.       

 

 

The Spiral Road - Die gewundene Straße

In den dreißiger Jahren trifft Dr. Anton Drager mit einer Gruppe junger Mediziner auf der indonesischen Insel Java ein, um dort wie seine Kollegen fünf Jahre im Dienste des Gouvernment Health Services als Arzt zu arbeiten. Er meldet sich freiwillig, Dr. Brits Jansen unterstellt zu werden, der Eingeborene im Dschungel vor Ort betreut. Jansen hat wichtige Erfolge in der Behandlung von Lepra erzielt, allerdings sind keine Berichte oder Aufzeichnungen von ihm bekannt und Drager erhofft sich, an der Seite des großen Mediziners lernen und dokumentieren zu können. Auf einer Zwischenstation seiner Reise in den Urwald begegnet der junge Arzt dem Flussfahrer Frolick und dem Leiter einer Krankenstation für Leprapatienten: Captain Willem Watereus von der Heilsarmee. Frolick, der deutlich angetrunken ist, fängt Streit mit dem frommen Mann an, doch Drager geht dazwischen. Einige Tage später erreicht der junge Arzt endlich sein Ziel. Die leichte Skepsis zu Beginn gegenüber dem sehr pragmatischen und teilweise auf ungewöhnliche Behandlungsmethoden gegenüber den Eingeborenen setzenden Brits weicht und bald entwickeln die Männer schnell ein freundschaftliches Verhältnis zueinander, das jedoch getrübt wird, als Dragers junge Verlobte Els ebenfalls auf Java eintrifft und sie und Anton schließlich heiraten. Brits ist der Überzeugung, dass für seine und Antons Aufgabe nur ein Junggeselle geeignet sei, der sich nicht um seine Verlobte sorgen müsse und gibt seinen jungen Assistenten wieder frei. Dieser ist höchst deprimiert und seine Frau erwirkt bei dem gutmütigen Brits eine neue Zusammenarbeit, die dieses Mal jedoch an den philosophischen Einstellungen der beiden Ärzte scheitert. Anton Drager, der sehr unter seinem dominanten Vater zu leiden hatte, ist überzeugter Atheist und lehnt jede Religiösität ab, rät sogar, sämtliche auf religiösem Standpunkt errichtete Einrichtungen wie die Willem Watereus' dem Gouvernment Health Service zu übertragen. Drager verlässt Brits' Lager und entschließt, mit Els nach Hause zu reisen, als er eine Nachricht seiner Vorgesetzten erreicht: Der Fährmann Frolick ist verschwunden und Drager soll ihn suchen. Erneut begibt sich der junge Arzt in den Urwald und stößt schon bald an seine Grenzen. Anton Drager erkennt, dass nur Gott ihm den Weg auf die gewundene Straße zum Himmel freigeben kann...

1962 zählte Rock Hudson schon längst zu den bekanntesten Schauspielern seine Zeit, hatte in "Giganten" gespielt und in vielen romantischen Komödien mitgewirkt. "The Spiral Road" ist ein heute längst vergessenes Starvehikel für den knapp zwei Meter großen Schauspieler und basiert auf dem Buch von Jan de Hartog. Der Film lebt hauptsächlich von seiner religiösen Botschaft, in der ein junger selbstgefälliger und egoistischer Protagonist an den Erfahrungen älterer und erfahrener Männer zweifelt, bis er im Dschungel, von Eingeborenen in den Wahnsinn getrieben, nach Jahrzehnten wieder zu Gott spricht und gerettet wird. Der von Robert Mulligan handwerklich solide inszenierte Film hat heute deutlich Patina angesetzt und ist in seinem Standpunkt äußerst platt. Eine in Anbetracht des Inhalts immerhin mögliche philosophische Tiefe wird zu Gunsten von ausgetauschten Plattitüden und Schwarzweißmalerei im Keim erstickt. Mit seinen knapp zweieinhalb Stunden Laufzeit erweist sich "The Spiral Road" als sehr zähes Filmerlebnis, da sich die Zweifel des Protagonisten in einem ewigen Hin und Her äußern und die Handlung so recht zerfahren wirkt. Das letztendliche Schlüsselelement - Medizinmann Burubi, der einsame Weiße im Urwald in den Wahnsinn treibt - wirkt ebenso aufgesetzt wie unglaubwürdig. Auch das Frauenbild, das sich in Els personifiziert, die ihr Glück dem ihres Ehemannes unterordnet und sogar einen Ehebruch schweigsam hinnimmt, ist wie die teils rassistische Darstellung der naiven Eingeborenen mehr als veraltet. Die schauspielerischen Leistungen sind höchstens als durchschnittlich zu bewehrten, allenfalls allenfalls Burl Ives schafft es mit seiner trampeligen Darstellung des plumpen Brits', dem Zuschauer hier und da ein Schmunzeln zu entlocken. Gena Rowlands' Rolle der Els gibt nicht wirklich viel her und Rock Hudson bemüht sich offensichtlich, Drager als zerrüttet darzustellen, letzten Endes ist der Protagonist doch zu sehr der charmante junge Arzt und zukünftige Ehemann. Im Gegensatz zu anderen Filmen Hudsons oder Mulligans ist "The Spiral Road" ein längst überholtes Relikt aus alter Zeit und verfügt weder über filmische Qualitäten noch eine gut formulierte Botschaft und ist somit zu Recht in Vergessenheit geraten.

"The Spiral Road" dürfte entweder für Fans Rock Hudsons, Robert Mulligan oder Jerry Goldsmiths heute noch wichtig sein, denn besonders bei dem Komponisten bildet dieser Film ein wichtiges Bindeglied zwischen dessen erster Filmmusik, die breiteres Interesse weckte ("Einsam sind die Tapferen") und "Freud", die Goldsmith die erste Oscarnominierung einbrachte. Auch in "The Spiral Road", der bis dahin längsten und am größten besetzten Musik Goldsmiths, lässt sich deutlich erahnen, was für ein Könner gerade seine ersten Schritte für die Leinwand macht. Im Frühwerk lässt sich noch eine deutliche Stilsuche erkennen, indem verschiedene Stilisiken und Konzepte in einer Musik nebeneinander stehen und der Komponist fast jeden Film als Möglichkeit für einen neuen Vertonungsansatz wählte. Während "Studs Lonigan" auf Kurt Weils jazzigen Spuren wandelt, "Freud" mit harschen Modernismen vertont wird und in "The List of Adrian Messenger" noch bluesiger Krimiklänge neben archaisch altertümlichen Jagdfanfaren stehen, gehört "The Spiral Road" neben den nicht-jazzigen Passage aus "The Stripper" zu den Musiken, die noch einen deutlichen Hauch Golden Age atmen. Für die Vertonung stand dem Komponisten ein durchschnittlich besetztes Orchester zur Verfügung, das jedoch um die aus der balinesischen Musiktradition stammenden Gamelan-Instrumente erweitert wurde. Der metallische und helle Klang dieser perkussiven Instrumente verleiht dem Klang einen exotischen Akzent, wobei Goldsmith zu keinem Zeitpunkt auf "echte" Gamelanmusik zurück greift, sondern diese Instrumente meistens für besonders schillernde oder fanfarenartige Passagen verwendet. Die Musik entspricht durch und durch westlicher Vertonungsmuster, was sich besonders in den kurzen Momenten zeigt, in denen Dragers Reise auf dem Fluss oder exotische Schauplätze mit Musik unterlegt wurden. Hier ist die Melodieführung meistens durch pentatonische Hornmotive geprägt, die ebenso erhaben wie klischeehaft klingen. Das Liebesthema für Anton und Els bestreitet mit seinen leidenschaftlichen Violinen und dem süffigen Charakter die meisten Golden-Age-lastigen Passagen und auch das behäbige und etwas niedlich anmutende Thema für Tuba und Posaune, das den dicken Brits charakterisiert, lehnt an die naive Vertonung ähnlicher Figuren in alten Filmen an. Insgesamt ist die Musik vollständig leitmotivisch gegliedert und erfüllt so einen weiteren wichtigen Punkt auf der Golden-Age-Checkliste, doch auch wenn sich der Komponist offensichtlich an Standarts orientiert, die langsam aber sicher abgelöst wurden, blitzen oft Goldsmith-typische Charakterismen wie die schnörkellose Stimmführung und Instrumentation durch.
Die Musik war lange Zeit nicht erhältlich, bis das Bootleg-Label Soundstage Records mit 53 Minuten Musik immerhin drei Viertel des Scores veröffentlichte. Die Musik war zwar in Filmreihenfolge angeordnet, jedoch zu fünf jeweils ungefähr 10 Minuten langen Suiten zusammengefasst und rühmt sich im Booklet, die Originalaufnahmen wie von Goldsmith vorgesehen zu präsentieren. Erst vor kurzer Zeit machte der Varèse-CD-Club die vollständige Musik in überraschend klarer Klangqualität und informativem Booklet zugänglich. Anscheinend enthält die Club-CD die Filmversionen aller Stücke, sodass Komplettisten wahrscheinlich auch die alte Soundstage-CD wegen der alternativen Fassungen nicht aus ihrer Sammlung verbannen werden. Insgesamt handelt es sich bei diesem frühen Abenteuerscore um eine weitere sehr erfrischende Komposition aus dem Frühwerks eines der bedeutendsten Filmkomponisten und offenbart durch den deutlichen Golden-Age-Gehalt einen weiteren interessanten Einblick in die frühe Entwicklungen und Einflüsse des Komponisten.

 

Freud

Der 30-Jährige Dr. Sigmund Freud gerät während seiner Tätigkeit in dem Wiener Allgemeinem Krankenhaus immer wieder mit seinem Professor Dr. Theodor Meynert aneinander. Meynert vertritt wie fast alle Kollegen die Ansicht, dass Hysterie keine ernst zu nehmende Nervenkrankheit sei. Schließlich gibt Freud auf und reist nach Frankreich, um unter Jean-Martin Charcot zu studieren, der wegweisende Fortschritte auf dem Gebiet der Behandlung neurotischer Patienten mittels Hypnose erzielt hat. Begeistert von Charcots Behandlungsmethoden begibt sich Freud einige Zeit später zurück nach Wien, wo er allerdings von Meynert bei einer Lesung öffentlich bloßgestellt wird. Einzig und allein Dr. Josef Breuer, der ebenfalls Experimente mit Hypnose durchführt, ist dem Referenten zugetan. Er schlägt diesem vor, eine gemeinsame Studie zu verfassen und lässt seinen Kollegen auch bei weiteren Sitzungen anwesend sein. Schließlich überträgt Breuer seine Patienten auf Freud, der sich immer klarer über die Rolle des Unterbewusstseins des Menschen bei dessen Handlungen wird. Seine Methoden und Erkenntnisse stoßen Kollegen und Patienten gleichermaßen vor den Kopf, doch Freud forscht unbeirrt weiter…

1946 gab die amerikanische Regierung den Film „Let There Be Light“ in Auftrag, der die psychiatrische Behandlung u. A. mittels Hypnose von durch Kriegserlebnisse traumatisierten Soldaten zeigt. Gedreht wurde dieser Dokumentarfilm von Filmgröße John Huston, den die Möglichkeiten von Hypnose seit diesem Projekt faszinierten. Huston setzte sich in den Kopf, einen Film über Sigmund Freud zu drehen, der zu den Urvätern der Psychoanalyse gehört, doch erst mehr als eine Dekade später erst konnte das Projekt realisiert werden. Der französische Autor Jean-Paul Sartre wurde beauftragt, das Drehbuch zu verfassen, doch Huston dürfte das entstandene Script gleich doppelt vor den Kopf gestoßen haben. Zum Einen war Sartres Drehbuch viel zu umfangreich und hätte einen über zehn Stunden laufenden Film ergeben, zum Anderen schien Huston als Freud-Begeisterter außer dessen Erfolge im Bereich der hypnotischen Behandlung nicht sehr vertraut mit den Ansichten und Theorien des großen Psychologen gewesen sein, denn Freuds Ansichten zur infantilen Sexualität und die Theorie, dass sich jedes Trauma auf ein sexuell ausgerichtetes Erlebnis zurück führen lässt, dürften den konservativ eingestellten Regisseur stark vor den Kopf gestoßen haben. Sartre weigerte sich, seinen Drehbuchentwurf zu kürzen sodass Charles Kaufmann und Wolfgang Reinhardt sich letzten Endes für das Skript verantwortlich zeichnen. Angeblich wurde Huston erst kurze Zeit vor Drehbeginn zugetragen, dass der Hauptdarsteller Montgomery Clift homosexuell war und die in München stattfindenden Dreharbeiten vor allem seitens Hustons mit größter Anspannung und in einer insgesamt beklemmenden Atmosphäre vonstatten gingen.
Doch vielleicht waren es gerade diese schwierigen Vorraussetzungen, die „Freud“ zu einem auch heute noch sehr sehenswerten Film gemacht haben, denn hier wird eine übermäßige Heroisierung des Protagonisten – wie sonst besonders in Hollywood-Biographien üblich – vermieden. „Freud“ verfügt über ein hohes Maß an Zurückhaltung und Objektivität, das Unverständnis Freuds Umgebung wird glaubwürdig thematisiert und dient nicht nur als rein dramaturgischer Gegenpol, gegen den der Protagonist anzukämpfen hat.
Die Beteiligung von durchweg fähigen und begabten Könnern ihres Faches macht „Freud“ zudem auch rein filmisch zu einem überdurchschnittlichen Werk. Das einzige Manko des Films ist der Versuch, den Zuschauer nicht mit allzu vielen individuellen Patienten zu verwirren und die Möglichkeit zu bieten, auch zu der von Freud zu behandelnden Person eine emotionale Bindung aufzubauen. Dazu dient der Charakter der Cecily Koertner, die von den Autoren mit nahezu jedem Phänomen gestraft wurde, das Freud in den fünf geschilderten Jahren beobachtete. Schon in der Mitte des Films fragt man sich als Zuschauer, wann dieses arme Wesen doch endlich von den unzähligen Neurosen geheilt sein wird. Neben der detaillierten Ausstattung, den Kostümen und der äußerst gelungenen Schwarzweißfotografie Douglas Soclombes überzeugen besonders die Schauspieler durch die Bank. Montgomery Clift tastet sich mit stechendem Blick durch die Labyrinthe seiner Patienten, während er sein eigenes Trauma bekämpft. Gerade die etwas zweifelnde und zurückhaltende Charakterisierung des großen Denkers stieß bei Freud-Anhägern auf große Unzufriedenheit, da dieser stets als entschlossener und willensstarker Mann beschrieben wurde. Larry Parks als psychiologischer Ziehvater Breuer sowie Ferdinand Ledoux als Charcot verkörpern die historischen Figuren mit absoluter Glaubwürdigkeit und Susannah York liefert als geplagte Cecily Koertner durchweg schauspielerische Höchstleistungen ab. Einen ebenfalls sehr beeindruckenden aber recht kurzen Auftritt hat David McCallum, der später als Agent von „U.N.C.L.E.“ zum Jugendidol wurde.

Die Musik Jerry Goldsmith trägt ebenfalls maßgeblich zu der dichten Atmosphäre des Films bei. Der junge Komponist feierte mit „Freud“ seinen ersten großen Erfolg, brachte ihm dieser seine erste Oscar-Nominierung ein. Wie auch die drei Jahre zuvor entstandene Untermalung von „City of Fear“ ist diese Musik durch und durch modernistisch geprägt. Statt einer walzerseeligen Charakterisierung Wiens um 1880 knüpfte Goldsmith einen anachronistischen aber vollständig einleuchtenden musikalischen Bezugspunkt, indem er sich an der Zweiten Wiener Schule um Arnold Schönberg orientierte, ohne dabei seinen eigenen charakteristischen Umgang mit seriellen Techniken abzulegen. Anstatt wie von Schönberg geplant, die Reihen als „sich selbst begleitende Tongestalten“ seinen Kompositionen zu Grunde zu legen, verwendet Goldsmith seine Tonfolgen als eigene Motive, die durch teils harsche und atonale oder auch traditionelle Akkorde harmonisiert und somit einzeln manipuliert werden. Schon gleich zum Vorspann schlängelt sich eine Tonreihe durch das farbige Netz, dass die verschiedenen Klangfarben des Orchesters aufspannen und die den äußerst versierten Umgang des Komponisten mit einer solchen Besetzung unter Beweis stellen. Doch nicht nur Anklänge an die Zweite Wiener Schule lassen sich finden, sondern zwei weitere musikalische Vorbilder und Inspirationen Goldsmiths besonders in seiner frühen und mittleren Phase: Bartók und Stravinsky. Besonders die „Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta“ des ersteren lässt sich als Vorbild für einige Passagen in „Freud“ ausmachen. Dieser sehr modernistischen Klangwelt wird ein sehr lyrisches, fast unschuldiges und an ein Kinderlied erinnerndes Thema für Cecily gegenübergestellt, das sanft in der Celesta erklingt und sich wie ein roter Faden durch die Musik zieht. Doch auch in den atonalen Passagen arbeitet Goldsmith überwiegend motivisch und schöpft seine einzelnen kurzen Fragmente stets voll aus, sodass sich der Musik auch ohne tonalen Halt sehr gut folgen lässt. Insgesamt schrieb Goldsmith mit „Freud“ ein frühes Meisterwerk, das einen starken Einblick in das Potential und die Fähigkeiten dieses damals aufstrebenden Komponisten ermöglicht, der einige Zeit später zu den gefragtesten und angesehensten Filmkomponisten Amerikas aufsteigen sollte.
Wie so oft setzte Goldsmith auch in „Freud „ Musik nur sehr sparsam ein, um eine größtmögliche Wirkung zu erzielen. Im Film selbst wurde die Musik auch teilweise grob geschnitten, ein- oder ausgeblendet. Von der knappen Dreiviertelstunde musikalischen Materials wurde ein gut halbstündiges LP-Programm für eine kommerzielle Veröffentlichung zusammengestellt, das lange Zeit nur durch eine legale Grauzone über das Tsunami-Label in Deutschland verfügbar war. Da als Quelle für die CD eine LP verwendet wurde ist die Klangqualität denkbar scheppernd und vollständig in mono. Erst 2009 veröffentlichte Varèse-Sarabande die vollständige Filmmusik im Rahmen des Varèse-Clubs auf einer auf 3000 Stück limitierten CD erstmals auch in stereo. Komplettisten werden allerdings auch das Tsunami-Album aufbewahren, da es als einziges Album die Möglichkeit bietet, die Filmversion von „Desperate Case“ zu hören, die es durch den Temp-Track aus Ridley Scotts „Alien“ zu größerer Bekanntheit gebracht hat. Die Klangqualität der Varèse-CD ist erstaunlich frisch und klar, der Begleittext lässt allerdings zu wünschen übrig und unterschlägt wichtige Informationen, z. B. warum auf der CD nur eine alternative Fassung von „Desperate Case“ zu hören ist. Abgesehen von diesem Makel ist das „Freud“-Album allerdings eine vorzügliche Präsentation einer nicht nur historischen sondern auch musikalisch äußerst bedeutenden Leistung, die in keiner Filmmusiksammlung fehlen sollte.



1963

 

The List of Adrian Messenger - Die Totenliste

John Huston, Regiesseur des "Schatzes der Sierra Madre", "Roy Bean" und "The Maltese Falcon" drehte 1963 mit "Die Totenliste" einen Film, der mit dem Landhaus im gotischen Stil, der Fuchsjagd, den verrauchten Pubs und verregneten Städten hätte britischer nicht sein können. Als wichtiges britisches Thema geht es in diesem ansprechend in Schwarzweiß fotografierten Film natürlich um die Suche nach einem Mörder, der seit mehreren Jahren schon Männer umbringt und die Morde geschickt als Unfall tarnt, dabei auch durch getürkte Zugunfälle und Zeitbomben in Flugzeugen locker den Tod Unschuldiger in Kauf nimmt. Adrian Messenger entdeckt einen losen Zusammenhang zwischen den Opfern und bittet, seinen Freund Anthony, einige Nachforschungen aufzunehmen, als auch er prompt ermordet wird...

Im Gegensatz zu den klassischen "britischen" Wallace-Krimis oder den Miss-Marple-Filmen steht der Mörder eigentlich für jeden spätestens ab der Hälfte des Films fest. Stattdessen entwickelt Huston ein geschicktes Verwirrspiel, an dem auch das Marketing des Films eine gehörige Verantwortung zu tragen hatte. Mit den fünf Stars Kirk Douglas, Frank Sinatra, Burt Lancaster, Robert Mitchum und Tony Curtis, die alle bis zur Unkenntlichkeit (teilweise als Frau) maskiert sind, erwartet der Zuschauer eine mögliche Wendung, einen unerwähnte Komplizen oder Ähnliches. Erst beim Abspann merkt man, dass die Stars nur im Film sind "weil sie's können" - naja, bis auf einen.

Jerry Goldsmith und John Huston haben ein Jahr zuvor bereits für "Freud" zusammen gearbeitet und auch für "Die Totenliste" schrieb Jerry Goldsmith eine interessante und frische Partitur. Doch wie viele Spielfilmvertonungen im Frühwerk des versierten TV-Komponisten zeigt sich hier die leicht stückhafte Vertonung der einzelnen Szenen mit entgegen gesetzter Stilistik, wie es auch bei "The Prize" und teilweise bei "The Stripper" der Fall war. Als Hauptthema schrieb Goldsmith eine elegante leicht jazzig-getragene Melodie des Saxophons, doch das wesentliche Element der Musik ist ein sehr einfach gestricktes Suspense-Motiv, das die Musik auch eröffnet. Das achttönige Motiv durchzieht die Musik wie ein roter Faden und verknüpft die sehr unterschiedlich vertonten Szenen wie die schmetternd begleitete Fuchsjagd und die pastoral anmutenden Kompositionen für die typisch britischen Schauplätze, die durchaus von Miklos Rozsas "Ivanhoe"-Musik inspiriert gewesen sein dürften. Einige harsche dissonante Ausbrüche beim unvermeidlichen Tod des Mörders und des Flugzeugabsturzes dürfen natürlich nicht fehlen. Durch den Einsatz des Cembalos und des Teremins bekommt die Musik einen leicht spleenigen und unheimlichen Charakter. Alles in Allem ein netter Film mit einem sehr interessanten Frühwerk eines bedeutenden Filmmusikkomponisten, der noch auf der Suche nach seinem finalen Stil ist.

 

 

Lilies on the Field - Lilien auf dem Felde

Der Tagelöhner Homer Schmidt sucht an einem heißen Tag in Arizona eine kleine Farm auf und bittet um Kühlwasser für sein Auto. Der kleine Hof wird von fünf deutschen katholischen Nonnen betrieben, deren Oberin in Homer einen von Gott Gesandten sieht. Sie ist überzeugt, dass der Besucher die Antwort auf die vielen Gebete nach einem starken Helfer ist, der die Farm wieder in Stand bringen soll. Nach einigen Überlegungen stimmt dieser aus Geldmangel zu, das lecke Dach des Wohnhauses neu zu decken, doch als dieser am Abend um die Bezahlung bittet, wird er enttäuscht. Nach einem kläglichen Frühstück am nächsten Morgen offenbart ihm Oberin Teresa ihr wahres Anliegen: Einst stand auf dem Grundstück der Farm eine kleine Kapelle, die nun wieder errichtet werden soll. Smith lehnt ab und will sich auf den Weg in die nächstgelegene Ortschaft machen, allerdings bittet ihn die Oberin, sie und eine weitere Schwester mit zu einem dort ansässigen Bauunternehmen zu fahren. In dem Glauben, die sei der letzte Dienst, macht Smith keine Einwände. Die Nonnen erzählen dem Chef der Baufirma – Mr Ashton – von ihrem Plan und dieser bietet dem Gelegenheitsarbeiter einen Job an, macht sich allerdings gleichzeitig über das Vorhaben, alleine eine Kapelle bauen zu wollen, lustig. In seiner Ehre gekränkt entscheidet sich Homer aus Trotz um und beschließt, die kleine Kirche zu errichten, nicht ahnend, auf was er sich alles einlässt…

Sidney Portier gewann für seine Darstellung des Homer Smith als erster schwarzer männlicher Hauptdarsteller den Oscar. Abgesehen von diesem historischen Ereignis ist die ein Jahr nach der gleichnamigen Romanvorlage entstandene Verfilmung von Ralph Nelson ein gefälliger Film, der seine Kernelemente Gottvertrauen und Nächstenliebe in erfrischend heiteres Gewand kleidet. Auch heute noch fällt positiv auf, dass „Lilien auf dem Felde“ wohltuend an der Oberfläche bleibt und die zwischenmenschlichen Aspekte im Vordergrund stehen. Dabei werden religiöse Inhalte nie mit der Keule eingedroschen, vielmehr bieten sie die Grundlage für heitere Szenen, zum Beispiel als Smith die Oberin mit einem Bibelzitat zu überzeugen versucht, ihn zu bezahlen und sie mit vier anderen Versen antwortet, die von Homer eine selbstlose Haltung fordern. Außerdem versucht niemand den anderen von seinen Ansichten zu überzeugen, wird Smith als Baptist von den Nonnen trotzdem als von Gott gesandt angesehen. Allerdings braucht der Film ungefähr eine Viertelstunde Vorlauf, bis er sich voll entfaltet, das erste Abendessen mit den ständig durcheinander schnatternden Nonnen ist um Einiges zu lang geraten.
In der Tat trägt Sidney Portiers augenzwinkernde Darstellung des Homer Smiths sehr viel zum Gelingen des Films und seiner heiteren warmen Atmosphäre bei. Dem lockeren und verschmitzten Tagelöhner steht die strenge Oberin gegenüber, die überzeugend von Lilia Skala gespielt wird. Stanley Adams als gutmütiger Kneipenwirt Juan macht ebenfalls eine große Figur – im wahrsten Sinne des Wortes.
Insgesamt ist „Lilien auf dem Felde“ auch heute noch ein überraschend kleiner und feiner Film, der auch heute noch oft zum Schmunzeln anregt.

Für die musikalische Untermalung des Films wurde Jerry Goldsmith verpflichtet, der seinen Ruf als äußerst kreativer Filmkomponist in den frühen 60er Jahren mit Musiken wie „Freud“ und „Lonely are the Brave“ gefestigt hatte. Oftmals wich er dabei von der konventionellen Besetzung eines Orchesters ab und stellte für jeden Film einen individuellen Klangkörper zusammen, so auch bei „Lilien auf dem Felde“: Das schmal besetzte Orchester enthält kein Schlagzeug und das Blech wird nur durch eine Trompete und eine Posaune repräsentiert wird. Stattdessen erweiterte der Komponist die Besetzung um folkloristische Instrumente wie Mundharmonika, Gitarre und Banjo, die den Geist der ländlichen Gegend und der Mentalität Homers musikalisch einfangen sollen. Die monothematisch angelegte Musik basiert auf dem im Film von Portiers Charakter gesungenen „Amen“. Portier war übrigens so unmusikalisch, dass dieser nur die Lippen zum Gesang von Jester Hairston bewegte. Dieses Thema erklingt im Score oft beschwingt in der Mundharmonika mit volkstümlich simpler Begleitung im gezupften Bass und dem Banjo sowie sanfter Streicherunterstützung. Goldsmith komponierte außerdem zwei Kontrapunkte zu dem Hauptthema, die allerdings auch als eigenständige Melodien fungieren und in ruhigeren Passagen entweder vom Banjo gezupft oder der Trompete intoniert werden. Die Musik ist wie der Film von einem heiteren Charakter geprägt und spiegelt viele komödiantische Elemente wider, sodass z. B. Homers Gähnen in Form einer lässigen Posaunenfigur musikalisch gedoppelt wird.
Da Goldsmith ungefähr ein Drittel des Films mit Musik unterlegte wurde für die zum Filmstart erscheinende LP fast die vollständige Musik chronologisch auf das Album gepresst. Diese um ungefähr vier Minuten gekürzte Fassung ist dreimal auf CD veröffentlicht worden, zuletzt 2012 von Perseverance Records in einer auf 3000 Stück limitierten Edition. „Lilien auf dem Felde“ schlägt in dieselbe Kerbe wie „The Flim-Flam-Man“, „A Girl Named Sooner“ oder entsprechende Passagen aus „The Travelling Executioner“ und ist ein äußerst gelungener und beschwingter Ausflug des oftmals strengen und modernistischen Goldsmiths in folkloristische Gefilde, der ohne Frage gute Laune macht.

 

The Prize - Der Preis

Als Alfred Hitchcock begann, von Agenten, die durch Zufall an Frauen gekettet sind oder über die Dächer von Nizza hüpfen ablies, um sich jungen Studenten zuzuwenden, die Leute in Truhen verstecken oder Frauen unter der Dusche abmurksten kam Fox auf die Idee, dem angewiderten Publikum einen Film wie ein guter alter Hitchcock vorzusetzen - durchaus mit Erfolg. Die auf dem gleichnamigen Roman von Irving Wallace basierte Verfilmung enthielt alles, was eine gute Agentengeschichte ausmacht: Der recht junge aber verbrauchte und kaputte Schriftsteller Andrew Craig (Paul Newman) kommt nach Stockholm, um den Nobelpreis für Literatur entgegen zu nehmen. Dabei macht er mit Professor Stratmann Bekanntschaft, dem Anwärter des Nobelpreises für Physik. Am nächsten Tag allerdings erscheint ihm der Professor merkwürdig verändert und beginnt, sich immer weiter in eine politische Intrige zu verstricken und so - immer von einem langgesichtigen Killer verfolgt - von einer gefährlichen Situation in die nächste zu schlittern.
Seine Betreuerin Inger (Elke Sommer) und die Nichte des Professors Emily (Diane Baker) versuchen, Craig zu bremsen - aus verschiedenen Gründen.

Regiesseur Mark Robson gelang mit den guten bis sehr guten Schauspielern ein sehr gelungener Film, der durchweg spannend und nett anzusehen ist. Besonders die pointierten Dialoge sind hervorragend geschrieben und auch die Idee, alle Nobelpreisträger am Anfang vorzustellen, indem man zwei Kellner bei der Auslieferung von Präsentkörben begleitet ist sehr nett. Klassische Elemente wie das Austauschen einer Person durch einen Doppelgänger und der anonyme Killer im langen Mantel mit Hut sind natürlich ein Muss.

Die Filmmusik Jerry Goldsmiths dürfte deutlich mehr als bloß ein Gesellenstück des damals noch jungen und frischen Komponisten sein. In den rund 46 Minuten Musik für den Film führte Goldsmith gleich zwei Hauptthemen ein: Ein typisch fanfarenartiges Hauptthema im ternären 7/4-Takt (also 21/8) und ein lieblich jazziges Thema für Inger und ihre Beziehung zu Andrew. Zudem finden sich in "The Prize" viele Elemente, die später geradezu charakteristisch für Goldsmiths Musik wurden wie die ineinander glissandierenden Hornseptimen, die melodisch eingesetzte Perkussion und modernistisches und rhythmisch markantes Actionscoring. Interessanterweise greift Goldsmith eine Phrase des typisch perkussiv genutzten Klaviers aus "The List of Adrien Messenger" während der Vorbereitungen zum Fahrstuhlabsturz auch hier wieder auf, als Andrew Craig einen Fahrstuhl benutzt und oben dem Killer begegnen wird.
Ich möchte das sich dem Ausverkauf zuneigenden FSM-Album mit der kompletten Film- und Source-Musik sowie vier Neueinspielungen markanter Themen für eine LP nur wärmstens empfehlen! Eine wirklich tolle und abwechslungsreiche Goldsmith-Musik.

 

 

Shock Treatment - Der Mörder mit der Gartenschere

Der Bühnenschauspieler Dale Nelson wird von Harley Manning beauftragt, sich in eine psychiatrische Anstalt als Patient einzuschleusen. Manning misstraut der leitenden Ärztin Dr. Edwina Beighley sowie ihren Methoden und unterstellt ihrem Institut, vorsätzliche Mörder unter dem Deckmantel der psychischen Störung zu schützen. Nelson gelingt es, sich durch die Erregung öffentlichen Ärgernisses in Dr. Beighleys Anstalt einweisen zu lassen und freundet sich zum Schein mit dem Patienten Martin Ashley an. Dieser ist besessen von der Idee, den schönsten Garten der Welt zu züchten und arbeitete als Gärtner für eine reiche Dame, von der er sich allerdings in seiner Tätigkeit unterdrückt fühlte, sodass er sie kurzerhand mit der Gartenschere köpfte und angeblich eine Millionen Dollar in bar im Garten verbrannte. Schon bald wird klar, dass es auch Ärztin Beighley auf das Geld abgesehen hat, das Martin nur zum Schein verbrannt und in Wahrheit versteckt haben soll, um damit später seinen Garten finanzieren zu können. Bei seinen Nachforschungen gerät Nelson schnell in Gefahr, da Beighley ihn bald entlarvt hat und ihn nun zum Schweigen bringen will. Bei dieser Gelegenheit muss der Schauspieler als Versuchskaninchen für mehrere gefährliche Experimente herhalten…

Nachdem Regisseure wie Alfred Hitchcock die geistige Krankheit in „Ich kämpfe um Dich“ oder „Psycho“ „salonfähig“ gemacht hat, entstanden unzählige Filmchen, die sich nicht auf den psychologischen Aspekt sondern einzig und allein die möglichst grausamen Äußerungen des gestörten Geistes konzentrierten. Auch die Romanverfilmung „Shock Treatment“ hätte leicht ein solcher Streifen werden können, doch was auf den ersten Blick wie reißerischer Trash aus vergangenen Zeiten anmutet entpuppt sich bei der Filmsichtung allerdings als eine dicht inszenierte und überraschend hervorragend gespielte längst vergessene Perle. Zwar wandelt „Shock Treatment“ auf den Spuren des voyeuristischen Psycho-Reißers, verfügt allerdings über eine sehr differenzierte Darstellung der einzelnen Phänomene. Die Insassen der Anstalt werden nicht als möglichst bekloppte Irre dargestellt und auch wenn zwei oder drei Randfiguren ein bisschen zum Schmunzeln anregen, so werden die Geisteskranken als Menschen mit Problemen, nicht aber sinnlosen Tics charakterisiert. Durch den Handlungskern, nämlich die Verschwörung, die es aufzudecken gilt, folgt der Film einem straff gespannten Leitfaden. Regisseur Denis Sanders hielt dabei perfekt die Balance zwischen Stimmung und Atmosphäre schaffenden Anstaltsszenen und der Geschichte um Nelson. Die drastische Schwarzweiß-Fotografie Sam Leavitts, der auch „Anatomie eines Mordes“ filmte, verleiht dem Film zusätzlich eine sehr kantige Nuance. Auch die Schauspieler tun ihr Übriges, allen voran natürlich Stuart Whitman als falscher Patient sowie Lauren Bacall als seine sadistische und skrupellose Gegenspielerin Dr. Beighley. Roddy McDowalls Darstellung des psychisch labilen Blumenliebhabers Ashley gehört zu den Höhepunkten des Films ebenso wie Carol Lynleys Rolle der Cynthia Lee Albright, die durch ihre schizophrene Sexbesessenheit der unvermeidlichen Filmromanze des Protagonisten eine gewisse Tiefe verleiht.
Insgesamt handelt es sich bei „Shock Treatment“ um einen äußerst unterhaltsamen und sehenswerten Thriller, der trotz hervorragend agierender Schauspieler und einer dichten Atmosphäre heute längst in Vergessenheit geraten ist.

Einen bedeutenden Anteil an der beklemmenden Stimmung des Films hat vor Allem die Musik Jerry Goldsmiths, der als junger modernistischer Komponist bei Thrillervertonungen voll in seinem Element war. Seine von Bartók und Schönberg beeinflusste atonale Filmmusik für „Freud“ oder die experimentelle Musik zu „Seven Days in May“ sind äußerst versierte und fortschrittliche Werke eines jungen aufstrebenden Komponisten. Auch „Shock Treatment“ unterlegte Goldsmith mit äußerst harschen Klängen und teilweise drastischen Dissonanzen. Zwar standen wahrscheinlich aus finanzellen Gründen nur ein Streichorchester, Perkussion und Tasteninstrumente (Klavier, Celesta, Orgel) zu Verfügung, trotzdem schuf der Komponist eines faszinierende und abwechslungsreiche Partitur. Besonders markant sticht die finale Actionpassage während Nelsons Flucht aus der Anstalt heraus, die mit den treibenden Schlägen der kleinen Trommel, den dicht aneinander gestauten Trillern der Streicher und den rollenden Girlanden des Klaviers in tiefer Lage deutliche Merkmale Goldsmith’scher Actionvertonungen aufweist. Als Hauptmotiv fungiert eine fast fanfarenartige aufteigende Tonfolge aus fünf Noten, die atonal harmonisiert wird sowie ein schleichendes Suspense-Motiv, das besonders solistisch im Marimbaphon und der Solovioline erklingt. Besonders die Einwürfe der Violine verleihen der Musik einen makabren Anstrich. Ein bisschen klischeehaft und überholt mag der immerhin nur spärliche Einsatz des Teremins auf heutige Hörer wirken, doch insgesamt fügt sich das Instrument gekonnt in den Klangkörper der Streicher ein.
Um die Verfügbarkeit der Musik steht es denkbar schlecht, denn die einzige offizielle Veröffentlichung bildet eine rund 20 minütige Suite, die innerhalb der hoffnungslos vergriffenen „Goldsmith at 20th Century Fox“-Box des Varèse-Clubs erschien. Einige Zeit später wurde ein um zehn Minuten längeres Bootleg verfügbar, das zwar vollständiger aber noch nicht komplett ist, da rund fünf Minuten Material auch hier nicht zu finden sind. Ob der kurzen Laufzeit der Musik (rund 35 Minuten) und der hohen Qualität sowie der kompositorischen Raffinesse in jedem einzelnen Stück ist eine komplette Veröffentlichung des Materials mehr als überfällig. Leider sind beide Quellen von antiquierter Klangqualität, sodass einige Details verloren gehen und vielleicht eine vollständige Neuaufnahme dieses charakteristischen Scores die beste Lösung wäre.



1964

 

Rio Conchos

Als der ehemalige Major der Konföderiertenarmee James Lassiter eines Tages nach Hause kommt, findet er seine Frau und seine Tochter von Apachekriegern unter Häuptling "Blutige Hand" gefoltert und ermordet in den rauchenden Trümmern seines Hauses vor. Er schwört bittere Rache und begibt sich auf einen gnadenlosen Vergeltungszug. Als er eines Tages einen Leichenzug der Apachen aus dem Hinterhalt niederschießt, wird er wenig später von einer Truppe der Nordstaatenarmee unter Captain Haven gefangen genommen und ins Fort gebracht. Dort verlieren der Offizier und sein Vorgesetzter jedoch bald das Interesse für Lassiters Gräueltaten, denn diese wurden mit einem neumodischen Repetiertgewehr verübt, das aus einer Waffenlieferung stammt, die vor einigen Wochen geraubt wurde. Diese Lieferung wurde von Captain Haven geführt, der nun die Chance wittert, seine Niederlage wieder gut zu machen und bietet Lassiter die Freiheit an, wenn dieser ihn zu dem Mann bringt, von der er das Gewehr hat. Der ehemalige Offizier der Südstaatenarmee verweigert allerdings die Kooperation und wird inhaftiert. Lassiters Zellengenosse ist der Mexikaner Juan Luis Rodriguez, ein charmanter, aber egoistischer Trickbetrüger und Messerwerfer, der im Fort auf seine Hinrichtung wartet. Er sieht in Lassiter die Möglichkeit, dem Strick zu entrinnen und ermutigt seinen Bekannten, einzuwilligen und die Soldaten zu dem Waffenhändler zu führen. Und tatsächlich fordert Lassiter nach einigen quälenden Tagen in der heißen und engen Zelle, den Colonel und Captain Haven zu sprechen. Er eröffnet ihnen, dass er einverstanden ist, vorausgesetzt, Rodriguez würde auch mitreiten. Widerwillig stimmt der Offizier zu, doch da die Gewehre schon längst über die mexikanische Grenze gegangen sind, ist es unmöglich mit einem Trupp Soldaten nach Mexiko zu reiten, was einer Kriegserklärung gleich käme. Stattdessen sollen sich Lassiter, Rodriguez, Haven und dessen Seargent Franklyn mit einem Wagen voller Schießpulver für die Gewehre als Köder nach Mexiko begeben und mit dem Händler Kontakt aufnehmen. Captain Haven hofft, den Wagen mit den Schießpulver in die Nähe der Gewehre buxieren zu können, diesen dann in die Luft zu jagen und die Gewehre so zu zerstören und unschädlich zu machen. Am nächsten Tag machen sich die vier unterschiedlichen Männer auf zu der gefährlichen Mission...

Regisseur Gordon Douglas war für unzählige B-Filme zwischen 1935 und 1977 verantwortlich, doch immer wieder drehte der gebürtige New Yorker Filme, die deutlich über dem Durchschnitt anzusiedeln sind. Hierzu gehört ohne Zweifel der 1964 entstandene Western "Rio Conchos", der auf dem gleichnamigen Roman von Clair Huffaker basiert. Die Geschichte um vier ungleiche Männer, die sich mit einem Wagen voller Schießpulver in Mexiko auf die Suche nach einem Waffenhändler machen, ist von ungewöhnlicher kompromissloser Stringenz und einem hohen Maß an Komplexität in der Darstellung der einzelnen zwischenmenschlichen Beziehungen gezeichnet. Dabei verzichtet der Film vollständig auf das westerntypische Heldentum und pathetisch vorgetragene Moralvorstellungen zu Gunsten eindrucksvoller Charakterstudien. Jeder der vier vier Protagonisten handelt letzten Endes nur zu seinem eigenen Vorteil. Captain Haven, der den Verkauf der Gewehre an die Apachen und einen damit verbundenen Krieg verhindern will, war außerdem der Kommandant, der den Wagenzug begleitete. Diese Mission ermöglicht ihm, die militärische Schmach des Verlusts der ihm anvertrauten Gewehre zu bereinigen. Ex-Major Lassiter entrinnt zum Einen dank des Ritts nach Mexika der engen Gefängniszelle, zum Anderen rechnet er mit weiteren Gelegenheiten, seinen privaten Krieg gegen die Apachen fortzusetzen. Rodriguez, seit jeher ein Egoist, benutzt Lassiter, vor dem Strick zu fliehen und lässt sich während der Reise keine Gelegenheit entgehen, zu seinem eigenen Vorteil zu handeln. Seargent Franklyns Ambitionen scheinen am wenigsten niederträchtig oder gefährlich, stattdessen bleiben seine Motive stets im Dunkeln. Er scheint sich stets um das Gleichgewicht in der Gruppe zu bemühen, steckt deshalb Rodriguez auch ein Messer oder ein Gewehr zu oder schneidet entgegen Havens Befehlen Lassiters Fesseln durch. Jenseits der untypisch vielschichtigen dramaturgischen Basis wartet "Rio Conchos" dennoch mit einer hohen Anzahl Western-Klischees wie dreckig lachenden Bandidos, knapp bekleideten Indianer-Squaws oder leicht bestechlichen Barmännern auf. Außerdem ist die Inszenierung von Gewalt schonungslos brutal und teilweise äußerst makaber geraten. Kameramann Joseph MacDonald fasste den Film gekonnt in überwiegend von Brauntönen dominierte Bilder. Besonders faszinierend wird der Film allerdings in der letzten halben Stunde, in der die Männer zu der Zentrale des finsteren Drahtziehers gelangen: Am Rio Conchos scharte der ehemalige Südstaatenoffizier Theron 'Gray Fox' Pardee eine kleine Armee um sich, um zum Vergeltungsschlag gegen die Union auszuholen. Die bizarre Kulisse wird von einer sich im Aufbau befindenden Plantagenvilla für den Colonel dominiert, die in ihrer grotesken Fassade mehr als fehlplatziert in der Einöde der Landschaft prangt. "Rio Conchos" ist hauptsächlich mit Schauspielern aus B-Filmen besetzt, die allerdings allesamt grandiose Darstellungen liefern. Richard Boone erlangte größtenteils in diversen Rollen als John Waynes Widersacher Bekanntheit und ist die treffende Besetzung für den verbitterten Major Lassiter. Stuart Whitman überzeugt als aufrechter Captain Haven, der allerdings nicht uneigennützig handelt und Tony Franciosa spielt Juan Luis Rodriguez gekonnt charmant. Footballspieler Jim Brown, der später als Darsteller in vielen Blaxpoitationfilmen eine zweite Karriere startete, hat in "Rio Conchos" in der Rolle Seargent Franklyns seinen ersten Filmauftritt und Wende Wagner, hauptberuflich Tauchlehrerin und  Unterwasserdouble, überzeugt als Apachenfrau Sally, die sich unfreiwillig dem Trek anschließt und auf ihrer Reise mit den vier Männern gegenüber ihren blutrünstigen Stammesbrüdern immer skeptischer wird. Besondere Beachtung verdient auch Edmond O'Brian in der Rolle als fanatischer Südstaatenoffizier Pardee. "Rio Conchos" ist ein zu Unrecht in Vergessenheit geratener Western, der, von untypischer Vielschichtigkeit geprägt und hervorragend gespielt, auch heute noch mehr als sehenswert ist.

"Rio Conchos" war die erste Zusammenarbeit zwischen Regisseur Gordon Gouglas und Komponist Jerry Goldsmith, der mit "Stagecoach", "In Like Flint" und "The Detective" drei weitere gemeinsame Filmprojekte folgen sollten. Goldsmith, der mit den beiden Western "Black Patch" und "The Face of a Fugitive" seine ersten Kinofilme vertonte, machte vor Allem kurz vor seiner ersten Oscarnominierung für "Freud" 1962 mit dem zeitgenössischen Western "Lonely Are the Brave" auf sich aufmerksam. Sein Stil war entgegen dem des Golden Age deutlich modernistischer geprägt, was den jungen Komponisten für Thriller gerade zu prädestiniert machte, doch neben Filmen wie "Seven Days in May" oder "Shock Treatment" konnte er in Filmen wie "The Stripper" auch sein melodisches Gespür unter Beweis stellen. "Rio Conchos" war mit seinen reichhaltigen Actionszenen für Goldsmith eine der ersten Möglichkeiten, seinen energetischen und kompromisslosen Stil voll auszuformulieren und zeitgleich den Umgang mit amerikanischen folkloristischen Elementen aus Filmen wie "Lilies o the Field" weiter zu entwickeln. Für die Vertonung von "Rio Conchos" verfügte Goldsmith über ein durchschnittlich besetztes Orchester, das, wie oft bei Westernmusiken, um Soloinstrumente wie Gitarre, Banjo und Akkordeon erweitert war. Besonderen Anteil an dem raffiniert ausgearbeiteten Klangbild der Partitur hat zusätzlich auch das üppig besetzte Schlagwerk, das neben dem üblichen Orchesterschlagzeug wie Pauken, kleine Trommel und große Trommel auch über Marimba, Xylophon, Tomtoms, Ratsche, Peitsche, Holzblöcke, Schlitztrommeln, Zimbeln, Schellenbäume und Tamburin verfügt. Die Musik ist thematisch konzipiert, wobei natürlich das Hauptthema eine zentrale Rolle übernimmt. Diese folkloristische Melodie mit leichtem Americana-Einschlag wird während des Vorspanns erst als Akkordeonsolo über eine dezente Begleitung des Schlagwerks gespielt, bevor es von den Holzbläsern zu den Streichern gereicht und erstmals üppig vorgetragen wird. Diese Thema begleitet die vier Männer auf ihrer gefährlichen Reise nach Mexiko und erklingt oft als kräftige Melodie der Blechbläser, die von synchopierten Rhythmen der Streicher und des Schlagwerks vorangetrieben wird oder schimmert bruchstückhaft in den Suspensepassagen durch. Auch in den Actionszenen spielt das Hauptthema eine wichtige Rolle. Hier lässt Goldsmith es oft in schrillen und dissonanten Bläserakkorden mit voller Gewalt auf hektische Streichergirlanden prallen. Lassiters Hass auf die Indianer wird in der Musik durch eine Art "Todes-Rhythmus" repräsentiert, der klar Goldsmiths Vorliebe für den frühen Stravinsky dokumentiert. Hämmernde Paukenschläge auf die Zählzeit und knackige Posaunenakkorde auf den Offbeat geben Raum für spitze Hornrufe oder ruppige Streicherlinien. Die Indianer charakterisierte der Komponist mit einer markanten Fünftonfanfare, die oft in den Holzbläsern erklingt und auch Rodriguez erhielt sein eigenes musiklaisches Material in Form eines lateinamerikanischen Habanerarhythmuses, der vom Marimbaphon intoniert wird. Neben den fulminanten Actionpassagen bestichte die Musik zu "Rio Conchos" auch durch die atmosphärisch dichten und raffiniert instrumentierten Suspense-Passagen, die hauptsächlich vom Schlagzeug bestritten werden, das mit interessanten Klangkombinationen den Rahmen für einzelne Einwürfe der tiefen Streicher oder verhaltenen Bläser absteckt. Das erste Mal öffentlich zugänglich wurde die Musik zu "Rio Conchos" in Form einer von Intrada produzierten Neuaufnahme unter Jerry Goldsmith selbst. Für diese Produktion wurde auf die Originalpartitur zurück gegriffen, allerdings nicht die vollständige Musik eingespielt. So fehlen neben einigen verzichtbaren kurzen Passagen leider auch der erste Auftritt des Todes-Rhythmus oder die rein perkussive Musik zu der Marterszene. Die digitale Neueinspielung wurde von Bruce Botnick aufgenommen und gemischt und besticht durch einen sehr ausgewogenen vollen Orchesterklang. Im Gegensatz zu den weniger gelungenen Aufnahmen zu "Patton" oder "Tora! Tora! Tora!" ist die 89er Einspielung zu "Rio Conchos" eine sehr willkommene Ergänzung zu den Originalaufnahmen in Mono, die 1999 von Filmscore Monthly veröffentlicht wurden. Die Aufnahmen haben dem Zahn der Zeit erstaunlich gut stand gehalten, allerdings ist der Klang deutlich schriller und vor Allem einzelne Instrumente des Schlagwerks wie die Peitsche oder das Xylophon stechen überdeutlich hervor. Nichts detso trotz bietet die FSM-CD ein äußerst faszinierendes Hörerlebnis, enthält sie erstmals die vollständige Filmmusik. Da die Stereo-Bänder in nicht so gutem Zustand waren, griff man auf die Monoelemente zurück, allerdings sind rund 17 Minuten der wichtigsten Passagen der Musik als Bonus auch in Stereo enthalten. Als kleines Schmankerl gibt es zusätzlich am Schluss der CD einen Auszug aus dem Begräbnisgesang der Indianer und einen Titelsong, der allerdings sehr hallig geraten ist und wegen der sängerischen Leistung Johnny Desmonds nicht zu häufigem Hören einlädt. Das Begleitheft ist, wie immer bei FSM, sehr informativ, verzichtet aber leider auf eine Beschreibung der Musik in Hinblick auf den Filmverlauf, was gerade bei einem so unbekannten Film wie "Rio Conchos" wünschenswert gewesen wäre. Darüber tröstet allerdings ein interessantes Kapitel über den generellen Einfluss lateinamerikanischer Elemente in die E- und Filmmusik des 20. Jahrhunderts hinweg. Insgesamt schuf Jerry Goldsmith mit "Rio Conchos" eine herausragende Westernmusik voller Orchestergewalt, schonungslos und dennoch raffiniert instrumentiert sowie einem lyrischen Hauptthema. Beide CDs zu dieser Musik sind leider vergriffen, wobei besonders die FSM-Ausgabe immer schwerer zu finden ist, sodass man nur hoffen kann, dass auch "Rio Conchos" in Hinblick auf die vermehrten Goldsmith-Neuauflagen möglichst schnell zum Zuge kommt.



1965

 

 

The Satan Bug - Geheimagent Barrett greift ein

Zwei Killer dringen in die geheime Forschungseinrichtung Station 3 ein, ermorden den leitenden Doktor Baxter sowie den Sicherheitschef Reagen und entwenden mehrere Kolben eines tödlichen Gases sowie den „Satanskäfer“, ein Virus, das in geringer Menge sogar innerhalb kurzer Zeit das gesamte Leben auf Erden auslöschen kann. Der Geheimdienst schaltet Lee Barrett, einen ehemaligen Agenten und zudem ehemaligen Sicherheitschef der Station ein, um sich der Sache anzunehmen, der hinter dem Vorfall einen sehr intelligenten aber auch exzentrischen Kopf vermutet. Tatsächlich trifft am Tag darauf ein Fax mit Forderungen ein, deren Verweigerung den Tod vieler Menschen zu folge hätte. Barrett nimmt an, dass die beiden Diebe Hilfe von einer Person innerhalb der Station hatten und schon bald kristallisiert sich in den Ermittlungen heraus, dass sich dieser Mann noch in dem Forschungsteam befinden muss…

Erfolgsautor Alistair MacLean wollte sich 1962 beweisen, dass nicht nur sein bekannter Name ein Buch zum Bestseller machen würde und verfasste unter dem Pseudonym Ian Stuart „The Satan Bug“. Drei Jahre später wurde das lose auf dem Roman basierende Drehbuch von James Clavell und Edward Anhalt unter der Leitung des Regisseurs John Sturges verfilmt. Sturges wendete sich mit diesem Film von seinem Format All-Star-besetzten Films wie „The Great Escape“ und „The Magnificent Seven“ ab und interpretierte dabei das Genre des Spionagefilms, das hauptsächlich von James Bond geprägt war, neu. Dabei verließ sich der Regisseur auf frische und viel versprechende Darsteller wie George Maharis, der durch die Fernsehserie „Route 66“ bekannt geworden war und Anne Francis, die bereits an der Seite von Leslie Nielsen in „Forbidden Planet“ zu sehen war. Mit Richard Baseheart und Dana Andrews waren zusätzlich zwei erfahrene Filmschauspieler von der Partie. Entgegen James Bond und vielen anderen Agenten dieser Zeit kommt Lee Barrett allerdings komplett ohne technische Spielereien aus und löst die Probleme mit seinem Kopf. Nur im Extremfall kommt es mal zu einem Faustkampf oder einem einzigen Pistolenschuss – wobei der letzte Kampf mit dem Bösewicht in einem Helikopter über Los Angeles auch heute noch nett anzusehen ist. Derartige Szenen sind in „The Satan Bug“ allerdings sehr rar gesät. Der Film enthält nahezu keine wirkliche Actionszenen und kommt angesichts der riesigen Bedrohung des „Satanskäfers“ sehr nüchtern und reserviert rüber, sodass der Film besonders heute teilweise etwas hölzern wirkt. Auch zu seinem Erscheinen war dem „Satan Bug“ kein Erfolg gegönnt, sodass der Film schnell in der Versenkung verschwand. Insgesamt bietet „The Satan Bug“ recht ansprechende wenn auch unspektakuläre Unterhaltung auf handwerklich überzeugendem Niveau, wird allerdings wegen der zurückhaltenden Inszenierung und der heute völlig unbekannten Darsteller so schnell nicht aus der Versenkung gehoben.

Jerry Goldsmith, der sich in seiner gesamten Karriere unter Anderem besonders durch seine musikalische Wandlungsfähigkeit auszeichnete, vertonte besonders zu Beginn seiner Tätigkeit viele Filme mit völlig unterschiedlichen Ansätzen und Stilistiken. Trotzdem bezeichnete er sich selbst als „seriellen Komponisten“. Besonders in „Freud“ und „Shock Treatment“ lassen sich serielle Techniken ausfindig machen, wobei Goldmsith niemals eine durch und durch dodekaphonische oder gar serielle Filmmusik schrieb. Für „The Satan Bug“ entschied sich der Komponist ebenfalls für eine modernistisch konzipierte und nahezu vollständig atonale Musik, deren Charakter zusätzlich durch die ungewöhnliche Besetzung verschärft wurde. So wurde auf den Einsatz von Violinen und Violen vollständig verzichtet, sodass die ausschließlich tiefen Streicher der Musik einen oftmals düsteren und bedrohlichen Charakter verleihen. Neben vierfach besetztem Holz standen Goldsmith außerdem eine volle Blechbesetzung sowie üppig besetztes Schlagwerk inklusive Marimbaphon, Vibraphon, Maracas, Ratsche und vieles mehr zur Verfügung. Des Weiteren lässt sich schon in dieser frühen Musik Goldsmiths Experimentierfreude mit elektronischen Elementen in seiner Musik ausfindig machen. Durch den Einsatz des Novachords und des Ultravox Synthesizers lassen sich in dem Orchester wahre Dinosaurier der elektronischen Musik ausfindig machen, wobei sie oftmals kurz und solistisch mit leichter Perkussionsunterstützung eingesetzt werden und fast nie mit dem restlichen Orchester zusammen spielen.
Goldsmith kreierte für seine Musik mehrere Motive, an denen sich teilweise seine Verknüpfung der seriellen Techniken mit traditionellen Mitteln festmachen lässt. So komponierte er für die Eröffnung eine Fanfare, die aus einer Zwölftonreihe besteht. Diese Reihe zieht sich wie ein roter Faden durch die Musik, wobei sie sogar als jazzige Klavierlinie erklingt. Meistens allerdings manipuliert Goldsmith diese Reihe mit in der Tonalität verankerten Akkorden und löst sie so aus ihrer seriellen Bedeutung und Funktion. Ein weiteres wiederkehrendes Motiv sind drei atonale Akkorde, die bereits im Vorspann gleich nach der Eröffnungsfanfare zu hören sind. Das tödliche Virus wird durch ein kurzes prägnantes Motiv charakterisiert, das meistens von einem Holzblasintrument gespielt wird und eine fallende Leiter von vier Tönen zum Kern hat. Außerdem setzt Goldsmith zusätzlich den schwirrend vibrierenden Klang des Novachords für die unheimliche Bedrohung ein. Für die beiden Killer, die die Drecksarbeit für den mysteriösen Erpresser erledigen schrieb der Komponist ein kurzes Motiv für den Ultravox Synthesizer, das im 5/4-Takt steht und eines von jenen typischen Actionostinati in seinen späteren Musiken sein könnte.
Auch die restlichen Passagen für Dialogszenen sind oftmals aus kleinen Motiven kreiert, die oftmals wiederholt werden und die einzelnen Register des Orchesters durchziehen, sodass die Musik auch ohne tonalen Zusammenhang stets leicht zu verfolgen ist.
Goldsmith nahm die Musik innerhalb von zwei Tagen auf, wobei er nur bei der ersten Aufnahmesitzung mit der vollen Besetzung zur Vertonung sämtlicher Actionszenen arbeitete. Ausgerechnet diese Bänder sind verloren gegangen und die Musik überlebte lediglich auf zu Synchronisierungszwecken angefertigten „Musik & Effekt“-Spuren. Die restlichen kleiner besetzten Passagen sind erst vor einigen Jahren in Besitz eines Sammlers gefunden worden, sodass FSM die vollständige Musik in chronologischer Reihenfolge aus den Stero- sowie den Effektbändern rekonstruieren konnte. Trotz des deutlich getrübten Hörgenusses durch die Geräuscheffekte in der Hälfte der Musik ist die Qualität der Musik ungemindert und lädt zu wiederholtem Hören ein. Das liebevoll gestaltete Booklet gibt genauen Aufschluss über die Musik (inklusive der genauen Auflistung der Instrumente und die jeweiligen Reihentöne) sowie die Entstehung des Films und speziell der CD-Zusammenstellung. Da es sich bei „The Satan Bug“ um Goldsmiths erste Sci-Fi-Blockbustermusik handelt und eine hervorragende noch dazu sei die FSM-CD zur Schließung dieser wichtigen diskographischen Lücke jedem Goldsmith-Freund ans Herz gelegt.

 

 

In Harm’s Way - Erster Sieg

Captain Rockwell W. "Rock" Torrey ist der Kommandant des schweren Kreuzers „Old Swayback“, der sich während des Angriffs der Japaner auf Pearl Harbour im Hafen aufhält und beauftragt wird, den Gegenschlag auszuführen. Doch die „Old Swayback“ wird auf See von einem japanischen U-Boot torpediert und muss umkehren, worauf Captain Torrey das Kommando entzogen wird. Sein bester Freund und erster Offizier Paul Eddington verliert während des Angriffs seine Ehefrau, deren Affären und Alkoholexzesse ein stets Gesprächsthema auf Honolulu waren. Nach der Rückkehr von der „Old Swayback“ gerät Eddington in einer Bar in eine Schlägerei und wird nach seinem Arrest als Aufseher in einem Warenlager eingesetzt während Captain Torrey einen Schreibtischjob erhält. Auf einer Party lernt er die Krankenschwester Maggie Haines kennen, deren Mitbewohner die Freundin von Torreys Sohn Jeremiah ist. Torrey hat seinen Sohn seit der Scheidung von seiner ersten Frau vor über zehn Jahren nicht mehr gesehen und die erste Begegnung im Hafen fällt äußerst kühl und ablehnend aus. Während der Vater ein aufrichtiger Offizier ist, der an die gute Sache und die wichtige Aufgabe der Armee glaubt ist dessen Sohn ausschließlich an einer guten politischen Karriere interessiert und verlässt sich auf die Unterstützung eines Senators. Im Verlauf des Krieges wird Torrey zum Admiral ernannt und erhält den Auftrag, eine von den Japanern besetzte Inselkette zurück zu erobern. Kurz vor Aufbruch vergewaltigt Eddington Jeremiahs Freundin, die daraufhin Selbstmord begeht. Eddington macht sich zu einem Erkundungsflug nach der japanischen Flotte auf, deren Aufenthalt der Marine noch unbekannt ist und wird kann diesen per Funk mitteilen, bevor er von feindlichen Fliegern abgeschossen wird. Die letzte Tat des einstigen Freundes ermöglicht Admiral Torrey nun, zu der entscheidenden Schlacht aufzubrechen…

„Erster Sieg“ war John Waynes letzter Schwarzweißfilm und läutet die späten Filme Otto Premingers ein. Abgesehen von den markierenden Wendepunkten hat die Verfilmung des fast gleichnamigen Romans von Wendell Mayes allerdings wenig Aufregendes zu bieten. Die Schuld liegt dabei nicht an Preminger, dessen Regie neben der hervorragenden Fotografie von Loyal Griggs zu den besten handwerklichen Aspekten des Films zieht, vielmehr liegt es an der fast an eine Seifenoper erinnernde Handlung, die von zwei unübersichtlichen Gefechten eingerahmt wird. Nicht nur dass sämtliche agierende Figuren reine Stereotypen sind, auch die unbeholfen vor sich hinstolpernden Romanzen zwischen besagten Charakteren ziehen sich zäh wie Kaugummi über eine Stunde hin. Dabei glänzen die Dialoge weder durch Tiefgang oder Einfallsreichtum. Stattdessen scheitert das Vorhaben, den Krieg und seine Folgen an Hand berührender Einzelschicksale zu schildern kläglich an den melodramatischen Plattitüden, die zwischen den Personen ausgetauscht werden sowie einer kruden Mischung aus langweilig vorhersehbaren oder völlig absurden Aktionen. So erscheint einem Paul Eddington als leicht draufgängerischer aber grundsympathischer Typ, dessen Wandel zum brutalen Vergewaltiger völlig ohne Vorwarnung oder sinnvolle Entwicklung vollzogen wird. Dass der für den Selbstmord eines jungen Mädchens verantwortliche seine abscheuliche Tat mit einem wertvollen Dienst für’s Vaterland und einem somit ehrenvollen Tod auszugeichen versucht, hinterlässt dabei einen mehr als bitteren Nachgeschmack. Insgesamt wird Krieg eher als eine romantisch verklärte Möglichkeit dargestellt, sich als aufrichtiger Mann zu beweisen, ein von explodierenden Schlachtschiffen überzogenes Meer wird zum Abenteuerspielplatz degradiert. Ohnehin sind die Gefechte auf dem Wasser äußerst unübersichtlich inszeniert sodass der Zuschauer sehr schnell den Überblick über Amerikaner und Japaner sowie deren einzelne Positionen verliert. Wenn zum Schluss fünf Minuten unzählige Einstellungen von explodierenden Modellschiffen aneinander gereiht werden, wünscht man sich fast die berieselnd oberflächlichen Dialoge aus dem mittleren Drittel des Films herbei. Auch die Darsteller liefern allesamt recht blasse und unspektakuläre Darstellungen. John Wayne soll gesundheitlich angeschlagen gewesen sein und ließ sich wenige Monate nach den Dreharbeiten immerhin einen ganzen Lungenflügel und zwei Rippen operativ entfernen. Sein Rockwell Torrey ist das Abziehbild eines kernigen, aufrichtigen und erfahrenen Marineoffiziers, der mit jeder Faser hinter seinen Taten steht. Kirk Douglas spielt den Paul Eddington in der ersten Filmhälfte recht ausgewogen und vermag das Gleichgewicht zwischen dem augenzwinkerndem Draufgänger und dem gebrochenen mehrfach betrogenen Ehemann und Witwer durchaus glaubhaft rüber zu bringen. Sein Wandel zum Vergewaltiger ist allerdings nur fehl am Platz. Der Rest der Besetzung besteht aus ebenfalls sehr prominenten Gesichtern wie Herny Fonda, Burgess Meredith, Stanley Holloway und Patricia Neil als Torreys Freundin Maggie Haines. Allesamt sind mehr oder weniger blass und austauschbar wie die Figuren die sie spielen. Insgesamt ist „In Harm’s Way“ ein deutlich in die Jahre gekommenes Kriegs-Epos, dessen unübersichtliche Seeschlachten, platten Liebesgeschichten und fragwürdige Romantisierung von Krieg und seinen Auswirkungen für den heutigen Zuschauer wenig unterhaltsam sein dürften.

1965 vertonte Jerry Goldsmith insgesamt drei Kriegsfilme: „In Harm’s Way“, „Morituri“ und „Von Ryans Express“. Während der Komponist für letztere mittels kleinerer Orchesterbesetzungen, modernistischen Action- und Suspsense-Passagen sowie je einem Hauptthema mit entsprechendem Lokalkolorit Musiken schrieb, die seinem frühen kammermusikalischen Denken entsprechen wählte er für „In Harm’s Way“ einen deutlich glatteren und symphonischen Ansatz. Hierfür stand Goldsmith ein normal besetztes Symphonieorchester zur Verfügung, damit die Musik dem groß angelegten Film gerecht werden kann. Im Zentrum der Musik steht das Hauptthema, welches größtenteils für Rockwell Torrey, aber auch als Liebesthema für den jungen Offizier William McConnell und dessen Frau steht. Am Filmverlauf orientiert lässt sich die Musik in zwei Abschnitte untergliedern: Für die ersten beiden Dritten des Films komponierte Goldsmith hauptsächlich ruhige Stücke die von warmen Streichern und melodischen Holzbläsersoli getragen werden. Hierzu zählen die verschiedenen Variationen des Hauptthemas als Liebesthema – insbesondere bei der Untermalung der Szenen zwischen Torrey und seiner Freundin Patricia. Das teils unbeholfene Verhalten beider Figuren wird durch fast an Golden Age erinnerndes emotionales Mickey-Mousing mit einigen albernen Klarinetten-Soli musikalisch eingefangen. Zu den starken dramatischen Momenten der Musik gehört außerdem wie Eddington seine verstorbene Frau im Leichenschauhaus identifiziert. Des Weiteren spielen verschiedene Source-Musiken, derer es im Film reichlich zu hören gibt, eine wichtige Rolle sodass neben diversen Bigband-Arrangements auf Marine-Feiern und als Radiomusik außerdem typisch hawaiianische Lap-Steel-Gitarren-Klänge und rustikale Dschungelmusik voller Pentatonik für die Ureinwohner zum Einsatz kommen. Hierbei entspricht die Musik allerdings eher westlicher Klangvorstellung geschuldeter Klischees als authentischer Folklore was ebenfalls für die kürzeren in Suspense-Momente eingebundenen pentatonischen Einsprengsel für die japanischen Soldaten zutrifft. Die feindlichen U-Boote charakterisierte Goldsmith übrigens ganz ähnlich wie das tödliche Virus in „The Satan Bug“ mittels glissandierender Perkussion und zischelnder Elektronik. Wenn der Film sich nach fast stundenlanger vor sich hin dümpelnder Melodramatik wieder auf die kriegerischen Aspekte fokussiert lässt Goldsmith das Hauptthema als ruppigen symphonischen Marsch von hellen Trompeten, schnarrenden Marschtrommeln und synchopischen Attacken der Streicher und tiefen Blechbläser erklingen. Obwohl dieser sehr stereotype Ansatz dem Film insgesamt angemessen ist schafft es der Komponist, dieses Thema in Marschform tatsächlich als 7/4-Takt erklingen zu lassen.
Insgesamt lässt sich in der Musik deutlich das frische Talent des jungen Komponisten klar erkennen, kratzt allerdings – wie der Film – klar an der Oberfläche, sodass eine sehr glatte themenorientierte Musik entstand, die allerdings noch nicht über den intellektuellen Tiefgang von „Patton“, die ausladende meisterhafte Orchestrierung von „Blue Max“, die authentischere Exotik aus „The Sand Pebbles“ oder die spannenden Einfällt aus den modernistischen Suspense-Passagen zu „Tora! Tora! Tora!“ verfügt.
Von der rund einstündigen Musik zu „In Harm’s Way“ wurde gut die Hälfte der Originalaufnahmen zum Filmstart auf LP gepresst wobei ein deutlicher Anteil von der Source-Musik bestritten wird zwischen die ein repräsentativer Querschnitt durch Goldsmith Themenvariationen, sanften Streicherpassagen und einem Actionstück verteilt wurde. Da die vollständigen Bänder anscheinend verloren sind enthalten sämtliche CD-Neuauflagen ausschließlich den LP-Schnitt. Die letzte Veröffentlichung kam aus dem Hause Intrada im Rahmen der „Special Collection“ und ist mittlerweile vergriffen – ebenso wie die vorherigen limitierten Editionen. Es lohnt sich dennoch, sich auf die Suche nach einer Ausgabe zu machen, da „In Harm’s Way“ ein interessanter Eintrag in Goldsmiths Frühwerk ist, der die Waage zwischen am Golden Age orientierten symphonischen Ansatz und dem eher nüchternen und direkten Personalstil des jungen Komponisten hält.

 

 

Von Ryans Express

Colonel Joseph L. Ryan ist ein Pilot der amerikanischen Luftwaffe und wird über Italien abgeschossen. Er überlebt den Absturz und wird von den Soldaten des faschistischen Regimes in ein Kriegsgefangenenlager gebracht, in dem hauptsächlich britische Gefangene inhaftiert sind. Das Lager wird von Major Battaglia geleitet, dessen raue Führung schon mehrere Gefangene das Leben gekostet hat. Da Ryan der ranghöchste Offizier ist, erhält er die Führung über die Häftlinge. Anfangs kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen dem britischen Offizier Eric Finchman und Ryan, da dieser keine Fluchtversuche der Gefangenen zu deren Schutz zulässt. Als die Kapitulation Italiens bekannt wird, fliehen die italienischen Soldaten bis auf Battaglia und seinen Adjutanten Oriani. Ryan kann das Todesurteil des durch die Häftlinge gebildeten Kriegsgerichtes verhindern. Nachdem Battaglia in den eisernen „Schwitzkasten“ gesperrt wurde, in dem zuvor unter Anderem ein britischer Offizier ums Leben gekommen ist, machen sich die Kriegsgefangenen mitsamt Oriani zur Flucht auf. Doch schon am nächsten Tag werden die Flüchtlinge von deutschen Soldaten überrascht und erneut gefangen genommen. In einem Güterzug sollen die Alliierten über Brenner nach Innsbruck gebracht werden. Von Ryan und den britischen Offizieren gelingt es, die Wachen zu überwältigen und den Zug zu übernehmen, doch die größte Hürde steht ihnen noch. Des Deutschen kaum bis gar nicht mächtig müssen die Flüchtlinge sich als Nazis verkleidet mit dem Zug bis in die Schweiz durchschlagen, um endlich in die Freiheit zu gelangen…

1963 erschien „Gesprengte Ketten“, der auf einer wahren Flucht von alliierten Kriegsgefangenen aus einem deutschen Lager handelt und Steve McQueen die Hauptrolle in „The Sand Pebbles“ einbrachte. „Von Ryans Express“ versucht offensichtlich, auf den Erfolgszug dieses Films aufzuspringen, erreicht aber niemals den Cahrme oder die Spannung des Vorbildes. Eindeutig als Sinatra-Vehikel geplant und umgesetzt braucht der Film eine lange Zeit, um endlich in Fahrt zu kommen. Besonders die Lagerszenen, die zur Charakterisierung der Figuren dienen sollen und eventuelle Konflikte etablieren, sind ausgesprochen holprig und teilweise zäh. Erst das mittlere Filmdrittel schafft es, Spannung aufkommen zu lassen und den sonst etwas unbeholfenen Film mit einer Prise wohldosierten Humor zu würzen. Da Captain Costanzo der einzige Gefangene ist, der die Deutsche Sprache beherrscht, muss er als Offizier Von Klemment während der einzelnen Stationen des Zugs die deutschen Soldaten in Sicherheit wiegen. Hierbei ergeben sich einige kurze amüsante, aber auch sehr brenzlige Situationen. Das Finale hingegen nimmt mit einer satten halben Stunde viel zu viel Zeit in Anspruch. Die etwas unbeholfene Regie schafft es nicht, dem Aufeinandertreffen deutscher Soldaten und der Flüchtlinge kurz vor der Schweizer Grenze die nötige Action zu verleihen. Stattdessen sieht man aneinander gereihte Einstellungen von Alliierten oder Wehrmachtssoldaten, die in den Alpen herumklettern und Granaten werfen. Hier und dort gibt es einige Explosionen und mehrere Statisten werfen sich beherzt zu Boden. Die Darsteller schienen von dem Projekt ebenfalls nicht zu Höchstleistungen angespornt, denn die Charaktere bleiben blass und stereotyp. Frank Sinatra mimt den gewitzten Ryan recht schnörkellos, Trevor Howards Major Finchman ist bemüht grantig, Sergio Fantoni überzeugt als zurückhaltender Oriani und Adolfo Celi scheint an seiner Rolle als Mini-Duce durchaus Spaß zu haben, jedoch hat man solche Figuren schon oft gesehen und wie bei fast allen Aspekten dieser Produktion fehlt auch hier das gewisse Etwas. Dass „Von Ryans Express“ von Fox nach dem finanziellen Desaster von „Cleopatra“ aus Trotz groß produziert und größtenteils vor Ort in Italien gedreht wurde kommt dem Film allerdings zu Gute, sodass man einige tolle Landschaftsaufnahmen und eine detaillierte Ausstattung zu sehen bekommt. Insgesamt ist „Von Ryans Express“ jedoch ein blasses Weltkriegsabenteuer, dass über die Zeit einiges an Patina angesetzt hat und nur bedingt zu unterhalten weiß.

1965 vertonte Jerry Goldsmith mit „The Satan Bug“ seinen ersten Blockbuster, doch auch schon zuvor hatte sich der Komponist bereits einen Namen gemacht. „Freud“ hatte ihm seine erste Oscarnominierung beschert und seine Musik zu „Einsam sind die Tapferen“ hatte sogar Bernard Herrmann beeindruckt. Goldsmith zeichnete sich in den 60er Jahren durch eine modernistischen Tonsprache und ökonomische Instrumentierungen aus. Gleichzeitig war er äußerst kreativ und schien zu jedem Film eine eigene musikalische Sprache zu finden. „Von Ryans Express“ ist ähnlich der im selben Jahr entstandenen Partitur zu „Morituri“ mit einem kleinerem Orchester besetzt und erinnert in einigen Passagen auch an die TV-Musiken – insbesondere zu „The Man From U.N.C.L.E.“ – aus dieser Schaffensphase.
Den Kern der Musik bildet das Hauptthema für Ryan in Form einer vergnügten Marschmelodie, die oftmals in der Flöte erklingt und einen Gegenpol zu den ruppigeren und harschen Passagen bildet, die zur Vertonung der Actionszenen und zur Charakterisierung der deutschen Soldaten dienen. Eine getragene und ebenso noble wie resignative Hornmelodie nimmt den restlichen Raum des thematischen Materials ein und erklingt immer dann, wenn sich das Blatt gegen die alliierten Flüchtlinge wendet. Die Actionsequenzen sind – wie für Goldsmith zu dieser Zeit typisch – mit ruppigen Rhythmen der kleinen Trommel, hämmernder Pauke und tiefgrummelndem Klavier sowie einiger Bläser- und Streicherunterstützung unterlegt. Allerdings nimmt das Schlagwerk hier noch mehr Raum ein, um den militärischen Aspekt zu unterstreichen. Die Suspense-Passagen sind mit kurzen ostinativen Elementen im E-Bass, einzelnen Klavierakzenten und dissonantem Streicherspiel sehr dicht an ähnlich gelagerten TV-Musiken des Komponisten gelehnt und verstärken mit ihrer klaren Instrumentation den schmal besetzten Klangkörper der Musik. Für kurze Momente färbt Goldsmith seine Musik mit ein bisschen Lokalkolorit mit Hilfe einiger kurzen Mandolinenpassagen. Einer der musikalischen Höhepunkte findet sich bereits zu Anfang der Musik während die Häftlinge im Lager ihre Kleidung verbrennen. Hier schichtet Goldsmith seinen Ryan-Marsch von leichter Instrumentierung mit Flöte, kleiner Trommel und Röhrenglocken zu einer regelrechten Zirkusmusik und unterlegt die wütende Reaktion Battaglias mit reinem Mickey-Mousing.
„Von Ryans Express“ erschien offiziell nur innerhalb des „Jerry Goldsmith at 20th Century Fox“-Sets des Varèse-Clubs und hierzulande in Form einer Suite auf einem Tsunami-Album mit den beiden Flint-LP-Aufnahmen. Beide Ausgaben fallen auf ihre Art und Weise unbefriedigend aus. So erscheint es merkwürdig, dass Varèse einige Stücke zu Gunsten einer alternativen Fassung des „Fire Sales“ verzichtet und insgesamt die Tsunami-Fassung mehr Material enthält. Auf der anderen Seite ist die Kombination der einzelnen Stücke als 20-minütige Suite keine gute Lösung und außerdem nicht einleuchtet, warum auch auf der Tsunami-CD vier Stücke unterschlagen wurden. Die Klangqualität ist auf beiden Fassungen gleich und kann in Anbetracht des Alters der Aufnahmen als durchweg gut bezeichnet werden. Vollständig zu hören ist der Score somit nur auf der isolierten Musikspur der Doppel-DVD-Edition aus den USA, die als Quelle für unzählige Bootlegs diente. Ehrliche Goldsmith-Freunde, die die Box nicht haben, werden aber auch mit der Tsunami-CD zufrieden sein, denn insgesamt reicht „Von Ryans Express“ nicht an die Rafinesse anderer Kriegsfilmmusiken – auch nicht „Morituri“- von Goldsmith heran und wirkt insbesondere in den Action- und Suspensepassagen austauschbar. Das Hauptthema allerdings ist ein netter melodischer Einfall und zumindest die vier Minuten des „Fire Sales“ sind es wert, ein Ohr zu riskieren.

 

 

Morituri - Kennwort: Morituri

Der deutsche Robert Crain ist Pazifist und desertiert während des zweiten Weltkriegs. Untergetaucht in der britischen Kolonie Indien wird der kultivierte Deserteur von Colonel Slatter – einem Offizier des britischen Geheimdienstes – aufgesucht und mit einem Auftrag versehen. Ein deutscher Frachter transportiert Gummi für Kriegsmaschinerie von Japan nach Europa. Da das Schiff die britische Blockade durchbrechen muss, ist es mit Sprengladungen zur Selbstzerstörung ausgestattet, die vom Kapitän zu zünden sind, sollte der Frachter in feindliche Hände fallen. Der Sprengstoffexperte Crain soll sich als Gestapo-Offizier Hans Keil während der Überfahrt an Bord des Schiffes aufhalten, die einzelnen Sprengsätze ausfindig und unschädlich machen, damit die ebenfalls für die Briten wertvolle Ladung nicht verloren geht. Crain nimmt den Auftrag unwillig an und betritt am nächsten Tag in Verkleidung das Schiff, auf dem die Verhältnisse zwischen den einzelnen Besatzungsmitgliedern gespannt sind: Kapitän Müller, der der NS-Propaganda ablehnend gegenüber steht, ist der angebliche Gestapo-Offizier ein Dorn im Auge während der erste Offizier Kruse ein treuer Befürworter der Nazis ist. Kruse selbst hatte eigentlich damit gerechnet, den Frachter als Kapitän führen zu können. Bei den Matrosen handelt es sich fast ausschließlich um politische Gefangene, die nur auf die Gelegenheit warten, eine Meuterei anzuzetteln…

„Morituri“ ist heutzutage leider trotz der beiden Hauptdarsteller Marlon Brando und Yul Brunner größtenteils in Vergessenheit geraten. Basierend auf dem Roman „Morituri“ von Werner Jörg Lüddecke handelt es sich bei dem von Aaron Rosenberg produzierten Film um einen überdurchschnittlichen Spionage-Thriller. Regisseur Bernhard Wicki, platziert seine Figuren dabei gekonnt in der ausweglosen Situation auf dem kleinen deutschen Frachtschiff auf hoher See – einem von Wassermassen umgebenen stählernen Mikrokosmos, dessen zwischenmenschliche Beziehungen von Abneigung, Misstrauen und Spannung dominiert werden. Während alle Charaktere augenscheinlich Hand in Hand für das Schiff arbeiten verfolgt jede Gruppe gleichzeitig stur ihr eigenes Ziel und repräsentiert dabei eine politische Orientierung zur Zeit der letzten Jahre des zweiten Weltkriegs.
Neben Bernhard Wickis wirkungsvoller Regie trägt neben den überzeugenden Darstellern auch die atmosphärische Schwarzweißfotografie des Kamermanns Conrad L. Halls zu der Stimmung des Films maßgeblich bei. „Morituri“ war übrigens der erste Film des ausgezeichneten Kameramanns, der später an Produktionen wie „Der Marathon Mann“ oder „American Beauty“ beteiligt war.
Auch die Darsteller machen ihre Sache mehr als gut. Marlon Brando schien von der Produktion nicht allzu überzeugt und seine teils flapsigen Kommentare in Interviews waren seine Reaktion auf die Bitte der Produzenten, den Film zu bewerben. So erklärte er einer Journalistin, dass ihr Leben erst Sinn ergäbe, hätte sie den Film „Morituri“ gesehen. Die schwierige Art des Schauspielers wird auch während des Films deutlich, da er auch hier seine schnöselige Art auf die Darstellung Robert Crains überträgt. Allerdings passt die arrogante Interpretation auf den egoistischen Pazifisten, der nichts weiter als seine Bücher und seine Musik braucht, perfekt. Yul Brunner, den man eigentlich mit dem schweigsamen Revolverschwinger oder dem Kosakenführer Turas Bulba in Verbindung bringt, liefert als Kapitän Müller eine starke Leistung ab. Er schafft es, die inneren Konflikte des Kapitäns, nachvollziehbar zu transportieren. Sein verzweifelter Wutausbruch nachdem er erfahren hat, dass seine Sohn, auf den er so stolz war, dafür belohnt wurde, ein feindliches Hospitalschiff versenkt zu haben, gehört zu den großen Momenten des Films. Als einer der ganz wenigen Kritikpunkte des Films könnte man bemängeln, dass Brunner und Brando für sich genommen hervorragend spielen, in gemeinsamen Szenen allerdings teilweise aneinander vorbei spielen, was allerdings hauptsächlich an Brando liegt. Auch die Nebendarsteller Martin Benrath als erster Offizier Kruse und Janet Margolin als jüdische Kriegsgefangene Esther, die später auf das Schiff gebracht wird, tragen zum hohen Niveau des Films bei. Ingesamt gelang Bernard Wicki ein äußerst spannender Spionage-Thriller, der handwerklich und dramaturgisch kaum Schwächen aufweist und heute leider zu Unrecht in Vergessenheit geriet.

1965 vertonte Jerry Goldsmith neben „Morituri“ zwei weitere Kriegsfilme: „Von Ryans Express“ und „In Harm’s Way“. Vergleicht man diese drei Filmmusiken fällt auf, dass „Morituri“ und „Von Ryans Express“ sich besonders in den Action- und Suspensepassagen ähneln während „In Harm’s Way“ mit seinem symphonischen Vertonungsansatz um einiges glatter und traditioneller daher kommt. Für die Musik zu „Morituri“ stand dem Komponisten ein schmal besetztes Orchester zur Verfügung, dass um Zither, E-Bass und Solovox – einen frühen Synthesizer – erweitert war. Besonders die Zither spielt eine wichtige Rolle, da sie für die europäischen Charaktere steht. Der Einsatz der Zither erinnert zusätzlich an die Musik zu „Der dritte Mann“ und auch bei „Morituri“ wird das Hauptthema während des Vorspanns und auch vermehrt im Film von der Solozither gespielt. Dieses Thema ist im ¾-Takt gehalten und von leicht melancholischem Einschlag. Zu Beginn des Films, der in Indien spielt, steuert Goldsmith wenige Minuten exotisches Lokalkolorit – hauptsächlich mit Gamelan – bei, bevor der Frachter in See sticht und hauptsächlich Suspense- und wenige Actionszenen das Steuer übernehmen. Auch wenn diese Musik ein Frühwerk des Komponisten ist zeigen sich hier schon deutlich die wichtigsten Elemente der Actionvertonung, die Jerry Goldsmith im Verlauf seiner langen Karriere beibehielt. So kommt bei einem Bootsmanöver das in tieferer Lage hämmernde Klavier zum Einsatz, ungerade Rhythmik prägt die treibenden Ostinati und auch die sehr transparente Instrumentation ist nicht nur der schmalen Orchesterbesetzung geschuldet sondern auch dem kammermusikalisch ökonomischen Denken des Komponisten und ähnelt besonders wegen des starken Bläser- und Schlagzeugeinsatzes sowie des E-Basses an ähnliche Musiken aus Goldsmiths TV-Schaffen dieser Zeit. Die Actionvertonung neigt durchgehend zu modernistisch harschen Harmonik und einige schrille Streicherfiguren erinnern außerdem an die ein Jahr zuvor entstandene Musik zu „Shock Treatment“. In den Suspense-Passagen zeichnet sich die Musik oftmals durch unerbittlich standhafte Motive auf wie die in der Harfe zu hörende Tonrepetition die an ein Uhrenticken erinnert, als Brando erstmals den Frachtraum des Schiffs erkundet oder das 5/8-Ostinato in der Pauke, als sich das Schiff durch eine Linie von englischen Schiffen manövriert. Einen weiteren Höhepunkt stellt die getragene kanonisch sich überlappende Hornpassage für die Übergabe der Gefangenen eines U-Boots dar.
Die Musik zu „Morituri“ erschien erst in den 90er Jahren erstmals auf CD und wurde von Tsunami herausgebracht. Diese Pressung wurde allerdings mit der Ausgabe von FSM hinfällig. Klanglich überraschend frisch präsentierte sich auf der FSM-CD erstmals die vollständige Musik, da im Film selbst einige Passagen umgestellt, geschnitten oder gar ganz ausgelassen wurden. Das Booklet ist mit einem sehr informativen Begleittext ausgestattet und somit lässt diese Edition keine Wünsche offen.
Insgesamt schuf Jerry Goldsmith mit „Morituri“ ein interessantes Frühwerk, das den Film maßgeblich unterstützt. Durch die schmale Orchestrierung und die Nähe der Suspense-Passagen zur TV-Musik wie „The Man From U.N.C.L.E.“ wirkt „Morituri“ allerdings ein bisschen wie ein Rohdiamant, die einzelnen Elemente noch nicht so ausgefeilt wie in späteren Kompositionen. Das Hauptthema allerdings ist in seiner Gestalt innerhalb Goldsmith Werk recht originell. Dank der vorbildlichen FSM-Veröffentlichung schließt sich nun eine weitere Lücke in der Goldsmith-Diskographie und ermöglicht einen weiteren Einblick in das frühe Werk eines talentierten Aufstrebenden Komponisten, der wenige Jahre später unvergleichliche Meisterwerke für das Kino schreiben wird.

 

 

A Patch of Blue - Träumende Lippen

Die 18-jährige blinde Selina D'Arcey wohnt mit ihrer Mutter Rose-Ann, die als Prostituierte arbeitet und ihrem alkoholsüchtigen Großvater in ärmlichen Verhältnissen. Während letzterer sich meistens in seine eigene Welt des Rausches flüchtet lässt Rose-Ann ihren Frust über sich selbst an ihrer wehrlosen Tochter aus. Ohne Schulbildung und von der Außenwelt isoliert kümmert sich die junge Frau um den Haushalt und verdient für die kleine Familie etwas Geld dazu, indem sie Perlenketten für Herrn Faber aufzieht. Dieser nimmt sie eines Tages mit in einen nahe gelegenen Park und die vielen verschiedenen Eindrücke eröffnen Selina eine völlig neue Welt. Ihr gelingt es, ihre Mutter und ihren Großvater zu überreden, am nächsten Tag wieder mit Herrn Faber in den Park gehen zu dürfen. Während sie unter einem Baum sitzt und Perlen auf die Schnüre zieht fällt ihr eine Raupe in den Nacken. Dem vorüber gehenden schwarzen Geschäftsmann Gordon gelingt es, der panischen Selina die Raupe aus dem Blusenkragen zu entfernen und zwischen den beiden entwickelt sich ein Gespräch. Gordon erfährt von dem Unfall, der sie erblinden ließ und empfindet Mitleid. Wenig später kommt er mit Essen zurück in den Park und schenkt Selina eine Sonnenbrille. Die junge Frau fasst schnell Vertrauen zu dem Unbekannten mit sanfter Stimme und auch dieser empfindet schnell freundschaftliche Gefühle. Von nun an treffen sich die beiden jeden Tag im Park und Gordon lehrt Selina, sich im Alltag zu recht zu finden, über die Straße zu und Einkaufen zu gehen. Als er sie in seine Wohnung nimmt, eröffnet Selina Gordon, dass sie ihn liebt und möchte sogar mit ihm schlafen. Doch dieser lehnt ab, denn die junge Frau weiß nichts von seiner Hautfarbe, die eine unmögliche Hürde für die Beziehung der beiden darstellt…

Die 1965 entstandene Verfilmung von Elizabeth Katayamas erstem Roman „Be Ready With Bells and Drums“ behandelt ein für die damalige Zeit sehr heikles Thema und „A Patch of Blue“ verfügt natürlich über eine gewisse Portion Elendskitsch, der – wenn nicht ausschließlich – auch der Zeit geschuldet ist. „A Patch of Blue“ wird hauptsächlich durch die inhaltlichen und äußeren Gegensätze strukturiert. Es gibt nur Gut und Böse, die Außenseiter gegen die Gesellschaft, Liebe gegen Hass. Sämtliche Charaktere sind hundertprozentige Stereotypen allen voran natürlich die völlig unschuldige und naive Protagonistin und ihre garstige hasserfüllte und frustrierte Mutter. Auch Gordon ist ein klassisches Abziehbild des Gutmenschen, selbstlos und gleichzeitig wegen seiner Hautfarbe ein Verfolgter der Gesellschaft, ein personifizierter Appell, auf innere Werte zu achten und zur Toleranz mahnend. Nicht nur zwischen den Menschen, auch in ihrer Umwelt spiegelt sich der krasse Gegensatz wider: Auf der einen Seite die Natur, der Park gegen das laute urbane Treiben. Während die Wohnung der D’Arceys ein tristes Loch bildet, in dem nur getobt, gezetert und geschrieen wird, ist Gordons geschmackvoll und modern möbliertes Apartment das Spiegelbild. Doch trotz all dieser Klischees, dem unterschwelligen Pathos und der zelebrierten Nächstenliebe vermag der Film – vielleicht gerade deshalb – zu berühren. Regisseur Guy Green erzählt die Geschichte um Gordon und Selina sehr ruhig, konzentriert sich auf die positiven Aspekte der Geschichte und versinkt nicht in einer resignativen Bitterkeit. Der lautstarke Eklat zwischen Rose-Ann und ihrem Vater verliert sich zum Beispiel nicht in anwiderndem Hass sondern schwingt in fast komödiantische Richtung, als sich die Nachbarn erst einmischen, um die beiden Streithähne zu beruhigen, letzten Endes allerdings sich selbst fast an die Hälse springen. Ein weiterer interessanter Aspekt ist, dass der Film in schwarzweiß gedreht wurde und man sich so immerhin zum Teil in die Protagonistin hinein versetzen kann. Als sie mit ihrem Großvater in den Park geht und ihn nach der Farbe der Bäume fragt, kann auch der Zuschauer selbst diese nicht erkennen. Auch die Darsteller tragen einen großen Teil zu der Wirkung des Films bei:
Sidney Portier spielt wie gewohnt sehr zurückhaltend und verleiht Gordon etwas Nobles und Würdevolles. Die junge und sehr begabte Elizabeth Hartman bietet als Selina mit ihrem kindlich-naiven Verhalten voller Gutmütigkeit den entsprechenden Gegensatz. Shelley Winters gewann für ihre Leistung als Rose-Ann sogar den Oscar für die beste Nebendarstellerin und schafft sie es, ihre Rolle überzeugend zu spielen, ohne unangenehm zu übertreiben. Auch Wallace Fords Ol’ Pa ist sehr glaubwürdig. Ford verleiht der Rolle etwas Tiefgang, indem er nicht nur den alten Trunkenbold spielt, sondern klar erkennen lässt, dass dieser mit sich selbst überfordert ist.
Insgesamt ist „A Patch of Blue“ ein sehr gefühlvoller Film, dessen wertvoller Aufruf zu mehr Toleranz zwar nicht immer einfallsreich umgesetzt, dafür aber berührend und nachvollziehbar wird.
 

„A Patch of Blue“ brachte Jerry Goldsmith die zweite Oscarnominierung nach „Freud“ (1962) ein und tatsächlich stellt diese Musik im frühen Schaffen des Komponisten ein Juwel dar. Dem Grundton des Films entsprechend wählte er einen sehr ruhigen Ansatz und besetzte ein kleines fast kammermusikalisches Ensemble aus Streichern, Holzbläsern, Harfe, Schlagzeug, Klavier, E-Bass und Mundharmonika. Die Musik geht von einem Thema aus, dem drei Elemente zu Grunde liegen: Zwei Mundharmonika-Akkorde fangen die Rahmenintervalle der Melodie ein und eine fast tänzerisch anmutende repetive Figur im Klavier bildet den Kontrapunkt zu einer zarten Streichermelodie. Dabei spielt der Klavierkontrapunkt eine gleichbedeutende Rolle wie das Hauptthema und erklingt besonders in den dramatischen Höhepunkten als verzweifeltes Motiv kraftvoll in den Kontrabässen oder fungiert in zarter Gestalt als eigene Melodielinie. Im Verlauf der rund halbstündigen Musik variiert und kombiniert Goldsmith seine Elemente und schafft eine äußerst gefühlvolle, intime und zurückhaltende Musik, die sehr im Gegensatz zu den im selben Jahr entstandenen Kriegsfilmmusiken oder modernistischen Beiträgen des Komponisten zum Thrillergenre dieser Zeit steht. Oft erklingt das sangliche Hauptthema in den Holzbläsern über warme Streichakkorde und Harfenarpeggien, umspielt die Mundharmonika die Klavierfigur. Neben den beiden etwas kraftvolleren Passagen für Selinas eigenständig unternommene Läufe durch die Stadt komponierte Goldsmith außerdem eine kurze leicht modernistische Passage für die Schilderung von Selinas Unfall. Ein stets repetierter Ton in der Harfe bildet hier das Fundament für eine leise tröpfelnde Celesta-Linie über der sich ein anschwellendes und plötzlich abreißendes Cluster in den Streichern bildet. Außerdem komponierte Goldsmith zwei gefällige Radio-Source-Musiken für Jazz-Ensemble und Rock’n’Roll-Besetzung.
Da die Filmmusik fast eine halbe Stunde dauert wurde sie nahezu vollständig für das zum Filmstart erscheinende LP-Album veröffentlicht, das später zusammen mit der Musik zu „David & Lisa“ von Mark Lawrence und hierzulande bei Tsunami mit der LP-Aufnahme von Goldsmiths „Patton“ auf CD erschien. 1997 veröffentlichte Intrada schließlich die komplette Musik in chronologischer Reihenfolge. Da die Aufnahmen von den originalen Masterbändern abgenommen wurden ist die Klangqualität für das Alter hervorragend und ein sehr informatives Booklet über Film, Komponist und die Musik rundet die Veröffentlichung ab. Leider ist die CD seit einiger Zeit vergriffen und es ist zu hoffen, dass die Musik zu „A Patch of Blue“ bald wieder erhältlich ist, denn Jerry Goldsmith schrieb hier eine wundervolle zurückhaltende Drama-Musik, deren musikalische Raffinesse und emotionale Wirkung die zu einem der ganz großen Einträge im Schaffen des Komponisten macht.



1966

 

Our Man Flint - Derek Flint schickt seine Leiche

Als MGM mit dem dritten James-Bond-Film "Goldfinger" erneut absahnte wollte 20th Century Fox nicht mehr tatenlos zusehen und schickte James Coburn als Agent 0008 ins Rennen, um die Welt vor einer skrupellosen Organisatin zu bewahren, die Frauen zu Sexeinheiten gehirnwäscht und eine friedliche Welt erschaffen will. Erzwingen wollen die drei Chefs von "Galaxy" - Dr. Wu, Schneider und Dr. Krupov - diese Vorhaben indem sie die Welt erpressen, das Wetter komplett durchdrehen zu lassen, das sie mit Hilfe ihrer Technologie steuern können.
Anstatt einen Bond-Abklatsch zu produieren, wählte 20th Century Fox glücklicherweise einen leicht parodistischen Einschlag mit vielen ironischen Elementen, die typische Bond-Manierismen auf die Schippe nehmen. So hält sich Flint direkt einen Harem von vier Schönheiten, besitzt ein Feuerzeug mit 82 Spezialfunktionen und beherrscht natürliche jede Kampfsportart. Auch die Organisation "Galaxy", deren Motive eigentlich nicht so negativ (Vernichtung der Atomwaffen, friedliche Welt), aber teilweise völlig bekloppt sind (Frauen als Lustobjekte), ist ein galanter Seitenhieb gegen die Bond-Bösewichte, die oft unter ihrer Erscheinung als reine Irre leiden, deren Motive man manchmal nur bedingt folgen kann. Was oft vergessen wird, ist, dass die Flint-Filme die eigentliche Basis der Austin-Powers-Filme sind, nicht (alleine) die Bond-Streifen sodass Powers-Kenner in den Flint-Filmen viele Parallelen finden werden."Derek Flint schickt seine Leiche" ist somit auch heute noch toll anzusehen und überaus unterhaltsam.
 

Der zu dieser Zeit bei 20th Century Fox Angestellte Jerry Goldsmith hatte schon einige Filme mit Agenten-Thematik wie "The Prize" und "The Satan Bug" vertont, jedoch entspricht die Musik zu "Derek Flint schickt seine Leiche" nicht den modernistischen Partituren mit leichten Jazz-Einlagen der oben genannten Filme. Stattdessen kommt die Flint-Musik in deutlich poppigererem Easy-Listening-Gewand mit Jazz-Combo, leichten Streichern und einigen elektronischen Einsprengseln daher. Die Musik ist hautpsächlich monothematisch auf dem Flint-Thema aufgebaut und schlüpft je nach Situation und Lokalität in ein anderes Gewand: In Italien von der Mandoline tremoliert erklingt das Thema im Strip-Lokal als röhrende Nummer. Auch die Action- und Spannungsszenen wurden hauptsächlich an Hand des Themas vertont. Im Film funktioniert die Musik hervorragend, auf CD fehlt der ständigen Hauptthemen-Variation allerdings die Abwechslung, zumal auch bei dem Thema selbst das gewisse Etwas fehlt. Immerhin wurde die Musik auch für die kommerzielle Veröffentlichung neu eingespielt (bei Tsunami erschienen) und dürfte sich damals gut verkauft haben. Dem letzten Satz im Varèse-Booklet zu den Originalaufnahmen mit dem Fazit: "Die Filme sind Kind ihrer Zeit/Die Musik zeitlos" muss ich allerdings widersprechen: Der Film machte viel Spaß, aber die Musik ist ein nettes Souvenir, weil zu sehr Kind ihrer Zeit.

 

 

Stagecoach - San Fernando

In der kleinen Stadt Tonto, Aruzona, bricht im örtlichen Saloon ein Streit zwischen zwei Soldaten um das Animiermädchen Dallas aus, der für die beiden Kontrahenten tödlich endet. Dallas wird von der Armee der Stadt verwiesen und soll am nächsten Tag die Postkutsche nach San Fernando nehmen, die bald eintrifft. In der Kutsche fährt die schwangere Offiziersgattin Lucy Mallory sowie der ängstliche Schnapsvertreter Peacock. Joshua Boone, der Doktor von Tonto, schließt sich der Prostituierten Dallas an, denn besonders die Aussicht auf eine Kutschfahrt mit einem Vertreter für Spirituosen scheint ihm sehr verlockend. Auch der Berusfspieler Hatfield verlässt die Stadt und schließt sich der Reisegruppe an. Als weiterer Gast besteigt kurz vor Abfahrt der Bankangestellte Henry Gatewood, der in der Bank seines Schwiegervaters 10 000 Dollar unterschlug und behauptet, er werde dringend in San Fernando erwartet. Begleitet wird das vom raubeinigen Fahrer Buck gelenkte Gefährt von Marshal Curly Wilcox. Diesem ist der Häftling Ringo aus dem Gefängnis entflohen und der Marshal nimmt an, dass Ringo nach San Fernando gereist ist, um dort Matt Plummer zur Rechenschaft zu ziehen, der Ringos Vater und Bruder ermordeten und ihn durch Falschaussagen ins Gefängnis brachten. Doch schon wenige Stunden nach Aufbruch macht der Marshal den ersehnten Fang: Am Wegrand sitzt Ringo, der sein Pferd verlor und bittet um eine Mitfahrgelegenheit, um nach San Fernando zu gelangen. Marshal Wilcox stimmt zu, um den Entflohenen sofort am Ziel einzusperren und von der Belohnung endlich seine Ranch aufbauen zu können. Doch zwischen Tonto und San Fernando warten zuerst viele Schwierigkeiten auf die Passagiere und den Fahrer. So kommt es nicht nur zu Spannungen zwischen den verschiedenen Passagieren, vor Allem haben die Indianer wieder das Kriegsbeil ausgegraben und halten die Strecke zwischen Tonto und San Fernando besetzt...

1939 drehte John Ford mit "Stagecoach" eins der frühen Western-Meisterwerke, das den Grundstein für dessen und John Waynes Karriere legte. Schon bei der Premiere von Publikum und Kritikern gefeiert ist dieser Film auch heute noch ein erstklassiger Western. Allerdings ist "Stagecoach" ein Beweis dafür, dass zeitlose Klassiker nicht nur heute von Produzenten als antastbar und verbesserungswürdig gelten, denn als Produzent Martin Rackin bekannt gab, dass er eine Neuverfilmung 1966 in die Kinos bringen würde, war die Empörung groß. Sogar Ford selbst schrieb Rackin persönlich einen Brief worauf dieser sinngemäß antwortete, dass es nicht seine Schuld sei, wenn Ford damals keinen guten Film gedreht hätte und Rackin jetzt die endgültige Fassung produzieren müsse. Bei der Sichtung des fertigen Films von 1966 fällt jedoch schnell auf, dass der Produzent seinen eigenen hohen Ansprüchen nicht gerecht werden konnte und stattdessen bloß einen blassen Abklatsch des Originals produzierte. Weder verfügt die Neuverfilmung über die Bildgewalt des Originals, noch vermögen es die Schauspieler (bis auf eine Ausnahme), ihren Figuren so vortrefflich Leben einzuhauchen wie die Darsteller 1939.
Einzig und alleine Ann-Margret bleibt mit ihrer leicht zynischen Darstelleung der im Kern redlichen und gutmütigen Prostituierten Dallas im Gedächtnis und lässt ihre Kollegen durchweg verblassen. Das als amüsant ausgelegte Verhältnis zwischen Bing Crosbys Doc Boone und dem von Red Buttons gespielten Schnapsvertreter Peacock ist viel zu albern geraten, Mike Connors in der Rolle des kavalierartigen Hatfields genauso wie Stefanie Powers' Lucy Mallory äußerst blass geraten und auch wenn Robert Cummings sich in der Rolle Henry Gatewoods bemüht, so fällt er einem schnell mit seinem ewigen Drängen zum völlig unangebrachtem Zeitpunkt auf die Nerven. (Frau Mallory hat ihr Kind jetzt endlich bekommen? Gut, dann können wir ja bitteschön weiterfahren!) Western-Urviech Slim Pickens liefert eine nette Leistung als einfältiger Fahrer ab, allerdings ist seine Rolle recht klein und weder Alex Cord als Ringo oder Van Heflin schaffen es, ihre Rollen überzeugend darzustellen. Zu belanglos werden die Textzeilen heruntergeleiert, zu ausdrucksschwach ist die ohnehin kaum vorhandene Mimik.
Regisseur Gordon Douglas war so ziemlich in jedem Genre tätig, doch kann seine Neuverfilmung niemals das Original übertreffen. Stattdessen setzt der Regisseur in der 1966er-Verfilmung auf ein hohes Maß an Gewalt - besonders die ersten fünf Minuten sind sehr blutig geraten. Das erste Bild nach dem Vorspann zeigt einen Soldaten, der einen Tomahawk ins Gesicht geschlagen bekommt, ein zweiter wird von hinten mit einer Lanze getroffen. Nach einem sehr blutigen Überfall der Indianer auf einen Armeestütztpunkt folgt der brutale Kampf der Soldaten im Saloon, auch hier werden Messer in den Körper gerammt und bleiben stecken, fließt das Blut. Stand im Original besonders das zwischenmenschliche Verhältnis zwischen den einzelnen Charakteren im Mittelpunkt, das von der Bedrohung durch die Indianer überschattet wurde, so versucht Gordon in seiner Version, die fehlende Stimmung durch Schockmomente wie haufenweise aufgetürmte Leichen von Soldaten zu übertuschen. Dies allerdings geht zu keinem Zeitpunkt auf, sodass "Stagecoach" aus dem Jahre 1966 nichts weiter als eine blasse und überflüssige Kopie eines zeitlosen Klassikers darstellt. Interessanterweise rollte die Postkutsche 1986 in einer TV-Verfilmung erneut über heimische Bildschirme, dieses Mal in einer obskuren Neuverfilmung mit Kris Kristoffersen als Ringo und Willie Nelson als Doc Holiday.

 Komponist Jerry Goldsmith schien von dem Film ebenfalls nicht besonders inspiriert geworden zu sein, denn seine Musik ist relativ blass geworden und hält Vergleichen mit dessen großen Würfen im Bereich der Westernvertonung nicht stand. Für die Musik stand dem Komponisten ein durchschnittlich besetztes Orchester zur Verfügung, das außerdem um folkloristische Instrumente wie Akkordeon, Mundharmonika, Banjo, Gitarre und Maultrommel erweitert war. Es fällt auf, dass Goldsmith sämtliche Actionszenen wie den ersten Angriff der Indianer zu Beginn, den Kampf im Saloon, den Überfall auf die Kutsche oder feurige Finale stets unvertont lässt. Stattdessen komponierte er eine sehr folkloristisch orientierte Musik, die neben ruppigen Actionpassagen auch die für Goldsmith typischen lateinamerikanischen Elemente sowie die für das Genre typische Americana vermissen lässt. Der folkloristische Charakter wird schon in der Musik für den Vorspann während einer ausladenden Kamerafahrt über eine Waldlandschaft voll ausgespielt: Ein Rhythmus der Maultrommel und eine kleine Figur der Mundharmonika bilden das Fundament für eine volksliedhafte Melodielinie des Akkordeons, bevor schließlich die Streicher einsetzen und Raum für das eigentliche Hauptthema schaffen. Dieses ist eine seichte wiegende Melodie, die von der Trompete intoniert wird und sich wie ein roter Faden durch die folgende Musik zieht, allerdings lässt sie den markanten musikalischen Charakter vieler anderer Western-Themen aus der Feder Goldsmiths vermissen.Neben einigen Außenaufnahmen der durch die Landschaft rollenden Kutsche, die mit einigen rhythmisierten Akkorden der Bläser und Streicher unterlegt sind, über die sich entweder der Akkordeonkontrapunkt der Vorspannmusik oder das Hauptthema selbst legen, vertonte der Goldsmith in seiner kurzen Komposition von gerade einmal 22 Minuten Länge hauptsächlich Dialogszenen, die er mit sanften Darbietungen des Hauptthemas in der Mundharmonika, den Streichern oder solistischen Holzbläsern über lang ausgehaltene Akkorde der Streicher vertont, die mit einigen Harfenarpeggien oder Gitarrenakkorden garniert werden.Zu den wenigen starken Momenten der Musik gehört die Untermalung für eine Szene, in der die Passagiere in einer Blockhütte einen Berg von Soldatenleichen entdecken. Die fröhliche und beschwingte Reisemusik schwenkt hier innerhalb weniger Sekunden in eine effektvolle Passage mit tiefen grummelnden Streichern, col-legno-Schlägen und einer archaisch anmutenden aber verhaltenen Melodie der Altflöte, die für die ständig präsente Bedrohung durch die Indianer steht.Obwohl „Stagecoach“ keine besonders starke Westernmusik Goldsmiths ist, wurde sie bereits zum Filmstart auf LP veröffentlicht. Auf Grund der kurzen Länge der Musik konnte nahezu die vollständige Partitur auf dem Album untergebracht werden. 1998 erschien die Musik schließlich auf CD und bildet die erste Veröffentlichung des renommierten Filmmusiklabels FSM. Leicht erweitert enthält die CD neben zwei kurzen Klavier-Source-Musiken aus „Stagecoach“ auch Musik aus der kurzlebigen Westernserie „The Loner“. Die sehr gut restaurierte Musik und das äußerst informative Begleitheft setzten Maßstäbe für 250 kommende Veröffentlichungen Lukas Kendalls, trotzdem dauerte es über 12 Jahre, bis die auf 3000 Stück limitierte Veröffentlichung ausverkauft war. In der Zwischenzeit erschien auch die allererste Veröffentlichung des Films nach der Kinopremiere in der „Twilight“-Reihe auf Bluray-Disc, die zusätzlich eine isolierte Musikspur enthält. „Stagecoach“ wurde schließlich 2012 von Lalaland Records neu veröffentlicht und neben einigen Minuten Musik wie weiterer Source-Stücke auch um die auf der FSM-Ausgabe fehlende Banjospur erweitert. Dennoch enthält keine der beiden CD-Veröffentlichungen die vollständige Filmmusik. Zu den prominentesten fehlenden Stücken gehört die rund einminütige Passage, die die Kusche zur ersten Raststätte begleitet. Es wäre wünschenswerter gewesen, Lalaland hätte eine andere, bedeutendere vergriffene Western-Musik des Komponisten neu aufgelegt wie „The Ballad of Cable Hogue“, „Bandolero!“ oder „Rio Conchos“, denn „Stagecoach“ ist leider einer der wenigen sehr blassen Einträge Jerry Goldsmiths, der zwischen 1960 und 1975 mehrere Western äußerst effektiv und originell vertonte.

 

 

 

The Blue Max - Der blaue Max

Bruno Stachel ist ein einfacher Infanterist im ersten Weltkrieg. Als er eines Tages im Schützengraben einen Kampfflieger beobachtet, steht sein Entschluss fest: Er möchte selbst den Kampf in der Luft aufnehmen. Schon zwei Jahre später – gegen Ende des Krieges – kommt Stachel nach der Fliegerschule in ein deutsches Jagdgeschwader unter Kommandant Heidemann. Schon die erste Begegnung des aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammenden Stachels und den anderen Offizieren adliger Herkunft verläuft nicht ohne Spannung. Den Kameraden stößt von Anfang an der verbissene Ehrgeiz des Neuankömmling auf, denn dieser hat nur ein Ziel: Den Blauen Max – die höchste Auszeichnung, die das Deutsche Reich verlieh und jedem Kampfflieger verliehen wurde, der 20 feindliche Flugzeuge abschoss. Genau dieser Orden soll Willi von Klugermann, dem Fliegerass des Geschwaders, bald verliehen werden. Gleich beim ersten Einsatz schießt Stachel ein britisches Flugzeug ab, doch da sein Kamerad ebenfalls abstürzt und das Wrack nicht gefunden wird, bekommt Stachel den Abschuss nicht angerechnet, sodass sich der ehrgeizige Pilot trotz Gewitters auf die erfolglose Suche nach dem Wrack macht und den anderen Offizieren suggeriert, das abgeschossene Flugzeug schere ihn mehr als der Tod eines Kameraden. Als Stachel einige Tage später den Schützen eines feindlichen Flugzeugs außer Gefecht setzt, will er den Piloten zur Landung auf deutschem Boden zwingen, doch kurz vor der Landung versucht der verwundete Schütze noch einmal, das Feuer zu eröffnen, sodass Stachel den britischen Flieger in Notwehr abschießt. Kommandant Heidemann glaubt, dass Stachel seinen Abschuss vor möglichst vielen Zeugen machen wollte und ist entsetzt. Doch General Baron von Klugermann, der einige Tage später eintrifft, um seinem Neffen Willi den blauen Max zu verleihen, ist der ehrgeizige Stachel sympathisch. Auch Klugermanns zweite junge Ehefrau Käti ist von dem jungen Piloten sehr angetan und die Fronten verhärten sich, als Stachel mit der hübschen Blondine ein Verhältnis beginnt, zu der auch Willie sich hingezogen fühlt. Die Rivalität der beiden Männer gipfelt schließlich in einem waghalsigen Flug-Wettstreit, bei dem Willi ums Leben kommt. Kommandant Heidemann wird sich der Gefahr bewusst, die Stachels Ehrgeiz für sein Geschwader darstellt, doch sind ihm die Hände gebunden, denn Baron Otto von Klugermann machte den jungen Kampfflieger in Berlin zum neuen Helden, um dem deutschen Volk in den letzten Kriegsmonaten noch einmal Hoffnung zu machen…

Bereits zwei Jahre nach der Veröffentlichung von Jack D. Hunters Roman „Der Blaue Max“ kam die Verfilmung in die Kinos. Allerdings gestattete sich das Autorenteam Ben Barzman, Basilio Franchina, David Pursall, Jack Seddon und Gerald Hanley einige Änderungen. Die Spannungen zwischen Willie und Stachel oder die Ablehnung Heidemanns sind im Roman nicht zu finden - im Gegenteil: Heidemann hält Stachel für den besten Piloten des Geschwaders nach sich selbst und Willi und Stachel verbindet ein freundschaftliches Verhältnis. Auch die Entwicklung Stachels vom idealistischen Piloten zum egozentrischen Ignoranten geht auf die Drehbuchautoren zurück, denn im Roman neigt der Protagonist von Anfang an zur Unehrlichkeit und übermäßigem Alkoholkonsum.
All diese Neuerungen bilden die Vorraussetzung neben den Kriegsszenen auch auf zwischenmenschlicher Ebene einen interessanten Film zu machen, allerdings sind alle Figuren ein bisschen zu statisch und zu hölzern, sodass die wahren Schauwerte des Films tatsächlich bei den brillant fotografierten und beeindruckend akrobatischen Flugszenen liegen für die mehrere Flugzeuge der Ära nachgebaut wurden. Auch die in Wahrheit irische Landschaft und die üppige Innenausstattung machen den Film heute noch sehenswert, der allerdings in den Dialogszenen deutlich Patina angesetzt hat. Das fast ausdruckslose Spiel sämtlicher Darsteller ist definitiv ein Relikt aus vergangenen Zeiten, wirkt heutzutage allerdings sehr hölzern. George Peppard ist entschieden älter als die 19-Jährige Romanfigur, Jeremy Kemps Willi von Klugermann ist recht überzeugend und auch Ursula Andress schafft es hin und wieder, das Potential der verruchten und verführerischen Käti auszuschöpfen. Lob gebührt jedoch vor Allem James Mason in der Rolle des Otto von Klugermann sowie Karl Michael Vogler als aufrichtigen Hauptmann Otto von Heidemann, die die militärischen Führungskräfte mit einer überzeugenden Balance zwischen militärischer Straffheit und menschlicher Regungen ausfüllen. Insgesamt lässt sich „Der Blaue Max“ auch heute ohne Frage gut ansehen, denn auch wenn dieser bei den Dialogszenen und allgemein der Zeichnung zwischenmenschlicher Beziehungen schwächelt so haben die herrlichen Flugszenen auch heute nichts von ihrer Wirkung verloren.

1966 hatte Jerry Goldsmith sich bereits einen Namen in der Filmszene gemacht. Mit zwei Oscarnominierungen und Kompositionen wie „Rio Conchos“ oder „A Patch of Blue“ hatte sich der junge Komponist einen mehr als stabilen Grundstein für seine Karriere gelegt. Dabei ging Goldsmith in seinen Vertonungen oft sehr ökonomisch vor, indem er kleinere Orchesterbesetzungen wählte, die er individuell für den jeweiligen Film anpasste und wählte nicht selten einen modernistischen Vertonungsansatz. Da bei „The Blue Max“ allerdings das Fliegen im Vordergrund steht, entschied sich Goldsmith für eine spätromantisch üppige Musik, deren nicht selten schwelgerischer Gestus die Freiheit und die Erhabenheit des Fliegens in Töne fasst. Für dieses Gefühl steht das Hauptthema, eine ausladende Streichermelodie, die stets weiter nach oben steigt und nicht selten in noblen Blechakkorden und einen steten Orgelpunkt in der Pauke mündet, über die sich eine Fortführung des Themas nun auch im Blech legt, deren Höhepunkt von einem Beckenschlag und schillernder Triangel gekrönt wird. Doch Goldsmiths meisterhaftes Talent spiegelt sich vor allem in der Variation dieser Melodie wider, denn auch wenn es einem nicht sofort auffällt ist „The Blue Max“ mehr oder weniger monothematisch konzipiert. Dabei erklingt das Hauptthema in so vielen Erscheinungen, dass man es oftmals fast als neues Material ausmacht. Ob als schwere Marschmelodie in moll für Actionpassagen oder heiter beschwingter Walzer für Solovioline für die ersten Annäherungsversuche Stachels gegenüber Käti, das Hauptthema lugt an allen Ecken und Ende der Musik hervor. Auch das Liebesthema basiert auf dieser Melodie, das oftmals sehr zurückhaltend im Soloklavier erklingt und an die zeitgenössische Musik eines Debussys erinnert und somit den musikalischen Geist der Epoche einfängt. Obwohl dem Komponisten ein Orchester von über 100 Musikern zur Verfügung stand gibt es auch viele zurückhaltende und sparsam instrumentierte Passagen, doch ist „The Blue Max“ ohne Zweifel eine großorchestrale Filmmusik die komplett tonal ausgelegt ist, aber dennoch Goldsmiths konsequenten Personalstil trägt. Besonders in den Actionpassagen spart der Komponist nicht an ruppigen Rhythmen, die längere Passagen in Form von dröhnenden Marschtrommeln unterlegen und sich überlappenden schweren Blechmotiven. Dabei fällt in den Actionpassagen besonders auf, dass Goldsmith über weite Strecken auf alte Formen zurückgreift, um während der rasanten Actionszenen musikalisch nicht den Faden zu verlieren. So erklingt bei Stachels erstem Einsatz ein Streicherfugato und der Rückzug der Armee ist maßgebend von einer Passacaglia unterlegt.
Goldsmith komponierte rund 55 Minuten Musik, von denen allerdings nur ein Teil im Film zu hören ist. Für damalige Verhältnisse war die Musik recht harsch wenn man sie mit den oftmals heroisierenden Kriegsfilmmusiken der damaligen Zeit vergleicht, sodass oftmals längere Actionpassagen gekürzt und umgestellt und auch einige ruhigere Stücke komplett gestrichen wurden, da John Guillermin die Musik oft zu dissonant war. Auf der zum Filmstart veröffentlichten LP fanden sich mit 38 Minuten die wichtigsten Passagen inklusive einiger Source-Stücke, die von Arthur Morton arrangiert war bevor 1985 von Varèse Sarabande 50 Minuten der Musik auf CD veröffentlicht wurden. Zehn Jahre später erschien die fast vollständige Filmmusik von Legacy bevor Intrada 2010 erstmals eine komplette Edition der neu aufgefundenen Bänder auf den Markt brachte, die mittlerweile vergriffen ist. Die Intrada-CD erweitert die Legacy-Fassung nicht nur um einige Minuten Musik sondern präsentiert die Filmmusik in um einiges besserer Klangqualität und sollte daher – wenn möglich – unbedingt in jede Goldsmith-Sammlung wandern, denn dem jungen Komponisten gelang mit „The Blue Max“ eine ebenso heroisch-schwelgerische wie actionreich-massive Partitur, deren Themenvariation und Vielfältigkeit vergebens in vielen ähnlich gelagerten Kriegsfilmmusiken ihresgleichen sucht.

 

 

The Sand Pebbles - Kanonenboot am Yangtze-Kiang

Jake Holman ist Maschinist und tritt seinen Dienst auf dem kleinen Kanonenboot – der “San Pablo” – an, da er lieber für sich alleine arbeitet. Auf der Fahrt von Peking zur San Pablo lernt er auf einem Dampfschiff den Missionar Jameson und die junge Shirley Eckart kennen, die als Lehrerin in der Mission des Predigers arbeiten wird und mit ihrem Idealismus das genaue Gegenteil zu dem zynischen und abgeklärten Holman darstellt, der Maschinen der menschlichen Gesellschaft vorzieht. Jameson und Eckart begeben sich zu der Mission in China Light, während Holman auf der „San Pablo“ eintrifft. Schon bald muss er feststellen, dass es dort nicht wie auf anderen Kanonenbooten zugeht: Während chinesische Arbeiter – so genannte „Kulis“ die Arbeit der Matrosen übernehmen, faulenzt die amerikanische Besatzung den ganzen Tag. Holman, der mit Leidenschaft Maschinist ist, sagt dieses Prinzip gar nicht zu und schon am ersten Tag kommt es zu einem Konflikt zwischen ihm und Chien, dem Aufseher der Maschinenkulis. Als Chien bei einer Testfahrt des Schiffs durch einen Fehler der Maschine ums Leben kommt, wird die Mannschaft misstrauisch und um die anderen Kulis nicht zu verärgern muss Holman einen neuen anlernen: Po-Han. Trotzdem ist das Verhältnis zwischen dem Maschinisten und der Mannschaft – bis auf Frenchy, einem Matrosen – gespannt. Frenchy hat eine Beziehung mit Mai-Li, einem Animiermädchen in einer Bar, die vor der Prostitution rettet. Die politische Situation im Land verschärft sich währenddessen und die „San Pablo“ erhält den Befehl, stets neutral zu bleiben und keine Waffen zu gebrauchen, denn die nationalistischen Parteien betrachten die Kolonialmächte als Bedrohung und werden immer gefährlicher. Als eines Tages Po-Han von seinen Landsmännern vor den Augen der Besatzung brutal gefoltert und von Holman schließlich mit einem Schuss erlöst wird, beschließt Kapitän Collins, die Mission zu evakuieren und bringt ihre Bewohner in die Botschaft von Chang-Sha. Bei der Ankunft von Chang-Sha wird die „San Pablo“ gezwungen, den ganzen Winter im Hafen zu verbringen, da rebellische Chinesen das Schiff blockieren. In dieser Zeit treffen sich Jake und Shirley erstmals seit der Dampfschifffahrt wieder und bei beiden wachsen ernsthafte Gefühle, doch Jake macht ihr deutlich, dass ihre Beziehung keine Zukunft hat. Währenddessen heiratet Frenchy Mai-Li, die er im Winter heimlich besucht und sich durch das kalte Hafenwasser den Tod holt. Anshcließend wird Mai-Li tot gefunden und Holman, der am Tag nach Frenchys Tod einen Botengang auf dem Festland erledigen sollte, für den Mord verantwortlich gemacht. Die Situation für die Besatzung scheint aussichtslos…

Obwohl Richard McKennas Roman aus dem Jahre 1962 keinen Bezug zu historischen Tatsachen hat und rein fiktiver Natur ist, wurde der Vietnam-Krieg beim Erscheinen des Films 1966 oft erwähnt. McKenna hatte selbst in den 30er Jahren auf einem Patrouillenboot in China gedient. Robert Wise wollte das Buch direkt Verfilmen, doch mehrere Schwierigkeiten wie die Suche nach einem Hauptdarsteller und Zweifel von Seiten der Produzenten bei 20th Century Fox verzögerten die Produktion. In der Zwischenzeit drehte Wise für das Studio „The Sound of Music“ – einen der erfolgreichsten Filme der 60er Jahre, sodass ihm endlich für „The Sand Pebbles“ grünes Licht gegeben wurde. Nach dem Erfolg von „The Great Escape“ bekam Steve McQueen die Rolle Jake Holmans und setzte nach dem Film für zwei Jahre aus, da sich die Dreharbeiten als sehr anstrengend erwiesen. Der Film wurde in Taiwan und Hong Kong gedreht, allerdings erwiesen sich die Dreharbeiten wegen starkem Regen und einem technischen Unfall als sehr schwierig. Steve McQueen wurde nach der Rückreise krank und somit verzögerten sich auch die Dreharbeiten in Hollywood für die Innenaufnahmen. Trotz all dieser Probleme und Hürden, die Stab und Besetzung zu überwinden hatte, ist „The Sand Pebbles“ auch heute noch ein äußerst eindrucksvolles Filmerlebnis. Brillant fotografiert, aufwendig in Szene gesetzt und mit hervorragenden Schauspielern besetzt beleuchtet der Film Einzelschicksale in einer bedrohlich politisch unruhigen Umgebung, wobei durchgehend von Pathos, Vorurteilen, überzeichnetem Nationalismus und Patriotismus wohltuend Abstand gehalten wird. Die handelnden Personen sind allesamt menschlich mit all ihren Schwächen und Stärken, nie Klischees. Der Film spricht sich deutlich für Menschlichkeit und Frieden aus, ist vom Regisseur nüchtern und realistisch in Szene gesetzt und rutscht niemals in geschmacklosen Kitsch ab. Neben der tadellosen Arbeit hinter der Kamera tragen auch die Darsteller viel zu dem Gelingen des Films bei – allen voran Steve McQueen, dem seine Rolle als zynischer Einzelgänger Jake Holman seine einzige Oscarnominierung einbrachte. Die junge Candice Bergen als Shirley Eckart beeindruckt im jungen Alter von 19 Jahren und Richard Attenborough spielt einen wohltuend fröhlichen Fenchy, dem man seine Liebe zu der Chinesin Mai-Li voll und ganz abnimmt. Diese wird übrigens von Emmanuelle Arsan gespielt, die später für ihre „Emanuelle“-Romane und deren Verfilmung berühmt wurde. Richard Crenna, der vorher hauptsächlich in Komödien zu sehen war, scheint die Rolle des militärisch strengen und idealistischen Kapitän Collins geradezu auf den Leib geschrieben zu sein. Seine berühmteste Rolle – Sam Trautman in den „Rambo“-Filmen – scheint hier ihren Ursprung zu haben. „The Sand Pebbles“ ist ein filmisch sowie darstellerisch großartiges Werk, dessen aufwendige Inszenierung mit großen Schauwerten sowie einer wertvollen Botschaft absolut sehenswert ist.

Eigentlich war Alex North als Komponist für den Film vorgesehen, doch störte der sich an der heftigen Gewaltdarstellung, sodass er den Auftrag seinem Schützling Jerry Goldsmith übergab. Dieser hatte sich in den Jahren zuvor bereits einen renommierten Namen als Film- und Fernsehkomponist gemacht und vier Jahre zuvor seinen ersten großen Kinofilm – „Lonely Are the Brave“ – vertont. Von einem modernistischen Stil geprägt, setzt er Musik oft sparsam ein und machte von für jeden Film individuell zusammengestellten Besetzungen Gebrauch, doch „The Sand Pebbles“ benötigte einen anderen Vertonungsansatz. Für den rund 180 Minuten langen Film komponierte Goldsmith 70 Minuten mit einem großen Orchester. Mit der Vertonung von Filmen mit in Asien angesiedelter Handlung war der Komponist durch „The Spiral Road“ vertraut und „The Sand Pebbles“ erweist sich neben „Tora! Tora! Tora!“ als sein bester Umgang mit asiatischen Elementen in seinem Werk, da das musikalische Lokalkolorit niemals platt und klischeehaft daher kommt, sondern stets raffiniert ausgearbeitet und in die westliche leicht modernistische Klangwelt der Partitur eingeflochten ist. Die Musik kommt zudem nie in vollem Tutti daher, stattdessen setzt Goldsmith nach seiner kammermusikalischen Vorliebe die verschiedenen Instrumentengruppen des Orchesters in immer frischen Kombinationen ein, die Musik orientiert sich konzeptionell allerdings an der themenreichen Tradition des Golden Age. Im Mittelpunkt steht eine liebliche Melodie für die Beziehung zwischen Jake und Shirley, die später auch als Song vermarktet wurde. Die ersten vier Töne des Liebesthemas sind ein motivischer Kern, von dem aus der Komponist in zwei verschiedene Richtungen geht, denn auch die „San Pablo“ erhält ein eigenes Thema, dessen erste vier Töne sich mit dem Anfang Liebesthemas decken. Holmans Zuneigung für die junge Lehrerin und seine Hingabe für die Maschinen sind so musikalisch miteinander verknüpft. Für Frenchy und Mai-Li setzte Goldsmith eine eigene, pentatnoisch stark eingefärbte Melodie ein, die ihren Ursprung allerdings in der TV-Musik zu der „Perry Mason“-Folge „The Case of the Blusshing Pearls“ hat, die dort sie die weibliche asiatisch-stämmige Protagonistin charakterisierte. Eine äußerst wichtige Funktion nimmt außerdem das klassische Seufzermotiv der kleinen Sekunde ein, das Goldsmith zu einem viertönigen Motiv ausarbeitete und als musikalische Keimzelle für einen der Höhepunkte seiner Vertonung verwendete: „Death of a Thousand Cuts“. Nachdem Holman seinen Freund Po-Han getötet hat, spiegelt die Musik in der ewigen Wiederholung des Seufzermotivs Holmans Verzweiflung eindrucksvoll wider und mündet in einer fast konzertanten Steigerung in einem dissonanten Aufschrei aus Trauer und Schmerz. Goldsmith setzt dieses viertönige Motiv sonst nur noch zweimal in der ganzen Musik ein. Auch die Actionpassagen klingen voll und ganz nach dem Komponisten, sind raffiniert gefertigt und verlieren sich nie in großorchestralem Bombast oder Chaos. Stattdessen setzt Goldsmith hier schon seine ostinativen Streicherakkorde und grummelnden Klavierläufe ein, die später so bezeichnend für seine Actionmusik werden sollten. Besonders beeindruckend ist auch die Musik zum Showdown, in der der Komponist über 8 Minuten eine streng durchorganisierte und unglaublich dichte von Motivpartikeln durchzogene Klangschichtung über lange Zeit entwickelt und schließlich zum vollen Ausbruch steigert.
Zum Erscheinen des Films wurde ein Album mit 35 repräsentativen Auszügen der Originalaufnahmen – dirigiert von Lionel Newman - veröffentlicht. 1997 ergriff Jerry Goldsmith das erste Mal selbst den Taktstock, um eine erweiterte Fassung für Varèse-Sarabande neu einzuspielen. Im Gegensatz zu der für die gleiche Serie entstandene Neueinspielung zu „Patton“ und „Tora! Tora! Tora!“ ist die Aufnahme der „Sand Pebbles“ sehr gelungen und die etwas halligere Akustik tut der Musik keinen Abbruch. Der Varèse-Club veröffentlichte 2002 eine „Deluxe Edition“ mit der fast vollständigen Musik in klarem Stereo und einem sehr ausführlichen Begleittext, der allerdings leider verschweigt, warum diverse kürzere Stücke nicht zu auf der CD enthalten sind.
Diese wurden schließlich 2011 von Intrada in einer 2-CD-Edition veröffentlicht mit der vollständigen Filmmusik auf CD 1 und einer zweiten CD mit Album-Schnitten und alternativen Fassungen sowie Source-Musik. Das Klangbild der Intrada ist deutlich schärfer im Gegensatz zu der etwas dumpferen aber weniger schrillen Club-CD. Dabei verliert die 2-CD-Edition definitiv auf dem Gebiet des Begleittextes. Die von Julie Kirgo gefüllten Seiten sind ebenso wie ihre Ausführungen zu „Patton“ größtenteils belanglos und teilweise recht krude. Der anschließende „Tech Talk“, dessen roten Faden der 11. September bildet, schweift ebenfalls stark ab.
Nichts desto trotz sei der Kauf der Intrada-Fassung jedem Filmmusik-Hörer ans Herz gelegt, da sie eine vorzügliche Präsentation der Musik bildet. Jerry Goldsmith schuf nämlich für „The Sand Pebbles“ ohne Frage eines seiner besten Werke.

 

 

The Flim-Flam Man - Der tolle Mister Flim-Flam

Der junge Curly desertiert von der Armee und befindet sich auf der Flucht. Er versucht, auf einen Zug aufzuspringen, der ihn weit weg bringen soll, doch als er gerade in den anfahrenden Zug klettern will beobachtet er, wie ein anderer Mann aus einem Viehwaggon geworfen wird. Curly fasst sich ein Herz, springt ab, hilft dem älteren gut gekleideten Mann auf und nimmt ihn mit in sein Versteck. Dort offenbart der Alte Curly seine Identität: Mordecai Jones ist ein alter erfahrener Trickbetrüger, der seinen gesellschaftlichen Auftrag in der Läuterung all jener sieht, die habgierig ihr Geld vermehren wollen. Für diese Tätigkeit braucht er öfters einen Partner und aus Geldmangel sowie Abenteuerlust schlägt Curly ein. Nachdem sie erfolgreich einen Ladenbesitzer und dessen Kunden mit einem Kartentrick über’s Ohr gehauen haben müssen die beiden fliehen und stehlen bald darauf das Auto der jungen Bonnie Lee Packard. Dadurch wird die Polizei auf die beiden Flüchtlinge aufmerksam sodass Jones eine zerstörerische Verfolgungsjagd durch die Stadt startet, in deren Verlauf das Fluchtauto komplett zerlegt wird. Nach einer geglückten Flucht in dem Lastwagen eines Schnapsbrenners gehen Jones und Curly weiteren Betrügereien nach. Dabei wird sich der junge Mann immer stärker der habgierigen Natur der Menschen bewusst. Da er sich außerdem in die schöne Peggie Lee verliebt hat, eröffnet er Mordecai Jones, er wolle aus der Branche aussteigen, doch soweit soll es nicht kommen. Schon am näcsten Morgen werden die beiden von Polizisten geweckt und abgeführt…

Bevor Irvin Kershner seine Karriere mit „Star Wars Episode V: Das Imperium schlägt zurück“ krönte und nachfolgend „Sag’ niemals nie“ oder „Robocop 2“ drehte, entstanden unter seiner Regie Filme wie „Face in the Rain“oder „S*P*Y*S“, in denen Kershner seine Vorliebe für skurrile Charaktere und verschrobene Handlungen auf Zelluloid fasste. Auch „The Flim-Flam Man“ zählt zu diesen früheren kleineren Arbeiten, die allerdings das Potential des Regisseurs klar unter Beweis stellen. Mordecai Jones ist ein gewiefter Trickbetrüger, der seine Tätigkeit durch einen sich selbst auferlegten gesellschaftlichen Auftrag rechtfertigt. Dabei ist Jones kein durchgängig augenzwinkernder Charakter noch ein verbitterter alter Mann, der seinen Frust über menschliche Eigenschaften zerknirscht an seinen Opfern auslebt. In „The Flim-Flam Man“ steht ohne Frage der Spaß an erster Stelle ohne jedoch die einher gehende Melancholie und Ernsthaftigkeit vermissen zu lassen, sodass eine sehr ausgewogene Stimmung vorherrscht und letzten Endes mehr als ein Funken Hoffnung bleibt. Neben nachdenklichen Dialogen zwischen Jones und seinem Schüler Curly inszenierte Kershner ebenso wirkungsvoll wie witzig mehrere haarsträubende rasante Verfolgungsjagden, in denen klassische Slapstick-Elemente voll zum Einsatz kommen und einiges zu Bruch geht. Dabei stellen die Polizisten nie eine ernsthafte Gefahr dar sodass man sich voll und ganz an den zerstörerischen Schauwerten dieser Szenen ergötzen kann. Außerdem fängt der Film die Stimmung der ländlichen Gegen um Arizone in der Mitte der 60er Jahre mit tollen Landschaftsaufnahmen – insbesondere der Schienenfahrt“ – toll ein.
George C. Scott ist mit seinen buschigen Augenbrauen und der tief brummelnden Stimme die ideale Besetzung für die Rolle des Mordecai Jones. Ihm zur Seite steht Michael Sarrazin als Curly, der mit dieser Rolle seinen ersten Filmauftritt hat und diesen sehr gut meistert. Sue Lyon überzeugt als engelsgleiche Bonnie Lee und Harry Morgan bietet einen grandios verbissenen und kernigen Kleinstadtsherrif.
Insgesamt ist „The Flim-Flam Man“ eine charmante Gaunerkomödie, die neben Witz und Humor auch einige philosophische Inhalte transportiert.

Für die Musik zu „The Flim-Flam Man“ war Jerry Goldsmith verpflichtet, der in den 60er und 70er Jahren einige kleinere Dramen und Komödien mit amerikanisch-folkloristischem Lokalkolorit vertonte. Dabei griff Goldsmith meistens auf eine kleinere Orchesterbesetzung zu, die er um bestimmte Instrumente erweiterte. Hierzu zählt neben der Mundharmonika das Banjo, die Gitarre oder das Akkordeon und „The Flim-Flam Man“ nutzte der Komponist außerdem noch ein elektronisch verfremdetes Klavier, dessen sehr trockener Klang an alte Saloon-Pianos erinnern. Ein kleines Schlagwerkensemble bestehend aus Triangel, Holzblock, kleiner Trommel und Marimbaphon sorgt für rhythmische Unterstützung. Für den Protagonisten Mordecai Jones schrieb Goldsmith ein sehr verschmitztes Thema, das während des Vorspanns erst von der Mundharmonika über gezupften Kontrabass mit leichter Unterstützung des Akkordeons gespielt und anschließend von den Streichern übernommen wird. Die meisten melodischen Passagen werden von diesem Hauptthema bestritten, das im Verlauf der Musik verschieden variiert wird. Bei den rasanten Verfolgungsjagden hob Goldsmith zusätzlich zu den sichtbaren Slapstickelementen den Spaß an der Sache hervor indem er treibende Orchesterpassagen komponierte, die stark an Square-Dance-Musik erinnern und von dem Klavier garniert werden. Auch hier kommt oftmals das Hauptthema diesmal in heroischem Gewand in Form einer starken Hornmelodie zum Einsatz. Die Gespräche zwischen Jones und seinem Schüler Curly sowie dessen heimliche Treffen mit Bonnie Lee unterlegte der Komponist mit gefühlvollen Passagen, die von warmen Streicherklängen und zarten Holzbläsersoli geprägt sind. Ein weiteres musikalisches Glanzlicht stellt die Vertonung einer Szene dar, in der der erfinderische Mordecai Jones einen Truck wie einen Zug auf Schienen fahren lässt. Hier lässt Goldsmith durch eine mit Besen gespielte kleine Trommel klassische Zuggeräusche imitieren, über die er eine heitere Melodie legt.
Insgesamt ist die Musik zu „The Flim-Flam Man“ eine sehr charmante und raffinierte Komposition, die über bloße Anbiederung an das amerikanische Volksidiom weit hinausgeht, ohne die musikalischen Wurzeln zu persiflieren. Dabei trifft Goldsmith stets den Nerv der vertonten Szene und verleiht dem unterhaltsamen Film ein entsprechend klingendes Gewand. Erstmals auf CD erschien die Musik auszugweise auf der streng limitierten Dinner-CD der Film Music Society, die später identisch von dem Tsunami-Label veröffentlicht wurde, bevor FSM eine vollständig autorisierte Fassung nachreichte (zusammen mit der stilistisch ähnlich gelagerten Musik zu „A Girl Named Sooner“). Der für diese CD neu erstellte Stero-Mix lässt die Musik trotz ihres hohen Alters sehr frisch und klar klingen, allerdings handelt es sich hier nicht – wie von FSM angegeben – um die vollständige Musik. Die Passage zu Curlys Flucht, die aus Reminiszenzen an die Verfolgungsmusik vom Beginn des Films besteht, aber um einen weit gröberen Kontrapunkt des Klaviers erweitert wurde, findet sich leider nicht auf dem Album, obwohl es gerade die sehr ruhige zweite Hälfte der Musik aufgelockert hätte. Das Booklet ist wie üblich sehr informativ, verzichtet allerdings leider auf die typische Analyse der einzelnen Stücke in Hinblick auf filmische Handlung, was besonders bei unbekannten Filmen dem Hörgenuss sehr zuträglich ist. Abgesehen von diesen beiden minimalen Kritikpunkten ist „The Flim-Flam Man“ eine sehr zu empfehlende Musik, die in keiner Goldsmith-Sammlung fehlen sollte und auch vielen anderen Filmmusikfreunde Freude bereiten dürfte.



1967

 

Hour of the Gun - Die Fünf Geächteten

 

In Tombstone hat sich die Lage zwischen dem Rancher Ike Clanton mit seinen Anhängern und den Brüdern Wyatt, Morgan und Virgil Earp zugespitzt, die zusammen mit Doc Holliday das Amt des City Marshals vertreten. Clanton beschäftigt auf seiner Ranch mehrere Männer, die der Bande der "Cowboys" angehören und die in illegale Machenschaften wie Viehdiebstahl und Raubüberfälle verwickelt sind, während die Earps die Interessen der Stadt vertreten. Nachdem Clanton öffentlich gedroht hat, die Earps umzubringen, kommt es am 26. Oktober 1881 gegen 14:30 auf einer freien Parzelle hinter dem Mietstall zu einer gewaltvollen Auseinandersetzung von gerade einmal 30 Sekunden. Bei der Schießerei sterben Ike Clantons Sohn Billy sowie die Brüder Frank und Tom McLaury, die beide den "Cowboys" angehören. Die Gebrüder Earp und Doc Holliday werden von Ike Clanton wegen Mordes angeklagt, aber wegen widersprüchlicher Aussagen der Zeugen freigesprochen. Anschließend kandidiert Virgil Earp für das Amt des City Marshals, wird allerdings von den "Cowboys" aus dem Hinterhalt erschossen. Der Friseur der Stadt kann den Vorfall beobachten, verweigert aber, aus Angst um seine Familie, vor Gericht auszusagen, sodass die Mörder freigesprochen werden. Morgan kandidiert nun an Virgils Stelle für das Amt des City Marshals und wird am Tag der Wahl während eines Billardspiels aus dem Hinterhalt erschossen. Obwohl er gewonnen hat, bekommt nun Pete Spence, einer von Clantons Männern das Amt. Die Earps und Doc Holliday verlassen vorläufig die Stadt, doch bald darauf kehren Wyatt Earp, Doc Holliday und Sheriff Sherman McMasters aus Tucson mit Haftbefehlen in der Tasche nach Tombstone zurück. Dort teilt der Stadtrat ihnen mit, dass auf die Mörder der Earp-Brüder eine Belohnung ausgesetzt ist. Doc Holliday wirbt mit seinen alten Bekannten Jack Vermillion und Creek Johnson zwei Hilfsheriffs an. Als die Gruppe wenig später Rast macht, kommt ihnen der ausgeraubte Lohntransport entgegen, der die Gelder für die Minenarbeiter transportierte und der sterbende Fahrer kann vor seinem Tod mitteilen, dass der Überfall von Marshal Spence ausgeführt wurde. Alleine macht sich Wyatt Earp auf die Suche nach Spence und trifft ihn an einer naheliegenden Poststation, wo er ihn erschießt. Wegen des Verlusts der Belohnung, die nur auf die lebendige Ergreifung ausgesetzt war, kommt es zu einem Streit zwischen Wyatt Earp und Doc Holliday, worauf hin letzterer in die nächste Stadt reitet, um sich zu betrinken. Hier begegnet er dem zweiten Mörder, Curly Bill Brocius, doch bei der Verhaftung kommt es zu einer Schießerei, in der Brocius von Wyatt Earp, der Holliday nachritt, mit einem sauberen Schuss in die Stirn getötet wird. Nun wird Holliday klar, dass sein Freund weder an der Gerechtigkeit noch an der Belohnung interessiert sind, sondern sich auf einem brutalen Rachefeldzug befindet...

1957 drehte John Sturges mit "Zwei rechnen ab" einen einflussreichen Western-Klassiker, der auch heute noch kaum etwas von seiner handwerklichen Brillanz oder allgemeinen Wirkung eingebüßt hat. Genau zehn Jahre später versammelte der Regisseur seine Protagonisten um die Schießerei am O.K. Corral erneut für eine inoffizielle Quasi-Fortsetzung: "Hour of the Gun". "Zwei rechnen" ab basierte auf einem die Schießerei schildernden Zeitungsartikel, der sich allerdings nicht streng an die Fakten hält, sodass beispielsweise Ike Clanton am Ende des Films am O.K. Corral erschossen wird, obwohl er in Wahrheit unbewafnnet war und floh. Mit "Hour of the Gun" wollte Sturges die Folgen der berühmten Schießerei beleuchten und hält sich weitegehend an die historischen Fakten - ein Vorsatz, der schon im eingeblendeten Text nach dem Vorspann deutlich wird: "Dieser Film zeigt, was wirklich geschah". Das Drehbuch wurde von Edward Anhalt basierend auf dem Buch "Tombstone's Epitaph" (so nannte sich eine der beiden örtlichen Zeitungen) von Douglas D. Martin verfasst und konzentriert sich nach den Anschlägen auf Virgil und Morgan Earp auf den Rachefeldzug von Wyatt sowie den daraus resultierenden Bruch zwischen Wyatt Earp und Doc Holliday. Dauerte die Schießerei am O.K. Corral noch fünf Minuten, hält sich Sturges in "Hour of the Gun" näher an die Fakten, die Gerichtsverhandlungen werden sehr detailliert geschildert und in der Szene beim Bestatter nimmt Sturges auch auf ein historisches Foto von den aufgebahrten Opfern der Schießerei bezug. Doch schnell macht sich der Eindruck breit, dass Sturges bei seiner fast dokumentarischen Schilderung der Ereignisse die technische Raffinesse des Vorgängers vermissen lässt, nahezu sklavisch an den Fakten klebt und das der Geschichte hörige Drehbuch sämtliche Darsteller in ihren Möglichkeiten einengt. Offensichtlich als Charakterstudie eines von rachsucht gezeichneten Wyatt Earps angelegt, wird den geschichtlichen Abläufen viel zu viel Raum gelassen, sodass eine tiefgründige Zeichnung des Protagonisten in den Hintergrund rückt und der Film überraschend kühl und anteilnahmslos geraten ist. Dabei standen Sturges vortreffliche und Western-Erprobte Schauspieler zur Verfügung. James Garners grimmige Darstellung Wyatt Earps birgt jede Menge Potential, verblasst allerdings innerhalb der Konzeption des Films genau wie Jason Robarts bärbeißiger Doc Holliday. Es wäre ratsam gewesen, das Potential beider zu nutzen und das zwischenmenschliche gespannte Verhältnis zwischen den beiden Männern zu beleuchten. Als Gegenspieler Ike Clanton ist Robert Ryan zu sehen, der ebenfalls eine sehr gute Leistung abgibt und vielleicht noch am meisten vermag, seine Figur zu zeichnen. Auch Bill Fletcher in der Rolle des korrupten Sheriffs Jimmy Bryan ist nicht nur optisch treffend besetzt und hinterlässt einen merklichen Eindruck.
Letzten Endes ist "Hour of the Gun" ein bemerkenswerter Western, der unüblich großen Abstand von der Heroisierung seiner Protagonisten Abstand nimmt, aber leider durch seinen Vorsatz, die wahren Ereignisse zu schildern, nicht seiner eigentlichen Intention nachkommen kann, eine Charakterstudie einer Westernlegende zu sein und dadurch auch seine mehr als fähigen Schauspieler vernachlässigt.

 Für die Filmmusik wurde der Komponist Jerry Goldsmith verpflichtet, der mit “Hour of the Gun” wahrscheinlich die konventionellste Westernmusik seiner gesamten Laufbahn schrieb. Auch wenn er in Fußstapfen von Komponistengröße Tiomkin stieg, der „Zwei rechnen ab“ vertont hatte, klingt die Musik durch und durch nach Goldsmith, denn der Komponist knüpft in keinster Weise an die Musik zum Vorgänger an. Für die Vertonung des Films stand ein durchschnittlich besetztes Orchester zur Verfügung, das zusätzlich um typische folkloristische Elemente wie das Akkordeon oder die Gitarre erweitert war und dank des versierten Umgang des Komponisten mit dem Klangapparat entstand eine orchestrale und vielseitige Westernmusik. Im Zentrum der monothematisch konzipierten Partitur steht das Hauptthema, welches über einen großen Americana-Einschlag verfügt und das während des nahezu fünfminütigen Ganges der Earps zum O.K. Corral zu Beginn des Films erstmals erklingt. Über leichte Einwürfe des Schlagwerks, zittrige Liegetöne der Streicher und einiger anschwellenden Bläserakkorde erklingt die Melodie zuerst in der Gitarre und wird schließlich vom Akkordeon abgelöst. Goldsmith zieht seine eigentlich kräftige Melodie deutlich in die Länge und lädt die bedrohliche Szene zusätzlich mit einer ungeheuren Portion Spannung auf. Nahezu unverändert wird das Thema von anderen Instrumenten solistisch aber stets verhalten über die stärker werdende Begleitung des Orchesters gespielt, bis die Musik schließlich beim Aufeinandertreffen beider Parteien zu einem ersten Höhepunkt kommt. Wie so oft ließ Goldsmith entscheidende Momente – im diesen Falle die eröffnende Schießerei – unvertont.Im weiteren Verlauf der Musik gewinnt Goldsmith dem Hauptthema immer neue Facetten ab. So bringt er während Morgans Sterbeszene dieses Thema in sich kanonisch überlagernden Schichten in den Streichern zu einem schmerzhaften Ausbruch voller Wut, Verzweiflung und Trauer, lässt es bei dem letzten Gespräch zwischen Wyatt Earp und Doc Holliday als sanfte Elegie in den Violinen erklingen oder bringt es in bester Westerntradition als glorreiche Hornmelodie über rhythmische Begleitung des ganzen Orchesters zur Blüte. Doch auch jenseits des Hauptthemas komponierte er charaktervolle Stücke wie die Musik zu der Szene, in der Wyatt Earp und Doc Holliday mit der Hilfe von mexikanischen Soldaten Viehtreiber von Clanton überwältigen. Der schnelle boleroartige Rhythmus der Castagnetten und die üppigen Klänge der Streicher nehmen die knappe fünfzehn Jahre später entstandene Musik für „Cabo Blanco“ vorweg. Zum Filmstart wurde ein LP-Album mit der Musik zu „Hour of the Gun“ veröffentlicht, wobei der Schwerpunkt durch die Auswahl der einzelnen Stücke auf den großorchestralen und melodischen Passsagen liegt. Einzig de Vorspannmusik bildet den gesamten Anteil der im Film reichhaltig vertretenen Suspense-Passagen. Stattdessen eröffnet das Album eine poppige Ballade, die auf dem Hauptthema basiert. Dieses Arrangement ist im Gegensatz zu ähnlichen Versuchen bei „Tora! Tora! Tora!“ oder „Logan’s Run“ recht gut gelungen und bildet eine schöne Eröffnung des tadellos geschnittenen Albums. Erstmals auf CD veröffentlicht wurde die Musik von Intrada, bevor sich Varèse den Aufnahmen annahmen und den LP-Schnitt chronologisch sequenzierte. Da anscheinend die Originalbänder der Musik jenseits der für das Album verwendeten Stücke nicht mehr erhalten sind, wählte Promethus Records „Hour of the Gun“ als erste Veröffentlichung einer neuen Reihe mit neu eingespielten Goldsmith-Werken. Diese Neueinspielung ergänzt die bereits bekannten Passagen mit rund 20 Minuten neuer Musik und einer Konzertsuite mit Stücken aus der TV-Musik „The Red Pony“, deren vollständige Originalaufnahmen beim Varèse Club erschienen sind. Insgesamt schuf Jerry Goldsmith mit „Hour of the Gun“ eine stimmungsvolle Partitur, die aber zeitgleich seine konservativste Westernmusik sein dürfte.

 

 

Derek Flint - hart wie Feuerstein (In like Flint)

Wie auch der erste Film strotzt der Film vor parodistischen Elementen, funktioniert aber trotz aller Späße auch als Agentenfilm. Flint beherrscht hier nicht nur jede Kampfsportart, sondern kann natürlich auch mit Delphinen sprechen. Besonders schön ist die Handlung um eine Gruppe Frauen, die ihre Geschlechtsgenossinnen mittels Gehirnwäsche für ihre Sache - eine von Frauen geleitete Welt - gewinnen wollen. Ein schöner Hieb gegen die damals aufkommende Emanzipationsbewegung. Dass die Gehirnwäsche mittels Frisierhauben und somit einem fast altbacken spießigen Hausfrauengerät erreicht wird, setzt der Parodie gelungen die Krone auf. Letzten Endes ist es allerdings sehr schade, dass Fox sich nach der Überschwemmung des Kinos und TVs mit zig Agentenfilmen nicht mehr dazu durchringen konnte, einen weiteren Flint-Film zu drehen obwohl auch "In like Flint" durchaus erfolgreich war. Der leicht parodistische Ansatz hätte dem Genre wahrscheinlich auch damals schon sehr gut getan.

Jerry Goldsmith schrieb für diesen Film einen leichten Jazzwalzer als neues Hauptthema, das einen deutlich größeren Ohrwurmcharakter als das eigentliche Flint-Thema besitzt, das natürlich auch wieder auftritt. Doch glücklicherweise löste sich der Komponist bei dieser Filmmusik von seinem fast durchgängig poppigen Easy-Listening-Charakter und schöpft öfter aus den Vollen. Umso ärgerlicher, dass viele orchestralere und blechlastigere Passagen nicht nur auf der LP-Einspielung fehlten, sondern auch bei der Varèse-CD mit den Originalaufnahmen unter den Tisch fielen.



1968

 

Planet of the Apes - Planet der Affen

Laut einer Theorie vergeht in einem Raumschiff, dass fast mit Lichtgeschwindigkeit reist, innerhalb weniger Sekunden so viel Zeit, wie auf der Erde Jahrzehnte. Um das zu testen, schickt man ein Raumschiff mit vier Astronauten an Bord für sechs Monate auf eine Reise durchs all, um mindestens 2000 Jahre später wieder auf der Erde zu landen. Die vier Freiwilligen, die sich melden sind George Taylor, Landon, Dodge und als einziges weibliche Besatzungsmitglied die Astronautin Stewart. Während Dodge neugierig ist und Landon etwas Besonderes vollbringen will, ist der Misanthrop Taylor von dem kriegerischen Treiben der Gegenwart angewidert. Die vier Weltraumfahrer befinden sich während des computergesteuerten Landeanflugs auf den Heimatplaneten in einem künstlichen Tiefschlaf, aus dem sie durch einen Aufprall aufgeschreckt werden. Anscheinend gab es einen Fehler in der Berechnung, sodass das Schiff seine Besatzung auf einem einsamen Planeten abgesetzt hat. Mit Schrecken müssen die drei Männer kurz bevor das Raumschiff in einem See versinkt feststellen, dass Stewart bereits während des Fluges durch einen Fehler bei der Sauerstoffzufuhr in ihrer Schlafkabine verstorben ist. Völlig orientierungslos machen sich Taylor, Landon und Dodge auf der Suche nach Wasser und anderen Lebensformen. Halb verdurstend gelangen sie an eine Wasserstelle, in der sie ein Bad nehmen. Da werden ihnen ihre Anzüge und die Ausrüstung von primitiven Lebensformen gestohlen. Nachdem die drei Männer die Verfolgung aufnahmen stellen sie verdutzt fest, dass es sich bei den Dieben um primitive Menschen handelt, die in der Wildnis leben und stumm zu sein scheinen. Bevor sich die Bestohlenen allerdings ihre Sachen zurückholen können, fallen berittene Eindringlinge über sie und die anderen Menschen her. Bei diesen Angreifern handelt es sich um berittene Gorillas, die über entwickelte Schusswaffen verfügen und die fliehenden Menschen entweder töten oder einfangen. Während Dodge noch auf dem Feld zu Tode kommt, wird Taylor am Hals verwundet und in die Stadt der Affen gebracht. Hier erfährt er bald, dass dieser Planet von Affen beherrscht wird, die in einer strengen Hierarchie leben. In den Grundsätzen des Zusammenlebens ist die Wissenschaft klar den religiösen Dogmen unterstellt und der Mensch wegen seiner Unfähigkeit zu sprechen, als niedere Wesen angesehen. Wegen seiner Verwundung ist es Taylor im Moment nicht möglich, zu sprechen und so scheint auch ihn dasselbe Schicksal wie seinen Artgenossen zu erwarten…

In dem 1963 von Pierre Boulle veröffentlichten Roman „Planet der Affen“ beschreibt die Flaschenpost eines menschlichen Raumfahrers, die im All umherschwebt und von einem Pärchen gefunden wird, wie er auf einen fremden Planeten reiste, wo die Menschen von Affen beherrscht werden. Als er von diesem Planeten in Lichtgeschwindigkeit auf die Erde reist, sind Jahrhunderte vergangen und auf dem Heimatplaneten des Raumfahrers haben sich nun die Zustände auf dieselbe Art und Weise umgestellt. Rod Sterling verfasste ein Drehbuch nach diesem Roman, das später von Michael Wilson umgeschrieben wurde. Statt der umgekehrten Gesellschaft steht in Wilsons Fassung die Tragödie um den Menschen im Mittelpunkt, der durch seine Zerstörungswut selbst die Schuld an der Affenherrschaft trägt. Diese Fassung wurde 1968 von dem Regisseur Franklin Schaffner verfilmt, der mit diesem Meilenstein der Filmgeschichte seinen Durchbruch hatte. Mit seiner extrem pazifistischen Aussage war der Film zur Zeit des kalten Krieges brisant, hat aber auch heute nichts von seiner wertvollen Botschaft eingebüßt. Die umgekehrte Gesellschaft führt dem Zuschauer allegorisch auf erschreckend nachvollziehbare Art und Weise vor Augen, wie brutal der Mensch nicht nur mit seinen Artgenossen, sondern auch seiner Umwelt umgeht. Dabei spiegeln sich die menschlichen Eigenschaften des Intellekts, der Neugierde, der Brutalität und der Liebe in den verschiedenen Affen. Trotz seines Alters hat der „Planet der Affen“ auch nichts von seiner filmischen Kraft verloren. Insbesondere die hervorragend gestalteten Affenmasken John Chambers machen viel von dem Reiz des Films auf. Während der ersten Drehtage dauerte es sechs Stunden, die Masken anzulegen – ein Vorgang, der sich durch die wachsende Routine der Maskenbildner um immerhin die Hälfte der Zeit verkürzen ließ. Durch diese überraschend natürlichen Masken war es den Schauspielern dennoch möglich, mimisch zu agieren und ihre Emotionen filigran zu transportieren.
Auch die Darsteller vermögen alle zu überzeugen, auch wenn man bei den meisten nichts von ihren echten Gesichtern sieht. Eine der wenigen Ausnahmen bietet Charlton Heston als George Taylor, der den Wandel vom pessimistischen Misanthrop zum geknechteten und verzweifelten Individuum intensiv darstellt. Maurice Evans’ Charakter des Dr. Zarius entpuppt sich während des Films fast als eine Art tragischer Bösewicht, der durch seine Sabotierungen seine Zivilisation vor dem Schicksal der früheren menschlichen Welt bewahren möchte. Zwischen Roddy McDowell und Kim Hunter als die beiden Forscher Dr. Cornelius und Dr. Zira stimmt die Chemie vollkommen Einzig und allein Linda Harrisons Rolle der Nova wirkt – abgesehen von der optischen Komponente – überflüssig. Spielte die stumme Frau im Roman eine wichtigere Rolle so erfüllen ihre Auftritte im Film keine bestimmte Funktion.
Insgesamt ist der „Planet der Affen“ nicht nur ein Meilenstein des Science-Fiction Genres, sondern des Kinofilms allgemein, der auch heute noch wegen seiner filmischen Qualitäten und der wertvollen Botschaft sehenswert ist.

Jerry Goldsmith vertonte bereits Schaffners ersten Film „The Stripper“, doch war es der „Planet der Affen“, drei Filme später, mit dem der den Komponisten und der Regisseur den Grundstein für eine überaus fruchtbare kreative Freundschaft legen sollten. Wie filmisch ist „Planet der Affen“ auch musikalisch ein Meilenstein und gehört zu den frühen Meisterwerken Goldsmiths. Dieser hatte seine musikalischen Möglichkeiten in den 60er Jahren in vielen Genres wie Kriegsfilmen, Dramen, Komödien, Thrillern und Actionfilmen ausgebaut und war ein Vertreter der Generation, die mit der spätromantischen Tonsprache des Golden Age brach. „Planet der Affen“ gehört zu den radikalen Neuerungen der Filmmusik, denn der Komponist suchte nach einer Möglichkeit, den fremdartigen Planeten mit seiner merkwürdigen Ordnung auch durch eine musikalisch dem Zuschauer möglichst befremdliche Musik zu charakterisieren. War die Atonalität in akademischen Kreisen längst anerkannt, so war sie nicht nur dem Gelegenheitshörer und Klassikliebhabern, sondern auch anerkannten Filmkomponisten wie Miklos Rozsa oder Dimitri Tiomkin verhasst. Goldsmith, modern geschult, entsprach jedoch der atonale Tonsatz und die von Schönberg begründete Reihentechnik, sodass er mit „Planet der Affen“ die erste völlig atonale Filmmusik der Geschichte des Kinos schrieb. Den roten Faden der Musik bildet eine Reihe, die während des Vorspanns erstmals vollständig von der Flöte gespielt wird. Diese stark rhythmisierte längere Tonfolge, die einen großen Tonvorrat bildet, dient für viele musikalische Passagen als Grundlage. Manchmal erklingen die ersten Töne als lautstarker Ausbruch des Klaviers oder die Reihe wird unterkühlt von den Violinen über atmosphärische Klangschichten gespielt. Neben der sehr streng an der Reihe orientierten Kompositionsweise setzt Goldsmith außerdem auf sehr ausgefeilte und ungewöhnliche Klänge. Neben einem durchschnittlich besetzten Orchester kommen auch mehrere exotische Instrumente wie ein Widderhorn oder die brasilianische Cuíca, die dem norddeutschen „Rubbelpott“ ähnlich funktioniert und sofort Assoziationen mit Affenlauten weckt. Insbesondere das Schlagwerk wurde mit mehreren besonderen Klangerzeugern bereichert. Neben Schlitztrommeln zählt insbesondere der metallene Klang bestimmter Kochtöpfe zu den maßgeblichen spezifischen Klängen, die „Planet der Affen“ so individuell machen. Neben äußerst spärlichem Einsatz eines Synthesizers experimentierte Goldsmith auch hier schon mit dem Echoplex, das in dem nächsten Schaffnerprojekt „Patton“ eine wichtige Rolle spielen sollte. Es ist erstaunlich, wie Goldsmith es schafft, mit seinem fast kammermusikalischen Satz derart vielschichtige und reichhaltige Klangkompositionen zu gestalten. Diese Passagen bestehen meistens aus rhythmisch sehr gerade durchorganisierten Schichten und bei mehrfachem Hören fällt auf, wie rhythmisch konventionell insbesondere mehrere Einwürfe der Perkussion wie Triangelschläge oder einzelne Xylophontöne organisiert sind. Goldsmith blieb also nicht nur seinem durchsichtigen und ökonomischen Umgang mit dem Orchester treu, sondern auch seiner klar definierten Rhythmik, die auch in seinen späteren Actionscores so maßgeblich wurde. Die beiden großen Actionszenen in „Planet der Affen“ wurden von dem Komponisten auf rasante und meisterhafte Weise vertont. Insbesondere die auf kleinen Motiven und Ostinati basierende Musik für den Überfall der berittenen Gorillas auf den Menschenstamm lässt viele Goldsmith-typischen Actionstilismen erkennen. Den Absturz des Raumschiffs wurde mit an „Rio Conchos“ erinnerndem kantigem Wechselspiel zwischen Trompeten und gehetzten Streichern vertont, das mit hämmerndem Schlagwerk durchsetzt ist. Während Taylors Ausbruch aus dem Labor lässt Goldsmith seine Reihe mehrfach kanonisch von den Streichern über den schlendernden Rhythmus einer Guiro zupfen, bevor diese pirschenden Abschnitte von einem weiteren Markenzeichen der goldsmith’schen Actionmusik unterbrochen werden: Hektischen Klavierläufen in mittlerer bis tiefster Lage wie sie auch schon in „Shock Treatment“ zu hören waren.
Zum Filmstart erschien ein LP-Album, das knapp die Hälfte der Musik präsentierte. Die erste CD-Veröffentlichung war um mehr als 20 Minuten erweitert, doch die vollständige Musik wurde erst 2001 von Varèse-Sarabande zeitgleich mit der Special Edition-DVD des Films veröffentlicht. In bestmöglicher Tonqualität ist die Musik nun erstmals vollständig zugänglich und der informative Booklettext gibt einen sehr detaillierten Einblick in die Musik. Dieses Album gehört ohne Frage in jede gut sortierte Filmmusiksammlung, denn Jerry Goldsmith gelang hier nicht nur ein Meisterstück in seiner erfolgreichen und langen Karriere, sondern eine drastische Erweiterung der filmmusikalischen Klangsprache.

 

 

Bandolero

 

Dee Bishop überfällt mit seiner Bande die Bank des kleinen Städtchens Val Verde, das dicht an der Grenze nach Mexiko liegt, doch das Unternehmen schlägt fehl. Sie werden von dem reichen Großrancher Stoner überrascht, der von den Banditen niedergeschossen wird. Sheriff July Johnson und seinem Gehilfen Rosco Bookbinder gelingt es, die Bande zu verhaften und schon am selben Tag beginnt die kleine Gemeinde, auf dem Marktplatz einen Ganlgen zu errichten. Dees Bruder Mace erfährt von dem Vorfall in einem Badehaus, in dem sich der Henker Ossie Grimes damit brüstet, die berüchtigte Bishop-Bande hängen zu dürfen. Auf der Reise nach Vel Verde fängt Mace Bishop den tüchtigen Henker ab und stellt sich wenig später als dieser verkleidet dem Sheriff vor. Er rät Johnson, während der Hängepartie sämtliche Waffen einzusammeln und Saloons zu schließen und der Sheriff kommt dieser Aufforderung nach. Mace jubelt seinem Bruder bei der "Hinrichtung" einen Revolver unter, mit dessen Hilfe Dee den Sheriff überwältigen und seine Bande befreien kann. Vor Augen der versammelten Gemeinde bemächtigt sich Bishop mit seinen Männern der konfiszierten Waffen und nimmt auf der Flucht die Witwe Maria Stoner als Geisel. Während sich die männliche Bevölkerung von Val Verde auf die Jagd nach den Banditen begibt, nutzt Mace die Gunst der Stunde und raubt in aller Seelenruhe die Bank aus. Anschließend holt er die Bande seines Bruders ein, die sich gerade das erste Feuergefecht mit Johnsons Aufgebot kurz vor der Überquerung des Rio Grande liefert. Mace kommt seinem Bruder mit Feuerschutz zu Hilfe und die Banditen können mit ihrer Geisel fliehen, doch die Jagd hat gerade erst begonnen, denn July Johnson ist in die schöne junge Witwe des erschossenen Ranchers verliebt und wittert seine Cahnce, indem er nach Mexiko reitet und sie befreit. Zusammen mit seinem Aufgebot überquert auch er die Grenze, um sich auf die Suche nach den beiden Brüdern zu begeben und ihnen die Frau zu entreißen. Die Jagd führt Flüchtlinge sowie Verfolger immer weiter in die heiße Wüste, in der mexikanische Banditen - sogenannte Bandoleros - ihr Unwesen treiben und jedem Gringo, den sie treffen, das Leben nehmen. Dabei machen sie keinen Unterschied zwischen Banditen oder Gesetzeshüter...

1968 hatte der Western sein Zenit bereits Jahre zuvor überschritten und sollte ein Jahr später durch Sam Peckinpahs "The Wild Bunch" in eine neue Richtung gelenkt werden. "Bandolero!" jedoch scheint wie ein letzter Versuch, noch einmal einen klassischen Western um Helden, Freundschaft, Familie und Ehre zu schaffen. Dabei ist sicherlich kein Meisterwerk entstanden, aber ein unterhaltsames Filmerlebnis bietet der - wenn auch etwas routiniert wirkende - Film dann doch. Schließlich waren an der Produktion größtenteils vor und hinter der Kamera absolute Koryphäen des Westerns beteiligt. Auch wenn "Bandolero!" größtentiels aus austauschbaren Western-Versatzstücken zusammen gesetzt scheint und einem viele Szenen und Einstellungen schon in unzähligen Western zuvor begegnet sind, so besticht der Film besonders zu Beginn durch eine große Portion äußerst bissigen und makabren Humors. Besonders die Darstellung des Henkers Grimes, der mit Begeisterung von all den Tücken des Hängens berichtet, spielt mit dem altbekannten Klischee des abgebrühten Henkers und Totengräbers, das zusätzlich ironisch gebrochen wird, wenn Mace Bishop in der Rolle Ossi Grimes' dessen Berufsethos nahezu parodistisch verstärkt, um keinen Verdacht aufkommen zu lassen.In Szene gesetzt wurde "Bandolero!" von Andre McLaglen. Der britische Film- und TV-Regiesseur hatte in den vorigen Jahrzehnten unzählige Western - unter Anderem mit John Wayne - gedreht und stellt auch hier seine Erfharung in Sachen Schießereien und Reiterein unter Beweis. James Stewart wirkt zugegebenermaßen ein bisschen müde und erschöpft, meistert seine Rolle als verschmitzter Mace Bishop jedoch mit erfrischender Lockerheit und einer gesunden Portion Ironie. Dean Martin knüpft in seiner Darstellung als Dee an ähnliche Rollen mit gewohnter Lässigkeit an und Rapeul Welch - stets nach neuester Mode frisiert -  glänzt wie immer vor Allem durch ihre optischen Reize. Ihre Rolle als reiche schöne Witwe des alten Ranchers, der sie aus dem Bordell holte, die nun von einer rauen Bande entführt wurde, erfodert allerdings auch nicht viel Talent. Die beste schauspielerische Leistung liefert George Kennedy in der Rolle July Johnsons. Er schafft es, den gutmütigen und ehrlichen Gesetzeshüter, der aus seiner naiven Liebe zu der schönen Maria einen verbissenen Ehrgeiz entwickelt, glaubhaft darzustellen. Des Weiteren bilden Will Geer, Clint Richie, Denver Pyle und Tom Heaton eine treffende Besetzung für die egoistische und heruntergekommene Bishop-Bande.
Insgesamt ist "Bandolero!" weder ein heraus ragendender Film noch ein wichtiger Beitrag für das Genre, trotzdem ist Stab und Besetzung hier ein klassischer Western gelungen, der für anderthalb Stunde zu unterhalten weiß.

Die Karriere Jerry Goldsmiths war besonders in seinen ersten Schaffensjahren deutlich vom Western geprägt. So vertonte er mit seinen ersten beiden Kinofilmen "Black Patch" und "Face of a Fugitive" zwei Western. Der Film "Lonely Are the Brave" war der erste vom Komponisten vertonte A-Film und brachte ihm außerdem Anerkennung bei Kollegen wie Bernard Herrmann ein. Zwei Jahre später bot ihm mit "Rio Conchos" erstmals die Möglichkeit, seinen von der Avantgarde geprägten Stil großorchestral auszuformluieren und mit seinem melodischen Gespür zu verbinden und für "Hour of the Gun" schrieb er einen größtenteils der Tradition verpflichteten klassischen Westernscore. Während die meisten melodischen Einfälle für Goldsmiths Westernmusiken dem amerikanischem Volksidiom entsprangen, lässt sich in "Bandolero!" ein deutlicher Einfluss des Italowesterns ausmachen, ohne dass der Komponist Arbeiten seiner italienischen Kollegen bloß kopierte, denn die Musik zu "Bandolero!" ist ohne Frage 100 % Goldsmith. für die Vertonung stand ein durchschnittlich besetztes Orchester zur Verfügung, dass dem Genre entsprechend um folkloristische Instrumente wie die Maultrommel, Gitarre und Akkordeon erweitert war. Auch das Schlagwerk wurde um einige exotische Perkussionsinstrumente wie Marimba, Castagnetten, Ratsche und Holzblock ergänzt. Allerdings setzt Goldsmith seine verhältnismäßig üppige Besetzung selten in vollem Tutti ein, sondern spaltet aus dem Orchester immer wieder einzelne Ensembles ab und erschuf dadurch eine kammermusikalische und weitestgehend ökonomisch instrumentierte Partitur, sodass voll ausladende orchestrale Passagen eine doppelt wuchtige Wirkung erzielen.
Mit vier eigenständigen musikalischen Ideen ist "Bandolero!" für Goldsmith-Verhältnisse überraschend themenreich geraten, wobei natürlich das Hauptthema im Zentrum steht. Gleich zu Beginn der Vorspannmusik lässt sich der Einfluss des Italowesterns ausfindig machen: Über den lässigen Rhythmus eines abwechselnd offen und gedämpft gespielten Triangels, des Holzblocks und des E-Basses wird ein eingängiges Motiv gepfiffen. Anschließend setzt das Akkordeon mit einer zweiten Melodie ein, bevor die gepfiffene Tonfolge nun von de Streichern ausgespielt wird. Der Einsatz des E-Basses, das reduzierte Instrumentalensemble und der menschlichen Stimme weisen stark auf die Spaghetti-Western-Tradition hin, bleiben aber Goldsmith eigener Charakteristik verpflichtet. Für Stoners schöne Wite komponierte er ein lateinamerikanisch anmutendes Thema, das von Marimbaphon, den Streichern sowie mehreren Gitarren gespielt wird und somit vom melodischen und instrumentatorischen Konzept die wahre Heimat der jungen Frau widerspiegelt. auch für den Sheriff sowie für die Banditen schrieb Goldsmith kurze Leitmotive, sodass "Bandolero" mit einer verhältnismäßigen Vielzahl von Themen ausgestattet ist. Auch jenseits dieser entwarf der Komponist überzuegende Stücke wie die stets anschwellende, von dem E-Bass getriebene Passage für der Befreiung der Bande oder die harsche Orchestermusik für die Flucht über die Grenze.

Zum Filmstart erschien ein LP-Album mit Neueinspielungen der wichtigsten Passagen, das eine knappe halbe Stunde lief. Diese Präsentation wurde in den 90er Jahren auf CD gepresst, bevor Intrada die vollständigen Originalaufnahmen sowie die LP-Einspielung in der Special Collection Reihe heraus brachte. Klanglich deutlich verbessert und mit einem informativen Begleittext versehen handelt es sich hierbei um die definitive Veröffentlichung von "Bandolero!". Leider ist dieses Album ausverkauft und nur noch zu hohen Preisen erhältlich, sodass es an der Zeit ist, dass sich ein anderes Label dieser Musik annimmt. Jerry Goldsmith schrieb für "Bandolero!" einen äußerst abwechslungsreichen und themenreichen Score, der durch ein absolut eingängiges Hauptthema, interessante Instrumentation und packende Actionpassagen überzeugt!



1969

 

100 Gewehre

1912 überfällt der Halbindianer Yaqui Joe Herrera eine Bank in Pheonix, um mit der Beute von 6 000 US-Dollar 100 Gewehre zu kaufen und sie dem Volk der Yaqui-Indianern in Mexiko für ihre Revolution zur Verfügung zu stellen. Die Ureinwohner werden nämlich von dem brutalen mexikanischen General Verdugo aus ihrer Heimat vertrieben, wobei der gnadenlose Diktator auch nicht vor der Ermordung der friedlichen Yaqui zurück schreckt. Zur Seite stehen Verdugo neben dem deutschen Leutnant Franz von Klemme auch der amerikanische Industrielle Grimes von der Eisenbahnlinie. Der schwarze Hilfssheriff Lyedecker nimmt die Verfolgung auf und stellt Herrera zwölf Tage nach dem Überfall, doch dem Bankräuber gelingt kurz nach der Verhaftung die Flucht. In der Ruine einer alten Kirche trifft er sich mit der mexikanischen Sarita, deren Vater kurz zuvor von Verdugos Männern gehenkt wurde und die ebenfalls den Rebellen angehört. Herrera teilt ihr das Versteck der Gewehre mit und Sarita macht sich mit ihrem Freund, dem Indianer Humara, auf, um die Waffen zu holen. Während Herrera auf die beiden Verbündeten wartet, wird er von Lyedecker überrascht, doch bevor der Hilssheriff ihn verhaften kann, trifft Verdugo mit seinen Männern ein und nimmt die beiden Männer gefangen. Auch Sarita erreicht in diesem Moment wütend die Kapelle, denn die Gewehre waren nicht an dem angegebenen Ort. Allerdings gelingt ihr und Humara die Flucht, bevor Verdugos Männer sie ergreifen können, sodass nur Lyedecker und Herrera in Verdugos Stützpunkt gebracht werden. Dort erwartet zumindest Herrera eine böse Überraschung: Der General selbst ist der Gewehre habhaft geworden! Während Lyedecker und Herrera die Hinrichtung erwarten, versucht Grimes zumindest die Erschießung des Hilfssheriffs aus politischen Gründen zu verhindern, doch Verdugo lässt sich nicht darauf ein. Als das Erschießungskommando bereits die Waffen auf Lyedecker und Herrera anlegt, stürmt Sarita mit den Yaqui-Kriegern das Fort und befreit die Gefangenen. Mit den zurück eroberten Gewehren nehmen die drei Helden nun den blutigen Kampf gegen Verdugos Diktatur auf...

1969 versetzte Sam Peckinpah dem ohnehin im Sterben liegenden Genre des Westerns mit "The Wild Bunch" den Todesstoß, der gleichzeitig die Tür für nachdenkliche und melancholische Spätwestern aufstieß, von denen mit "The Ballad of Cable Hogue" und "Pat Garret and Billy the Kid" immerhin zwei von Peckinpah selbst inszeniert wurden. Der im selben Jahr entstandene "100 Gewehre" von Action-Regisseur Tom Gries gehgört jedoch nicht dazu. Dabei ist erstaunlich, wie viele Elemente aus "The Wild Bunch" auch hier auftauchen: Der fiese mexikanische General mit deutschen militärischen Beratern, der Zugüberfall, Autos und der Einfluss des Eisenbahnunternehmens. Dabei ist die sehr gradlinige Handlung mit zahlreichen temporeichen Actionsequenzen und Schießereien gespickt, die jedoch zu keiner Zeit die handwerkliche Raffinesse oder Intensität der großen Schussgefechte aus "The Wild Bunch" erreichen, von der allgemeinen filmischen Bedeutung ganz zu schweigen. "100 Gewehre" ist ein zweifellos unterhaltsames Actionvehikel geworden, das aus ganz anderen Gründen Kinogeschichte schrieb: Der ersten Sexszene zwischen einem schwarzen Mann und einer weißen Frau. Doch nicht nur diese Minute, die ein absolutes Tabu brach, lässt den Zeitgeist der aufkeimenden Menschenrechtsbewegung erahnen. Es ist Lyedeckers Rolle des aufrechten und standhaften Helden, die von einem Schwarzen gespielt wird und in früheren Zeiten undenkbar gewesen wäre. Gespielt wird der rechtschaffende Hilfssheriff von Footballstar Jim Brown, der in "Rio Conchos" 1964 seinen ersten Filmauftritt hatte und in den 70er Jahren zu einem der bekanntesten Darsteller in Blaxpoitationfilmen aufstieg. Sein anfänglicher Widersacher und späterer Verbündeter Joe Herrera wird von Burt Reynolds dargestellt, der bereits in seinem hiesigen Kinodebüt nicht ohne den prägnanten Schnurrbart auskommt und seine Figur gewohnt schlitzohrig und sympatisch interpretiert. Für den weiblichen Ausgleich sorgt nicht zu knapp das Sex-Symbol der sechziger Jahre: Raquel Welch. Neben der legendären Dusche unter dem Wasserturm bewältigt sie sogar einige schauspielerische Hürden gekonnt, bleibt aber vor Allem wegen ihrer physischen Präsenz in Erinnerung. Fernando Lamas scheint sichtlich Spaß an seiner Rolle des Generals Verdugo zu haben und Hans-Jörg Gudegast spielt sich als steifer deutscher Offizier in das Gedächtnis. Auch Dan O'Herlihys Leistung als windiger Industrieller Steven Grimes ist sehr überzeugend. Insgesamt erreichte Tom Gries mit "100 Gewehre" eine interessante Mischung aus Elemtenten des amerikanischen und italienischen Westerns, um sein bunt gemischtes Darstellerensemble temporeich und unterhaltsam von einem Feuergefecht in die nächste explosive Lage zu bringen.

Jerry Goldsmiths Filmmusik zu "100 Gewehre" gehört zu den frühen Meisterwerken seiner langen Karriere. Für diese Arbeit wählte er ein groß besetztes Ensemble, wobei er vollständig auf Violen verzichtete und nur drei Violinen besetzt. Eine mit 17 Celli und und sechs Bässen im tiefen Register stark besetzt Streichergruppe steht einer voll besetzten Bläsergruppe gegenüber. Im Gegensatz zu vielen anderen seiner Westernmusiken verzichtete Goldsmith nahezu vollständig auf den Einsatz folkloristischer Instrumente wie Akkordeon oder Mundharmonika und griff stattdessen auf eine größere Anzahl verschiedener Saiteninstrumente zurück, die neben akkustischer und elektrischer Gitarren sich besonders durch den Einsatz der indischen Sitar auszeichnet, die mit ihrem schnarrenden Klang in Tutti oder Suspensepassagen eine besonders eigentümliche Wirkung entfaltet. Die raffinierte und effektvolle Partitur wird neben dem häufigen Einsatz des präparierten Klaviers auch von einer überdurchschnittlich besetzten Schlagzeuggruppe bereichert, die vor Allem durch den Einsatz von lateinamerikanischen Instrumenten wie Castagnetten, Marimba oder Ratsche für entsprechendes Lokalkolorit sorgt, aber zusätzlich mit weiteren besonderen Klangerzeugern wie Almglocken aufwartet.
Goldsmith komponierte mehrere melodische Elemente, die sich durch die ganze Partitur ziehen. Da wäre zuerst das im tänzerischen 3/4-Takt stehende Hauptthema, eine kräftige Hornmelodie mit einem heiter mexikanisch anmutenden Mittelteil für Gitarre und Trompete. Sarita wird durch eine sehr zurückhaltende Melodie charaktersiert, die anfangs von einem Duo für Gitarre und Marimba gespielt wird, aber später sogar längere Suspensepassagen trägt. Die Bedrohung durch General Verdugo ist in der Musik von einer durch enge Intervalle geprägte Trompetenmelodie charaktersiert und die rasanten Verfolgungsjagden und Actionszenen bedachte Goldsmith mit einer kantigen rhythmisch komplexen Bläserlinie. Sämtliche melodische Elemente sind so gestaltet, dass sie als eigenständiges Material funktionieren, sich aber auch gegenseitig als Kontrapunkt begleiten können. Dabei geht der Komponist äußerst raffiniert und kreativ vor, schichtet oftmals mehrere Linien übereinander, spaltet einzelne Motive ab, variiert diese und führt sie schließlich wieder zusammen. Besonders auffallend ist, dass alle melodischen Elemente trotz ihrer Gegensätzlichkeit viele musikalische Verwandschaften aufweisen wie bestimmte Intervalle oder einzelne rhythmische Zellen. Der äußerst gekonnte Einsatz des vielfältig genutzten Orchesters trägt zusätzlich zu der hohen kompositorischen Qualität der Partitur bei, die mit ihrer motivischen und melodischen Dichte nahezu einzigartig ist. Dabei schafft es Goldsmith, die vielen unterschiedlichen musikalischen Elemente zu einer grandios funtkionierenden Symbiose zu vereinen: Folklore trifft auf avantgardistische Klangkomposition, tänzerische Rhythmen auf komplexe Schichten des Schlagwerks, Tonales auf Atonales und dennoch ergibt sich ein ganzes, zusammen hängendes Werk!
Die Musik zu "100 Gewehre" war lange Zeit nur in Form eines 1994 in Umlauf gebrachten CD-Bootlegs des Delphi-Labels verfügbar, da zum Filmstart oder später kein Album veröffentlicht wurde. Erst 1999 brachte FSM eine hochwertige und lobenswerte Veröffentlichung dieser hochkarätigen Musik auf den Markt. Dabei ist die Musik auf der FSM-CD fast zweimal vertreten: die vollständigen Monobänder waren in gutem Zustand, dennoch versuchte man, von den Filmspuren einen Stereomix zu erstellen, was größtenteils gelang. Der Versuch schlug bei lediglich drei Stücken fehl. Allerdings offenbaren die Mono sowie wie Stereoelemente jeweils andere Details der Musik, sodass man sich entschied, beide Fassungen auf die CD zu pressen. Ein äußerst informatives Booklet sowie zwei Source-Musiken als Dreingabe rundet den sehr guten Eindruck ab.
Jerry Goldsmith schuf mit seiner Musik zu "100 Gewehre" nicht nur eine seiner besten Westernmusiken, sondern in Hinblick auf seine ganze Laufbahn eine absolut hervorragende Musik, die neben der klanglichen Raffinesse besonders durch die detailreiche und konsequente Verabreitung der einzelnen vierlseitigen melodischen Einfälle besticht und in absolut keiner Filmmusiksammlung fehlen darf!

 

 

The Illustrated Man - Der Tätowierte

1933: Der junge Willie reist per Anhalter nach Californien, wo sein Schwager ihm eine Arbeit anbietet. Nachdem er sich auf seiner Reise nach dem Bad in einem See einen Kaffee brüht, gesellt sich ein merkwürdiger älterer Fremder namens Carl zu ihm und fragt ihn nach einem bestimmten Haus. Willies Zurückhaltung gegenüber dem wunderlichen Mann mit rauem Umgangston weicht der Faszination, als Carl ihm sein Geheimnis offenbart: Er ist am Körper über und über mit Tätowierungen bedeckt, doch er warnt den jungen Mann, sie zu lange zu betrachten, denn dann würden sie lebendig und Geschichten erzählen. Nur an der linken Schulter gibt es eine freie Stelle, die den Menschen, die sie betrachten, ihre Zukunft zeigen würden, doch oft sehen sie sich hässlich im Alter oder erfahren gar ihren Tod. Diese Eigenschaften machten Carl zum Außenseiter und gehasst von den Menschen sucht er nun nach dem Haus, in dem die Frau wohnt, die ihm die Tätowierungen verpasst hat.
Während Willie dem älteren Wanderer zuhört verliert sich sein Blick mehrmals in den einzelnen Bildern, die tatsächlich zum Leben erwachen und ihm Geschichten aus ferner Zeit und fernen Welten erzählen: In einer utopischen übertechnologisierten Zukunft sorgt sich ein Elternpaar um die Gefahren, die ein bestimmter Raum auf ihre Kinder ausüben könnte. Auf einem fernen Planeten, auf dem es ununterbrochen regnet, suchen bruchgelandete Raumpiloten nach einem mystischen Unterschlupf und in einer weiteren Zukunftsvisionen, in der Mensch und Natur wieder im Einklang leben, steht angeblich der letzte Tag der Welt bevor.
Der junge Mann ist immer mehr gebannt von der Erzählung Carls und dessen Bilder auf der Haut und als dieser sich schlafen legt, kann Willie sich nicht beherrschen und blickt auf die freie Stelle an Carls Schulter. Dort sieht er, wie er noch in derselben Nacht von Carl erwürgt wird…

Im Dezember 1967 verkaufte Ray Bradbury die Rechte an seiner Kurzgeschichtensammlung „The Illutstrated Man“ für 85,000 $, allerdings nicht die Filmrechte, sodass er auch nicht für das Drehbuch hinzugezogen wurde. Regisseur Jack Smight wählte drei Geschichten – „The Veldt“, „The Long Rain“ und „The Last Night of the World“ -, die von Drehbuchautor Howard B. Kreitsek zusammengefasst wurden, wobei der Protagonist des Prologs und des Epilogs der Kurzgeschichtensammlung als Erzähler in einer Rahmenhandlung fungiert. Durch diese Rahmenhandlung, die Rückblenden in Carls Erzählung wie er die einzelnen Tatoos bekam sowie die einzelnen drei Episoden ergibt sich ein vielschichtiger auf vielen Ebenen funktionierender Film, in dem jedes Puzzlestück durch seine eigene Ästhetik und Optik geprägt wird. Die klinisch fast ausschließlich in weiß gehaltene erste Zukunftsvision stellt einen starken Kontrast zur dritten Episode mit den ausladenden Wiesen und der fast an römische Antike erinnernde Kostüme dar. Genau wie Carl der wundersamen Schönheit verfällt, die ihm die Haut färbt, so zieht dieser wiederum den jungen Anhalter in seinen Bann.
„The Illustrated Man“ besticht neben den Schauspielern besonders durch die detaillierte Ausstattung – hier sei natürlich der ewig verregnete Planet zu erwähnen, für dessen Dreharbeiten 50 Sprenkler rund 1000 Liter Wasser pro Minute auf die Schauspieler schütteten – und die beeindruckenden aufwändigen Bemalungen Rod Steigers durch Gordon Beau, der in drei Monaten Postproduktion ein Verfahren entwickelte, was dem Schauspieler ermöglichte, die Illustrationen sechs Tage auf der Haut zu behalten, solange er sich nicht mit Seife wusch.
Ein besonderer Kniff Smights war es, für alle fünf Handlungsebenen stets dieselben Schauspieler einzusetzen, sodass Rod Steiger und Claire Bloom in den beiden Zukunftsepisoden als Elternpaar zu sehen sind und auch ihre Kinder von denselben Schauspielern dargestellt werden. Der Zuschauer muss sich nicht nur an die neue Umgebung gewöhnen, sondern stets seine Einstellung zu den einzelnen Personen überdenken, da in nahezu jeder Episode jeweils eine andere Figur ein Verräter wird.
„The Illustrated Man“ fand weder bei den Kritikern noch beim Publikum Anklang und zur ersten DVD-Auflage 2006 erschien eine Besprechung, die zusätzlich die mittlerweile veraltete Ausstattung der Zukunftsvisionen ankreidet. Dabei ging es Jack Smight viel weniger um einen Sci-Fi-Film denn um die Tatsache, dass Menschen zu jeder Zeit und in jeder Umgebung stets dieselben Sorgen haben werden.
Der Film ist nicht ganz perfekt, wirkt in zwei Übergängen etwas holprig und nicht immer zu 100% schlüssig, aber dennoch ist Jack Smight und seinem Stab ein überaus faszinierender Film gelungen, der nicht nur durch überzeugende Darsteller und detailverliebte Ausstattung besticht sondern sich durch seinen philosophischen Ansatz und die raffiniert verknüpften Episoden wohltuend von durchschnittlichen platten Zukunftsfilmchen der damaligen und heutigen Zeit abhebt.

1969 hatte sich Jerry Goldsmith bereits mit seinen ausgezeichneten Filmmusiken zu „Freud“, „Sand Pebbles“ und „Planet der Affen“ einen Namen gemacht, doch bezeichnete er „The Illustrated Man“ lange als seine beste Arbeit und tatsächlich ist dem Komponisten mir dieser Musik ein wahres Meisterwerk gelungen. Fast spielerisch verknüpft Goldsmith hier serielle Techniken mit impressionistisch angehauchter Folklore, reiht avantgardistische Klangflächen an rein elektronische Sequenzen und verschmilzt brutale Orchesterausbrüche mit äußerst lyrischen Einfällen. Obwohl dem Komponisten ein relativ kleines Orchester zur Verfügung stand, verfügte er außerdem über mehrere Soloinstrumente wie Harfe, Gitarre (elektrisch wie auch akustisch), Sitar, Klavier, Celesta und groß besetztes Schlagwerk.
Jede einzelne Episode und Handlungsebene des Films verfügt über eine ganz eigene charakteristische musikalische Untermalung, wobei die Musik durch ein Thema zusammen gehalten wird. Diese Melodie ist ein äußerst zarter melodischer Einfall, der während des Vorspanns von einer Sängerin vokalisiert und von kleinem Kammerorchester mit impressionistisch verspielter Stilistik fortgeführt wird. Die musikalisch folkigen Wurzeln der (unbekannten) Sängerin verleihen dem Klang nicht nur einen etwas rauen und natürlichen sondern auch mystisch Touch.
Dieser melodische Einfall zieht sich durch fast jedes Stück der Musik, wobei Goldsmith zu jeder Episode einen neuen Ansatz wählte: „The Veldt“ zum Beispiel ist rein elektroakustisch gehalten und besteht in den ersten Minuten größtenteils aus Klangcollagen bevor eine Zwölftonreihe für die Kinder etabliert und in dem folgenden Stück streng an der neuen Wiener Schule variiert wird. „Theo Long Rain“ blieb zu Gunsten des prasselnden Regens vollständig unvertont und in „The Last Night of the World“ wählte der Komponist einen sehr warmen und introvertierten Ansatz, indem er das Hauptthema Solo vom Cello oder der Blockflöte über sanfte Harfenakkorde und helle Zimbelklänge spielen lässt.
Doch auch in der Rahmenhandlung kommt Goldsmiths avantgardistisch-serielle Seite zum Vorschein, so vermitteln klappernde Col Legbo Streicher, Vierteltonakkorde und nach dem Anschlagen in Wasser getauchte Glocken einen Eindruck von Carls gequältem Dasein während Zwölftonreihen in der Celesta oder oktavierten Solostreichern uns in das geheimnisvolle Haus Felicias entführen.
Mit „The Illustrated Man“ ist Jerry Goldsmith neben „Logan’s Run“ sein größtes Meisterstück in Hinblick auf die Verknüpfung von atonalen, freitonalen, seriellen und tonalen Elementen gelungen und bildet ein faszinierendes Ganzes. Jahrelang nur als unübersichtliche Suite auf dem deutschen Label Delphi erschienen, veröffentlichte FSM 2001 die Musik erstmalig und vollständig offiziell in bestmöglicher Klangqualität. Das höchst informative Booklet lässt ebenfalls keine Wünsche offen und enthält detaillierte Angaben über die einzelnen musikalischen Strukturen. „The Illustrated Man“ ist eine von Goldsmiths ganz großen Musiken und sollte daher in keiner Filmmusiksammlung fehlen.

 

 

The Chairman - Der gefährlichste Mann der Welt

Der Wissenschaftler und ehemalige Geheimagent John Hathaway erhält einen Brief seines alten Kollegen und Mentors Professor Soong Li. Der amerikanische Geheimdienst will sich die Freundschaft der beiden Wissenschaftler zunutze machen und schickt Hathaway als Geheimagent in das kommunistische China. Videofilmen zufolge soll das Land nämlich ein bestimmtes Enzym entwickelt haben, dass es Pflanzensamen ohne Beeinträchtigung jeder klimatischer Bedingungen ermöglicht, überall ausgesät zu werden und zu gedeihen. Aus Angst, Mao wolle die Dritte Welt mit diesem Mittel erpressen oder gegen die westlichen Mächte aufwiegeln, hat die amerikanische Regierung beschlossen, des Enzyms habhaft zu werden. Da Soong Li den geheimen Stoff entwickelt hat, fällt die Wahl auf Hathaway, um die Formel zu entwenden. Damit jedes Gespräch mitgehört werden und der Agent zu seinen Vorgesetzten kommunizieren kann, wird dem Wissenschaftler ein kleiner Chip im Schädel implantiert, der über eine weite Strecke eine Funkverbindung herstellen kann. Was Hathaway allerdings nicht weiß ist eine weitere Funktion des kleinen Chips: Bei Bedarf kann der amerikanische Geheimdienst durch das Implantat eine Explosion herbeiführen, um Hathaway sofort auszuschalten, sollte er gefangen genommen werden…

Regisseur J. Lee Thompson zeichnete sich in den 60er Jahren mit Breitwandabenteuern wie „Taras Bulba“ oder atmosphärisch dichten Thrillern wie „Cape Fear“ aus, doch größtenteils war Thompson für gehobene Unterhaltungsfilme verantwortlich, die meistens mit bekannten Schauspielern auf gehobenem Niveau inszeniert waren. Auch „The Chairman“ bildet da keine Ausnahme. Der auf der Romanvorlage Jay Richard Kennedys basierende Agentenstreifen bietet sich als Unterhaltung für einen freien Abend an, geht darüber jedoch nicht hinaus, denn dazu ruht sich der Film zu sehr auf Klischees auf, bemüht sich nicht ansatzweise, das kommunistische China und den Führer Mao von einer anderen Seite zu beleuchten. Die Chinesen bestehen entweder aus ewig jubelnden, ihre roten Büchlein schwenkenden Volksmassen oder steingesichtigen Verrätern. Gregory Peck mimt den humanistisch eingestellten Saubermann, der von den Intrigen, die der Geheimdienst schmiedet, nichts wissen will, auf konsequent routiniertem Niveau mit dem einem oder anderen charmanten Spruch auf den Lippen. Ein klarer Spannungsbogen ist nicht zu erkennen und erst gegen Ende schöpfen Regisseur und Drehbuch das Potential des explosiven Implantats erst ein wenig aus. Insgesamt inszenierte J. Lee Thompson einen mäßig spannenden und handwerklich soliden Agentenfilm mit einem abgeklärten Gregory Peck in der Hauptrolle.

„The Chairman“ war die erste von insgesamt vier gemeinsamen Zusammenarbeit von J. Lee Thompson und Jerry Goldsmith Der Komponist hatte sich in den 60er Jahren mit äußerst originellen Kompositionen bewährt und sollte ein Jahr nach diesem Projekt mit „Patton“ 1970 breite Anerkennung verdienen. Außerdem war er durch seine Arbeit an „The Sand Pebbles“ vertraut mit Stoffen, die in China angesiedelt waren. Für „The Chairman“ wählte Goldsmith allerdings eine völlig andere Herangehensweise als für „The Sand Pebbles“, sodass Ersterer viel konservativer daher kommt. Wie auch der Film enthält die Musik in Bezug auf China ausschließlich Klischees, die sich besonders in den pentatonischen Melodien niederschlagen. Auch die Politik wird ebenso wie im Film als Bedrohung gespiegelt, in dem Goldsmith für die „Roten Wächter“ einen brachialen Marsch komponierte. Als Gegenpol zu diesem brutalen Stück steht ein sehr westlich geprägtes Liebesthema für Haythay und seine Freundin Anne. Die schlichte aber äußerst lyrische Melodie ist eins von vielen Beispielen für Goldsmiths Fähigkeit, emotionale Themen ohne überbordenen Kitsch zu schreiben. Hauptsächlich ist die Musik orchestral konzipiert, wobei die Besetzung zu Gunsten des nötigen Lokalkolorits um eine chinesische Zither, die Qin sowie Holzflöten und Holzblöcke erweitert. Doch auch in „The Chairman“ verlässt der Komponist letzten Endes seine konventionellen Pfade und vertonte die finalen Actionszenen mit seiner typischen durchsichtig kammermusikalischen Instrumentierung, wobei er besonders sein kompositorisches Können durch den kreativen Einsatz einzelner Motive macht. Hierbei spaltet er hauptsächlich Kontrapunkte und Begleitmotive aus dem Marsch heraus und setz sie als eigenständige Actionmotive neu zusammen. Insgesamt schuf Jerry Goldsmith für „The Chairman“ eine versierte Komposition, die allerdings hauptsächlich auf fernöstlichen Klischees und einem hübschen Liebesthema aufbaut, sodass sich erst in den modernistischen Actionpassagen der Personalstil Goldsmiths in einer sehr konventionellen orchestralen Filmmusik behaupten kann.
Zum Filmstart erschien ein LP-Programm, das aus den originalen Filmaufnahmen sowie einer extra für das Album arrangierten Fassung des Liebesthemas bestand. Angeblich sind sämtliche Bänder der Aufnahmesitzungen verschollen, sodass stets nur die LP-Version erhältlich ist, die allerdings gut ¾ der kompletten Musik enthält. Die neuste Ausgabe stammt aus dem Jahr 2004, in dem das Label Prometheus Records die ehemals auf einer Silva-CD vertretenen Goldsmith-Alben zu „Ransom“ und „The Chairman“ auf zwei seperaten Alben neu auflegte. Abgesehen davon, dass man die beiden Alben auch ruhig wieder auf einer CD hätte veröffentlichen können, kann sich die CD zu „The Chariman“ sehen lassen und enthält einen soliden Booklettext auch in Hinblick auf Informationen zur Musik im Film. Wenn auch die Tonqualität nun deutlich klarer ist, hallt und scheppert die Musik besonders bei den großorchestralen Passagen, sodass es zu hoffen gilt, dass irgendwann doch einmal die originalen Master gefunden und die Musik vollständig in guter Klangqualität veröffentlicht werden kann.

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1970

 

Patton – Rebell in Uniform

1943 treffen alliierte Truppen mit deutschen Verbänden zum ersten Mal in größerem Rahmen am Kasserinpass aufeinander. Zwar kann ein Vorstoß auf das amerikanische Nachschublager in Tebessa abgewendet werden, allerdings ist das II. US-Korps wegen äußerst hoher Verluste stark demoralisiert und der Kommandant Lloyd Fredendall wird durch General George S. Patton ersetzt. Patton ist ein äußerst komplizierter Mensch, tief gläubig und gleichzeitig ein unnachgiebiger Kämpfer, der alleine auf dem Schlachtfeld zu Hause ist. An Reinkarnation glaubend ist er sich sicher, bereits unter den Römern gekämpft zu haben und inszeniert sich gerne als Krieger eines anderen Zeitalters, den es in das ihm verhasste 20. Jahrhundert verschlagen hat. Er kommandiert das II. US-Korps mit strenger Hand, fordert Disziplin in allen Bereichen und geht mit seinen neuen Soldaten Tunesien bei der Schlacht von El Guettar gegen die deutschen Panzer siegreich hervor. Nachdem Nordafrika den Alliierten zufällt befiehlt Patton die amerikanischen Truppen bei der Invasion Siziliens. Allerdings wird sein Landungsplan dem des britischen Generals Montgomery vorgezogen, sodass Patton mit seiner Armee im Südwesten der Insel landen muss. Er fühlt sich bevormundet und ignoriert seine Befehle, indem er erst Palermo und den Hafen von Messina einnimmt und so Montgomery zuvor kommt. Sein aggressives Verhalten löst bei seinen Unteroffizieren Unmut aus und schließlich verliert er sein Kommando, als er in einem Lazarett einen traumatisierten Soldaten schlägt, dem er Feigheit vorwirft. Obwohl er sich anschließend öffentlich entschuldigt erhält Patton in den folgenden Kriegsmonaten kein Kommando. Nachdem er sich allerdings für ein Täuschungsmanöver hingibt erhält er das Kommando über die dritte Armee, mit deren Hilfe er den Vormarsch der alliierten Truppen nach der Landung in Frankreich sichern soll. Voller Tatendrang stürzt sich der General in den Kampf, angetrieben vom Ehrgeiz, mit seinen Panzern bis nach Berlin zu fahren…

George C. Patton zählt neben Douglas MacArthur zu den exzentrischsten Offizieren der amerikanischen Militärgeschichte. Von den einen als Idol gesehen, von anderen wiederum als Negativbeispiel herangezogen war der General wenig mit strategischem Talent gesegnet – kämpferisch sowie diplomatisch. Er neigte zu radikalen Frontalangriffen, nahm unnötige Verluste in Kauf und äußerte sich mehrfach unvorteilhaft in der Öffentlichkeit. Bereits seit 1953 bestand der Plan, einen Film über Patton zu drehen, doch die Familie des 1945 bei einem Autounfall verstorbenen Generals wollte keinen Einblick in die Tagebücher gewähren, sodass man sich auf zwei Biografien zurück griff: „Patton: Ordeal and Triumph“ von Ladislas Farago und „A Soldier's Story“ von Omar N. Bradley, der anfangs in Afrika und Sizilien in Pattons Stab diente und ihm anschließend sogar das Kommando über die dritte Armee verschuf. Beide Vorlagen wurde von niemand geringerem als Francis Ford Coppola sowie Edmund H. North zu einem Drehbuch adaptiert und von Regisseur Franklin Schaffner verfilmt. Mit einem Budget von 12 Millionen Dollar und unzähligen verschiedenen Drehorten in Spanien, Marokko, Griechenland, Italien, Großbritannien und Amerika ist der 170 Minuten lange Film auch heute noch ein faszinierendes Erlebnis. Dabei verzichtet „Patton“ wohltuend auf patriotischen Kitsch, Pathos und einer Beweihräucherung des Protagonisten, sondern lässt ihn unkommentiert agieren, sodass jeder Zuschauer sich selbst sein eigenes Bild machen kann. Brillant in Szene gesetzt und hervorragend von Fred J. Koenekamp fotografiert verfügt der Film über viele Schauwerte und grandiose Szenen, doch der Star des Films ist George C. Scott in der Rolle des Generals. Nachdem man Schauspieler wie Rod Steiger, Robert Mitchum oder Lee Marvin in Erwägung gezogen hatte fiel sie letzten Endes George C. Scott zu, der eine absolute Glanzleistung hinlegte. Auch die Nebendarsteller sind durch die Bank treffend besetzt, sodass als Omar N. Bradley Karl Malden, Stephen Young in der Rolle des Captain Hansen und Karl Michael Vogler als Erwin Rommel zu sehen sind, die ebenfalls hervorragend spielen.
Insgesamt ist „Patton“ ein absolut sehenswertes Kriegsepos, das sich mit der brillanten Fotografie, der überragenden Regie Schaffners, den grandiosen Darstellern und dem kontroversen Protagonisten von vielen anderen Filmen des Genres abhebt.

Franklin Schaffner arbeitete Jerry Goldsmith hatten bereits bei „The Stripper“ sowie „Planet der Affen“ zusammen, für den der Komponist eine bahnbrechende Musik schrieb, die den ersten atonalen Beitrag in der Filmmusik darstellt. Er wurde auch für „Patton“ engagiert, obwohl er eigentlich für die Vertonung der Fortsetzung „Beneath the Planet of the Apes“ vorgesehen war, die dann Leonard Rosenman übernahm. Für „Patton“ schrieb Goldsmith einen weiteren Meilenstein, der zu seinen besten Werken, wenn nicht zu seiner besten Arbeit überhaupt gezählt wird, denn die Musik ist nicht nur äußerst originell, sondern verknüpft die dramaturgische Ebene mit der in den Szenen vorherrschende Stimmung und fungiert zusätzlich als musikalische Charakterspiegelung des Protagonisten. Dabei bewegt sich der Komponist nicht nur intellektuell sondern auch kompositorisch auf höchstem Niveau. Wie auch zu „Rambo“ oder „The Flim-Flam Man“ komponierte Goldsmith eine Titelmusik, die die verschiedenen Facetten des Protagonisten treffend einfängt. Pattons Glaube an Reinkarnation und seine Überzeugung, schon in vielen Leben als Krieger gekämpft zu haben, wird durch eine kurze Fanfarenfigur der Trompeten wiedergegeben. Dabei setzte Goldsmith eine der neuesten Errungenschaften der Technik dieser Zeit ein: Ein Echoplex, mit dessen Hilfe die einmal live aufgenommene Fanfare als langsam verklingende Schleife wiederholt wird und es so scheint, als wehen einige Schlachtrufe aus der Vergangenheit von längst überwucherten Schlachtfeldern hinüber. Als nächstes erklingt ein feierliches Solo für Orgel, das für Pattons tiefen Glauben steht, bevor ein traditioneller Marsch in der Piccoloflöte mit leichter Streicherunterstützung folgt. Dieser Marsch wird bald vom gesamten Orchester interpretiert, wobei die Posaunenfraktion als Kontrapunkt das Material der Orgel gegen den Marsch spielt und die Musik von den Fanfarenechos gekröhnt wird: Alle drei Charaktereigenschaften des Generals sind hier musikalisch auf den Punkt gebracht und grandios ineinander verzahnt. Wie durchdacht Goldsmith seine einzelnen Themen entwarf, zeigt sich auch an dem „deutschen Marsch“, den er für die Nazi-Truppen während Pattons Feldzug durch Europa einsetzt. Dieser scharf synchopierte Marsch für Orchester mit leichtem Moll-Einschlag lässt sich ebenfalls als Kontrapunkt zum Patton-Marsch einsetzen – vorausgesetzt, dieser steht ebenfalls in Moll. Während einer längeren Montage in Frankreich schichtet Goldsmith eine faszinierende Klangschichtung aus in sich bewegenden Clustern und einer bizarren Mischung aus live eingespielten Fanfaren und den Echoplex-Aufnahmen. Aus dieser brutalen Klangkulisse tut sich anschließend der Patton-Marsch in Moll hervor, gegen den der deutsche Marsch gesetzt ist.
Für mehrere Szenen zu Beginn des Films komponierte Goldsmith außerdem einige atmosphärisch dichte Suspense-Passagen, die raffiniert instrumentiert sind. Schwirrende Streicherglissandi bilden hier das Fundament für diverse Glocken und die gedämpfte allgegenwärtige Trompetenfigur, während sich dichte Triller der Holzbläser durch die Register ziehen. Für diese Passagen schrieb der Komponist ein zusätzliches kontrapunktisch verwobenes Thema, das ebenfalls an eine langsame Fanfare erinnert und oft in den Streichern erklingt.
Jerry Goldsmith vertonte besonders im Zenit seiner Karriere erstaunlich kurze Filmmusiken für lange oder große Filme, da er der Überzeugung war, dass man Musik nur einsetzen solle, wenn sie einer Szene etwas Zusätzliches abgewinnen könne. Daher entstanden für „Patton“ nur 37 Minuten Musik, von denen eines der längsten Stücke nicht verwendet wurde. Zum Filmstart erschien ein LP-Album, für das der Komponist seine Musik leicht arrangierte und neu einspielte. Insbesondere die Reihenfolge der Musik wurde umgestellt und so die anfänglichen Suspense-Stücke mit den massigen Actionpassagen des letzten Filmdrittels gemischt, um einen ausgewogeneren Hörfluss zu erzielen. Außerdem komponierte er zusätzlich eine Konzertversion des deutschen Marsches, der im Film nur im Zusammenhang mit anderem Material erklingt. Zwei Sprachmitschnitte aus dem Film füllen die Laufzeit auf. 1997 spielte Goldsmith für Varèse fast die vollständige Musik neu ein, doch diese Neueinspielung leidet unter dem starken Hall, in dem viele Details untergehen und auch der Versuch, den Echo-Effekt akustisch mit Ferntrompeten zu lösen, ist nicht vollständig geglückt. FSM machte schließlich die vollständige Filmmusik in den Originalaufnahmen erstmals (zusammen mit Frank DeVols „Flug der Phoenix“) zugänglich, doch die CD war bald vergriffen. Intrada veröffentlichte 2011 ein Doppel-CD-Set mit der LP-Fassung sowie den Filmaufnahmen und schließt somit eine wichtige Lücke in der Goldsmith-Diskographie. Klanglich äußerst frisch ist die Intrada-CD die definitive Veröffentlichung dieser Ausnahme-Musik. Einzig und allein die völlig nichtssagenden Begleittexte Julie Kirgos sind ein großes Ärgernis, hätte man das Booklet doch mit vielen Informationen füllen können und müssen! Ernsthafte musikalische Analysen wie im FSM-Booklet und sogar der Varèse-Neueinspielung sucht man hier vergebens. Dennoch sei absolut jedem (Film)musikliebhaber diese Edition empfohlen, denn Jerry Goldsmith schrieb mit „Patton“ ohne Frage eines seiner wichtigsten Werke überhaupt!

 

 

The Ballad of Cable Hogue - Abgerechnet wird zum Schluss

 

Der Goldsucher Cable Hogue wird von seinen beiden Kameraden Taggert und Bowen in der Wüste zurück gelassen, weil die Wasservorräte nur noch für zwei reichen. Hogue irrt vier Tage durch die Wüste und bricht schließlich zusammen. Kurz bevor er das Bewusstsein verliert fällt ihm auf, dass seine Stiefelspitzen nass sind und mit letzter Kraft fängt er an zu graben. Tatsächlich ist er in der vollkommenen Einöde auf ein Wasser gestoßen. In den folgenden Tagen erholt sich Cable Hogue und richtet sich ein kleines Wasserloch ein, dass dieses direkt an der einzigen Postkutschenstrecke in der Umgebung liegt. Sein erster Kunde ist der Wanderprediger Rev. Joshua Duncan Sloane, der ihm rät, sich das Gebiet abstecken zu lassen. Sofort macht sich Hogue auf in die nächste Stadt, um von seinem letzten Geld das Land mit dem Wasserloch zu erwerben. In der Stadt angekommen, läuft ihm die Prostituierte Hildy über den Weg, in die er sich sofort verliebt. Nachdem er sich von seinen letzten Münzen 2100 Quadratmeter Land kaufen konnte, nimmt er bei der Bank einen Kredit über 100 Dollar auf und begibt sich anschließend zu Hildy im Saloon. Doch als er sich darüber im Klaren wird, dass er sein wertvolles Land, das er nicht abgesteckt hat, schon lange allein ließ, bricht er den Besuch bei der Prostituierten ab, die darüber nicht sehr erfreut ist. Wieder bei seinem Wasserloch angekommen, beginnt Cable Hogue mit Sloane, eine Postkutschenstation aufzubauen. Eines Abends kommen die beiden wieder in die Stadt und Hogue stattet Hildy erneut einen Besuch ab, der zu beider Zufriedenheit verläuft. Sloane bekommt stattdessen Ärger mit dem Ehemann einer Frau, die er über ihren Verlust ihres Bruders "hinweg tröstete" und muss fliehen. Wenig später wird auch Hildy aus der Stadt vertrieben und sucht "Cable Springs" auf. Obwohl sie nach San Francisco gehen will, bleibt sie drei Wochen dort und zwischen Cable und ihr entwickelt sich eine zärtliche Romanze, bis Hildy schließlich ihren Plan in die Tat umsetzt und nach San Francisco geht. Cable Hogue bleibt alleine zurück und sinnt noch immer auf Rache für das, was seine einstigen Kameraden ihm antaten. Sein Verlangen nach Vergeltung scheint befriedigt, als Bowen und Taggert eines Tages tatsächlich in einer der Postkutschen sitzen, die bei "Cable Springs" hält...

Die Figur des Verlierers im Wandel der Epochen und der Untergang des Wilden Westens, der der Zivilisation weicht, gehört zu den zentralen Themen der Filme Sam Peckinpahs. In "Ride the High Country" versuchen zwei alternde Banditen noch einmal ihr Glück, "Pat Garret jagt Billy the Kid" ist eine tragische Geschichte um zwei einstige Freunde, die sich bekämpfen müssen und "Junior Bonner" handelt von einem alternden Rodeoreiter und dessen zerrütteter Familie. Nachdem Peckinpah das Publikum sowie die Kritiker mit "The Wild Bunch", der dasselbe Thema behandelt, mit äußerst blutigen Gewaltdarstellungen schockierte aber auch begeisterte, entpuppt sich "The Ballad of Cable Hogue" als das genaue Gegenteil. Der Regisseur bezeichnete diesen Film oft als seinen persönlichen Lieblingsfilm und behauptete, das sei das einzige Projekt gewesen, das er sich jemals selbst ausgesucht hätte. Das Studio erhoffte sich mit "The Ballad of Cable Hogue" einen leichten kleinen Erfolg. In dem Wind von "The Wild Bunch" sollte dieser Film leich zu vermarkten und mit geringem Aufwand umzusetzen sein, doch die Produktion entpuppte sich als schwierig. Neben Peckinpahs Temperament und seiner zunehmenden Alkoholabhängigkeit verhinderten außerdem starke Regenfälle wochenlang die Dreharbeiten. Nachdem der Film schließlich abgedreht war, fand er bei dem Publikum kaum Beachtung, denn nach "The Wild Bunch" war man nicht auf einen derartigen Film desselben Regisseurs vorbereitet. Statt ausladender ästehtischer Zeitlupentode und spritzendem Blut wartet "The Ballad of Cable Hogue" nicht nur mit sehr viel erzählerischer Ruhe auf, sondern verfügt außerdem über eine ungewohnte Portion Humor, sucht Lösungen und keine Konfrontation. Aus Hass wird Liebe, aus Rache Vergebung. "The Ballad of Cable Hogue" ist außerdem mit vielen Religiösen Elementen versehen. Alleine schon der Name des Protagonisten - eine Summe aus "Cain" und "Able" - soll den starken menschlichen Aspekt betonen. Cable Hogue ist ein einfacher Mensch, nicht besonders gut, aber auch nicht bösartig. Er schafft sich selbst in der Wüste ein kleines Paradies, in dem zumindest zeitweise eine Eva weilt und auch Schlangen gibt es öfters zu sehen. Reverend Sloane steht nicht nur für den irdischen Aspekt, er ist auch zuggleich der größte Heuchler und nutzt seinen Stand für seine Vorteile aus, sei es, um sich Wasser zu erschleichen oder Frauen für sich zu gewinnen.
Für "The Ballad of Cable Hogue" wählte Sam Peckinpah äußerst treffende Darsteller. Es gibt kaum einen anderen Darsteller, der den Protagonisten hätte so verkörpern können wie Jason Robards, der den einfachen, aber im Kern rechtschaffenden und leicht naiven Cable Hogue meisterhaft spielt. Wie später Warren Oates erkannte auch Robards, dass mit der Hauptfigur Peckinpah selbst gemeint war und setzt das vortrefflich um. David Warner ist die ideale Besetzung von Reverend Sloane. Grundlegend nicht unsympathisch schafft er es, die Balance zwischen schleicherischem Heuchlertum und aufrichtiger Freundschaft zu wahren. Stella Stevens liefert in der Rolle der Hildy wahrscheinlich eine ihrer besten Darstellungen ihrer Karriere ab. Sie selbst sagte einmal, dass sie stets versuchte, zu erkennen, warum sie Hildy in Cable Hogue verliebt hätte. Sie spielt die liebenswerte Prostituierte, die eine Lady werden will und stets versucht, nach den Sternen zu greifen, obwohl das Glück vor ihr liegt, absolut treffend.
Insgesamt ist "The Ballad of Cable Hogue" ein mehr als sehenswerter Film, der Peckinpahs melancholische Seite vollkommen widerspiegelt und mit den grandiosen Darstellern wahrhaftig zu den besten Filmen dieses Ausnahmeregisseurs gehört. 

Durch die Verzögerungen der Dreharbeiten und Peckinpahs sich stets verschlechtertem Gesundheitszustand wurden Spekulationen angeheizt, ob „The Ballad of Cable Hogue“ überhaupt noch fertig zu stellen sei, worauf hin Peckinpah ein Foto mit seinem Stab machen lies, auf dem er auf einer Bare liegend zu sehen ist während ihm mehrere Leute der Drehmannschaft Flaschen mit intravenösen Schläuchen bereit halten. Doch so amüsant diese Anekdote auch ist, so sehr verbirgt sich hinter ihr eine bittere Wahrheit, denn Peckinpahs Verhältnis zum Alkohol war längst außer Kontrolle geraten. So besuchte der launige Regisseur häufig eine Bar in der Nähe des Drehorts für „Cable Springs“, deren Rechnung zum Drehschuss angeblich über 70 000 Dollar betrug. Peckinpahs häufige Barbesuche hatten allerdings eine positive Auswirkung, denn in einer Kneipe spielte der Sänger und Liedermacher Richard Gillis, der sich selbst auf der Gitarre begleitete. Der Stil, die Texte und die Musik Gillis’ gefielen dem Regisseur so gut, dass er den Sänger sofort für das Projekt engagierte, doch diese Entscheidung barg einige Komplikationen. Schließlich war Gillis ein vollständiger Amateur, was Filmmusik betrifft und er schien offensichtlich der Aufgabe, neben seinen eigenen Liedern auch weitere musikalische Untermalung zu komponieren, hoffnungslos überfordert, sodass das Studio gezwungen war, einen Filmmusikkomponisten zu engagieren, der Gillis unter die Arme greifen konnte. Produzent Phil Feldman schlug Jerry Goldsmith vor und Peckinpah stimmte zu, doch durch die Verzögerung der Dreharbeiten geriet Goldsmiths Verpflichtung in Konflikt mit anderen Projekten, sodass Feldman sich erst an John Williams und schließlich an Dave Grusin wandte. Letzten Endes wurde Jerry Goldsmith wieder frei, sodass nun die musikalische Arbeit mit Gillis beginnen konnte. Für den Film hatten Peckinpah und Gillis bereits zwei Lieder ausgesucht: „Butterfly Mornin’“ und „Wait for me, Sunrise“. Während ersteres für Hildy steht ist das zweite Joshua Sloane zugeordnet. Was also fehlte, war ein drittes Lied, das für Cable Hogue stehen und somit auch als Titelmelodie fungieren konnte. Goldsmith schrieb eine Gillis’ Stil entsprechende Melodie, für die der Sänger den Text „Twomorrow ist he Song I Sing“ beisteuerte und beide Musiker trafen mit ihrem jeweiligen Anteil genau den Kern der Sache. Goldsmith knüpft mit seiner Komponisition deutlich an die ein Jahr zuvor entstandene Western-Musik zu „Wild Rovers“ an, in der er sich größtenteils klar von der großorchestralen Americana abwendet und einen deutlich folkloristischen und kleiner gehaltenen Vertonungsansatz wählte. Dabei kopierte er zu keiner Zeit die traditionelle Volksmusik Amerikas, sondern wob verschiedene derartige Elemente in seinen modernistisch angehauchten kammermusikalischen Satz ein. In „The Ballad of Cable Hogue“ geht der Komponist allerdings einen Schritt weiter. Der zurückhaltende und intime Charakter des Films, gepaart mit einigen ironischen und humorvollen Einlagen gaben Goldsmith zusammen mit Gillis’ Beiträgen die Möglichkeit, eine deutlich am Bluegrass orientierte Filmmusik zu schreiben, die eine ungeahnte Symbiose mit des bodenständigen und folkloristischen Liedern des Sängers eingehen. Dazu stand dem Komponisten ein kleineres Orchester zur Verfügung, dass dieser allerdings sehr sparsam nutzte und stattdessen vermehrt auf folkloristische Instrumente wie Gitarre, Banjo, Mundharmonika, Akkordeon und elektronisch verzerrtes Klaviers zurückgriff. Zu den Höhepunkten der Musik zählt ohne Frage die Musik zu Cables Flucht aus der Stadt, die mit ihren Zeitraffern und der komödiantischen Überzogenheit eine ironische Vertonung verlangt. Goldsmith schrieb für diese Szene eine fulminante Musik, die mit dem treibenden Spiel des Banjos, den groben Quinten der Fidel und dem elektronisch verzerrtem Klavier an ähnliche Passagen aus „The Flim-Flam Man“ oder teilweise an „Wild Rovers“ anknüpft. Auch der klischeehafte und altbacken wirkende Harmonium-Chroal für die Seelsorge Sloanes spiegelt treffend dessen heuchlerische Seite wider. Doch neben diesen teilweise überzogenen und ironischen Passagen schrieb Goldsmith viele kleinere Stücke, die in ihrer zarten musikalischen Natur perfekt auf den ruhigen Film abgestimmt sind. Oft greift der Komponist dabei auf die Melodien Gillis’ zurück, die, sanft von der Harfe umschmeichelt, in den Violinen oder Holzbläsern erklingen oder vom Banjo gezupft werden.

Während „Wait for Me, Sunrise“ durchweg nur von Gillis selbst auf der Gitarre begleitet wird, ist die Begleitung von „Twomorrow Is The Song I Sing“ weitaus orchestraler, wobei auch hier der Schwerpunkt auf folkloristischen Elementen wie Gitarrenbegleitung, gezupftem Bass oder Banjo liegen und die Streicher mit den Bläsern größtenteils für rhythmische Akzente verantwortlich sind. Dass Goldsmith zu der Melodie einen hervorragenden melodischen Kontrapunkt schrieb, ist allerdings fast Vorraussetzung für ein Werk des Komponisten aus dieser Zeit. „Butterfly Mornin’“ wird nur einmal im Film gesungen und zwar von den Hauptdarstellern Jason Robards und Stella Stevens. Gillis nahm hierfür die Gitarrenbegleitung im Studio auf und die beiden Schauspieler sangen separat dazu. Diese Aufnahmen wurden dann auch am Set verwendet, wo Robards und Stevens den Text mit ihren Lippen synchronisierten. Zur Zeit des Filmstarts erfuhr „The Ballad of Cable Hogue“ keine Veröffentlichung in Form eines LP-Albums, was auch damit zusammen hängt, dass die Rechte für Gillis’ Liedern nicht beim Studio lagen. Erst 2002 veröffentlichte der Varèse-Club die Musik auf CD, die mittlerweile allerdings längst ausverkauft ist. Ausgestattet mit einem sehr informativen Begleittext von Nic Redman besticht das Album auch durch eine äußerst frische und klare Klangqualität. Leider konnte die Tonspur von „Butterfl Mornin’s“ mit dem Gesang von Robards und Stevens nicht mehr aufgefunden werden, sodass auf die Filmspur zurück gegriffen werden musste, die einige – allerdings nicht allzu sehr störende – Geräusche enthält. Allerdings wird es (wie so oft beim CD Club) stets ein Geheimnis von Redman und Townson bleiben, warum nicht die vollständige Musik auf der CD enthalten ist, die mit 37 Minuten Laufzeit zusätzlich sehr kurz geraten ist. So fehlt unter Anderem die Musik zu Hildys erstem Eintreffen auf „Cable Springs“, das Goldsmith mit einer sehr vergnügten Variation des Hauptthemas unterlegte und weitere kleine Passagen. Stattdessen wurden einige weniger interessante Stücke mit auf die CD gepresst wie eine kurze Fortführung des Harmonium-Chorals, die wenig musikalischen Nährwert enthält. Eine lobenswerte Veröffentlichung allgemein ist diese CD allerdings vom Albumschnitt verbesserungswürdig und daher bleibt zu hoffen, dass sich ein Label schnell einer Wiederveröffentlichung annimmt und dieses Mal vielleicht auch die vollständige Musik zugänglich macht. „The Ballad of Cable Hogue“ ist ein äußerst erfrischendes und originelles Werk in Goldsmiths Schaffen, das hier eine äußerst fruchtbare Zusammenarbeit zwischen zwei Musikern unterschiedlichster Natur hervorbrachte.

 

 

Tora! Tora! Tora!

Die japanische Regierung sieht sich durch das amerikanische Embargo in den 1940er Jahren stark eingeschränkt und verbündet sich mit Deutschland und Italien. Admiral Isoroku Yamamoto wird zum Oberbefehlshaber der japanischen Flotte befördert. Er sowie sein Vorgänger Zengo Yoshida sind der Meinung, dass ein Krieg mit Amerika zu einer Katastrophe führen würde, doch als sich ein Krieg nicht mehr abwenden lässt, fordert Yamamoto einen Plan für einen Angriff auf Pearl Harbor, in dem die amerikanische Flotte vor Anker liegt. Dem amerikanischen Nachrichtendienst in Washington ist es gelungen, die geheimen Funksprüche der japanischen Regierung an ihre Botschaften zu entschlüsseln, doch die Warnungen Alwin D. Kramers werden weder bei den Militärs noch der amerikanischen Regierung ernst genommen. Währenddessen entwickelt Minoru Genda einen Plan für den Angriff, der aus der Luft erfolgen und von Gendas Kameraden Mitsuo Fuchida geleitet werden soll. Schließlich steht das Datum für die Attacke fest: am 6. Dezember soll die Kriegserklärung Japans in 13 verschlüsselten Teilen an die japanische Botschaft in Washington gesendet werden. Der letzte und entscheidende 14. Abschnitt wird am 7. Dezember gesendet und die Kriegserklärung von dem Botschafter Kichisaburo Nomura um 13:00 übergeben werden. Um 13:30 soll die erste Bombe auf Pearl Harbour fallen. Doch als es soweit ist, entstehen ernste Schwierigkeiten: Da die Kriegserklärung als offizielles Dokument entschlüsselt, übersetzt und maschinell geschrieben erstellt werden muss, gerät die japanische Botschaft unter Zeitdruck, denn die Flieger sind schon in der Luft, als das Dokument noch nicht fertig gestellt ist…

„The incredible attack on Pearl Harbor as told from both the American and the Japanese side.” Mit diesem Satz auf dem Filmplakat bewarb 20th Century Fox “Tora! Tora! Tora“ und tatsächlich wurde der Film diesem Vorsatz gerecht. Nicht nur, dass dem eigentlichen Angriff eine akribisch rekonstruierte Dokumentation der politischen und diplomatischen Verwicklungen vorangeht, diese erste Hälfte des Films besteht abwechselnd aus in Amerika und Japan gedrehten Szenen. Für die in Washington und auf Pearl Harbor spielenden Szenen war Regisseur Richard Fleischer verantwortlich, während das in Japan gedrehte Material unter der Regie von Toshio Masuda und Kinji Fukasaku entstanden nachdem Akira Kurosawa ausgeschieden war, obwohl er an der zweijährigen Vorbereitung des Projekts beteiligt war. Produzent Darryl F. Zanuck wollte mit dem Film eine möglichst genau Rekonstruktion der Vorfälle um den Angriff auf Pearl Harbor erstellen und zeigen, was „wirklich passierte“. Tatsächlich sucht „Tora! Tora! Tora!“ im Genre des Kriegsfilms seinesgleichen. Der Film orientiert sich ausschließlich an den historischen Gegebenheiten, handelnde Personen sind hauptsächlich japanische und amerikanische Militärs und Politiker. Nach tragischen Einzelschicksalen und berührenden Liebesgeschichten sucht man hier vergebens. Stattdessen nimmt sich der Film besonders viel Zeit, die einzelnen Entwicklungen offen zu legen und spart besonders in Hinblick auf die amerikanischen Verhaltensweisen wohltuend wenig an Kritik. Die teils selbstgefällige oder einfach desinteressierte Haltung einiger Befehlshaber gepaart mit schlampigen Maßnahmen oder drastischen Fehlentscheidungen, die den Angriff für Japan erst ermöglichen, lassen sich hier überzeugend nachvollziehen. Radarstationen dürfen aus Naturschutzgründen nicht auf dem besten Standpunkt installiert werden, Warnungen werden nicht ernst genommen und alle Flugzeuge wie auf einem Präsentierteller zusammengestellt. Besonders die Szene, in der Alwin D. Kramer vom Nachrichtendienst versucht, einen Vorgesetzten zu erreichen und von einer Hausparty zur anderen eilt, um an die nächste Autorität verwiesen zu werden, während sich japanische Kampfflieger akribisch auf den Angriff vorbereiten gehört zu einem der Höhepunkte des Films. Auch produktionstechnisch wurde ein enorm hoher Aufwand betrieben. So wurde Yamamotos Zerstörer komplett auf dem Festland in der Nähe des Meeres aufgebaut und unzählige Flugzeugattrappen in Lebensgröße hergestellt, um während des Angriffs in Flammen aufzugehen. Der Angriff selbst zählt zu den explosivsten 30 Minuten, die für das Kino gedreht wurden. Noch vollständig handgemacht hat das Bombardement auch heute noch nichts an seiner Wirkung verloren. Fleischer nutzte für diese virtuose Regiearbeit jede Möglichkeit und lies eine tatsächlich während der Dreharbeiten stattfindende Notlandung eines Flugzeuges filmen und später in den Film einarbeiten.
Bei einer so großen Produktion überrascht es nicht, dass fast alle Hauptrollen von prominenten Darstellern gespielt werden sodass auf amerikanischer Seite Jason Robards, James Whitmore, E. G. Marshall und Martin Balsam sowie auf japanischer Seite Sō Yamamura, Tatsuya Mihashi und Eijiiro Tono zu sehen sind. Insgesamt ist „Tora! Tora! Tora!“ ein bemerkenswertes Kriegsepos, das mit den ersten beiden dokumentarischen und dem explosiven letztem Drittel die beste Verfilmung des Angriffs auf Pearl Harbor darstellt und dem melodramatischen „Harm’s Way“ oder gefährlich pathetischem „Pearl Harbor“ ohne Frage vorzuziehen ist!

Für die musikalische Untermalung von „Tora! Tora! Tora!“ wurde Jerry Goldsmith verpflichtet. Seine Partitur zu dem Film kann ohne Zweifel zu seinen besten Arbeiten gezählt werden, die im Laufe seiner langen Karriere entstanden sind und ist dem modernistischen Klangidiom und dem kammermusikalischen Denken des Komponisten in seiner mittleren Schaffensphase klar verpflichtet. Neben einem durchschnittlich besetzten Symphonieorchester stand Goldsmiths unter Anderem eine Koto – das japanische Äquivalent zur deutschen Zither - zur Verfügung. Da die Filmhandlung mit der Übernahme des Kommandos durch Yamamoto beginnt, steht auch das den Vorspann unterlegende Hauptthema für die Japaner. Trotzdem spiegelt sich in der Strukturierung dieses Themas der objektive Ansatz des Films wider, da Goldsmith zu keiner Zeit in asiatisch angehauchten Ethno-Kitsch verfällt. Die mit asiatischer Klangvorstellung verbundene Holzblöcke und Koto sind in westlicher Tradition mit dem Orchester verbunden und auch das Hauptthema entbehrt vollkommen der sonst so typischen Pentatonik. Nach einem eröffnenden Ausbruch des ganzen Orchesters inklusive col legno Schlägen der Streicher und Hornglissandi erklingt das leicht melancholisch gestimmte Hauptthema in der Koto über den Rhythmus der Holzblöcke und tiefe Gongschläge. Das schlichte Thema ist durch Taktkürzungen und –wechsel rhythmisch ungleichmäßig gestaltet. Es wird erst von einer Posaune und schließlich von den Streichern übernommen wobei eine massige Steigerung zum vollen Orchestereinsatz entsteht. Hier schichtet Goldsmith teilweise komplexe und dissonante Kontrapunkte gegen das harmonisch schlicht gehaltene Thema und verleiht neben dem massigen Einsatz des Orchesters eine zusätzlich brutale Wirkung. Im Zuge der folgenden Musik kommt das Orchester allerdings selten in solcher Klanggewalt zum Einsatz, stattdessen weicht der große Apparat kleiner gesetzten Klängen. Es fällt zusätzlich auf, dass der actionreiche Angriff und somit die letzte halbe Stunde des Films komplett unvertont bleibt. Stattdessen unterlegt Goldsmith Szenen, in denen die politische Entwicklung vorangetrieben wird mit äußerst aggressiven und ruppigen Klängen wie die Unterzeichnung des Bundes mit Deutschland in Berlin. Hämmerndes Klavier, Schlagzeug und schrille Linien für Streicher und Holzbläser unterlegen den kurzen Abschnitt, in dem die Botschafter ihre Unterschrift auf das Dokument setzen. Auch die Vorbereitungen der japanischen Flieger für den Start sind mit treibenden Klavierostinati, col legno Streichern und Flugzeugmotoren imitierenden Blechbläsern äußerst ruppig geraten. Verschiedene Gespräche zwischen Yamamoto und Politikern unterlegte Goldsmith mit zurückhaltenden Variationen des Hauptthemas und bediente sich zusätzlich elektronischer Klangeffekte was der Musik eine zusätzliche Fremdartigkeit und teils bedrohliche Stimmung verleiht. Ein weiterer exotischer Klang ist dem Einsatz von zwei einen Viertelton auseinander gestimmten Oboen erzielt worden. Zu den unzähligen Höhepunkten zählt außerdem die lange musikalische Sequenz, die Kramers verzweifelte nächtliche Fahrt durch Washington unterlegt, während die Japaner sich auf den Angriff vorbereiten. Hier bilden Holzschlitztrommeln verschiedener Größe und präpariertes Klavier eine pulsierend Grundlage für einzelne Bläsereinwürfe und Anklänge an das Hauptthema. Hier wurden auch einzelne Akkorde des Orchesters mit dem Echoplex eingesetzt und die äußerst raffiniert gestaltete additive Klangschichtung mündet schließlich in ein düsteres Cello-Solo.
Insgesamt ist Goldsmith mit „Tora! Tora! Tora!“ eine äußerst raffinierte Partitur gelungen, die besonders nach mehrmaligem Hören viele Details offenbart und ein beeindruckendes Erlebnis garantiert. Jerry Goldsmith spielte selber rund 11 Minuten für Varèse Sarabande neu ein, doch diese Aufnahme leidet stark an der halligen Akustik, in der die besonders die Koto oft untergeht. FSM machte erstmals die vollständigen Filmaufnahmen auf CD zugänglich und füllte die recht kurze Laufzeit mit 20 Minuten Bonusmaterial – hauptsächlich Source-Musik – auf. Trotz des Alters klingt die Musik äußerst frisch, das reich bebilderte Begleitheft bietet nicht nur optische Reize sondern viele Informationen über Musik und Film. Leider wurden kürzere Passagen mit den chronologisch anschließenden Stücken zusammengefasst, was wahrscheinlich dem Hörfluss zu Gute kommen soll. Allerdings unterscheiden sich die jeweiligen Titel oftmals zu stark vom musikalischen Charakter, um eine organische Einheit zu bilden und besonders das letzte Stück – eine Kombination aus drei Passagen, die im Film innerhalb einer halben Stunde erklingen – im Umkehrschluss zu lang geraten. Doch abgesehen von diesem kleinen editorischen Mangel handelte es sich bei dem FSM-Album um eine äußerst lobenswerte Veröffentlichung, die konsequenterweise ausverkauft ist. Glücklicherweise hat Lalaland-Records 2011 das Album neu aufgelegt – leider ohne die einzelnen Stücke zu trennen – sodass es jetzt wieder einer größeren Filmmusikgemeinde zugänglich ist.
„Tora! Tora! Tora!“ ist ein Meisterwerk des Komponisten und eine bedeutende Filmkomposition und sollte somit in zumindest einer Ausgabe in jeder Filmmusik-Sammlung vertreten sein.

 

 

Rio Lobo

Bereits viermal wurden Goldtransporte der Nordstaaten von den Rebellen überfallen und ausgeraubt. Für Colonel Cord McNally steht fest, dass es in den eigenen Reihen einen Verräter geben muss, der die Südstaaten mit den nötigen Informationen über die Züge versorgt. Kurz vor Ende des Krieges soll ein Goldtransport unter dem Kommando von Leutnant Forsythe den Sold für die Truppen der Nordstaaten zu dessen befreundeten Colonel McNally bringen, doch der Zug wird von den Südstaaten unter Captain Pierre Cordona und Seargent Tuscarora Phillips überfallen und ausgeraubt. Als die Telegraphenverbindung abreißt, macht sich McNally mit seinen Männern zum Ort des Überfalls auf, doch sie finden nur den ausgeraubten Zug, die Soldaten und Forsythe, der bei dem Überfall tödlich verletzt wurde und im Sterben liegt. Die Nordstaatler teilen sich auf, um in der Umgebung nach den flüchtenden Rebellen zu suchen und tatsächlich trifft McNally bald darauf auf einen flüchtenden unbewaffneten Südstaatler. Das anfängliche Misstrauen des Colonels ist berechtigt, denn es handelt sich um eine Falle. McNally wird bewusstlos geschlagen und wacht anschließend in einer Höhle auf, die den Südstaatlern als Unterschlupf dient. Captain Cordona, den McNally jetzt als eine flüchtige Bekanntschaft aus Vorkriegszeiten erkennt, eröffnet dem Nordstaatler, dass dieser den Rebellen helfen soll, die feindlichen Truppen zu umgehen und sie sicher mit der Beute in den Süden leiten soll. McNally stimmt zu, doch leitet er die Südstaatler bei der nächsten Gelegehneit direkt in ein Lager der Nordstaaten, sodass Captain Pierre Cordona und Seargent Tuscarora Phillips gefangen genommen werden. Kurz bevor die die beiden Rebellenführer gefangen genommen werden, bittet McNally um die Information über den Verräter und bietet ihnen an, sie laufen zu lassen, sollten sie ihm den Namen nennen, doch die beiden Männer wollen lieber verhaftet werden, als ihren Soldaten die Geldquelle zu rauben.  Als bald darauf der Krieg endet, empfängt McNally die entlassenen Kriegsgefangenen und fragt sie abermals nach dem Verräter. Nun eröffnen ihm Cordona und Phillips, dass sie die Namen der beiden Männer, die sie für Informationen bezahlen, nicht kennen und geben eine lose Personenbeschreibung, doch sie geben McNally anschließend das Versprechen, sich sofort bei ihm zu melden, sollten sie die Verräter gesehen haben und tatsächlich erreicht McNally einige Jahre nach dem Krieg eine Nachricht von Cordona, dass dieser einen der Männer gesehen hat, den dieser sucht. In Rio Lobo, wohin Tuscarora Phillips zurück gekehrt ist, unterdrückt ein Großrancher namens Ketcham die aufkeimende Stadt mit der Hilfe eines korrupten Sheriffs, zu dessen Hilfssheriffs einer der beiden Verräter gehört. Gemeinsam nehmen Cordona und McNally den Kampf gegen Ketcham auf...

"Rio Lobo" bildet den letzten Teil einer lose aufeinander bezogenen Trilogie um aufrechte Helden, die im Sheriff's Office einen Gefangenen gegen den Einfluss eines reichen Viehbarons schützen oder dort ausharren, um auf Verstärkung zu hoffen. Während "Rio Bravo" zu den großen Beiträgen Hawks' zum amerikanischen Western zählt, parodierte er viele Elemente bereits in "El Dorado". Auch "Rio Lobo" nimmt in vielen Teilen bezug auf "Rio Bravo" und steht mit seiner konventionellen, schemenhaften Darstellung seiner Figuren, der traditionellen Handlung und dem Wayne-typischen Heldentum etwas alleine in einer Zeit, in der Western oft viel kritischer mit sich und ihren Inhalten umgingen. Der Spätwestern ab 1969 drehte sich oftmals um tragische Helden, die an ihren eigenen Vorstellungen von Moral und Ehre im Kampf gegen die vorrückende Zivilisation zu Grunde gingen. Umso befremdlicher wirkt es somit, wenn John Wayne in seiner immergleichen Kombination aus Lederweste, hohem Hut und Winchestergewehr ohne jede Reflektion das Heldenpathos aus vergangenen Zeiten charakterisiert und Leuten das Recht zuspricht, einen Mitmenschen getötet zu haben, denn sonst wäre dieser halt von jemand anderem erschossen worden. Die Kritiker reagierten dementsprechend und so fielen die meisten Urteile über "Rio Lobo" negativ aus. Nichts desto trotz weiß Howard Hawks' Schwanengesang zumindest heute, 40 Jahre später, immer noch zu überzeugen. Natürlich ist die Handlung nicht originell, sind Regisseur und Hauptdarsteller bessere Filme gelungen, aber genau dieses Abarbeiten sämtlicher Western-Klischees vom bunt bemalten Quacksalber-Wagen über mexikanische Grenzstädtchenidylle bis hin zur klassischen, schusslastigen Konfrontation zwischen Gut und Böse macht letzten Endes den Charme von "Rio Lobo" aus, der nichts weiter sein will als ein Western, aber dies hundertprozentig. Somit entstand ein äußerst unterhaltsamer Film, der neben vielen Bezügen zu seinen Vorgängern auch mit spektakulären neuen Einfällen aufwartet. Dazu dürfte neben einem äußerst kreativ gedrehten Vorspann auch einer der findigsten Zugüberfälle der Western- wenn nicht gar der Filmgeschichte gehören!
Sämtlichen Schauspielern wird nicht allzu viel abverlangt, umso erfreulicher ist, dass alle mit Engagement dabei waren und es eine Freude ist, ihnen zuzusehen. Viele der Figuren lassen sich so oder so ähnlich in "Rio Bravo" und "El Dorado" ausfindig machen. Da wäre natürlich zuallererst John Waynes Charakter Cord McNally und der (zumindest in Zivil) dem klassischen John-Wayne-Helden entspricht, wobei das offensichtliche fortgeschrittene Alter mit leichtem Augenzwinkern gut überspielt wird. Jorge Rivero tritt in Ricky Nelsons und James Caans Fußstapfen und bestreitet die Rolle als jugendlicher Held überzeugend. Mit besonders viel Spielfreude ist Western-Urviech Jack Elam als kleiner Farmer Phillips - Tuscaroras Vater - zu sehen, der sich gegen Ketchams Imperium auflehnt. Jennifer O'Neill gibt die Rolle der etwas zickigen Dame, die aber zu ungeahnter Tatkraft erwacht, wenn es drauf ankommt. In "Rio Lobo" war außerdem eine der wenigen schauspielerische Tätigkeiten der späteren Filmproduzentin Sherry Lansing in der Rolle der selbstbewussten Amelita zu sehen.
Letzten Endes ist "Rio Lobo" kein herausragender Western, aber dennoch ein würdiger Abschluss für Hawks' Karriere, der auch heute noch Spaß macht und zu unterhalten weiß.

Vertont wurde "Rio Lobo" von Komponist Jerry Goldsmith, der die musikalische Nachfolge von Dimitri Tiomkin und Nelson Riddle antrat. Dem Komponisten stand ein durchschnittliche bestztes Orchester zur Verfügung, dass - wie so oft bei Westernvertonungen - um folkloristische Instrumente wie Akkordeon, Gitarre und Mandoline erweitert war und auch über eine große Schlagwerksektion inklusive Marimbaphon, Peitsche, Ratsche, Glocken und Holzblöcke verfügt. Goldsmith, der in den 60er Jahren mehrere Western vertont hatte und dessen Arbeiten besonders in der ersten Hälfte seiner Karriere von einem deutlich modernistischen Stil geprägt waren, komponierte für Hawks' letztes Werk eine dem Film entsprechende deutlich gradlinigere und konventionellere Musik, die zu großen Teilen auf zwei Themen fußt. Das Hauptthema ist eine leicht melancholische Melodie in moll mit deutlichem Ohrwurmcharakter und wird während des Vorspanns von dem Gitarristen Tommy Tedesco gespielt, der der Sohn von Mario Castelnuoco-Tedesco war. Dieses Hauptthema zieht sich wie ein roter Faden durch die Musik und erklingt in unterschiedlichen Klanggewändern. So verwendete Goldsmith es in den Blechbläsern als kräftige "Ritt-Musik" mit synchopischen Rhythmen der Streicher und des Schlagwerks inklusive Peitschenknallen, als sanfte Akkordeonmelodie, die von zarten Kontrapunkten des Fagotts umspielt wird oder als verhuschtes Motiv der Bassflöte  sowie als Mandolinenstimme in Suspensepassagen. Des Weiteren komponierte Goldsmith eine kräftige Americana-Fanfare, die, gleichberechtigt mit dem Hauptthema, die Helden während des Wüstenritts in Form einer ausladenden Streichermelodie mit starker Stütze der Posaunen und des Tamburins begleitet, oder in kleinerer Besetzung von dem Akkordeon über leichte Gitarrenbegleitung erklingt. Doch auch jenseits seiner beiden Themen schrieb Goldsmith äußerst effektive Passagen wie die kunstvoll ineinander verflochtenen Streicherstimmen, als Ameliat McNally ihre Wunde zeigt, oder die mit äußerst kreativen Schlagzeugeffekten garnierten Suspensepassagen. "Rio Lobo" gehört zu den ersten Filmmusiken, in denen der Komponist mit elektronischen Effekten experimentiert, die später nicht mehr aus seinem Schaffen heraus zu denken sind. Dabei beschränken sich die synthetisch erzeugten Klänge allerdings als pochende und hallende Effekte, die zur Schattierung der Streicher und Bläser in den Spannungspassagen dienen und so keinesfalls störend hervorstechen, wie es später in "Breakheart Pass" der Fall sein wird.
Die Musik zu "Rio Lobo" erschien erstmals 2001 als limitierte Edition bei Prometheus. Dabei hatte das Label nicht nur Zugang zu den vollständigen Bändern der Aufnahmen in Mono, sondern zusätzlich zu einigen Stereobändern aus Goldsmiths Privatarchiv. Man entschied sich, die nahezu komplette Musik aus den beiden Elementen zusammen zu setzen und die Stücke in Stereo und Mono als zwei seperate Blöcke auf die CD zu pressen. Diese Entscheidung wirkte sich deutlich negativ auf das Hörerlebnis aus. Nicht nur, dass die Vorspannmusik nun direkt in der Mitte des Programms platziert war, das Finale war als Abschluss beider Blöcke insgesamt zweimal - einmal in Stereo und einmal in Mono - enthalten. Zusätzlich wurden mehrere einzelne Stücke zu Suiten zwischen 7 und 9 Minuten Laufzeit zusammengefasst, sodass ein Programmieren der Musik in Filmreihenfolge unmöglich gemacht wurde.
Positiv zu vermerken ist allerdings der sehr ausführliche Begleittext von Ford A. Thaxton, der mit vielen Informationen zu Musik und Film aufwartet. Die CD war mehrere Jahre lang ausverkauft, bis Lalaland Records die Musik zu "Rio Lobo" erneut veröffentlichte und die Gelegenheit nutzte, die editorischen Mängel der Erstausgabe zu überarbeiten, sodass sich nun die fast vollständige Musik in Mono in Filmreihenfolge zu Beginn des Films findet, an die sich sämtliche Source-Musik-Stücke und anschließend alle auf der Prometheus befindlichen Stereo-Stücke finden. Es ist unverständlich, warum die Musik nach Ketchams Gefangennahme während des Ritts bei nacht in die Stadt, zwar zumindest in dem Begleitheft der Prometheus-Ausgabe angesprochen wird, auf keiner der beiden Ausgaben zu finden ist.
Trotzdem ist die Wiederveröffentlichung dieser Musik sehr lobenswert, denn auch, wenn "Rio Lobo" weder ein Meisterwerk ist, noch zu den überragenden Beiträgen des Komponisten zum Westerngenre zählen, so schrieb Jerry Goldsmith dennoch eine durchweg gelungene Western-Musik, die viele Topoi gekonnt bedient und zusätzlich die eine oder andere Raffinesse bereit hält.

 

1971

 

Mephisto Waltz – Der lebende Tote

 

Myles Clarkson versuchte in jungen Jahren, eine Karriere als Konzertpianist zu starten, doch trotz seines Talents war ihm kein Erfolg beschert. Daher arbeitet er nun als musikjournalist und führt mit seiner hübschen Frau Paula, die einen kleinen Antiquitätenladen betreibt und der jungen Tochter Abby ein ruhiges Leben. Eines Tages erhält Clarkson die Möglichkeit, den Pianisten Duncan Ely zu interviewen, der als lebende Musikerlegende gehandelt wird. Der Virtuose verhält sich dem Journalisten gegenüber sehr barsch, bis ihm dessen Hände auffallen. Clarkson erzählt alles über seine früheren Karriereträume und wird von Ely ermutigt, das Klavierspiel wieder aufzunehmen. Am Tag nach dem Interview kommt Ely mit seiner hübschen Tochter Roxanne in Paulas Laden und rettet diesen mit einem Großeinkauf aus der Misere. In den folgenden Wochen freundet sich Clarkson immer mehr mit dem Klaviervirtuosen und seiner Tochter an, doch Paule wird langsam immer misstrauischer. Sie ist eifersüchtig auf Roxanne, doch ihr Mann kann diese Gefühle nicht nachvollziehen. Er verrät ihr, dass Ely an Leukämie erkrankt ist und bald sterben wird. Tatsächlich erlöscht in einer darauf folgenden Nacht das Lebenslicht des großen Pianisten. Clarkson scheint von dem Tod sichtlich mitgenommen zu sein und wirkt wie ausgewechselt. Er hört plötzlich auf zu rauchen und beginnt, stundenlang Klavier zu spielen. Paula wird misstrauisch, insbesondere weil ihre Hoffnung sich nicht erfüllte, dass Roxanne mit dem Tod ihres Vaters aus dem Leben der kleinen Familie verschwinden würde. Eines Nachts begegnet Ely Paula in einem Traum und gesteht ihr, dass er ihre Tochter Abby töten müsse, das sei „Teil des Geschäfts“. Tatsächlich stirbt Abby an dem darauf folgenden Tag an den Folgen einer plötzlichen Erkrankung. Paula ist verzweifelt und da Myles sich nach dem Tod der Tochter weiter in seine Arbeit vertieft, beginnt sie, Nachforschungen über Roxanne zu betreiben. Sie lernt durch Zufall deren ehemaligen Mann Bill kennen und nach den gemeinsamen Gesprächen bestätigt sich Paulas Verdacht: Duncan Ely und seine vermeintliche Tochter haben nämlich einen Bund mit dem Teufel geschlossen und können mit Hilfe eins alten Ritus’ in fremde Körper übergehen und sich so vor dem Tod schützen. So ist nämlich Elys Frau vor mehreren Jahren in den jüngeren Körper Roxannes gereist und nun hat auch die Seele des alten Pianisten besitz von einem neuen, jungen und talentierten Körper ergriffen…

 

Während in den frühen Horrorfilmen meistens verunstaltete und teils tragische Gestalten wie „Nosferatu“, „Das Phantom der Oper“ oder das Monster aus „Frankeinstein“ ihr Unwesen trieben, machte das experimenteller veranlagte Kino der 70er Jahren Raum für den Okkultkorror, der Meilensteine wie „Das Omen“ oder „Der Exorzist“ hervorbrachte. Hier mussten es die Protagonisten nicht selten mit dem Teufel persönlich aufnehmen, wenn sie ihn nicht auf ihrer Seite und damit ihr ganzes Umfeld gegen sich hatten. „Mephisto Waltz“ gehört zu den frühen Einträgen dieses Genres und ist heute leider völlig vergessen, dennoch gelang Regisseur Paul Wendkos ein äußerst unterhaltsamer Film, der jedoch nach der ersten Filmhälfte ein wenig schwächelt. Von Anfang an wird hier nicht gekleckert, sondern geklotzt. Der hohe Unterhaltungswert von „Mephisto Waltz“ entsteht neben der knalligen Farbregie und der versierten Kameraarbeit von William W. Spencer auch durch Wendkos’ in keinster Weise subtile Herangehensweise an den exzentrischen Stoff. Der Zuschauer wird von obszönen und dekadenten Sylversterfeiern durch psychedelische Traumsequenzen und in Zeitlupe zelebrierten Ritualen gejagt. Dass alle Geschehnisse vor den Augen des Zuschauers stattfinden und sich die vorhersehbarsten Dinge bewahrheiten, tut dem Filmgenuss keinen Abbruch – im Gegenteil! Durch seine teils leicht übertriebene Inszenierung gelingt es Wendkos, eine befremdliche, teils verstörende Atmosphäre aufzubauen. Auch wenn man es in einem Film über Körperwanderung nicht allzu ernst mit logischen Zusammenhängen nehmen sollte, fallen einem jedoch in der zweiten Hälfte des Films einige Reibungen auf. Dafür, dass die Clarksons als eine sympathische und glückliche Familie eingeführt wurden, nimmt Polly den Tod ihrer jungen Tochter ein bisschen zu schnell auf die leichte Schulter. Es ist außerdem unglaubwürdig, dass eine Frau, die ihr einziges Kind verloren und festgestellt hat, dass ihr Mann nicht mehr er selbst ist, eine entspannte Affäre in einer hübschen Villa inklusive Meerblick mit dem Ex der Frau beginnt, die ihr die Familie gestohlen hat. Auch das Ende des Films lässt einige wichtige Fragen und offen und erscheint nicht ganz nachvollziehbar.

Die schauspielerischen Leistungen der Hauptdarsteller sind alle positiv zu erwähnen. Alan Alda gelingt der Sprung vom fürsorglichen Vater und liebenden Ehemann zum verbissenen Klaviervirtuosen und arroganten Kotzbrocken vortrefflich. Nicht nur dass, die Chemie zwischen ihm und Curd Jürgens in der Rolle Duncan Elys stimmt, Alda schafft es, Jürgens’ Art zu spielen, vortrefflich zu imitieren. Jaqueline Bisset gibt eine entzückende Paula und Barbara Parkins überzeugt voll und ganz als mysteriös anmutende Roxanne.

Insgesamt ist „Mephisto Waltz“ ein durchaus sehenswerter und unterhaltender Okkulthorrorfilm, dessen Schwächen im Drehbuch durch die überzeugenden Darsteller, die charakteristische Optik und Farbregie und die hervorragende Musik ausgeglichen werden.

 

Titel und Handlung bestimmten bei „Mephisto Waltz“ klar das Programm und natürlich liegt es nahe, bei einem Okkulthorrorfilm, bei dem ein Pianist im Mittelpunkt steht, auf den romantischen Klaviervirtuosen und Komponist Franz Liszt zurück zu greifen. Liszt hatte sich den italienischen Violinisten Nicolo Paganini zum Vorbild genommen und pflegte insbesondere auf dem Höhepunkt seiner Musikerkarriere die Rolle des von übermenschlicher Fähigkeit ausgestatteten Musikers, dessen Konzerte teils von einer fast dämonischen Aura umgeben waren. Das in diesem Film von Duncan Ely in mehreren Szenen gespielte Stück ist der erste der vier Mephisto-Walzer und wurde von Liszt zwischen 1856 und 1861 geschrieben. Dieses Stück gilt als eines der schwierigsten Werke der Klavierliteratur und verschmilzt die revolutionäre Technik des Virtuosen mit der teils avantgardistischen kompositorischen Seite Liszts, der zum Ende seines Lebens teilweise auf das Gebiet der Atonalität vordrang. Als Inspiration des ersten Mephisto-Walzers diente eine Episode aus Nikolaus Lenaus „Faust. Ein Gedicht.“ Hier betreten Faust und Mephisto eine Dorfschenke, in der der Teufel zum Tanz aufspielt und Faust schließlich mit einer Frau zu tanzen beginnt. Dieser Tanz steigert sich ins Ekstatische und schon bald treibt die Leidenschaft die beiden jungen Menschen hinaus in die dunkle Nacht, während drinnen Mephisto geigt.

Neben der diegetischen Klaviermusik des Films enthalt „Mephisto Waltz“ zusätzlich eine Originalmusik, die von Jerry Goldsmith komponiert wurde. Goldsmith entwarf keinerlei eigene Themen, sondern eignete sich die beiden Hauptmotive des Liszt’schen Mephisto-Walzers an und kleidete sie in ein avantgardistisches Klanggewand. Der charakteristische Anfang, in dem Mephisto das Instrument stimmt und Liszt diesen Vorgang in den typischen leeren Quinten musikalisch einfängt, wird nun von einer Solovioline über den pochenden Rhythmus des Orchesters gespielt. Das leidenschaftliche Liebesthema dekonstruiert Goldsmith teilweise zu fragmentarischen Melodiefetzen, die fast schattenhaft in Form von Klaviertupfern in höchster Lage auftauchen oder lässt es vollständig von den Violinen über harmonisch verfremdete Begleitfiguren erklingen. Das dritte thematische Element der Musik stammt ebenfalls nicht aus Goldsmiths Feder. Im Vorspann und während Elys Beerdigung erklingt das „Dies Irae“, jener bekannte altertümliche Hymnus, der bereits von Romantikern wie Berlioz und natürlich auch Liszt in deren Kompositionen eingearbeitet wurde. „Mephisto Waltz“ kann als eins der modernistischsten und avantgardistischsten Werke des Komponisten bezeichnet werden. Instrumentiert für Streichorchester, solistische Holzbläser, Klavier, Schlagzeug und Synthesizer weiß diese Musik auch heute noch nach wiederholtem Hören zu überraschen und einem kalte Schauer den Rücken herunter laufen zu lassen. Die blubbernden und teils stöhnenden elektronischen Klänge gehören mit ihrem dumpfen und wabernden Klang zu den gelungeneren Experimenten Goldsmiths mit Synthesizern, doch natürlich beweist der Komponist insbesondere durch den vielfältigen Umgang des akustischen Instrumentariums sein handwerkliches Können. Dabei greift er auf viele durch zeitgenössische Komponisten wie Penderecki und Lachenmann etablierte alternative Spieltechniken zurück. Da prasseln die Bögen auf die Saiten oder wird auf dem Korpus des Streichinstrumentes geklopft. Auch das von Iannis Xenakis in die Neue Musik eingeführte Glissando wird sehr häufig auf effektvolle von Goldsmith verarbeitet. Dass „Mephisto Waltz“ mehr ist als eine sich an die zeitgenössische Musik anbiedernde Effekthascherei ist, beweisen die mystischen, fast traumwandlerischen Passagen, in denen das Liebesthema als sinnliche Melodielinie auftaucht, die zwar leidenschaftlich, aber von ihren romantischen Wurzeln erklingt.  

Allerdings musste die Musik zu „Mephisto Waltz“ mehr als drei Jahrzehnte im Dunkel der Fox-Archive zubringen, bis die Bänder endlich von Varèse Sarabande ans Licht gefördert wurden. 1997 erschien somit die erste Veröffentlichung der Musik, die eine wichtige Lücke in Goldsmiths Diskographie schloss. Chronologisch angeordnet handelt es sich allerdings nicht um die vollständige Partitur, es fehlen jedoch keine essentiellen Passagen. Allerdings wäre schon gewesen, auch eine Aufnahme des originalen „Mephisto Walzers“ auf der CD zu hören, denn schließlich wurden die Klavierstücke von Goldsmiths früherem Lehrer Jakob Gimpel eingespielt. Die gut zwanzig Minuten lange beigefügte Suite zu der ganz anders gelagerten Partitur zu „The Other“ ist zwar eine nette Dreingabe, reicht aber nicht an „Mephisto Waltz“ heran. Klanglich ist insbesondere „Mephisto Waltz“ etwas schrill, doch bei einer über vierzig Jahre alten Aufnahme sind derartige klangliche Anomalien zu vernachlässigen. Das immerhin mit einem längeren Text über beide Filme versehene Booklet enthält einige wichtige Hintergrundinfos, die leider nicht näher auf die Musik eingehen.

Insgesamt handelt es sich bei der Musik zu „Mephisto Waltz“ um eine faszinierende Verquickung Liszt’scher Spätromantik und avantgardistischem Klanggewitters, die in keiner Goldsmith-Sammlung fehlen darf!

 

1972

 

The Other

 

Die eineiigen Zwillingsbrüder Niles und Holland wachsen auf der familiären Farm auf dem Land auf. 1935 sind die beiden elf Jahre alt und auch wenn sich die beiden Jungs bis auf’s Haar zu gleichen scheinen, so unterscheiden sie sich drastisch von der Wesensart. Niles ist ausgeglichen und zuvorkommend, während Holland eine fast bösartige Natur an den Tag legt. Er quält Tiere und spielt Erwachsenen oft fiese Streiche. Sehr zum Leidwesen des acht Minuten jüngeren Bruders, der oft mit Holland verwechselt und für dessen Taten verantwortlicht gemacht wird. Nachdem der Vater der beiden sich das Genick brach, als die Falltür zum Keller auf seinen Kopf schlug und er die Treppe hinab fiel, ist Alexandra, die Mutter von Niles und Holland depressiv, sodass sich die russisch stämmige Großmutter Ada um die Jungs kümmert. Sie fördert Niles’ telepatische Gabe, sich in seine Mitmenschen hereinzuversetzen und ihre Gedanken und Absichten zu erraten. Holland übergibt seinem jüngeren Bruder eine Zigarrendose mit einem geheimen Gegenstand, der in blaues Wachspapier gewickelt ist und den Ring ihres Vaters, der an Holland als ältesten Sohn weitergegeben wurde. Im Laufe des Sommers tritt Hollands bösartige Natur besonders stark hervor und der Junge wird zu einer tödlichen Gefahr für seine Mitmenschen. So wird Russell, der besserwisserische Cousin der Zwillinge im Stall von einer Mistgabel getötet, die in einem Heuhaufen versteckt war, in den Russel stets zu springen pflegte. An einem anderen Tag verkleidet sich Holland als Zauberer und führt der älteren Nachbarin Mrs. Rowe einen Trick vor, in dem er allerdings kein Kaninchen, sondern eine Ratte aus seinem Zylinder hervor holt. Die leicht zu erschreckende Dame erleidet einen tödlichen Herzanfall. Alexandra entdeckt bald darauf den Ring in Niles’ Versteck und fragt ihn, wie er zu dem Erbstück gekommen sei. Nachdem Niles ihr erklärt, dass Holland ihr den Ring gegeben hätte, ist sie schockiert, doch wenig später taucht Holland auf und fordert den Ring zurück. Es kommt zu einem Handgemenge, woraufhin Alexandra eine Treppe hinabstürzt und von fortan gelähmt ist. Niles ist von dem Verhalten seines Bruders verstört und gesteht seiner Großmutter, dass er Angst vor seinem eigenen Bruder hat. Diese offenbart ihrem Lieblingsenkel ein furchtbares Geheimnis: Holland starb bereits Monate zuvor und alle Taten wurden alleine von Niles vollbracht, der in der Illusion lebte, sein Bruder wäre noch am Leben…

 

„The Other“ war der erste Roman des Schauspielers und Schriftstellers Tom Tyron, der selbst das Drehbuch zu der Verfilmung verfasste. Tyron selbst äußerte sich 1977 in einem Interview sehr betrübt über das Ergebnis. Der Film selbst bekam wenig Aufmerksamkeit und erscheint heute besonders unspektakulär, verfügt aber über einige wirklich gelungene Momente. Die wundervoll pastorale Landschaft um die californische Stadt Angels Camp beschwört das idyllische und friedliche Landleben herauf, das hier als täuschende Kulisse für eine tragische und bedrohliche, aber auch äußerst brutale Geschichte dient. Regisseur Robert Mulligan lässt in der ersten Filmhälfte den Horroraspekt fast völlig außer Acht. Man hat eher das Gefühl, ein ruhiges Drama zu verfolgen als eine Horrorgeschichte. Dadurch werden die kurzen, aber prägnant gesetzten Schockmomente wie Russels Sprung in die Mistgabel umso wirkungsvoller. Auch einige weitere, sehr subtile Szenen lassen dem Zuschauer einen kalten Schauer hinunterlaufen. Wenn z.B. Niles in seiner aufgeweckten und zuvorkommenden Art seiner gelähmten Mutter ein Märchen vorliest und sich erneut seiner friedlichen Illusion hingibt, während die Frau an einen Rollstuhl gefesselt ist und dem eigenen Sohn, der sie die Treppe hinunterwarf, hilflos ausgesetzt ist, dann erschafft Mulligan eine besonders makabre und gleichzeitig tragische Stimmung. Man könnte meinen, dass der Film seinen Höhepunkt bei der Wendung erreicht, in der Hollands Tod verraten wird, doch hier nimmt der Film erst Fahrt auf, um sich im Finale immer weiter zu verdichten. So stark und wirkungsvoll die zweite Hälfte wirkt, umso beschaulicher und unspektakulärer sind die ersten 45 Minuten geraten, die besonders heutzutage bei einigen Zuschauern bewirken könnte, dass er das Interesse frühzeitig verliert. Ein weiteres Problem ist, dass man zu Beginn sehr schwer verfolgen kann, welcher der Jungs nun wer ist. Die Idee Mulligans, die Zwillinge in keiner Einstellung gemeinsam zu zeigen, ist sehr interessant und leuchtet nach dem Wendepunkt ein. Zu Beginn ist es aber sehr verwirrend, zumal Niles und Holland folgerichtig auch stets gleich gekleidet sind. Abgesehen von zwei Kamerafahrten, die die Zwillinge nacheinander zeigt, hätte man den Film auch nur mit einem Kind drehen können.

„The Other“ war der einzige Filmauftritt der Zwillinge Chris und Martin Udvanoky, die hervorragend ihre nicht einfachen Rollen bestreiten. Uta Hagen überzeugt als russische Immigrantin und Großmutter Ada, die insbesondere die dramatischen Szenen trägt. Diana Muldaur besticht durch ihre Darstellung Alexandras, der Mutter der beiden Zwillinge.

Somit ist „The Other“ ein gut gespielter und stimmungsvoller Film, der Freunde des subtilen und makabren Horrors belohnt, wenn man die erste zähe und weniger interessante Filmhälfte hinter sich hat.

 

Komponist Jerry Goldsmith gewann seinen einzigen Oskar für die Musik zu dem bekannten Horrorfilm „The Omen“. Mit den Musiken zu den beiden Fortsetzungen und Filmen wie „Mephisto Walzer“ schuf Goldsmith mehrere bedeutende Beiträge des Genres. Oftmals von harschem Modernismus, alternativen und experimentellen Spieltechniken geprägt, waren seine Musiken von der zeitgenössischen Avantgarde beeinflusst. Für „The Other“ schrieb er allerdings eine äußerst zurückhaltende und lyrische Musik, die den Zuschauer genau wie prächtigen Aufnahmen der sommerlichen Landschaft trügen sollte. Mit einem kleinem Ensemble aus Streichern, einigen Holzbläsern, Glockenspiel, Harfe, Spinett und Klavier schuf der Komponist eine zurückhaltende Musik, die stark an in derselben Zeit entstandene TV-Musiken erinnert. Dabei war es dem Komponisten wichtig, die kindliche Naivität und die idyllische Umgebung musikalisch einzufangen. Somit ist das Hauptthema eine schlichte und lyrische Melodie, die im Verlauf der monothematisch konzipierten Musik, stets leicht variiert, erklingt. Die prominenteste Besetzung bildet die Flöte als Melodieinstrument über sanfte Begleitungen der Harfe, des Klaviers oder der Streicher. Andere Holzbläser flankieren die Melodie hin und wieder mit sanften Schattierungen. Mal verträumt und mal verspielt über eine rhythmische Figur der Oboe und lebhafte Streicherpizzicati, ist dieses Thema der Kern der Musik und spielt auch im Film selbst eine wichtige Rolle. So wird es mehrmals von Niles/Holland auf der Mundharmonika gespielt oder gepfiffen. In den melancholischen Passagen greift Goldsmith auf zarte Streicherklänge und schlichte Figuren im Klavier zurück, die an ähnliche Momente in „Magic“ erinnern. Harsche, dissonante Passagen wie in seinen anderen Horrorfilmmusiken bleiben in „The Other“ vollkommen aus. Es gibt insgesamt nur wenige kräftige Momente, die dann allerdings ihre volle Wirkung erzielen wie die ruppigen Streicher während Alexandras Sturz. Allerdings bietet der Film Raum für mehrere atmosphärische Passagen, die Goldsmith teilweise mit leisen Röhrenglocken, atonalen Streicherakkorden, Motivfetzen der Altflöte und geheimnisvollen Glockenspieltupfern instrumentierte.

Die Postproduktion des Films verlief alles andere als reibungslos, sodass „The Other“ mehrfach umgeschnitten wurde. Auch von Goldsmiths Musik wurden mehrere Passagen nicht in der endgültigen Fassung eingesetzt. Wahrscheinlich gab es während des mäßigen Erfolg des Films keine kommerzielle Veröffentlichung der Musik, sodass eine 22 Minuten lange Suite, die auf dem 1997 erschienenen Album zu der Musik von „Mephisto Waltz“ die einzige Veröffentlichung bildet. Drei Stücke aus dieser Suite finden sich außerdem in der Zusammenstellung „Jerry Goldsmith at 20th Century Fox“. Wie auch bei „Escape From the Planet of the Apes“ ist es unklar, warum Varèse Sarabande einzelne Stücke in einen langen Titel zusammenfassten, ohne dass die Stücke ineinander übergehen oder musikalisch einen besonderen und geschlossenen Hörfluss ergeben. Die Tonqualität ist allerdings sehr gut in Anbetracht des Alters der Aufnahmen. Das Booklet enthält einige knappe Informationen zu Musik und Film, die Behauptung, dass rund 50% der in der Suite enthaltenen Musik nicht im Film zu hören sind, ist allerdings eine glatte Unwahrheit. Zusätzlich sind einige interessante Passagen nicht auf der CD zu finden wie besagte Musik zu Alexandras Sturz. Auch alle anderen kraftvollen Momente finden sich nicht in der Suite, sodass das Material auf die verschiedenen Darbietungen des Hauptthemas und einige mystische Passagen sowie eine unterhaltsame Source-Musik zu einer Zirkusnummer begrenzt ist. Die Veröffentlichung zu „The Other“ ist somit so unspektakulär wie der Film selbst, ein Albumkauf lohnt sich trotzdem vor Allem wegen der brillanten Musik zu „Mephisto Waltz“. „The Other“ selbst bleibt eine Randnotiz in Goldsmith immensem Schaffen und auch seiner Horrorfilmographie.

 

1973

 

Papillon

 

In den 30er Jahren werden hunderte französische Strafgefangene in die Kolonie Französisch-Guayana deportiert. Hier sollen sie erst als Strafabreiter ihre Haft verbringen, um anschließend für den Rest ihres Lebens in der Kolonie zu leben. Unter ihnen befindet sich auch Henri Charrière, den alle wegen eines auf seine Brust tätowierten Schmetterlings "Papillon" nennen und wegen Mordes an einem Zuhälter verurteilt wurde, den er allerdings abstreitet. Ein weiterer Häftling ist der bekannte Fälscher Louis Dega, dem es gelungen ist, hohe Mengen Geld auf das Gefangenenschiff zu schmuggeln, mit dem er die Wärter in Französisch-Guayana bestechen will. Schon in der ersten Nacht kommt es zu einem Überfall auf Dega, dem von Papillon das Leben gerettet wird. Die beiden Freunden sich tags darauf an und Papillon unterbreitet Dega ein Geschäft: Da Charrière sobald wie möglich der Gefangenschaft entkommen will, benötigt er finanzielle Mittel, um Wärter bestechen und ein Boot organisieren zu können. Im Gegenzug will er, solange er seine Strafe absitzt, Dega beschützen, der wegen seiner schwächlichen Erscheinung leicht Opfer weiterer Überfälle werden könnte. Während ihrer schweren Arbeit in der Umgebung von Saint Laurent erfahren Papillon und Dega, dass mehrmals im Monat ein Deutscher namens Richter in das Gefängnis kommt, um von den Häftlingen gefangene Schmetterlinge zu kaufen. Es gelingt Papillon, von Richter ein Boot zu organisieren, doch am verabredeten Treffpunkt wird er verhaftet und zu Einzelhaft in Saint Joseph verurteilt. In einer kleinen Zelle fristend, droht er nach und nach den Verstand zu verlieren, doch da gelingt es Dega, seinem Freund Kokosnüsse innerhalb des Wassereimers in die Zelle zu schmuggeln. Als diese entdeckt werden und Papillon sich weigert, den Namen seines Wohltäters zu verraten, ordnet der Kommandant ein halbes Jahr Dunkelhaft und halbe Ration an. Als Papillon nach seiner Haft völlig erschöpft in die Krankenstatin von Saint Laurent gebracht wird, erfährt er von einem befreundeten Häftling Clusiot, dass dieser sich über den Radiologen des Lagers ein Boot beschaffen konnte. Die beiden treten mit dem Röntgenarzt und Dega die Flucht an, der sich in letzter Sekunde ebenfalls zur Flucht entschloss, sich aber beim Sprung über die Mauer seinen Fuß bricht, während Clusiot erschossen wird. Zu dritt treffen sie bei dem Boot ein, dass jedoch völlig morsch ist. Ein Vogelfänger bietet ihnen jedoch an, sie zur Taubeninsel zu bringen. Hier kaufen sie sich von Leprakranken ein Boot, mit dem sie sich zu einer Reise ins Ungewisse aufmachen...

 

Henri Charrière war in den wurde 1933 zur lebenslangen Verbannung in die Strafkolonie Französisch-Guayana verurteilt, von wo aus er mehrere Fluchtversuche unternahm, die ihn über Kolumbien und Venezuela in eine britische Kolonie führten. Seine abenteuerlichen Erlebnisse hielt Charrière in dem Roman "Papillon" fest, der 1973 von Franklin Schaffner verfilmt. Schaffner hatte sich bereits zuvor mit "Planet der Affen" sowie "Patton" einen Namen gemacht und wagte sich jetzt an einen französischen Bestseller. Dass Schaffner einzelne Charaktere detailliert beleuchten kann, bewies er bereits eindrucksvoll in "Patton" und auch in "Papillon" nimmt sich der Regisseur möglichst viel Zeit, den Protagonisten und seine jeweiligen Beweggründe und Motive zu analysieren. Es bleibt bis zum Schluss unklar, ob der Protagonist den Mord, für den er angeklagt und verurteilt wurde, tatsächlich begangen hat. Seine anfangs egozentrisch scheinende Einstellung, sein Bestreben nach Flucht um jeden Preis durchzusetzen, schlägt nach und nach in empathische Regungen um. Rettet er Dega anfangs aus rein finanziellen Gründen das Leben, so entwickelt sich zwischen den beiden schnell eine richtige Freundschaft, für die Papillon sogar während seiner Einzelhaft bereit ist, die schlimmsten Martern hinzuehmen, um Dega nicht verraten zu müssen. "Papillon" ist äußerst meisterhaft gefilmt und ein weiterer Beweis für Schaffners überdurchschnittliches Können. Zu den Höhepunkten des Films gehören die Traumsequenzen während der Dunkelhaft, die in gezogenen Zeitlupe und völlig stumm daher kommen. Insgesamt profitiert der Film neben der hervorragenden Kamerarbeite, den Originalschauplätzen und der detailgetreuen Ausstattung besonders zu Beginn von der dichten Geräuschkulisse wie den hunderten auf dem Pflaster klackernden Absätzen der Gefangenen auf den Straßen von Paris oder den monoton und dumpf stampfenden Maschinen auf dem Gefangenenschiff. Es ist erstaunlich, dass Schaffner es schafft, über 144 Minuten keine Längen aufkommen zu lassen. Ausgerechnet die sehr ereignisarme Episode in Saint Joseph gehört zu den eindrucksvollsten Abschnitten des Films. "Papillon" ist zudem mit großartigen Schauspielern besetzt, die diesen Film endgültig zu einem Meilenstein machen. Steve McQueen ist für "Papillon" perfekt und seine Darstellung des fast dem Wahn verfallen Protagonisten während der Dunkelhaft ist meisterlich. Dustin Hoffmann ist eine hervorragende Besetzung Louis Degas und auch die Nebenrollen sind durchweg überzeugend. Insgesamt ist "Papillon" nicht nur ein herausragender Eintrag in Schaffners Werk sondern ein zeitloser Klassiker, den jeder gesehen haben sollte.

Franklin Schaffner und Jerry Goldsmith arbeiteten gemeinsam an insgesamt sieben Filmen. Dabei wurde der Komponist jeweils zu besonderen Höchstleistungen inspiriert. Während "The Stripper" musikalisch fast noch im Golden Age verhaftet ist, "Planet der Affen" der erste atonale Score der Filmgeschichte ist, "Patton" zu den besten Werken Goldsmiths überhaupt gehört, bilden "The Boys From Brazil" und "Lionheart" hervorragende Einträge in den Werkkatalog der orchestralen Filmmusiken des Meisters. Für "Papillon" schrieb Goldsmith eine sehr charakteristische Musik für schmal besetztes Symphonieorchester, die den Film perfekt untermalt und auch als eigenständige Musik durchgängig großartige Momente bereit hält. Zu den Höhepunkten der Musik gehört das leicht melancholisch angehauchte Hauptthema in Form eines delikaten Mussette-Walzers, das anfangs im Akkordeon über sanfte Begleitung des Orchesters erklingt und später in vollem Tutti ausgespielt wird. Dieses Thema zieht sich in immer neuen Klanggewändern wie ein roter Faden durch die Musik, die mit weiteren Nebenthemen und weiteren Motiven angereichert ist. Hierzu gehört eine klagende Linie der Holzbläser, die die bedrückende Stimmung und die mühsame Arbeit der Gefangenen musikalisch einfängt. Auch das Gefängnis an sich und seine Wärter werden von einer Holzbläserfigur repräsentiert. Des Weiteren komponierte Goldsmith mehrere herrliche eigenständige Stücke, die größtenteils von eigenem Material bestritten werden. Neben der wundervoll verspielten Musik für die Schmetterlingsjagd mit all den quirligen Holzbläserfiguren, den Harfenglissandi und tänzelnden Streichern bildet auch die lange Passage für die Bootsfahrt einen Höhepunkt der Musik. Eine sehr zarte Melodie in impressionistischem Klanggewand mit Flöte und Harfe instrumentiert, fängt die Stimmung auf der See wunderbar ein. Die triumphale und leicht pathetische Musik für die gerade errungene Freiheit mit ihren schillernden Streichern und Blechbläsern ist ebenso herausragend gelungen wie die beklemmende, von heftigen Blechakkorden durchzuckte Musik für die Ankunft der Gefangenen auf der Insel. Ein expressives Solo der Violine unterlegt hier den vergeblichen Fluchtversuch eines jungen Mannes. Auch die Action kommt in dieser Musik nicht zu kurz. Während Papillons kurzer Flucht an Land hetzen die Streicher und treiben die Blechbläser, wobei Goldsmith auf seine typischen Ostinato-Strukturen größtenteils verzichtet.
Zum Filmstart erschien ein LP-Album, das alle wichtigen Passagen in außerchronologischer Reihenfolge enthielt und später identisch auf CD veröffentlicht wurde. Die vollständige Filmmusik wurde erstmals als isolierte Musikspur auf der DVD und wenig später auf CD durch Universal France zugänglich. Für die CD diente wahrscheinlich die DVD-Spur als Quelle, weshalb die Klangqualität nicht immer optimal ist. Besonders in "Freedom" erscheinen die Streicher übermäßig schrill.
Insgesamt schuf Jerry Goldsmith eine herausragende und absolut stimmungsvolle sowie abwechslungsreiche Filmmusik, die in keiner Sammlung fehlen darf.

 

1974

 

Chinatown

Los Angeles 1937: Jake J. Gittes arbeitete als Polizist in Chinatown und hat sich nun als Privatdetektiv selbstständig gemacht. Eines Tages kommt eine Klientin in sein Büro und bittet ihn, ihren Mann zu observieren und nachzuforschen, ob er eine Affäre hat. Bei dem angeblichen Ehebrecher handelt es sich um Hollis I. Mulwray, dem einst mit seinem Partner Noah Cross die kompletten Wasserwerke Los Angeles’ gehörten und sie gegen den Willen Cross’ an die Stadt verkauft hat. Tatsächlich kann der Privatdetektiv dem Ingenieur eine Affäre mit einer hübschen jungen Blondine nachweisen und am nächsten Tag steht es schon in allen Zeitungen. Dann taucht eine Frau in Gittes’ Büro auf, die sich als wahre Frau Mulwray ausgibt und den Privatermittler in Kenntnis setzt, ihn zu verklagen. Kurze Zeit später wird Hollis I. Mulwray tot aufgefunden, angeblich ist er in einem seiner Wasserkanäle ertrunken. Gittes, vom Eifer angespornt und gleichzeitig in die schöne Witwe verliebt, setzt sich in den Kopf, den Fall aufzuklären, doch je mehr er nachforscht, um so mehr gerät er in Gefahr, denn Gittes ist anscheinend in eine mächtige Verschwörung geraten, die bis zu einem einflussreichsten Männern der Stadt führt: Noah Cross, der außerdem Evelyn Mulwrays Vater ist…

Roman Polanskis Hommage an den Film Noir gehört zu den unbestrittenen Klassikern des Kinos. Während die verlockend erscheinende Möglichkeit, auf ein vergangenes Genre zurück blicken zu können, oft pures Epigonentum zur Folge haben kann, ist „Chinatown“ viel mehr als das bloße Abhaken einer Checkliste. Als Vorlage für die Handlung dienen die zwischen 1889 und 1994 ausgetragenen „California Water Wars“. Der Bürgermeister Fred Eaton beauftragte den Chefingenieur und späteren Vorsitzenden des Los Angeles Department of Water and Power – William Mulholland – mit dem Bau eines großen Aquädukts, dass Wasser aus dem benachbarten Owens Valley abführte, sodass das Tal 1926 komplett ausgetrocknet und eine Beackerung nahezu unmöglich war. Die Figur des Hollis I. Mulwray basiert ohne Zweifel auf Mulholland und wird zum Dreh- und Angelpunkt in der Verschwörung rund ums Los Angeles Department of Water and Power sowie die privaten Konflikte der beteiligten Personen. Drehbuchautor Robert Towne spann eine komplexe und von mehreren Wendungen durchzogene Handlung, die als Fundament für einen außerordentlichen Film diente. Neben der detailreichen Ausstattung und den liebevoll gefertigten Kostümen glänzt der Film neben den Schauspielern vor Allem durch Polankis charakteristische Regie. So sind während des Films viele inszenatorische Details ausfindig zu machen, reden Personen realistisch durcheinander oder muten in besonders makabren Situationen unfreiwillig komisch an. Die Figuren sind allesamt klassische Klischees des Film Noirs, die jedoch markant gezeichnet sind und denen sämtliche Schauspieler brillant Leben einhauchen. Jack Nicholson ist die perfekte Wahl für Privatermittler Jake Gittes, der sich zwar elegant gibt, in dem aber nach wie vor der schnoddrige Polizist aus Chinatown steckt und notfalls auch nicht halt vor Gewalt gegen Frauen macht. Faye Dunaway glänzt als mysteriöse Evelyn Cross Mulwray, die – anfangs als Femme Fatale eingeführt – im Verlauf der Handlung immer undurchsichtiger wird. Regiegröße und Schauspielurgestein John Huston interpretiert seinen Noah Cross als grobschlächtig und leicht plump, hält die wahre brutale Natur des ehemaligen Wassermoguls gekonnt bis zum Finale zurück. In einem Cameo-Auftritt ist auch Roman Polanski als skrupelloser Kleingangster zu sehen.
„Chinatown“ ist somit ein absoluter Klassiker ohne jeden Makel und filmisch durch absolute Höchstleistung geprägt.

Ursprünglich war der Komponist Philip Lambro mit der Vertonung von „Chinatown“ beauftragt, doch die Musik wurde abgelehnt und Jerry Goldsmith musste innerhalb von zehn Tagen eine neue Musik fertig stellen, die zum absoluten Klassiker avancierte. Goldsmith wählte für seine Musik pro Film oft sehr unterschiedliche und ausgefallene Besetzungen und auch Chinatown überrascht durch instrumentatorische Sonderbarkeit: Streicher, vier Klaviere, vier Harfen, Perkussion und Solo-Trompete bestreiten den knappen aber äußerst wirkungsvollen Score, der sich konzeptionell in zwei Elemente teilen lässt. Um die Atmosphäre der Zeit sowie der Handlung einzufangen schrieb der Komponist ein elegisch-bluesiges Hauptthema für Solo-Trompete, das sich über nahezu sphärische Flageolett-Akkorde der Streicher legt, die sich mit den Harfen mischen. Dieses Thema ist J. J. Gittes zuzuschreiben und ist von einer starken leicht resignierten aber lässig coolen Stimmung durchzogen. Goldsmith soll dem Solo-Trompeter Uan Rasey gesagt haben: „Spiel’ es, als wäre es Sex – aber schlechter Sex.“ Direkt an das Hauptthema knüpft das sinnliche Liebesthema an, das von den Streichern gespielt und oft auch als Weiterführung des Hauptthemas fungiert. Obwohl das Trompetensolo und das Liebesthema zu den Markenzeichen dieser Musik gehören ist der Score zu „Chinatown“ hauptsächlich avantgardistischer Natur, was sich auch in den zahlreichen Suspense-Szenen niederschlägt. Hier schafft Goldsmith mittels des Mischklangs von mehreren tiefen Gongs und Tamtams einen dunkel hallenden Hintergrund für leichte Klaviereinwürfe, gestrichene Becken, und alternative Spieltechniken der Streicher. Ein kleiner Star der Musik allerdings ist die Guiro, die eine Verknüpfung zum spanischen Element der Stadt Los Angeles schafft und sich oft rhythmusgebend als maßgebendes Soloinstrument durch die Musik zieht. Außerdem gibt es noch zwei sehr ruppige und harsche Passagen für Col Legno-Streicher, tiefes stakkatierendes Klavier und kleine Trommel.
Zum Filmstart erschien ein rund 30-minütiges LP-Programm der Musik, das von den rund 50 Minuten Score weniger als die Hälfte enthielt und mit zeitgenössischen Source-Stücken des Films aufgefüllt wurde. Man muss zu Gute halten, dass nahezu alle wichtigen Passagen auf der LP enthalten sind und die vollständige Filmmusik sich durch die vielen ähnlichen Suspense-Passagen beim Hören in die Länge streckt. Nichts desto trotz wurden einige äußerst effektvolle und interessante Passagen nicht in das Album aufgenommen. Der LP-Schnitt wurde von Varèse 1:1 auf CD wieder veröffentlicht, die allerdings seit Langem vergriffen ist, sodass man auf eine baldige Neuauflage hoffen muss. Hier würde sich anbieten, die vollständige Filmmusik mit chronologisch eingestreuten Source-Stücken zu veröffentlichen, die den Hörfluss etwas auflockern und die Atmosphäre zusätzlich erweitern würden.

 

1975

 

Ransom - Die Uhr läuft ab

Der gefährliche Terrorist Sheperd, der in England durch Sprengstoffexplosionen den Tod von über hundert Menschen zu verursachen hat, bringt den Botschafter von Schweden in seine Gewalt und fordert die Freilassung von fünf inhaftierten Kameraden. Sicherheitschef Colonel Nils Thalvik, der für seine riskanten Aktionen bekannt ist, wird von der britischen sowie der schwedischen Regierung unter Druck gesetzt. Um weitere Anschläge zu vermeiden sollen die Terroristen im Austausch gegen den Botschafter tatsächlich frei gelassen werden. Zur gleichen Zeit entführt der Brite Ray Petrie ein Passagierflugzeug, mit dem die Entführer fliehen sollen, doch das Flugzeug muss wegen eines beabsichtigen Pilotenfehlers notlanden und repariert werden. Das verschafft Thalvik zwar Zeit, allerdings muss er nun an zwei Fronten kämpfen…

„Ransom“ gehört wahrlich nicht zu den Meilensteinen der Filmgeschichte und ist heutzutage auch größtenteils in Vergessenheit geraten. Vor allem fällt auf, dass Regisseur Casper Wrede die Möglichkeiten des Drehbuchs oft nicht ausnutzt, woran häufig der etwas unübersichtlich Schnitt und die uninspirierte Kameraarbeit schuld sind. So gibt es eine ausladende Verfolgungsjagd zwischen zwei kleinen Flugzeugen in der verschneiten Berglandschafts Schwedens, doch durch den unübersichtlichen Schnitt verliert man schnell den Überblick, welches Flugzeug eigentlich welches verfolgt und wo hingeflogen wird. Sheperd, der angeblich gefährliche Terrorist wird schnell zur Randfigur degradiert, als der Handlungsstrang mit Ray Petrie einsetzt. Hat man eine Stunde hölzerne Dialoge in uninspiriert in Szene gesetzter verschneiten Landschaft über sich ergehen lassen, wartet der Film allerdings mit einigen schicken Kniffen und Wendungen auf, die immerhin zum Ende ein gehöriges Maß an Spannung aufkommen lassen, das man in den ersten zwei Dritteln vergebens sucht. „Ransom“ ist ein schöner Beweis, dass ein bekannter Star noch lange keinen guten Film garantiert, jedoch vermag Sean Connery als entschlossener wortkarger Thalvik zu überzeugen. John Quentins Potential kann man nur vermuten, da sein Sheperd viel zu schnell als Mittel zum Zweck genutzt wird. Ian McShanes Ray Petrie ist keine allzu große Glanzleistung und bleibt wie die meisten Figuren recht blass, sodass „Ransom“ insgesamt mit seiner unbeholfenen Regie, den hölzernen Dialogen und den auf mittlerem Niveau agierenden Schauspielern kaum ein Garant für spannende Unterhaltung darstellt und auch zu recht in Vergessenheit geriet.

1974 komponierte Jerry Goldsmith fast nur ausschließlich für’s Fernsehen, da Filmangebote ausblieben. Erst mit „Chinatown“ meldete sich der Komponist wieder zurück, auf den eine weitere Ersatzmusik für einen abgelehnten Score folgte: „S*P*Y*S“, bis das kommende Jahr schließlich von „Ransom“ eröffnet wurde. Hier fällt auf, dass Goldsmith, der bisher oft auf kleinere Besetzungen zurück griff, für die er die Instrumente immer wieder neu zusammen stellte, dieses Mal auf ein konventionell besetztes Symphonieorchester setzte und so eine relativ „große“ Musik schrieb. Vielleicht erkannte er die Schwächen des Films und versuchte, durch eine vereinnahmende Musik den Bildern einen seriösen Anstrich zu verpassen. Obwohl der Film durch keine emotionale zwischenmenschliche Beziehung punktet, komponierte Goldsmith als Hauptthema eine sehr lyrische Melodie, die vorerst von der Oboe über gezupfte Streicher vorgetragen und später in voller Orchesterbesetzung inklusive krönenden Beckenschlags voll ausgespielt wird. Diese ausschweifende Melodie ermöglicht größere musikalische Bögen, was insbesondere bei der Flugzeugjagd auffällt, in der es der Musik tatsächlich gelingt, die aneinander gereihten Bilder bis zu einem gewissen Grad zu binden. Die Suspensepassagen werden meistens von einem pulsierenden Rhythmus der Pauke oder gedämpften Röhrenglocke fundiert, über die sich einzelne Klavierfiguren oder kurze Passagen für Cembalo legen. Für die Actionpassagen komponierte Goldsmith ein kräftiges Hornmotiv, das oft von donnernden Rührtrommeln und lang gezogenen Holzbläserakkorden abgelöst wird. Insgesamt ist Goldsmiths Musik vielleicht das Einzige, was diesen Film sehenswert macht, denn auch, wenn es sich nicht um einen Meilenstein in seinem Actionscoring oder seinen großsymphonischen Musiken handelt, ist ihm dennoch eine gelungene und wirkungsvolle Partitur sowie ein schönes Thema gelungen.
Die Albumpräsentation ist allerdings skandalös: Da anscheinend die Masterbänder nicht auffindbar sind, muss stets auf den alten Albumschnitt für die LP zurück gegriffen werden, der äußerst hallig abgemischt ist und zu dem drei Stücke doppelt enthält, obwohl der Platz mit weiterer Musik hätte ausgefüllt werden können, sodass von 34 Minuten letzten Endes nur 26 Minuten Originalmusik verbleiben. Erstmals von Silva Screen zusammen mit „The Chairman“ in miserabler Tonqualität auf CD gepresst, brachte Prometheus Records die Musiken einzeln heraus, was in Anbetracht der kurzen Laufzeit beider Alben pure Geldschneiderei darstellt. Allerdings ist die Klangqualität deutlich verbessert worden – als Quelle diente anscheinend eine sauber restaurierte LP. Das Begleittext ist gewohnt klobig gestaltet, aber der Text ist unter dem Label-Standart anzusiedeln, da nur sporadisch auf die Musik eingegangen wird, allerdings oftmals auf die Schwächen des Films hingewiesen wird, was nur mäßig interessiert. Letzten Endes dürfte „Ransom“ wegen des halligen Klangs und der unzufriedenstellenden Albumpräsentation nur etwas für Goldsmith-Sammler sein. Es ist zu wünschen, dass bald die Masterbänder gefunden und vollständig veröffentlicht werden, denn eigentlich ist die Musik besonders wegen des symphonischen Charakters eine reizvolle Erweiterung der Actionsammlung dieses Komponisten.

 

 

Breakout - Der Mann ohne Nerven

Jay Wagner verbringt mit seiner Frau Anne die Ferien in Mexiko. Das große Familienunternehmen ist von Aktionären und dem korrupten Seniorpräsidenten Harris Wagner - Jays Großvater - in dunkle Machenschaften verwickelt. Da Jay die geheimen Verträge und Geschäfte des Konzerns offenlegen könnte, organisieren die Anwälte des Unternehmens eine Mordanklage, sodass er in Mexiko verhaftet und auf 28 Jahre Freiheitsentzug im Bundesgefängnis verurteilt wird. Während Anne versucht, ihrem Mann mit legalen Mitteln zu helfen setzt dieser auf die Bestechlichkeit der Wärter, doch sein Fluchtversuch wird aufgedeckt. Anne sieht ein, dass sie gegen die Behörden machtlos ist und schaltet den Piloten Nick Colton ein, der Jay während der Zwangsarbeit auf dem Feld direkt mit einem Flugzeug abholen soll. Dieser sowie ein weiterer Plan scheitern, denn stets sind die Wärter informiert und vereiteln die Flucht. Der Druck auf Anne wird immer größer, denn ihr Mann wird nicht nur von Tag zu Tag verbitterter, auch seine Gesundheit verschlechtert sich unter den schlechten Umständen. Colton fasst einen waghalsigen Entschluss: Mit einem Helikopter will er als Wärter verkleidet direkt in den Innenhof des Gefängnisses fliegen und Jay Wagner so direkt befreien...

1791 wurde Joel David Kaplan, dem Kontakte zur CIA nachgesagt wurden, von dem Piloten Vasilios Basil Choulos aus einem mexikanischen Gefängnis befreit. Wenig später erschien der Roman "The Ten Second Jailbreak - The Helicopter Escape of Joel David Kaplan" auf dem "Der Mann ohne Nerven" basiert. Charles Bronson war bereits in den 60er Jahren in Ensemblefilmen wie "Gesprengte Ketten" oder "Das dreckige Dutzend" in Erscheinung getreten, doch erst in den 70ern wurde er durch die Verkörperung des einsamen Helden, der die Gerechtigkeit vertritt und dazu auch zur Waffe oder illegalen Mitteln greift, zum Star. Das Publikum begrüßte Figuren wie Bronsons Paul Kersey oder Clint Eastwoods "Dirty Harry", die das Gesetz selbst in die Hand nahmen und in den Straßen aufräumten, dass unbescholtene Bürger wieder aufatmen konnten. Somit ist "Der Mann ohne Nerven" klar ein Action- und Starvehikel, wartet allerdings mit einer gehörigen Portion guter Laune und Humor auf. Trotz der rar gesäten aber dafür heftiger Gewaltszenen verbreitet dieser Film eher die Atmosphäre einer Actionkomödie. Der Vorspann ist mit seinen plötzlich einfrierenden Bildern und den Überblendungen in Zeitlupe deutlich an Sam Peckinpah angelehnt, wirkt allerdings bedeutend unbeholfener. Abgesehen von den ersten vier Minuten jedoch ist "Der Mann ohne Nerven" angenehm ansprechend fotografiert und geschnitten. Der Film ist äußerst kurzweilig, baut jedoch keinen großen Spannungsbogen auf sondern setzt bei jedem Fluchtversuch neu an. Erst bei Bronsons finalem Versuch und der anschließenden finalen Episode gelingt es Tom Gries, die heitere Atmosphäre zu Beginn ohne Bruch in einen angespannten Thriller zu verwandeln. Die Konfrontation beider Parteien am Ende ist angenehm schnell und konsequent gelöst. Einen gehörigen Teil zu dem gelingen des Films steuern ohne Frage die Hauptdarsteller bei, allen voran Charles Bronson, der seinen kernigen Abenteurer um eine sympatische unbeholfene Seite bereichert und dessen Einzeiler es ohne Frage mit denen Bud Spencers aufnehmen könnten sowie Jill Ireland als Anne Wagner, die weder die Hoffnung noch den Glauben an Coltons Fähigkeiten aufgibt. Die Stimmung zwischen den beiden ist prächtig ausbalanciert. Robert Duvall als unschuldig gefangener und an seiner Situation verzweifelnder Jay Wagner macht seine Sache ebenso gut. Besonders in Anbetracht der engagierten Hauptdarsteller, dem überzeugenden Drehbuch und der handwerklich einwandfreien Regie ist es besonders schade, dass die Drahtzieher des Komplotts äußerst blass bleiben. Besonders John Huston gelingt es kaum, die Hin- und Hergerrisenheit zwischen familiärer Sentimentalität und Skrupellosigkeit deutlich zu zeigen und auch der fiese Killer und Anwalt hätte um einiges drastischer sein können. Insgesamt ist der damals recht erfolgreiche Film heute als einer von unzähligen Actionfilmen der 70er Jahre in Vergessenheit geraten und ob der das Geld für die vergriffene DVD wert ist, bleibt fraglich, doch im Fernsehen gezeigt bietet "Der Mann ohne Nerven" eine erfrischende und heitere Abwechslung.

1975 hatte Jerry Goldsmith sich bereits mit Werken wie "Patton", "Papillon", "The Blue Max" und "Planet of the Apes" einen Platz in der Riege der hervorragenden Filmkomponisten gesichert und steuerte nach einem Jahr, in dem er hauptsächlich für's Fernsehen arbeitete, auf den Höhepunkt seiner Karriere zu. Er und Tom Gries hatten bereits 1969 für "100 Gewehre" zusammen gearbeitet und 1975 sollten mit dem Dreiergespann Bronson, Gries und Goldsmith sogar zwei Filme entstehen: "Breakheart Pass" und "Der Mann ohne Nerven". Goldsmith, der seit Beginn seiner Laufbahn mit der üppigen spätromantischen Vertonung des Golden Age brach, vertrat ein an Bartok und Stravinsky angelehnte Klangidiom, was ihn zu einem besonders versierten Komponisten im Horror, Action- und Thrillerbereich machte. Dabei setzte der Komponist seine Besetzungen oftmals ökonomisch orchestriert und kammermusikalisch ein, ohne jedoch auf markante Klangkombinationen zu verzichten. Für "Breakout" stand ein schmal besetztes Orchester mit immerhin zweifachen Holzbläsern und Blech zur Verfügung, dass um Gitarre, einen E-Bass und ein Klavier sowie Harfe erweitert wurden. Das Schlagzeug wurde ebenfalls mit einigen charakteristisch südamerikanischen Elementen wie dem Marimbaphon, Claves und Castagnetten bereichert. Auch für "Der Mann ohne Nerven" griff der Komponist auf avantgardistische Suspensepassagen sowie knackiger Action, lockerte die Musik jedoch zusätzlich durch eine Prise Lokalkolorit auf. Gleich zu Beginn wird die Musik von einem boleroartigen Rhythmus eröffnet, der - unter Anderem mit Marimbaphon und Gitarre instrumentiert - die in Mexiko geschmiedete Verschwörung reflektiert. Für die Grenzüberfahrt der Helden komponierte Goldsmith ein fröhliches Stück, das mit den südamerikanisch klingenden Trompetenmelodien, der schrillen Es-Klarinette und den treibenden Akkorden der Gitarre fast schon Fiesta-Stimmung aufkommen lässt. Für die sentimentalen Szenen zwischen Anne und ihrem Ehemann oder Colton schrieb der Komponist eine sehr lyrische Melodie, die von ihrem Charakter sehr an die zwei Jahre vorher entstandene Sarabande aus "Hawkins on Murder" erinnert. Die Actionpassagen werden nicht durch markante und ungerade Taktwechsel sondern durch sich überlagernde Schichten gestaltet. Die tragendsten Elemente sind neben einem kurzen Actionmotiv hauptsächlich eine Tonfolge, die von zwei kleinen Terzen bestritten wird und mal mysteriös in der Harfe erklingt oder in voller Wucht von der Pauke gehämmert wird. Trotz der sehr modernistischen Grundstimmung der Musik fügen sich die lyrischen sowie die südamerikanischen Teile homogen in den Gesamtklang ein - eine stärke, die Goldsmith auch später in "High Velocity" oder "Cabo Blanco" beweisen sollte. Die vollständige Musik mit genau 40 Minuten Laufzeit wurde 1999 erstmals als limiterte Auflage von Prometheus Records veröffentlicht. Der Begleittext enthält einige nette Informationen über den Film und auch die Musik, erreicht allerdings keinesfalls den Standart der limiterten Auflagen aus dem Hause Intrada, Varèse und schon gar nicht FSM. Doch so durchwachsen das Booklet so hervorragend ist die Klangqualität der Musik auf CD. Die Aufnahmen sind äußerst rauscharm und klingen sehr detailreich und frisch. Ist der Film auch kein Meilenstein, so entpuppt sich "Breakout" als weitere filmmusikalische Perle im vielfältigen Schaffen Jerry Goldsmiths und sollte in keinem Regal fehlen.

 

 

Der Wind und der Löwe

 

Die verwitwete Eden Perdicaris lebt in Marokko, das um 1904 Objekt der Begierde für die Führung des deutschen Reichs, des britischen Imperiums, Frankreichs und Amerikas ist. Der marokkanische Sultan Abd El-Aziz, der zugleich der Neffe des Paschas von Tanger ist, führt eine europafreundliche Politik, doch ist er eigentlich nur eine Marionette seines Onkels. Der Bruder des Paschas, Raisuli, ist der Anführer eines Berberstammes, nachdem ihn sein Bruder, der Pascha, verhaften ließ, doch die vielen Jahre in der Zelle konnten Raisuli nicht töten. Nun versucht der Stammesführer, einen internationalen Zwischenfall zu provozieren und die Großmächte heraus zu fordern, indem er die amerikanische Staatsbürgerin Eden Perdicaris mit ihren beiden Kindern Williams und Jennifer aus deren luxuriösen Villa entführt. Die junge Witwe glaubt an die Macht des amerikanischen Präsidenten, Theodore Roosevelt, der sich gerade im Wahlkampf befindet und den Zwischenfall in Marokko für seine Zwecke nutzt. Er hofft, die Macht und Überlegenheit der amerikanischen Armee in dieser Angelegenheit unter Beweis stellen zu können und so die europäischen Konkurrenten einzuschüchtern. Eine geglückte Rettungsaktion der Mutter und ihrer Kinder würde Roosevelt außerdem viele amerikanische Wählerstimmen einbringen. Während Eden Perdicaris’ Kinder die Ritte durch die Wüste und das naturverbundene Lebenden der nomadischen Krieger als unterhaltsames Abenteuer wahrnehmen, ist die Witwe von dem Verhalten Raisulis abgestoßen. Nachdem die Familie von den Berbern in dere Festung im Rif, einem Gebirgszug gebracht wurde, besticht sie einen der Männer, sie aus der Festung und durch die Wüste führen soll, doch dieser entpuppt sich als Betrüger, der die Mutter mit ihren Kindern an eine Gruppe Menschenhändler verkauft, die in der Wüste leben…

 

Regisseur John Milius ist den meisten Cineasten durch „Conan der Barbar“ oder „Die rote Flut“ im Gedächtnis geblieben. Solche Filme bilden mit äußerst bedenklichen moralischen Werten und teils sogar gefährlicher Propaganda die Kehrseite des anerkannten Autorenfilms. „Der Wind und der Löwe“ allerdings ist frei von gewaltverherrlichenden, propagandistischen Inhalten, ohne dass Milius auf seine Lieblingsthemen verzichten muss. Auch hier geht es um starke Männer, Persönlichkeiten, denen Ruhm und Ehre alles bedeuten. Milius nutzt einen wahren Vorwand, um Macht und Einfluss geschickt von mehreren Seiten zu beleuchten. Theodore Roosevelt und Raisuli sind militärische Führer, verfügen über Gefolgsleute und versuchen, mit ihren Taten die Politik in ihrem Interesse zu beeinflussen. Trotzdem sind die beiden Männer, die sich nie begegnen, völlig unterschiedlich. Roosevelt, der sein Cowboy-Image pflegt, Briefkontakt mit dem Waffenhersteller Winchester pflegt und den starken, schlauen aber einsamen Bären als wahres Symbol für Amerika und seine Bürger sieht, trifft seine Entscheidungen von seiner Ideologie und der Hoffnung auf einen erneuten Wahlsieg geleitet. Raisuli ist ein Mann der Natur und ein Krieger, der sich in vorderster Reihe ins Gefecht stürzt. Letzten Endes gibt es zwischen den beiden Männern weder einen Gewinner noch einen Verlierer, stattdessen gibt es ein versöhnliches Finale. Filmisch wandelt „Der Wind und der Löwe“ auf den Pfaden berühmter Abenteuerklassiker wie „Lawrence von Arabien“ und vermittelt durchweg eine sehr nostalgische Stimmung. Trotzdem schafft es Milius, auch zeitgenössische Strömungen aufzugreifen wie z.B. bei der letzten Konfrontation, die stark an eine ähnliche Szene aus Peckinpahs „The Wild Bunch“ erinnert. Opulent ausgestattet und in der kargen spanischen Landschaft gedreht erinnert der Film an die großen Leinwandepen des Golden Age. Doch Milius beweist nicht nur, dass er sich in der wieder zum Leben erweckten Materie bestens auskennt, auch sein Talent für furiose Actionszenen beschert dem Zuschauer äußerst rasante und explosive Gefechte. Ob Mann gegen Mann, der Dynamit-geladene Schlusskampf oder die spektakuläre Entführung der Perdicaris’ – den famos gefilmten und geschnittenen Actionszenen geht niemals die Puste aus. Nicht nur filmisch, auch darstellerisch kann „Der Wind und der Löwe“ voll und ganz überzeugen. Sean Connery ist eine ideale Besetzung für Raisuli, den noblen Anführer eines Berberstammes und auch Candice Bergen füllt die Rolle der entführten Witwe voll und ganz aus. Ihre aggressiven Ausbrüche gegenüber den Entführern sowie ihr intensives Spiel in melancholischen Szenen lassen die Empfindungen der Frau und Mutter voll und ganz nachvollziehen. Brian Keith ist nicht nur optisch eine treffende Besetzung für Theodore Roosevelt, er schafft es zusätzlich, die schmale Gratwanderung zwischen aufgeblähter Aufschneiderei und ideologischem Optimismus ohne peinliche Übertreibung zu vollziehen. Insgesamt ist „Der Wind und der Löwe“ ohne Zweifel auch heute noch einer der sehenswertesten Abenteuerfilme, die nach dem Ende des Golden Age entstanden sind.

 

„Der Wind und der Löwe“ war der erste Breitwandabenteuerfilm, den Jerry Goldsmith vertonen sollte. Mitte der 70er Jahre steuerte der Komponist zielstrebig auf den Höhepunkt seiner Karriere zu, der sich von den späten Siebzigern bis zu den frühen Achtzigern erstrecken sollte. Auch die Musik zu John Milius’ Wüstenabenteuer gehört zu den herausragenden Arbeiten Jerry Goldsmiths, der sich hier deutlich an den schwelgerischen Musiken eines Maurice Jarre orientiert, aber dennoch seinen eigenen modernistischen und zurückgenommenen Stilismen treu bleibt. „Der Wind und der Löwe“ als orchestrale Abenteuermusik zu bezeichnen, wäre etwas zu kurz gegriffen, denn neben mehreren exotischen Soloinstrumenten wie der Oud und der griechischen Bouzoucki verfügte der Komponist über eine äußerst vielseitig bestückte Schlagwerkgruppe, die nicht selten die Führung übernimmt. „Der Wind und der Löwe“ ist durch mehrere Leitmotive strukturiert. Wie in mehreren späteren Partituren spielt auch in dieser Musik die Quinte eine wichtige Rolle. Dieses archaisch und nackt wirkende Intervall findet bei Goldsmith stets in Zusammenhang mit kriegerischen Elementen wie den Klingonen in „Star Trek“ oder den tapferen Helden in „Der erste Ritter“ auf. In „Der Wind und der Löwe“ taucht die Quinte stets als Rufmotiv in den Hörnern über kräftige Schlagwerkattacken auf und verbindet die beiden Themen der Antagonisten Raisuli und Roosevelt. Während der Berberführer mit einem heroischen Thema bedacht wird, das entweder als kräftige Melodie der Trompeten erklingt oder sanft von den Streichern oder Holzbläsern gespielt wird, so ist das Thema für Roosevelt von sanfterer und gediegenerer Natur. Beide musikalische Signaturen beginnen mit der Quinte und stellen so die Gemeinsamkeiten der beiden Männer heraus. Der Witwe Perdicaris ist kein eigenständiges Leitmotiv zugedacht, doch wenn ab der zweiten Hälfte des Films die Gefühle der Frau zu Raisuli erwachen, führt Goldsmith ein Liebesthema ein, das wie so oft bei diesem Komponisten mehr ein inniges und sanftes Gefühl als überromantisierte Schwelgereien musikalisch widerspiegelt. Von melodischer Schlichtheit erklingt das Liebesthema als Solo der Holzbläser oder sanft in den Streichern, aber niemals ausufernd oder in vollem Orchestertutti. Den Kriegern des Berberstammes sind gleich zwei Themen zugeordnet: Ein orientalisches Actionthema, das während der Kampfszenen in den Violinen erklingt und von der für orientalische Skalen typischen übermäßigen Sekunde geprägt sowie eine weitere Melodie für das alltägliche Leben der Araber. Die verschiedenen Armeen bedachte Goldsmith mit bedrohlichen Marschmotiven des Schlagwerks, das vor dem Finale beim Aufeinandertreffen der einzelnen Nationen stark an Fieldings Musik zu „The Wild Bunch“ erinnert – eine Hommage, die sich in der gesamten Gestaltung der Szene von selbst erklärt. Auch die erste Actionmusik wird allein von der Perkussion bestritten: Hämmernde Metallschläge und sich überlappende binäre und ternäre Rhythmen verleihen den virtuosen Actionszenen eine zusätzliche Rohheit. Doch nicht nur beim Einsatz des Schlagzeugs stellt Jerry Goldsmith seine Kenntnisse über alternative Spieltechniken unter Beweis. Insbesondere die Wüstenszenarien waren für den Komponisten eine gute Möglichkeit, diverse alternative Spieltechniken einzusetzen. So erklingen zerrissene Motivfetzen der Piccoloflöte über vierteltönig gestimmte Fagotte und nach dem Anschlag in Wasser getauchte Glocken während der Morgenstimmung um Berberlager, sorgen über den Klavierkasten gezogene Gummibälle für morbide Klänge oder bildet die Windmaschine zusammen mit dem Becken schon fast einen sprechenden Chor. Für eine kommerzielle Veröffentlichung spielte Jerry Goldsmith gut die Hälfte der Musik neu ein und nahm wie gewöhnlich einige Veränderungen in der Partitur vor. Diese LP-Version wurde von Intrada auf CD veröffentlicht, war aber bald vergriffen, sodass „Der Wind und der Löwe“ zu einer sehr kostspieligen Investition wurde. 2008 jedoch veröffentlichte Intrada mit der Unterstützung Lukas Kendalls die vollständige Originaleinspielung, die LP-Aufnahme und sämtliche Source-Stücke auf einem 2-CD-Set, das keine Wünsche mehr offen lässt. Die sehr ausführlichen Informationen des prall gefüllten Booklets enthalten neben genauen Angaben zu Film, der Instrumentation und der Musik allgemein einen detaillierten Hörführer durch die Musik. Dieses Set ist also ein Muss für Goldsmith-Fans und Freunde der Abenteuermusik!

 

Take a hard ride - Einen vor den Latz geknallt (Tote brauchen keine Dollars)

Der Rancher Bob Morgan verkauft in Amerika eine große Rinderherde für 86 000 Dollar, doch kurz nachdem er seiner Familie von dem erfolgreichen Geschäft und seiner baldigen Heimkehr telegraphisch berichten kann, stirbt er auf offener Straße an einem Herzleiden. Mit letzter Kraft nimmt er seinem Vormann Pike das Versprechen ab, den Erlös zurück nach Senora zu bringen, wo man mit dem Geld eine bessere Heimat für die Bewohner schaffen solle, in der alle Menschen gleich sind. Pike, der farbig ist, scheint die Idee seines Bosses aus der Seele zu sprechen, allerdings scheint er in Bezug auf die Umsetzung skeptisch. Dennoch macht er sich bald nach Mexiko auf, doch schon auf seiner ersten Rast wird er von Banditen unter Beschuss genommen. Der ebenfalls schwarze Spieler Tyree kommt dem in die Enge getriebenen Cowboy gerade noch rechtzeitig zu Hilfe und obwohl Pike dem gut gekleideten Dandy misstraut, reiten die beiden gemeinsam weiter. Dabei macht Tyree von Anfang an deutlich, dass diese Allianz nur bis zur mexikanischen Grenze bestehen wird. Währenddessen scheint das gesamte Umfeld von dem mysteriösen schwarzen Cowboy mit einem Vermögen in der Satteltasche erfahren zu haben. Der gefährliche und gewissenlose Kopfgeldjäger Kiefer schart mehrere Tagelöhner um sich und verlangt, dass man entweder unter ihm reitet oder von Pike ablässt. Inzwischen werden dieser und sein Sattelgefährte Zeuge eines Überfalls auf den Planwagen eines Missionars und eilen zur Rettung. Zwar kann dem Mann nicht mehr geholfen werden, allerdings schließen sich ihnen dessen Witwe Catherine und der stumme Halbindianer Kashtok an, der neben enormer körperlicher Ausdauer auch über Karatekünste verfügt. Catherine arbeitete einst in einem Bordell, bevor ihr Mann sie aus der Prostitution befreite. Auch Kiefers Mannschaft bekommt Verstärkung, denn der Kopfgeldjäger erbittet erfolgreich Unterstützung von dessen ehemaligem Kriegskameraden Halsey, einem fanatischen und streng religiösen Bandenführer, der sogar über ein Maschinengewehr verfügt, um die Sünder von der Erde zu tilgen. Es beginnt eine atemberaubende Hetzjagd auf die vier Gefährten...

In den mittleren 70er Jahren hatte der Western bereits seinen Tiefpunkt erreicht. In den Anfängen des Films wegen formelhafter Inhalte und niedrigen Produktionswerten verpönt, erreichte das Genre sein Zenit während des goldenen Zeitalter Hollywoods bis in die 60er Jahre, bevor das dem Western zu Grunde liegende Heldentum gepaart mit stark moralisch angerührtem Pathos mit dem von dem Vietnamkrieg geprägten Zeitgeist stark kollidierte und in den frühen 70er Jahren der Spätwestern mit melancholischen Inhalten, die oftmals vom Scheitern der klassischen Westernhelden im Kampf gegen die vorrückende Zivilisation handelten, Einzug hielt. "Take a Hard Ride" ist ein offensichtlicher Versuch, den Western mit damals in Mode gewesenen Genres zu mischen, sodass eine teilweise groteske und comichafte Verbindung unterschiedlicher Elemente den Ritt nach Mexiko charakterisieren. Dabei reitet der Film mit den beiden farbigen Hauptdarstellern Jim Brown und Fred Williamson deutlich auf der Welle des in den 70er Jahren sein Zenit erreichende Blaxpoitation-Genres. Das Verhältnis zwischen den beiden Protagonisten entspricht zusätzlich dem Buddy-Movie, während Kashtoks Kampfkünste für eine Prise Kung Fu sorgen. Da der Film nahezu vollständig in Europa gedreht wurde, ist "Take a Hard Ride" ein Italowestern, was besonders durch die Mitwirkung Lee van Cleefs bestätigt wird. Die ausladende Musik Jerry Goldsmiths bedient allerdings den amerikanischen Aspekt und verleiht dem Film deutlich mehr Hollywood-Charakter. Langweilig wird es dabei nie, denn trotz der äußerst simplen Handlung sorgen neben der abwechslungsreichen Besetzung unzählige Schusswechsel, rasante Verfolgungsjagden zu Pferd, einstürzende Hängebrücken und explodierende Minenschächte für allerlei Unterhaltung. Lediglich das Ende, das einen nötigen Showdown halbherzig umgeht und somit zu den bleihaltigen vorigen Actionszenen etwas abfällt, vermag nicht so recht zu dem überbordenden Konzept des Films zu passen.
"Take a Hard Ride" versammelt auf der Reise nach Mexiko mehrere Charakterdarsteller verschiedener Genres. Dabei bewältigt Jim Brown die Rolle des aufrechten Helden stets souverän, während Fred Williamson in blauem Anzug und starkem afroamerikanischen Slang teilweise etwas bemüht wirkt. Lee van Cleef wirkt etwas in die Jahre gekommen, doch darüber tröstet der stechende Blick aus seinem falkenhaften Gesicht mehr als hinweg. Catherine Sparkes Leistung als Catherine ist unspektakulär. Auch Jim Kelly, Karatemeister und Schauspieler, dürfte mit seinen im Wilden Western völlig fehlplatzierten Kampfeinlagen zu den exotischsten Aspekten des Films gehören, allerdings schöpft auch er das Potential seiner Rolle nicht voll aus. Ronald Howard hingegen scheint die Rolle des fanatischen Halseys, der jeden Satz in pathetischem Predigton äußerst, sichtlich Spaß zu machen.
Letzten Endes übertrifft sich in diesem Film niemand selbst, sodass sämtliche Darsteller ihre zugegebenermaßen eindimensionalen Rollen sehr oberflächlich spielen und dabei einige mehr, einige weniger im Gedächtnis bleiben. Dem Film tut das in seiner charmant überzogenen Weise jedoch keinen Abbruch. "Take a Hard Ride" ist wahrscheinlich eine der konfusesten Mischungen verschiedener Elemente der Filmgeschichte und innerhalb des Westerns nahezu einzigartig. Groteskerweise scheint sich der Streifen auch noch ernst zu nehmen, doch vielleicht ist es die dadurch entstehende Ironie zwischen dem Inhalt und wie er dargeboten wird, der "Take a Hard Ride" auch abseits der schicken Landschaft und feurigen Action unterhaltsam macht.

Obwohl Jerry Goldsmith bis heute besonders hauptsächlich wegen seiner avantgardistischen Thrillermusiken und seinen kompromisslosen Partituren für Actionfilme hohes Ansehen genießt, so waren es zu Beginn seiner Karriere besonders die Western, die dem aufstrebenden Komponisten den Aufstieg auf der Karriereleiter ermöglichten. Seine ersten Arbeiten für das Kino waren die Westernmusiken zu "Black Patch" und "Face of a Fugitive", "Lonely Are the Brave" war der erste große A-Film und mit "Rio Conchos" formulierte Goldsmith seine zielstrebige Actionmusik erstmals vollorchestral aus. Die Westernmusiken Jerry Goldsmiths sind hauptsächlich durch sein feines Gespür für folkloristische Melodien, den starken Einfluss lateinamerikanischer Elemente, raffinierte Orchestrierung und geschickt gestaltete Actionmusik geprägt, wobei der Komponist jeden Western nach den individuellen musikalischen Bedürfnissen des Stoffes oder des Stils bediente. Während "Hour of the Gun" ein klassischer, gradliniger Americana-Westernscore ist, so weist die Partitur zu "Bandolero!" deutliche Einflüsse der Italowesternmusik auf und für "Wild Rovers" hob Goldsmith sein melodisches Empfinden in Verbindung mit der Handlung auf ein neues Niveau.
"Take a Hard Ride" gehört zu den letzten Westernvertonungen des Komponisten, der 1975 bereits auf elf Werke für das Genre zurückblicken, wovon die Musik deutlich profitiert. Dem Film selbst entsprechend, der sich wegen all der unterschiedlichen Versatzstücke aus europäischen und amerikanischen Western und anderer Genres, ist die Musik stilistisch äußerst vielfältig, ohne jedoch in ihre Einzelteile zu verfallen. Der amerikanischen Tradition entsprechend komponierte Goldsmith die Musik für ein durchschnittlich besetztes Symphonieorchester, das um einige folkloristische Soloinstrumente erweitert ist. Neben der akustischen Gitarre und der Mundharmonika besetzte der Komponist allerdings auch besonders im Italowestern prominent vertretene Instrumente wie die E-Gitarre, Blockflöte oder die Mandoline.
Im Zentrum der Musik steht das äußerst lyrische Hauptthema, das ohne Zweifel zu den schönsten und cantabilsten melodischen Einfällen des Komponisten gezählt werden kann. Schon im Vorspann lässt Goldsmith es anfangs folkloristisch instrumentiert in der Mandoline erklingen und von der Blockflöte weiterführen, bevor es als strahlende Streichermelodie in bester Americana-Manier erklingt. Dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die Musik und ist auch häufig in den Actionpassagen vertreten. Dem Thema ist außerdem ein kurzes, prägnantes Motiv in Form eines fallenden Qaurtenakkords zugeordnet, das erstmals als kecker Ruf der Piccoloflöte erklingt und unzählige Mal im Verlauf der Musik in fast allen Besetzungen und Formen hervorschimmert. Das Gegenstück zu diesem kurzem Rufmotiv ist die prägnante viertönige Motivzelle, aus der Goldsmith seine treibende Begleitung für die Actionpassagen gewinnt. Dieses Actionmaterial ist ebenfalls aus einem Quartenakkord gewonnen, nur aufsteigend, sodass beide Motive raffiniert miteinander verknüpft sind. Ein weiteres wichtiges Element der Musik bildet das Material für den Kopfgeldjäger Kiefer, der mehrmals im Film beim Spielen einer Mundharmonika zu sehen ist. Es ist naheliegend, dass Goldsmith Kiefer auch in seiner Musik die Mundharmonika zuordnet und für den einsamen Kopfgeldjäger einer leicht melancholisch eingefärbte Melodielinie schrieb, die teilweise von rau tröpfelnden Syntheffekten unterlegt wird. Diese elektronischen Elemente gehören zu den frühen Experimenten des Komponisten mit nicht akustisch erzeugten Klängen und verleihen der Musik auch während des Films einen bizarren Anstrich, der allerdings um einiges besser funktioniert als die Synthpassagen für die Bösewichte in "Breakheart Pass". Kashtoks asiatische Kampfkünste unterlegte der Komponist mit brachialen Ausbrüchen des Schlagwerks in Form von Tomtoms und Pauken, deren Struktur durch parallele binäre und ternäre Schichten geprägt ist. Auch jenseits dieser die Musik dominierenden Elemente schuf Goldsmith einen äußerst unterhaltsamen Westernscore voller lyrischer Einfälle, ausschweifenden Melodienbögen, motivisch-thematischer Raffinesse in einem vielfarbig instrumentierten Klanggewand. Besonders die langen durchkomponierten Actionpassagen, die noch nicht auf der strengen ostinativen Idee der späteren Actionscores basieren oder die flirrende Musik für die Überquerung des Abgrundes auf einer alten Hängebrücke gehören zu den herausragenden Momenten der Musik.
Da es zum Filmstart keine Album-Veröffentlichung gab, bildet die Suite auf der berühmten Dinner-CD der Filmmusic Society die erste Veröffentlichung zu "Take a Hard Ride", bevor FSM 2000 die vollständige Filmmusik in Form einer hochwertigen Edition veröffentlichte, die mittlerweile allerdings ausverkauft ist. Die von Goldsmith spezifisch für die einzelnen Szenen komponierte Partitur wurde von Regisseur Antonio Margheriti allerdings mehrfach umgeschnitten, teilweise wieder verwendet oder nicht im Film eingesetzt. Für die CD-Veröffentlichung standen die vollständigen mehrkanaligen Masterbänder zur Verfügung, sodass die Musik in bestechend gutem Klang zu hören ist. Das wie immer hervorragende Begleitheft bietet in einem reich bebilderten Begleittext detaillierte Informationen über Film und Musik.
"Take a Hard Ride" mag vielleicht nicht den intellektuellen Gehalt von "100 Gewehre" haben, dennoch schuf Jerry Goldsmith einen herrlich lyrischen großorchestralen Westernscore, der unterhält und mitreißt! Es bleibt also zu hoffen, dass die hervorragende Musik einmal neu aufgelegt wird!

 

Breakheart Pass - Nevada Pass


In Fort Humboldt ist die Epidemie ausgebrochen und somit bahnt sich ein Transport der US-Armee seinen Weg durch die verschneiten Rocky Mountains, beladen mit Medikamenten und Soldaten. An Bord des Zuges befinden sich neben den Ersatztruppen und ihren Offizieren auch der Gouverneur Richard Fairchild, der Prediger Reverend Peabody, der Arzt Molyneux, Marica Scoville, die Tochter des Kommandante von Fort Humboldt sowie ein Koch, der Heizer und der Lokführer. Als der Zug kurz in Myrtle City, Nevada, hält, gehen zwei weitere Zivilisten an Bord: Nathan Pearce, der Marshal der Orts, verhaftet den gesuchten Verbrecher John Deakin im Saloon und verschafft sich die Zustimmung des Gouverneurs trotz Missbilligung des höchsten Offiziers die Erlaubnis, den Gefangenen nach Fort Humboldt zu begleiten, um ihn dort vor das Militärgericht zu stellen. Die Abfahrt aus Myrtle City verzögert sich, denn zwei Offiziere werden vermisst. Schließlich fährt der Zug ohne die beiden Militärs ab, da die Zeit drängt, doch von nun an ist die Fahrt mit immer mehr Schwierigkeiten versehen. Zuerst bricht die Telegraphenverbindung zum Fort ab und dann wird der Arzt Molyneux tot aufgefunden. Wenig später stürzt der Heizer vom Zug und als auch noch die letzten Wagons mit den Soldaten abgekoppelt werden und in einen Abhang herunter stürzen, kann keiner mehr an Zufall glauben. John Deakin, der einst als Mediziner gearbeitet hat, untersucht den Tod des Doktors und findet bald heraus, dass dieser keines natürlichen Todes gestorben ist. Als er eines nachts die Ladung des Zuges kommt er einer Verschwörung auf die Spur: Statt Medizin hat der Zug ausschließlich Sprengstoff, Munition und Waffen geladen, die vor einiger Zeit gestohlen wurden. Als auch der Revenrend in einer der Waffenkisten gefunden wird ist klar, dass sich unter den verbliebenen _Personen ein Mörder befindet...

Nachdem der Western in den 60er Jahren sein Zenit überschritten hatte, gab es immer wieder Fälle, in denen mehr oder minder geglückte Versuche unternommen wurden, das Genre neu zu beleben. Außer den John-Wayne-Filmen, in denen der "Duke" nach wie vor als kerniger Held mit der Winchester für Recht und Ordnung sorgte, wagten viele Western einen melancholischen, teils resignativen Blick auf die das einst durchweg glorifizierende Genre. Sam Peckinpah zeigte in "The Wild Bunch" und "Pat Garret jagd Billy the Kid", wie einstige Westernhelden unter die Räder der Zivilisation kommen, Richard Fleischer ließ 1973 in "Vier Vögel am Galgen" den Traum dreier Farmersöhne vom romantischen Banditenleben tragisch zerplatzen und auch die beiden Protagonisten in Blake Edwards' "Wild Rovers" scheitern ebenfalls bei dem Versuch, einmal auf einen grünen Zweig zu kommen.  
Michael Crichton hingegen verpackte den Western in "Westworld" in futuristisches Gewand während Filme wie "Boss Nigger" oder "Take a Hard Ride" die Pionierzeit im Lichte des aufkeimenden Blaxpoitation betrachten. "Nevada Pass" gehört zu den seltenen Versuchen, den Western mit dem Krimi zu mischen. Die Romanvorlage stammt von Alistair McLean aus dem Jahre 1974, das bereits ein Jahr später nach einem Drehbuch desselben Autors verfilmt wurde. Die Handlung orientiert sich lose an Agatha Christies "Mord im Orient Express" und versetzt die Ausgangssituation einer Gruppe Verdächtiger Personen im Zug in die 1870er Jahre. Regie führte Tom Gries, der bereits mit dem Hauptdarsteller Charles Bronson in "Der Mann ohne Nerven" zusammen gearbeitet hatte und Lucien Ballard, der bereits als Kamermann für Peckinpahs "Wild Bunch" gearbeitet hatte, war für die Fotografie verantwortlich. Die originelle Idee für die Handlung, der Hauptdarsteller, Regisseur und Kameramann versprechen eigentlich einen sehr unterhaltsamen Film, doch letzten Endes bleibt "Nevada Pass" recht blass und nutzt das Potential nie vollständig aus. Mäßig spannend geraten reihen sich Anfangs nur diverse Morde aneinander, bis die wenig überraschende Auflösung plötzlich hereinplatzt und letzten Endes wegen des Showdowns rapide an Bedeutung verliert. Die beeindruckende Schneelandschaft der Rocky Mountains wird ebenfalls nicht zufriedenstellend genutzt, sodass der Film hauptsächlich während der beiden spektakulären Actionhöhepunkte glänzt: Neben der Zeitlupenentgleisung dreier echter Waggons bietet der Kampf zwischen Deakin und dem Koch des Zuges auf einem Wagon während der Fahrt über eine riesige Holzbrücke einiges an Schauwert - besonders, da der Kampf tatsächlich mit zwei Stuntmen auf einem fanhrenden Zug gedreht ohne jede Modellaufnahmen oder Leinwand gedreht wurde.
"Nevada Pass" wurde offensichtlich als Bronson-Vehikel produziert und der schweigsame Charakterkopf liefert eine überzeugende Leistung als undurchsichtiger John Deakin ab. Seine Gegenspieler Nathan Pearce und Richgard Fairchild werden routiniert von Ben Johnson und Richard Crenna dargestellt. Charles Durning gibt einen glaubwürdigen Lokführer und die in einem Bronson-Streifen dieser Zeit unverzichtbare  Jill Ireland ist treffend für die zarte Marica Scoville.
"Nevada Pass" ist also an sich kein schlechter Film, hätte aber in Hinblick auf Stab und Besetzung deutlich mehr sein können als ein immerhin mäßig spannender Western-Krimi.

 

 „Breakheart Pass“ markiert nach „100 Gewehre“ und „Der Mann ohne Nerven“ die dritte Zusammenarbeit zwischen Regisseur Tom Gries und Komponist Jerry Goldsmith, der neben diesem Film mit „The Cassandra Crossing“ und „The First Great Train Robbery“ zwei weitere Filme vertonte, deren Handlung zum großen Teil auf Zügen stattfand. Für „Breakheart Pass“ stand Goldsmith ein durchschnittlich besetztes Orchester zur Verfügung, das außerdem um eine Gitarre erweitert wurde. Außerdem experimentierte der Komponist hier zusätzlich mit elektronischen Effekten, die in den kommenden Jahren immer mehr Raum in seinen Kompositionen einnehmen sollten.Einen wichtigen Bestandteil der Filmmusik zu „Breakheart Pass“ bildet das schmissige Hauptthema, das von einer Hornfanfare eröffnet und von den Trompeten gespielt wird. Dieses Thema verfügt über einen hohes Maß an Ohrwurmqualität und lässt mit der treibenden Begleitung der Gitarre und den stoßhaften Blechbläserakkorden sofort Westernatmosphäre aufkommen, die durch die schwelgerischen Streicher und den Einsatz des elektronisch verzerrten Klaviers zunehmend verstärkt wird. Dennoch täuscht der erste Eindruck, denn jenseits des Hauptthemas ist die Musik sehr spröde und suspenselastig, was auch der Handlung geschuldet ist. Dabei führt Goldsmith sein Thema auf zwei unterschiedliche Wege fort. Zum Einen dienen Bruchstücke der Melodie immer wieder als kurze motivische Einwürfe in den Suspense-Passagen, andererseits erklingen  kurze groß orchestrierte Passagen für unzählige Außenaufnahmen des durch die Schneelandschaft dampfenden Zuges. Allerdings ist keine dieser Darbietungen so schwelgerisch und ausladend wie die Vorspannmusik, denn wie auch einige Jahre später in „The Cassandra Crossing“ charakterisiert Goldsmith die schwere metallische Maschinerie der Eisenbahn durch harte und raue Reibungen in den Melodieinstrumenten und gleichmäßig stampfendes Schlagzeug. Schwerfällige metallische Rhythmen, von Ambosschlägen durchsetzt, bilden die Basis für schrille Interpretationen des Themas im Blech.Einen Großteil des Films beobachten die Zuschauer John Deakin während seiner kriminalistischen Unternehmungen im inneren des Zuges, sodass die Musik oftmals minutenlanges abwechselndes Kriechen und Verstecken des Protagonisten illustrieren oder nahende Bedrohung untertönig ankündigen muss. Hier setzt Goldsmith sein Orchester sehr kammermusikalisch ein, sodass oftmals nur wenige Instrumente zugleich spielen. Dabei greift Goldsmith häufig in die modernistische Trickkiste und bedient sich alternativer Spieltechniken der Streicher oder harscher anschwellender Akkorde der Bläser. Originellerweise setzt der Komponist beim Schlagzeug auffallend oft Schellenbäume ein, die meistens mit Schlittenglocken assoziiert werden und somit einerseits auf die verschneite Umgebung Bezug nehmen und zum anderen wie ein Nachhall der mächtigen hämmernden Stahlgeräusche des Zugs oder des Orchesterschlagwerks wirken.Doch auch wenn das Hauptthema in nahezu jedem Stück vertreten ist und ohne Frage als Grundlage für die meisten Passagen dient, komponierte Goldsmith auch ein musikalisches Motiv für Deakins Gegenspieler: Gouverneur Fairchild und dessen Verbündete. Dieses kurze aus vier aufsteigenden Noten bestehende Motiv für die Fagotte wird hauptsächlich von einer Arpeggiofigur aus elektronisch erzeugten Klängen gebildet und von Einwürfen der Föten und Blechbläser flankiert. Der anachronistische Einsatz der elektronischen Elemente wirkt dabei befremdlich und möchte weder in den rein akustisch konzipierten Rest der Musik passen noch sich wie die restliche Musik in die Bilder einfügen.In den beiden zentralen Actionsequenzen des Films (und der Musik) – der Zugentgleisung und dem Boxkampf auf dem Waggondach – geht Goldsmith mit gewohnter musikalischer Brutalität zu Werke. Harsch gestrichene einzelne Noten der tiefen Streicher markieren dabei den Takt während sich nach und nach einzelne wiederkehrende kurze Fragmente der Bläser erklingen und sich anschließend das Schlagzeug mit mehreren rhythmischen Schichten einsetzt, bevor die abgehängten Zugwaggons in Zeitlupe am Abhang zerschellen. Der Faustkampf ist ähnlich mit einer gleichförmigen rhythmischen Basis durch tiefe Streicher und Bläser unterlegt, über die sich anschließend einzelne Einwürfe des Hauptthemas in den Blechbläsern legen, die von hektischen Einwürfen der Holzbläser und dominanten Schlägen der kleinen Trommel durchsetzt werden.Die Musik zu „Breakheart Pass“ wurde zum Filmstart nicht veröffentlicht und erschien erst Jahrzehnte später als Bootleg, bevor Lalaland Records 2006 die vollständige Musik in Form einer limitierten Edition auf den Markt brachte, die zwei Jahre später ausverkauft war. Neben einem hervorragenden Begleittext von Jeff Bond besticht diese Veröffentlichung zusätzlich durch eine sehr klare Klangqualität. Dass besonders die Bläser etwas schrill klingen ist allerdings im Sinne des Erfinders. Die beiden äußerst kurzen Bonus-Stücke – eine Militärfanfare sowie eine kurze Gitarrenspur (wahrscheinlich aus Track 4) – sind allerdings völlig verzichtbar.Letzten Endes dürfte für alle, die mit „Breakheart Pass“ einen klassischen Goldsmith-Western-Score erwartet haben, enttäuscht worden sein, denn abseits des Hauptthemas besteht die Musik aus vielen langen, zwar raffiniert gestalteten, aber auf Dauer ermüdenden und anstrengenden Suspense-Passagen und auch die veralteten und unpassenden Synth-Effekte sind dem Hörgenuss streckenweise abträglich. Lalaland gelang mit dieser CD ohne Frage eine wichtige Veröffentlichung und Goldsmith schuf eine im Film sehr förderliche und wirkungsvolle Musik, auf CD allerdings ist „Breakheart Pass“ nur teilweise überzeugend.

 

 

1976

 

Logan's Run - Flucht ins 23. Jahrhundert

 

Nachdem Krieg und Umweltkatastrophen einen Großteil der menschlichen Bevölkerung dahin rafften, leben die letzten Überlebenden in einer durch riesige Kuppeln von der Natur abgeschlossenen Stadt. Die Bewohner dieses futuristischen Orts genießen das Leben und die technischen Vorzüge ihrer Behausung in vollen Zügen und leben in einer Gesellschaft, deren oberstes Gebot es ist, jedem ein Höchstmaß an Komfort, sexueller Befriedigung und Spaß zu garantieren. Das System verpflichtet allerdings jeden Bewohner, in seinem dreißigsten Lebensjahr an einem Ritual in dem so genannten „Karussell“, einer großen Arena, teilzunehmen. Dieses Ritual, in dem die Teilnehmenden in einem schwerelosen Raum versuchen, die hohe Decke des „Karussells“ zu erreichen und mit Laserstrahlen abgeschossen werden, dient angeblich der Erneuerung. Wer sich dieser Handlung unterzieht, habe die Möglichkeit, wieder geboren zu werden und anschließend als Säugling in einem der Brutkästen wieder aufzuwachen. Logan 5 ist ein „Sandmann“ und gehört zu den wenigen Menschen in der Stadt, die arbeiten. Deshalb genießt er mit seinem Freund und Kollegen Francis 7 allerdings auch einige Vorzüge wie eine größere Wohnung. Die Aufgabe der Sandmänner ist es, Läufer zu fangen und zu eliminieren. Das sind Menschen, die das dreißigste Lebensjahr erreicht haben, sich aber aus Angst weigern, an dem Ritual teilzunehmen. Logan und Francis hinterfragen ihre Arbeit nicht und liefern sich mit einigen Flüchtigen sogar perfide Verfolgungsjagden. Eines Abends begegnet er der jungen Jessica 6 im „Liebeslift“, mit dem man sich zum Sex bereitwillige Stadtbewohner in seine Wohnung telepatieren kann. Doch Jessica ist nicht an körperlichen Freuden interessiert, da einer ihrer Freunde heute ins „Karussell“ gehen musste. Logan versucht ihr, Hoffnung zu machen, doch die junge Frau äußert Zweifel an dem System und bringt auch Logan zum Grübeln. Der wischt seine Bedenken allerdings bei Seite, bis er am nächsten Tag vor den Zentralcomputer bestellt wird. Hier wird ihm mitgeteilt, dass über 1000 Läufer immer noch flüchtig sind und nicht in der Stadt aufgefunden werden konnten. Der Zentralcomputer geht davon aus, dass diese Läufer außerhalb der Stadt eine Zuflucht gegründet haben und Logan soll diese ausfindig machen, ihre Bewohner eliminieren und die Zuflucht zerstören. Damit er sich als Läufer tarnen kann, werden ihm seine restlichen Lebensjahre abgezogen. In dem Sandmann mischen sich Angst mit Vertrauen in das System und so sucht er Jessica erneut auf, die offensichtlich Verbindung zu den Läufern hat. Doch mit der Zeit wachsen seine Gefühle für die attraktive Frau und bald befindet sich Logan zwischen den Fronten…

„Flucht ins 23. Jahrhundert“ ist ein Klassiker des Sci-Fi Genres und war in seinem Erscheinungsjahr sehr erfolgreich. Dennoch wurde der Film zu einem großen Teil durch die wenig später folgenden „Star Wars“ und „Star Trek: Der Kinofilm“ aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt. Lose auf der Romanvorlage von William F. Nolan und George Clayton Johnson basierend, hat „Logan’s Run“ auch heute nichts von seiner Aktualität eingebüßt – im Gegenteil. Die Thematisierung der geistlosen Spaßgesellschaft in Verbindung mit dem ewigen Jugendwahn regt auch zu unserer Zeit stark zum Nachdenken an. Dabei ist insbesondere die Entwicklung des Protagonisten vom unreflektiert handelnden Mörder im Auftrag des Systems, der nach und nach leichte Zweifel hegt, bevor ihn die Möglichkeit einer gemeinsamen Zukunft mit Jessica zum Verrat bewegt. Um seine letzten Lebensjahre kämpfend handelt er treu im Auftrag des Zentralcomputers und setzt sogar das Leben der Rebellen auf’s Spiel, bevor Jessicas Worte ihn von der Falschheit seines Tuns überzeugen können. Stilistisch ist der Film deutlich in den 70er Jahren verankert, was heute einen gewissen Teil seines Charmes ausmacht. Insbesondere Friseuren und von grellen Farben geprägte Kleidung aber auch die Innenausstattung atmen durchweg den Geist der 70er. Während einige Spezialeffekte wie die übergeblendeten Explosionen schlecht gealtert sind, so haben viele Kulissen nichts an ihrer Wirkung eingebüßt. Insbesondere die aufwendigen Modellaufnahmen der futuristischen Stadt, das von Pflanzen überwuchte Washington oder die Eishöhle des Robotermenschen Box vermögen auch heute noch zu beeindrucken. Die Innenaufnahmen für die Stadt entstanden in zwei texanischen Einkauszentren und für die Schlussszene nutzte man die Fort Worth Water Gardens mit der futuristischen Betonarchitektur. Neben all diesen sehr stimmungsvollen Kulissen überzeugt „Flucht ins 23. Jahrhundert“ vor Allem durch die durchweg bestechenden Leistungen der Darsteller. Michael York brilliert als sympathischer Sandmann, dessen leichte Zweifel schließlich in Rebellion umschlagen. Richard Jordan ist treffend als Francis 7 besetzt und meistert die Wandlung des kumpelhaften Kollegen zum fanatischen Jäger sehr überzeugend. Jenny Agutter gibt es eine charmante Jessica 6, wirkt allerdings neben den anderen Darstellern auch wegen der eindimensionaleren Rolle etwas blasser. Peter Ustinov hingegen macht die Rolle des kauzigen alten Mannes sichtlich Spaß Roscoe Lee Brown in seinem kultigen Roboterkostüm gehört zu den skurrilsten Elementen des ganzen Films. Ingesamt ist „Logan’s Run“ also ein gut gespielter, sehr charmanter Science-Fiction-Film, der besonders durch seinen Inhalt nichts an Aktualität eingebüßt hat.

Jerry Goldsmith komponierte zu „Logan’s Run“ eine der besten Partituren innerhalb seiner langen Karriere. Die Musik kann als eine polystilistische Tondichtung im Geiste der Postmoderne bezeichnet werden und es ist faszinierend, wie spartanische elektronische Klangschichten neben spätromantischem Orchesterbombast, atonale Kammermusik neben impressionistischen Passagen und ruppige Actionmusik neben exotischer Pentatonik stehen und ein Ganzes ergeben. Für die Verknüpfung dieser musikalischen Elemente dienen dem Komponisten zwei motivisch thematische Keimzellen: Eine chromatisch aufsteigende Figur aus drei Tönen steht für die Stadt, während ein lyrisches, sehr einfach gehaltenes Thema die wachsende Liebesbeziehung zwischen Logan und Jessica beschreibt. Wie die Gefühle zwischen den Protagonisten steigert sich auch das Liebesthema im Verlauf der Musik. Erklingt es bei der ersten Begegnung zwischen dem Sandmann und der Rebellin noch unterkühlt in den Violinen und ist allein Jessica zugeordnet, so gewinnt es an Expressivität und Wärme, bis es in vollster orchestraler Pracht erstrahlt. Wie detailliert Goldsmith mit seinem einfachsten Material umzugehen versteht, lässt sich an Hand des Stadt-Motivs nachvollziehen. Dieses eröffnet Film und Musik im Gewand eines pulsierenden Synthesizers, bis es in sich in den Holzbläsern während des Vorspanns langsam steigert und ein furioser Höhepunkt erreicht wird, der mit den hämmernden Pauken nicht wenig an den Sonnenaufgang in Richard Strauss’ „Also sprach Zarathustra“ erinnert und somit einen Querverweis an Kubricks berühmte „Odyssee im Weltraum“ bildet. Dieses chromatische Dreitonmotiv ist in fast jedem Stück zu hören. Ein besonderer Kniff gelang Goldsmith, es in der diegetischen Musik einzuflechten wie der sanften Wiegenmelodie, die bei den Brutkästen der neuen Stadtbewohner zu hören ist. Diese sanfte Kindermelodie beginnt bereits mit den aufsteigenden drei Stadtnoten und weist damit auf das künftige Leben der Säuglinge hin. Die sorgfältige thematische Arbeit bewegt auch bei der ersten Begegnung zwischen Jessica und Logan auf höchstem Niveau, denn der Komponist verwob beide Hauptthemen miteinander. Während das Liebesthema noch unterkühlt in den Violinen erklingt, pulsiert das Stadtmotiv stets in den Streichern der mittleren Lage. Die beiden Protagonisten sind hier also noch klar als Individuen charakterisiert, bevor das Liebesthema sie verbinden wird. Auch die elektronischen Passagen, die ebenfalls größtenteils als diegetische Musik fungieren, enthalten an allen Ecken und Enden jene drei chromatisch aufstrebenden Töne. Sobald wir nach dem Strauss’schen Höhepunkt die Stadt betreten haben, reduziert Goldsmith seine große Orchesterbesetzung auf ein kleineres Stadt-Ensemble, dass aus Streichern, Klavier und Elektronik besteht. Sämtliche Bläser sowie das Schlagzeug werden also für die erste Filmhälfte ausgeblendet. Einen großen Teil in diesem Abschnitt der Musik nimmt die Elektronik ein, die zwar hin und wieder in Verbindung mit den Violinen erklingt, größtenteils aber puristisch entscheidende Szenen vertont, die mit dem in der futuristischen Stadt vorherrschenden System zu tun haben wie die Verhöre durch den Zentralcomputer oder das dubiose Erneuerungsritual. In Anbetracht der Entstehungszeit der Musik und den technischen Möglichkeiten, die die elektronischen Geräte damals schon bereithielten, bleibt Goldsmith im Umgang mit seinen Synthesizern sehr beschränkt. Da sämtliche instrumentale Passagen hervorragend gearbeitet sind, gibt es zwei Deutungsmöglichkeiten für den fast primitiven Einsatz der Elektronik. Da der traditionell geschulte Komponist größtenteils selbst mit seinen Synthesizern arbeitete, fehlte ihm vielleicht die Ausbildung an den Geräten, um deren klangliche Möglichkeiten voll auszuschöpfen, weshalb die elektronischen Passagen stets aus wenigen, mittlerweile stark antiquiert klingenden Schichten bestehen und deshalb beim Hörer einige Geduld erfordern, oder aber die elektronischen Passagen sind absichtlich so spartanisch gehalten, um weniger als Musik und mehr als Geräuschklang für den Computer und das Ritual zu fungieren. Rein strukturell sind jedoch auch die elektronischen Passagen konsequent in die instrumentale Musik eingearbeitet, enthalten sie viele Variationen des dreitönigen Stadt-Motivs. Während man in der ersten Hälfte grob zwischen kühlen, modernistischen Stücken für Streicher und Klavier sowie rein elektronischen Kompositionen und ausladenden, spätromantischen Orchesterpassagen mit leichtem impressionistischen Einschlag unterscheiden kann, so fügte Goldsmith seiner Stilpalette zwei weitere Elemente hinzu, um individuelle Gruppen und Charaktere zu vertonen. Die in einem verfallenen Quadranten lebenden Rebellenkinder wollen sich nicht in das städtische System einfügen und erhielten eine kantige, an den frühen Strawinsky oder Bartok’sche Klänge erinnernde Musik. Durchweg atonal gehalten gehört dieses Stück mit seinen scharfen Streicherpizzicati, den dissonanten Klavierakkorden und hektischen Violinfiguren zu Goldsmiths kammermusikalischen Glanzstücken. Für die eisige Höhle des merkwürdigen Wesens Box entwarf der Komponist hingegen exotische Klänge. Box ist weder Mensch noch Maschine, seine Höhle gehört weder zur Stadt noch zur Natur und so entschied sich Goldsmith für eine Skala, die weder Dur noch Moll ist: Die Pentatonik! Mit schillernden Klängen der Celesta garniert und auf einem punktierten Rhythmus gebettet spielen die Streicher eine pentatonische, fast mystisch wirkende Melodie, die in der Schwebe zu hängen scheint zwischen den klar definierten musikalischen Schauplätzen Stadt/Streicher, Klavier, Elektronik und Natur/Orchester.
Auch die Action kommt nicht zu kurz und basiert wie häufig bei Goldsmith auf rhythmisch ungeraden Ostinati, harschen Attacken und dissonanten Akkorden. Es ist erstaunlich, wie brutal die Action auch innerhalb der Stadt vertont ist, gemessen daran, dass bei der „Stadt-Besetzung“ auf sämtliche Bläser verzichtet wurden. Umso interessanter ist es, hier den Vergleich hören zu können, wenn bei Francis’ und Logans Kampf die Musik brachial im vollen Orchester losbricht. Insbesondere durch den Einsatz der Blechbläser gewinnt die Passage an Schärfen und Kanten.
Zum Filmstart wurde eine LP veröffentlicht, die knapp die Hälfte der Musik beinhaltete. Diese Zusammenstellung, die viele elektronischen Passagen und leider auch die Musik für die Rebellen nicht enthielt, wurde identisch auf CD gepresst, bevor FSM die vollständigen Aufnahmen in chronologischer Reihenfolge heraus brachte. Mit einem wie gewohnt hervorragend ausgestattetem Booklet versehen ist diese CD ohne Frage eine der wichtigsten Veröffentlichungen dieses Labels und ermöglicht, sich einen angemessenen Überblick über eine der intellektuell anspruchsvollsten, handwerklich überzeugendsten und gleichzeitig emotional mitreißendsten Musiken Goldsmith zu verschaffen. Diese beispiellose Musik gehört in jede Sammlung. Jerry Goldsmith gelang hier eine reichhaltige polystilistische Partitur, die auf mehreren Ebenen arbeitet und dennoch ihre volle Wirkung in ihrer satten Klanglichkeit entfaltet.

 

 

The Omen – Das Omen

 

Robert Thorn, der amerikanische Botschafter in Rom und seine Frau wünschen sich sehnlichst ein Kind. Schließlich wird Kathy schwanger und gebiert am 6. Juni morgens um 6 einen Sohn, der allerdings am selben Tag verstirbt. Robert weiß nicht, wie er seiner Frau den Tod des lang erwarteten Kindes beibringen soll, als ein Priester im Korridor des Krankenhauses zu ihm tritt und ihm mitteilt, dass er ein Kind adoptieren könne. Zur selben Zeit bekam nämlich eine andere Mutter in demselben Krankenhaus ein Kind, die allerdings die Geburt nicht überlebte. Der Priester rät Thorn, das Kind als seines anzunehmen und niemandem zu erzählen, dass es sich hierbei nicht um den eigenen Sohn handelt – insbesondere nicht Kathy! Der Botschafter geht nach einigem Zögern auf das Angebot des Geistlichen ein, sodass Robert und Kathy die Eltern des kleinen Damien werden. Das Schicksal scheint der kleinen Familie hold, denn Robert wird zum Botschafter nach London versetzt und bald leben die Thorns in einem großen Anwesen in der Nähe der britischen Hauptstadt. Ab dem fünften Geburtstag Damiens allerdings beginnen tragische Ereignisse das ruhige Leben des Botschafters und seiner Frau zu trüben. Auf der Geburtstagsfeier erhängt sich Damiens Kinderfrau vor den Augen unzähliger Kinder und Eltern. Kurz darauf wird Robert Thorn von einem Geistlichen in seinem Büro aufgesucht, der durch einen Artikel über den Selbstmord der Frau aufmerksam wurde und versucht, dem Botschafter mitzuteilen dass Damien der Antichrist, Satans Sohn sei. Thorn ist entrüstet und lässt den Mann aus dem Gebäude entfernen. Als die Familie des Botschafters einer kirchlichen Hochzeit beiwohnen will, wird Damien von Panikattacken gepeinigt, sobald das Auto über den Kirchhof fährt und auch bei einem späteren Ausflug in einem Safarizoo werden der Sohn und seine Mutter von Pavianen attackiert. Kathys Psyche wird mit der Zeit zunehmend labil und so bittet sie ihren Mann, einen Therapeuten ausfindig zu machen. Kurz darauf wird Thorn wieder von dem Geistlichen kontaktiert, der dem Botschafter mitteilt, dass seine Frau in Gefahr sei. Thorn hält den Unbekannten für einen Psychopaten, trifft sich aber dennoch mit ihm. Vater Brennan zitiert einen alten Vers, der den Aufstieg des Antichristen prophezeit und eröffnet Robert, dass seine Frau wieder schwanger sei, Damien aber niemals zulassen würde, dass sie das Kind bekommt. Erneut schenkt Thorn den Warnungen keinen Glauben. Am nächsten Tag liest er in der Zeitung,  dass Vater Brennan auf dem Rückweg von dem Treffen zu Tode gekommen ist und Kathy teilt ihm am Abend mit, dass sie ein neues Kind erwartet…

 

Mit „Das Omen“ gelang Regisseur Richard Donner ein Klassiker des Horrorfilms und der Start einer erfolgreichen Karriere, die „Superman“, die „Lethal Weapon“-Reihe“ oder „Maverick“ hervorbrachte. David Seltzers Drehbuch liefert eine ganz eigene Interpretation der Offenbahrung des Johannes, die unter Anderem den Aufstieg des Satanssohnes auf der Erde beschreibt und deutet den Text so, dass nun die Zeit gekommen ist, in der die Reinkarnation des Satans auf die Welt gekommen sei. Zwar ist der kleine Damien der Dreh- und Angelpunkt des Films, dennoch ist Robert Thorn der Protagonist. Mit ihm fiebert, leidet und fürchtet der Zuschauer. Donners Regie schöpft das Potential des Films voll aus und besonders die Inszenierung Damiens verfehlt ihre Wirkung nicht. Das schweigsame Kleinkind, das mit seiner groben, kindlichen Fahrlässigkeit die eigene Mutter von der Galerie stürzt, von Panikattacken in der Nähe einer Kirche geschüttelt wird oder wissend in die Kamera grinst, gehört zu den bösartigsten Wesen der Kinogeschichte. Dabei bleibt es dem Zuschauer überlassen, ob er einen voll ausgewachsenen bösen Geist in dem Kind erkennt oder aber das Kind als Teufelsinstrument sieht. Die Kombination von Niedlichkeit und unendlicher Bösartigkeit ist immer sehr wirkungsvoll und in „The Omen“ besonders deshalb so reizvoll, weil nie ganz klar wird, inwiefern das Kind weiß, was es da tut und so noch unberechenbarer erscheint. Der Film ist innerhalb der letzten 47 Jahre sehr gut gealtert und vermag trotz seines verhältnismäßig langsamen Erzähltempos zu schockieren. Anstatt einen Schauwert nach dem nächsten zu verpulvern, setzt Donner auf besonders heftige Schockmomente, die zu Beginn in die familiäre Idylle hereinbrechen und gegen Ende die stets wachsende Spannung heftig entladen und schnell wieder anziehen lassen. Insbesondere der Selbstmord des Kindermädchens auf dem Geburtstagsfest ist wegen seiner Plötzlichkeit so grausam. Später bereitet Donner den Zuschauer auf die kommenden Ereignisse wie die Hundeattacke oder Kathys Sturz genau vor, lässt aber eine quälend lange Zeitspanne vergehen, bevor das Unvermeidliche mit größter Brutalität losbricht.

„Das Omen“ war wie viele Horrorfilme nur mit einem kleinen Budget ausgestattet, weshalb neben einem gealterten Stars nur mäßig prominente Schauspieler engagiert waren, die zwar alle überzeugende, aber keine herausragenden Leistungen erbrachten. Insbesondere Gregory Peck, der im Golden Age seine größten Erfolge feierte, weist für die Rolle des terrorisierten Robert Thorn viel zu wenig Mimik auf und bleibt so hinter den Möglichkeiten seiner Rolle zurück. Lee Remick überzeugt in ihrer Rolle als Kathy und auch David Warner leistet gute Arbeit. Billie Whitelaw als Damiens neues Kindermädchen scheint die Rolle der Höllengefährtin sichtlich Spaß zu machen und ihr bedrohliches Spiel bleibt auch nach dem Film im Gedächtnis. Ein großes Lob gebührt natürlich auch Harvey Spencer Stephens als Damien, der sich im wahrsten Sinne des Wortes vortrefflich im Casting schlug und das Teufelskind zu der Kultfigur gemacht hat, die es heute ist.

Dennoch sind es neben der Musik insbesondere das Drehbuch David Seltzers und die atmosphärische Regie, die „Das Omen“ auch heute noch so sehenswert machen und über die einen oder anderen schauspielerischen Defizite hinwegtäuschen.

 

Jerry Goldsmith war Donners erste Wahl für „Das Omen“ und es gelang dem Regisseur glücklicherweise, das Budget ein wenig aufzustocken, um den Komponisten angemessen bezahlen zu können. Dieser steuerte seit den späten 60er Jahren geradewegs auf den Zenit seiner Karriere zu, die wahrscheinlich von 1976 mit „Logan’s Run und „The Omen“ bis 1982 mit „Poltergeist“ ihre Höhepunkt erreichte. Zwar waren die finanziellen Möglichkeiten nicht die besten, dennoch verfügte Goldsmith neben einem kleinen Orchester auch über einen gemischten Chor, der eine wichtige Funktion einnehmen sollte. Der Musikeinastz in die „The Omen“ zeugt von dem beispiellosen Gespür des Komponisten für Dramaturgie und Musik. Mal bereitet er den Zuschauer auf das baldige Unglück vor, mal bricht die Musik völlig unerwartet herein und verdoppelt die Wirkung der Schockeffekte. Film und Musik beginnen mit dem musikalischen Material für Damien: Einer archaischen Hymne, die von den Sängern über einen primitiven Rhythmus der tiefen Instrumente gesprochen wird: "Sanguis bibimus, corpus edimus, tolle corpus Satani. Ave Satani, Ave Versus Christus“ („Wir trinken Blut, wir essen Fleisch, erheben den Körper des Satans. Heil, Satan, Heil Antichrist“) Wir so oft bei lateinischen Texten in der Filmmusik gibt es auch hier eine grammatikalische Unstimmigkeit, da es „Sanguinem bibimus sowie „Ave Satana“ und „Antichristos“ heißen müsste. Sämtliche Chorarrangements stammten für diese Musik von Orchestrator Arthur Morton, da Goldsmith der Ansicht war, sein Chorsatz sei ein wenig „eingerostet“. Das „Ave Satani“ gehört zwar nicht zu den musikalisch anspruchsvollsten Kompositionen des Meisters, trifft aber den Ton des Films und die Atmosphäre perfekt und vermag einem auch nach knapp 50 Jahren immer noch einen Schauer über den Rücken zu jagen. Wie auch in „Poltergeist“ arbeitet Goldsmith mit zwei konfligierenden musikalischen Elementen. Auf der einen Seite steht das bedrohliche „Ave Satai“, dem ein sehr lyrisches und cantabiles Thema für das Ehepaar Thorn gegen über gestellt ist. Dieses Thema ist von Goldsmiths Einfachheit geprägt und besticht durch seine melodische Klarheit. Das erste Mal erklingt dieses Thema während der Konservation auf dem Korridor des Krankenhauses und wird in Goldsmiths evaluierter Harmonik anfangs stark verschleiert, bevor es erstmals bei der Ankunft der Familie in England erklingt. Mal von der Flöte oder Oboe über die sanfte Begleitung einer Harfe gespielt, mal in vollem Orchestertutti begleitet dieses Thema das Ehepaar bis zu Kathys Tod, bevor es nur noch geisterhaft erklingt. Wie vielschichtig und sorgfältig mit seinem motivischen und thematischen Material arbeitet zeigt sich an einem dritten Motiv, das eine Klammer um das „Ave Satani“ sowie das Liebesthema bildet. In der Vorspannmusik erklingt eine prägnante Tonfolge in den Violinen, die mit einer fallenden Sexte beginnt. Dieses Motiv fungiert auch als Nebenmelodie zu den zahlreichen Arrangements des Liebesthemas und schlägt so eine Brücke zwischen dem diabolischen, durch Damien repräsentierten Element und der entscheidenden Liebe des Ehepaares Thorns. Ein weiteres, mysteriöses Motiv steht für die Zweifel und Bedenken Roberts, die durch sein Umfeld und seine eigenen Überlegungen geschürt werden. In der Konversation mit seiner Frau nach ihrem Sturz verwebt Goldsmith das Liebesthema, das Seitenmotiv und diese mysteriöse Phrase auf meisterhafte Art und Weise zu einem tief emotionalen Stück. Während also das Liebesthema und die weiche Klänge für die Throns stehen, kommt stets der Chor, tiefe Streicher und Blechbläser für Machenschaften des Teufels zum Einsatz. Insbesondere die Musik für die Szenen, in denen sich Damiens wahre Herkunft erkennen lässt – bei der Fahrt zur Kirche und im Wildpark – komponierte Goldsmith hervorragende Suspense-Musik. Auf Bitte von Donner arbeitete er mit einem kurzen rhythmischen Motiv, das sich immer weiter steigert. Stoßhafte Akkorde der (elektronischen) Orgel legen das Fundament für stetig anschwellende Orchesterklänge, bevor der Chor mit seinen beschwörerischen Sätzen einsteigt. Goldsmith erwähnte einmal, dass eine der Hauptfunktionen der Filmmusik sei, das Tempo der jeweiligen Szenen zu bestimmen. Diese Möglichkeit nutzt er in den Actionszenen auf beeindruckende Weise. In dem Gewitter nach dem Treffen mit Vater Brennan erinnern die treibenden, abgehackten Akkorde des Orchesters an den „Tanz der jungen Mädchen“ aus Strawinskys „Sacre du Printemps“ während der Chor die Worte „Versus Christus, Ave Satani“ ruft, bevor ein grässlicher Aufschrei des Chores die Musik zum Schweigen bringt. Schreie und andere ungewöhnliche Geräusche werden von Goldsmith auch öfter eingesetzt und insbesondere die Glissandi der Stimmen beim Kampf zwischen Robert Thorn und Damiens neuem Kindermädchen lassen die Bilder der verzerrten Gesichter erst wirkungsvoll werden.

Zum Filmstart erschien eine LP mit Auszügen der Originalaufnahmen sowie einem eigens für das Album produzierten Song, für den Goldsmiths Frau Carols einen Text für das Liebesthema schrieb und das Lied auch einsang. Der LP-Schnitt der Musik wurde auch auf CD veröffentlicht, bevor Varèse Sarabande 2001 eine erweiterte Deluxe Edition der Musik auf den Markt brachte. Neben dem informativen Booklet, das von Produzent Townson selbst verfasst wurde, besticht das Album auch durch eine bessere Klangqualität. Da das Orchester allerdings recht klein war und die Aufnahmen über 30 Jahre alt ist der Klang teilweise immer noch schrill und dünn. Wie bei fast jeder „Deluxe Edition“ des Labels ist auch die Musik zu „The Omen“ nicht komplett. Neben den kurzen rein elektronischen Momenten für den Hund fehlen auch interessante Stücke wie die Musik zur ersten Begegnung zwischen Damien und seinem neuen Kindermädchen oder der Suche Thorns und es Fotografen nach dem Priester in dem italienischen Kloster. Auch von der Musik für das Finale ist nur eine alternative Version zu hören, die mit einer treibenden Fassung des „Ave Satani“ aufwartet, während im Film eine Darbietung des Liebesthemas zu hören ist. Die Bänder für die Filmversion sind laut Booklet leider verschollen und so ist auch vielleicht der Verbleib der übrigen Stücke zu erklären. Einige Jahre später allerdings erschien eine Blu-Ray mit einer isolierten Musikspur, die bis heute die vollständigste Veröffentlichung der Musik darstellt.

 

 

Treffpunkt Todesbrücke (Cassandra Crossing)

In dem Gebäude der Internationalen Gesundheitsorganisation in Genf experimentieren die Amerikaner mit einem Lungenpestvirus. Drei schwedische Terroristen brechen ein, um das Gebäude zu sprengen, werden allerdings vom Sicherheitsdienst an dem Vorhaben gehindert. Während zwei der Einbrecher getötet werden, kann der Dritte entkommen, allerdings hat er sich bei dem Schusswechsel mit dem Virus infiziert. U.S. Colonel Stephen Mackenzie wird beauftragt, den Flüchtenden ausfindig zu machen und schon bald kommt heraus, dass sich der mittlerweile gesundheitlich stark angeschlagene Terrorist als blinder Passagier in einem Kontinentalzug von Genf nach Stockholm in die Heimat absetzen will. In dem Zug befinden sich unter den 1000 Passagieren eine Gruppe Hippies, die Frau eines deutschen Waffenhändlers und ihr jugendlicher Liebhaber, der als Koksschmuggler unterwegs ist, ein zwielichtiger Pfarrer, der Lebenskünstler Kaplan, Dr. Jonathan Chamberlain und seine Ex-Frau Jennifer, die ihm hinterher reist. Nach und nach weisen immer mehr Patienten die Symptome einer Erkältung auf – die ersten Anzeichen einer Lungenpestinfektion. Colonel Mackenzie nimmt Kontakt zu Dr. Chamberlain auf, der ihn um ärztliche Verstärkung bittet, die dieser ihm gewährt. In Nürnberg steigen allerdings neben Mitarbeitern des Roten Kreuzes auch bewaffnete Soldaten ein und der Zug wird verplombt. Colonel Mackenzie lässt den Zug nach Polen umleiten und richtet in dem ehemaligen Konzentrationslager Janów eine Quarantänestation ein, doch der Weg nach Janów führt über die Cassandra-Schlucht. Diese Strecke wurde 1948 stillgelegt und die Brücke, die den Zug mit mehreren hundert Menschen tragen soll, ist mehr als baufällig…

Der Desasterfilm gehört zu den frühesten Genres des Films, erreichte sein Zenit allerdings in den 70er Jahren. Die Filmtechnik war entsprechend fortgeschritten, sodass sich Desaster wie Erdbeben, Flugzeugabstürze oder einbrechende Gebäude täuschend echt umsetzen ließen. Als weiteres Lockmittel versuchten die Produzenten, so viele bekannte Gesichter wie möglich für ihren Film zu verpflichten, sodass sich auch in „Cassandra Crossing“ unzählige Stars die Klinke in die Hand geben. Neben einer etwas gealterten und pummeligeren Ava Gardner als Nicole Dressler und einem jungen Martin Sheen füllen O.J. Simpson als falscher Prediger und die damalige Gattin des Regisseurs – Ann Turkel – die Riege der Nebendarsteller. Burt Lancaster mimt den sturen Stephen Mackenzie und Richard Harris kann als heroischer Arzt immerhin einen Großteil der Passagiere vor dem Tod bewahren. Ihm zur Seite gestellt wurde Sophia Loren als zweifache Ex-Frau, die er unzweifelhaft nach dem Abenteuer wieder heiraten wird. Insgesamt dienen all diese Handlungsstränge und kruden Romantiken als Füllstoff, bis der Zuschauer endlich in den Genuss der lang ersehnten Katastrophe kommt, denn auch wenn Desasterszenen mittlerweile recht glaubwürdig zu realisieren waren – viel Geld kosteten sie trotzdem. Die Darsteller liefern alle routinierte Arbeit ab, einzig Sophia Loren mag in einigen Momenten über dem Durchschnitt zu spielen und wirklich unter der beklemmenden Situation zu leiden.
Was den Film heute allerdings noch sehr sehenswert macht ist die äußerst ästhetische Optik des Films, dessen oft durch die Fluchtpunktperspektive dominierten Kameraeinstellungen auf die Hochglanzästhetik eines Michael Bays der 90er Jahre zu verweisen scheint. Regisseur George Pan Cosmatos und sein Kameramann Ennio Guarnieri nutzen die Macht der Bilder, des Lichts und der Kameraeinstellungen, um eine starke Wirkung zu erzielen. Besonders die endlos erscheinende Szene, in der der Zug verplombt wird ist einer der Höhepunkte des Films. Auch wie die Soldaten in ihren weißen Anzügen und den Atemschutzmasken als Todesengel in Szene gesetzt werden, gehört zu den klaren Stärken des Films. Insgesamt bietet „The Cassandra Crossing“ durchschnittliche Katastrophenunterhaltung, die allerdings durch die beeindruckende Kameraführung und das schockierende Finale einige Zeit in Erinnerung bleibt.

Für die musikalische Untermalung wurde Jerry Goldsmith verpflichtet. Dieser hatte einige Wochen zuvor seine Aufnahmen zu „The Omen“ abgeschlossen, als er in Rom eintraf, um seine Arbeit für „Cassandra Crossing“ zu beginnen. Keineswegs ausgelaugt von seiner vorherigen Komposition, die ihm seinen einzigen Oscar einbringen sollte, schrieb Goldsmith für seinen ersten Desasterfilm eine äußerst spröde und originelle Musik, die er sogar selbst orchestrierte. Den äußerst harschen und modernistischen Konzepten für die Actionmusik wurde ein sehr lyrisches Hauptthema gegenüber gestellt, das sich als roter Faden durch die Musik zieht. Von leicht melancholischem Einschlag von einem Spinett gespielt erklingt dieses Thema bereits während eines Helikopterflugs über Genf und wird von den Streichern üppig weitergeführt. Für den jüdischen Fahrgast Kaplan komponierte Goldsmith ein Thema mit leichtem Klezmer-Einschlag, das meistens von der Flöte oder einer Klarinette vorgetragen wird und manchmal in der mittleren Lage der Streicher erklingt. Das Hauptthema, das auch als Liebesthema für Chamberlain und Jennifer fungiert sowie die Melodie für Kaplan untermalen oft in ruhiger und getragener Stimmung die ausweglose Situation in dem Todes-Zug. Den Zug selbst charakterisiert Goldsmith auf musikalische Weise mit ratternden Rhythmusfiguren der kleinen Trommel, Ambosschlägen und abgehackten Streicherfiguren, die die Musik brutal und maschinell vorantreiben. Die Actionsequenzen wie die finale Schießerei im Zug, den Einbruch zu Beginn des Films oder den fehlgeschlagenen Versuch Robbys, den Zug zu stoppen unterlegt Goldsmith mit fragmentarischen Motiven und stoßhaften Ostinati, über die sich frei- oder atonale Melodielinien in den Streichern legen. Zwar sind diese Elemente in der Actionmusik Jerry Goldsmiths wohlbekannt, jedoch rückte der Meister sie in der eigenhändigen Orchestrierung in ungeahnt sprödes Licht. Der schrille Umgang mit den Holzbläsern, die treibenden Rhythmen der Guiro, der spröde Klang des Spinetts und das expressive Spiel der Streicher verleiht „Cassandra Crossing“ insbesondere während der Actionsequenzen einen äußerst erfrischend charakteristischen Personalklang, der durch den zischend sprudelnden Synthie-Effekt für das Virus zusätzlich bereichert wird.
Aus der rund eine dreiviertel Stunde laufenden Musik stellte Goldsmith ein knapp halbstündiges LP-Programm zusammen, das neu eingespielt wurde und auch zu Beginn der 90er Jahre auf CD erhältlich war. 2008 veröffentlichte Prometheus Records zusammen mit dem LP-Schnitt erstmals die vollständigen Filmaufnahmen – allerdings nur in mono, da sich angeblich keine Steroelemente finden ließen, auf einem 2-CD-Set. Die Laufzeit wurde auf CD 1 mit zusätzlichen alternativen Abmischungen einiger Stücke aufgefüllt, sodass je nach dem die Bläser oder die Streicher eher im Vordergrund zu hören sind. Neben dem im Film von Regiegattin Anne Turkel gesungenen Song „I’m Still On My Way“ bereicherte Goldsmith die LP-Fassung auch mit einer leicht kitschigen Pop-Variante seines Hauptthemas, von dem sich ebenfalls neben einem „Vocal Only“-Track und einer Instrumentalversion des Songs eine alternative Fassung in der Bonus-Sektion ausfindig machen lässt. Das Booklet ist äußerst unbefriedigend geraten und ist auch im Vergleich mit anderen Prometheus-Booklets dürftig geraten.
Insgesamt bietet das Prometheus-Set allerdings eine nicht nur willkommene sondern auch wichtige Bereicherung zur Goldsmith-Diskographie dar, denn mit „Cassandra Crossing“ schuf Goldsmith eine zwar konzeptionell nicht allzu neue Actionmusik, die jedoch ungeahnt brutal und spröde daher kommt und zusätzlich mit zwei überzeugenden melodischen Einfällen zu beeindrucken weiß.

 

1977

 

Twilight’s Last Gleaming

 

Nach fünf Jahren Kriegsgefangenschaft kehrt Offizier Lawrence Dell verbittert in die Heimat zurück. Vom Krieg desillusioniert fordert er, dass die wahren Hintergründe über dieses sinnlose Blutvergießen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen, doch das Militär erhebt ihn in den Rang des Generals bei der Air Force, um ihn mundtot zu machen. Als Dell in einen Unfall verwickelt wird, sieht das Militär die einmalige Gelegenheit, den Störenfried aus dem Verkehr zu ziehen und verurteilt ihn zu langer Haft in einem Militärgefängnis. Hier schmiedet Dell einen Plan, um dem Volk endlich die Augen zu öffnen und mit drei Häftlingen gelingt ihm die Flucht. Zusammen mit seinen Kameraden besetzt Dell das Silo 3 in Montana, von dem aus er Kontrolle über neun Atomraketen hat. Während der Übernahme wird ein Mitstreiter von Dell selbst erschossen, danach entschärfen die drei verbliebenen das Sicherheitsnetz des Silos. Im Anschluss kontaktiert Dell zuerst die militärischen Verantwortlichen und verlangt, mit dem Präsidenten verbunden zu werden – mit Erfolg. Der General verlangt für sich und seine Kameraden jeweils zehn Millionen Dollar, sichere Flucht in der Air Force One und die Veröffentlichung eines geheimen Dokuments, das Mitschriften von Gesprächen des vorigen Präsidenten mit seiner Regierung enthält, aus denen deutlich wird, dass der Vietnam-Krieg nur geführt wurde, um Russland abzuschrecken. Präsident Stevens ist schockiert über das Gelesene, doch sein Krisenstab rät von einer Veröffentlichung ab. Stattdessen setzt das Militär auf eine gewaltsame Beendung von Dells Besetzung des Silos, doch beide Versuche scheitern. Schließlich sieht der Präsident nur einen Ausweg: Persönlich macht er sich zu Silo 3 auf, um mit General Dell zu verhandeln…

 

„Twilight’s Last Gleaming“ ist der viertletzte Film Robert Aldrichs, der sechs Jahre später im Alter von 65 Jahren verstarb. Seine Karriere verzeichnet Erfolge wie „Das dreckige Dutzend“ und verstörende und aufwühlende Filme wie „“The Killing of Sister George“ oder „What happened to Baby Jane?“. Auch „Twilight’s Last Gleaming“ ist ein außerordentlich hochkarätiger Film eines begabten Regisseurs, doch trug er zudem auch stark zum Sinken von Aldrichs Stern bei. Die Thematik des Films war tatsächlich so brisant, dass der Streifen komplett in Deutschland aufgenommen wurde. Die Ende der 70er Jahre immer noch stark von Vietnam traumatisierte Nation war einfach nicht bereit für einen derartigen Inhalt. Die Tatsache, dass ein Air Force General anscheinend mit etwas Glück ein komplettes Silo unter sein Kommando bringen und über neun Atomraketen verfügen kann, dürfte ebenfalls nicht zu den Dingen gehören, die man damals gerne sah.

Aldrich nimmt sich viel Zeit, sodass man über längere Sequenzen die Besprechungen des Krisenstabs oder die Überwindung des Sicherheitssystems verfolgen kann. Dabei lässt der Film allerdings nie an Spannung nach, der Zuschauer wird durch die teils quälend langen Ereignisse noch mehr auf die Folter gespannt. Im Gegensatz zu dem recht ruhigen Erzähltempo setzt Aldrich oftmals die von zwei- bis vierfach geteilte Leinwand ein, sodass man parallel den einzelnen Schritten der Personen folgen kann. Hier nutzt der Regisseur den Splitscreen also nicht für althergebrachte Telefongesprächsdarstellung ein sondern lässt ganze eigenständig geschnittene Szenen gleichzeitig neben einander laufen, sodass sich auch die Tonspuren überlappen.

Die Spannung zwischen den einzelnen Charakteren ist meisterhaft eingefangen und sogar über die entfernten Handlungsorte aufrecht erhalten. Hierzu tragen auch die durch die Bank fabelhaften Schauspieler bei, allen voran natürlich Burt Lancaster als verbitterter General. Als sein früherer grimmiger Vorgesetzter überzeugt Richard Widmark und Charles Durning beeindruckt als verhandlungswilliger und humanistischer Präsident, der zum Opfer seiner eigenen bornierten Regierung wird. Auch der Krisentab sowie Dells Gefährten sind bis in die kleinste Nebenrolle treffend besetzt.

Insgesamt ist „Twilight’s Last Gleaming“ ein durchweg spannender und beeindruckend düsterer Thriller mit einer gehaltvollen Thematik, der durch die meisterhafte Regie und die brillanten Schauspieler bis zur letzten Minute nicht die Puste ausgeht.

 

Robert Aldrichs Stammkomponist Frank DeVol war wegen Krankheit verhindert, sodass Jerry Goldsmith mit der Musik zu „Twilight’s Last Gleaming“ beauftragt wurde, der schon immer die Musik zu einem Aldrich-Film schreiben wollte. Ende der 70er Jahre steuerte der Komponist auf den kreativen Höhepunkt seiner Karriere zu und hatte im Jahr zuvor seinen einzigen Oscar für „The Omen“ gewonnen, auf den der Dschungel-Actioner „High Velocity“ und der Katastrophenthriller „Cassandra Crossing“ folgten. Der musikalische Ansatz ist ähnlich von „Cassandra Crossing“, jedoch fiel „Twilight’s Last Gleaming“ noch deutlich spröder aus. Im Gegensatz zu seinen Action- und Thrillerscores, in denen Goldsmith seiner harschen und modernistischen Klangsprache oft ein lyrisches Thema gegenüber stellte, verzichtete er in „Twilight’s Last Gleaming“ völlig auf ein Hauptthema und arbeitet mit kleinsten Motiven und Tonfolgen, sodass ein roter Faden nicht auszumachen ist. Einzig und alleine das aus einer Quarte und Quinte bestehende Militrä-Thema für General McKenzie und seine Truppen besitzt ein wenig Themencharakter. Die restlichen Actionpassagen werden mit stets neu kombinierten Motivzellen bestritten, manchmal werden einige Stücke auch aus komplett neuem Material heraus entwickelt. Charakteristisch dürften hier höchstens die fallenden Blechcascaden der Trompeten sein. Für die Suspense-Passagen setzt Goldsmith häufig das Unisono-Spiel von tiefen Tomtoms und E-Bass sowie das klassische in den tiefen Oktaven rumpelnde Klavier ein. Besonders interessant sind die Entschärfung des Sicherheitssystems und der Abstieg der Spezialeinheit im Fahrstuhlschacht, die der Komponist mit äußerst raffinierten Klangcollagen aus modernen alternativen Spieltechniken und interessanten Schlagwerkeffekten unterlegte. Das Schlagwerk spielt ohnehin eine wichtige Rolle, sodass des Öfteren Passagen für gestimmte Tomtoms und Pauken oder auch sich raffiniert überlagernde Wirbel der unterschiedlich gestimmten kleinen Trommeln den militärischen Charakter unterstreichen. Die kurze melodische Einlage für Streicher, Harfe und Flöte für einen nachdenklichen Monolog des Präsidenten fällt gewaltig aus dem Rahmen und wurde auch im Film nicht verwendet. Überhaupt konnte Goldsmith den Musikschnitt nicht überwachen, sodass seine Musik hin und wieder herum geschoben oder plötzlich ausgeblendet wird. Ein wahres Fiasko wie in „Take a Hard Ride“ liegt allerdings bei Weitem nicht vor.

Insgesamt wirkt die Musik zu „Twilight’s Last Gleaming“ ein bisschen wie das Gerüst einer klassischen Goldsmith’schen Actionpartitur, der die finale Schicht noch zu fehlen scheint. Die Elemente, aus denen Goldsmith seine Suspense- und Actionpassagen bestreitet, sind allesamt bekannt und in anderen Werken überzeugender und runder verarbeitet. „Twilight’s Last Gleaming“ ist somit nicht nur spröde und sperrig, die Musik stellt nicht vollends zufrieden. Eine noch konsequentere Motivarbeit hätte dem etwas unfertig wirkenden Konzept vielleicht geholfen, denn so machen nur die modernistischen Klangcollagen einen geschlossenen Eindruck.

Da der Film nicht erfolgreich war, blieb auch eine Veröffentlichung der Musik nach dem Start des Films aus. Erst knapp 20 Jahre später brachte die Goldsmith-Society einen von Sohn Joel angefertigten Albumschnitt heraus, der wenig später noch einmal von Silva Screen weltweit verlegt wurde. Die Bänder in Joel Goldsmiths Privatbesitz weisen einen deutlichen archivarischen Klang auf, sodass die Musik stets etwas dünn und schrill klingt. Die nicht allzu überzeugende Leistung des Graunke Symphonie Orchesters tut ihr übriges. Der Albumschnitt enthält bis auf vier fehlende Passagen die komplette Musik, ist aber völlig außer Reihenfolge gebracht und macht somit eine logische Verfolgung der einzelnen Elemente fast unmöglich. Die fehlenden drei Minuten hätten die nicht ganz geschlossene Musik nicht außerordentlich bereichert, wären aber auch nicht überflüssig gewesen, sodass man nur hoffen kann, dass bald ein Label die Musik komplett und chronologisch in besserem Klang veröffentlicht, sodass man sich dieser Musik nochmals nähern kann.

 

 

 

Islands in the Stream - Inseln im Strom

Der Bildhauer Thomas Hudson lebt auf einer karibischen Insel, wo er abgeschieden von der zivilisierten Welt arbeitet. Der zweite Weltkrieg, der vor zwei Jahren ausgebrochen ist, kommt nun immer spürbarer an die Insel heran, die oft als Zwischenstation für jüdische Flüchtlinge nach Kuba oder Amerika genutzt wird, weshalb immer mehr Schiffe von deutschen U-Booten beschossen werden. Hier hegt Hudson eine enge Freundschaft mit Eddie, der oft im Alkoholrausch Schlägereien beginnt, einer weiblichen Bekannten namens Lil und Joseph, einem Farbigen. Eines Tages erhält Hudson die Nachricht, dass ihn seine drei Söhne besuchen kommen wollen. Tom, der älteste, stammt aus seiner ersten Ehe mit Audrey, mit der er in Paris lebte. Nachdem der Künstler seine Frau mit deren besten Freundin im Urlaub betrogen hatte, verließ ihn diese mit dem gemeinsamen Sohn. Aus einer zweiten Beziehung stammen die Söhne David und Andrew. Während Tom und Andrew glücklich sind, ihren Vater wieder zu sehen, ist David immer noch wütend auf Hudson, der seine und Andrews Mutter oft geschlagen hat. Erst nach und nach können Vater und Sohn Vertrauen zueinander fassen. Die drei Jungs verbringen mit ihrem Vater, Eddie und Joseph eine ausgelassene Zeit auf der Insel. Kurz vor ihrer Abreise offenbahrt Tom seinem Vater, dass er nach seiner Rückkehr nach England in die Lufuwaffe eintreten will, um nun für sein Land zu kämpfen. Schweren Herzens gibt Hudson seine Einwilligung. Einige Zeit nach der Abreise seiner Söhne glaubt der Bildhauer seinen Augen nicht zu trauen, als er seine erste Frau Audrey auf der Straße in einem Ort nahe seines Hauses trifft. Die beiden begeben sich in Hudsons Haus, wo ihm Audrey offenbahrt, dass sie einen britischen Offizier heiraten wird. Nachdem sich die beiden einige frühere Eheprobleme an den Kopf geworfen haben, wird es Hudson schlagartig klar: Der eigentliche Grund für Audreys Auftreten ist der Tod Toms. Diese gibt schließlich zu, dass ihr gemeinsamer Sohn bei einem Routineflug abgeschossen wurde. Nach Audreys Abreise beschließt Hudson, wieder der westlichen Welt zu leben und gibt sein Haus auf. Auf der See entdecken Hudson, Eddie und Joseph das Wrack eines befreundeten Kapitäns, der mit mehreren jüdischen Flüchtlingen auf den Trümmern auf dem Wasser treibt. Hudson beschließt, sich der Flüchtlinge und des Kapitäns anzunehmen. Eine gefährliche Reise beginnt...

"Die Inseln im Strom" wurde erst nach dem Tod des Schriftstellers Ernest Hemingway veröffentlicht und es leuchtet schnell ein, warum der Autor diesen Roman zu lebzeiten nicht herausbringen wollte. Hemingway, der in seinen Romanen oft biographische Elemente einfließen lässt, verarbeitete in diesem Werk insbesondere seine Beziehung zu seinen Frauen und seinen Söhnen. So lebte auch Hemingway in den 20er Jahren mit seiner ersten Frau und dem gemeinsamen Sohn in Paris, wie es von Thomas Hudson erzählt wird. Die drei Söhne des Protagonisten lassen vermuten, wie genau der Autor seine eigenen Kinder kannte und im Roman akribisch beschrieb. Da der Schriftsteller stets ein bestimmtes Ansehen aufrecht erhalten wollte, war es ihm anscheinend unmöglich, seine in diesem Werk verarbeitete sensible Gefühlswelt an die Öffentlichkeit zu lassen. Bereits sieben Jahre nach Veröffentlichung wurde das Buch vom Regisseur Franklin J. Schaffner verfilmt. "Inseln im Strom" bleibt in Schaffners Werk neben großartigen Klassikern wie "Planet der Affen" eine Randnotiz und verschwand auch 1977 relativ schnell aus den Kinosälen und auch wenn er die Klasse oder Größe der vorigen genannten Filme nicht erreicht, so handelt es sich dennoch um einen einfühlsamen und sehenswerten Film. Schaffners Filme behandeln oft das emotionale Innenleben komplexer Charaktere wie dem General Patton im gleichnamigen Film oder Henry Charrière in "Papillon", der seiner lebenslänglichen Haftstrafe in Französisch-Guyana entkommen ist. "Inseln im Strom" zeichnet sich durch seine ruhige Erzählweise und die bezaubernden Landschaftsaufnahmen der exotischen Inselumgebung aus. Schaffners nimmt sich - wie üblich - viel Zeit, um die Gefühle seiner Charaktere zu beleuchten und ihnen möglichst viel Tiefe zu geben. Auch die einzelnen zwischenmenschlichen Beziehungen werden mit größter Sorgfalt in Szene gesetzt. Insbesondere der Dialog mit seiner ersten Frau Audrey und die Erkenntnis über den Td des Sohnes zählen zu den großartigen Höhepunkten des Films. Dennoch versah der Regisseur seinen Film besonders zum Ende hin mit einer unnötigen Portion Kitsch, der in "Patton" oder "Papillon" erfreulicherweise vermieden wurde. Wenn Hudson vor seinem geistigen Auge ganz in weiß gekleidet seine Familie verlässt, während ein breit grinsender Josep hinterher winkt, wirkt das fast wie eine Parodie.
Für "Inseln im Strom" arbeitete Schaffner erneut mit George C. Scott zusammen, der eine prächtige Darstellung des raubeinigen aber gutherzigen Thomas Hudson gibt. Sympatieträger des Film ist ohne Frage David Hemmings in seiner Rolle als Eddie und auch Julius Harris weiß als Joseph zu überzeugen. Hard Bochner, Brad Savage und Michael-James Wixted brillieren als Hudsons Söhne und Claire Blooms Darstellung der Audrey scheint nehazu perfekt.
Insgesamt reicht "Inseln am Strom" nicht an die Klassiker Franklin J. Schaffners heran, der hier allerdings einen bezaubernden und nachdenklichen Film mit prächtigen Naturaufnahmen drehte.

Jerry Goldsmith bezeichnete seine Musik zu "Inseln im Strom" lange Zeit als sein persönliches Lieblingswerk, bevor "Rudy" diesen Platz einnahm. Bei "Inseln im Strom" handelt es sich in der Tat um eine wundervolle und vielschichtige Musik, die besonders von ihrem schwelgerisch-üppgien Charakter lebt. Auch wenn Goldsmith ein durchschnittlich besetztes Symphonieorchester zur Verfügung hatte, liegt der Fokus auf den warmen Klängen der Streicher und der Holzbläser, während das Blech sich mit dunklen Füllakkorden in den Orchesterapparat mischt. Goldsmith besetzte neben dem Klavier auch eine Harfe sowie eine Gitarre, um das exotische Flair in der Musik zu schaffen. Insgesamt ist "Inseln im Strom" von impressionistisch süffigen Charakter und wird von mehreren Leitmotiven getragen. Hier ist vor Allem das Hauptthema zu nennen, das oft vom ersten Horn über sanfte Begleitung des Orchesters gespielt wird und von nachdenklich friedlichem Charakter ist. Dabei sorgt Goldsmith mit seinen äußerst eloquenten Harmonien stets für eine feine Schattierung des Themas, das in immer wieder neuen Facetten zu erklingen scheint. Eine leicht wuchtige, aus drei Akkorden bestehende Figur der Blechbläser repräsentiert die exotische Umgebung selbst. Hier arbeitet Goldsmith sogar besonders klangmalerisch, wenn er den Klang der Blechbläser mit einer girlandenartigen Akkordbrechung der Klarinette und einem rauschenden Wirbel des Hängebeckens garniert und so unvermeidlich die Assoziation einer mit schäumender Gischt gekrönten Welle schafft. Neben einigen weiteren Motiven und Melodien wie einer zarten, impressionistisch angehauchten Flötenmelodie über die zurückhaltende Begleitung der Harfe komponierte Goldsmith mehrere dramaturgisch eigenständige Stücke wie die heitere Passage für die Kissenschlacht oder die brillante Vertonung für eine Szene, in der Tom beim Fischen fast einem Hai zum Opfer fällt. Goldsmith legt hier das Hauptthema über eine rumba-artige Begleitung der Streicher, des Schlagwerks und der Gitarre, doch nach und nach kippt die Stimmung in weiter. Das Thema schlägt in eine panische Bewegung der Streicher um und auch die Begleitung wird immer treibender und aggressiver, bevor das Stück zu einem abrupten Ende kommt. Im letzten Drittel, als die Männer den Flüchtlingen helfen, wird die Musik zunehmend düsterer und enthält auch die einzige Actionpassage der Partitur. Insgesamt jedoch ist "Inseln im Strom" von einem gleichförmigen und sehr fließendem Charakter gezeichnet wie das die Insel umgebende Meer , doch die oft sehr detaillierte und raffinierte Orchestrierung und die sehr eloquente Harmonik machen diese Musik zu einem sehr exquisiten Hörerlebnis.
Zum Filmstart erschien keine Veröffentlichung, sodass Goldsmith mit Freuden die Möglichkeit nutzte, "Inseln im Strom" für die Excalibur-Reihe von Intrada neu einzuspielen. Dabei nahm er fast die vollständige Musik neu auf, ließ aber die Actionsequenz zu Beginn von "Eddie's Death" aus, um vielleicht den sonst so ruhigen Charakter nicht zu stören. Die vollständige Originalaufnahme der Musik erschien 2010 in Form einer großzügig auf 5000 Stück limitierten FSM-CD, die mit den üblichen Qualitätsstandarts aufwartet. Im besten Fall schafft man sich beide Editionen an, eine Ausgabe ist allerdings Pflicht, denn Jerry Goldsmith komponierte hier eine herrliche Dramenmusik für einen nicht perfekten, aber unterschätzten Film.

 

 

MacArthur – Held des Pazifik

Nach dem Angriff auf Pearl Harbor erfolgen weitere Attacken Japans auf militärische Stützpunkte der Amerikaner im Pazifikraum und nach dem Eintritt in den 2. Weltkrieg unterstützen amerikanische Streitkräfte daher Südostasien im Kampf gegen Japan. Die Soldaten auf den Philippinen werden von General Douglas MacArthur befehligt doch seine Streitkraft ist dem Gegner hoffnungslos unterlegen sodass Präsident Roosevelt den Befehl gibt, Corregidor aufzugeben. MacArthur muss mit seiner Familie auf einem Schnellboot nach Australien ausgeschifft werden und seine Männer somit im Stich lassen, aber er verspricht, zurück zu kehren. Tatsächlich gelingen ihm später die Landung in der Bucht von Leyte und die Rückeroberung Corregidors bis der Atomangriff auf Hiroshima und Nagasaki Japan schließlich zur Kapitulation zwingt. MacArthur beteiligt sich am Wiederaufbau des Landes und unternimmt einen Versuch, in die Politik einzusteigen, der allerdings scheitert. Als 5 Jahre nach Kriegsende nordkoreanische die Grenze nach Südkorea überschreiten und es zum Krieg kommt, befehligt MacArthur die UNO-Truppen, die Südkorea gegen China und Nordkorea unterstützen. Der neue Präsident Truman sucht nach einer diplomatischen Lösung während MacArthur eine militärische Vorgehensweise für angemessen hält. Die Spannung zwischen dem General und dem Präsidenten spitzt sich durch das eigenmächtige Verhalten MacArthurs immer weiter zu…

Douglas MacArthur war der meist dekorierte General in der Geschichte der USA und ein entscheidender Stratege im zweiten Weltkrieg und der Koreakrise. Mit General Patton teilt er sich außerdem den Ruf des exzentrischsten Generalstabsoffiziers in der militärischen Geschichte seines Landes – eine Person also, die sich für eine Verfilmung geradezu anbietet. Insgesamt ist „MacArthur“ ein recht solider Streifen mit einem starken Hauptdarsteller. Die Autoren Hal Barwood und Matthew Robbins waren offensichtlich bemüht, den Protagonisten von verschiedenen Seiten zu beleuchten, sodass man den General neben seinen militärischen Aktionen auch als Familienvater oder während seiner kurzen politischen Laufbahn begleitet. Wenig überraschend konzentriert sich „MacArthur“ jedoch auf die beiden Meilensteine in der militärischen Karriere des Generals: Dem 2. Weltkrieg und der Koreakrise wobei jede Möglichkeit genutzt wird, den Protagonisten in ein positives Licht zu rücken. Als entschlossener Draufgänger von der diplomatisch verbockten Politik ausgebremst oder als Vorbild, das tapfer und loyal kämpft wird MacArthur zusätzlich beschwichtigend als aufrechter Pazifist dargestellt, der keine Gelegenheit auslässt, die Gräuel des Krieges und seiner Folgen zu betonen. Zwar ist es bei einem derartigen Film zu erwarten, dass dem eigenen Land und seiner Hauptfigur historisch verklärend in die Tasche gespielt wird, dass die Atomangriffe auf Nagasaki und Hiroshima allerdings nur eine kleine Randnotiz bleiben, die von MacArthur nicht wegen ihrer schrecklichen Auswirkungen (die werden nämlich vollkommen verschwiegen) sondern seiner Vorliebe für „ehrlichen“ Kampf in einem Nebensatz halbherzig kritisiert werden, gehört den größeren Makeln des Films und ist schlicht und ergreifend ärgerlich. Handwerklich schnörkellos durch Regisseur Joseph Sargent in Szene gesetzt und von Mario Tosi teils ansehnlich fotografiert ist der Film von einer ruhigen Erzählweise geprägt. Zwar gibt es explosive und für die Entstehungszeit recht blutige Kriegsszenen, doch hauptsächlich erklären einem uniformierte Herren vor großen Landkarten die aktuelle Situation und MacArthurs Rolle darin. Zu den handwerklich positiven Aspekten zählt auch die strenge Anlehnung an historische Fotos, was all zu deutlich bei der Landung in der Bucht von Leyte deutlich wird, die fast identisch mit einer Aufnahme übereinstimmt.
Die Darsteller agieren zufrieden stellend und wurden durch mehr oder weniger Eingriffe der Maske treffend an die historischen Persönlichkeiten angeglichen. Der Star des Films ist ohne Frage Gregory Peck in der Rolle des MacArthur, die er entsprechend charismatisch interpretiert und dessen Darstellung den etwas biederen Film größtenteils trägt. Insgesamt ist „MacArthur“ ein verzichtbarer um einigen Pathos angereicherter Kriegsfilm, der mit seinem ruhigen Tempo und seiner stark einseitigen Auslegung der Hauptfigur deutlich gealtert ist.

Jerry Goldsmith vertonte nur in der ersten Hälfte seiner Karriere – von 1965 – 1982 – Kriesfilme, von denen sich die letzten beiden um MacArthur ranken: „MacArthur“ und „Inchon“. 1970 hatte der Komponist bereits „Patton“ vertont und verlieh somit beiden exzentrischen amerikanischen Generälen des 2. Weltkriegs eine musikalische Identität. Während „Patton“ allerdings mit einer äußerst raffinierten und vielschichtigen Komposition bedacht wurde, die alle Facetten seines Charakters in einer komplexen und sehr komprimierten Filmmusik einfing ist der Beitrag für „MacArthur“ deutlich konventioneller geraten. Dabei orientiert sich die Musik deutlich an der oberflächlichen Darstellung des Protagonisten und bildet einen musikalischen Spiegel zu seiner jeweiligen Situation und Empfindung während die Musik zu „Patton“ oder auch „Tora! Tora! Tora!“ als objektiver klingender Kommentar zum Bildgeschehen fungierten. Hierbei ließ Goldsmith die actionreichen Kriegsszenen häufig unvertont sondern setzte Musik hauptsächlich in Dialogszenen oder ruhigen Momenten und Montagen ein, sodass es in „MacArthur“ trotz des Stoffes keine reine Actionmusik zu hören gibt.
Für die Vertonung stand ein durchschnittlich besetztes Symphonieorchester zur Verfügung, dessen sich der Komponist in romantischer Klangtradition bedient. Satten Streicherklängen und noblen Blechchorälen wird hier der Vorzug gegenüber den ausgefeilten und durchsichtiger instrumentierten Passagen gegeben, für die Goldsmith so bekannt wurde. Trotzdem handelt es sich um eine ansprechende Partitur, die viele Details enthält und somit deutlich über bloßer Routine anzusiedeln ist. Da die Musik vollständig mit General MacArthur in Verbindung steht ist auch sämtliches thematisch-motivisches Material dem Protagonisten zuzuschreiben. Für den militärischen Aspekt steht ein schmissiger Marsch, der besonders prominent während des Vor- und Abspanns sowie der Landung in der Bucht von Leyte erklingt und mit dem satten Blech, kräftigen Schlagwerk und einem vorwärts strebendem Streicherkontrapunkt voller Optimismus erstrahlt. Elemente dieses Marsches ziehen sich durch die gesamte Partitur. Mal erklingt die Melodie als sanfter Choral im Blech, der Kontrapunkt als aufsteigende Figur in den Hörnern oder schimmert der Marschrhythmus durch. Außerdem schrieb der Komponist eine sanfte und lyrische Melodie, die entweder voll in den Streichern ausgespielt oder als sanftes Holzbläsersolo erklingt. Für pessimistische Momente und Situationen kombiniert Goldsmith die tragenden Aspekte beider thematischen Elemente: ein stark punktierter Marschrhythmus, der auf einer Klaviersaite geschlagen wird, wechselt sich mit einer seufzend aufbäumenden Figur der Streicher ab. Ein Großteil der Musik zu „MacArhur“ arbeitet besonders mit der resignativen Passage und dem lyrischen Thema in verschiedener Kombination und Besetzung. Der Marsch erklingt besonders ausladend während einer Trainingsmontage und der Landung. Für die bedrohliche Flucht von den Philippinen durch vermintes Wasser schrieb Goldsmith außerdem eine zurückhaltend modernistische Suspensemusik, die ebenfalls von dem pulsierenden auf der Klaviersaite gehämmerten Marschrhythmus durchsetzt ist. Zu den absoluten Höhepunkten der Komposition zählt außerdem die musikalische Untermalung von MacArthurs Rede nach der Unterzeichnung der Kapitulation, in der einige melodisch-rhythmische Charakteristika aus dem Hauptthema von „Tora! Tora! Tora!“ anklingen und zu einem bedrückend melancholischen Stück für mittlere und tiefe Streicher mit leichter Bläserunterstützung auskomponiert wurden.
Zum Filmstart erschien eine LP, die einen gelungenen Querschnitt präsentiert und gleichzeitig einen großen Teil der sparsam eingesetzten Musik enthält. Dabei wurde zu Gunsten eines besseren Hörflusses auf der chronologischen Reihenfolge verzichtet und die durchschnittlich kürzeren Stücke oft zu längeren Passagen kombiniert. 1990 wurde der Albumschnitt von Varèse-Sarabande auf CD, die mittlerweile restlos vergriffen ist. Es bleibt zu hoffen, dass sich ein Label sich der Musik in nächster Zeit annimmt – entweder mit einer simplen Neuauflage des Album-Schnitts oder der vollständigen Musik –, denn „MacArthur“ ist eine zwar glatte aber dennoch ausgefeilte Kriegsfilmmusik, die nicht die Klasse von „Patton“ oder „Tora! Tora! Tora!“ erreicht, aber gut zu unterhalten weiß.

 

1978

 

Coma

Die junge Nancy Greenly wird in das Boston Memorial Krankenhaus eingeliefert, um einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen. Während des Vorgangs treten bei der Patientin Herzrhythmusstörungen auf und Nancy fällt trotz vollständiger Gesundheit in ein Koma. Ihre beste Freundin Dr. Susan Wheeler, die ebenfalls mit ihrem Freund Dr. Mark Bellows im Boston Memorial arbeitet, will der Ursache auf den, doch sie stößt bei der gesamten Belegschaft auf Ablehnung und Unverständnis, da bei einer derart großen Anzahl von durchgeführten Operationen durchaus tödliche Nebenwirkungen in geringer Zahl auftreten können. Bald findet Susan heraus, dass in den letzten zwölf Monaten zehn gesunde junge Menschen während Routineeingriffen ins Koma fielen. Als ein Tag nach der Entdeckung der 34-jährige Sean Murphy nach einer Operation wegen eines Sportunfalls ebenfalls nicht mehr aufwacht und Nancy Greenly verstirbt, ist die Ärztin überzeugt, dass es sich nicht mehr um Zufälle handelt. Sie findet heraus, dass alle mittlerweile zwölf Patienten in demselben Operationssaal ins Koma fielen und in das „Jefferson Institut“ verlegt wurden – eine dubiose Einrichtung, in der Komapatienten so sparsam wie möglich nahezu „gelagert“ und am Leben erhalten werden. Susan begibt sich bei ihren Nachforschungen in immer größere Gefahr, weil sie dabei ist, eine große Verschwörung aufzudecken. Schon bald ist ihr ein gefährlicher Killer auf den Fersen…

Michael Crichton war nicht nur als Schriftsteller, Drehbuchautor, Produzent und Regisseur tätig, sondern machte 1969 seinen Doktor der Medizin an der Harvard Medical School. Somit war Crichton die perfekte Besetzung als Drehbuchautor und Regisseur dieses spannenden und kritischen Films, der auch heute noch nichts von seiner Wirkung eingebüßt hat. Die Vorlage für „Coma“ bildet der gleichnamige Roman Robin Cooks aus dem Jahre 1977. Der Film lässt sich in zwei Elemente unterteilen. So bildet die erste knappe Stunde einen fast dokumentarisch gezeichneten Ablauf des Krankenhausalltags während die zwei Stunde sich vermehrt auf den Thriller-Aspekt der Handlung konzentriert. Hier sind vor allem die Szenen im Jefferson Institut zu erwähnen, die in dem futuristischen Bürogebäude der Firma Xerox Lexington gedreht wurden – insbesondere natürlich dem „Pflegeraum“ für die Komapatienten. Über 20 Stuntmen und –frauen wurden hier an Drähten, die an der Decke befestigt sind, aufgehängt und bilden so ein surrealistisches Bild von fast in der Luft schwebenden besinnungslosen Gestalten. Das Bild des Halbgottes in Weis wird schnell außer Kraft gesetzt und insgesamt wählte Crichton einen sehr herben und zynischen Grundton. So begräbt Susan Wheeler den Berufskiller unter einem Berg von Leichen oder diskutieren Pathologen amüsiert und angeregt über die besten Mordmethoden, während die Organe auseinander nehmen.
Auch die Schauspieler sind treffend gewählt und spielen tadellos. Die Franko-Kanadierin Geneviève Bujold verkörpert die von Zweifel und Ehrgeiz angetriebene Susan Wheeler absolut glaubwürdig und hält gekonnt die Balance zwischen aktivem Engagement und leichter Skepsis. Ihr Freund wird von einem 35-jährigem Michael Douglas gespielt, der erst zum Ende die Brisanz der Lage erkennt. Elizabeth Ashley als kühle medizinische Leiterin des Jefferson Instituts und Rip Torn als alter Medizinhase, dem es lieb ist, wenn seine Ärzte gute Arbeit verrichten und nicht weiter nachforschen, bilden gekonnt den Gegenpol zum jungen und dynamischen Ärztepaar. Lance LeGeault bildet mit seinem scharfkantigen Gesicht und dem forschen Ausdruck die ideale Besetzung für den Berufskiller Vince. Für die beiden Komapatienten Nancy und Sean wurden absichtlich junge und attraktive Darsteller genommen, um das Publikum die Sinnlosigkeit des Komas besonders wirkungsvoll vor Augen zu führen. So kommt es, dass neben Lois Chiles Tom Selleck zu sehen ist, der zwei Jahre später als „Magnum“ berühmt werden sollte. „Coma“ bildete außerdem das Spielfilmdebüt für Ed Harris, der einen der mordlustigen Pathologen spielt.

Michael Crichton und Jerry Goldsmith verband eine enge Freundschaft, weshalb der Komponist viele Filme des Regisseurs vertonte und dieser auch durchsetzte, dass Goldsmith für spätere Projekte engagiert wurde, an denen Crichton mitwirkte. „Coma“ ist nach dem TV-Film „Pursuit“ erst die zweite Arbeit des Duos und stammt aus einem sehr produktiven Jahr im Schaffen des Komponisten, dessen Zenit er zu dieser Zeit erreicht hatte. Für „Coma“ wählte Jerry Goldsmith eine kühle modernistische Klangsprache und griff auf ein Orchester ohne Blechbläser zurück, das allerdings um frühe Synthesizer und vier teilweise präparierte Klaviere ergänzt wurde. Bis auf das Liebesthema für die beiden Ärzte, das neben einem recht poppigen Engagement für eine Ferien-Collage dient und sonst nur kurz zum Finale angerissen wird, ist die Musik atonal. Trotzdem ist die Musik leitmotivisch strukturiert, wobei zwei thematische Ideen vorherrschen. Als Hauptthema dient eine kühle Streichermelodie, die oftmals um einen oder mehrere Kontrapunkte ergänzt wird und für die sterile Umgebung des Jefferson Instituts sowie die perfiden Machenschaften um die mysteriösen Komafälle steht. Für den Killer Vince entwickelte Goldsmith musikalisches Material aus einem angeschlagenen Akkord eines präparierten Klaviers, der mittels einea Delay-Effekts ähnlich eines mehrfachen Echos nachhallt. In diesen Nachhall mischt sich eine absteigende Skala, die ebenfalls im präparierten Klavier erklingt.
Die musikalischen Hauptdarsteller sind in „Coma“ allerdings unbestritten die Streicher. Für die unzähligen Suspense-Passagen schuf Goldsmith hier ausgefeilte Passagen für klappernde Col-Legno-Schläge, dissonante Cluster oder langsam heran schleichende Pizzicati. Besonders in den grandios gefilmten langen Szenen ohne Worte wie Susans Entdeckung im Heizungskeller oder ihr Versteck zwischen in Plastiksäcken aufgehängten Leichen werden von Goldsmiths avantgardistischen Klangkompositionen maßgeblich verstärkt.
Ein weiterer Geniestreich ist der vollkommene Verzicht auf Musik in der ersten „dokumentarischen“ nüchternen Filmhälfte bis auf einige Source-Musiken. Erst als der Killer das erste Mal abends an der Straße steht und Susan beobachtet, erklingt sein Motiv im präparierten Klavier. Ab hier vertonte Goldsmith den Film sehr dicht, verstärkt maßgeblich Spannung und Atmosphäre.
Rund 36 Minuten der Originalaufnahmen wurden zum Filmstart für ein LP-Album ausgewählt und für einen besseren Hörfluss leicht geschnitten oder kombiniert. Dieser LP-Schnitt erschien zweimal auf CD bevor FSM die vollständige Musik zu „Coma“ im Rahmen eines 2-CD-Sets veröffentlichte, das insgesamt drei Michael-Crichton-Filmmusiken enthält. Hier ist es erstmals möglich, die Musik wie im Film wahrzunehmen, wobei – wie oft üblich – einzelne im Film aufeinander folgende Stücke zu längeren Tracks kombiniert und leicht zusammen gezogen wurde, was dem Hörfluss allerdings nicht schadet, doch in Anbetracht der Länge einiger kombinierter Stücke irritiert, da sie auch gut für sich alleine hätten stehen können. Die drei Source-Musiken sind eine nette Dreingabe ebenso wie eine nicht verwendete Song-Version des Liebesthemas. Die Klangqualität ist sehr gut, wenn auch nicht ganz so klar wie z.B. der im selben Jahr aufgenommene „Magic“-Score und das informative reichhaltig bebilderte Booklet entspricht dem üblichen tadellosen FSM-Standart. Insgesamt ist Jerry Goldsmith eine äußerst atmosphärisch dichte avantgardistische Klangkomposition gelungen, die auch für sich genommen abseits der Bilder völlig besticht und bei 42 Minuten keine Länge aufkommen lässt.

 

 

Capricorn One - Unternehmen Capricorn

1978: Die NASA startet den ersten bemannten Flug zum Mars, doch kurz dem Abschuss werden die drei Besatzungsmitglieder von einem Agenten durch ein Hintertürchen aus dem Shuttle geführt und vom anwesenden Publikum unbemerkt fortgebracht. Die drei verdutzten Astronauten Colonel Charles Brubaker, Lieutenant Colonel Peter Willis und Commander John Walker staunen nicht schlecht, als ein Flugzeug sie zu einem alten Testgelände der Armee in der Wüste bringt, wo sie Dr. James Kelloway von NASA empfängt und ihnen eröffnet, dass gerade ihr Leben gerettet wurde. Zu spät hatten die Techniker einen Fehler an dem Shuttle bemerkt, der mit Sicherheit zu einem tödlichen Ende der Mission geführt hätte. Einen Abbruch des Unternehmens konnte sich die NASA allerdings nach all den vorherigen Fehlschlägen nicht mehr leisten, sodass die Welt im Glauben belassen wird, Brubaker, Willis und Walker wären gerade gestartet und auf dem Weg zum Mars. Die im Fernsehen live übertragene Marslandung würde man in einem Studio nachspielen und die Rückkehr der drei Astronauten mit einer getürkten Landung inszenieren. Die Astronauten protestieren und sind nicht bereit, auf Kelloways Spiel einzugehen, doch der offenbart ihnen, dass – stimmen sie nicht zu – ihre Familien getötet werden. In einer langen Zeit der Isolierung halten sich die Astronauten in der Militärbasis auf, bis der große Zeitpunkt gekommen ist: Die im Studio inszenierte Marslandung verläuft reibungslos. Nach weiteren sechs Monaten, die der Rückflug benötigen würde, kommt der Moment der Landung, doch etwas verläuft schief, denn der unbemannte Shuttle fängt beim Eintritt in die Erdatmosphäre Feuer und verglüht. Die Astronauten begreifen, dass sie offiziell tot sind und Kelloway nicht riskieren kann, sie am Leben zu lassen. Sie kapern ein Flugzeug und fliehen, doch schon bald sind sie zu einer Bruchlandung in der Wüste gezwungen. Alleine und ohne Verpflegung befinden sie sich nun tatsächlich in der öden und wüsten Umgebung, auf der sie vor sechs Monaten sich zu befinden vorzugeben sie gezwungen waren. Doch nicht nur Durst und Hitze machen ihnen zu schaffen, die tödlichste Bedrohung wartet in Form von mit Killern bemannten Helikoptern, die auf der Jagd nach den drei Astronauten die Wüste durchkämmen…

1978 hatte der so genannte „Verschwörungsthriller“ sein Zenit längst überschritten, doch trotzdem ist Regisseur Peter Hyams ein äußerst spannender Film gelungen, der auch heute noch zu überzeugen vermag. Neben der Regie sorgen vor Allem die Darsteller sowie das durchdachte Drehbuch für einen zu keiner Zeit nachlassenden Thriller. „Capricorn One“ lässt sich in zwei genau gleich lange Hälften unterteilen: Die klar an die Verschwörung um die gestellte Mondlandung angelehnte Handlung und den Überlebenskampf der Astronauten in der Wüste. Besonders die zweite Filmhälfte ist von bitterer Ironie geprägt, da sich die Astronauten nun in einer felsigen heißen Gegend wieder finden, auf der sie einige Zeit zuvor im Studio vorgeben mussten zu landen. Die Darsteller sind allesamt treffend gewählt und überzeugen durch die Bank. James Brolin als abgeklärter Brubaker, O.J. Simpson als lässiger Walker und Sam Waterston als schlitzohriger Willis bilden ein symphatisches Protagonistentrio. Elliott Gould brilliert als rasender Reporter, der der Verschwörung auf die Schliche kommt und Brenda Vaccaro balanciert als Brubakers Frau Kay den von Männern dominierten Film etwas aus. Ein besonderes Lob gilt außerdem Hal Holbrook in der Rolle Dr. Kalloways, der vom um Verständnis bittenden Symphatieträger schnell zum eiskalten berechnenden Strickzieher umschlägt und ebenso warmherzig um die Hilfe der Astronauten bittet wie er später Killer auf seine Helden ansetzt. Diese Auftragsmörder der NASA wurden von Hyams besonders erschreckend in Szene gesetzt, da die Bedrohung durch Berufsmörder in der zweiten Filmhälfte zu Beginn ausschließlich in Form von zwei schwarzen Helikoptern dargestellt wird, die über die Wüste fliegen. Wie riesige Insekten erscheinen die Helikopter, die Hyams sogar teilweise miteinander „kommunizieren“ lässt. Auch später, als die Piloten aussteigen, wirken die Killer mit ihren übergroßen Helmen und dunklen Brillen wie fremdartige Wesen. Zum Finale wartet „Capricorn One“ zusätzlich mit einem actionreichen Finale mit atemberaubenden Flugsequenzen auf, die äußerst kraftvoll in Szene gesetzt wurden.
Ingesamt drehte Peter Hyams einen äußerst spannenden und in allen Bereichen überzeugenden Verschwörungsthriller, der auch heute noch sehr spannend und düster wirkt.

1978 vertonte Jerry Goldsmith neben „Capricorn One“ auch „Coma“, „Magic“, „The Swarm“, „Damien: Omen II“ und „The Boys From Brazil“. Alle sechs Filme haben hauptsächlich Spannungs- oder Actionpassagen zum Inhalt, doch in fast keinem Film brachte Goldsmith seine Elemente für Action so schonungslos auf den Punkt wie in seiner brutalen Musik für “Capricorn One”. Die bereits in TV-Arbeiten der 60er Jahre angedeuteten Ostinati, die vielen Actionpassagen im Schaffen des Komponisten zu Grunde liegen, werden zum zentralen Motiv der gesamten Musik, der Goldsmith – wie so oft – ein sanftes und lyrisches Thema gegenüberstellt: in diesem Falle das Thema für Brubakers Ehefrau Kay.
Schon ein Blick auf die Orchesterbesetzung verdeutlicht Goldsmiths harschen und bruateln Ansatz: Bei einer recht großen Streicherbesetzung, vier Klavieren, zwei Harfen und einer Menge Schlagzeug verzichtet der Komponist vollständig auf den Einsatz von Holzbläsern sowie Trompeten und weitet stattdessen die Besetzung der tiefen Blechbläser stark aus. Mit neun Hörnern und vier Posaunen und zwei Tuben verfügt Goldsmith über eine ungewöhnliche große Anzahl Blechbläser, deren Masse er allerdings weniger für brachialen Zusammenklang denn raffinierte Frage-Antwort-Motivik und komplexe Überlagerungen oder Schichtungen einsetzt. Auch rhythmisch wird die Musik hauptsächlich von ungeraden Metren und ruppigen Taktwechseln strukturiert, die der Komponist so liebte.
Die Titelmusik stellt das zentrale Motiv – ein Ostinato in 11/8 bzw. ¾+5/8 – vor. Von der Pauke gehämmert und den Klavieren verstärkt legt sich nun eine erste abgehackte melodische Linie über die rhythmische Basis, bevor die Violinen eine freitonale melodische Figur spielen, die von den Blechbläsern gestützt wird. Im folgenden Filmverlauf tritt die Musik allerdings kaum so massig und gewaltig wie in der Vorspannmusik auf, denn Goldsmith zerlegt seine Motive in ihre kleinsten Einzelteile. Besonders die Suspense-Szenen wie die Flucht der Astronauten wird von An/aus-Action untermalt. Kaum ist das Ostinato einmal verhalten ausgespielt worden, bricht es wieder ab. Einen ruhigen Gegenpol bildet zum Einen das Thema für Kay bevor die Musik in der zweiten Filmhälfte wieder etwas griffiger wird, denn nun erklingt das Ostinato stets im Zusammenhang mit den Helikoptern. Außerdem schrieb Goldsmith einige höchst interessante und teils sehr avantgardistische flirrende Passagen für die Wüste. Auch die Szenen, in denen Walker nach Wasser sucht oder Willis’ minutenlanger Aufstieg an einem steilen Abhang sind brillant vertont. Insgesamt schuf Goldsmith eine äußerst konsequente und schonungslose Partitur, die seinen Actionstil für die kommende Dekade – bis „Total Recall“ festlegen sollte.
Da die Musik sehr eng mit dem Bild verknüpft ist arrangierte Goldsmith seine Musik für eine LP, die zum Filmstart erschien, um und spielte sie neu ein. Viele abgehackte Suspensepassagen wurden geglättet oder gekürzt, teilweise völlig neu aus einzelnen Stücken zusammen gesetzt und außer Filmreihenfolge gebracht sodass ein völlig neues Hörerlebnis entsteht. Erst 2005 brachte Intrada in der Reihe der „Special Collection“ erstmals die vollständigen Filmaufnahmen heraus. Diese sind um einiges knackiger als die sehr hallig aufgenommene Album-Aufnahme (die zusammen mit „Outland auf“ CD erschien), verfügen aber nicht über einen derart guten Hörfluss, da viele Suspesne-Momente erst an Hand des Films wirklich nachvollziehbar werden. Auf der anderen Seite ist es überaus interessant, Goldsmiths Sezierung seines Materials genau verfolgen zu können, bevor alle Ideen im Abspann voll ausformuliert werden. Leider ist das Intrada-Album schon lange vergriffen, sodass momentan nur die LP-Aufnahme verfügbar ist. Aus Gründen der Vollständigkeit wäre es natürlich äußerst lohnenswert, wenn die komplette Musik wieder aufgelegt wird, aber besonders in diesem Fall sollte man nicht vergessen, dass Goldsmith sich viele Gedanken bei der Konzipierung seiner Albenschnitte gemacht hat und „Capricorn One“ dürfte eines seiner besten LP-Arrangements sein. In welcher Fassung auch immer bildet die Musik jedenfalls einen Meilenstein in Goldsmiths Schaffen und sollte insgesamt in keiner Filmmusiksammlung fehlen.

 

 

The Swarm - Der tödliche Schwarm

Sämtliche Soldaten in einer Militärbasis sind auf mysteriöse Art und Weise ums Leben gekommen. General Slater und seine Soldaten sollen den Vorfall untersuchen und treffen in der ausgestorbenen Basis auf einen Überlebende: Die Ärztin Helena Anderson, die im Stande war, sich mit sechs Männern in der Krankenstation rechtzeitig einzuschließen und einen Wissenschaftler namens Dr. Brad Crane. Dieser erklärt, dass afrikanische Killerbienen im Laufe der Jahre nach Südamerika gewandert sind und nun vom Süden in die USA einfallen. Ihr erster Angriff galt einer Militärbasis, da sich deren Sirenen wie Lockrufe ihrer Königin anhören, doch nun bewegt sich der Schwarm auf die anliegende Kleinstadt Marysville zu. General Slater verdächtigt Crane, an der Sache beteiligt zu sein und hat Mühe, zu glauben, dass Bienen hinter dem Angriff auf die Basis stecken, doch das Weiße Haus befiehlt dem raubeinigen General, dem Zivilisten die Leitung der Schädlingsbekämpfung zu übertragen. Crane stellt ein Team von altbekannten Wissenschaftlern zusammen, um der Sache Herr zu werden, doch während die Forscher unentwegt versuchen, die Schwachstelle der Bienen zu finden, fordert der Schwarm tausende Opfer…

Irwin Allen trug als Produzent von „Flammendes Inferno“ maßgeblich zum Erfolg des Katastrophenfilms in den 70er Jahren bei, allerdings revolutionierte der „Master of Desaster“ dieses Genre durch eine Umstellung der konservativen Konzeption: Anstatt den Zuschauer mit ewig ausgewalzten zwischenmenschlichen Konflikten oder platt inszenierten Romantikszenen, die den Zuschauer bei Laune halten sollen, bis die aufwendige Katastrophe eintritt konnte Allen es nicht erwarten, die den Film prägende Katastrophe zu etablieren, mit deren Folgen seine Figuren zurecht kommen müssen. So findet auch bei „The Swarm“ die erste Katastrophe – der Angriff auf die Militärbasis – schon vor Einsatz der Filmhandlung statt. Die Katastrophe ist schon in vollem Gange, bevor irgendjemand seinen ersten Satz sprechen konnte. Wie bei den meisten Desasterfilmen sind stereotypen Rollen mit einem großen Aufgebot an prominenten Schauspielern besetzt. Der britische Charakterdarsteller Michael Craine mimt Brad Crane, wirkt allerdings mit seinem immergleichen Gesichtsausdruck sehr blass und fast schon unbeteiligt. Katharina Ross – Craines Leinwandliebe Dr. Helena Anderson – und Richard Widmark als General Slater machen ihre Sache sehr ordentlich, wobei insbesondere Widmark in seiner stereotypen Rolle des raubeinigen Generals aufgeht. Richard Chamberlains Dr. Hubbard bleibt sehr blass im Gegensatz zu Henry Fonda in Rolle des alten und erfahrenen Dr. Krim. Olivia de Havilland, Fred MacMurray und Ben Johnson vertreten die alte Garde der Hollywood-Schauspieler in einem unbeholfenen, fast schon so dämlichen Handlungsstrang um zwei Rentner, die um dieselbe Dame werben, dass es schon wieder sympathisch ist.
Um seine vorherigen Erfolge zu überbieten scheute Allen weder Kosten noch Mühen, sodass „The Swarm“ während seiner Gesamtlaufzeit von zweieinhalb Stunden über einige Schauwerte verfügt. Neben explodierenden Helikoptern, entgleisenden Zügen und einer Großstadt in Flammen sind es vor allem die Attacken der Bienen an sich, die eindrucksvoll in Szene gesetzt wurden. Tatsächlich wurden während der Dreharbeiten tausende von echten Bienen eingesetzt, die mittels einer Windmaschine in die Szenerie gepustet wurden. Während der Stab in Schutzkleidung sicher war, waren die wild umher fuchtelnden Schauspieler und schreienden Statisten den flirrenden und summenden Massen ausgesetzt. Rein filmisch gesehen ist „The Swarm“ handwerklich sauber gelungen, leidet zeitweise allerdings sehr an den ausschließlich stereotypischen Charakteren und den aufgesetzten Dialogen, die von Allen ausnahmsweise selbst in Szene gesetzt wurden. Der Film wurde zum ersten Flop des Master of Desaster, was vielleicht an der Übersättigung des Publikums Ende der 70er Jahre gelegen haben mag. Dank der aufwendigen Katastrophenszenen und der fast schon charmant erscheinenden Handlung bietet „The Swarm“ allerdings heutzutage gelungene Unterhaltung für einen DVD-Abend.

1978 vertonte Jerry Goldsmith sechs Filme, die alle mehr oder weniger dem Thriller- oder Actiongenre angehören. In den 70er und frühen 80er Jahren schuf der Komponist viele äußerst innovative Musiken für dieses Genre, in denen er sich oft seiner modernistischen Tonsprache bedient. Für „The Swarm“ griff er allerdings auf eine sehr konventionelle, fast schon an die Tondichtungen eines Richard Strauss angelehnte Vertonung zurück, deren spätromantischer Einfluss sich alleine an der üppigen Besetzung des Orchesters und der leitmotivischen Strukturierung der Musik aufzeigen lässt. Für die Bedrohung durch den Bienenaschwarm komponierte Goldsmith ein markantes 7-Noten-Motiv, das sich oftmals im gedämpften Blech ankündigt und schließlich mit voller Gewalt im ganzen Orchester erklingt. Begleitet wird dieses Motiv von unzähligen einen Bienenschwarm illustrierenden Instrumenten wie gestopften Trompeten oder Holzbläsern mit Flatterzunge oder schnell tremolierenden Streicherkaskaden, die die sieben Noten unaufhörlich umschwirren. Als Gegenstück fungiert ein als „Militär“-Thema bezeichnetes Motiv, welches die Versuche Cranes und Slaters unterlegt, gegen die natürliche Bedrohung anzukämpfen. Dieses Motiv ist äußerst wandlungsfähig, da es hauptsächlich durch den 7/8 definiert ist und mal in melodischer Form in den Holzbläsern erklingt oder als ruppiges Actionostinato in tiefen Streichern und dem Schlagzeug fungiert. Erst für den Abspann lässt Goldsmith diesem Motiv in Form einer triumphalen Fanfare für das Blech freien Lauf. Die verschiedenen Romanzen wie die des Senioren-Trios um Olivia de Havilland oder die befremdlichen Avancen des Arztes gegenüber der schwangeren Rita, die ihren Mann bei dem Angriff auf die Militärbasis verlor, komponierte Goldsmith einige lyrische Stücke, doch kratzt die Musik wie der Film auch hier stark an der Oberfläche. Goldsmiths gesanglichen Themen, die oftmals von Holzbläsern über sanfte Streicherteppiche mit zarter Harfenbegleitung erklingen, sind zwar nett, erreichen aber niemals die Intensität oder den Tiefgang anderer Liebesthemenen des Komponisten. Einen kleinen interessanten Kniff erlaubt er sich dann allerdings doch: Für die beiden Liebeserklärungen der Verehrer de Havillands komponierte Goldsmith zwei sanfte melodische Passagen, eine für Solo-Oboe und eine für Solo-Cello mit zurückhaltender Begleitung. Die beiden Melodien ähneln sich deutlich und charakterisieren so die Gefühle zur selben Frau von zwei unterschiedlichen Männern.
Bei der Länge des Films und den üblichen zeitfüllenden Nebenhandlungen verfügt die Musik über eine sehr breite Palette an Themen und Stilistiken wie die leicht beschwingten Passagen mit abwechslungsreicher Orchestrierung für die drei Jungs, die selbst auf Bienenjagd gehen oder die kurzen humoristisch angehauchten Momente. Der Fokus liegt jedoch auch hier ganz deutlich auf Action und Suspense. Letztere Passagen sind oft eindrucksvoll durch kleine Motivzellen geprägt, die im Verlauf eines Stückes bedrohlich heranwachsen während in den Actionsequenzen ein Motiv das andere jagt. Besonders in den opulenten Katastrophenszenen zieht Goldsmith alle Register, füllt die Begleitstimmen mit rasanten Sechszehntelläufen über die er schmetternde Actionfanfaren und hämmerndes Schlagwerk setzt, von hastigen Streichern durchwoben.
Für eine kommerzielle Veröffentlichung der Musik nahm Goldsmith 1978 Auszüge aus der Musik für eine LP auf und erst 2002 machte der Prometheus Club offiziell die Musik das erste Mal in den originalen Filmaufnahmen zugänglich. Der Klang ist überraschend voll und rauscharm und auch das Booklet mit eingehenden Informationen zum Film und der Musik dürfte zu den besten Begleittexten des Labels gehören. Die CD enthält mit 72 Minuten Laufzeit nahezu die komplette Musik, es fehlt nur ein einziges Stück, das fast identisch mit „The Lollipop“ (Track 12) ist. Es ist ein wenig fraglich, warum diese Passage es nicht auf die CD geschafft hat, schwenkt sie vom humoristischen Holzbläserspiel in eine verhaltene Version des Schwarm-Motivs um und bildet so eine interessante Brücke. Letzten Endes sollte man sich aber nicht allzu sehr an dieser fehlenden Minute aufhängen in anbetracht der Tatsache, dass der Prometheus-Club hier eine seiner sorgfältigsten Veröffentlichungen geleistet hat. Die CD ist leider seit einiger Zeit vergriffen aber noch zu moderaten Preisen erhältlich und es lohnt sich allemal, nach diesem Album Ausschau zu halten.
Insgesamt bietet die Musik zu „The Swarm“ mit seinem melodischen Themenreichtum und der üppigen Orchesterbesetzung eine interessante Abwechslung zu Goldsmiths üblichen harschen und modernistischen Schöpfungen dieser Zeit im Gebiet der Actionfilme und Thriller, die durch all die verschiedenen Ideen und Themen nie langweilig wird, auf der anderen Seite allerdings nicht die Originalität oder den Tiefgang anderer Kompositionen dieser Schaffensphase erreicht. Dafür ist die ausschließlich das Bild doppelnde groß auffahrende und größtenteils plakative Musik genau der Anstrich, den ein ebenfalls groß auffahrender und plakativer Film wie „The Swarm“ benötigt.

 

Damien: Omen II

 

Archäologe Carl Bugenhagen erfährt aus der Zeitung von dem Tod des amerikanischen Botschafters Großbritanniens und dessen Frau. Robert Thorn war wenige Wochen zuvor bei Bugenhagen und offenbarte ihm, dass sein Adoptivsohn Damien der Antichrist sei, woraufhin der Archäologe ihm sieben Dolche übergab, die einzige Waffe, mit der man den Sohn Satans töten könne. Nach dem Tod seiner Eltern wird der junge Damien Thorn von seinem Onkel Richard Thorn, dem reichen Besitzer des Großunternehmens Thorn Industries, aufgenommen, in dessen Familie er nun aufwächst. Alarmiert wendet sich der vom Alter geschwächte Bugenhagen an seinen Freund Michael Morgan, um Richard Thorn persönlich ein mit einer Warnung versehenes Paket zu überbringen, doch Morgan ist skeptisch. Daraufhin nimmt ihn sein Freund zu einer Ausgrabungsstätte an Yigaels Mauer, deren alte Malereien alle Gesichter des Antichristen aufzeigen. Michael Morgan erkennt nun, dass es sich bei einem der Gesichter um den sechsjährigen Jungen handelt, der in der Zeitung abgebildet ist, doch die Erkenntnis kommt zu spät. Wie durch eine überirdische Kraft stürzt die Tempelruine ein und begräbt Morgan und Bugenhagen unter einer Masse von Sand und Schutt.

Sieben Jahre später beginnt für Damien und seinen Cousin Mark die Ausbildung auf einer Militärakademie. Während des letzten Abends der beiden Jungs im Hause der Thorn Familie erhebt Richards ältere Schwester Marion schwere Vorwürfe gegen ihn und seine Frau. Sie findet, dass Damien einen schlechten Einfluss auf Mark, den leiblichen Sohn der beiden hat und droht sogar, Richards Anteil an ihrem Erbe zu streichen, sollte dieser Damien nicht verstoßen, doch dieser weigert sich. In der kommenden Nacht verursacht die Erscheinung einer Krähe bei der alten Dame einen Herzanfall, dem sie sofort erliegt. Wenig später wird Richard Thorn von der Journalistin Joan Hart kontaktiert, die mit Keith Jennings befreundet war und selbst die Wand Yigaels gesehen hat. Thorn reagiert erbost auf ihre Fragen und schickt sie fort. Hart macht sich selbst auf die Suche nach Damien in der Militärakademie, doch als sie sein Gesicht erblickt, fährt sie panische davon. Nachdem ihr Wagen auf einer Landstraße liegen blieb, werden ihr von einer Krähe die Augen ausgepickt und – blind umhertaumelnd – wird sie von einem vorbei rasenden LKW erfasst und überfahren. In der Militärakademie stellt sich der neue Ausbilder Unteroffizier Neff den Jungs vor. In einem Gespräch unter vier Augen offenbart er Damien dessen wahre Identität. Damien ist schockiert, doch als er selbst das Teufelsmal unter seinem Haar entdeckt, scheint kein Zweifel möglich… 

 

Nachdem immensen, aber auch überraschenden Erfolg von „The Omen“ war Produzent Harvey Bernhard bemüht, möglichst schnell eine Fortsetzung in die Kinos zu bringen. Autor David Seltzer steuerte ein Drehbuch bei, aber Regisseur Richard Donner war verhindert, sodass Don Taylor die Regie übernahm. Auch der restliche Stab bestand fast vollständig aus anderen Leuten und da sämtliche Hauptfiguren im ersten Film gestorben sind, sind fast ausschließlich neue Darsteller in „Damien: Omen II“ zu sehen. Die Fortsetzung folgt insgesamt deutlich dem Konzept des ersten Teils. Wieder einmal versucht ein zuerst zweifelnder Patriarch der Thron-Familie, der eine wichtige Stelle innehat, nach seiner Läuterung seinen Adoptivsohn Damien mit sieben heiligen Dolchen zu töten. Sämtliche Menschen, die sich dem Sohn des Teufels in den Weg stellen, werden dabei durch makabre Unfälle aus dem Weg geräumt. Der zweite Teil bietet somit kaum Überraschungen und scheint die geringe Abwechslung durch ein größeres Maß an Gewalt übertünchen zu wollen. Insbesondere der Tod Joan Harts und Dr. Charles Warren werden möglichst brutal inszeniert. Diese Szenen verfehlen ihre Wirkung nicht, insbesondere die Fahrstuhlszene, in der man irrtümlich meint, der Verunglückte sei gerade noch einmal dem Tod von der Schippe gesprungen. Ein wichtiges Element hat sich dennoch geändert: Damien ist im pubertären Alter. Die makabre Kombination von Niedlichkeit und Bösartigkeit funktioniert nur noch bedingt. Stattdessen ist „Damien: Omen II“ in gewissem Maß eine Geschichte über das Erwachsenwerden und das Finden der eigenen Identität. Es mutet etwas merkwürdig an, dass nach den unzähligen Todesfällen aus dem ersten Film nun anscheinend für sieben Jahre Ruhe einkehrte, bevor die nächste Welle an Unglücksfällen die Familie Thorn erschüttert. Auch Damiens hadern mit seiner Identität schwächt sein diabolisches Potential um einen erheblichen Anteil. Dass die Reinkarnation des Teufels in der Lage ist, den Cousin zu lieben wirkt unpassend, da sich der kleine Damien von solchen Gefühlen nie irritieren ließ.

Die darstellerischen Leistungen bewegen sich alle auf mittlerem bis guten Niveau und nehmen sich somit nichts mit dem ersten Teil. Anstelle von Gregory Peck muss nun Adoptivvater William Holden

 

Sämtliche Hauptfiguren aus dem ersten Film bis auf Bugenhagen, der allerdings schnell abtritt, sind tot und Damien wird von einem anderen Darsteller gespielt. Auch hinter der Kamera arbeitet ein völlig anderes Team, sodass es an Jerry Goldsmith war, die beiden „Omen“-Teile auch jenseits der Handlung miteinander zu verbinden. In der komfortablen Lage, auf die Filmreihe nachwirkend zurück blicken zu können, stellt „Damien: Omen II“ nicht nur eine musikalische Bindung zum ersten Teil dar, sondern weist deutlich auf den folgenden dritten Teil der Trilogie hin. Die Partitur zum zweiten Teil ist mit einer guten halben Stunde Laufzeit die kürzeste „Omen“-Musik und wurde für durchschnittlich besetztes Orchester, gemischten Chor und Synthesizer instrumentiert. War die Musik zu „The Omen“ noch klar in zwei musikalische Welten gegliedert, die von dem finsteren „Ave Satani“ und dem Liebesthema repräsentiert wurden, so ist die Musik zur Fortsetzung deutlich düsterer geworden. Damiens Macht ist deutlich gewachsen, denn Satans Sohn weiß nun um seine Identität. Daher ist der Chor mit einer Ausnahme in allen Stücken eingesetzt und lässt so schon die gewaltige chorsymphonische Konzeption des dritten Teils voraus ahnen. Dabei lässt sich die Partitur grob in zwei andere Gebiete unterteilen: Action und Suspense. Während der Komponist bei der Vertonung der Gräuelszenen teilweise auf Passagen aus „The Omen“ zurückgriff, komponierte er für die Suspense-Passagen äußerst stimmige Stücke für Streicher mit mysteriösen Chorvokalisen. Wie auch im Film kein aus „The Omen“ bekanntes Gesicht zu sehen ist, so verwendet Goldsmith auch keins der beiden Hauptthemen innerhalb der Musik. Das Liebesthema ist mit dem Tod des Ehepaar Thorn verstummt und das „Ave Satani“ erklingt erst zum Finale, um den Kreis zum ersten Teil zu schließen. Stattdessen arbeitet der Komponist mit mehreren Nebenmotiven aus den choralen Passagen des Originals, die er hier als wichtige Motive einsetzt. Er verzichtete zudem auf die Komposition eines neuen Hauptthemas, sodass „Damien: Omen II“ mehr auf Atmosphäre und Stimmung zu setzen scheint denn auf Wiedererkennungswert. Im Vergleich zu dem ersten Teil mit den zwei Hauptthemen und dem dritten Film, der ebenfalls ein prägnantes Thema bekommen sollte, bleibt „Damien: Omen II“ auf eine gewisse Art und Weise anonym und wirkt eher wie der Nachklang der Musik zu „The Omen“. Der zweite Teil verlangte in der Musik durch die längeren Todesszenen deutlich mehr Tempo, sodass die archaischen und stampfenden Gesten des „Ave Satani“ der Spannung entgegen gewirkt hätten. Schon der Vorspann, der während Bugenhagens rasanter Fahrt läuft, verlangt eine entsprechende Vertonung, die gleichzeitig den Charakter der Filmmusik festlegt: Die pendelnde Bassfigur des originalen „Ave Satani“ erklingt in doppelt schnellem Tempo und ist mit einigen spritzenden Synthieeffekten versehen. Der originale lateinische Text ist zwar beibehalten worden, doch nicht der sprechgesangliche Gestus der Vorlage. Stattdessen komponierte Goldsmith für den Text eine neue, fast seufzende Melodielinie für den Chor und rückt ein Nebenmotiv aus der ersten Musik ins Zentrum. Dieses Thema erklang im ersten Teil oft im Zusammenhang von bedrohlichen Situationen und wurde auch vom Chor intoniert. Statt der Hunde, die in „The Omen“ mit rein elektronischen Mitteln vertont wurden, sind Damiens tierische Knechte nun Krähen, für die Goldsmith avantgardistisches Material entwarf: Eigentümliche Kehllaute der männlichen Choristen mischen sich mit Blitzartigen Synthieeffekten und erschaffen so merkwürdige, fast hässlich zu nennende Klänge. Instrumente sowie die menschliche Stimme werden mehrfach mit alternativen Spieltechniken verfremdet. So gibt es auch wieder mehrere Glissandi des Chors oder durcheinander geflüsterte Worte. Nur einmal, bei der Schneeballschlacht zwischen Damien und Mark gegen Richard lichtet sich die düstere Partiur zu Gunsten von beschwingten Streichern, Harfenklängen und Holzbläsergirlanden. Dies ist auch das einzige Stück ohne Chor in der gesamten Partitur. Auch die Musik für die Nacht, in der Richard den Brief liest, gehört zu den wenigen lyrischen Passagen aus „Damien: Omen II“.

Aus Zeitgründen war es nicht möglich, dass Goldsmith die Musik mit den Londoner Philharmonikern einspielte, sodass die Musik in Los Angeles eingespielt wurde. Für ein LP-Album zum Filmstart entstanden neue Aufnahmen der für einen besseren Hörfluss leicht abgeänderten Partitur – dieses Mal in London. Auf Grund der Kürze der Musik enthält das Album fast die komplette Musik mit Ausnahme eines kurzen Segments mit dem Krähen-Material und der vergnügten Musik für die Schneeballschlacht, die anscheinend zu sehr aus dem düsteren Konzept heraus fiel. Diese LP-Aufnahmen wurden zweimal auf CD veröffentlicht, bevor Varèse Sarabande die vollständigen Originalaufnahmen mit der Album-Version in Form einer „Deluxe Edition“ auf den Markt brachte. Was niedlich mutet es an, wenn Townson in dem sehr informativen Booklet betont, dass auf dieser CD JEDE aufgenommene Minute enthalten ist (was auf die anderen beiden Deluxe Editionen der „Omen“-Reihe leider nicht zutrifft.) „Damien: Omen II“ leidet ein wenig an der Abwesenheit eines prägnanten Hauptthemas und Ähnlichkeit zum ersten Teil, besticht aber durch eine dichte Atmosphäre und handwerkliche Qualität, weshalb es letzten Endes dem Einzelnen überlassen ist, sich dieses Album aus Gründen der Vollständigkeit oder der Musik zulegt. Von allen drei Alben ist dieses aber das Schwächste.

 

 

The Boys From Brazil

 

Der jüdische Nazijäger Ezra Liebermann lebt mit seiner Schwester in Wien und sucht beharrlich nach weiteren Kriegsverbrechern des Dritten Reiches, die nach dem Ende des Krieges geflohen sind. Allerdings verliefen die Recherchen Liebermanns in letzter Zeit nicht sehr erfolgreich, weshalb der alternde Nazijäger von finanziellen Verlusten und geringer Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft geplagt ist. Eines Tages ruft ihn der junge und engagierte jüdische Journalist Barry Kohler ein, der von Liebermann inspiriert wurde, selbst auf die Suche nach geflohenen Nazis zu gehen. In Paraguay beobachtete Kohler seit längerer Zeit wiederholte Treffen von alten Nazigrößen beobachtete, die alle einer geheimen Organisation angehören. Liebermann bleibt nach dem ersten Anruf skeptisch und weist Kohler ab, der allerdings nicht aufgeben will. Er macht den geheimen Treffpunkt der Organisation aus - eine luxuriöse Villa - und bringt mit Hilfe eines eingeborenen Jungen, der zum Dienstpersonal gehört, eine Wanze im Arbeitszimmer an. Barry Kohler hatte Recht: Am nächsten Tag treffen sich die Männer der Organisation mit dem Anführer: Dem längst totgeglaubten KZ-Arzt Josef Mengele. Mengele eröffnet den Anwesenden, sie wären für eine wichtige Mission auserwählt: Auf der ganzen Welt müssten innerhalb der nächsten zwei Jahre 94 Männer an jeweils bestimmten Tagen getötet werden. Die Zielpersonen sind alle im Alter von 65 Jahren und niedrige Beamte. Bevor Mengele weitere Ausführungen machen kann, wird die Wanze entdeckt und Kohler, der das Gespräch mittels eines Radios im Garten der Villa belauscht hat, muss die Flucht ergreifen. In seiner Wohnung kontaktiert er sofort Ezra Liebermann, der immernoch skeptisch bleibt. Gerade als Kohler seinem Idol das mitgeschnittene Band vorspielt, fallen mehrere Mitglieder Nazi-Organisation in der Wohnung des Journalisten ein. Liebermann hört am Telefon die Ermordung des jungen Kohler und als in den folgenden Wochen tatsächlich mehrere 65-jährige Beamte auf in der westlichen Welt bei dubiosen Unfällen ums Leben kommen, beginnt der Nazijäger, der Sache nachzugehen. Er sucht das Gespräch mit den Witwen der Opfer und es fällt auf, dass die Männer alle von rohem Charakter waren und ihren adoptierten Söhnen wenig Liebe entgegen brachten. Diese Söhne gleichen sich merkwürdigerweise wie ein Ei dem anderen und sind auch vom Charakter sehr ähnlich. Liebermann stellt weitere Nachforschungen an und entdeckt ein grausames Geheimnis: Josef Mengele gelang es, Adolf Hitler 94 mal zu klonen und durch eine illegale Adoptionsfirma an Familien zu bringen. Nun versucht der ehemalige KZ-Arzt, die Entwicklung der jungen zu beeinflussen, indem er den Tod ihrer Adoptionsväter herbeiführt, wie es auch bei Hitler der Fall war. Für Liebermann beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit...

Die Handlung von "The Boys From Brazil" ist abstrus genug, um eine anständige Trashgranate zu produzieren, doch genau das Franklin Schaffner eben nicht gemacht. Mit bekannten Schauspielern besetzt und einem äußerst fähigen Stab drehte Regisseur nach den gleichnamigen Roman Ira Levins einen spannenden Thriller. Dass die Handlung absolut gemschmacklos, steht außer Frage und bis heute bleibt es fraglich, warum Schaffner, der mit "Patton" und "Planet der Affen" Meilensteine der Filmgeschichte schuf, ausgerechnet diesen Stoff auf die Leinwand brachte. Das Endergebnis kann sich allerdings sehen lassen, denn neben der tadellosen Leistung der Darsteller besticht "The Boys From Brazil" besonders durch mehrere handwerkliche Kniffe. Dass man den ersten Hitler-Klon gleich bei der ersten Begegnung mit Ezra Liebermann in einer hundertfachen Spiegelung eines Garderobenspiegels sieht, nimmt die Lösung eine halbe Stunde vor dem Wendepunkt vorweg. "The Boys From Brazil" vermeidet den Fehler, diese abstruse Geschichte möglichst subtil und bodenständig zu inszenieren, stattdessen ist sich der Film jede Minute der Schamlosigkeit seines Stoffes bewusst und Schaffner lässt kaum eine Möglichkeit aus, dem Film an den geeigneten Stellen einen übertriebenen und satirischen Anstrich zu verleihen. Schon die erste Kamerafhart über ein "deutsches" Gasthaus namens "Heidelberg" in Paraguay, an dessen Tischen natürlich Bier getunken und die FAZ gelesen wird, während Indios versuchen, ihre billigen Uhren loszuwerden und im Hintergrund Truppen des lateinamerikanischen Diktators marschieren, zeigt dem Zuschauer deutlich, dass dieser Film einem die Klischees frontal ins Gesicht schlagen wird. Wenn bei der Suche nach der Wanze im Arbeitszimmer innerhalb von Sekunden sämtlichen Mobiliar aufgeschlitzt, durcheinandergeworfen und zerschlagen, ein Opfer beim Pinkeln überfahren wird und die Nazis groteske Bälle feiern, so feiert auch Schaffner hier ein Fest der Überzogenheit.
Besonders die Darstellung Gregory Pecks trägt zu der übertriebenen Inszenierung des Films bei. Peck stellt Mengele als einen rasenden, tobsüchtigen und wild gestikulierenden Fanatiker vor. Jede Mimik und jeder Satz wird einer besonderen Portion Theatralik versehen. Dem Gegenüber steht Laurence Olivier, der eine Glanzleistung als skeptischer Ezra Liebermann ablegt. Die Figur des Nazijägers ist im Übrigen von Simon Wiesenthal inspiriert, den Olivier sogar zur Vorbereitung seiner Rolle traf. "The Boys From Brazil" ist bis in die Nebenrollen treffend besetzt, ironischerweise mit vielen deutschen Schauspielern wie Bruno Ganz als Wissenschaftler Bruckner im medizinischen Institut, der Liebermann über die Möglichkeit des Klonens informiert oder dem jungen Sky Dumont, der einen Vasallen der Naziorganisation spielt. Insgesamt lässt sich über "The Boys From Brazil" natürlich streiten, wer allerdings einen Hang zu grotesken Stoffen und eine Vorliebe für makabren Humor besitzt, sollte sich diesen Film unbedingt ansehen, denn Franklin Schaffner drehte hier einen herrlich überzogenen, aber dennoch raffiniert gefilmten und grandios gespielten Thriller, dem bis zum Showdown nicht die Puste ausgeht. 

Auch wenn Jerry Goldsmith öfter mit denselben Regisseuren wie Fred Schepisi oder Michael Crichton zusammen arbeitete, so gibt es keinen Filmemacher, den man einzig und allein mit diesem Komponisten verbindet herum wie bei Steven Spielberg und John Williams oder Bernard Herrmann und Alfred Hitchcock. Am ehesten könnte man in Goldsmiths Fall die äußerst fruchtbare Zusammenarbeit zwischen ihm und Joe Dante oder natürlich die sieben gemeinsamen Projekte mit Franklin Schaffner in diesem Kontext erwähnen. Für Schaffner schrieb Goldsmith Meilensteine der Filmmusikgeschichte wie die erste vollständig atonale Filmmusik zu „Planet der Affen“ oder sein Meisterwerk „Patton“. Abgesehen von „Richard Löwenherz und die Kinder Gottes“ boten Schaffners handwerklich hervorragende Arbeiten ein Übermaß an Inspiration für Goldsmith, der in den Siebziger und frühen Achtziger Jahren unzählige hochwertige Beiträge im Bereich der Filmmusik schuf. In diese Zeit fällt auch „The Boys From Brazil“, für den der Komponist eine äußerst massive und orchestrale Musik komponierte. Goldsmith sicherte sich mit Werken wie „Freud“ oder „The illustrated Man“ den Ruf als einer der kreativsten Meister seines Handwerks, seine Musik war oft von harscher modernistischer Tonsprache und experimentellem Charakter. In „The Boys from Brazil“ allerdings greift er jedoch auf typische spätromantische Idiome zurück – eine Tonsprache, wie sie im goldenen Zeitalter Hollywoods vorherrschte. Daher verzichtet Goldsmith auch vollständig auf den Einsatz seiner geliebten elektronischen Elemente, sondern verlässt sich auf die volle Wucht des stark besetzten Symphonieorchesters. Im Zentrum der Musik steht ein äußerst beschwingter, großorchestraler Wiener Walzer, der mit seinem dicken Streicherklang, den schweren Pauken, den Trompetengirlanden und tiefem Blech auf den ersten Blick so gar nicht zu der düsteren Handlung passen will. Dennoch trifft Goldsmith hier den Nagel auf den Kopf, denn nicht nur der momentane Wohnsitz Liebermanns in Wien wird hier musikalisch wiedergegeben, sondern auch die Heimat Adolf Hitlers, dessen Klone nun in alle Welt verstreut wurden. Der Komponist betonte einmal, dass zwischen einem deutschen und einem Wiener Walzer ein großer Unterschied bestünde, den er hier deutlich machen wollte. Tatsächlich fängt Goldsmith mit der Titelmusik den beschwingten Charme eines Strauss-Walzer perfekt ein, während er später beim deutschen Walzer in „Night Crossing“ scheitern sollte. Die raffinierte motivische Vorgehensweise des Meisters lässt sich direkt in den ersten Minuten der Musik nachvollziehen, denn aus dem Walzer wird ein kurzes, sehr ruppiges und aggressives Motiv für die Nazis gespalten, dass besonders während der ersten fünf Filmminuten die einzelnen Schritte der Organisation in Südamerika begleitet. Mit voller Kraft stößt das Blech kurze, abrupt abgerissene Akkorde hervor, die mit knallenden Paukenschlägen flankiert werden. Dieses Motiv und der Walzer bilden im Verlauf der Musik die musikalischen Antagonisten, die von mehreren weiteren leitmotivisch eingesetzten Melodien umgeben sind. Äußerst amüsant sind die naiven und einfältigen Holzbläserfiguren für die wenig trauernde Witwe Doring, die im Gespräch mit Liebermann äußerst vergnügt wird. Für die tragischen Momente und die dunklen Machenschaften des ehemaligen KZ-Arztes Mengele schrieb Goldsmith ein schweres und getragenes Thema für die Trompeten, das mit seiner schrittweise abwärts fallenden Tonfolge stark an Wagners „Siegfried-Idyll“ erinnert, welches im Film auch von Mengele in seinem Haus gehört wird. In den Actionsequenzen wird die musikalische Nähe zur Golden-Age-Musik besonders deutlich, denn Goldsmith sagt sich hier von seiner erst kurz zuvor vollständig etablierten Ostinato-Begleitung los und komponiert äußerst hektische und wilde Ausbrüche des Orchesters, die mit den hektischen Streicherläufen, den Schlagwerksattacken und dem aggressiven Blech sehr an ähnliche Musiken der 40er und 50er Jahre erinnern. In bedrohlichen Momenten ist außerdem die musikalische Nähe zu Goldsmiths Musik zu dem Thriller „Magic“ deutlich, die sich in der kühlen, schaurigen Harmonik der Streicher äußert. Insgesamt sei noch anzumerken, dass die Musik nicht nur thematisch und motivisch, sondern auch instrumentatorisch stets auf äußerst hohem Niveau agiert. Goldsmith, der früher aus finanziellen aber auch klanglichen Gründen oft auf individuell zusammengestellte Kammerbesetzungen zurück griff und dessen Musik später von einem sehr ökonomischen Satz geprägt ist, komponierte hier eine üppige und detailreiche Orchestermusik.
Zum Filmstart erschien auch ein LP-Album, für das Goldsmith immerhin 35 seiner 55 Minuten langen Originalmusik zusammenstellte. Die erste Seite füllt dabei eine 18 Minuten lange Suite mit den wichtigsten musikalischen Passagen, die besonders den Bereich der Action- und Suspensemusik abdeckt. Seite zwei wurde von dem Song „We’re home again“, der auch im Film zu hören ist, eröffnet. Anschließend folgte eine acht Minuten lange Suite mit einigen Variationen des Walzers und dem Material für Frau Doring und ein weiteres sechs Minuten langes Stück, das die Musik aus dem Finale und den Abspann abdeckt. Diese Albumversion wurde in den 90ern Jahren mehrmals auf CD gepresst, war aber schnell vergriffen.  Auch wenn es sehr löblich ist, dass Goldsmith sein Material so ausgiebig veröffentlichte, entpuppt sich die Zusammenstellung der Suiten besonders auf CD als schwierig. Konnte man auf der LP noch jede einzelne Stelle mit einem Schwenk des Arms ansteuern, so muss man sich hier manchmal gegebenenfalls durch mehrere Minuten spulen, besonders die erste Suite dramaturgisch nicht optimal funktioniert, da viele Stücke in ihrer Originalform schlicht aneinander gereiht wurden. Deshalb machten bald Bootlegs die Runde, die angeblich die Filmmusik enthielten, allerdings nichts weiter waren, als die in ihre Einzelstücke zerlegten Suiten, die dementsprechend abrupt abgehackt waren. Die optimale Veröffentlichung kam schließlich von Seiten Intradas, die der Musik ein auf 5000 Stück limitiertes Doppel-CD-Set widmeten. CD I enthält die vollständige Filmmusik und CD II da LP-Programm sowie einige Minuten Bonusmaterial.

 

 

Magic: Puppe des Grauens

Corky ist ein begabter Zauberer, aber die große Bühne bleibt ihm verwehrt, da seine Schüchternheit ihm bei seinen Kartentricks im Wege steht. Nach einem erneuten deprimierenden Auftritt im einen kleinem Club kommt dem jungen Mann schließlich die rettende Idee: Von nun an tritt er gemeinsam mit der Bauchrednerpuppe Fats auf. Fats scheint das genaue Gegenteil von dem zurückhaltenden Corky zu sein, macht obszöne Witze, ist schlagfertig und schon bald beginnt das Publikum das gegensätzliche Duo zu lieben. Corky erhält einen Vertrag bei dem erfolgreichen Agenten Ben Greene, der sogar einen BBC-Vertrag für den bauchredenden Magier an Land zieht. Für die Show braucht Corky allerdings aus rechtlichen Gründen ein medizinisches Gutachten. Diese allgemeine Klausel empört den jungen Mann, der dem Sender vorwirft, sie würden ihm unterstellen, dass er nicht normal sei und lehnt aus Prinzip ab. Er flieht in seinen Heimatort nahe der Catskill Mountains und mietet eine Hütte nahe einem See. Die Ferienwohnungen stehen zu dieser Jahreszeit leer, doch die Anlage gehört Peggy Ann Snow, einer Schulkameradin Corkys, in der er einst verliebt war. In der einsamen Gegend werden die alten Gefühle zwischen dem Paar wieder wach, denn Peggy ist unglücklich verheiratet. Neben dem frühzeitig zurück kehrenden Ehemann und Greene, der Corky aufspürt tritt allerdings ein viel deutlicheres Problem zu Tage: Corky hat schon lange nicht mehr die Kontrolle über sich selbst und hört Fats auch nach der Show stets mit sich reden. Die Puppe ist eifersüchtig und wird zur tödlichen Gefahr für alle, die sich zwischen Corky und sie stellen, wobei der junge Mann selbst zum Mörder wird…

Heute größtenteils in Vergessenheit geraten dürfte dieser Film für viele hauptsächlich wegen des jungen Anthony Hopkins interessant sein, doch auch abseits des Hauptdarstellers ist „Magic“ ein sehenswerter Film, der seine Wirkung nicht verfehlt. Basierend auf seinem gleichnamigen Roman verfasste William Goldman ein gelungenes Drehbuch, das von Richard Attenborough ansprechend verfilmt wurde. Insbesondere die Puppe Fats wurde gekonnt in Szene gesetzt. So ist die mechanisch bewegliche zweite Persönlichkeit Corkys besonders dann Furcht einflößend, wenn dieser ihn nicht bedient. Stumm und lauernd im Halbschatten sitzend hat Fats die Fäden in der Hand – und nicht umgekehrt. Die herbstlich kühle Landschaft in der Gegend der Catskill Hills bietet in ihrer Abgeschiedenheit, den blätterlosen Bäumen und der schneidenden Luft bietet die perfekte Kulisse für die beklemmende Handlung. Doch letzten Endes ist Anthony Hopkins der Star des Films. Seine Darstellung des schüchternen unsicheren Corkys, der sich in seinem zweiten Ego verliert und ihm letzten Endes völlig ergeben ist, geht über die stupide Darstellung eines möglich geistig verwirrten weit hinaus. So erleben wir mimisch, gestisch und emotional unzählige Facetten, der Übergang zum Wahnsinn schleicht verhalten dahin, bis es aus Corky letzten Endes raus bricht. Ann-Margret bleibt gegen den starken Hopkins allerdings recht blass. Zwar gibt ihre Rolle auch nicht sonderlich viel her, aber oft wirkt ihr Spiel überflüssig bemüht oder aufgesetzt. Burgess Meredith als Greene und Ed Lauter als Anns Ehemann Duke liefern solide ab, ohne zu überraschen oder zu enttäuschen. Somit ist „Magic“ ein dicht inszenierter und spannender Thriller, der allerdings besonders von der überzeugenden Regie und dem Hauptdarsteller lebt, neben dem alle anderen Charaktere zu rein funktionalen Nebenfiguren verblassen.

1978 war für Jerry Goldsmith mit sechs Filmen ein äußerst produktives Jahr. Neben der ersten Fortsetzung von „The Omen“, dem Thriller „Coma“, der großorchestralen Musik zu „The Swarm“, dem walzerseeligen „Boys from Brail“ und dem Paranoia-Thriller „Capricorn One“ steht „Magic“ ein bisschen im Schatten. Nichts desto trotz handelt es sich um eine tadellos gefertigte Partitur mit vielen Stärken, für die sich der Komponist nicht zu schämen braucht, die aus verschiedenen Gründen gegen die anderen Partituren des Jahres leicht abfällt. Zu den inspirierendsten Einflüssen Goldsmith dürfte Bernard Herrmann zählen, was sich auch vom Klang aber insbesondere in der ausgefallenen Besetzung niederschlägt. So instrumentierte der Komponist die Musik zu „Magic“ für Streicherensemble, Klavier und Mundharmonika – dieselber Besetzung, mit der Herrmann auch „Night Digger“ vertonte. Der Ursprung für diese ungewöhnliche Kombination allerdings ist auf den Briten Ralph Vaughan Williams zurück zu führen, der 1951 seine „Romanze in Des-Dur für Harmonika und Orchester“ schrieb.
Das Hauptthema für die Streicher mit den leicht eingeworfenen Klaviertupfern ist von mystisch lyrischem Charakter, ein wenig kühl und schleichend, aber zugleich spannungsgeladen und leidenschaftlich. Das Thema gehört mit seiner Tiefe und dem Facettenreichtum einzelner Stimmungen zu den filigransten und gleichzeitig melodischsten Themen aus Goldsmiths Feder. Das Liebesthema ist – wie so oft bei Goldsmith – frei von schwülstiger Leidenschaft und spätromantischem Kitsch. Subtil vom Klavier eröffnet und in der „Appassionata“ von den Streichern fortgeführt teilt es sich die ersten vier Noten mit dem Hauptthema. Eine wichtige Funktion erfüllt die Mundharmonika, deren befremdlicher Klang mit Fats in Verbindung steht. Die Puppe selbst hat kein eigenes Thema, eher ein kurzes Motiv aus einer hin und her schwankenden großen Sekunde bestreitet das hauptsächliche Material des Soloinstruments. Thematisch eine unglaublich starke Musik fällt „Magic“ in den Suspense-Passagen ein wenig ab. Goldsmith wagt hier keine großen avantgardistischen Effektgewitter wie einige Monate zuvor in „Coma“, sondern baut auf Liegetöne und verhaltene Dissonanzen. Den Film selbst unterstützt die Musik zu jeder Zeit, als reines Hörerlebnis hängt die Musik allerdings in der Mitte größten Teils durch und tritt – abgesehen von einigen temporeichen Ausbrüchen wie dem Kampf im Wasser – auf der Stelle.
Im Gegensatz zu den anderen Filmmusiken dieses Jahres wurde „Magic“ mit keinem kommerziellen Album bedacht. Erst die legendäre „Tribute to Jerry Goldsmith“-CD des Gala-Dinners von der Society for the Preservation of Film Music zu Ehren des Komponisten enthielt gute Viertelstunde aus dem Score, bevor der Varèse-Club die fast vollständige Musik im Rahmen des CD-Clubs veröffentlichte. In glasklarer Klangqualität bekam man erstmals die Möglichkeit, die Musik abseits des Films zu hören. Allerdings lässt die CD eine kurze Sequenz zwischen „Corkys Retreat“ vermissen – auf das Fehlen dieses Stücks wird leider nicht im Booklet eingegangen. Der Text Tonwsons ist ansonsten recht informativ bezüglich des Films und der Musik. Die Club-CD ist seit längerer Zeit ausverkauft und da man die „Tribute“-CD mit den wichtigsten Passagen günstiger bekommt, wäre es ratsam, erst einmal dort Probe zu hören. So wenig durchwachsen das Hörerlebnis der vollständigen Musik ist, so stark funktioniert sie wiederum im Film selbst und ist ein weiterer Beweis für Goldsmiths ausgezeichnetes Gespür für Filmvertonungen und seine außerordentliche Begabung als Komponist.

 

 

1979

 

The Great Train Robbery – Der große Eisenbahnraub

 

Großbritannien befindet sich im Krieg mit Russland. Daher werden im Jahre 1855 jeden Monat 25 000 Pfund in Goldbarren mit der Eisenbahn von London zum Hafen von Folkestone gebracht, von wo aus das Gold zu den Soldaten transportiert wird. Die Barren werden in einem Tresor im Gepäckwagen des Zugs aufbewahrt, der mit vier Schlüsseln gesichert ist. Diese dazugehörigen vier Schlüssel wurden unter den wichtigsten Männern dieses Unternehmens aufgeteilt: Zwei Schlüssel werden im Büro des Bahnhofsgebäudes aufbewahrt, während die anderen beiden zwei hohen Beamten der Bank anvertraut werden. Da noch nie ein Überfall auf einen fahrenden Zug ausgeübt wurde und ein Räuber auf alle vier Schlüssel zugreifen müsste, scheint dieser Goldtransport vollständig sicher. Genau das reizt Edward Pierce, einen Meisterdieb, der in den hohen Kreisen der Gesellschaft verkehrt und sogar in Kontakt zu den Verantwortlichen des Goldtransports steht. Er fasst einen riskanten Plan: Da der Diebstahl der Schlüssel zum Austausch des Tresors führen würde, muss man die die Schlüssel heimlich entwenden, Wachsabdrücke machen und sie an Ort und Stelle zurücklegen, bevor ihr Verschwinden von den Besitzern bemerkt wurde. Dazu sucht Pierce Robert Agar auf, der von sich behauptet, der größte Schüsselexperte Englands zu sein und sich zutraut, die Schlüssel zu organisieren und innerhalb kürzester Zeit zu duplizieren. Für die entsprechende Ablenkung sorgt Miriam, Pierces äußerst attraktive Freundin, die vergebens als Schauspielerin Fuß zu fassen sucht. Das erste Opfer wird Herr Trent, mit dessen Tochter Pierce scheinbar eine Liaison eingeht, um das Versteck des ersten Schlüssel zu erfahren. Trent bewahrt seinen Schlüssel im Weinkeller auf, sodass Pierce und Agar in dessen Villa einbrechen, um einen Wachsabdruck anzufertigen. Schwieriger gestaltet es sich bei Henry Fowler, dem Bankdirektor, der sein Exemplar stets um den Hals trägt. Nachdem auch dieses Unternehmen mit tatkräftiger Untersützung Miriams gelungen ist, sehen sich die Meisterdiebe einer fast unlösbaren Aufgabe gegebenüber: Innerhalb 75 Sekunden muss einer nachts in das Bahnhofsbüro einbrechen und die Abdrücke erstellen. Da man nur durch ein Dachfenster ungesehen in das Büro gelangt, verhilft Edward Pierce dem Fassadenkletterer "Clean Willy" zum Ausbruch aus dem Gefängnis. Willy schafft es tatsächlich, mit Agar die Wachsabdrücke anzufertigen, allerdings wird der Ausbrecher wenig später von der Polizei in Gewahrsam genommen. Wird Pierces Plan gelingen, obwohl er von seinem jungen Komplizen verraten wurde?

1855 raubte Edward Agar mit Hilfe des Bahnbeamten William Pierce 12 00 Pfund, die von drei Firmen von der South _Eastern Railway von London nach Paris transportiert wurden. Der Schriftsteller und Regisseur Michael Crichton, dessen Romane oft auf historischen Begebenheiten fußten, veröffentlichte 1975 ein Buch, dessen fiktive Handlung größtenteils auf den Fakten des wahren Raubes beruht. Vier Jahre später brachte Crichton sein eigenes Werk leicht verändert auf die Leinwand und schuf mit "Der große Eisenbahnraub" einen herrlich zeitlosen und charmanten Abeneteuerfilm, der auch heute nichts an Spannung oder Witz eingebüßt hat. Dabei lässt sich die Handlung in zwei Akte unterteilen. Während die Beschaffung der Schlüssel äußerst detalliert und unterhaltsam geschildert wird, bildet natürlich der Raub an sich natürlich den spektakulären Höhepunkt. Der erste Abschnitt des Films besticht durch die opluente Ausstattung, die das vikotrianische Zeitalter bis ins kleinste Detail nachempfindet. Neben den herrlich anzuschaudenden Kostümen seien auch besonders die prächtigen, fast vollständig im Sutdio entstandenen Bauten erwähnt wie das Bahnhofsgebäude, das Holzvertäfelte Clubzimmer oder die düstere Hintergasse, in der Pierce Kontakt zu Clean Willys Freundin sucht. Der Raub wurde auf einer Eisenbahnstrecke in Irland gedreht gibt Hauptdarsteller Sean Connery die Möglichkeit, mit halsbrecherischen Stunts zu beeindrucken. Connery setzte mehr als einmal sein Leben auf's Spiel, als er nur knapp niedrigen Brücken ausweicht oder sich an der Seite des Gepäckwagens bei voller Fahrt abseilt. Auch filmhandwerklich lässt "Der große Eisenbahnraub" keine Wünsche offen. Crichton beweist sich als fähiger Regisseur und die hervorragende Fotografie Geoffrey Unsowrths sowie der gekonnte Schnitt David Brethertons tun ihr Übriges. Auch in der Auswahl seiner Schauspieler bewis Crichton ein fähiges Händchen. Sean Connery brilliert als nobler Gauner Edward Pierce, Donald Sutherland spielt einen fantasitschen Robert Agar mit riesigem Backenbart und die hinreißende Lesley Anne-Down überzuegt nicht nur auf optischer Ebene. Auch sämtliche andere Nebendarsteller - fast allesamt britischer Herunft - überzeugen durch die Bank, sodass "Der große Eisenbahnraub" bis zur letzten Sekunde hochkarätige Unterhaltung bietet.

 

Mit „Der große Eisenbahnraub“ bot sich für Jerry Goldsmith die rare Gelegenheit, in einer Zeit, in der er hauptsächlich, Thriller, Action- und Horrorfilme vertonte, eine heiter beschwingten Abenteuermusik zu komponieren. Da dieses Werk in die Phase fällt, in der der Meister eine hochkarätige Partitur nach der anderen zu schreiben schien, überrascht es nicht sonderlich, dass dem Komponisten mit der Musik zu „Der große Eisenbahnraub“ eine überdurchschnittliche Vertonung gelang. Goldsmith verzichtete vollständig auf elektronische Hilfsmittel, mit der er zu dieser Zeit verstärkt zu experimentieren begann und verließ sich auf die Möglichkeiten eines voll besetzten Orchesterapparats, um die stampfenden Lokomotiven, die düsteren und gefährlichen Hintergassen Londons, den Glanz des viktorianischen Zeitalters und die Pfiffigkeit der Protagonisten musikalisch einzufangen. Der Kern der Musik wird sofort während des Vorspanns vollständig vorgestellt, während wir einen durch die grüne irische Landschaft dampfenden Zug sehen, denn die Musik zu „der große Eisenbahnraub“ ist im Großen und Ganzen monothematisch angelegt. Über die treibenden Rhythmen der Bläser und des Schlagwerks legen sich die Streicher mit dem verschmitzten und enthusiastischen Hauptthema, das sich als roter Faden durch die folgende Musik zieht und meisterlich in immer wieder neue musikalische Gewänder gekleidet wird. Mal als gediegener Walzer, als sanftes Flötensolo über Saiteninstrument oder in voller orchestraler Pracht passt sich diese beschwingte Melodie allen Situationen an. Doch nicht nur das Thema allein, auch seine scheinbare Begleitung wird von Goldsmith in ihre Einzelteile zerlegt und weiter geführt. Simpel erscheinende Motive wie die drängenden Quintrufe der Hörner während der Vorspannmusik erhalten im Verlauf des Films eine starke Bedeutung. Diese hektisch und drängend klingende Figur begegnet dem Hörer nämlich nach wenigen Minuten in Form eines lieblichen und sanften Liebesthemas für Edward und Miriam. Für die Liebesszenen der beiden erlaubte sich Goldsmith zusätzlichen einen äußerst gelungenen Kniff, denn diese teils mit lasziven Anspielungen gespickten Dialoge werden stets von der Laute begleitet, die der Musik und dem Film einen nostalgischen Anstrich verleiht. Auch jenseits der meisterhaften Variationen der Titelmusik schrieb Goldsmith mehrere herausragende Stücke wie die famos orchestrierten Suspense-Passagen während Willys Ausbruch oder Pierces Ausflug in die dunklen Ecken Londons. Hier bilden verhaltene, vibratoarme Streicherfiguren, dunkle Färbungen der Holzbläser und einzelne Einwürfe der gedämpften Blechbläser bedrohliche Klangkulissen, die so auch in Goldsmiths Thrillerpartituren auftauchen, aber dennoch keineswegs aus dem Gesamtbild der Musikherausfallen. Auch wenn „Der große Eisenbahnraub“ hauptsächlich von seinen charmanten Protagonisten und der spannenden und waghalsigen Beschaffung der Schlüssel lebt, enthält der Film mehrere Actionszenen, die eine entsprechende Vertonung verlangen. Auch hier arbeitet Goldsmith äußerst gewissenhaft und detailreich, wobei er fast vollständig auf seine bewährten Ostinatostrukturen verzichtet und stattdessen auf treibende Läufe der Streicher, gehetzte Holzbläserfiguren und scharfe Rufe der Blechbläser setzt. Zu den musikalischen Höhepunkten gehört natürlich die Musik zu Pierces Gang über die Dächer der Zugwagons nach dem geglückten Umtausch der Goldbarren, in der Goldsmith auf die stampfenden Rhythmen und die Rufmotive der Titelmusik zurückgreift.

Goldsmith komponierte fast eine Stunde Musik für „Der große Eisenbahnraub“, sodass fast die halbe Laufzeit des Films von Musik unterlegt wird. Außerdem entstanden sämtliche Source-Musiken wie Salonstücke, ein Auszug aus Händels „Feuerwerk“ und die Mozart-Sonate KV448 unter Goldsmith Dirigat oder Aufsicht. Dennoch wählte er für das zum Filmstart erscheinende LP-Album nur eine knappe halbe Stunde Musik aus den über 70 Minuten langen Aufnahmen aus, die später auch mit der LP-Fassung zu „The Wild Rovers“ auf CD gepresst wurde. Varèse-Sarabande veröffentlichte 2004 eine „Deluxe Edition“ der Musik und griff auf eine längere Quelle zurück, die klanglich allerdings stark beeinträchtigt war. Die definitive Veröffentlichung der Musik liegt seit 2011 bei Intrada in Form einer hochwertig produzierten Doppel-CD vor, die erstmals seit dem LP-Album auf die originalen Masterbänder zurückgreifen konnte und die vollständige Musik sowie sämtliche Source-Stücke in hervorragender Klangqualität präsentiert. Auf einer zweiten CD findet sich der alte LP-Schnitt, sodass Komplettisten und Albenhörer gleichermaßen bedient sind. Das Booklet verzichtet leider auf eine klassische Analyse der Musik an Hand der filmischen Handlung, wartet dabei aber mit interessanten Informationen zu Film und Musik auf und rundet den durchweg positiven Eindruck ab. Dieses Doppel-CD-Set sollte seinen Weg in alle Filmmusiksammlungen finden, denn Jerry Goldsmith schrieb für „Der große Eisenbahnraub“ eine hervorragend orchestrierte, tempo- und abwechslungsreiche Filmmusik, die über ihre ganze Laufzeit durchweg zu überzeugen vermag.

 

 

Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt

 

2122 befindet sich der Erzfrachter „Nostromo“ der Firma Weyland-Yutani auf dem Rückflug zur Erde. Für die Monate lange Reise befindet sich die aus sieben Mitgliedern bestehende Besatzung im Kälteschlaf. Als sie aus diesem erwachen, erfahren sie, dass sie noch viele Monate von der Ankunft in der Heimat entfernt sind. Stattdessen hat der Zentralcomputer MU/TH/UR den Kurs geändert, weil das Schiff ein unbekanntes Signal empfangen hat, das ein Notsignal sein könnte. Laut Protokoll ist jedes Schiff dazu verpflichtet, solchen Signalen nachzugehen. Die Ingenieure Brett und Parker protestieren. Da sie am wenigsten Gehalt bekommen, sind sie nicht damit einverstanden, eine lange Verzögerung der Heimkehr in Kauf zu nehmen, doch der wissenschaftliche Offizier Ash insistiert auf dem Protokoll und Kapitän Dallas stimmt zu. Wenig später landet die Nostromo auf dem fremden Planeten. Das Raumschiff erleidet dabei allerdings heftigen Schaden. Während sich Dallas, die Navigationsoffizierin Lambert und der stellvertretende Offizier Kane auf die Suche nach der Quelle des Signals machen, beginnen die Ingenieure mit der Arbeit am Schiff. Die drei unfreiwilligen Forscher finden bald ein merkwürdiges Gebilde, bei dem es sich um ein liegen gebliebenes Raumschiff handeln könnte. Darin entdecken sie die fossilierte Leiche eines außerirdischen Wesens. Während die dritte Offizierin Ripley das Signal erneut überprüft und davon ausgeht, dass es sich dabei um ein Warmsignal handelt, begibt sich Kane in die tiefer gelegten Gänge des großen Objekts, um nach weiteren Spuren außerirdischen Lebens zu suchen und findet eine Vielzahl von Eiern, in denen sich etwas pulsierendes Organisches befindet. Als er sich über ein solches Ei beugt, springt ihm etwas entgegen, dass das Visier seines Helmes durchätzt und sich fest an sein Gesicht klammert. Umgehend bringen Dallas und Lambert den bewusstlosen Kameraden zum Schiff, doch Ripley, die nun als ranghöchste Offizierin das Kommando auf dem Schiff hat, verweigert den drei den Zutritt. Sie orndnet eine 24 stündige Quarantäne für die drei an, da sie befürchtet, dass Kane eine Krankheit auf die Nostromo bringen könnte. Dallas und Lambert protestieren, doch Ripley bleibt hart. Schließlich öffnet Ash doch die innere Luftschleuse und lässt, fasziniert von dem Gedanken, eine neue Lebensform entdecken zu können, die verzweifelten Offiziere hinein. Keins der Besatzungsmitglieder ahnt zu diesem Zeitpunkt, dass sie damit den Tod in das Schiff gelassen haben…  

 

„It’s pure terror.“, sagte Ridley Scott einmal über „Alien“. Dieser Satz trifft ohne Frage den Kern der Sache, denn kaum ein anderer Film, der sich hauptsächlich auf Horror-Elemente stützt, hat so wenig von seiner Intensität und seiner Wirkung eingebüßt wie eben dieser Meilenstein des Sci-Fi-Horrors. Wie später auch „Das Ding“ oder „Leviathan“ wird in Alien mit dem Paradoxon einer unendlichen Weite gespielt, in der man trotzdem klaustrophobisch eingepfercht ist. Die Mannschaft der Nostromo befindet sich im unendlichen Weltall, wird allerdings in langen und engen Gängen in die Ecke gezwungen und hat keine Möglichkeit zur Flucht, sondern muss sich der Gefahr stellen. Besonders interessant wird es, wenn man „Alien“ mit einem weiteren Kultfilm des Science-Fiction-Genres vergleicht, der ebenfalls 1979 in die Kinos kam: „Star Trek: Der Film“. Fast scheint es, als liefere „Alien“ einen krassen Gegenentwurf zu der immer höflichen, gestriegelten und gutgelaunten Mannschaft der „Enterprise“. Statt eines hochtechnisierten Raumschiffes bekommt der Zuschauer mit der „Nostromo“ ein veraltetes Frachtschiff zu sehen. Die Befehle stehen nicht im Sinne einer friedfertigen, weltfriedlichen Föderation, sondern werden von einem strikt berechnenden Zentralcomputer eines inhumanen Konzerns gegeben. Statt einer hübsch uniformierten Besatzung, die untereinander befreundet ist, sind die sieben Besatzungsmitglieder der „Nostromo“ ungewaschen, unrasiert, unfreundlich, gereizt und streiten um Bonuszahlungen. Fast jede Kleinigkeit in „Alien“ dient der Erzeugung einer befremdlichen, unangenehmen Atmosphäre. Hierzu tragen neben den ziwschenmenschlichen Konflikten insbesondere die beklemmenden Kamerafahrten durch das Schiff bei. Die hervorragend gestaltete Kulisse mit ihrer Vielzahl an Schläuchen, blinkenden Lichtern und riesigen Computern ist durch und durch zweckmäßig. Die einzige Zierde bilden aus Pornoheften ausgeschnittene Nacktbilder an der Wand einer Schlafkammer.  

„Alien“ zeichnet sich durch ausnahmslos hohe Produktionswerte und brillantes filmisches Handwerk aus. Die meditativ gleitende Kameraführung sorgt für eine trugvolle Stille, die den Film noch beklemmender werden lässt. Auch wenn es sich um einen Horrorfilm mit Actionelementen handelt, so ist seine Erzählweise irritierend ruhig und schweigsam. Die eingestreuten Schockeffekte sind umso wirkungsvoller, weil sie in besonders trügerischen Augenblicken platziert werden. Nachdem Kane aus seiner Ohnmacht erwacht, erleben wir die Mannschaft der Nostromo erstmals völlig ausgelassen und glücklich, bis das Böse im wahrsten Sinne des Wortes hervorbricht. Dieses erscheint in Form eines von H. R. Gigers entworfenen und von Carlo Rambaldi gebauten Aliens, das auch heute noch viele computeranimierte Kreaturen in die Tasche steckt! Auch die anderen Spezialeffekte wie Ashs Ausbruch haben nichts von ihrer Wirkung eingebüßt. Dennoch ist es dem Film hauptsächlich anzurechnen, dass er sich eben nicht auf derartige Schauwerte verlässt, sondern viel mehr mit den Ängsten der Zuschauer spielt.

Auch die durchwegs beeindruckenden Leistungen der Darsteller machen viel von dem Erfolg des Films aus, allen voran natürlich Sigourney Waver als Ripley, die in der Rolle der ersten Actionheroin der Kinogeschichte brilliert. Ihr entschlossenes Spiel, das aber auch Raum für verzweifelte Augenblicke lässt, macht diese Figur zu einer glaubwürdigen Protagonistin. Tom Skerritt überzeugt durchweg als sympathischer Kapitän Dallas und Veronica Cartwright hat als von der blanken Panik verstörte Navigationsoffizierin Lambert mehrere starke Momente. Ian Holms Darstellung des ehrgeizigen und unmenschlichen (!) wissenschaftlichen Offiziers Ash, der nur zu seinen eigenen Forschungszwecken und den Verdiensten des Konzerns handelt, ist ebenso großartig wie Yaphet Kotto als Maschinist Parker, der den Draufgänger der Mannschaft gibt. Harry Dean Stanton als sein schweigsamer Kollege Brett sorgt in der längsten Suspense-Szene des Films für Gänsehaut pur. Einzig und allein John Hurt hat als Kane eine undankbare Rolle, muss er hauptsächlich bewusstlos im Labor liegen.

Insgesamt ist „Alien ein absoluter Meilenstein der Kinogeschichte. Hervorragend gespielt, grandios ausgestattet und von Ridley Scott meisterhaft inszeniert sorgt dieser Film auch heute noch für Spannung, Angst und – puren Terror! 

 

Kein anderer Komponist schien für die Vertonung von „Alien“ so geeignet zu sein wie Jerry Goldsmith, der in den 60er Jahren mit ungewöhnlich modernistischen Konzepten und unkonventioneller Instrumentation auf sich aufmerksam machte. In den 70er Jahren steuerte er zielsicher auf den Höhepunkt seiner Karriere zu, den er 1976 mit seiner hervorragend konzipierten und polystilistischen Musik zu „Logan’s Run“ und einem Oscar-Gewinn für „The Omen“ erreichte und der bis in die frühen 80er Jahre anhielt. „Alien“ bot dem vielseitigen Komponisten auf eine breite Palette musikalischer Elemente zuzugreifen, denn neben vielen Spannungspassagen, Schockmomenten und mehreren Actionpassagen verlangte die Musik auch nach einigen wenigen besinnlichen Takten für den Kälteschlaf und die unendlichen Weiten des Weltalls. Außerdem benötigt ein solcher Film einen Komponisten mit einem genauen Gespür für den richtigen Musikeinsatz – eine Vorraussetzung, die Goldsmith ohne Frage mitbrachte. So sind es insbesondere die unvertonten Szenen, mit ihrer reellen und beklemmenden Geräuschkulisse wie Kettenklirren und tröpfelndem Wasser die Spannung zusätzlich erhöhen, um der anschließend einsetzenden Musik eine noch stärkere Wirkung zu verleihen. Goldsmith, der den Filmmusikkanon zu dieser Zeit fast spielerisch um einen Höhepunkt nach dem anderen bereicherte, lieferte mit „Alien“ ohne Frage ein wahres Meisterwerk ab! Nachdem er bereits in „Star Trek: Der Film“ das Universum mit rauschhaften Klängen und die Raumfahrer mit einem heroischen Marsch ausstattete, ist die Musik zu „Alien“ genau wie der Film ein deutlicher Gegenentwurf. Hier steht das Unheimliche in Form des Unbekannten im Fordergrund. Die Faszination für die Unendlichkeit des Alls geht nicht mit heroischem Pathos, sondern mysteriöser Befangenheit einher. Für die Vertonung stand dem Komponist ein Symphonieorchester zur Verfügung, das er zusätzlich um einen Synthesizer und mehrere Echoplexe sowie mehrere exotische Instrumente wie das Didgeridoo und den Serpent, eine Art Mischform aus Fagott und Tuba. Auch wenn es mehrere Themen und Motive gibt, so ist die Musik zu „Alien“ hauptsächlich klangkulinarischer Kultur. Außer hier hat man vielleicht noch in einigen Passagen zu „Poltergeist“ derart delikat instrumentierte Stücke, wie sie in „Alien“ durchweg gestaltet sind. Neben den Klängen der exotischen Instrumente ist es vor Allem der gewiefte Einsatz der elektronischen Hilfsmittel, die der Musik ihren faszinierenden Reiz verleihen. Insbesondere der Einsatz mehrerer Echoplexe, die live bei den Aufnahmen zum Einsatz kamen, spielen dabei eine wichtige Rolle. Anstatt die echoisierten Stimmen einzeln aufzunehmen und später auf die Orchesteraufnahmen zu legen entschied man sich für den komplizierteren Weg, die jeweiligen Elemente gleich in dem Orchester abzunehmen. Hierbei ergeben sich faszinierende Klänge wie die leicht wankenden Flötenfiguren für den Kälteschlaf, die krachenden Col-legno-Schläge der tiefen Streicher bei der Entdeckung des Skeletts und die ekelhaften Akkorde der gezupften Violinen und der Harfe in höchster Lage.

Für die Raumfahrt komponierte Jerry Goldsmith ein harmonisch komplexes Thema für die Solotrompete – ein Instrument, das bei dem Komponisten eigentlich immer mit maskulinem Heldentum verbunden werden kann, hier aber viel mystischer, verhaltener in Szene gesetzt wird. Dieses Thema ist das einzige wirklich melodische Element innerhalb der Musik und bildet so auch die ganz wenigen Lichtblicke innerhalb der düsteren und oft experimentellen Klangcollagen. Außerhalb dieses Themas fußen fast alle wichtigen wiederkehrenden Melodien auf dem Intervall der großen Sekunde wie auch jenes für das Alien selbst. Auf eine fallende Sekunde folgt ein ebenfalls fallender Tritonus und bildet so ein viertöniges Motiv für den „perfekten Organismus“. Auch die pendelnde Flötenfigur für den Kälteschlaf besteht aus einer stets wiederholten großen Sekundwippe.

Diese leitmotivischen Ideen bettet Goldsmith stets in hervorragend auskomponierte, klanglich äußerst fein modulierte Stücke. Insbesondere der Klang des Digeridoos kombiniert mit aleatorisch spielenden Violinen in höchster Lage ergibt eine besonders fremde Klanglichkeit, die auch Ridley Scott außerordentlich gefiel. Für die Actionpassagen arbeitet Goldsmith wie so oft mit kurzen und markanten Motiven, die mit fast penetranter Wiederkehr unbarmherzig auf den Rest des dissonant reagierenden Orchesters einzuprügeln scheinen oder gestaltet solchen Suspense-Passagen wie der Szene in dem Lüftungsschacht lange Stücke mit nur einem kurzen Motiv aus.

Auch Goldsmith dürfte mit seiner Komposition zufrieden gewesen zu sein, doch machte er die Rechnung ohne den Regisseur und seinen Filmschneider Terry Rawlings. Ridley Scott missfiel anscheinend der thematische Ansatz in den ersten Filmminuten und bat den Komponisten um klangorientiertere Passagen, sodass Goldsmith nach Abschluss der eigentlichen Aufnahmen weitere 20 Minuten für „Alien“ komponierte und aufnahm. Dennoch war damit kein abschließendes Ergebnis erreicht, denn den Komponisten erwartete bei einer späteren Filmsichtung eine böse Überraschung. Abgesehen von einem einzigen Stück wurde die Musik zu keiner Szene so platziert wie von Goldsmith vorgesehen. Vielmehr hatten Ridley Scott und Terry Rawlings die Musik eher wie Versatzstücke aus einer Kinothek verwendet. Während Scott nicht in der Lage war, seine Wünsche für die Musik deutlich genug zu kommunizieren und auch nicht abschätzen konnte, was Filmmusik zu leisten im Stande war und was nicht hatte Rawlings bereits seine eigenen Vorstellungen getroffen. Er selbst hatte, um Goldsmith Tribut zu zollen, den Rohschnitt mit dessen Musik zu „Freud“ unterlegt. Der Komponist war darüber wenig erfreut, aber Scott und sein Filmschneider hatten sich schließlich so sehr an die Musik gewöhnt, dass sie die völlig anders konzipierte Originalmusik gar nicht erst in den Film aufnahmen und somit in den entsprechenden Szenen immer noch „Freud“ zu hören ist. Rawlings unterlegte außerdem das Finale und den Abspann mit einem Auszug aus Howard Hansons „romantischer Symphonie“, deren Einsatz Scott ebenfalls für so gut befand, dass Goldsmiths Vertonung des Schlusses und seine Abspannsuite nicht im Film zu hören sind. Die Musikspur zu „Alien“ ist somit schlichtweg ein Desaster, das Goldsmiths hervorragender Originalmusik nicht ansatzweise gerecht wird. Als Trostpflaster hatte er die Möglichkeit, das zum Filmstart erscheinende LP-Album mit eigens ausgewählten Stücken zusammen zu stellen. Während die vollständige Filmmusik größtenteils aus Suspense-Material besteht, versuchte Goldsmith für einen unterhaltsameren Hörfluss, eine Balance zwischen den melodischen Passagen und den Actionmomenten zu erstellen, während er die Suspense-Musik zu nur zwei Stücken zusammen strich. Es überrascht, dass er für das Album auch auf einige auf Scotts Vorstellungen zurück gehende Nachkompositionen zurückgriff. In der Tat bietet der LP-Schnitt der Musik ein sehr rundes und abwechslungsreiches Hörerlebnis, während die vollständige Musik mit ihren vielen sehr subtil gestalteten Spannungsmomenten manchmal etwas anstrengend sein kann. 2007 erhielten Goldsmith-Fans erstmals die Gelegenheit, in den Genuss der Originalfassung mittels einer DVD-Veröffentlichung des Filmes zu kommen, der neben der isolierten Musikspur auch Goldsmiths original intendierte Fassung als eigenständig anwählbare Iso-Spur enthielt. Dieses vorbildliche Produkt ist ein faszinierendes Forschungsobjekt, das allen Interessierten ans Herz gelegt sei. Natürlich machten bald von dieser DVD gezogene Bootlegs die Runde, die einen guten Ersatz für die längst vergriffene und nur noch teuer gehandelte CD-Ausgabe des LP-Schnitts darstellte. Schließlich nahm sich Intrada der harrenden Fans an und veröffentlichte ein 2-CD-Set mit Goldsmith vollständiger Originalmusik und den kompletten Neuaufnahmen auf der ersten CD und weiteren alternativen Fassungen sowie dem LP-Schnitt auf CD 2. Das äußerst informative Booklet enthüllt dem Leser unzählige Fakten über die Musik und wartet zusätzlich mit genauen Angaben über die Verwendung der einzelnen Stücke im Film auf. Klanglich und editorisch bestechend bildet dieses Set die definitive Veröffentlichung dieser grandiosen Musik, die in wirklich keiner Filmmusiksammlung fehlen darf!

 

Star Trek: Der Kinofilm

 

Kapitän James T. Kirk wurde zum Admiral befördert und arbeitet in Francisco für die Sternenflotte. Der leidenschaftliche Weltraumfahrer vermisst sein altes Schiff, die Enterprise und seine Mannschaft schmerzlich, doch nach zwei Jahren auf der Erde bietet sich für Kirk endlich die Gelegenheit, das Kommando über sein Schiff zurück zu gewinnen. Eine riesige Wolke mit ungeheurer energetischer Kraft fliegt auf die Erde zu und auf dem Weg zu dem Planeten zerstört das fremdartige Gebilde alles, was ihm in die Quere kommt. Die Enterprise ist das einzige verfügbare Raumschiff in der Nähe um die Bedrohung abzuwenden. Nach einer Generalüberholung der Enterprise erhielt Kapitän Decker das Kommando über das Schiff, der von Kirk vorgeschlagen wurde. Umso enttäuschender ist es für den jungen aufstrebenden Kommandanten, nun wieder als kommandierender Offizier unter Kirks Befehlsgewalt zu stehen, der es offensichtlich genießt, wieder der Kapitän der Enterprise zu sein. Er holt seinen alten Freund, den Mediziner Leonard McCoy, an Bord und setzt die außerirdische Ilia als Navigationsoffizierin ein. Decker und Ilia kennen sich bereits von früher, als der junge Offizier auf Ilias Heimatplaneten stationiert war, doch die Beziehung der beiden fand ein jähes Ende, als Decker den Planeten verlassen musste. Auf dem Weg zu bedrohlichen Energiewolke trifft Spock auf der Enterprise ein. Der Halbvulkanier wollte sich auf seinem Heimatplaneten durch eine altes Ritual sämtlicher Emotionen entledigen, die ihm von seiner menschlichen Seite angeboren sind und den Vulkanier in ihm verwirren. Wegen seiner gefühlskalten Art ein etwas forscher Zeitgenosse, erweist sich Spock allerdings als grandioser wissenschaftlicher Offizier, der die mysteriöse Wolke genauer untersuchen soll. Doch der Halbvulkanier verfolgt ein weitaus persönlicheres Ziel: er fühlt sich dem unbekannten Gegner äußerst verbunden, denn dessen Handlungsweisen analysierte Spock als Resultate "Purer Logik" und hofft, von dem radikalen Gegner Antworten und Hilfe bei der Suche nach dem totalen, von Emotionen freien Verstand...

Den drei von 1966 - 1969 ausgestrahlten Staffeln von "Raumschiff Enterprise" mit insgesamt 79 war nur ein mäßiger Erfolg beschert und erst nach der Einstellung entwickelte sich die Serie langsam aber sicher zu einem Kultphänomen, sodass Paramount in Erwägung zog, eine zweite Serie mit dem Titel "Star Trek: Phase II" zu produzieren. Als Pilotfolge sollte eine Geschichte dienen, die der Enterprise-Folge "Ich heiße Nomad" nicht unähnlich war doch letzten Endes entschied man sich für einen Kinofilm, der in dem Fahrtwasser des 1977 in die Kinos gekommenen "Krieg der Sterne" die Zuschauer anlocken sollte. Somit kam es zehn Jahre nach der letzten Enterprise-Folge zu einem Wiedersehen mit Kirk, Spock, McCoy und Scotty, das sich nun nicht mehr auf dem heimischen TV-Bildschirm, sondern auf großer Leinwand ereignete. Mit bahnbrechenden und atemberaubenden Effekten dürfte die Reise der Enterprise zu der Bedrohung ein äußerst faszinierendes Erlebnis gewesen sein. Visuell mit zahlreichen, minutenlangen und spektakulären Aufnahmen von Raumschiffen im All und der riesigen geheimnisvollen Wolke, wird "Star Trek: Der Film" zwar dem Medium Kinofilm gerecht, schleppt sich inhaltlich jedoch träge dahin. Die zwischenmenschlichen Beziehungen der Besatzungsmitglieder sind zwar konfliktreich ausgelegt, werden aber zu keinem Zeitpunkt angemessen thematisiert. Die Rivalität zwischen Kirk und Decker wird viel zu schnell beigelegt, die Beziehung zwischen Ilia und Decker bleibt eine fast unnötige Randnotiz und die möglichen Schwierigkeiten, die sich aus Spocks Gefühlsverweigerung ergeben könnten, werden nicht ausgenutzt. Über weite Strecken beobachtet man die Mannschaft der Enterprise auf der Brücke einige Fachsimpeleien sowie klischeehafte Befehle austauschen und einfache Sachverhalte werden in bemühten Dialogen in die Länge gezogen. Die Schauspieler quälen sich merlich mit dem hölzernen Drehbuch und keiner der Darsteller schafft es, eine überdurchschnitliche Leistung hinzulegen.
Fatalerweise entsprechen auch die Charaktere teilweise nicht denen der originalen Serie. William Shatners Kapitän Kirk, der in der Serie ein abenteuerlustiger und humoristischer Raumfahrer war, ist im Film ein steifer Offizier, der anfangs durch seine kurz angebundene Art sogar unsympatisch wirkt. Leonard Nimoys Darstellung von Spock gehört zu den besten Leistungen der Darstellerriege und auch DeForest Kelley schafft es wenigstens hin und wieder, seinem raubeinigen Dr. McCoy eine markante Persönlichkeit zu verleihen. Stephen Collins erfüllt seine stereopyte Rolle des jungen William Decker zufriedenstellend und die kahl rasierte Persis Khambatta gibt eine gefällige Ilia.
Mit "Star Trek: Der Film" als erster von mittlerweile insgesamt elf Teilen war insbesondere inhaltlich noch viel Luft nach oben, visuell aber lohnt dich der Film definitiv, um in prachtvollen Weltraumaufnahmen zu schwelgen.

Mit seinen langen Kamerafahrten über die fertig gestellte Enterprise, dem Flug in die Wolke und Spocks Erkundung des Wolkenkerns auf eigene Faust verlangt „Star Trek: Der Film“ eine ausladende Filmmusik, die den stillen, von visuellen Effekten getragenen Bildern eine dramaturgische Richtung oder eine atmosphärische sowie emotionale Komponente verleiht. Jerry Goldsmith schien wie geschaffen für diese Aufgabe und komponierte eine ausladende orchestrale Filmmusik, die zu den absoluten Höhepunkten seines gesamten Schaffens gezählt wird. Der Komponist hatte schon früh zu Beginn seiner Karriere durch sein außerordentliches dramaturgisches Gespür und sein musikalisches Können auf sich aufmerksam gemacht. Seine Werke zeichneten sich oft durch eine mit dem Golden Age klar brechende modernistische Tonsprache aus und auch „Star Trek: Der Film“ ist im Kern eine avantgardistische, mit vielen Effekten angereicherte Klangkomposition, die mit ihrer oft ins Freitonale abgleitende Musiksprache ebenso tastend wirkt wie der Flug der Enterprise in die unendlichen Weiten des Weltalls. Um den großen Bildern gerecht zu werden, arbeitet Jerry Goldsmith mit einem groß besetzten Symphonieorchester, das mit mehreren exotischen Klangerzeugern bereichert wird. Hierzu gehört neben dem Synthesizer auch das „Blaster Beam“, ein elektronisches Instrument, das zwei
In besonders spektakulären Augenblicken kommen außerdem auch die Orgel und eine Windmaschine zum Einsatz. Goldsmith konzipierte die Musik von Anfang an als eine klangorientierte Vertonung des Films und weckte durch äußerst raffinierte Orchestrierungen mit dichten Trillern der Streicher in mittlerer Lage, wogenden Klarinettenfiguren und von der Tonalität gelösten, frei schwebenden Linien in den Flöten und Violinen die Assoziation von auf dem Meer fahrenden Schiffen, deren Segel sich im kräftigen Wind blähen und deren Bug über das bewegte Wasser gleitet. Nachdem die Musik für einige der großen Szenen wie der Flug über die Enterprise, die Fahrt aus dem Dock oder Spocks Ankunft auf dem Schiff aufgenommen war, kritisierte Regisseur Robert Wise allerdings, dass der Musik kein Thema zu Grunde liege, sodass Goldsmith über Nacht eine in der Musik prominente prägnanten motivische Idee zu einem optimistischen und schillernden Marsch auskomponierte. Jenes heroische Hauptthema, das von den Trompeten gespielt und von den raschenden Streichergirlanden flankiert wird, sollte wenig später einen der ersten Plätze unter den berühmtesten Themen des Komponisten einnehmen. Dass die Musik keine Themen enthalte, stimmt so natürlich nicht, denn bei aller avantgardistischen Klangkonzeption ist die Musik zu „Star Trek“ in alter Filmmusiktradition durch mehrere Leitmotive gegliedert. Besonders das Thema für Ilya gehört zu den ganz großen Würfen des Komponisten. Das schillernde Vorspiel mit der Harfe und der Celesta leitet zu einer wiegenden und äußerst lyrischen Streichermelodie ein. Selten komponierte Goldsmith eine so wundervoll cantabile Melodie, die kompositorisch äußerst geschickt im Verlauf des Stücks in Hinblick auf Instrumentation und Tonart gesteigert wird und schließlich in voller Kraft vom ganzen Orchester vorgetragen wird. Das schwerfällige Thema für die Wolke, das sich freitonal in den tiefen Blechbläsern über düstere Streicherflächen schleppt und die atonale, mehrfach oktavierte, linienartige Figur der Streicher für Spocks Suche nach der totalen Logik schlagen im Gegensatz zum Hauptthema oder dem Ilyas in die modernistische Kerbe des Musikkonzepts. Für die Logbucheinträge Kirks, die im Off gesprochen werden, greift Goldsmith im Übrigen auf das Originalthema der TV-Serie zurück, das aus der Feder von Alexander Courage stammt, der viele Werke des Meisters orchestriert hat. Für den Beginn des Films, in dem ein klingonisches Schiff versucht, sich gegen die Wolke zu verteidigen, schrieb Goldsmith ein archaisches Thema, das hauptsächlich auf Quinten des Horns, einem stoischen Rhythmus der tiefen Schlitztrommel und klickende Schlagwerkeffekte setzt. Dieses „Klingon-Battle“-Thema wird im Verlauf der insgesamt fünf „Star-Trek“-Vertonungen des Komponisten mehr und mehr Bedeutung gewinnen. Auch jenseits der thematischen Elemente schrieb Goldsmith für „Star Trek“ eine Fülle an äußerst raffinierten Stücken, die oftmals über eine große eigene musikalische Dramaturgie verfügen, da sie minutenlange Flüge und Aufnahmen der Wolke untermalen. Flirrende Streicherteppiche, bedrohliche Blechakkorde, hektische Holzbläserfiguren, experimenteller Einsatz des Schlagwerks und natürlich der legendäre brutal schnarrende Klang des Blaster Beams machen die Musik zu einem atmosphärisch unglaublich dichten und musikalisch absolut hochwertigen Erlebnis.
Zum Filmstart erschien ein LP-Album, das gerade einmal eine gute halbe Stunde der insgesamt über anderthalb Stunden laufenden Filmmusik enthielt. Diese Präsentation wurde in den 90er Jahren auch auf CD veröffentlicht, bevor eine erweiterte Doppel-CD erschien. Auf CD 1 fand sich eine um mehrere Stücke ergänzte Präsentation der Musik in chronologischer Filmreihenfolge während die zweite CD mehrere Interviews enthielt. Allerdings zirkulierten immer mehr Bootlegs mit der vollständigen Musik sowie den verworfenen Originalversionen. Die ultimative Veröffentlichung erfuhr „Star Trek“ allerdings erst 2012 in Form eines 3-CD-Sets von Lalaland Records, das die kompletten Aufnahmen für den Film in bestmöglicher Klangqualität präsentiert und auch sämtliche Bootlegs in den Schatten stellt. Ausgestattet mit einem hervorragendem Begleitheft lässt dieses Set nun keine Wünsche mehr offen und sollte in jeder Science-Fiction-, „Star Trek“-, Goldsmith- oder Filmmusiksammlung überhaupt zu finden sein! Jerry Goldsmith gelang mit „Star Trek“ ein klangkulinarisches Meisterwerk, dessen instrumentatorische und thematische Fülle zu einer atmosphärisch und klanglich dichten Komposition verschmolzen wurde.

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1980

 

Cabo Blanco - Der Schatz von Cabo Blanco

1948 trifft die junge Französin Marie Alessandra auf der Suche nach Jaques - ihrem verschollenen Liebhaber - in dem kleinen peruanischen Küstenort Cabo Blanco ein und steigt in dem Hotel des Amerikaners Giff Hoyt ab. In dem kleinen malerischen Fischerdorf hat der Nazi-Verbrecher Günther Beckdorf den Polizeichef Terredo in der Hand und kontrolliert so mit seinem Einfluss die gesamte Ortschaft. Tatsächlich haben der Franzose und Beckdorf gemeinsame Sache gemacht: Auf dem Schiff Brittany sollte von Nazis erbeutetes Gold sicher ins Ausland geschafft werden. Jaques wurde von Beckdorf bezahlt, um das Schiff mittels einer Explosion zu versenken und anschließend die gesamte Besatzung zu erschießen, sodass nur die beiden in Besitz des Wissens um die Koordinaten des Wracks sind. Erschöpft an Land gespült wurde Jaques von Giff gerettet und im Hotel gepflegt, verschwand jedoch eines Nachts spurlos. Beckdorf, der seitdem mit allen Mitteln verhindert, dass Leute in die Nähe des Wracks kommen, erfährt von Terredo, dass sich die Geliebte seines ehemaligen Komplizen in Cabo Blanco befindet und versucht, sich ihrer zu bemächtigen. Giff Hoyt gerät zwischen die Fronten und nimmt den Kampf auf...

Die Filmographie des Regisseurs J. Lee Thompons verzeichnet Klassiker wie "Taras Bulba", Perlen wie "Cape Fear" oder Teile der "Planet der Affen"-Reihe. Ab den 80er Jahren allerdings ließ die Qualität der Filme stetig nach und so finden sich in den letzten Schaffensjahren meistens längst vergessene und durchschnittliche Actionfilme, in denen oftmals Charles Bronson die Hauptrolle spielte wie "Murphys Gesetz", "Ein Mann wie Dynamit" oder "Death Wish IV". Auch "Cabo Blanco" reiht sich in die Reihe der mäßig spannenden Bronson-Streifen der 80er Jahre ein, wobei der Film zusätzlich den Eindruck erweckt, eine verkappte Neuverfilmung von "Casablanca" zu sein. Auch der Bogart-Klassiker weist erhebliche qualitative Schwächen auf, gehörte zu den Routine-Projekten des Golden Age, um den Kalender zu füllen, doch "Cabo Blanco" scheint als Neuverfilmung diese Schwächen nicht auszubügeln, sondern gar zu verstärken. Charles Bronson, der ebenso wie Humphrey Bogart kaum über Minenspiel verfügt, leiert seine Texte sogar inklusive Stocken herunter, Dominique Sanda kann in keiner Sekunde die adrette Ingrid Bergman ersetzen, höchstens Farnando Reys Terredo zwingt einem in seiner plumpen Unbeholfenheit das eine oder andere Lächeln ab. Die Rolle Simon MacCorkindales als junger Forscher Louis Clarkson, der ebenfalls nach der Brittany sucht, ist vollkommen überflüssig und auch Jason Robarts, der anscheinend versucht, seinem Günther Beckdorf durch das zurückhaltende Spiel eine unterschwellige Bedrohung zu verleihen, bleibt völlig blass. Von Thompsons Regietalent lässt sich höchstens in den euphorischen und ausschweifenden Kamerafahrten sowie der Beleuchtung ausfindig machen, die jedoch öfters den Eindruck von gewollt und nicht gekonnt vermitteln. Die mit Blaufilter gedrehten Nachtaufnahmen sind zusätzlich eine Katastrophe und das Potential der hübschen Küste wird zu keiner Sekunde entsprechend genutzt. "Cabo Blanco" ist somit einer von vielen heruntergekurbelten Bronson-Filme, der zusätzlich einen weiteren Schritt nach unten auf Thompsons Karriereleiter bedeutete und noch nicht einmal als ansprechende Unterhaltung überzeugen kann.

Der einzige positive Aspekt des Films dürfte Jerry Goldsmiths Musik sein. Der Komponist hatte bereits mehrere Filme des Regisseurs veredelt wie "The Chairman" oder "The Reincarnation of Peter Proud" und sollte auch fünf Jahre nach "Cabo Blanco" für "Quatermain" mit Thompson zusammen arbeiten. Außerdem hatte sich Goldsmith unter Anderem in der Vertonung von Actionfilmen verdient gemacht und seine Fähigkeiten in "High Velocity" und "Breakout" unter Beweis gestellt, südamerikanische Einflüsse homogen in seine modernistische Klangsprache einzuarbeiten, sodass "Cabo Blanco" wie maßgeschneidert für die Fertigkeiten des Komponisten schien. Goldsmiths vorige Filme "Star Trek: Der Film" und "Alien" sowie nachfolgende Projekte wie "Omen III" waren für große Orchesterbesetzungen konzipiert und auch "Cabo Clanco" verfügt über einen vollorchestraleren Klang beispielsweise "Breakout" oder "Twilight's Last Gleaming", ohne jedoch allzu romantisch auszuufern. Auch ist der südamerikanische Ansatz viel prominenter vertreten und geht über leichte mit Lokalkolorit versehene Einsprengsel weit hinaus. Schon das Hauptthema mit dem beschwingten Walzerrhythmus und der fröhlichen Melodie für Trompeten versprüht von Anfang an lebensfrohes exotisches Flair. Das markante Material für Günther Beckdorf mit den stakkato spielenden Violen und den knackigen Rhythmen der kleinen Trommel verfügt anfangs über keine klare Melodielinie. Stattdessen fängt der Komponist den dekadenten Wohnsitz des Nazi-Verbrechers mit einer ebenfalls südamerikanisch klingenden ausschweifenden Melodie für die Violinen ein. Die Unterwasserszenen zu Beginn erinnern mit den wellenförmigen Trilerfiguren der Streicher und den dumpfen Tönen der Tuba schon fast ein bisschen ans Golden Age, wozu auch der kleine lautmalerische Aspekt beiträgt: mit einzelnen Schlägen des Xylophons imitiert Goldsmith hier Signalzeichen und weist so auf ähnliche Effekt in Leigh Harline U-Boot-Musik zu "The Enemy Below" hin. Um die Nachkriegsära musikalisch einzufangen bindet Goldsmith den Song "The Very Thought of You" als Liebesthema zwischen Hoyt und Alesandra ein, komponierte als Source-Musik für eine Hotelszene sogar eigens einen an die Swing-Ära angelehnten Song, der von seiner Frau Heather gesungen wurde. Die bedrohlichen Suspense-Passagen im Dschungel sind gewohnt avantgardistisch und kammermusikalisch gehalten, wobei auf einzelne Einwürfe exotischer Instrumente wie Marracas, Castagnetten und Marimba- sowie Xylophon nicht verzichtet wird.
Die Musik zu "Cabo Blanco" wurde erstmals 1993 - 13 Jahre nach Erscheinen des Films - von Prometheus Records veröffentlicht und 2004 in identischer Form neu aufgelegt. Beide Alben klingen hervorzüglich und verfügen über einen sehr knackigen und detailreichen Klang sowie recht solide Informationen über den Film und die Musik, die zu den besseren Booklet-Texten des Labels gerechnet werden können. Die Musik ist vollständig auf der CD vertreten, wobei im Film einige Passagen mehrmals verwendet werden. Einzig und allein störend in der chronologischen Reihenfolge ist die Zusammenstellung der mittleren Suspense-Passagen in zwei jeweils sechs Minuten lange Stücke, obwohl die einzelnen Teile hieraus im Film getrennt vorkommen und offensichtlich auch einzeln eingespielt wurden. Das Zusammenfassen von musikalisch unabhängiger Suspense-Passagen mit 12 Minuten Laufzeit am Stück entpuppt sich als leicht anstrengend. Nichts desto trotz bietet dieses Album einen wundervoll reichen exotischen Abenteuerscore des Komponisten aus seiner besten Phase, der wegen der ihn einrahmenden Meisterwerke wie "Alien", "Star Trek" oder "Masada" und "Outland" zu unrecht in Vergessenheit geraten ist.

 

 

The Final Conflict - Barbaras Baby: Omen III

 

Für Damien Thorn, Satans Sohn lief bisher alles nach Plan. Durch seine höllischen Komplizen gelang es ihm seit frühester Kindheit, jeden aus dem Weg zu räumen, der sich seiner Karriere in den Weg stellen wollte. Von seinem Onkel Richard erbte er die Thorn Enterprises, die er zu einem der mächtigsten Unternehmen der Welt ausbaute und ihn zu einem der einflussreichsten Männer der USA machte. Doch Damien sieht sich einer neuen Bedrohung gegenüber: Eine einmalige Sternenkonstellation steht unmittelbar bevor und deckt sich mit einer Prophezeiung, die die Rückkehr Jesu voraussagt. Zur gleichen Zeit gelangt ein italienischer Mönchsorden wieder in den Besitz der sieben Dolche von Meggido – die einzige Waffe, mit der der Sohn Satans getötet werden kann. Die Dolche wurden bei Bergungsarbeiten aus den Trümmern des Thorn Museums geborgen und gelangten über Umwege nach Italien.  Damien Thorn hat keine Ahnung von dieser Bedrohung, sein Ziel ist es, den wiedergeborenen Sohn Gottes sofort zu töten und da alles darauf hindeutet, dass der Erlöser in England zur Welt kommen wird, tritt er in die Fußstapfen seines Vaters und wird durch eine dämonische Fügung der amerikanische Botschafter Großbritanniens. In seinem Geburtsland eingetroffen wird Damien gleich in die höhere Gesellschaft eingeführt und lernt auch die Fernsehmoderatorin Kate Reynolds kennen, der er für ein Interview zusagt. Während der Sendung wird Satans Sohn von einem Mönch mit einem der Dolche angegriffen, doch der Attentäter verfängt sich in einem Kabel, stürzt und löst einen Brand aus, bei dem er selber grausam getötet wird. Damien bleibt unversehrt, aber sein Misstrauen ist geweckt. Somit kann er weiteren Angriffen seitens der Mönche vorbeugen, die ihren Einsatz mit dem Leben bezahlen. Der Druck auf Damien wird dennoch immer größer, denn schließlich ist die Nacht gekommen, in der Jesus in seiner menschlichen Gestalt auf die Erde zurückkehren soll. Der Antichrist schart eine Gruppe höriger Höllendiener um sich, der er einen grausamen Auftrag gibt: Alle männlichen Säuglinge, die in der zwischen 0:00 und 06:00 Uhr am 24. Juni geboren wurden, sollen getötet werden. In den folgenden Tagen häufen sich merkwürdige Begebenheiten, denen unzählige Neugeborene zum Opfer fallen…

 

Der Erfolg der ersten beiden „Omen“-Teile veranlasste Produzent Harvey Bernhard, einen weiteren Teil zu produzieren. Anfangs sollte erneut Richard Donner, der auch bei „The Omen“ auf dem Regiestuhl saß, die Leitung übernehmen, doch seine Auseinandersetzungen bei „Superman II“ hatten zur Folge, dass Donner ebenfalls als Produzent tätig wurde und statt seiner Graham Baker Regie für „Final Conflict“ führte. David Seltzer war nicht mehr für das Drehbuch verantwortlich, doch der neue Autor Andrew Birkin konnte auf eine Menge viel versprechenden Stoff zurückgreifen. Damien war sich ab dem Finale des zweiten Teils über seine Bestimmung und seine Macht völlig im Klaren. Von dem instinktiv handelnden Kind zum an sich selbst zweifelnden pubertären Jugendlichen hatte der Antichrist nun eine Wandlung vollzogen: Er nahm seine Bestimmung an! Damien Thorn ist mit 32 Jahren ein selbstbewusster, erfolgreicher Mann, dem alles zu gelingen scheint. Erneut begleiten wir den bösartigen Protagonisten nun also während seines Feldzugs gegen die Vertreter des christlichen Glaubens und all jene, die sich ihm auf eine erdenkliche Weise in den Weg stellen könnten. Hierbei missachtet der Film sogar einen ganz wichtigen Aspekt der voran gegangenen Teile: Damien kann nur mit allen sieben Dolchen gleichzeitig getötet werden! Das Vorhaben der Mönche, den Antichristen einer nach dem anderen anzugreifen, konfligiert mit Bugenhagens Erläuterungen. Der familiäre Aspekt fällt dabei leider weg, denn von den nahen Angehörigen ist seit dem zweiten Teil keiner mehr am Leben. Auch die fiese Kombination von kindlicher bzw. jugendlicher Unschuld und dem personifizierten Bösen bleibt logischerweise aus. Der erwachsene Damien ist schlicht und ergreifend ein Bösewicht wie viele andere auch. Zwar mit einigen bemerkenswerten Fähigkeiten, aber ein im Großen und Ganzen ein berechnender, starker erwachsener Mann. Er könnte somit also auch vielleicht der Gegenspieler Supermans oder James Bonds sein. Was also bleibt ist die Grundkonstellation in der bemitleidenswerte Gutmenschen, ahnungslose Opfer oder religiöse Fanatiker auf brutale Art und Weise ihr Ende finden. Dieses Konzept war bereits beim zweiten Teil allbekannt und wurde mit einigen brutalen Schockeffekten gewürzt. Ähnlich verhält es sich beim dritten Teil: Hier wurden die Tötungsszenen besonders eindrucksvoll in Szene gesetzt wie der äußerst blutige Kopfschuss, dem der ehemalige US-Botschafter zum Opfer fällt, um Damien Platz zu machen oder der makabre Tod des ersten Mönchs bei der TV-Sendung. Als sei das nicht genug, versuchte man nun den Zuschauer offenbar an einer ganz empfindlichen Stelle zu erwischen: Dem Tod hilfloser Säuglinge. Zwar werden diese Handlungen immer außerhalb der jeweiligen Kameraeinstellung durchgeführt, dennoch muss man sich fragen, ob es nötig ist, über drei Minuten bösartigen Krankenschwestern dabei zuzusehen, wie sie die Sauerstoffversorgung von Brutkästen abdrehen, wie ein Priester einen Säugling bei dessen Taufe erstickt oder eine hypnotisierte Mutter ihren Erstgeborenen mit einem Bügeleisen tötet. Natürlich hinterlassen diese Szenen einen Eindruck, aber ihre Schockwirkung ist nicht durch die fiesen Unfälle, die durch ein Kind herbeigeführt werden, bedingt, sondern durch eine platte Grenzüberschreitung. Letzten Endes tut sich der Film hiermit keinen großen Gefallen und kann auch nicht darüber hinweg täuschen, dass das vorhersehbare Handlungskonzept mittlerweile ziemlich totgeritten wurde. Die darstellerischen Leistungen bewegen sich wie in den vorangegangenen Filmen auf solidem Niveau ohne große Ausbrüche nach oben oder unten. Nachdem man darüber nachdachte, die Hauptrolle mit Marlon Brando oder Gene Hackman zu besetzten, entschied man sich doch für den unbekannten Sam Neill, der seine Sache recht gut macht, manchmal aber ein bisschen zu bemüht rüberkommt. Lisa Harrow muss als Kate Reynolds für das emotionale Gegengewicht sorgen. Eine Aufgabe, die sie soweit es bei ihrer doch kleineren Rolle möglich ist, recht gut meistert Rossano Brazzi als Vater DeCarlo und seine Mönchskollegen gehören mit ihren ganz unterschiedlichen Herangehensweisen zu den interessantesten Gesichtern des Films. Insgesamt ist „The Final Conflict“ ein mittelmäßiger Horrorstreifen, der sogar weit hinter dem zweiten „Omen“-Teil zurück bleibt und kaum über nennenswerte Elemente verfügt, die ihn zu einem würdigen Nachfolger der „Omen“-Reihe machen.

 

Bei einer Filmreihe mit wechselnden Regisseuren und Autoren, in denen entweder alle Hauptpersonen pro Film ums Leben kommen oder in der Fortsetzung von anderen Darstellern gespielt werden und sich von einem Teil zum Anderen Zeitsprünge von mehreren Jahren vollziehen, ist es besonders wichtig, ein Element zu haben, dass alle drei Teile verbindet. Produzent Bernhard wusste somit um die Bedeutung von Jerry Goldsmiths Funktion als Filmkomponist, der er stets einen Teil seiner Aufmerksamkeit einräumte. Goldsmith, der ungerne lange bei einem Projekt verweilte, blieb jedoch „The Omen“ durchweg treu, denn hier konnte er, auch wenn anfangs mit begrenzten Mitteln, seine Konzepte stets umsetzen. Die „Omen“-Reihe spannte dabei den Höhepunkt des Goldsmithschen Schaffens genau ein. Folgten auf „The Omen“ Meilensteine wie „Logan’s Run“, veredelte er 1981 neben „Final Conflict“ auch die TV-Miniserie „Masada“ mit seinen wuchtigen Klezmer-Klängen für Orchester oder den Disney-Spielfilm „Mit dem Wind nach Westen“ mit einer großartigen Abenteuermusik. Standen in der ersten Hälfte seines Schaffens ungewöhnlich modernistische Konzepte und unkonventionelle instrumentale Besetzung im Fokus seiner Kompositionen, so gaben ihm nun die größeren Produktionen die Möglichkeit, mit voll besetzten Orchestern zu arbeiten, die in filmmusikalischen Glanzleistungen wie „Secret of N.I.M.H.“ oder optimistisch kräftiger Kriegsfilmmusik wie „Inchon“ resultierten. Der immer größer werdende Anteil traditioneller Elemente in dem Schaffen des Meisters macht sich auch in dem jeweiligen Ansatz seiner „Omen“-Musiken bemerkbar. Schlug sich der Gegenpol der Elternliebe und der Zerstörungswut des kleinen Satansbraten in dem krassen Gegensatz zwischen lieblicher Melodik und archaischer schwarzen Messen nieder, so wurde der vokale Anteil in der Musik für „Damien: Omen II“ deutlich größer. In fast jedem Stück war nun der Chor zu hören während melodische Anteile stark zurückgingen. „Final Conflict“ entspricht den spätromantisch angehauchten Partituren dieser Zeit und bildet einen deutlichen Bruch zu den beiden voran gegangenen Vertonungen. Es lässt sich streiten, inweifern Goldsmith seine Aufgabe, eine musikalische Klammer um die Filme zu setzen, erfüllt hat. In Bezug auf den Films selbst ist die Musik allerdings über jeden Zweifel erhaben, denn die gewaltigen Klänge verleihen den Bildern erst ihre atmosphärische Dichte und das richtige Tempo.

Für „Final Conflict“ stand dem Komponisten nun das erhoffte große Orchester mit einem ebenfalls üppig besetzten Chor zur Verfügung von dem er auch ordentlich Gebrauch machte. „Final Conflict“ gehört zu den pompösesten und ausuferndsten Werken in Goldsmiths gesamten Schaffen. Der oft heran gezogene Vergleich einer Oper trifft hier allerdings weniger zu. Zwar hat das der Musik fast durchweg anhaftende Pathos etwas künstlich-opernhaftes, allerdings entspricht diese Partitur eher einer gewaltigen spätromantischen Chorsymphonie und bewegt sich außerdem sehr nahe an ähnlich gelagerten Kompositionen des Golden Age – insbesondere Erinnerungen an Miklos Rozsa werden beim Hören von „Final Conflict“ unmittelbar wach.

Jerry Goldsmith griff für den dritten Film auf kein Material des ersten oder zweiten Films zurück. Zwei neue Themen bestimmen wesentlich die leitmotivisch konzipierte Musik: Ein markantes und kräftiges Thema für Damien und eine sanfte Melodie für Jesus und seine sechs Diener, das während der Wiedergeburt des Heilands zu einer grandiosen Hymne gesteigert wird. Damiens Thema eröffnet Film und Musik in einer forschen Darbietung der Hörner und zieht sich wie ein roter Faden durch das Werk. Mal in der Flöte und dem Fagott langsam heranschleichend, mal in voller Streicherbesetzung oder gar vom Orchester mit Chor intoniert ist es fast omnipräsent und brennt sich in das Gedächtnis des Hörers ein. Das Thema Jesu ist nicht minder wandlungsfähig und begegnet uns dank Goldsmiths versiertem Umgang mit seinem Material in immer neuen Facetten. Insbesondere die sanfte Darbietung dieses Themas durch die Streicher während Vater DeCarlos Gebet gehört zu den schönsten Ruhepunkten dieser so oft auftrumpfenden Musik. Den Höhepunkt erreicht das Thema während der Wiedergeburt und des Finales, in denen diese Melodie in vollem Streicher- und Chorsatz dargeboten und von Hornkontrapunkten flankiert wird. Derartige heroische Überhöhungen ist man von Goldsmith nicht sonst gewohnt. Das grausame Ableben der einzelnen Mönche versah der Komponist mit eigenem musikalischen Material. Ein pulsierender elektronischer Effekt liefert das Fundament für aufgebrachte Streicher, Xylophon und stoßhaft gerufene Worte des Chors. Die Szenen, in denen Damien einen Dialog mit seinem wahren Vater hält, vertonte Goldsmith leicht modernistisch. Lang gehaltene Töne der tiefen Streicher, frei- und teilweise atonale Melodien der verhaltenen Holzbläser und einzelne Zupfer der Harfe sorgen für eine befremdliche Atmosphäre. Jenseits dieser situationsbezogenen Elemente komponierte Goldsmith auch mehrere in sich geschlossene Stücke, die wichtige Szenen untermalen. Hierzu gehören die rund fünf Minuten Musik während des fast wortlosen Selbstmordes des US-Botschafters zu Beginn, denn Goldsmith meisterhaft unterlegte. Seufzende Chorlaute, sich dehnende Holzbläsermelodien steigern sich zu einem gewaltigen Höhepunkt, bis dem Politiker schließlich der Hinterkopf auseinander platzt. Zu den größten Würfen der Musik gehört auch unzweifelhaft die Vertonung einer englischen Fuchsjagd, an der Damien teilnimmt. Der galoppierende Rhythmus der Pauke und die treibenden tiefen Streicher bilden das Fundament für eine Hetzjagd der Bläser und Violinen, die Damiens Thema, von dem Tamburin voran gepeitscht, durch Hornrufe und Trompetenfanfaren manövrieren. Goldsmiths Spiel mit musikalischen Klischees und Topoi in Kombination mit seinem markanten Themenmaterial führt hier zu einer wahrlichen Ohrenfreude!

Angesichts der großartigen Qualität der Musik ist es umso erstaunlicher, dass zum Filmstart kein Album erschien. Erst vier Jahre später rettete Varèse Sarabande die Musik durch ein CD-Album vor dem Vergessen. Dieses frühe digitale Produkt litt stark unter der schlechte Tonqualität, sodass Freunde der Musik dank der 2001 erschienenen „Deluxe Edition“ aufatmen konnten. Diese bestach nicht nur durch eine bessere Tonqualität und ein sehr informatives Booklet, sondern zusätzlich neuer Musik, denn nun konnten auch die Suspense-Passagen für Damiens „Gebete“ erstmals losgelöst vom Film gehört werden. Die filmchronologische Sequenzierung legt allerdings ein Problem der Musik offen: Nach der Montage der Säuglinge geschieht in der Musik nicht mehr viel. Beeindruckte Goldsmith in der ersten Hälfte noch durch immer neue Darbietungen seiner Themen kehrt nun deutlicher Leerlauf ein. Alles ab Track 10 Gehörte ist aus der ersten Album-Hälfte bekannt, wurde oft durch wenig interessante Brückenpassagen gestreckt, sodass die Musik leider in der Mitte durchhängt.

Nichts desto trotz handelt es sich bei „Final Conflict“ um ein faszinierendes Werk in Goldsmiths Schaffen. So dicht bewegte sich der Meister kaum in den Sphären der üppigen Spätromantik und bombastischen Golden-Age-Vertonung. Diese Musik hat absolut nichts mit den voran gegangenen Teilen gemein und sollte als eigenständiges Werk betrachtet werden. Dennoch dürften diese bombastischen Klänge bei vielen Freunden der Filmmusik Anklang finden!

 

 

Outland – Planet der Verdammten

In naher Zukunft hat die Menschheit alternative Energieformen entdeckt und die Technik soweit entwickelt, dass auf fremden Himmelskörpern das dafür nötige Titanium abgebaut werden kann. In diesen Minen schuften Arbeiter unter schweren Bedingungen und leben auf engstem Raum in kargen Wohneinrichtungen. Für die Ordnung in solch einem Minenort sorgen Marshals wie William O’Niel, der seit sieben Jahren mit seiner Familie von Himmelskörper zu Himmelskörper versetzt wird. Als O’Niel mit seiner Familie auf den Jupitermond Io versetzt wird, muss sich der Federal Marshal ungewöhnliche Fälle von Suizid unter Minenarbeitern untersuchen. Zur gleichen Zeit stellt ihn seine Frau vor die Wahl: Da sie das Leben auf den spartanischen Raumstationen nicht mehr erträgt, hat sie drei Flüge auf die Erde gebucht, die ihr Sohn noch niemals betreten hat. In der nahe gelegenen Raumstation will sie auf ihren Mann warten, doch der kann noch nicht zurück. O’Niel hat entdeckt, dass die ungeklärten Selbstmorde – teils verbunden mit Gewalttaten gegen andere Arbeiter – von einer Droge herrühren, die den Minenarbeitern von Shepard - dem Stationsleitenden der Minenkompanie - verabreicht wird, um sie zu mehr Arbeit anzutreiben. Bevor er seine Arbeitsstelle verlässt, will O’Niel mit dem korrupten Shepard abrechnen, doch alle Kollegen wenden sich von ihm ab. Alleine gelassen und in der Hoffnung, sich möglichst bald der Familie anzuschließen erwartet der pflichtbewusste Marshal die zwei besten Killer Shepards, die unweigerlich mit dem nächsten Shuttle eintreffen werden, um den unliebsamen Gesetzeshüter aus dem Weg zu räumen…

Der einsame Gesetzeshüter, der den aussichtslosen Kampf gegen den Mächtigen der Stadt aufnimmt und von der Bevölkerung im Stich gelassen wird – das sind Inhalte, die besonders in Western eine große Rolle spielen. „Outland“ könnte durchaus als „High Noon“ im Weltraum bezeichnet werden, doch der britischen Produktion war kein Erfolg beschert und so spielte der Film gerade mal etwas mehr als seine Produktionskosten ein. Diese Aspekte sollten allerdings nicht davon abhalten, sich den Film anzusehen denn „Outland“ ist auch heute noch ein durchaus sehenswerter Film, der sehr gut gealtert ist. Die Miniaturaufnahmen der Minenstation wirken auch heute noch größtenteils echt und durch die erstmals in diesem Film angewandte Frontprojektion konnten Darsteller nun auch hinter Modellen agieren und nicht nur davor. Doch bei all der futuristischen Umgebung und dem technischen Umfeld ist „Outland“ ein Film über alte Werte wie Aufrichtigkeit, Ehrgefühl und Rechtschaffenheit. Regisseur Peter Hyams nutzt die Kulissen und die Effekte als reines Mittel zum Zweck, denn im Zentrum steht der Mensch an sich. Schon nach kurzer Zeit nimmt der Zuschauer die kargen metallischen Einrichtungen der Minenstation als gegeben hin, weil sämtliche Figuren die Technik wie selbstverständlich handhaben, ihre Probleme allerdings genau dieselben wie überall und zu jeder Zeit sind: Familie, Liebe, schwere Arbeit, gewissenhafte Entscheidungen etc. „Outland“ glänzt nicht durch eine sterile Umgebung – im Gegenteil, die abgenutzten Gerüste und grobschlächtigen Anlagen sind rein zweckdienlich. Selbst der Stationsleiter trägt Vollbart und Baseballkappe, denn wer kümmert sich in diesem abgelegenen Winkel noch um ein seriöses Auftreten? Die Schauspieler sind ebenso treffend gewählt wie sie überzeugend spielen. Sean Connery als aufrichtiger Marshal ist die perfekt Besetzung für O’Niel. Ihm zur Seite steht Frances Sternhagen als barsche Medizinerin Marian Lazarus, die allerdings als einzige bereit ist, O’Niel gegen Shepard zur Seite zu stehen. Als gewissenloser Shepard agiert Peter Boyle. Peter Hyams gelang mit „Outland“ ein sehr stimmungsvoller Thriller, in dem der Mensch und seine Probleme, nicht aber das futuristische Umfeld im Mittelpunkt stehen. Mit den überzeugenden Effekten und den fähigen Schauspielern ist der Film auch heute noch sehr sehenswert.

Peter Hyams und Jerry Goldsmith arbeiteten bereits 1978 für „Capricorn One“ miteinander und so wurde der Komponist auch drei Jahre später für „Outland“ engagiert. Für die düstere Umgebung des Jupiermonds Io und die karge Minenstation schuf Goldsmith eine düstere Klangkulisse, indem er besonders die tiefen Instrumente des Orchesters hervorhob und die hin und wieder den orchestralen Klang mit einigen elektronischen Effekten ergänzte. Die lange Kamerafahrt über die Minen zu Beginn des Films unterlegte Goldsmith mit einer brodelnden Klangkulisse, die von tiefen Streichern, Tuba, Kontrafagott und Bassklarinette dominiert wird und ein bisschen an die kurz zuvor entstandenen Klänge für „Alien“ erinnert. Im Gegensatz zu vielen seiner Musiken, die auf einer Grundidee basieren, die im Verlauf des Films variiert werden, baut Goldsmith in „Outland“ nahezu jedes Stück auf einer eigenen Idee auf. Oftmals liegt den einzelnen Stücken ein sehr primitiver Rhythmus zu Grunde, über den sich ein kurzes Motiv legt. Im Verlauf der folgenden Takte folgen die Stücke meistens einem schlichten Spannungsbogen, indem das jeweilige Motiv bis zur Grobschlächtigkeit gesteigert wird. So entwickelt jeder Moment seine eigene Dynamik und Struktur, auch wenn natürlich einzelne Motive in verschiedenen Stücken auftauchen. Neben dem sehr düsteren und klangmalerischen Charakter sind die behutsam eingestreuten Actionpassagen stets sehr brutal gehalten, wobei die Musik durch ihre primitiven und simplen Bausteine den harten Arbeitsalltag widerspiegelt. Für die Szenen innerhalb der Familie O’Niels schrieb Goldsmith einige sehr lyrische Passagen, die wenigstens freitonal, oft aber auch atonal gestaltet sind, ohne ihren warmen Charakter aufzugeben und sich so in die modernistische Partitur ohne Weiteres einfügen, anstatt wie das Liebesthema in „Coma“ oder Kays Thema in „Capricorn One“ abseits des Films in den atonalen Musiken teilweise wie ein Fremdkörper wirken.
Musikalisch wurde bei „Outland“ in der Postproduktion viel geändert, sodass Morton Stevens das Finale sogar komplett neu auf Goldsmiths Material basierend neu vertonen musste, weil der Komponist nicht mehr verfügbar war. Auch die elektronischen Source-Musiken Goldsmiths wurden vollständig durch progressivere Stücke von Richard Rudolph und Michael Boddicker ersetzt. Einige Stücke Goldsmiths wurden im Film auch zu Gunsten von Geräuscheffekten oder beklemmender Stille nicht verwendet.
Zum Filmstart erschien eine LP mit knapp 40 Minuten, die Goldsmith aus seinem Material eigens auswählte und teilweise umschnitt. Hier hat man Gelegenheit, seine Originalmusiken zum finalen Kampf oder die Club-Szene zu hören sowie die im Film nicht verwendete Musik für die Videobotschaft von O’Niels Frau. 2010 machte Filmscore Monthly das erste Mal die vollständigen Aufnahmen plus den LP-Schnitt (bereits vorher zweimal auf CD erschienen) auf einem luxuriös ausgestatteten 2-CD-Set zugänglich.
„Outland“ ist zwar kein filmmusikalischer Meilenstein, aber eine äußerst willkommene Fortführung des in „Alien“ etablierten Klangbilds. Auch wenn Suspense gegenüber der Actionmusik dominiert kommt – zumindest beim LP-Schnitt - keine Langeweile auf, vielmehr ist es faszinierend, wie Goldsmith es wieder einmal schafft, eine derart beklemmende und düster bedrohlich Atmosphäre zu schaffen.

 

 

Night Crossing - Mit dem Wind nach Westen

Josef Keller arbeitet als Handwerker bei seinem Freund und Vorgesetzten Peter Strelzyk in dem kleinen Ort Pößningen in Thüringen, das zur DDR gehört. Kellers ältester Sohn Lukas unternimmt eines Nachts einen Fluchtversuch, bei dem er ums Leben kommt. Daraufhin wird Josef Keller verhaftet und gilt auch nach seiner Entlassung als verschollen. Peter Strelzyk entschließt sich darauf hin, ebenfalls einen Fluchtversuch zu unternehmen, weil er seine Kinder im freien Westen aufwachsen sehen will. Gemeinsam mit seinem Freund Günther Wetzel beschließt Peter, einen Heißluftballon zu bauen, der die beiden Familien Wetzel und Strelzyk über die Mauer fliegen soll. Die Männer beschaffen unter einem Vorwand 1500 Quadratmeter Stoff, die sie im heimischen Dachboden zu einem Ballon zusammen nähen. Dabei ist äußerste Vorsicht geboten, da die Nachbarin der Wetzels mit einem Stasi-Offizier verheiratet ist. Günthers Ehefrau Petra wird immer mehr von Alpträumen geplagt und ziwngt ihren Mann, aus dem Projekt auszusteigen, sodass nun die Strelzyks alleine den Ballon fertig stellen und einen Fluchtversuch wagen, doch kurz vor der Mauerüberquerung versagt die Lufterhitzer und die Familie stürzt ab und kann sich nur knapp retten. Der Ballon wird von der Stasi gefunden, die nun zu ermitteln beginnt. Peter Strelzyk gelingt es, die Wetzels zu einem erneuten Fluchtversuch zu überzeugen, da die Familien nun nicht mehr sicher sind. Erneut muss eine große Menge Stoff besorgt werden, die beide Männer im ganzen Bundesland stückweise zusammen kaufen, doch die Zeit rennt…

1978 gelang den beiden deutschen Familien Wetzel und Strelzyk die spektakulärste Flucht aus der DDR mittels eines selbstgebauten Heißluftballons. Die Aktion löste ein sehr großes Medienecho aus und wurde zwei Jahre später von Disney in einer aufwendigen Verfilmung auf Zelluloid gebannt. Neben den amerikanischen Hauptdarstellern John Hurt (Peter Strelzyk) und Beau Bridges (Günther Wetzel) finden sich auch einige deutsche Schauspieler auf der Besetzungsliste – vor allem in den Rollen der Stasimänner. So schnüffelt Günther Meisner als Major Koerner neben einem wie immer äußerst eleganten und eher schweigsamen Sky Dumont den beiden Familien hinterher. „Night Crossing“ ist jedoch ohne Frage ein reiner Abenteuerfilm und verfügt über klare Einteilungen von Gut und Böse. So ist die Darstellung der Verhältnisse in der DDR äußerst naiv und klischeehaft, wie sich gleich zu Beginn bei der Marktszene zeigt.Als Abenteuerfilm allerdings funktioniert er dank der versierte Regie Delbert Manns, der sich hauptsächlich für leichte Komödien wie „Ein Pyjama für zwei“ oder „Fitzwilly“ verantwortlich zeigte äußerst gut. Die elegant von Kameramann Tony Imi eingefangenen nächtlichen Flugszenen gehören zu den Höhepunkten des Films.

Delbert Mann und Jerry Goldsmith hatten in den voran gegangenen Jahrzehnten an zwei Filmen zusammen gearbeitet: „A Gathering of Eagles“ und „A Girl Named Sooner“. Goldsmith war außerdem für Disney-Produktionen wie „One Little Indian“ verantwortlich und liebte die Fliegerei, weshalb Filme mit derartiger Thematik wie „Blue Max“ von ihm stets mit äußerst opulenter Musik ausgestattet wurden. Auch für „Night Crossing“ schrieb der Komponist eine groß angelegte orchestrale Partitur, die außerdem den Grundstein für nahezu alle seiner Abenteuerscores in den folgenden 20 Jahren legen sollte. Goldsmith arbeitet äußerst detailreich besonders im Umgang mit den Holzbläsern und stellt außerdem seine volle Vertrautheit mit spätromantischen Klangidiomen unter Beweis, sodass sich „Night Crossing“ stark von den voran gegangenen modernistischen Thriller- und Actionpartituren abhebt. Im Mittelpunkt der Musik steht ein sehr frisches und melodisches Thema, das stets mit dem Flug und der Freiheit an sich verbunden ist. Dieses Thema erklingt erstmals hoffnungsvoll in den Violinen bevor es den Flug der Familien als große Hymne für volles Blech mit satter Orchesterunterstützung untermalt. Wie auch in „The Boys From Brazil“ wählte der Komponist als Charakterisierung der deutschen Lande den Walzer, allerdings griff er bei der Instrumentierung etwas daneben, sodass der leicht beschwingte Akkordeon-Walzer eher an französische denn an bodenständige deutsche Volksmusik erinnert. Die Bedrohung durch die DDR wird mit kraftvollen brutalen Orchesterpassagen musikalisch eingefangen, die nicht nur wegen des 11/8-Metrums an ähnlich gelagerte Passagen aus „Capricorn One“ erinnern. Harsche Blechattacken und Stakkato-Streicher, angetrieben von hämmerndem Schlagwerk, stören hier die Walzer-Idylle und bilden einen klaren Gegensatz zum spätromantisch ausgeschmückten Flug-Thema.
Insgesamt erreicht „Night Crossing“ kaum die Originalität von „Chinatown“ oder die Raffinesse von „Logan’s Run“, allerdings fertigte Goldsmith eine sehr gelungene Abenteuerfilmmusik, die vor allem von dem bezaubernden Hauptthema und den fast konzertant auskomponierten Flugsequenzen sowie den mächtigen DDR-Motiven lebt. Ohne Frage klopfte der Komponist hier seinen Abenteuer-Stil fest, auf den er später in „Quatermain“ und „Der erste Ritter“ zurückgreifen wird.
Zum Filmstart veröffentlichte Intrada eine LP mit 47 Minuten Laufzeit aus den Originalaufnahmen, die 1987 auf CD nachgereicht wurde. 1994 erschien eine limitierte CD – ebenfalls bei Intrada – mit der vollständigen Musik in verbesserter Klangqualität. Die erweiterte Fassung ist wie die Erstausgabe seit einer gefühlten Ewigkeit vergriffen, wobei mittlerweile die kürzere CD von 1987 hin und wieder zu moderaten Preisen erhältlich ist. Es ist also höchste Zeit, dass „Night Crossing“ – am besten in der vollständigen Fassung mit einer knappen Stunde Laufzeit – wieder aufgelegt wird, denn auch wenn die Musik kein Meisterwerk ist, so gelang Jerry Goldsmith mit dieser Musik ein äußerst wundervoller und abwechslungsreicher Abenteuerscore.

 

 

1982

 

Poltergeist

 

Steve Freeling arbeitet bei einer Immobilienfirma, die Fertighaussiedlungen für Familien baut. Zu solchen Gegenden zählt auch Cuesta Verde in Kalifornien. Hier lebt Steve mit seiner Frau Diane und den drei Kindern Dana, Robbie und Carol Anne. Eines nachts können wird die Familie von der Stimme der fünfjährigen Carol Anne aufgeweckt, die vor dem Fernseher sitzt und anscheinend ein Gespräch mit jemanden führt, der sich in dem nach Sendeschluss rauschendem Gerät zu befinden scheint, das der Vater zuvor vergessen hatte auszuschalten. In der folgenden Nacht das kleine Mädchen vor dem Fernseher im Schlafzimmer der Eltern. Während sie wieder ein Gespräch führt, schießt eine Art Energiewelle aus der Mattscheibe in die gegenüber liegende Schlafzimmerwand und löst eine heftige Erschütterung aus. Den anderen von dem kleinen Erdbeben aufgeweckten Familienmitgliedern teilt Carol  Anne bloß mit: "Sie sind hier." Am folgenden Tag ereignen sich diverse merkwürdige Vorfälle. So verbiegt Besteck, zerspringen Gläser und ordnen sich die Stühle im Esszimmer auf dem Tisch an. Außerdem scheint es an der Stelle des Esstisches eine Art magnetisches Zentrum zu geben, das diverse Gegenstände anzieht. Nachdem Diane den ersten Schock überwunden hat, findet sie die Vorkommnisse amüsant, doch aus dem Spiel wird bitterer Ernst, als in der folgenden Nacht der alte Baum vor dem Kinderzimmerfenster zum Leben erwacht und nach Robbie greift. In letzter Sekunde kann Steve seinen Sohn aus den knorrigen Klauen des alten Baums befreien, bevor dieser von einem herannahenden Orkan fortgerissen wird. In der Zwischenzeit öffnet sich in dem Wandschrank des Kinderzimmers ein neues Energiefeld, das alle Gegenstände einsaugt. Carol Anne, die sich noch in dem Zimmer befindet wird mit sämtlichen Mobiliar und Spielzeug ebenfalls in das grelle Licht gesogen, das aus dem Schrank scheint. Verzweifelt suchen die Freelings nach der kleinen Tochter und Schwester, bis Robbie schließlich ihre Stimme aus dem Fernseher zu hören meint. Steve Freeling sucht eine Gruppe Forscher der  University of California auf, die sich mit übernatürlichen Phänomenen beschäftigen. Sie können sich schnell von der schlimmen Lage der kleinen Familie überzeugen, durch deren Haus nächtlich geisterhafte Gestalten spuken oder alte Juwelen von der Decke regnen und kommen zu dem Schluss, dass es sich nicht nur um einen bestimmten Geist handelt, der den Freelings das Leben schwer macht. Da erfährt Steven, dass Cuesta Verde direkt auf einem Friedhof erbaut wurde...

 

„Poltergeist“ ist ohne Frage ein Klassiker des Horrorgenres uns schafft es auf faszinierende Art und Weise, neckischen Kinderschreck, phantastische Elemente und brachialen Horror geschickt in eine satirische aber auch idealistische Handlung einzubetten. Obwohl Tobe Hopper, der sich auch für das „Texas Chainsaw Massacres“ verantwortlich zeichnete, alleine als Regisseur aufgeführt wird, trägt der Film dennoch zu großen Teilen Steven Spielbergs Handschrift. Dieser hatte das Drehbuch verfasst und fungierte auch als Produzent, als der er sich seinen Einfluss auf die Produktion gehörig zu nutzen machte. So überwachte er fast täglich die Dreharbeiten und schloss Hopper nach der letzten Klappe von der Postproduktion aus, sodass der eigentliche Regisseur weder beim Schnitt noch der Musik etwas zu melden hatte, obwohl diese Elemente einen wichtigen Beitrag zum Charakter eines Films leisten. Somit kann man „Poltergeist“, ohne Hoopers Arbeit abzuwerten, ohne Frage als Spielberg-Film bezeichnen, denn er enthält alle nötigen wesentlichen Bestandteile. Insbesondere das zentrale Thema das Films, die Liebe zwischen den Familienmitgliedern, die von den bösen Mächten geneidet wird, zieht sch wie ein roter Faden durch Spielbergs Schaffen. Hier ist es alleine die unerschütterliche der Freelings, gegen die die Dämonen machtlos sind. Allerdings fährt „Poltergeist“ nicht die bei einer solchen Thematik erwartete Portion Kitsch auf. Stattdessen hat der Film einen erfrischend satirischen Charakter auf den „American Way of Life“. Neben dem skrupellosen Vorgehen der Geschäftsmänner, die mit den kleinen weißen Vorstadtsiedlungen eines der Markenzeichnen der amerikanischen Wohnkultur produzieren, ist besonders die Ursache des Übels ein neckischer Seitenhieb gegen den amerikanischen Fortschritt. Wenn die Geister aus der Mattscheibe stürmen, sobald die Nationalhymne verklungen ist, handelt es sich nur um eines von vielen ironischen Elementen des Films. Amüsant ist auch die dreiste Schleichwerbung, die Spielberg für seinen Kumpel George Lucas macht, indem er das Kinderzimmer Carol Annes und Robbies mit „Star Wars“-Spielzeug voll stopfte.

Die konsequent exponentiell steigende Auswirkung des Spuks im Haus der Freelings, ist ebenso behutsam wie wirkungsvoll gestaltet. Nach kleineren ungewöhnlichen Vorkommnissen, die in der Entführung und Rettung der kleinen Carol Anne gipfeln, lassen Regisseur und Produzent eine fast barock überfüllte Hetzjagd von klassischen Horrorklischees auf den Zuschauer los. Angefangen bei lebendigen Clownspuppen bis zu massenhaft aus den Boden schießenden Skeletten, die aus ihren Gräbern gespült wurden. Insbesondere die Leichen sind derart übertrieben eingeführt und stehen in so krassem Gegensatz zu den anfänglich fast subtil und manchmal schauderhaft schönen Spukerscheinungen, dass auch hier Spielbergs ironischer Ansatz deutlich zur Geltung kommt. Zu der beeindruckenden finalen Achterbahnfahrt, die mit der Implosion des Freeling-Hauses endet, tragen vor Allem die aufwändigen Effekte bei, die auch heute noch zum größten Teil sehr überzeugend sind. Hier verbrachte die Mannschaft um Richard Edlund mit aufwändigen Verfahren eine wahre Meisterleistung.

Die Darsteller leisten allesamt hervorragende Arbeit. Besonderes Lob gebührt natürlich der kleinen Heather O’Rourke, deren Darstellung von Carol Anne schon fast beängstigend realistisch rüberkommt. JoBeth Williams und Craig T. Nelson geben ein sehr sympathisches Elternpaar und die von der 1,28 großen Zelda Rubinstein gespielte Tangina Barrons avancierte zu Recht zur Kultfigur. Auch das restliche Ensemble spielt sehr überzeugend, sodass „Poltergeist“ auch 30 Jahre nach seiner Entstehung ein atmosphärisches aber gleichzeitig auch unterhaltsames und spannendes Erlebnis bietet.  

 

Seit dem Film „Sugarland Express“ wurden fast alle Spielberg-Filme von John Williams vertont. Da der Produzent die gesamte Postproduktion des Films ohne Tobe Hooper beaufsichtigte, entschied auch er über die Musik und wandte sich in diesem Fall an Jerry Goldsmith, dessen Musik er ebenfalls sehr schätzte, mit dem er als Regisseur jedoch nie zusammen arbeitete. Goldsmith hatte in den frühen 80ern sein Zenit erreicht und seine Musik zu „Poltergeist“ ist ein maßgeblicher Bestandteil dieser Hochphase. Dem Komponisten standen nur zwei knappe Wochen für die Fertigstellung der Partitur zur Verfügung, umso beeindruckender ist letzten Endes das Ergebnis, das ohne Frage zu dessen bedeutendsten Kompositionen gezählt werden muss. Obwohl Goldsmith insbesondere während der späten 70er und den 80er Jahren vermehrt mit Synthesizern arbeitete, verzichtete er vollständig auf den Einsatz elektronischer Klänge und griff stattdessen auf ein voll besetztes Orchester sowie ein 16-köpfiges Gesangsensemble zurück. Die instrumentatorisch und formal filigran gestaltete Partitur wird hauptsächlich von zwei Leitmotiven durchzogen. Das Hauptthema ist eindeutig das Thema für Carol-Anne, eine an ein Kinder- oder Schlaflied erinnernde Flötenmelodie, die mit sanfter Begleitung der Streicher und der Harfe den Vorspann unterlegt. Obwohl die Melodie sehr einfach gehalten ist, ist die Begleitung harmonisch äußerst evaluiert ausgestaltet und setzt eine Vielzahl kleiner Nuancen, die der Melodie insbesondere im Verlauf der Musik immer neue Facetten abgewinnen. Das zweite zentrale melodische Element ist eine modal angehauchte Tonfolge, die stets mit dem Jenseits in Verbindung gebracht wird. Schattenhaft wird es von den Flöten während Carol-Annes erstem Dialog mit den „TV-Menschen“ intoniert und erklingt in der ersten Hälfte des Films oft schattenhaft und versteckt, bevor es sich in vollem Streichersatz entfaltet und bei der Rettung des Mädchens fast hymnisch mit vokalisierendem Chor und vollem Orchester ausgespielt wird. Im Umgang mit diesem Jenseits-Thema stellt Goldsmith sein meisterhaftes Können beeindruckend unter Beweis, indem man bei wiederholtem Hören immer wieder neue Andeutungen an diese Tonfolge in der Musik entdecken kann. Auch Carol Annes Thema wird stets auf’s Neue leicht variiert. Auch für die verwunschene Wohnsiedlung Cuesta Verde schrieb der Komponist ein eigenes Thema in Form einer mysteriösen, zumindest freitonalen Melodielinie, die entweder von der Flöte gespielt oder kühl von den Violinen interpretiert wird. Neben dem vielseitigen Umgang mit dem themaisch-motivischen Material besticht die Musik zu „Poltergeist“ auch mit dem filigranen Umgang des Orchesterapparats. Goldsmith schrieb die Musik in einem mit vielen Anweisungen versehenen Particell mit zwölf Systemen nieder, das dann von Arthur Morton in die vollständige Partitur ausgesetzt wurde. Goldsmith und Morton betrieben bei „Poltergeist“ eine Klangkulinarik, wie sie sonst nur selten bei den Musiken des Komponisten spürbar ist. Schon die einleitenden Minuten vor der Vorspannmusik sind detailliert ausgearbeitet und kombinieren erweiterte Spieltechniken wie gestrichene Crotales und Streicherglissandi mit dem unterkühlten Spiel der Bläser und Violinen zu einem schaurig-schönen Gesamtklang. Auch das unisono-Spiel von Celesta und Harfe während Carol-Annes Thema hat eine seltene glockenhafte Wirkung. Auch der aggressive Einsatz der Ratsche gepaart mit der schrillen Es-Klarinette für die bösartige Clownspuppe gehört zu den Geniestreichen orchestratorischer Raffinesse. Neben fein ausgearbeiteten Suspense-Passagen und den Stücken, die von den Leitmotiven getragen werden, erforderte der Film mehrere Minuten Actionmusik, die Goldsmith auf ebenso hohem Niveau komponierte wie den Rest der Musik. Hier verhehlt der Komponist nicht seine musikalische Nähe zum großen Vorbild Igor Stravinsky, dessen rhythmischen und orchestratorischer Eigenheit sich Goldsmith bedient, ohne plump zu klauen. Rhythmisch ungerade Ostinati stampfen in Schlagzeug und tiefem Blech, während die hohen Bläser schmettern und die Streicher in furiosen Läufen durch die Noten hetzen. Obwohl die Actionpassagen von nackter Gewalt und purem Grauen gezeichnet sind, wurden sie ebenso ausgefeilt instrumentiert wie der Rest der Musik.

Zum Filmstart wurde aus der über eine Stunde langen Musik ein sehr repräsentatives LP-Album von Goldsmith sequenziert. Ende der 90er Jahre veröffentliche Rhino schließlich die Vollständige Musik auf einem hervorragend gestalteten CD-Album. In bester Klangqualität und mit einem dicken, sehr informativen Begleitheft ausgestattet bildete dieses Produkt keine Ausnahme von den anderen ähnlich vorbildlich gefertigten Rhino-Alben. Leider wurde diese CD innerhalb der Jahre sehr selten, sodass ausgerechnet eine von Goldsmiths besten Musiken eine Rarität wurde. Das änderte sich 2010 mit der Neuauflage vieler Rhino-Alben, doch nahezu zeitgleich bereicherte das FSM-Team um Lukas Kendall die Goldsmith-Diskographie um eine weitere hochwertige Perle. In noch besserer Klangqualität, mit einem dem Rhino Begleitheft gewachsenen Booklet und vor Allem mehr Musik lässt die FSM-Doppel-CD nun keine Wünsche mehr offen. Neben mehreren alternativen Fassungen enthält dieses Set nämlich auch erstmals den LP-Schnitt auf CD und mit 10 000 Exemplaren dürfte für alle Freunde der Filmmusik erstmal gesorgt sein. Ob die ebenfalls hervorragende Rhino-Ausgabe oder das Luxus-Set von FSM, diese Musik gehört ohne Frage in jede Filmmusiksammlung!

 

 

The Secret of N.I.M.H – Mrs. Brisby und das Geheimnis von N.I.M.H.

 

Auf dem Feld einer großen Farm lebt die Feldmaus Mrs. Brisby mit ihren drei Kindern, deren Mann vor einigen Tagen auf mysteriöse Tage ums Leben kam. Dabei ist gerade die schlimmste Zeit des Jahres, denn in wenigen Tagen wird der Bauer das Feld durchpflügen und sämtliche Tiere werden gezwungen sein, vor dem riesigen Traktor und dem gefährlichen Pflug zu fliehen. Mrs. Brisbys Wohnung befindet sich in einem alten Zementblock und kann nicht bewegt werden, doch auch ein weiterer Grund hindert die vom Schicksal gebeutelte Maus am Umzug an einen sicheren Ort: Ihr Sohn Tommy hat eine schwere Lungenentzündung und muss das Bett hüten. Der Umzug könnte sein Leben kosten. Mrs. Brisby macht sich auf zu Mr. Ages, einem schwer beschäftigten Wissenschaftler, der ihr ein Medikament gibt. Auf dem Heimweg begegnet Mrs. Brisby der tollpatischigen Krähe Jeremy, die verzweifelt nach einer Freundin sucht und sich beim Versuch, ein Liebesnest für die Zukünftige zu bauen, in unzähligen Schnüren verheddert hat. Mrs. Brisby kann den zappeligen Vogel befreien, doch bald werden die beiden neuen Freunde von dem Kater des Bauern überrascht und können nur knapp entkommen. Zu Hause liefert sich Mrs. Brisbys Schwägerin, Tante Shrew, einen Streit mit den Kindern und warnt deren Mutter, dass bald der Tag des Umzugs sein wird. Schon am nächsten Morgen werden die Tiere von dem Motorgeräusch des Traktors und dem Erzittern er Erde geweckt. Während alle Tiere in Panik fliehen, sieht sich Mrs. Brisby vor einer ausweglosen Situation und wagt das Unmögliche: Mit Tante Shrew erklimmt sie ungesehen den Traktor und durchtrennt die Treibstoffleitung, sodass der Bauer sein Feld zumindest für diesen Tag nicht weiter pflügen kann. Nachdem es der tapferen Witwe vorläufig gelungen ist, die drohende Gefahr für wenigstens einen Tag aufzuhalten, begibt sie sich zu der alten Eule, um diese um Rat zu fragen. Dabei begibt sich die Feldmaus in große Gefahr, denn bisher ist noch niemand lebend zurückgekehrt, um von einer Begegnung mit der Eule zu berichten. In der kommenden Nacht macht sich Mrs. Brisby zu dem ehrwürdigen Vogel auf, der ihr rät, die Ratten um Hilfe zu bitten, das Haus in den "Schutz des Steines" zu versetzen. Am nächsten Tag sucht Mrs. im Rosenbusch vor der Farm den Eingang in das Reich der Ratten, als ihr Mr. Ages zu Hilfe kommt. Gemeinsam erkundet die Witwe mit dem Wissenschaftler ein geheimnisvolles unterirdisches Reich...

1979 verließen insgesamt elf Mitarbeiter von Disney die Firma, um ein eigenes Unternehmen auf die Beine zustellen. In Don Bluths Garage entstanden die ersten kurzen Projekte, unter Anderem auch eine kleine Sequenz für den Film "Xanadu", bevor das kleine Unternehmen mit Aurora Productions einen Vertrag abschloss. Aurora Productions wurde nämlich ebenfalls zuvor von ehemaligen Disney-Mitarbeitern gegründet. Man erwarb die Rechte für das Buch "Mrs. Frisby and the Rats of NIMH", das 1972 Disney angeboten, von dem Studio allerdings abgelehnt wurde. Zeit und Geld waren relativ knapp, doch die Arbeiter von Don Bluth Productions mit viel Leidenschaft bei der Sache. "Mrs. Brisby und das Geheimnis von NIMH" ist der erste Film der neu gegründeten Don Bluth Productions und auch wenn man in jedem Bild des detailreichen und liebevoll gestalteten Films die Wurzeln der Macher erkennen kann, so unterscheidet sich "Mrs. Brisby und das Geheimnis von NIMH" dennoch deutlich von Disney-Produktionen. Schließlich war es das Ziel der Macher, an die goldene Ära des Zeichentricks anzuknüpfen und eine stringente Handlung mit starken Charakteren zu erzählen. Somit entstand ein herrlich anzusehender Zeichentrickfilm, der auch heute noch durch seinen altmodischen Charme besticht. Der Tenor des Films ist allerdings sehr düster und somit ist "Mrs. Brisby und das Geheimnis von NIMH" nur bedingt als Kinderfilm geeignet. Wenn Spinnen zu grünem Schleim zerquetscht werden, sich die Ratten mit Schwertern die Brust aufschlitzen und im Schlamm ihren letzten Atem aushauchen, könnten bei kleineren Zuschauern Albträume die Folge sein. Als reiner Erwachsenenfilm vermag "Mrs. Brisby und das Geheimnis von NIMH" allerdings auch nicht zu überzeugen. Zu sehr sind die Protagonisten an klassische Disney-Kinderfilme angelehnt, zu albern der Charakter Jeremys und teilweise zu naiv die Handlung an sich. Es dürfte das hauptsächliche Problem des Films sein, eine klare Zielgruppe anzusprechen. Darüber hinaus bietet "Mrs. Brisby und das Geheimnis von NIMH" für Zeichentrickfreunde allerdings einen wahren Augenschmaus und hat auch heute dank der mühevollen und detaillierten Optik nichts an Atmosphäre und Stimmung verloren.

 

„Mrs. Brisby und das Geheimnis von NIMH“ war der erste von zwei Ausflügen in das Animationsgenre von Jerry Goldsmith, der sich bei der Vertonung dieses Zeichentrickfilms einer großen Herausforderung gegenüber sah. Der Komponist hatte wenige Jahre zuvor mit der Musik zu „Capricorn One“ seinen eigenen Stil im Actiongenre gefunden und durch die modernistischen Komposition zu „Alien“, „The Omen“ und „Poltergeist“ seinen Ruf als Neuerer gefestigt. Zur Entstehungszeit von „Mrs. Brisby und das Geheimnis von NIMH“ befand sich Jerry Goldsmith also auf dem Höhepunkt seines Schaffens und so überrascht es wenig, dass ihm auch mit dieser Musik eine hervorragende Partitur gelungen ist. Dabei stand für den Komponisten von vornherein fest, dass dieser Film eine seriöse Vertonung verlangte und jede Form von comichaftem Mickey-Mousing der bedrohlichen Atmosphäre des Films geschadet hätte. „Mrs. Brisby und das Geheimnis von NIMH“ ist dennoch teilweise von der für Zeichentrickfilme eigenen dramaturgischen Hektik und Kurzatmigkeit geprägt, sodass sich Goldsmith entschied, möglichst große musikalische Bögen zu komponieren, die den einzelnen Szenen eine kongruente Stimmung verleihen und teils harsche Übergänge zu glätten. Für die Musik standen dem Komponisten ein voll besetztes Orchester sowie ein Chor zur Verfügung. Auf elektronische Elemente, die Goldsmith zu dieser Zeit immer häufiger in den akustischen Klang mischte. Auch die für den Komponisten typischen modernen Einschläge wurden größtenteils zurück genommen, sodass mit „Mrs. Brisby und das Geheimnis von NIMH“  eine fast traditionelle Fantasymusik vorliegt, die so auch zu einem Realfilm erklingen könnte. Goldsmith setzt sein großes Instrumentarium jedoch meistens nur verhalten ein, bedient sich durch Kombination der einzelnen Instrumentengruppen unterschiedlicher Klangfarben und setzt nur in Ausnahmen auf wuchtige Orchestertutti. Auch der Chor dient nicht als voluminöse Erweiterung des Orchesters, sondern wird – stets vokalisierend – als eine eigene Klangschicht ähnlich den Streichern gehandhabt. Durch den bogenhaften und übergreifenden Ansatz der Musik komponierte Goldsmith mehrere Stücke von einer Länge über fünf Minuten, die fast konzertant aufgebaut sind und über eine eigenständige musikalische Dramaturgie verfügen. Dazu bauen viele Stücke auch auf eigenem melodischem Material auf, dennoch ist die Musik mit einigen Leitmotiven versehen. Als Hauptthema dient das sanfte Thema für Mrs. Brisby selbst, das auch disneyhaft als Lied im Film erklingt. Für die tollpatschige Krähe Jeremy komponierte Goldsmith eine heitere Melodie, die meistens von der Klarinette und dem Fagott gespielt wird. Die fremdartige Musik für die unterirdische Welt der Ratten vertonte Goldsmith größtenteils mit modal angehauchten melodischen Linien, die von Männerchor und den tiefen Streichern getragen werden.

Zum Filmstart erschien ein LP-Album mit der fast vollständigen Musik, die Anfang der 90er Jahre bei Varèse als CD erschien und zehn Jahre später erneut in chronologischer Reihenfolge neu aufgelegt wurde. 

 

 

Inchon

Barbara, die Frau von U.S. Major Frank Hallsworth lebt in einer kleinen Ortschaft nahe des 38° Breitengrades in Südkorea. Ihr Mann Frank befindet sich in der Hafenstadt Inchon, wo er eine Affäre mit der Koreanerin Lim hat, von der er sich allerdings trennen möchte. Im Juni 1950 überschreiten kommunistische nordkoreanische Truppen die Grenzen und fallen in Südkorea ein, sodass Barbara schnell fliehen muss. Auf der Flucht wird erst ihr Fahrer erschossen und wenig später vertraut ein alter Mann ihr seine fünf Enkelkinder an, damit sie sicher aus dem Kriegsgebiet gebracht werden. Zeitgleich macht sich Frank sofort mit seinem Freund Sergeant August Henderson auf, seine Frau zu retten. Schließlich findet Henderson Barbara mit den Kindern auf einer abgelegenen Straße, da sie wegen einer Autopanne nicht weiter können. Währenddessen stellt General Douglas MacArthur in Tokyo fest, dass er der einzige ist, der Südkorea im Moment zu Hilfe eilen kann und entwickelt einen riskanten Plan: Amerikanische Truppen sollen in der Nacht im Hafen von Inchon landen, von dort aus in das Festland vordringen und die Nachschubwege der Nordkoreaner abschneiden. Das Gelingen des Vorhabens, das den Wendepunkt im Verlauf des Krieges markieren könnte, hängt von einem kleinen Leuchtturm ab. Frank Hallsworth soll mit einem Spezialtrupp die Wächter überwältigen und mit Hilfe des Leuchtturms den Schiffen in der Dunkelheit Signale senden, doch beim Eindringen werden sie von den Kommunisten entdeckt…

„Inchon“ dürfte zu den obskursten Einträgen in der Geschichte des Kinos zählen: Sun Myung Moon hatte nach eigenen Angaben am Ostersonntag 1935 eine Vision von Jesus, der ihn bat, seine Mission zu vollenden, woraufhin Moon die „Vereinigungskirche“ gründete. Mitglied dieser religiösen Bewegung war Zeitungsherausgeber Mitsu Haru Ishi, der behauptete, Gott habe ihn mit einem Film beauftragt. Nachdem man in Erwägung zog, das Leben Jesu oder Elvis Presleys zu verfilmen, kontaktierte man 1978 den Geist MacArthurs durch die Astrologin Jeanne Dixon, der anscheinend von dem geplanten Filmprojekt angetan war. Sun Myung Moon unterstützte die Produktion mit 30 Millionen Dollar, bestand allerdings darauf, dass sein Name nicht mit der Produktion des Films in Verbindung gebracht werde und erscheint im Vorspann als „Rev. Sun Myung Moon: Special Advisor on Korean Matters“. Die Dreharbeiten zogen sich allerdings lange hin, mehrere Male stockte das Vorhaben und als sämtliche Versuche gescheitert waren, finanzielle Unterstützung von japanischen Banken zu bekommen, wurde „Inchon“ mit Gesamtkosten von 46 Millionen Dollar und weiteren 11 Millionen Werbekosten komplett von der „Vereinigungskirche“ finanziert. An den Kinokassen war „Inchon“ allerdings alles andere als erfolgreich, nahm gerade einmal 2 Millionen Dollar ein und ist somit der größte Flop des Jahres 1982. „Inchon“ erschien weder auf VHS oder DVD und wird nur gelegentlich im amerikanischen Fernsehen ausgestrahlt.
Abgesehen von der äußerst kruden Vorgeschichte, der von Schwierigkeiten jahrelang aufgehaltenen Produktionen entpuppt sich „Inchon“ letzten Endes jedoch nicht als einer der „schlechtesten Filme aller Zeiten“, als der er gerne bezeichnet wird, vielmehr ein in jeder Hinsicht überflüssiger Film mit unzähligen Makeln. Blickt man allerdings nur auf die Namen von Stab und Besetzung scheint das Geld allerdings gut angelegt: Terence Young – hauptsächlich bekannt für seine Regie bei „Thunderball“ und „From Russia with Love“ – wurde von Jeanne Dixon vorgeschlagen, Autor Robin Moore schrieb die Romanvorlage für „French Connection“ und Komponist Jerry Goldsmith war gerade auf der Höhe seines Schaffens angelangt, Laurence Olivier und Toshiro Mifune finden sich auf der Besetzungsliste. Der Film beginnt mit einem Text, der deutlicht macht, dass es sich hierbei nicht um eine Dokumentation des Koreakrieges handelt und man – so man es für angemessen oder nötig hielt – Tatsachen verändert oder Gegebenheiten erfunden hat, um den Film dramatischer zu gestalten. Von diesem Vorsatz macht der Film regen Gebrauch, sodass „Inchon“ eine Aneinanderreihung möglichst explosiver Kriegsszenen, in Massen gemetzelter unschuldiger Südkoreaner und völlig platten Liebesgeschichten bildet, die mit Anachronismen nur so gespickt ist. Hierzu gehören neben der völlig in den 80ern verhafteten Maske Jacqueline Bissets auch digitale Armbanduhren. Völlig unnachvollziehbar ist auch die Funktion einer Journalistengruppe, die hin und wieder auftaucht und in der Dreiecksbeziehung um Frank Hallsworth hat man es sich ebenfalls viel zu leicht gemacht. Bei der Besetzung der Rolle MacArthurs mit Laurence Olivier hat man zusätzlich einen größtmöglichen Fehler gemacht. Olivier, der keinen Hehl daraus machte, dass ausschließlich die Gage von einer Million Dollar für seine Teilnahme an der Produktion verantwortlich war, sieht MacArthur weder ähnlich, noch schafft es, in seiner Rolle als General glaubwürdig zu sein. Teils eher an Shakespeare’sche Helden erinnernde Theatralik mischt sich mit viel zu resignierend sinnenendem Hang zum Selbstzweifel. Das Meiste Geld ist offensichtlich in die immerhin sehr beeindruckende und oft minutenlang ausgekostete Pyrotechnik geflossen, sodass „Inchon“ höchstens noch als Actionfilm funktionieren könnte. Wenn dem Zuschauer allerdings unzählige Male penetrant die Grausamkeit nordkoreanischer Soldaten vorgehalten wird, indem man immer wieder Massenhinrichtungen, attackierte Reisbauern oder blutige Leichen im Straßengraben zu sehen bekommt, wehrt man sich bei dieser offensichtlichen Manipulation schon aus reinem Trotz gegen jede emotionale Regung
„Inchon“ gehört zu den Filmen, die sich als viel unspektakulärer und bedeutungsloser entpuppen, als die bizarren Geschichten, die sich um ihre Entstehung ranken und es stellt keinen Verlust dar, sollte der er bis in alle Ewigkeiten unbeachtet in den Archiven der TV-Sender schlummern.

Jerry Goldsmiths Karriere erreichte zwischen den späten 70er und frühen 80er Jahren das Zenit. Neben prägenden Meilensteinen der Filmmusik wie „Capricorn One“, „Alien“ oder „Poltergeist“ entstanden zusätzlich viele Arbeiten auf äußerst hohem Niveau. Hierzu zählen die großorchestrale Partitur zu „Night Crossing“, die raffinierte Actionmusik zu „The Challenge“ und die groß angelegte Komposition zu der TV-Miniserie „Masada“. Auch „Inchon“ gehört zu den handwerklich sauber gefertigten Partituren, die zwar nicht die Bedeutung und Kreativität eines „Star Trek“ erreichen, aber ohne Frage weit über rein routinierte Arbeiten anzusiedeln sind. In den 60er und 70er Jahren schuf Goldsmith insbesondere im Genre des Kriegsfilms modernistische und kompositorisch sowie intellektuell herausragende Werke. Die Musik zu „Inchon“ ist um einiges glatter, konventioneller und oberflächlicher gestrickt, weiß aber dennoch zu unterhalten. Für die Vertonung stand Goldsmith ein durchschnittlich besetztes Symphonieorchester zur Verfügung, dessen Möglichkeiten er voll auskostet. Neben heroischen Melodien für’s Blech, raffinierten Suspense-Passagen und temporeichen Actionmomenten überzeugt „Inchon“ besonders durch die thematische Vielfalt. Zu den prominentesten Einfällen dürfte das noble Hornthema für General MacArthur zählen, das mit der Schlagzeugunterstützung und statischen Streicherteppichen der später entstandenen Titelmusik zu „Air Force One“ sehr nahe steht. Das südkoreanische Volk ist mit zwei melodischen Elementen repräsentiert: Zum einen durch ein Fünf-Noten-Motiv, das mit dem pentatonischen Einfluss klischeehaft asiatisch klingt sowie einer koreanischen Volksmelodie für die fünf Kinder, die mit Barbara fliehen. Diese liebliche Melodie erklingt oftmals in den Holzbläsern und einmal solistisch in der Violine, während Goldsmith das für Lim stehende Fünf-Noten-Motiv deutlich drastischer variiert. Mal als sanfter Holzbläserakkord instrumentiert erklingt das Motiv einige Minuten später als verzweifelte Figur der Blechbläser oder schwelgerische Linie in den Streichern. Goldsmith komponierte sogar ein schwelgerisches Liebesthema, das nur einmal im Film erklingt und von der melodischen Gestaltung an viele später folgende thematische Einfälle der 90er Jahre erinnert und auch der Hafen wurde mit einem Motiv aus sechs Tönen bedacht, das die Musik wie einen roten Faden durchzieht.
Goldsmith komponierte eine knappe Stunde Musik für den Film, der allerdings oft umgeschnitten wurde, sodass fast kaum ein Stück in voller Länge erklingt und manchmal auch in völlig anderem Kontext als vom Komponisten vorgesehen eingesetzt wird. Wie die Filmproduktion selbst gestaltete sich die Aufnahme der Musik als schwierig, da Goldsmith als Aufnahmestudio ein Weinkeller in Italien zur Verfügung stand und die Musiker im Orchester oft wechselten. Da ausgiebige Proben somit unmöglich waren und die Musiker nur über durchschnittliche Fertigkeiten verfügten lassen sich neben einer viel zu trockenen Akustik und Nebengeräuschen auch spieltechnische Fehler schnell ausfindig machen. Ein viel größeres Problem ist allerdings die allgemeine Klangqualität ohne jede Tiefe, blechern und viel zu schrill, was besonders bei dem massiven Einsatz von kleiner Trommel immens stört. Es scheint fast, als ob die Aufnahmen mindestens zehn Jahre älter als sie wirklich sind.
Trotz des Misserfolges des Films, der mäßig ausreichenden Spielfertigkeit des Orchesters und der dürftigen Akustik konzipierte Goldsmith aus den Filmaufnahmen ein äußerst gelungenes Album von 38 Minuten Laufzeit, das auf LP gepresst wurde. Stücke wurden hier kombiniert, leicht gekürzt oder auch in Filmreihenfolge zu einem sehr gut fließenden für sich stehenden Musikerlebnis zusammengestellt. 1988 erschien bei Intrada eine erweiterte CD-Veröffentlichung der Musik, die jedoch aus der chronologischen Filmreihenfolge gebracht war aber die fast vollständige Musik enthielt, wobei Goldsmith seine leicht umgeschnittenen Album-Versionen übernahm, sodass drei Minuten fehlten. Die definitive Veröffentlichung der Musik erfolgte 2004 in einem Doppel-CD-Set, dass die LP-Fassung auf CD 1 und die komplette Filmmusik auf CD 2 enthält. Man bemühte sich, die fast nicht mehr zu rekonstruierende Filmreihenfolge möglichst beizubehalten und fügte nicht verwendete Stücke dramaturgisch sinnvoll ein, sodass ein guter Hörfluss beibehalten wurde. Ein sehr informatives Booklet rundet das Erlebnis ab. Das Doppel-CD-Set war innerhalb von 24 Stunden ausverkauft und ist mittlerweile zu einem äußerst raren Sammlerobjekt geworden. Es bleibt zu hoffen, dass eine bald Wiederveröffentlichung in Angriff genommen wird, denn für die momentanen Preise lohnt das Set angesichts der klanglichen und spieltechnischen Unterschiede nur für extreme Goldsmith-Verhrer. Die Musik an sich verfügt allerdings über mehrere Vorzüge und sollte daher auch einer interessierten aber nicht sammelwütigen Käuferschaft wieder zugänglich gemacht werden denn neben „Night Crossing“ und „Quatermain“ gehört auch „Inchon“ zu den Werken, die den Grundstein für die orchestralen gradlinigen Abenteuermusiken des Komponisten in den 90er Jahren legten.

 

 

First Blood - Rambo

Vietnam-Veteran John Rambo zieht nach seiner Rückkehr aus dem Krieg durch das Land und schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch. Als er den letzten überlebenden Freund aus seiner einstigen Elite-Einheit besuchen möchte, erfährt Rambo, dass dieser an Krebs gestorben ist. Nun völlig allein gelassen zieht der Ex-Soldat weiter und möchte in der nahe gelegenen Ortschaft Hope etwas essen, doch der ansässige Sheriff Will Teasle sieht in dem heruntergekommenen Veteranen einen Störenfried und verhaftet ihn wegen Landstreicherei. Schon gleich zu Beginn seiner Untersuchungshaft im Polizeigebäude wird Rambo von den Beamten gequält, lässt dies allerdings widerstandslos mit sich geschehen, bis zu dem Zeitpunkt, als die Polizisten ihn rasieren wollen. An seine Folter während der Kriegsgefangenschaft erinnert wird Rambo panisch und kann aus dem Gebäude in die anliegenden Berge entfliehen. Zuerst macht Teasle Jagd auf ihn doch schon bald wird ihm klar, dass er Verstärkung benötigt. Der Gegner hat sich im Wald verschanzt und schaltet mittels selbst gebauter Fallen einen Kleinstadtpolizisten nach dem anderen aus, die bald die Nationalgarde zu Hilfe holen. Die spektakuläre Jagd entwickelt sich bald zu einem Medienereignis und kurze Zeit später trifft auch Colonel Sam Trautman ein, Rambos ehemaliger Offizier und Ausbilder. Er versucht, Teasle davon zu überzeugen, den in die Enge gedrängten Veteran laufen zu lassen und einige Zeit später ohne großen Aufsehens zu verhaften, doch der Kleinstadtsheriff ist längst von Rachsucht verblendet…

Autor David Morrell wurde zu 1968 seinem Roman „First Blood“ inspiriert, als er in einer Zeitung von einer Gruppe Hippies las, die aus einer Kleinstadt gejagt wurden. In Morrells Roman ist John Rambo eine perfekte Kampfmaschine, die viele Polizisten und Soldaten der Nationalgarde tötet, bevor sein ehemaliger Ausbilder Captain Trautman ihm den Kopf mit einer Schrotflinte wegschießt, nachdem Rambo Sheriff Teasle tödlich getroffen hatte. 1972 verkaufte Morrell die Rechte an Columbia, die sie weiter an Warner Bros. verkauften, doch man hielt das Publikum noch nicht für bereit, einen kritischen Film über den Vietnamkrieg zu sehen, sodass das Drehbuch durch unzählige Hände ging und Schauspieler wie Terence Hill, John Travolta, Burt Reynolds oder Clint Eastwood wurden für die Rolle des Veteranen gehandelt. Als der recht erfolglose und weniger prominente Sylvester Stallone für die Rolle verpflichtet wurde, war man zunächst skeptisch, doch die Wahl erwies sich als Glücksgriff, da der Sohn einer italoamerikanischen Familie vorbehielt, Änderungen am Drehbuch vorzunehmen. Auf Stallones Rat hin wurde die Figur des John Rambo deutlich entschärft. Anstatt als losgelassene Kampfmaschine zu wüten, versucht der Charakter im Film mehrmals, Schlimmeres zu verhindern. Rambo kämpft im Wald mit im Krieg erworbenen Guerilla-Techniken und nicht hauptsächlich mit erbeuteten Waffen. Die größte Änderung wurde allerdings zum Finale vorgenommen, denn Teasle sowie Rambo überleben, da Stallone der Meinung war, dass das originale Ende, das bereits gedreht war, die Zuschauer vor den Kopf schlagen würde, die während des Films mit Rambo mitfühlen würden. Die bewegende Rede, in der Rambo zum Ende in Tränen ausbricht, war für die damalige Zeit höchstwahrscheinlich noch viel beklemmender und unangenehmer als für heutige Zuschauer. Einzig die Aussage, dass Anti-Vietnamkrieg-Demonstranten zum Zusammenbruch des Veteranen mit verantwortlich sind, nimmt der ansonsten kompromisslosen Kritik Wind aus den Segeln.
In Szene gesetzt wurde „First Blood“ von Regisseur Ted Kotcheff, der das wundervolle Bergpanorama um die Kleinstadt Hope perfekt zu nutzen wusste, doch auch bei den Actionszenen sowie den Dialogen stellt Kotcheff sein Talent unter Beweis. Besonders der Unterschied zwischen dem erfahrenen Rambo und den Wochenendsoldaten der Nationalgarde, die am Montag wieder hinter dem Ladentisch stehen müssen, wird hervorragend heraus gearbeitet. Die Verfolgungsjagden und das explosive Finale sind nie zu schnell geschnitten sondern verfügen über genau das Tempo und die Länge, die sie benötigen.
Sylvester Stallone entpuppt sich als ideale Wahl für die Rolle des Rambo, dessen Gegenspieler Teasle von Brian Dennehy verkörpert wird. Besonders Dennehys Interpretation des erst leicht sadistischen Sheriffs, der vom Ehrgeiz gepackt wird und später vor einem Scherbenhaufen steht, entgleist niemals in Übertreibung oder unangebrachte Bösewicht-Manierismen. Richard Crennas Colonel Trautman mit seiner militärischen Strenge und ruhigen Vertrauen in seinen Zögling rundet die engagierte Besetzung ab. Insgesamt ist „First Blood“ viel mehr als ein stupider Actionfilm, denn die intensive Stimmung dank Kotcheffs Regie, das kongruente Spiel der Darsteller und die transportierte Botschaft machen diesen Streifen zu einem äußerst wichtigen und wertvollen Film.

Jerry Goldsmith hatte seine schon in frühesten Jahren während seiner ersten Filmmusiken und im Fernsehbereich entwickelten Elemente von Actionvertonungen 1978 mit „Capricorn One“ vollständig ausgelotet, doch erst vier Jahre später sollte der Komponist auf dieser Basis eine Musik kreieren, die sich nicht nur für seine Karriere sondern für viele nachfolgende Musiken von Kollegen als wegweisend entpuppen sollte. Im Mittelpunkt steht das Hauptthema für John Rambo, welches ein weiterer Beweis für Goldsmiths psychologisches Gespür bei der Entwicklung eines Hauptthemas unter Beweis stellt: Zu Beginn nur für Gitarre und Solotrompete instrumentiert stoßen hier die beiden Hauptmerkmale Rambos musikalisch aufeinander: Die Gitarre, ein Instrument aus der Volksmusik, verdeutlicht Rambos Landstreicherleben während seine militärische Karriere von der Solo-Trompete widergespiegelt wird, deren Zapfenstreichcharakter zusätzlich verrät, dass der Protagonist nicht mehr Mitglied der Armee ist. Die Melodie ist melancholisch, versprüht aber gleichfalls eine ordentliche Portion Stolz und unterstreicht somit Rambos Charakter. Während des anderthalb Minuten dauernden Vorspanns ist der Zuschauer dank Goldsmiths sorgfältig etablierter Musik voll im Bilde, bevor der Film richtig begonnen hat. Außerdem schrieb Goldsmith ein kurzes Nebenmotiv für zwei Trompeten, dessen resignierender Charakter von Hoffnungslosigkeit geprägte Momente unterstreicht.
Doch abseits dieser bemerkenswerten Elemente steht in dieser Musik definitiv die Actionvertonung an erster Stelle. Wie zu erwarten strukturierte Goldsmith seine rasanten Actionpassagen mittels eines rhythmischen ungeraden Ostinatos, dass im tiefen hautpsächlich im tiefen Register des Klaviers ertönt und von einem metallen schnarrenden Syntheffekt verstärkt wird. Der Komponist verlässt sich bei „First Blood“ durchgängig auf die Rasanz und Stärke dieses Ostinatos und setzte derartige Passagen fast kammermusikalisch aus. Wer dicke orchestrale Gewalt voller Orchesterbesetzungen erwartet wie in „The Swarm“ ist hier fehl am Platz. Die Musik entwickelt ihr Tempo und ihre Kraft durch den Charakter, weniger durch die oft im Zaum gehaltene Instrumentierung. Daher stechen größer besetzte Passagen viel stärker hervor – insbesondere wenn das Ostinao in den Violinen oder gar den Hörnern erklingt.
Außerdem fällt auf, dass Goldsmith die beiden langen Verfolgungsjagden auf motorisierten Vehikeln komplett unvertont lässt.
Insgesamt vertonte Goldsmith fast die knappe Hälfte des Films und schnitt für die LP-Veröffentlichung zum Filmstart aus den originalen Aufnahmen eine interessante Albumzusammenstellung, in der die Musik fast komplett enthalten, aber völlig außer Reihenfolge gebracht war. Die erste CD-Auflage erschien bei Intrada und wurde von Varèse einige Jahre später in recht bescheidener Klangqualität mit einem weiteren Stück neu aufgelegt. 2011 veröffentlichte Intrada zum 25. Geburtstag die vollständige Musik erstmals in Filmversion plus Albumversion auf einem Doppel-CD-Set, das keine Wünsche übrig lässt und auch klangtechnisch über jeden Zweifel erhaben ist. Das dicke Booklet ist allerdings mit der Geschichte des Labels und nostalgischen Erinnerungn gefüllt und enthält kaum Informationen zum Film oder der Musik, doch in Anbetracht der Bekanntheit des Films und der Musik ist das verzeihlich. „First Blood“ sollte jedenfalls (am Besten) in der Doppel-CD-Edition in keinem heimischen Filmmusikarchiv fehlen.

 

 

1983

 

Psycho 2

1982 veröffentlichte Robert Bloch ein Buch mit dem Titel "Psycho II", das die Slasher-Filme Hollywoods darstellt. Universal, die sich anscheinend mehr von dem Roman versprachen, ließen Drehbuchautor Tom Holland eine eigene Version schreiben, in der Norman Bates als geheilt aus der Anstalt entlassen wird und sein Motel wieder eröffnet und die von Regisseur Richard Franklin eigentlich für's Fernsehen gedreht werden sollte.

Was nahezu keder gesunde Menschenverstand zuerst als Sakrileg verstehen würde, entpuppt sich allerdings als ein gut funktionierender und spannender Thriller, auf dem jedoch deutlich das Gewicht von Hitchocks "Psycho" lastet und der somit nie frei atmen kann. Auch als Rezipient ist man leider zu voreingenommen. Immerhin zollt Franklin dem Oiginal viel Respekt, sodass man viele Einstellungen und Kamerafahrten aus "Psycho " - dieses Mal allerdings in Farbe - wieder erkennt. Die Handlung zeichnet eine deutliche Spannungskurve, die immer wieter zu einem rasanten und fast chaotischen Showdown zuläuft und sich rasche entlädt, den Zuschauer allerdings etwas zweifelnd zurück lässt, bevor das richtige Ende einsetzt. Als eigenständiger Film hätte da gut was draus werden können, so allerdings verhinderte man dank engagierter Regie und Darstellern eine Katastrophe.

Jerry Goldsmith und Richard Franklin arbeiteten bei "Psycho II" erstmals mit einander ("Link" sollte vier Jahre später folgen). War Bernard Herrmanns Musik für Streichorchester zum Original ein absoluter Meilenstein, dürfte "Psycho II" in keiner Top-Ten-Liste von Goldsmiths Werken auftauchen, trotzdem schrieb er hier eine wirkungsvolle und interessante Musik, die man im oberen Mittel seines Schaffens ansiedeln könnte. Anders als die Vorgängermusik verfügt der Score zu "Psycho II" über ein einprägsames Hauptthema. Diese lyrische Melodie wird von einem flötenähnlichen Synthesizer vorgetragen zu dem das Klavier eine sparsame Akkordbegleitung beisteuert. In den Spannungsmomenten (und derer gibt es reichlich) greift Goldsmith auf klassische Effekte wie Streicherglissand oder nach dem Anschlagen in Wasser getauchte Gongs. Die Musik zum Showdown schließlich ist ein weiteres Beispiel für die Fähigkeit des Komponisten, einer ungezügelten und brutalen Musik trotzdem eine durchgängige Struktur zu verleihen, ohne sie zu bändigen oder gar zu zähmen. Hier wechseln sich kurze Blech- und Schlagwerkattacken mit einer dissonanten Klavierfigur im 5/4-Takt ab über die die Streicher ebenfalls ungerade rhythmisierte freitonale Linien spielen.
Varèse Sarabande presste damals rund 31 Minuten der Musik auf LP und veröffentlichte diesen Schnitt auch auf CD, doch dieses Album ist heutzutage hoffnungslos vergriffen und in Hinblick auf rund 1/4 unveröffentlichter Musik wäre eine Neuveröffentlichung mehr als lohnenswert. "Psycho II" ist kein filmmusikalicher Meilenstein wie "Logan's Run", "Alien" oder "The Omen", aber doch eine hervorragend funktionierende und sauber geschriebene Thrillermusik, die Fans des Komponisten und dieses Genres definitiv erfreut.

 

 

Under Fire - Unter Feuer

1979 dokumentiert Fotoreporter Russel Price den afrikanischen Bürgerkrieg in Ghana, wo sich auch seine Kollegin Claire aufhält, die mit dem befreundeten Journalisten Alex Grazier zusammen ist. Grazier allerdings hat das Angebot, für das amerikanische Fernsehen arbeiten zu können, worauf hin Claire ihn verlässt, da sie ihre journalistische Tätigkeit in der dritten Welt fortführen möchte. Zusammen mit Russel geht sie nach Nicaragua, wo Ende der 70er Jahre die Rebellen der linken Sandinistas unter der Führung des mysteriösen Rafael gegen die Diktatur Somozas kämpfen. Claire und der Fotograf, die schon längere Zeit für einander empfinden, werden schnell ein Paar und sehen die kriegerischen Zustände Nicaraguas eher als weiteres Abenteuer, dass es mit der Objektivität eines Journalisten wertungsfrei zu dokumentieren gilt. Als Price erfährt, dass noch nie jemand Rafael zu Gesicht bekommen hat, ist sein Ehrgeiz geweckt, denn er möchte der erste sein, der den Rebellenführer fotografiert. Doch die Todesnachricht kommt dem Reporter zuvor, wird jedoch von vielen Seiten als krampfhafter Versuch Somozas gesehen, der Welt zu beweisen, dass er das Land unter Kontrolle hat. Schließlich werden Claire und Russel von den Rebellen in das Hauptquartier geführt und es zeigt sich, dass Rafael tatsächlich tot ist. Die Sandinistas bitten den Fotografen, eine Aufnahme zu machen, auf der es scheint, dass Rafael noch am Leben sei, um so das Vertrauen der USA in Somoza zu erschüttern und weitere Waffenlieferungen an den Diktator zu verhindern. Den Journalisten ist klar, dass eine solche Aufnahme den Bürgerkrieg entscheident beeinflussen könnte, doch schon bald wird ihnen deutlich, dass sie schon längst unterbewusst für eine Seite Partei ergriffen...

Roger Spottiswoode arbeitete vor seiner Karriere als Filmschneider für unter Anderem die Peckinpah-Filme "Pat Garret jagt Billy the Kid" und "Stra Dogs - Wer Gewalt säht". "Under Fire" war erst sein dritter Film als Regisseur, der jedoch oft als sein bester bezeichnet wird und tatsächlich ist der Politthriller über Journalisten im Krisenherd Nicaragua zu Zeit des Aufstandes der Sandinistas ein packender und spannender aber gleichzeitig ernster und bewegender Film. Spottiswoode begeht weder den Fehler, in übersentimentalen pathetischen Kitsch oder allzu brutale Gewaltexzesse abzurutschen, die dem Film geschadet häten. Stattdessen schafft es der Regisseur durch allerlei filmische Mittel wie längere Kamerafahrten durch besetzte Straßen und die treffend ausgewählten Schauplätze eine dichte Atmosphäre zu erzeugen. Die stets gegenwärtige Bedrohung, die hinter jedem Haus lauern könnte, die Schatten der Rebellen, die auf den Dächern lauern, die fast fratzenhaft erscheinenden an die Wände geschmierten Bilder Rafaels, all das vermittelt die Stimmung eines zerrütteten Landes, in dem der kleinste Funke genügt, um in jeder Straße ein Feuerwerk zu zünden. Der langsame Wandel der Protagonisten, die anfangs heiter von einem in den nächsten Krisenherd zogen, bei Schießereien live dabei sind um das beste Foto zu schießen und mit allen Mitteln an ihrem Berufsethos festhalten zu aktiv beteiligten und reflektierenden Personen, die den Krieg dadurch beeinflussen, indem sie für alle Welt sichtbar machen, was sichtbar gemacht werden soll - oder nicht, ist ebenso schleichend wie überzeugend umgesetzt. Der Reporter als Schlüsselfigur in einer Politik, die von Rebellen und Soldaten auf der Straße gemacht und von den Anführern zurecht gebogen wird, ist die maßgebliche Idee des Films. Die anfängliche Romanze zwischen Alex und Claire, kratzt dagegen sehr an der Oberfläche und hat auch keinen größeren Einfluss auf das zwischenmenschliche Verhältnis zwischen den drei Kollegen. Neben der Regie und dem Drehbuch überzeugen auch die Schauspieler komplett. Nick Nolte als Russel Price, Joanna Cassidy als Claire und Gene Hackman als Alex leisten äußerst inspirierte Arbeit. Auch die Nebendarsteller sind alle sehr gut besetzt, insbesondere der jungen Ed Harris als Söldner, der sich an jeden verkauft, der zahlt, weiß zu überzeugen. Insgesamt ist "Under Fire" also ein hochkarätig besetzter Politfilm, der dank der hervorragenden schauspielerischen Leistungen, der vorzüglichen Regie und Kameraarbeit sowie die der dichten Atmosphäre durchweg zu überzeugen weiß und zusätzlich zum Nachdenken anregen kann.

Roger Spottiswoode wollte ursprünglich den Gitarristen Pat Metheny für die Musik verpflichten, doch der äußerst talentierte hatte deutliche Probleme damit, eine Filmmusik zu komponieren, sodass Jerry Goldsmith einspringen musste. Goldsmith hatte 1982 bereits mehrere in Südamerika angesiedelte Filme vertont und seine Vertrautheit mit spanischen und südamerikanischen Elementen in seiner Musik unter Beweis gestellt. Während die Musik zu Filmen wie "High Velocity" oder "Breakout" jedoch sehr actionlastig waren und die exotischen Passagen aus atmosphärischen Einsprengseln oder rar gesäten Lokalkolorit bestanden wählte der Komponist für diesen Film einen fast durchgängig lateinamerikanisch erscheinenden Vertonungsansatz. Dabei komponierte er ebenfalls mehrere Gitarrensoli für Metheny, um dem ursprünglichen Wunsch des Regisseurs gerecht zu werden. Des Weiteren stand für die Musik ein mittelgroßes Orchester zur Verfügung, doch Goldsmith wäre nicht Goldsmith, wenn er zu dieser Zeit nicht exzessiven Gebrauch von Synthesizern gemacht hätte. Der Komponist hatte schon seit seinen frühesten Filmmusiken auf elektronische Effekte wie das Novachord oder das Theremin gesetzt und mit dem technischen Fortschritt auch in seiner Musik mehr und mehr Platz für elektronische Elemente eingeräumt. Dabei verwendete er die Synthesizer - ebenso wie exotische Instrumente in einigen Filmmusiken - stets als Erweiterung des Orchesters, nicht jedoch als Ersatz. In "Under Fire" wird er diesem Vorsatz allerdings überhaupt nicht gerecht. Alleine der künstliche und etwas penetrant wirkende Flötenklang entfaltet auch heute noch sein Wirkung, doch oftmals setzte Goldsmith auch billige und für unsere Ohren vollkommen veraltete künstliche Blechsamples und an einer Stelle auch sehr nach Plastik klingende Streicherteppiche ein. In Anbetracht der Tatsache, dass dem Komponisten in seiner Besetzung volles Blech (mit Ausanhme der Tuba) zur Verfügung stand, ist diese Entscheidung überhaupt nicht nachvollziebar. Besonders "19 De Julio" wird durch den penetranten Einsatz von künstlichen Hörnern und Streichern ungenießbar sowie einzelne Passagen aus anderen Stücken. Neben den Synthesizern erweiterte Goldsmith sein Ensemble zusätzlich um Panflöten, die allerdings in der Musiktradition Nicaraguas nicht vorkommen. Dieses wurde oft als "Stimme der Revolution" auf musikalischer Ebene gerechtfertigt, doch dass der Komponist es ohnehin mit Lokalkolorit so streng sah, wissen wir bereits, seitdem er in "Night Crossing" einen französischen Mussetten-Walzer als perfekte Untermalung für deutsche Landschaft sah.
Die Musik ist hauptsächlich von drei Themen gegliedert: Einem sanften Liebesthema sowie zwei marschähnlichen Themen, die über einen leichten lateinamerikanischen Einschlag verfügen und die kriegerische Grundstimmung transportieren, ohne jedoch düster oder gar militärisch daher zu kommen. Im Gegenteil, die beiden marschähnlichen Themen sind von optimistischen und fröhlichem Charakter. Insgesamt vertonte Goldsmith hauptsächlich die ruhigen Szenen oder Montagen, doch trotzdem gibt es ein Actionmotiv, das ebenfalls über sehr melodischen Charakter verfügt, aber - wie gewohnt - von steten Taktwechseln und ungeraden Rhythmen geprägt ist und hautpsächlich von der Gitarre gespielt wird.
Für das Album zum Filmstart setze der Komponist die Originalaufnahmen neu zusammen, wobei gerade einmal rund fünf bis zehn Minuten es nicht in den Schnitt schafften. Leider fehlt auf dem Album auch die einzige große Actionmusik, als Russel Price von Soldaten verfolgt wird. Da Goldsmith seine Stücke zu längeren Titeln mit einer Laufzeit zwischen drei und vier Minuten zusammen fasste, finden sich meistens mehrere der drei Hauptthemen in einem Titel wieder. Die Ausnahme bilden hauptsächlich die beiden Liebesszenen. Da Goldsmith seine beiden marschähnlichen Themen wenig variiert und sie sich auch musikalisch ähneln klingen einige Stücke auf dem Album sehr ähnlich, sodass die Musik wenig abwechslungsreich erscheint und kein musikdramaturgischer Bogen vorhanden ist. Außerdem wird das Hörvergnügen zusätzlich durch die veralteten und fehlplatzierten Synthiepassagen getrübt. Ein weiteres Manko ist, dass sich der musikalische Höhepunkt bereits ganz zu Anfang der CD befindet: Für das Album arrangierte der Komponist nämlich sein Actionmotiv als kurzes Konzert für Gitarre und Orchester und erweiterte seine Musik noch um ein herrlich kitschiges südamerikanisches Thema für die Streicher im Mittelteil. Pat Metheny, dessen Soli in der Filmmusik recht zurückhaltend sind, kann hier sein Talent voll und ganz unter Beweis stellen. Dadurch fällt die ansonsten ruhige Musik aus dem Film deutlich ab.
Deutsche und japanische Goldsmith-Fans waren jahrelang im Vorteil, da Warner Bros. nur in diesen beiden Ländern den Albumschnitt auf CD veröffentlichen, bevor FSM eine unlimitierte aber den üblichen Standarts des Labels entsprechende Auflage für den amerikanischen Markt produzierte. Leider konnten sich keine Bänder mehr zu den Originalaufnahmen finden, sodass beide Ausgaben musikalisch identisch sind. "Under Fire" wird oft als ein besonderer Höhepunkt in Goldsmiths Schaffen - auch in Hinblick auf seinen Umgang mit Synthesizern - erwähnt, jedoch stellt sich der Komponist mit seinen veralteten Samples selbst ein Bein. Auch der etwas eintönige Albumschnitt sowie das Fehlen der Actionpassage trübt den Eindruck merklich, sodass die Musik zwar immer noch klar über qualitative Höhepunkte verfügt, aber nicht an die ganz großen Würfe des Meisters heranreicht. Der Eröffner "Bajo Fuego" allerdings ist dank des tollen Arrangements und Methenys außerordentlichem Spiel den Kaufpreis alleine wert.

 

 

1984

 

Gremlins - Kleine Monster

Der Erfinder Randall Peltzer schenkt seinem Sohn Billy einen Mogwai zu Weihnachten. Das niedliche kleine pelzige Tierchen muss allerdings gut gepflegt werden und darf keinem Sonnenlicht ausgesetzt werden, nicht nass werden und vor allem nicht nach Mitternacht gefüttert werden. Doch wie das Unglück es will, schüttet Billys junger Freund aus Versehen Wasser über den Mogwai, den Billys Vater "Gizmo" taufte. Sofort ploopen pelzige Kügelchen aus Gizmos Rücken, aus denen sich in Sekundenschnelle weitere Mogwais entwickeln, die allerdings nicht so friedfertig wie Gizmo, sondern gefräßig und heimtückisch sind. Als sie das Stromkabel zu Billys Wecker durchbeißen und die Uhr stehen bleibt, füttert Billy die Tiere versehentlich nach Mitternacht, was nachhaltige Folgen hat. Nach einer kurzen Zeit in schelimigen Kokons entpuppen sich die Mogwais (bis auf den braven Gizmo) als gewalttätige grüne kleine Monster. Schon bald versinkt Billys kleine Heimatstadt in der Vorweihnachtszeit im Chaos...

Steven Spielberg hielt das Drehbuch Chris Columbus' für eine der originellsten Idee seit Langem und fand in Joe Dante, der bisher fast nur "ernste" Horrorfilme gemacht hat, genau den richtigen Regisseur, denn Dantes sehr origineller und unheimlich schwarzer Humor sowie seine Horrorerfahrungen machten ihn für "Gremlins" geradezu prädestiniert. Dante kostet das Potential der asozialen miesen Monster deutlich aus und räumt ihnen sehr viel Platz im Film ein. Es ist allerdings kein Wunde, dass viele Eltern 1984 äußerst schockiert waren, als sie erkannten, durch den niedlichen Gizmo mit ihren Kindern in einen Film gelockt worden zu sein, der in den letzten beiden Dritteln von Gewalt fast nur so strotzt, denn tatsächlich sind einige Szenen nichts für schwache Nerven. Für Fans des Regisseurs und völlig durchgedrehter Filme allerdings sind die "Gremlins" zu Weihnachten natürlich Pflicht.

Joe Dante und Jerry Goldsmith haben bereits einige Jahre zuvor gemeinsam an "Twilight Zone: The Movie" gearbeitet und fanden für die "Gremlins" erneut zusammen (fünf weitere gemeinsame Projekte sollten folgen). Der Komponist hatte schon seit Beginn seiner Laufbahn stets mit elektronischen Elementen in der Musik experimentiert jedoch stellt "Gremlins" einen Wendepunkt dar, da Goldsmiths Musik die Elektronischen Elemente und das Orchester in Gleichgewicht bringt. Hierbei verlässt sich der Komponist beim Einsatz seiner Synthesizer besonders auf Effekte, die man akustisch schwierig bis gar nicht erzeugen kann wie die Gremlin-Jaulerei oder diverse Passagen für Mrs. Deagle. Von der Struktur her ist die Musik allerdings äußerst traditionell an der für die Filmmusik klassische Leitmotivtechnik angelehnt, sodass Gizmo ein äußerst sangliches Thema erhält, dass dieser auch im Film selbst des Öfteren summt und das auch als Liebesthema zwischen Billy und seiner Freundin Kate fungiert. Die Gremlins warten gleich mit drei Motiven auf, von denen der "Gremlin-Rag" natürlich ein Klassiker geworden ist sowie ein pendelndes Tritonus-Motiv und im typischen ungeraden Metrum gehaltenen Action-Motiv. Einen weiteren Höhepunkt stellt natürlich die rund5-minütige Actionorgie am Ende des Films dar, zu der Goldsmith eine klassische schmissige Actionmusik mit furiosen Streicherläufen, Blechattacken und einem äußerst heroischen neuen Thema für Gizmo schrieb.
Bis 2011 war es Fans der Musik nur möglich, über mäßig klingende Bootlegs und die äußerst knape und längst vergriffene Soundtrack-CD in den Genuss dieser Musik zu kommen, bevor FSM unter dem Retrogate-Label ein äußerst luxuriöses 2-CD-Set veröffentlichte, das erstmals die komplette Filmmusik enthält und als Bonus auf CD 2 das originale Album wiedergibt. Erst durch diese Fassung erkennt man, wie unglaublich ausgeklügelt und vielfältig eine von Goldsmiths besten Komödienarbeiten ist. Daher sollte sich kein Freund guter und interessanter Filmmusik diese prachtvolle Ausgabe entgehen lassen. Fans der Musik und des Komponisten haben sie ohnehin schon im Regal stehen.

 

 

Supergirl

 

Nachdem ihr Heimatplanet Krypton zerstört wurde, leben seine Bewohner in durch den Raum schwebenden Städten, die sich durch den "Innerspace" bewegen. In einer solchen Stadt namens Argon lebt Kara Zor-El, die Cousine von Kal-El, der auf der Erde als Superman Verbrechen bekämpft. Ihr Mentor Zaltar hat sich ohne Wissen der Regierung von Argon eine der Energiequellen "geborgt": einen Omegahedron, mit dessen Hilfe man Dinge erschaffen kann. Als Zaltar Kara einen Versuch machen lässt, etwas mit der kleinen kristallenen Kugel zu erschaffen, entsteht ein übergroßer Schmetterling, der eine der Schutzhüllen der Stadt zerreißt. Das Vakuum des Innerspace reißt den Omegahedron mit sich in die unendliche Weiten bevor es Zaltar gelingt, das Loch zu verschließen. Ohne zu zögern macht sich Kara auf, in einer Raumkapsel der verlorenen Energiequelle zu folgen, die zielstrebig auf die Erde zufliegt. Dort fällt sie der Hexe Selena in die Hände, die sofort plant, mit Hilfe des Omegahedron die Welt zu beherrschen. In der Zwischenzeit ist auch Kara auf der Erde eingetroffen und entdeckt, dass sie in der Erdatmosphäre über Superkräfte verfügt. Ihr Blick kann Pflanzen sofort zum Erblühen bringen, mit bloßen Händen kann sie Felsen zu Staub zertrümmern und ohne jede Anstrengung über große oder kleine Strecken fliegen. Um ihre außerdirdische Herkunft zu verbergen und dem Omegahedron zu folgen, verwandelt sie sich in die schüchterne Linda und meldet sich unter dem Namen Linda Clark in einem Mädchen-Pensionat an, wo sie sich ihr Zimmer mit Lucy Lane, der Schwester von Lois Lane teilt. Hier arbeitet der attraktive Ethan als Gärtner, den sich Selina für ihre diabolischen Pläne zu nutzen machen möchte. Sie verabreicht ihm einen Liebestrunk, der ihn nach einer kurzen Ohnmacht in die Person unsterblich verliebt macht, die er nach dem Erwachen erblickt. Als Ethan völlig benommen durch die Straßen torkelt, mobilisiert die Hexe mittels des Omegahedrons einen Frontlader, der den benebelten Gärtner zu ihr bringen soll, doch plötzlich kommt Supergirl wie aus dem Nichts und rettet den jungen Mann aus den Fängen der lebendig gewordenen Baumaschine. Ethan verliebt sich sofort in Linda, doch dieser ist der Verhehrer eher hinderlich, denn Selinas Macht wächst mit jedem Tag und Supergirl muss den Omegahedron möglichst schnell zurück nach Argon bringen...

Nach dem immensen Erfolg der "Superman"-Verfilmungen mit Christopher Reeve schickte Produzent Alexander Salkind 1984 auch "Supergirl" ins Rennen, denn Salkind hatte die Rechte für das weibliche Pendant zum Muskelmann im Ganzkörperanzug zusammen mit denen für "Superman" erworben. Ursprünglich sollte "Supergirl" starke Verbindungen zum großen Bruder bzw. Cousin aufweisen. Neben Marc McClure in der Rolle Jimmy Olsons, Karas Decknamen Linda Kent" und ihrer Zimmergenossin, der Schwester von Lois Lane sollte sogar Christopher Reeve einen Cameoauftritt haben, doch letzterer sprang kurz vor Produktionsbeginn ab. Nachdem allerdings "Superman III" 1983 an den Kinokassen floppte, verschob Warner Bros. den Erscheinungstermin und brachte den Film nur in die europäischen Kinos, doch auch "Supergirl" war 1984 der gewünschte Erfolg nicht beschert, der einfach zu viele Schwächen aufweist. Dabei kommen Freunde des "Superman"-Universums auf ihre Kosten, denn neben dem einzigen Einblick in die Phantomzone ist "Supergirl" auch der einzige Film, der auf die in den Comics wesentlich häufiger behandelte Magie zurück greift, denn Superman sowie Supergirl sind gegen Magie größtenteils machtlos. Die Effekte sind nicht schlecht geraten und die Darsteller mit Spielfreude bei der Sache, dennoch überwiegt klar der Trashfaktor, der sein volles Potential in den gestelzten Dialogen und besonders den plastikhaften Kulissen zu Beginn des Films entfaltet. Um den Film öfter am Tag im Kino zeigen zu können, wurde "Supergirl" in Deutschland um eine halbe Stunde gekürzt, weshalb sich mehrere klaffende Logiklöcher auftun. Dennoch kann man den auf Zelluloid gebannten Abenteuern der blonden Superheldin einen hohen Unterhaltungswert nicht absprechen, denn die mit vielen Absurditäten gespickte Handlung ist temporeich inszeniert und wer sich nur ein bisschen für trashig anmutende 80er-Fantasy-Filme begeistern kann, dürfte seine Freude an "Supergirl" haben.
Auch die Darsteller machen diesen Film zu einem unterhaltsamen Filmerlebnis. Regisseur Jeannot Szwarc wollte für die Rolle von Supergirl eine unbekannte Schauspielerin. Für Helen Slaters Karriere dürfte ihre Rolle der Protagonistin nicht viel gebracht haben, dennoch kommt die eigentlich brünette Schauspielerin als Heldin äußerst sympatisch rüber. Nachdem Dolly Parton und Jayne Fonda die Rolle der Selina ablehnten, übernahm Faye Dunaway die Darstellung der Hexe, die ihr sichtlich Spaß macht. Dunaways überzogene Auftritte und das stets durch Grimmassieren gezeichnete Minenspiel machen Selinas Szenen zu den Höhepunkten des Films. Hart Bochner überzeugt als attraktiver Eathen, der allerdings wenig zu tun hat. Was Peter O'Toole dazu bewogen, hat, Zaltar zu spielen, dürfte bis heute ein ungelöstes Rätsel sein. Er versucht offensichtlich, sein Bestes zu geben, aber dennoch wirkt der großartige Bühnenschauspieler hier äußerst fehlplatziert, wenn auch nicht fehlbesetzt. Letzten Endes ist "Supergirl" ein leicht kurioser Superheldenfilm, der im Gewand eines leicht trashigen 80er-Fantasyfilms auch heute noch einen hohen Unterhaltungswert besitzt und durch engagierte Schauspieler glänzt.

Jerry Goldsmith wäre eigentlich Richard Donners erste Wahl für „Superman“ gewesen, doch der Komponist war terminlich verhindert, sodass John Williams die Chance bekam und nutzte, dem Superhelden in Blau seinen musikalischen Stempel aufzudrücken. Die Musik für „Supergirl“ gibt nun annähernd die Möglichkeit, sich vor Ohren zu führen, was Jerry Goldsmith vielleicht für „Superman“ geschrieben haben könnte. Die späten Siebziger und frühen Achtziger Jahren markieren das künstlerische Zenit des Komponisten, der mit der Musik für „Alien“, „Star Trek: Der Kinofilm“ oder „Poltergeist“ (Film)musikgeschichte schrieb. „Supergirl“ reicht zwar zu keinem Zeitpunkt an die eben genannten Werke heran, aber selbst ein routiniertes Werk des Komponisten aus dieser Zeit verfügt über genügend thematische Ideen und handwerkliche Raffinesse, um nicht in der Versenkung zu verschwinden. Es ist fraglich, ob Goldsmith seine Vertonung für „Supergirl“ durch und durch ernst meinte, oder ob er eine der Schwächen des Films erkannte und das naive Heldentum der Protagonistin ironisch reflektierte, denn die Musik ist hoffnungslos optimistisch und triumphal. Für die Aufnahmen stand dem Komponisten ein volles Symphonieorchester, ein Chor uns mehrere Synthesizer zur Verfügung, von denen Goldsmith regen Gebrauch machte. Entgegen seiner oft sehr modernistischen und harschen Filmvertonungen komponierte er für „Supergirl“ eine hauptsächlich melodisch konzipierte Musik, die durch eine überschaubare Anzahl von Leitmotiven gegliedert ist, von denen drei alleine der Protagonistin zugeordnet sind. Neben einer markanten Trompetenfanfare über flirrende Streicher, die das Flugelement gekonnt einfangen, repräsentiert besonders der heroische Marsch die heldenhafte Seite der Protagonistin. Eine optimistische Melodie der Trompeten und Hörner wird von rasanten Streicherläufen umspielt und kräftigen Beckenschlägen gekrönt. Ein sehr lyrisches Liebesthema steht für die zarte und schüchtern auftretende Lina sowie für das unschuldige Mädchen hinter der Superheldenfassade. Außerdem steht diese Melodie auch für die Liebesbeziehung zwischen Ethan und dem Schulmädchen. Während alle drei Themen für Supergirl über Ohrwurmcharakter verfügen, gelang es Goldsmith leider nicht, ein entsprechendes musikalisches Äquivalent für die Hexe Selina und ihre finsteren Machenschaften zu komponieren, denn der stampfende Orchesterrhythmus, der mit einigen Actionszenen und Monstern in Verbindung steht, ist viel zu stereotyp und lässt eine charakteristische thematisch Idee vermissen. Für die Flugmontagen zu Erde und die Szenen in der Phantomzone entwickelte Jerry Goldsmith mehrere atmosphärische Klangcollagen, die aus elektronischen Effekten und vokalisierendem Chor bestehen. Es mutet schon leicht dekadent an, dass der Chor weder für besonders heroische Momente noch voll auffahrende Actionpassagen eingesetzt wurde und nur als Klangfarbe für elektronisch dominierte Klangcollagen dient, die grell gegen die eigentlich orchestral konzipierte Musik abstechen. Auch sonst ist der Einsatz von elektronischen Elementen nicht geglückt, da Goldsmith mehrere Klänge direkt in Verbindung mit dem Film in die Musik arbeitete. So stammt das wabernde Geräusch für den Omegahedron nicht etwa von der Filmtonspur, sondern wurde von dem Komponisten kreiert und über das Orchester gelegt. Solche und ähnliche Effekte erfüllen ohne die Bilder auf CD keinen musikalischen Sinn und wirken daher aufgesetzt und oft störend, da die Klänge der Synthesizer besonders heutzutage stark veraltet sind. Auch dieser aufsteigende luftige Klang, der für die Flugkräfte Supergirls steht, klingt billig und wirkt sogar im Film fast lächerlich. Leider gibt es kaum ein Stück Musik, das nicht in irgendeiner Weise über elektronische Elemente verfügt, was den Hörgenuss stark einschränkt. Das ist besonders schade, weil die eigentliche Orchestermusik über deutlichen Unterhaltungswert verfügt. Goldsmith arrangiert besonders sein Liebesthema sehr geschickt, die Holzbläserfiguren für das Flugballett oder die thematisch sehr schön durchkomponierten Actionpassagen wie der Kampf gegen die Baumaschine sind sehr gelungen, durch die elektronischen Einsprengsel aber nur bedingt genießbar. Interessanterweise wurden für die europäischen Fassungen mehrere Stücke in Hinblick auf die elektronischen Elemente entschärft.
Zum Filmstart veröffentlichte Varèse-Sarabande rund vierzig Minuten der Musik auf LP und CD. Die CD war eine der ersten digitalen Veröffentlichungen des Labels und war schnell vergriffen. Später veröffentlichte Silva Screen Records die vollständige Musik und füllte die CD sogar mit mehreren alternativen Fassungen auf. Allerdings enthält die Silva-Edition hauptsächlich die Filmversionen der Stücke, während auf der Varèse mehrere weitere alternative Fassungen enthalten waren, sodass Komplettisten auf beide Ausgaben angewiesen sind. Außerdem verfügt die Erstausgabe über einen weitaus besseren Klang als die erweiterte Fassung, die sehr matschig und teilweise schrill klingt, was bei einer solch großorchestralen Musik zusätzlich den Hörgenuss trübt.
Insgesamt komponierte Jerry Goldsmith eine sehr heroische und optimistische Superheldenmusik, die allerdings wegen der elektronischen Einwürfe stark in die Jahre gekommen ist. Dennoch bietet das kräftige Hauptthema und mehrere furiose Actionpassagen genügend Kaufanreiz, sich die Musik ins Regal zu stellen.

 

 

Runaway - Spinnen des Todes

In der nahen Zukunft - in der alles aussieht wie in den 80ern - hat die Menschheit lauter kleine Roboter gebastelt, die ihnen den Haushalt und die Arbeit erleichtern. Da auch diese Maschinchen hin und wieder eine Schraube locker haben, hat die Polizei eine extra Abteilung mit Experte Ramsey (Tom Selleck) und seiner Partnerin Karen Thompson (Cynthia Rhodes) eingerichtet, die quer durch die Stadt fahren und durchgedrehte Ernte- oder Bauroboter "beruhigen". Einem heftigen Problem sieht sich der Ermittler jedoch ausgesetzt, als der durchgeknallte Bösewicht Dr. Charles Luther (Gene Simmons) Chips entwickeln ließ, die Roboter zu ernsthaften Bedrohung machen. Diese will er an den erstbesten verkaufen, der ihm viel bietet, egal ob Regierung, Mafia oder Kommunisten. Jack Ramsey wird schnell zum Ziel des Irren, der gerne zum Spaß Menschen umbringt und richtig brenzlig wird's, als auch Jacks Sohn in Gefahr gerät.

Vielleicht liegt es besonders an dem 80er-Setting oder der Musik (zu der ich gleich noch komme), vielleicht liegt es an dem glänzenden schwarzen Lederrock Kirstie Alleys, dem Schnurrbart Sellecks oder der Pudelfrisur Rhodes' - Runaway ist Trash! Autorenfilmer Michael Crichton hat in den 70ern einige interessante Filme wie "Coma" oder "Westworld" gedreht, interessante Romane wie "Jurassic Park" oder "The 13th Warrior" geschrieben, doch hier bastelte er einen zwar streckenweise unterhaltsamen, oft jedoch albernen Film zusammen. Besonders süß all die Roboter, die ohne CGI-Technik auftreten - besonders natürlich Luthers giftige "Spinnen" mit sechs (!) Beinen!

Jerry Goldsmith und Michael Crichton hatten schon früher zusammen gearbeitet und Goldsmith war auch später ("Timeline", "13th Warrior") Crichtons Stammkomponist. So wurde er auch für die Musik zu "Runaway" beauftragt und entschied sich, einen komplett elektronischen Score zu komponieren, um den technischen Aspekt des Films einzufangen. Crichton stimmte zu und so setzte sich Goldsmith ins Studio und baute seine Musik Schicht für Schicht an den Keyboards zusammen. Dabei konzipierte er die Musik wie einen orchestralen Score - und genau das ist der Knackpunkt: In der Musik schimmert fast überall Golsmith durch. Sei es das fanfarenartige Hauptthema oder die ungeraden Rhythmen in der Action-Musik - überall ist Goldsmith zu hören, jedoch in elektronischem undstark veralteten Gewand. Die Musik wird den Eindruck nicht los, zu großen Teilen letzten Endes akustische Instrumente imitieren zu wollen und klingt in unseren Ohren recht billig. Es wäre wahrscheinlich besser gewesen, auf die bewährte Mischung aus Orchester und Elektronik zurück zu greifen. So hat man weder Fisch noch Fleisch. Nostalgische Hörer oder Komplettisten sollten natürlich ein Ohr riskieren.

 

 

1985

 

First Blood: Part II - Rambo II: Der Auftrag

Nach den Ereignissen in der Kleinstadt Hope fristet John Rambo ein Leben als Strafgefangener bis eines Tages Colonel Sam Trautman in der Haftanstalt eintrifft, um seinem Schützling die Möglichkeit zu unterbreiten, dem staubigen Steinbruch zu entkommen: Auch nach über zehn Jahren nach Ende des Vietnamkriegs gibt die Opposition noch immer keine Ruhe und wirft der Regierung vor, amerikanische Kriegsgefangene wissentlich in Vietnam zurück gelassen zu haben. Um einen Schlussstrich unter die Angelegenheit ziehen zu können braucht die Regierung einen äußerst fähigen Soldaten, der im Dschungel Fotos von leeren Lagern macht, um somit endgültige Beweise zu liefern. Da John Rambo der fähigste und geeignetste Soldat ist bietet man ihm bei der Erfüllung dieser Mission die Rehabilitierung an. Rambo willigt ein und begibt sich auf die gefährliche Mission im vietnamesischen Dschungel, der einst Schauplatz seiner schrecklichen Erlebnisse war. Mit Hilfe der vietnamesischen Verbindungsagentin Co Bao macht der Veteran tatsächlich ein Gefangenenlager ausfindig, doch dieses ist wider alle Erwartungen nicht leer. Der Auftrag lautet, nur Fotos zu schießen und alles Weitere der Armee zu überlassen, doch Rambo befreit einen Gefangenen und begibt sich mit Co Bao und dem Soldaten zum vereinigten Treffpunkt. Als der Einsatzleiter Murdoch erfährt, dass Rambo und Bao nicht alleine sind befiehlt er dem bereits im Anflug befindlichen Helikopter unverzüglich umzudrehen. Rambo erkennt, dass er nur ein Werkzeug war und die Regierung niemals beabsichtigte, ernsthaft den amerikanischen Kriegsgefangenen zu Hilfe zu kommen. Alleine gegen eine Überzahl vietnamesischer Soldaten, die von den Russen unterstützt werden, nimmt er den Kampf wieder auf, den er im Dschungel zurück gelassen glaubte…

Als Ronald Reagen das Amt des Präsidenten der USA 1980 übernahm, machte er deutlich, dass die vereinigten Staaten das Vietnam-Trauma überwunden hätten. Auch in der Unterhaltungsindustrie schlug sich diese Einstellung deutlich nieder. In Fernsehserien wie „Magnum“ wurden Veteranen als rechtschaffene Männer dargestellt, sie sich nie etwas zu Schulden kommen lassen haben und Opfer der Umstände wurden. Für das Kino entstand eine Flut von Filmen über Soldaten, die – einer Übermacht von technisch überlegenen vietnamesischen Gegnern – im Dschungel heldenhaft ihre Kameraden befreien. „Dschungelratten“, „Phantom Raiders“ und natürlich die „Missing in Action“-Reihe zählt zu diesen Filmen. Auch „Rambo II“ dient den propagandistischen Zwecken dieser Zeit indem der Protagonist ein bloßes Werkzeug von skrupellosen und korrupten Bürokraten wird, dessen tapferer Einsatz und die dem Gegner überlegenen kämpferischen Fähigkeiten allerdings die Gerechtigkeit triumphieren lassen. War John Rambo in „First Blood“ noch anfangs komplett pazifistisch eingestellt und reagierte hauptsächlich, weil er von einer Übermacht in die Enge getrieben wurde, so ist er im zweiten Teil genau der Charakter, den David Morrel in seinem Buch beschrieb: Eine perfekte Tötungsmaschine, für den Krieg geboren. Geht Rambo im Roman allerdings an seinen Fähigkeiten letzten Endes zu Grunde so geht er in diesem Dschungel-Abenteuer als glorreicher Held hervor. Dementsprechend brutaler ist die Fortsetzung von „First Blood“ geworden. Es wird reihenweise geschossen, blutig getroffen und mit Elektroschocks gefoltert. Als Rambo am Ende des Films bewegt seine Liebe zum Vaterland erklärt ist der letzte Rest des so kritischen und intelligenten ersten Films hinweggefegt von wehenden Fahnen und triumphalen Hurra-Patriotismus.
Technisch ist „Rambo II“ allerdings vielen seiner filmischen Mitstreiter wie den „Dschungelratten“ überlegen. Die zum Schluss nicht enden wollenden Explosionen, abstürzenden Hubschrauber und blutigen Einschüsse sind äußerst effektiv in Szene gesetzt. Der Film ist ein Paradebeispiel für 80er-Jahre-Hochglanzaction. Neben den Spezialeffekten und der schicken Kameraführung befinden sich Drehbuch und Akteure allerdings auf solidem bis durchschnittlichem Niveau. Dass der Film ein reines Action- und Propaganda-Vehikel wird, ist schnell klar, sodass die Handlung kaum mit überraschenden Wendungen oder intelligenten Einfällen zu überzeugen vermag. Sylvester Stallone überlässt das Schauspiel hauptsächlich seinem Bizeps. Was im ersten Teil recht gut funktionierte deckt bei der aufgesetzten Liebesszene zwischen Co Bao und Rambo allerdings einige Mängel in Hinblick auf die schauspielerischen Fähigkeiten Stallones auf. Baos Charakter ist besonders für den späteren Handlungsverlauf notwendig, wirkt aber teilweise ein bisschen überflüssig und kann von Julia Nickon-Soul auch nur durchschnittlich in Szene gesetzt werden. Richard Crennas Trautman ist ebenso solide wie Charles Napiers korrupter Murdoch oder Steven Berkoffs unvermeidlicher böser Russe Lt. Col. Podovsky.
Insgesamt ist „Rambo II“ ohne Zweifel ein Kind seiner Zeit und ist im Vergleich zum ersten Teil deutlich schwächer. Abgesehen von der schamlosen Reagan-Propaganda, über die man mit der zeitlichen Distanz ein bisschen wegsehen kann bleibt ein recht überzeugender 80er-Jahre-Hochglanz-Actioner mit äußerst beeindruckender Action und einem soliden bis mittelmäßigen Rest.

1982 schuf Jerry Goldsmith mit seiner fast kammermusikalisch konzipierten äußerst schnörkellosen Musik für „First Blood“ einen Meilenstein im Bereich der Actionfilmmusik. In der Fortsetzung macht sich der radikale Umschwung vom kritischen ersten Teil zum propagandistischen und viel brutalerem zweiten Teil auch musikalisch bemerkbar. 1984 – ein Jahr vor „Rambo II“ lotete Goldsmith mit seiner Musik zu „Gremlins“ seine erste Filmmusik mit gleichen Anteilen an orchestralen und synthetischen Passagen aus. Dienten elektronische Einsprengsel in „First Blood“ fast ausschließlich der farblichen Schattierung des Actionostinatos so sind die synthetischen Anteile in der Fortsetzung viel stärker vertreten. Vor allem ein dröhnend brummender und rasselnder Syntheffekt ist häufig zu vernehmen. Die Musik zum ersten Teil war zwar schnörkellos aber nicht grobschlächtig. Hier allerdings versucht Goldsmith, die Musik oftmals drastischer und „fetter“ klingen zu lassen, was aber anhand des etwas schmal besetzten Orchesters nicht so ganz funktionieren will, sodass einige Male die Streicher elektronisch „verdickt“ werden. Da Rambo nun als tapferer Held für die gute Sache kämpft ist die Musik ebenfalls oft viel strahlender und heroischer. Düstere oder melancholische Passagen des ersten Teils weichen zu Gunsten von stakkatierenden Streichern, kräftigen Blechfanfaren und knackiger kleiner Trommel.
Auch thematisch schlägt der Komponist neue Wege ein. Das nachdenkliche Hauptthema des ersten Films kehrt nur in drei Augenblicken des Films an. Stattdessen erklingt oft ein sehr wandelbares Motiv, das in Form einer heroischen Trompetenpassage oder einer sanften Streichermelodie erklingt und auch als Synth-Fanfare den Song „Peace in our life“ für den Abspann eröffnet. Für Rambo komponierte Goldsmith ein neues Thema, das sich recht gradlinig in dem Blech nach oben stemmt und nicht selten vom Keyboard schattiert wird. Dieses standhafte Thema ist weder zu drängend noch zu lasch und passt trifft mit seinem standhaften und zielstrebigen Charakter gelungen den neuen zielstrebigen und kompromisslosen Rambo. Diesem Thema steht ein choralmäßig ausgesetztes Motiv für die russischen Bösewichte gegenüber, das fast ausschließlich im Blech erklingt und wegen seiner Kürze mehrmals in den Actionpassagen aufblitzt. Die vietnamesische Dschungellandschaft sowie die Soldaten versah Goldsmith mit einem recht klischeehaften musikalischen Anstrich: Woodblocks in der Perkussion, gepaart mit Buckelgongs und Col legno Schlägen der Streicher sollen mittels pentatonischer Harmonik eine asiatische Atmosphäre aufkommen lassen. Allerdings erscheint diese recht platte Vertonung den ebenfalls sehr klischeehaft in Szene gesetzten Vietnamesen einigermaßen angemessen. Die synthetischen Koto-Klänge allerdings klingen heute mittlerweile viel zu billig und veraltet, als dass sie ansatzweise Stimmung erzeugen könnten. Die Suspense-Passagen sind äußerst unspektakulär gestaltet und lassen den kreativen und experimentellen Goldsmith der 70er Jahre deutlich vermissen. Da insbesondere die ersten beiden Drittel von Suspense-Passagen bestritten werden erweist sich dieser Teil als recht zäh, bevor die letzten 20 Minuten immerhin fast rein orchestral mit ansprechender – wenn auch nicht revolutionärer – Action bestritten werden. Hier dreht Goldsmith noch einmal vollends auf, stützt sich hauptsächlich auf die Blech-, und Schlagwerkfraktion seines Orchesters, um ansatzweise gegen die lautstarke Geräuschkulisse des Films anzutreten.
Zum Filmstart veröffentlichte Varèse-Sarabande 45 Minuten der Musik auf CD bevor 1999 die vollständige Musik von Silva Screen in einer erweiterten Fassung veröffentlicht wurde. Diese Edition enthält die vollständige Filmmusik und im Begleitheft einen kurzen Abriss zu jedem auf dem Album vertretenen Stück. Diese zweite Edition ist eine Viertelstunde länger und bereichert das Programm hauptsächlich um zwei Actionstücke. Allerdings schneidet die Silva-CD in Hinblick auf die Klangqualität deutlich schlechter ab. Die Violinen klingen oftmals schrill, das Blech scheppernd und das Schlagwerk entweder zu dumpf oder zu knallig während die Varèse-CD über einen satteren und wärmeren Klang verfügt. Liebhaber der Musik haben wahrscheinlich beide Alben im Schrank stehen, für alle anderen dürfte höchstens eine Ausgabe genügen, denn Goldsmith schuf mit „Rambo II“ eine dem Film angemessene aber abseits der Bilder etwas dünne Musik, deren Synthanteile heutigen Ohren stark veraltet erscheinen dürften. Asiatische Elemente und vor Allem Actionpassagen hat man von Goldsmith in unzähligen anderen Filmmusiken ambitionierter gehört als hier.

 

 

1985

 

Legende

 

In einer fernen Welt, die von Menschen, Dämonen, Gnomen, Elfen und allerlei anderer Zauberwesen bewohnt wird, herrschte der Herr der Finsternis, bis er von einer unbekannten Macht ins Exil verbannt wurde. Dort fristet er ein ruheloses Dasein und dürstet stets nach Rache. Er bittet seinen Untergeben, den Kobold Blix, sich auf die Suche nach zwei Einhörnern zu machen, die die Kraft des Lichts wahren. Könnte sich der Herr der Finsternis die beiden Hörner der bildschönen Wesen beschaffen, so wäre die Sonne auf ewig verbannt und die Welt würde in unendliches Dunkel gehüllt. Blix streift mit seinen beiden Kumpanen durch die Wälder und heftet sich schließlich an die Fersen der Prinzessin Lily, die, anstatt sich am Hofe zu langweilen, lieber in den Wäldern umher spaziert und Bekannte aus dem einfachen Volk besucht. Anschließend begibt sich Lily zu ihrem Freund Jack, einem einfachen jungen Mann, der mitten in den Wäldern lebt und reinen Herzens ist. Wegen seiner rein gutmütigen Natur ist Jack der Aufenthaltsort der beiden Einhörner gestattet und um seine adlige Freundin zu beeindrucken, nimmt er sie mit zum Fluss, an dem sich die Tiere öfters aufhalten. Tatsächlich erscheinen die weißen Gestalten in wenigen Minuten und geblendet von ihrer Schönheit begibt sich Lily trotz Jacks Warnung aus ihrem Versteck, um die Einhörner zu berühren. Mit einem sanften Lied lockt sie die Tiere zu sich, die dabei genau in die Schusslinie von Blix’ Giftpfeil laufen. Der Kobold kann eins der Tiere treffen und erschrocken fliehen die Einhörner. Jack ist verzweifelt, denn er gibt sich die Schuld an dem tragischen Ereignis. Während Lily versucht, ihn zu beruhigen und verspricht ihm, dass derjenige, der ihr ihren Ring wieder bringen könne, sein Verlobter wäre. Anschließend wirft sie den Ring in den Fluss und Jack, all seine Sorgen vergessend, springt dem goldenen Reif hinterher. In derselben Zeit ist es den drei Kobolden unter Blix’ Führung allerdings gelungen, das von dem Giftpfeil getroffene Einhorn einzufangen und zu töten. Sofort fegt ein gewaltiger Schneesturm durch den Wald und Jack wird in dem Fluss eingefroren. In dem Glauben, dass ihr Geliebter tot sei, flieht Lily und wird ebenfalls von den Kobolden gefangen genommen. Jack kann sich aus dem Fluss befreien und wird von dem Anführer der Elfen, der in der Gestalt eines Jungen erscheint, zur Rede gestellt. Mit den beiden Zwergen Brown Tom und Screwball soll der Waldläufer das geraubte Horn zurück bringen, die Prinzessin befreien und den Herrn der Finsternis besiegen…

 

Nachdem der britische Regisseur Ridley Scott nach seinem Kinodebüt „Die Duellisten“ mit „Alien“ und „Blade Runner“ zwei wegweisende und düstere Science-Fiction-Filme drehte, schuf er 1985 mit „Legende“ einen bezaubernden Fantasy-Streifen, der zu den visuell heraus ragendsten Werken im Schaffen Scotts gezählt werden kann. Komplett im Studio gedreht ist dem Film eine gewisse Künstlichkeit zu Eigen, die den märchenhaften Aspekt des Stoffes unterstreicht. 14 Wochen dauerte es, die überbordende Pflanzenpracht in den Pinewood Studios zu installieren. Die äußerst elegante Kameraführung und der angemessene Schnitt runden das visuelle Gesamtergebnis würdig ab. Tragischerweise brannte das kpmplette Set kurz vor Drehschluss ab, sodass mehrere Szenen in einer hastig neu aufgebauten Kulisse gedreht werden mussten. Auch die Maske gehört zu den beeindruckendsten Elementen des Films. Neben den schaurigen Gesichtern der Kobolde wurde mit der Teufelsmaske für den Herrn der Finsternis ein wahres Wunder vollbracht, das selbst heute noch Maßstäbe setzt. Ohnehin ist es dem Film sehr zuträglich, dass nahezu sämtliche Effekte physisch realisiert wurden und ihre Wirkung auch heute noch fast vollständig beibehalten haben.

Die Handlung ist alles andere als originell, aber Autor William Hjortsberg schöpft so reich aus dem klassischen Fundus alter Märchenstoffe, dass es wie eine liebevolle Hommage an das Fantasygenre wirkt. Vom gutherzigen Helden wider Willen, der reizenden Prinzessin, dem bösen Gegner mit seinen hässlichen Helferlein sowie Einhörnern, Elfen und Zwergen, der Wald ist mit allen denkbaren Märchenkreaturen bevölkert und verwickelt all diese Stereotypen in einer klassischen Handlung, die zwar kaum Überraschungen bereit hält, stattdessen allerdings zum schwelgen einlädt.

Auch mit der Besetzung landete der Regisseur einen Glückstreffer nach dem Anderen. Tom Cruise hat als Waldläufer Jack seinen ersten Kinoauftritt und kein anderer Darsteller würde optisch (und von der Größe) die Rolle dermaßen passend ausfüllen. Auch Mia Sara in der Rolle der Prinzessin Lily ist nicht nur herrlich anzusehen, sondern spielt die keusche, aber leicht selbstbezogene Adlige äußerst überzeugend. Der Herr der Finsternis gehört zu den Paraderollen Tim Currys, der trotz der schweren und mimisch eingrenzenden Maske exzellent spielt. Besonders das dämonische Zähneblecken gehört zu den eindringlichsten Einstellungen des ganzen Films.

Ridley Scotts erste Fassung von „Legende“ lief 125, die er anschließend zu dem 113 Minuten langen Director’s Cut zusammenstrich. Als jedoch die Testvorführung nicht den erwarteten Erfolg brachte, kürzte Scott mit seinem Filmschneider Terry Rawlings diese Version zu einer 94 Minuten lange Fassung, die für den europäischen Markt bestimmt war. Produzent Sidney Sheinberg ordnete für den US-Markt weitere drastische Änderungen an, aus denen eine 89 Minuten lange Fassung resultiert. Erst 2000 wurde eine der beiden Kopien des Director’s Cut entdeckt, sodass Ridley Scotts liebste Fassung des Films nun auf DVD und Bluray angesehen werden kann.

 

Jerry Goldsmith und Ridley Scott arbeiteten bereits bei „Alien“ miteinander, doch die eigenwillige Art, mit der der Regisseur mit der Musik umging, führte zu Spannungen im kollegialen Verhältnis. Scott setzte Stücke in anderen Szenen ein, als die, für sie komponiert war oder behielt einfach den Temp Track aus Goldsmith viel früher entstandenen Musik zu „Freud“ im Film. Dennoch willigte der Komponist ein, für “Legende“ die Musik zu schreiben, da ihn der Stoff anscheinend so sehr faszinierte und begeisterte. Diese Hingabe an den Film kann man in jeder Sekunde der Musik hören, die das letzte große Meisterwerk Goldsmiths werden sollte. Für die Vertonung standen ihm ein Orchester sowie ein Chor zur Verfügung und für diesen Klangkörper komponierte er eine Musik, die an seine andere Fantasy-Arbeit „Mrs. Brisby und das Geheimnis von N.I.M.H.“ erinnert. Der sonst so durchsichtige und klare Satz Goldsmiths weicht satten Schichten aus Streichern und Chorgesang, über die sich zarte Holzbläser legen. Außerdem sind fast alle Stücke mit elektronischen Geräuschen angereichert. Ein Jahr zuvor hatte der Komponist mit „Gremlins“ seine erste Filmmusik entworfen, in der die Synthesizer mit den akustischen Instrumenten gleichberechtigt sind. In den folgenden Jahren nahmen die elektronischen Effekte öfters sogar noch mehr Raum ein. Dabei war der Umgang mit dem digitalen Instrumentarium in Musiken wie „Poltergeist 2“, „Hoosiers“, „Extreme Prejudice“ und „Warlock“ allerdings unbeholfen, manchmal sogar überflüssig oder störend. In „Legende“ allerdings setzt Goldsmith die Synthesizer seinem ursprünglichen Ansatz entsprechend als eine Erweiterung des Orchesters ein. So schillert, blinkt und blitzt es in den satten Orchesterteppichen an allen Ecken und Enden so, als wären die zauberhaften Klänge mit einer ordentlichen Portion Diamantstaub bestreut. Kaum ein anderer Komponist hat es geschafft, die märchenhafte Atmosphäre eines dichten, von Fantasiegestalten bevölkerten Waldes in Klänge zu fassen.

Doch die Musik spielt auch innerhalb des Films eine bedeutende Rolle. Die beiden lyrischen Hauptthemen werden während der Handlung von Lily selbst gesungen. Eine sehr einfache, an ein Volks- oder Kinderlied erinnernde Melodie steht dabei für die Prinzessin selbst während das andere, etwas längere und musikalisch ausgefeiltere Thema für die Liebesbeziehung zwischen der Lily und Jack steht. Diese Melodie, die mal als sanftes Solo der verschiedenen Holzbläser oder mal in sattem Streichertutti erklingt, gehört zu den schönsten thematischen Einfällen des Komponisten. Neben einem noblen Hornthema für Jacks heroische Seite und einem kurzen Motiv für die Einhörner steht der dritte große musikalische Gedanken für die Elfen. Auch deren Thema wird in Form eines Liedes eingeführt, das vergnügt von den kleinen Wesen im Chor vorgetragen wird. Der dunklen Seite ist kein Leitmotiv zugeeignet, stattdessen entwarf Goldsmith mehrere Klangfarben, die mit den Kobolden und ihrem finsteren Herrscher assoziiert werden. Hierzu gehören insbesondere murmelnde und sehr befremdlich klingende Synthesizer, die die drei Kobolde auf der Pirsch durch den dichten Wald begleiten.

All diese Themen und Elemente verknüpft Goldsmith mit filigran orchestrierten Klängen, die oft mit dem vokalisierenden Chor garniert werden. Diese Passagen arbeiten häufig mit eigenen Harmoniefolgen oder kurzen melodischen Wendungen. Allgemein orientiert sich die Musik jedoch deutlich am Verlauf der Bilder, sodass sich innerhalb der einzelnen Stücke mehrere Stimmungswechsel vollziehen. Allerdings ist das alles so sorgfältig gearbeitet und stimmungsvoll, dass der Rezipient sich nur zu gerne von der märchenhaften Atmosphäre verzaubern lässt. Neben dem Elfenchor gibt es in der Musik zu „Legende“ außerdem zwei weitere fast konzertant anmutende Tänze: zur Strafe für seine Fahrlässigkeit zwingt der Elfenführer Jack, zu seiner Fidel zu tanzen. Eine an die aus Motivzellen zusammengesetzte Musik Igor Stravinskys erinnernde Violinstimme treibt hier in anderthalb Minuten hauptsächlich elektronische Stimmen zu einem wirbelnden Höhepunkt. Das Juwel der Musik ist allerdings der furiose Walzer, der erklingt, als der Herr der Finsternis Lily in Versuchung führt und sie mit reizvoller Kleidung und schweren Juwelen ausstattet. Fast mystisch beginnt die Vertonung dieser auch visuell hervorragenden Szene, in der sich Lily immer stärker dem Rausch des sündigen Luxus’ hingibt, sodass auch das Orchesters zu einem ausladenden Walzer ausholt und sich schließlich in einen musikalischen Strudel aus Lust und Leidenschaft hingibt. Für die finale Auseinandersetzung komponierte Goldsmith außerdem längere Actionpassagen voll heroisch schmetternder Fanfaren und wuchtigen Streicherläufe.

Ridley Scott war zwar sehr zufrieden mit der Musik, dennoch nahm er einige Veränderungen an der Musik vor. So werden längere Stücke während des Films unterbrochen, ein- oder ausgeblendet und auch einige Stücke aus dem Temp Track wurden in die Filmmusik übernommen. Goldsmith war mit dieser Entwicklung nicht glücklich, doch das größere Unglück stand noch bevor. Nachdem „Legende“ für den amerikanischen Markt auf Anweisung des Produzenten Sidney Sheinberg erneut gekürzt wurde, versuchte das Studio, den Film zu retten, indem man eine Musik im Film verwendete, die eher dem Zeitgeist ansprach und jüngere Zuschauer ins Kino locken sollte. Daher engagierte man die erfolgreiche Gruppe „Tangerine Dream“, die eine Musik schrieb, die in der amerikanischen Fassung Goldsmiths Partitur ersetzen sollte. „Tangerine Dream“ vertonte den Film fast durchgängig mit Musik, die ironischerweise ebenfalls von den Produzenten im Film umhergeschoben und beschnitten wurde. Dieser rein elektronische New-Age-Teppich entspricht mit den langen wabernden Klangflächen und exotischen Instrumenten wie gesampelten Panflöteneiner einer genau gegenteiligen Musik Konzeption zu Goldsmiths detailierter Orchestrierung, dem kreativen Umgang mit der Elektronik und den diegetisch angelegten Passagen wie Llilys Gesängen.

Zum Filmstart erschienen je ein Album mit der Musik Jerry Goldsmiths und Tangerine Dreams mit einer Länge von 45 Minuten. Nachdem die Bänder zu der Goldsmith-Musik lange Zeit als verschollen galten, wurden in London wieder Bänder entdeckt, sodass es für Silva Screen Records möglich war, 1992 eine erweiterte CD-Veröffentlichung zu produzieren. Die Produktion dieser CD erwies sich als schwierig, da die Bänder manchmal nur einzelne Spuren enthielten und unbeschriftet waren. Dennoch gelang es, die Elemente erneut zusammen zu setzen, sodass fast die vollständige Filmmusik vorliegt, wie Goldsmith sie ursprünglich intendierte. Daher läuft die CD länger als die Musik im Film, da durch die ganzen Übergänge, Aus- und Überblendungen mehrere Minuten unterschlagen wurden. Zehn Jahre später nach dieser Veröffentlichung legte Silva Screen dieses Album erneut auf, dieses Mal mit überarbeiteten Klang und einem ausführlichen Booklet, das viele Informationen zu Film und Musik enthält. Dem Label ist damit eine äußerst wichtige Arbeit gelungen, denn Goldsmiths Musik entfaltet insbesondere in ihrer (beinahen) Vollständigkeit ihren schwelgerischen Zauber. Klanglich und editorisch somit absolut hochwertig zollt dieses Produkt dem Komponisten und seiner Musik den Tribut, der ihnen für den Film versagt wurde und sollte daher in keiner Filmmusiksammlung fehlen!

 

 

King Solomon's Mines - Quatermain: Auf der Suche nach dem Schatz der Könige

 

Professor Huston glaubt, in den Besitz einer Schatzkarte zu sein, die den Weg zu den legendären Diamantenminen König Salomons weist. Bei einem Krämer werden Huston und sein Assistent Richard allerdings von dem türkischen Sklavenhändler Dorati und dem deutschen Oberst Bockner überrascht. Während Richard bei einem Fluchtversuch zu Tode kommt, entführen der Offizier und sein Komplize den Professor, um ihn zu zwingen, die Karte für sie zu übersetzen. Hustons Tochter Jessie bittet den bekannten Großwildjäger Alan Quatermain um Hilfe, ihren Vater zu suchen. Quatermain wird von dem geheimnisvollen Kukuwan-Krieger Umbopo unterstützt. Das Trio macht den Krämer ausfindig, bei dem die Entführung stattfand, doch sie werden von den Männern Bockners überrascht. In letzter Sekunde gelingt Quatermain mit Jessie und Umbopo die Flucht. Am nächsten Tag können die drei Helden den Militärzug des deutschen Offiziers aufspüren und Professor Huston aus den Händen der deutschen Soldaten befreien, doch es ist zu spät: Huston hat Bpckner und Dorati bereits die Lage des Schatzes mitgeteilt. Quatermain gibt Professor Huston in Umbopos Obhut und macht sich mit Jessie auf den Weg, um die beiden Bösewichte aufzuhalten. Es ghelingt den beiden Helden, von einem nahe gelegenen Flugplatz der deutschen ein Flugzeug zu klauen, mit dem sich Quatermain und Jessie auf dem Weg zu den Zwillingsbergen machen wollen, wo die Minen angeblich versteckt sind. Nach einer Bruchlandung geraten sie wenig später in einen Hinterhalt eines Kannibalenstammes, der die beiden Abenteurer in einem riesigen Kochtopf zubereiten wollen, aus dem Quatermain und Jessie in letzter Sekunde entkommen können. Von einem freundlich gesinnten Stamm verpflegt machen sich die beiden auf, um Bockner und Dorati aufzuhalten. Allerdings werden sie wieder gefangen genommen, dieses Mal von dem Stamm der Kukuwana, die von einer bösen Priesterin angeführt werden. Quatermain soll den Krokodilen zum Fraß vorgeworfen werden, doch kann er in letzter Sekunde von Umbopo gerettet werden, der sich als wahrer Häuptling der Kukuwana zu erkennen gibt. Gemeinsam machen sich die Helden auf in die Minen, um Bockner und Dorati ein für alle Mal das Handwerk zu legen...

Henry Rider Haggart war der Sohn eines reichen Gutsbesitzers und Anwalts und Bruder von zehn Geschwistern. Einer seiner Brüder forderte Haggart eines Tages heraus und wettete, Haggart könne kein so spannendes Buch schreiben wie Robert Stevensons "Die Schatzinsel", das einige Jahre zuvor veröffentlicht worden war. Auf Empfehlung seines Vaters wurde Haggart, der im Gegensatz zu seinen Geschwistern keine höhere Schulbildung genossen hatte, Sekretär des Gouverneurs von Natal in Südafrika. Die hier gesammelten Eindrücke schrieb Haggart schließlich in dem Roman "King Solomon's Mines" nieder. Weitere Abenteuergeschichten sollten in den näöchsten Jahren folgen. Die erste Verfilmung des Romans war "König Salomons Diamanten" von 1950 mit Stewart Granger in der Rolle des Großwildjägers. Quatermain gilt außerdem als große Inspiration des Protagonisten der Indiana-Jones-Filme. Als Steven Spielberg mit "Raiders of the Lost Ark" einen Riesenhit landete, versuchte die B-Film-Schmiede "Cannon" unter Menahem Golan und Yoram Globus auf den Zug aufzuspringen und begab sich zu den Wurzeln. "Quatermain" vermag allerdings in keinster Weise an das große Vorbild der Indiana-Jones-Filme oder die erste Verfilmung heranzureichen. Dieser Film ist eine Trashgranate durch und durch. Neben unzureichendem Spiel der Darsteller und wenig überzeugender Spezialeffekte stört an dem Film besonders der dreist rassistische Unterton, der typisch für den Tenor der meisten Cannon-Streifen ist. Wie selbstverständlich Bockner mit den Worten "schmutzige Tiere", "primitiv wie ihr Land" die Einwohner des afrikanischen Kontinents abstempelt und auch Jessie den erstbesten Schwarzen als "Kannibalen" beschimpft, ist heutzutage empörend. Die Dreistigkeit, mit der Schwarze als dumm rumhüpfende Stammesangehörige Dargestellt werden, sucht tatsächlich ihresgleichen. Ein besonders mieser Aspekt ist im Nachhinein auch, dass "Quatermain" sogar in Zimbabwe gedreht wurde und man so anscheinend die schlechten Zustände eines von einer Diktatur geknechteten Landes nutzte, um einen schlechten und rassistischen Film runterzukurbeln. Mäßig in Regie, Kameraführung und Schnitt ist der Film auch durch seine Schauspieler wenig überzeugend geraten. Richard Chamberlkain legt sich deutlich ins Zeug. Vielleicht trieb ihn wirklich die Hoffnung an, der nächste Indiana Jones zu werden. Eine sehr junge Sharon Stone plagt sich mit der Rolle als ewig nervende und quängelnde Jessie Huston und auch Herbert Lom kann mit seiner engagierten Darstellung Oberst Bockners nicht mehr viel retten. "Quatermain" ist zu Recht Sang- und Klanglos zwischen den Indiana-Jones-Filmen untergegangen und kann heute nur noch als Trash bedingt unterhalten.

 

Jerry Goldsmith machte sich besonders durch die Vertonung von Horror- und Actionfilmen sowie Thrillern einen Namen. Mit einem modernistischen, teils dissonanten Ansatz brach der Komponist mit der spätromantischen Generation der vorigen Generation Filmkomponisten. Erst 1978 vertonte Goldsmith mit "Der Wind und der Löwe" seinen ersten Abenteuerfilm, auf den insbesondere in den 90er Jahren mit "Der erste Ritter", "Der 13te Krieger", "Die Mumie" und später "Timeline" einige weitere folgen sollten. "King Solomon's Mines" schlägt somit die Brücke zwischen dem traditionell angelegten aber sehr originell gestalteten Milius-Film und den unterhaltsamen, aber spürbar routinierteren Kompositionen der letzten Schaffensphase des Meisters. Zusammen mit dem drei Jahre zuvor entstandenen "Supergirl" musste Goldsmith erneut den Trittbrettfahrer eines großen Kinoerfolges vertonen, dem John Williams bereits seinen markanten Stempel aufgedrückt hatte. Auch wenn "King Solomon's Mines" letzten Endes durch und durch eine Goldsmith-Musik ist, so lassen sich doch einige bewusste Ähnlichkeiten mit den Partituren der "Indiana Jones"-Filme ausfindig machen. "King Solomon's Mines" gehört zu den wenigen Filmmusiken, die Goldsmith in den letzten 20 Jahren seines Schaffens komponierte, die ohne jeden Einsatz von Elektronik auskommen, sodass eine rein orchestrale Abenteuerpartitur vorliegt. Die traditionelle Konzeption dieser Vertonung zeichnet sich auch durch den Einsatz mehrerer Leitmotive aus. Das heroische Hauptthema gehört zu den euphorischsten Schöpfungen Goldsmiths und erinnert an den triumphalen "Supergirl"-Marsch. Dass dieses Thema hauptsächlich von den Trompeten über die kräftig beschwingte Orchesterbegleitung vorgetragen wird, ist eine deutliche Anspielung an den Ansatz, den John Williams bei "Jäger des verlorenen Schatzes" verfolgte. Für die Beziehung zwischen dem Großwildjäger und Jessie steht ein lyrisches Liebesthema, das entweder sanft von der Flöte gespielt wird oder als fließende Hornmelodie erklingt. Dieses Thema ist ebenso schlicht wie gefühlvoll und entspricht somit Goldsmith oft verfolgten Absicht, keine überschwänglichen Emotionen, sondern das sanfte und beruhigende Gefühl einer Liebesbeziehung in den Vordergrund zu stellen. Für die musikalische Charakterisierung der Bösewichte genemigte sich Goldsmith einen ganz besonderen Witz. Oberst Bockner hört schließlich im Film stets Wagners "Walkürenritt" und so verwundert es nicht, dass diese weltbekannte Melodie auch im Orchester stets Bockners Auftritte begleitet. Dabei stellt Goldsmith wieder sein handwerkliches Können unter Beweis, indem er die fremde Melodie völlig nahtlos in seine Partitur einflechtet. Die typische Vorgehensweise des Komponisten, Actionszenen mit Ostinati zu unterlegen, findet sich auch in "King Solomon's Mines", denn hier schrieb er ein Ostinato-ähnliches Gefahrenmotiv, dass im treibenden 12/8-Takt erklingt und oft als Fundament für einzelne Themenfragmente dient, die teils übereinander geschichtet werden. Dieses Motiv zieht begleitet fast alle Actionszenen. Im Film durchaus wirkungsvoll, ist diese ständige Wiederholung dieses Motivs auf CD nicht immer dem Hörfluss zuträglich. Neben diesen vier wichtigen Leitmotiven komponierte Goldsmith allerdings noch weiteres interessantes Material wie die brachialen Schläge der Perkussion für das Krokodilritual oder das sehr sanfte Thema für einen Stamm, der über Kopf lebt.
1991 veröffentlichte Intrada Records die vollständige Musik, die seit dem Filmstart nur als gekürzte LP-Zusammenstellung erhältlich war, auf CD. Allerdings war die Musik in falscher Geschwindigkeit auf den Tonträger gepresst worden, sodass Prometheus Records 2006 schließlich eine definitive Veröffentlichung der Musik in richtiger Geschwindigkeit auf den Markt brachte. Neben einem informativen Begleittext enthält die Promehtues-CD einige Bonusstücke, die allerdings weniger interessant sind, weil es sich um einen Zusammenschnitt der Vor- und Abspannmusik handelt, der als "Theme efrom King Solomon's Mines" betitelt ist, einige kurze Trommelaufnahmen sowie Probemitschnitten des Walkürenritts. "King Solomon's Mines" ist eine äußerst unterhaltsame Abenteuermusik, die einen besseren Film verdient hätte, auf CD schleichen sich allerdings hin und wieder ein paar Längen ein. Insbesondere die steten Wiederholungen des Gefahren-Motivs und die sehr lange Musik zum Finalkampf, die allerdings sehr viel Suspensepassagen enthält, bremsen den Hörfluss deutlich. Dennoch ist die CD eine lohnenswerte Anschaffung für alle Freunde der orchestralen und melodischen Abenteuermusik.

 

1986

 

Link, der Buttler

Die junge Studentin Jane assistiert während den Semesterferien Professor Philips bei seinen Versuchen in einem schmucken Anwesen im schottischen Hochland. Philips, der ein ausgezeichneter Tierforscher ist, beschäftigt sich mit der Intelligenz von Affen und beherbergt in seinem Wohnsitz zwei Schimpansen sowie einen alten ausgedienten Zirkusaffen, der ihm in der Studienzeit als Versuchsobjekt diente. Der Orang-Utang namens "Link" war früher als "Meister des Feuers" bekannt und versteht sich im Umgang mit Streichhölzern und Zigarren, hilft dem Professor mittlerweile (im Butler-Kostüm) beim Haushalt und mit den anderen beiden Tieren, da er für die Versuche schon zu alt ist. Jane lernt schnell den Umgang mit den Tieren, denen man klare Grenzen setzen muss, doch als Link erfährt, dass er eingeschläfert werden soll, gerät das geordnete System aus den Fugen. Als der Professor verschwindet, sieht sich Jane drei aggressiven Tieren ausgesetzt.

Richard Franklins Film beinhaltet eine klare Botschaft: "Tiere sind kein Spielzeug" und wurde unter gehörigem Aufwand gedreht, denn alle drei Affen sind meisterhaft dressiert. Zu keinem Zeitpunkt wurde auf kostümierte Menschen oder mechanische Puppen zurück gegriffen, was den in die Jahre gekommenen Streifen auch heute noch beeindruckend macht. Wirklich ernst nehmen kann man den Film allerdings aus verschiedenen Gründen nicht, denn dazu ist der Film atmosphärisch nicht dicht genug inszeniert. Das gewisse Etwas fehlt dem Film trotz ambitionierter Darsteller und toller Lokalität, denn Franklin inszenierte einen soliden - wenn auch ob der Thematik recht eigenständigen - Film. Als die Stimmung kippt und sich die junge Studenten den drei Tieren ausgesetzt fühlt oder der lange Showdown am Ende sind nett - aber mehr auch nicht. Ein Film, den man sich ansehen kann und der einen unterhält, solange man nicht zuviel erwartet.

Jerry Goldsmith habe seinen Film gerettet, soll Franklin einmal gesagt haben. Gerettet werden musste der Film nicht unbedingt, denn grottenschlecht ist das ganze ja nicht, wenn auch nicht überragend. Dass Goldsmith tatsächlich im Stande war, Filme zu retten, sehen wir an unzähligen B-Movies der 70er, die ohne die Musik nur halb so interessant wären, doch ob das auch auf "Link" zutrifft, wage ich zu beweifeln.
Goldsmith war Ende der 80er in einem kreativen Tief gelandet und seine Musik litt nicht selten an dem massigen Einsatz von elektronischen Elementen. "Link" ist da keine Ausnahme, denn zu größten Teilen wir die Musik in ein sehr strenges Raster aus einem Drum-Computer-Beat gezwängt, der der Musik eine äußerst trashige Atmosphäre verleiht. Trotzdem trifft man auch hier die für den Komponisten typischen ungeraden Rhythmen an. Das Hauptthema dürfte unter eingefleischte Goldsmith-Fans Kult-Status erreicht haben und spielt besonders auf Links alte Zirkuskarriere an. Das sehr durch Chromatik geprägte Thema wird oft von einem flötenähnlichem Synthie gespielt, doch leider klingt das Thema viel zu albern, als dass es den Film ernsthaft untermalen könnte. Dass Goldsmith das Thema oft in seiner komödiantischen Natur einsetzt, schadet dem Film erheblich, denn es wirkt, als habe Goldsmith diesen nicht ernst genommen. Die kurzen lyrischen Momente für die schottische Landschaft sind von typischer Goldsmith'scher Einfachheit und hin und wieder packt der Meister sogar einige kurze Momente fast rein orchestrale Horrormusik aus. Hier zeigt sich doch, was für ein Könner Goldsmith war, so variiert er zum Beispiel den B-Teil des Themas beim Absturz eines Autos in herrlich jaulender Stravinsky-Manier in den Violinen, verleiht dem Thema in einer noblen Streicherpassage enen recht behäbigen und ernsten Charakter, packt bei Links erster angezündeter Zigarre sogar echte Zirkusfanfaren aus, doch all diese kleinen Momente reichen nicht aus, "Link" auch nur ansatzweise auf die Ebene eines "gelungenen" Scores zu hiefen. Zu trashig, zu albern, zu gleichförmig ist diese immerhin recht individuelle Musik im Werk des Komponisten. Lohnen tun sich die extrem seltene Varèse und die schon längst überteuerte Intrada-CD also nur für eingefleischte Fans und 80er-Nostalgiker.

 

1987

 

Extreme Prejudice - Ausgelöscht

Jack Benteen und Cash Bailey waren früher unzertrennliche Freunde und wuchsen in einem kleinen texanischen Städtchen in der Nähe zur mexikanischen Grenze auf. Benteen verließ die Heimat, um in eine Großstadt zu ziehen, während Bailey als Informant in die mexikanischen Drogengeschäfte eingeschleust wurde. Allerdings wendet er sich nach fünf Jahren in dieser Tätigkeit von der Arbeit für die Regierung ab und baut sich sein eigenes Drogenimperium auf. Währenddessen kehrt Jack Benteen, der in der großen Welt nicht das erhoffte Glück gefunden hatte, in die Heimat zurück, nimmt eine Arbeit als Texas Ranger an, und beginnt eine Beziehung mit Baileys früherer Freundin Sarita. Er und Bailey sind nun also nicht nur des Berufs wegen sondern auch privat Feinde. Immer wieder muss Jack Benteen kleine Farmer verhaften, die als Drogenlieferant für Cash Bailey arbeiten und schließlich wird ein enger Freund des Rangers bei einer gescheiterten Verhaftung getötet. Als hätte Benteen nicht genug Sorgen kommen nun auch noch sechs für tot erklärte Ex-Soldaten in die Stadt, um die Bank auszurauben…

„Extreme Prejudice“ erzählt eine allseits bekannte Geschichte: Die beiden ehemals besten Freunde, die nun zu Feinden wurden und um dieselbe Frau streiten. Und tatsächlich drehte Walter Hill, der schon bei Sam Peckinpah in der Lehre war, seinen Film über Anstand, Ehre, Versuchung und Freundschaft wie einen Western. Letzten Endes bräuchte man sich nur die Telefone und Autos wegdenken. In den rasanten und oft sehr blutigen Schießereien wird umso mehr das Vorbild Peckinpahs deutlich, denn Hills durchweg visuell bestechender Film setzt besonders bei der Action auf schnelle Schnitte und den raschen Wechsel zwischen Zeitlupe und Zeitraffer. Umso bedächtiger und wortkarger sind im Gegensatz die Dialogszenen gedreht, bilden somit zum einen einen stilistischen Ausgleich und bauen zum anderen eine dichte Atmosphäre auf. Eine Charakterentwicklung gibt es bei „Extreme Prejudice“ an keiner Stelle. Stattdessen sind alle Figuren derart in ihre eigenen von der individuell ausgerichteten Moral angetriebenen Motivationen verbohrt und beharren auf ihr Recht – sei es bis zum Tod. So verwundert es nicht, dass die beiden Gegner Bailey und Benteen ihren Konflikt letzten Endes in einem guten alten Duell austragen. Neben der Kameraführung, dem Schnitt und der dichten Atmosphäre besticht der Film auch durch die perfekt ausgewählten Schauspieler, die ihre Rollen alle überzeugend spielen. Hier glänzen vor allen Dingen natürlich Nick Nolte als Jack Benteen sowie sein stets weiß gekleideter Gegner Powers Boothe als Bailey. Rip Torn als kerniger Sheriff und enger Freund Jacks überzeugt ebenso wie Maria Conchita Alonso als Sarita, die zum Spielball und bloßem Objekt der Begierde zwischen den Männern degradiert wird. Die fünf Söldner unter der Führung Michael Ironside sind ebenfalls vortrefflich gewählt und repräsentieren alle unterschiedliche Typen des Army-Soldaten. Insgesamt ist „Extreme Prejudice“ ein harter, aber atmosphärisch dichter Western in modernem Gewand, der handwerklich und schauspielerisch zu überzeugen weiß.

Da Walter Hills Stammkomponist Ry Cooder verhindert war, wurde Jerry Goldsmith mit der Vertonung von „Extreme Prejudice“ beauftragt (ironischerweise verzögerte sich der Dreh und Cooder wäre letzten Endes frei gewesen). Goldsmith wollte zuerst einen großorchestralen Score schreiben, doch Hill, für den Orchestermusik in Filmen ein Relikt der 50er Jahre darstellen, forderte eine ‚kleinere’ Musik. Der Komponist fügte sich und entschied sich für eine ausbalancierte Mischung des traditionell besetzten Orchesters und synthetischer Elemente. Erst zwei Jahre davor hatte Goldsmith mit „Gremlins“ seine erste Musik geschrieben, in der das Orchester und die Synthesizer jeweils zur Hälfte die Musik bestritten und einige Monate später mit „Legend“ den Einsatz von elektronischen Samples bis zur Perfektion ausgelotet. Dabei blieb er stets dem Motto treu, die synthetischen Klänge als Erweiterung des Orchesterklanges zu verstehen und keine akustischen Klänge nachbilden zu wollen. In „Extreme Prejudice“ allerdings griff Goldsmith oft auf Samples zurück, die akustische Instrumente imitieren oder stark an ihren Klang angelehnt sind. So erhält die Musik ihr rhythmisches Fundament fast ausschließlich von programmierten Synthie-Schlagzeug-Rhythmen. Diese klingen heute nicht nur stark veraltet, sondern zwängen die sonst filigrane und durch ungerade Takte geprägte Actionmusik Goldsmiths in ein enges und gleichförmiges Korsett. Besonders störend sind auch die künstlichen Castagnetten und Flötenklänge, da konzeptionell oder ästhetisch nichts gegen den Einsatz akustischer Instrumente gesprochen hätte. Durch die stets sehr dichte Mischung der elektronischen Schichten mit dem Orchester erhält man während der ersten Hördurchgänge den Eindruck, es handele sich hier um einen Synthiescore mit einigen ausgewählten Solopassagen, erst nach und nach nimmt man das hier und dort durchschimmernde Orchester wahr. Im Gegensatz zu ausgewogenen Partituren wie „Gremlins“ sind die Synthesizer in „Extreme Prejudice“ stets präsent und verdecken das Orchester regelrecht. Umso mehr erstaunt es, dass Walter Hill die neun Minuten lange Passage für den Banküberfall als „zu vereinnahmend“ empfand und Goldsmith bat, mehrere kürzere und weniger orchestrale Stücke für die Szene zu komponieren, sodass in dem ersten dramaturgischen Höhepunkt des Films die Musik doch einen noch synthetischeren und repetiveren Charakter gekennzeichnet als sonst.
Auch wenn die Musik klanglich voll und ganz in den 80ern verhaftet bleibt, so ist so dennoch durch eine klassische Methode des Golden Age strukturiert, denn Goldsmith schrieb mehrere Leitmotive für die einzelnen Charaktere und Personengruppen. Zu Beginn ist das stark punktierte und hauptsächlich aus einer abfallenden Tonfolge bestehende Soldatenthema in fast jedem Stück zu hören, dem ein stets sehr warm arrangiertes Thema für Sarita gegenüber gestellt wird, das ebenfalls in den ersten fünf Tönen eine abfallende Linie beschreibt. Cash Bailey wird oftmals durch eine Pendelfigur, deren zentrales Tonmaterial aus einem Moll-Akkord besteht, charakterisiert, die oft in einem synthetischen Klang zu hören ist, der an eine Klarinette erinnert. Hin und wieder engt Goldsmith das Tonmaterial auch auf drei aneinander liegende Ganztöne und einen Halbtonschritt ein. Kennzeichnend für Baileys manchmal abgewandeltes Motiv ist jedoch ein Verzerrungseffekt, indem der erste und letzte Ton in Form eines Glissandos nach oben und unten gleitet. Protagonist Jack Benteen erhält erst im letzten Drittel des Films sein Thema in Form der „Mexico-Melodie“, die das geschlossenste und eingängigste Thema sein dürfte, und somit auch den Abspann begleitet. Insgesamt ist Goldsmiths leitmotivisches Konzept nicht ganz überzeugend geworden, da eine klare Identifizierung Benteens auf der letzten Sekunde mit der Mexiko-Melodie nicht so ganz funktionieren will, die Themen für Sarita und die Soldaten sich stark ähneln und Cash Baileys Motiv zu Beginn in Bezug auf das Tonmaterial nie ganz fest gemacht wird. Der Rezipient hat stets das Gefühl, nur halbgare Entwürfe, nie aber fest ausgearbeitete und auf die Charaktere zugeschnittene Leitmotive zu hören.
„Extreme Prejudice“ gehörte zu einem der ersten Goldsmithscores, die je auf CD gepresst wurden und wurde parallel von Silva Screen und Intrada jen- und diesseits des großen Wassers vertrieben. 2004 brachte Lalaland die komplette Filmmusik in einer leicht erweiterten Ausgabe im Andenken an den kürzlich verstorbenen Komponisten heraus und veröffentlichten neben einigen kleineren Stücken erstmals die Filmversion der Musik zum Banküberfall im direkten Vergleich mit Goldsmith ursprünglichen Version. Neben dem informativen Booklet mit einem Kommentar von Walter Hill selbst besticht das Lalaland-Album durch eine brillante und klare Klangqualität, als wäre die Musik erst gestern aufgenommen worden. Die Musik selbst ist zwar konzeptionell nicht vollständig überzeugend und besonders akustisch ein Kind ihrer Zeit, aber immerhin waren sich Regisseur und Komponist völlig über ihre Idee im Klaren und hechteten nicht einer zeitgenössischen Mode nach. Ob einem das Gehörte zusagt, muss letztendlich jeder für sich entscheiden.

 

 

Innerspace - Die Reise ins ich

Leutnant Tuck Pendleton von der Kriegsmarine hätte der beste Pilot seiner Streitkraft werden können, doch der Frauenheld mit Hang zur Trinkerei hat ein gehöriges Problem, sich Vorgesetzten unterzuordnen. Sein übermäßiger Alkoholkonsum zerstörte außerdem seine Beziehung zu der Reporterin Lydia Maxwell und als er bei einer Ehrenfeier für seine erfolgreichen Pilotenkollegen betrunken für einen weiteren Skandal sorgt, wird er entlassen. Am Boden zerstört meldet sich Tuck für ein äußerst riskantes Experiment: Der Wissenschaftler Dr. Ozzie Wexler hat ein Verfahren entwickelt, einen Menschen mit Hilfe eines Mikrochips mit einer einem U-Boot ähnlichen Kapsel auf kleinste Größe zu schrumpfen und in eine Spritze zu befördern, von dem aus die Kapsel in ein beliebiges Lebewesen iniziert werden kann. Das Experiment gelingt und Tuck wird ohne Komplikationen geschrumpft und in die Spritze befördert, doch bevor er in das Versuchskaninchen injiziert werden kann, überfällt die Wissenschaftlerin Dr. Margaret Canker das Labor, um den Chip und die Spritze zu rauben. Canker arbeitet für den kriminellen Victor Scrimshaw, den Kopf einer kriminellen Organisation, der den Chip an den "Cowboy" verkaufen will, einen selbstgefälligen Hehler, der neueste Technlogie an den Meistbietenden verkauft. Dr. Ozzy Wexler kann als Einziger entkommen und flüchtet vor einem von Scrimshaws Auftragsmördern mit dem geschrumpften Tuck in ein Einkaufszentrum. Bevor der Wissenschaftler erschossen wird, kann er die Spritze in den Hintern des Supermarktkassierers Jack Putters rammen und die Kapsel mit Tuck in den Mann injizieren. Weder Jack noch Tuck haben etwas von den Ereignissen mitbekommen und so glaubt der ehemalige Marinepilot, er würde sich in dem Kaninchen befinden, bis er sich in Jacks optischen Nerv einklinken kann und merkt, dass er in einen Menschen injiziert wurde. Er nimmt Verbindung zum Gehör des Supermarktkassiers auf, der der inneren Stimmen zuerst nicht traut. Langsam aber werden sich die beiden über ihre jeweilige Situation klar und nun liegt es an Jack, von Tuck geführt, den geraubten Mikrochip ausfindig zu machen, die gefährlichen Kriminellen unschädlich zu machen und die Kapsel zu guter Letzt wieder in ihre normale Größe zu maximieren. Dafür haben die beiden allerdings nur wenig Zeit, denn innerhalb des nächsten Tages ist der Suaerstoffvorrat der Kapsel erschöpft und Tucks Leiche würde für alle Ewgikeit in Jacks Blutkreislauf umher treiben...

1966 entstand mit "Die phantastische Reise" unter Regisseur Richard Fleischer ein Science-Fiction-Klassiker, der von einer Gruppe Mediziner handelt, die in einem U-Boot auf Mikrobengröße geschrumpft und in einen Menschen injiziert werden, um ein Blutgerinsel in dessen Gehirn zu entfernen. "Die Reise ins Ich" von Joe Dante ist jedoch keine bloße Neuverfilmung, denn abseits der Idee des in einer Kapsel geschrumpften Menschen, der in eine andere Person injiziert wird, haben die beiden Filme inhaltlich wenig gemeinsam. Während "Die phantastische Reise" mit der durchweg spannenden Handlung durchaus als Science-Fiction-Thriller bezeichnet werden könnte, inszenierte Dante den Stoff in gewohnt humoristischer Art und Weise. Dabei reicherten die Autoren Jeffrey Boam und Chip Proser die Handlung um viele skurrile Personen an und rückten die sich entwickelnde Männerfreundschaft zwischen Tuck und Jack in den Vordergrund. Theoretisch könnte man "Die Reise ins Ich" auch als Entwicklungsgeschichte Jack Putters sehen, denn der hypochondrisch veranlagte, stets nervöse Supermarktkassierer avanciert durch die Anleitung des draufgängerischen Tuck zum wahren Helden. Joe Dante ist for die Regie natürlich am Besten geeignet und schafft es gewohnt, die mit einigen übernatürlichen Elementen angereicherte Geschichte temporeich zu inszenieren und dabei seinen Charakteren, so klischeehaft sie auch sein mögen, genug Aufmerksamkeit zu widmen. Sehenswert ist "Die Reise ins Ich" zusätzlich wegen der grandiosen 'Innenaufnahmen' von Jacks Körper. Riesige Fettzellen, ein immens pochendes Herz und ätzend brodelnde Magensäure bilden das optisch ausgefallene Umfeld für eine ganz besondere U-Boot-Fahrt. Auch die Szenen mit "verkleinerten" Menschen in der übergroßen Welt sind überraschend gut gealtert, da sie tatsächlich in übergroßen Kulissen gedreht wurden. Wie so oft trifft man auch bei "Die Reise ins Ich" auf altbekannte Gesichter und Dante-Stammschauspieler, doch auch die Protagonisten sind treffend besetzt. Die Chemie zwischen Dennis Quaid als Tuck Pendleton und Martin Short in der Rolle des Jack Putter stimmt durchweg und beide Schauspieler können ihren Figuren einen ganz eigenen Stempel aufdrücken, ohne aneinander vorbei zu spielen. Meg Ryan als niedliche Lydia Maxwell mag zwar neben den beiden Hauptdarstellern etwas verblassen, jedoch entspricht sie vollends der immer engagierten, doch teils etwas zögernd und zweifelnden Journalistin. Kevin McCarthy und Fiona Lewis geben ein fieses Gespann ab, aber besonders Robert Picardo ist in der Rolle des selbstgefälligen Aufschneiders als "Cowboy" ist ein Garant für herrlich überzogene Szenen. Insgesamt schufen Stab und Besetzung von "Die Reise ins Ich" keineswegs einen blassen Aufguss von "Eine fantastische Reise", sondern eine gelungene Neuinterpration des Stoffes in Dantes typisch filmischen und humoristischen Gewand.

1983 arbeiteten Joe Dante und Jerry Goldsmith erstmals in dem Episodenfilm "Twilight Zone: The Movie" zusammen. Diese Kollaboration legte den Grundstein für neun weitere gemeinsame Projekte, von denen "die Reise ins Ich" nach "Gremlins" und "Explorers" der vierte gemeinsame Film ist. 1984 lotete Goldsmith, der schon seit jeher mit elektronischen Elementen in seiner Musik experimentiert hat, die Balance zwischen Synthesizern und traditionellem Orchester neu aus. In den folgenden Jahren sollten synthetische Klänge immer mehr Raum im Schaffen des Komponisten einnehmen und auch "Innerspace" bildet keine Ausnahme. Im Grunde als orchestrale Abenteuermusik konzipiert, reicherte Goldsmith die Möglichkeiten des durchschnittlich besetzten Symphynieorchester für "Innerspace" mit vielen elektronischen Einsprengseln und synthetischen Klangflächen an, sodass die Musik deutliche klangliche Parallelen zu "Explorers" und oder "Baby: Secret of the lost Legend" aufweist. Konzeptionell orientiert sich Goldsmith allerdings an der klassischen Leitmotivtechnik, sodass "Innerspace" durch mehrere Themen und Motive strukturiert ist. Für Tuck schrieb er ein sehr nobles Thema, das zum ersten Mal in der Schrumpfszene von den Bläsern vorgetragen wird und die abenteuerlustige Seite des Protagonisten charakterisiert und entfaltet, vom gesamten Orchester ausgespielt, eine heroisch anmutende Wucht. Goldsmiths versierter Umgang mit seinem Themenmaterial zeigt sich außerdem in den nicht wenigen Actionpassagen der Musik, in denen er das Thema zu einer kurzen Actionfanfare verkürzt, die oftmals über rhythmisch ungerade Ostinati erklingt. Für die Liebesbeziehung zwischen Tuck und Lydia schrieb der Komponist ein recht schlichtes Liebesthema, das meistens vom Saxophon über sanfte Streicherteppiche gespielt und von einigen Keyboardtupfern flankiert wird. Von allen Passagen aus "Innerspace" ist dieses deutlich in den 80ern verhaftete Arrangement am schlechtesten gealtert. Den selbstdarstellerischen Hehler mit dem Spitznamen "Cowboy" versah Goldsmith mit synthetischer Maultrommel und elektronischen Pfeifklängen, die augenzwinkernd zu Ennio Morricone hinüber schielen. Nicht ganz so effektiv wie seine ironische Westernmusik für "The 'Burbs" verfehlt allerdings auch das Material für den Cowboy seine Wirkung weder im Film noch auf CD. Scrimshaws Auftragsmörder mit der tödlichen Handprothese findet sich in der Musik in Form eines Zweiton-Motivs für Holzbläser wieder, das oft von einem elektronischem metallartigen Geräusch begleitet wird.
Besonders um das Motiv des Killers und Tucks heroisches Thema sponn Jerry Goldsmith raffiniert atmosphärisch dichte Passagen wie die mystische, von einem elektronischen Herzschlag und elektronischen Zischlauten durchzogene Musik für die Aufnahmen in Jacks Blutbahn oder treibende Actionsequenzen, die - typisch für den Komponisten - auf rhythmisch ungeraden Ostinati basieren, über die sich einzelnen Themenfragmente und Motive legen. Mit den ruhigen Momenten für Dialoge und naiv heroischen Passagen für den abenteuerlichen Aspekt des Films ist die Musik zu "Innerspace" äußerst abwechslungsreich geraten.
Von den knapp 80 Minuten der kompletten Musik wurden gerade einmal 25 Minuten auf dem zum Filmstart erschienenen Album veröffentlicht. Die restliche Laufzeit wurde mit den Songs, die im Film vorkommen aufgefüllt. Erst 2009 machte Lalaland Records die Musik zu "Innerspace" in Form einer limitierten Edition vollständig zugänglich und füllte so wichtige Lücken, die auf dem Geffen-Album entstanden sind. Erstmals gab es das Material für den Cowboy, das Liebesthema und mehrere Actionsequenzen in klarer Klangqualität und offiziell auf CD. Für das Label typisch wurden allerdings mehrere einzelne Stücke zu längeren Titeln zusammen gefasst und dadurch teilweise aus der chronologischen Filmreihenfolge gebracht wie die beiden Alptraumpassagen, die nun als ein Stück auf die CD gepresst wurden. Die Lalaland-CD ist mittlerweile ausverkauft und nur noch über 50,- zu haben, sodass sich hoffentlich bald ein anderes Label dieser Musik annimmt, denn Goldsmith komponierte für "Innerspace" ein klassische naive und abwechslungsreiche Sci-Fi-Musik, die nicht nur kompositorisch sehr raffiniert gestaltet ist, sondern für äußerst abwechslungsreiches Hörvergnügen sorgt.

 

 

Lionheart - Richard Löwenherz und die Kinder Gottes

 

Der junge Robert Nerra ist der Sohn eines Landherren in Frankreich und wird Ende des 12. Jahrhunderts zum Ritter geschlagen. Sein älterer Bruder William beschließt, an den Kreuzzügen König Richards teilzunehmen, doch dieses Vorhaben wird ihm von Vater untersagt, der nach mehr Macht in Frankreich trachtet und deswegen jeden Ritter an seiner Seite braucht. Es kommt zu einer weiteren Schlacht um mehr Land, in die Robert Nerra mit seinem Vater und seinem Bruder zieht. Der junge Ritter schlägt sich tapfer, bis sein Bruder durch das Schwert eines Feindes fällt. Desillusioniert reitet Robert davon und trifft einige Tage später die Geschwister Michel und Blanche. Die beiden ziehen über die Dörfer und unterhalten das Volk mit kleineren Zirkusnummern. Beim letzten Auftritt allerdings nutzte ein Dieb diese Ablenkung, um einige Bürger um ihre Geldbeutel zu erleichtern. Bei dem anschließenden Handgemenge konnte Michel des Geldbeutels habhaft werden und er ergriff mit seiner Schwester die Flucht. Es gelang ihm, seine Schwester davon zu überzeugen, nach Pari zu gehen und einen eigenen Zirkus zu gründen, doch auf dem Weg in zu der großen Stadt lauern allerhand Gefahren. Umso erleichterter sind die beiden Geschwister, als Robert sich als wohlgesonnen erweist und so machen sich die drei auf den Weg nach Paris. Während eines schweren Unwetters rasten die Reisenden in einem alten Kloster, wo sie neben dem jungen Odo nur den Abt vorfinden. Dieser offenbart ihnen, dass in einer solch stürmischen Nacht der schwarze Prinz sein Unwesen treibt. Einst ein Kreuzritter, kehrte er desillusioniert aus dem geheiligten Land und trieb seitdem als Sklavenhändler sein Unwesen. Mit einem mysteriösen Mann aus dem Morgenland treibt er Geschäfte und fängt mit seinen rauen Mannen Kinder ein, um sie anschließend zu verkaufen. In der Nacht findet Robert keinen Schlaf und streift im Kloster umher, als er eine dunkle Gestalt dabei beobachtet, wie sie den Abt tötet, nachdem dieser ihr im Anschluss an die Beichte die Absolution verwehrte. Am nächsten Tag machen sich die vier jugendlichen auf den Weg, denn Odo ist nach dem Tod des Abtes allein. Auf der Reise nach Paris können sie den jungen Hugo, einen Falkner aus der Armee Richard Löwenherz, aus den Fängen eines Ritters des schwarzen Prinzen befreien und erreichen schließlich Paris, wo eine Diebin einen Sporen Roberts entwendet. Die Verfolgung der jungen Kriminellen führt den Ritter und sein Gefolge in die Unterwelt von Paris, auch "Stadt der Waisen" genannt, in denen alle obdachlosen Kinder wohnen, die von dem gutherzigen Bruder des Schwarzen Prinzen betreut werden. Er bittet Robert, sich ihrer anzunehmen, da das nasskalte Gemäuer der Pariser Unterwelt für jeden über kurz oder lang den Tod bedeutet. Mit einer Schar Kinder macht sich Robert schließlich auf, sich dem englischen König anzuschließen...

1212 machte sich eine große Gruppe jugendlicher und Erwachsener aus niederen Schichten in das heilige Land auf, doch dieser unbewaffnete Kreuzzug zerstreute sich anscheinend schon an den Ufern des italienischen Mittelmeers. In die Chroniken ging diese Unternehmung als "penegrenatio puerorum" ein. Dieser lateinische Begriff wird oft mit "Kinderkreuzzug" übersetzt, bietet aber mehrere Deutungsmöglichkeiten, die in Anbetracht der Tatsache, dass unter der Gruppe hauptsächlich junge Erwachsene niederer sozialer Schichten waren, schlüssiger scheinen. Dieses historische Ereignis, über das wenig überliefert ist, diente für die Autoren Menno Meyjes und Richard Outten als lose Vorlage für einen Abenteuerfilm, der von Francis Ford Coppola gedreht werden sollte. Schließlich fungierte Coppola mit seiner Schwester und seinem Schwager lediglich als Produzent und Franklin Schaffner übernahm die Regie. Es sollte der letzte Film des Schöpfers von "Patton", "Planet der Affen" und "Papillon" sein. Leider gelang es mit "Lionheart" nicht, der von cineastischen Meilensteinen durchzogenen Karriere Schaffners einen würdevollen Schluss zu setzen, vielmehr handelt es sich um ein äußerst blasses und belangloses Werk, in dem nur noch ein Schatten von Schaffners ursprünglicher Begabung zu spüren ist. Es ist über die gesamte Laufzeit des Films allzu deutlich, dass man Zuschauern zwischen 10 und 18 Jahren einen ansprechenden Ritterfilm mit vielen Personen bieten wollte, mit denen sich die jugendlichen Rezipienten identifizieren können. Das mag vielleicht sogar funktionieren, darüber hinaus verfügt "Lionheart" jedoch über keine Anziehungskraft. Zu bemüht und offensichtlich ist das Konzept des Films das sich zum Beispiel in der später eingeführte burschikose Mathilda äußert, die auch Mädchen eine ritterliche Identifikationsmöglichkeit ermöglichen soll. Für einen erwachsenen Zuschauer wird es schnell anstrengend, die im Hopserlauf durch die Landschaft wandernde Kinderschar zu beobachten, denn mehr zeigt der Film im Großen und Ganzen nicht.
Gedreht wurde der Film mit verhältnismäßig viel Budget in Ungarn und Portugal, sodass immerhin die üppige und abwechslungsreiche Landschaft mit die alten Burgen und die detaillierten Kostüme und Innenausstatungen zu den wenigen Pluspunkten von "Lionheart" zählen. Schaffners Regie ist routiniert, bietet aber einige beeindruckende Landschaftsaufnahmen und weitere imposante Bilder wie den kurzen nebligen Auftritt des schwarzen Prinzen oder die Schlachtaufnahmen durch die Visiere der Ritter. Handwerklich durchaus überzeugend scheint "Lionheart" hauptsächlich mit der Handlung und der darauf basierenden Konzeption wertvolles Potential zu verschenken. Auch die Darsteller füllen ihre Rollen so gut es geht aus. Eric Stolz spielt den jungen Robert ebenso gut wie auch Dexter Fletcher und   Nicola Cowper als Michel und Blanche. Gabriel Byrne ist in der Rolle des bösen schwarzen Prinzen sehr motiviert und Deborah Moore hat offensichtlich Spaß an der Rolle der Mathilda.
Insgesamt hätte "Lionheart" ein liebenswerter B-Ritterfilm aus den späten 80er Jahren werden können, entstanden ist aber ein sehr blasses Filmchen, dass sich zu sehr der Anbiederung an die junge Zielgruppe unterwirft.

Franklin Schaffner und Jerry Goldsmith verband eine Jahrzehnte lange, äußerst kreative und fruchtbare Zusammenarbeit, die filmische und musikalische Meisterwerke wie "Patton" oder "Planet der Affen" hervor brachte. 1987 hatte der Komponist sein Zenit allerdings einige Jahre zuvor überschritten und komponierte einige seiner belanglosesten Musiken. Für den fünften "Star Trek"-Film sowie die Werke von Joe Dante bewegte sich Goldsmith oft in gehobener Routine, doch den meisten Anteil in der Zeit zwischen 1986 und 1990 haben uninspirierte und oft mit einer unnötigen Masse elektronischer Elemente verstärkte Musiken. Umso erfreulicher, dass sich der Komponist für "Lionheart" aufraffte, eine seiner abwechslungsreichsten und vielseitigsten Musiken in den späten 80er Jahren zu komponieren, was vielleicht auch daran liegen mag, dass es sich hierbei um den ersten Ritterfilm handelt, für den Goldsmith die Musik komponierte. Er entschied sich, eine traditionelle, leitmotivische Filmmusik für Orchester zu komponieren, jedoch ohne auf seine Synthesizer zu verzichten. Somit bietet "Lionheart" eine Fülle von Themen und Motiven, wie sie bei dem oft kleingliedrig und monothematisch vorgehenden Komponisten eher selten ist. Für den Protagonisten Robert schrieb er ein markantes Hauptthema, dessen ersten drei Noten bereits als Erkennungsmotiv bestehen können. Der B-Teil dieses prominenten Themas kann ebenfalls als eigenständiges Element fungieren und eine melodische Brücke zwischen zwei musikalischen Ideen schlagen. Das Thema für Blanche, das zudem auch als Liebesthema zum Einsatz kommt, gehört zu den schönsten und elegantesten Melodien aus der Goldsmiths Feder überhaupt. Der schwarze Prinz wird mit einer düster bedrohlichen Melodielinie charakterisiert, die ein bisschen an modale und gregorianische  Musik wie das "Dies Irae" und den Pange Lingua erinnert. Auch Mathilda erhielt ein eigenes lebhaftes Thema, das von einer aufstrebenden Bewegung gezeichnet ist. Goldsmith komponierte zusätzlich einige weitere Nebenthemen, die zum Beispiel das bunte Treiben in der Burg Nerras zu Beginn des Films unterlegen, doch hauptsächlich gestaltet gestaltet der Komponist seine knapp 80 Minuten lange Musik mit den charakteristischen Leitmotiven. Dabei stellt er insbesondere im Umgang mit den Themen sein handwerkliches Können unter Beweis, denn die melodischen Elemente werden stets intelligent miteinander verwoben. Fast alle einzelne Stücke der Musik vermitteln den Eindruck einer geschlossenen Form und erleichtern so das alleinstehende Hören. Auch in der Instrumentierung und Orchestration gab sich Goldsmith wesentlich mehr Mühe als in seinen späteren, ökonomisch gestalteten Musiken wie "Der erste Ritter". Es gelingt ihm in "Lionheart", seinen Themen stets neue Facetten und Eigenschaften abzugewinnen. Am schwächsten ist in dieser Hinsicht höchstens das Thema des schwarzen Prinzen gelungen, das sehr variationsarm daherkommt.
Die Leistung des ungarischen philharmonischen Staatsorchesters ist annehmbar, die Aufnahme leider etwas dünn. Ein wirkliches Manko stellt allerdings - wie so oft - der Umgang mit der Elektronik dar. Hier verwendet Goldsmith die Synthesizer fast ausschließlich, um im Orchester vertretene Instrumente wie die Bläser nachzuahmen. Ein Grund ist dafür nicht erkennbar, denn schließlich sind alle Instrumente genügend vertreten. Somit wird durch die mittlerweile stark veralteten künstlichen Klänge der Hörfluss regelmäßig getrübt. Ein Ärgernis in Anbetracht der zahlreichen Qualitäten der Musik!
Als große symphonische Musik aus Goldsmiths Feder wurde "Lionheart" eine besondere Aufmerksamkeit zu Teil. Das Label Varèse Sarabande veröffentlichte die lange Musik fast vollständig auf zwei LPs verteilt. Diese Programme wurden später auch auf zwei CDs veröffentlicht, die allerdings vergriffen sind. Eine leicht gekürzte, fast durchgehend chronologische Veröffentlichung der Musik findet sich auf einer späteren CD desselben Labels, während eine Japan-CD die beiden früheren Veröffentlichungen zu einer CD zusammenfügte und ein kurzes, ohnehin nicht im Film verwendetes Sück wegließ. Mittlerweile ist sind alle CD-Präsentationen von "Lionheart" schwer zu finden und ob der sich im Anlauf befindenden Neuaufnahme von Goldsmith-Musiken wäre es wünschenswert, wenn diese Musik in neuem Glanz erstrahlen würde. Hier könnte man nicht nur die Aufnahmequalität verbessern, sondern auch die Synthesizer durch echte Elemente ersetzen.

 

1988

 

Rent-A-Cop

Der aufrichtige und gute Cop Tony Church (Burt Reynolds) leitet einen Einsatz in einem Hotel, bei dem Lockvögel der Polizei ein Geschäft mit der Drogenmafia abschließen und von Churchs Truppe überrumpelt werden sollen, doch ein unbekannter Mörder in Motorradkleidung erschießt alle Beteiligten bis auf den Einsatzleiter, der angeschossen überlebt. Die Prostituierte Della Roberts (Liza Minelli) hat den ganzen Vorfall von einem benachbarten Zimmer beobachtet und steht nun mit Church ganz oben auf der Abschussliste des Mörders, genannt Dancer. Della quartiert sich bei Tony ein, der mittlerweile seinen Dienst quittiert hat, weil er mit seinem Misserfolg nicht klar kommt und der jetzt von der nervig aufgedrehten Art seiner neuen Mitbewohnerin droht in den Wahnsinn getrieben zu werden droht, doch als Della entführt wird, beginnt ein Wettlauf mit der Zeit...

Regisseur Jerry London gelang mit "Rent-A-Cop" alles andere als ein Meilenstein des Actiongenres, aber zu unterhalten weiß der immerhin recht atmosphärische in der Weihnachtszeit angesiedelte Film schon. Da nicht ein Funken Originalität im Drehbuch oder der Regie zu entdecken ist, besteht der Film aus einer Aneinanderreihung aller möglichen Klischees wie den leicht irren Profikiller, korrupte Cops und den einsamen Helden, der nachts durch die Stadt schlendert und wehmütig junge Paare beim Knutschen beobachtet. Auch von der Handlung gibt es nicht eine überraschende Wendung oder eine unvorhersehbare Begebenheit. Stattdessen erfüllt der Film ebenso charmant wie selbstverständlich alle Punkte eines leicht humorvoll angehauchten Action-Cop-Thrillers. Da der Film 87 gedreht wurde verursacht einem nahezu jede Garderobe Augenschmerzen. Besonders zu erwähnen seien hier die massiven Schnurrbärte oder der glitzerne hautenge Overall Minellis und auch der Tanzstil des fanatischen Dancers ruft heutzutage eher Heiterkeit hervor. Die Chemie zwischen Reynolds und Minelli stimmt immerhin so gut, dass beide für die Goldene Himbeere nominiert wurden, die Minelli schließlich gewann. Als beklopper schießwütiger Killer glänzt James Remar.

Ende der 80er Jahre war Jerry Goldsmith an einem kreativen Krise angelangt, deren absoluter Tiefpunkt "Rent-A-Cop" sein dürfte. Als annähernd unterhaltsam dürfte höchstens noch die Vorspannmusik sein, die dermaßen Poppig daherkommt und in jeder Sekunde des Geist der 80er atmet, dass ihr ein großes Maß Nostalgie anhaftet. Süßliche Streicher und Sythieklavier bilden das Fundament für ein Thema der Solotrompete (wie immer bei Goldsmith für den einsamen Helden) bevor die ewig hallenden E-Tomtoms eine ktischig-poppige Fortführung des Themas in vollem Streichersuff einleiten. Der Rest der action- und suspenselastigen Musik wird hautpsächlich von einfallslosen An/Aus-Eletkronikrhythmen strukturiert, über die Goldsmith immer mehr schnarrende und längst überholte Synthieklänge sowie einige nichtssagende Streicherlinien schichtet. Von der großartigen Struktur und Dramaturgie früherer Actionmusik ist in diesen langweiligen Stücken nichts mehr zu hören. In schlimmsten Fällen dröhnen einfach nur lustlos aneinander gereihte Soundeffekte minutenlang aus den Boxen, bevor wieder ein viel zu maschineller Rhythmus des Synthesizers einsetzt. Die CD von Intrada kam im Erscheinungsjahr des Films raus und war lange vergriffen, bis sie in der Special Collection Serie neu und erweitert aufgelegt wurde. Dass sich die 3000 Exemplare allerdings bis heute gehalten haben ist kein Wunder, schließlich ist Goldsmiths uninspirierteste und schlechteste Musik nur etwas für Hardcore-Sammler oder Fans des 80er-Sounds, die tatsächlich 20 Euro für immerhin charmant trashige 3 Minuten Vorspannmusik ausgeben wollen.

 

 

Rambo III

John Rambo lebt mittlerweile in Thailand wo er Mönchen beim renovieren einer Tempelanlage zur Hand geht und hin und wieder mit Schaukämpfen ein bisschen Geld dazu verdient, das er ebenfalls den Mönchen spendet. Eines Tages trifft Colonel Sam Trautman mit dem Regierungsbeauftragten Robert Griggs in der Tempelanlage ein und bittet seinen einstigen Schützling, ihn nach Afghanistan zu begleiten. Die USA unterstützen die Mudschahiden mit Waffen im Kampf gegen die sowjetische Besatzung und Trautman soll eine solche Waffenlieferung begleiten. Rambo allerdings lehnt ab, nach Afghanistan zu gehen, da er meint, seinen Frieden in Thailand gefunden zu haben sodass weitere Überzeugungsversuche Trautmans scheitern. In Afghanistan wird der nächtliche Waffentransport unter dessen Führung angegriffen und der Colonel von Oberst Zaysen gefangen genommen und in dessen Festungsanlage verhört und gefoltert. Robert Griggs reist noch einmal nach Thailand und berichtet Rambo, was vorgefallen ist. Obwohl der Regierungsbeauftragte den Veteranen informiert, dass die USA beim Scheitern einer Befreiungsaktion jede Verantwortung ablehnen werden, hat sich Rambo entschlossen. Er begibt sich nach Afghanistan, um den Kampf gegen die Sowjets an der Seite der Mudschahiden aufzunehmen und seinen einstigen Ausbilder und Vorgesetzten zu befreien…

Mit 221 Gewalttaten, mindestens 70 Explosionen und 108 auf der Leinwand getöteten Menschen wurde „Rambo III“ als „brutalster Film“ in das Guinnes Buch der Rekorde aufgenommen und tatsächlich bildet dieser Film eine konsequente Weiterführung der im zweiten Teil beschrittenen Pfade. Die Gewaltschraube wurde noch ein Mal stark angezogen, von der den ersten Teil prägenden Kritik ist nun überhaupt keine Spur mehr. Stattdessen bildet „Rambo III“ einen Propagandastreifen par excellence, dessen stark antisowjetische Haltung in jeder Szene bis zur Peinlichkeit zelebriert wird und die auch schon zur Filmpremiere angesichts der politischen Wandlung der kommunistischen Regierung und Gorbatschow leicht veraltet gewesen sein dürfte. Die selbstlose und der Sache der Freiheit gewidmete Unterstützung der Mudschahiden durch die USA bekommt besonders nach 2001 eine sehr fragwürdige Wirkung. Hier schneidet sich die US-Propaganda ins eigene Fleisch.
Schauspielerisch verlangt „Rambo III“ seinen Darstellern nicht allzu viel ab und diese scheinen auch nicht versucht, mehr aus ihren Rollen machen zu wollen, sodass Sylvester Stallone hauptsächlich durch unbeteiligte Mimik und Marc de Jonge durch bemühte Bösartigkeit „glänzen“. Besonders blass wirkt vor Allem Richard Crenna als Sam Trautman, der hier seine größte Rolle hat, diese aber nicht annähernd ausfüllt.
Handwerklich gibt es allerdings zumindest an der Action nichts auszusetzen. Die explosiven Bombardements durch die Sowjets, die Höhlenszene nach dem „Zehn-kleine-Negerlein“-Prinzip und das fast schon verschwenderische Finale bieten unterhaltsame und rasant in Szene gesetzte 80er-Jahre-Hochglanzaction mit sauberem Schnitt und keinerlei Wackelkamera.
Insgesamt ist „Rambo III“ wegen äußerst schamloser Schwarzweißmalerei und ungezügelten Patriotismus streckenweise ungenießbar, wer als Actionfan allerdings in diesen Dingen auf die Zähne beißen kann, der wird hier ebenso wie in „Rambo II“ in Sachen Action voll auf seine Kosten kommen.

Während Jerry Goldsmith für TV-Serien oftmals nur die Pilot- und höchstens zwei weitere Folgen vertonte, um sich neuen Projekten widmen zu können, blieb er Filmreihen wie „The Omen I-III“, „Poltergeist I-II“ , den Flint-Filmen oder aber mit einigen Aussetzern „Star Trek“ treu - so auch „Rambo“. Für den ersten Teil schuf Goldsmith einen kammermusikalisch konzipierten ökonomisch angelegten Meilenstein der Actionvertonung, der zweite Teil kam um einiges massiver und ruppiger daher. Die Actionmusik von „Rambo III“ bildet mit der satten Orchestrierung eine stilistische Weiterführung – analog zum Film - der Musik aus dem zweiten Teil, wobei hier auch stärker Elemente aus „First Blood“ vertreten sind. So tritt nun wieder das Actionostinato vermehrt auf – dieses Mal im vom Komponisten persönlich gehämmerten E-Piano. Neben dem stoisch ansteigenden Rambo-Thema aus „Rambo II“ setzt Goldsmith nun wieder vermehrt aus dem „It’s a long road“-Thema, das nicht nur in besinnlichen Passagen sondern sich ebenfalls als triumphale Actionfanfare aus den Orchesterattacken erhebt. Doch der eigentliche thematische Fokus liegt auf einer neu etablierten Vier-Noten-Figur bestehend aus zwei steigenden Quinten, die insgesamt einen Moll-Septdreiklang ergeben. Dieses kurze Motiv erklingt mal bedrohlich in den Bässen, mal als Actionmotiv in den Posaunen oder klar und strahlend in den Violinen. Fast kein Stück der Musik vergeht, ohne dass dieses Motiv irgendwo kurz anklingt oder sogar eine wichtige Funktion übernimmt. Während die zweite Hälfte der Musik fast ausschließlich von Action- und Suspense-Material geprägt ist schafft Goldsmith eine musikalische Kulisse für die Vorgeschichte in Thailand und den ersten Begegnungen Rambos mit den Mudschahiden. Neben dem Hauptthema aus „First Blood“ und einer kurzen orientalisch angehauchten Variation für die Szene in Peshawar spielt das leicht exotische Afghanistan-Thema eine wichtige Rolle. Hier fällt zunächst vor Allem auf, dass die ersten vier Noten exakt mit Vierton-Motiv des Moll-Dreiklangs identisch sind. Sanft von den Violinen und Violen gespielt und zart von den gezupften Celli und Bässen gestützt und mit einigen elektronischen Einsprengseln verfeinert strahlt dieses Thema eine liebliche Exotik aus. „Rambo III“ überrascht durch eine Vielzahl an Themen und Motiven, denn für die afghanischen Freiheitskämpfer komponierte Goldsmith zusätzlich ein Thema, das nur zweimal – einmal während eines Volkssports und dann für den Schlusskampf – erklingt. Über ein komplexes Ostinato bestehend aus 5/4+7/4 legt sich dieses Rhythmisch ungerade Thema in Schalmai mit den Holzbläsern verwoben über die stoßhafte Begleitung der Celli, Bässe, Pauken und der Rassel. Die explosiven Actionszenen vertonte Goldsmith sehr massiv, um gegen die Geräuschkulisse ankommen zu können. Auch hier arbeitet der Komponist hauptsächlich mit Ostinatostrukturen, ruppigen Streichern und massivem Einsatz des Blechs und des Schlagwerks.
So wandlungsfähig das neue Motiv und so zahlreich die neuen Themen sind, so leicht macht er es sich leider fast durchgehend mit der Suspense-Musik. Einfallsreiche Klangkompositionen wie in den 70er Jahren erhofft man hier vergebens, brummen hier doch meistens nur die Kontrabässe, über die hin und wieder kurze instrumentale Einwürfe oder synthetische leicht veraltete Effekte erklingen. Einzig und allein die Musik für Rambos Einzelkampf in der Höhle vermittelt streckenweise mit dem durchgehaltenen Trommelwirbel, Violintrillern und Holzbläserakkorden etwas mystisch-bedrohliche Atmosphäre.
Als Jerry Goldsmith mit der Arbeit zu „Rambo III“ begann wurde er vor die Wahl gestellt: Entweder könne er eine kleiner besetzte Musik in Amerika einspielen oder aber er könne eine großorchestrale Musik komponieren, die dann aus Kostengründen in Europa eingespielt werde. Der Komponist, der Ende der 80er oftmals zu größer angelegten Vertonungen tendierte, entschied sich also für letzteres. Doch auf Grund der rhythmischen Komplexitäten der Musik scheiterte das Münchener Graunke-Orchester hoffnungslos, sodass Goldsmith nach zwei Tagen abreiste und einen erneuten Versuch, die Musik einzuspielen, mit den Pragern unternahm, die damals noch nicht ihrem heutigen Niveau entsprachen. Auch hier gestalteten sich die Aufnahme als schwierig, sodass wegen hoher Temposchwankungen zurecht geschnittene Stücke aus der Musik zu „Rambo II“ mehrere Passagen der neuen Musik im Film letzten Endes ersetzten.
Zum Filmstart erschien eine Soundtrack-CD mit einigen Passagen aus Goldsmith Musik sowie einigen Songs, bevor Intrada sehr bald eine vollständige Veröffentlichung der kompletten Musik inklusive der nicht verwendeten Stücke nachreichte. Die Filmreihenfolge wurde fast chronologisch beibehalten, nur das Eröffnungsstück „Another Time“ gehört eigentlich zwischen die Nummern 3 und 4. Die Klangqualität ist sehr plastisch, doch die teils heftigen Intonationsprobleme der Streicher oder die teils auseinander laufenden Rhythmen des Orchesters sind ohne Mühe zu hören.

 

 

Space Cop L.A. - Alien Nation

1988 gelingt einer versklavten Genmanipulierten Alienrasse die Flucht auf einem Raumschiff, das auf der Erde landet. Bürgerrechtler setzen sich für die Außerirdischen mit enrom hoher Intelligenz und Anpassungsvermögen ein, sodass sich 1991 die "Newcomer" in die Gesellschaft um L.A. komplett eingegliedert haben. Doch auch die "Newcomer" sind nicht unfehlbar und als es dem mittlerweile einflussreichen Newcomer Harcourt gelingt, eine Droge, die den Sklaven auf dem Heimatplaneten zur Belohnung verabreicht wurden, mit drei Artgenossen nachzumischen steht der gemischten Gesellschaft die zwei große Prüfung bevor, denn durch diese für Menschen nach Spülmittel riechenede und schmeckende Droge werden die Außerirdischen zu wahren Monstern.

Die recht interessante Idee, das Rassenproblem von der Erde auf Planeten zu projezieren und all die sozialen Probleme, die die Ankunft und Eingliederung der Außerirdischen mit sich bringen dürfte wurden bei diesem Film leider völlig übergangen. Stattdessen entschied man sich, aus dem Konzept einen überraschend konservativen Buddy-Cop-Film zu machen: Polizist Sykes' Partner wird von zwei außerirdischen Newcomern ermordet. Sykes, der "die Glatzen" hasst, meldet sich trotzdem freiwillig, den ersten Newcomer-Detective Sam Francisco als Partner in den Polizeidienst einzuführen in der Hoffnung, durch seinen außerirdischen Partner in die Newcomer-Szene zu gelangen und vielleicht die Mörder aufzuspüren. Doch die beiden kommen Harcourts riesigem Komplott auf die Schliche und der Fall, der mit einem Kiosküberfall begann, nimmt ungeahnte Ausmaße an. Man kann nicht leugnen, dass der Film druchweg recht spannend gestaltet wird, allerdings ärgert einen durchweg, dass mit der Thematik der Aliens so austauschbar vorgegangen wird: Die Handlung hätte auch zwischen einem rassischtischen Weißen und einem Schwarzen, einem Schwarzen und einem Asiaten, einem dem Indianer abstammenden Amerikaner und einem Europäer etc. genau so stattfinden können. Insgesamt ein netter Cop-Film mit exotischen Elementen.
 
Für Regiesseur Graham Baker hatte Goldsmith für den letzten Teil der "Omen"-Reihe eine seiner besten Arbeiten geschrieben, doch 1988 befand sich Goldsmith in einem kreativen Tief. Gruken wie "Warlock" und "Rent-a-Cop" gaben sich die Klinke in die Hand und auch die Musik zu "Alien Nation" reiht sich in Goldsmith spät-Achtziger Elektro-Scores, denn wie der verkappt orchestrale Score zu "Runaway" und die atmosphärischen Klangflächen zu "Criminal Law" ist auch "Alien Nation" rein elektronisch. Zugegebenermaßen ist "Alien Nation" jedoch die interessanteste und koheränteste der drei Kompositionen. Für die Außerirdischen wählte Goldsmith als Motiv lediglich eine aufsteigende Quarte - ein Ankunftssignal, aber auch ein Warnruf zugleich. Für den Protagonisten Sykes rettete der Komponist ein Thema aus seiner nie aufgenommenen Musik zu "Wall Street", das die Musik wie ein roter Faden durchzieht und im letzten Track voll ausgespielt wird. Die Actionsequenzen sind deutlich von pop-Rhythmen aber auch von den typischen ungeraden Taktwechseln geprägt und wirken letzten Endes viel besser als die filigran orchestriert aber akustisch mittelmäßig klingenden Sequenzen aus "Runaway" oder der dröhnende Klangmatsch aus "Criminal Law". Das allerdings reicht bei weitem nicht, um als gute Goldsmith-Musik durchzugehen. Auch die Macher fanden Goldsmiths Musik nicht überzeugend und lehnten sie ab, sodass Goldsmith sein Hauptthema letzten Endes mit großem Erfolg im "Russlandhaus" unterbringen konnte.
Als noch größere Leistung erscheint es allerdings von der Seite des Studios, die mittlemäßige Goldsmith Musik mit einer noch liebloseren Musik zu ersetzen: Curt Sobels Ersatzscore ist die gefplegte Langeweile in Tüten: Entweder dröhnt es sinnlos rum oder man hört klassische 80er Keyboard- und Gitarrenklänge mit leichtem Beat. Sobel veröffentlichte die Musik auf einer Promo - offiziell ist die Musik nie erschienen - und das ist auch besser so. Goldsmiths Musik hingegen wurde vom Varèse-Cub aufgelegt und ist mittlerweile nach vielen Jahren ausverkauft (noch bei Colosseum zu haben). Allerdings ist der Score nur etwas für Komplettisten oder Synth-Freaks, denn jeder andere Filmmusikhörer sollte sich die mindestens 150 interessanteren und besseren Goldsmith-Musiken sichern.

 

1989

 

The 'Burbs - Meine teuflischen Nachbarn

Mayfield Place in der Umgebung von Hinkley Hills ist eine Vorstadtsiedlung wie aus dem Bilderbuch. Hier lebt Ray Peterson mit seiner Frau Carol und seinem Sohn Dave ein beschauliches ruhiges Leben. Ihm gegenüber hisst der Vietnamveteran Leutnant Mark Rumsfield mit seiner erheblich jüngeren Frau täglich die Flagge und sein Nachbar Art Weingartner ist Rays bester Freund. Am Ende der Straße wohnt der Rentner Walter Seznick, dessen kleiner Hund sein Geschäft stets auf Rumsfields Rasen verrichtet. Eines Tages verschwinden Rays Nachbarn, das alte Ehepaar Knappes, und eine neue Familie, die Klopeks, zieht ein. Den spießbürgerlichen Vorstadtbewohnern sind die neuen Nachbarn absolut nicht geheuer, denn nachts gehen in dem Haus offensichtlich merkwürdige Dinge vor. Lautes Brummen eines Transformators und Gestalten, die nachts im Garten graben, geben den irritierten Nachbarn genug Futter für die abstrusesten Gerüchte. Wirklich einen der Klopeks gesehen hat darüber hinaus noch niemand. Als Ray Peterson eine Woche Urlaub hat, versucht seine Frau ihn zu überreden, die freien Tage im Ferienhaus am See zu verbringen, doch dieser lehnt ab. Er freut sich darauf, eine Woche zu faulenzen, vielleicht die eine oder andere Arbeit am Haus zu verrichten und sonst nichts zu tun. Art Weingartner kommt zu Besuch und überredet Ray, sich den Klopeks einmal vorzustellen und als die beiden auf die Straße treten geschieht das Unfassbare: Einer der Zugezogenen kommt aus dem Haus, um die Zeitung zu holen. Durch die Erscheinung des verstörten Klopeks verunsichert, verpassen Ray und Art unter den Augen sämtlicher Nachbarn die Möglichkeit, ihn anzusprechen und beschließen mit Rumsfield, den merkwürdigen Ereignissen auf den Grund zu gehen. Am nächsten Tag findet Bonnie Rumsfield Walter Seznicks Hündchen schmutzig und zitternd auf ihrem Rasen und als die drei Männer das Haus des Rentners aufsuchen, scheint dieser offensichtlich nicht zu Hause zu sein. Als Rays Hund am Gartenzaun zum Haus der Klopeks einen Oberschenkelknochen ausgräbt, gibt es für Ray, Art und Mark Rumsfield keinen Zweifel mehr: Die Klopeks sind gemeine Mörder und müssen unverzüglich entlarvt werden. Für den Skeptiker Ray wandelt sich der erholsame Urlaub in eine gefährliche Verbrecherjagd...

"Meine teuflischen Nachbarn" hat auch nach über 20 Jahren nichts von seinem Charme oder Witz eingebüßt. Regisseur Joe Dantes Satire auf das kleinbürgerliche Spießertum ist durch und durch mit schwarzem Humor gespickt und entlarvt die Abgründe, die sich hinter den sauberen Fassaden und den gehegten Vorgärten der detailverliebten Studiokulisse verbergen. Mit überzogenen Charakteren und wunderbar gestalteten Antagonisten ist die bis in die kleinste Nebenrolle treffend besetzete Komödie durchweg temporeich und witzig. Dante bedient sich dabei mal mehr mal weniger offensichtlich herrlich gebrochener Horrorklischees wie der an den Film "Vier im rasenden Sarg" angelehnten Traumsequenz, dem Frankenstein'schen Blitz, der in den Turm des Hauses einschlägt oder dem düsteren Gebäude selbst. Leider vermag Autor Dana Olson es nicht, seine verzwickten Elemente vernünftig zu lösen, sodass es beim sehr platten Ende in den letzten zehn Minuten rapide bergab geht. Zwar rettet Dantes Regie das Finale vor einer Katastrophe, die Auflösung ist jedoch mehr als ärgerlich und bricht sogar mit der wenige Minuten zuvor von Ray Peterson formulierten Botschaft: Es sind nämlich nicht diejenigen gefährlich, die andersartig sind, sondern diejenigen, die sich in ihrer Normalität bedroht fühlen und ihre falsche Idylle um jeden Preis bewahren und verteidigen.
Neben Dantes einfallsreichen Regie lebt "Meine teuflischen Nachbarn" besonders von den Darstellern, allen voran Tom Hanks als Ray Peterson, der den anfänglichen Skeptiker brillant in den fanatischen Kämpfer für das Gesetz mutieren lässt. Bruce Dern gibt einen herrlich komischen Mark Rumsfield, der viele der witzigsten Momente des Films trägt und Rick Ducommuns Art Weingartner ist mit seiner reißerischen und großspurigen Art der eigentliche Verursacher allen Übels. Carrie Fischer als Rays vernünftige Ehefrau und Wendy Schaal in der Rolle der naiven Bonnie Rumsfield bereichern das Enselmble nicht wenig, aber die eigentlichen Stars des Films ist natürlich das Klopek-Trio: Courtney Gains glänzt als verstörter junger Hans, dessen Onkel eindrucksvoll von Theodore Gottlieb gegeben wird. Als Gegensatz zu dem schmutzigen, verwirrten Sohn und dem schweigsamen Bruder fungiert Henry Gibson als eloquenter und weltgefandter Kavalier Dr. Werner Klopek, der auch das Familienoberhaupt zu sein scheint. Dantes Stammschauspieler Dick Miller und Robert Picardo haben einen herrlich komischen Auftritt als Müllmänner und Autor Olson ist kurz als Polizist zu sehen.
Dem Stab und den Darstellern von "Meine teuflischen Nachbarn" gelang insgesamt eine furiose und herrlich komische Satire, die leider zum Finale viel von ihrem Witz und ihrer Raffinesse einbüßt.

Bei "The 'Burbs" arbeitete Dante das sechste Mal mit Komponist Jerry Goldsmith zusammen, der in den späten 80er Jahre nicht mehr an den Erfolg oder die Qaulität seiner früheren Arbeiten anknüpfen konnte. Für "The 'Burbs jedoch komponierte Goldsmith ein erfrischende und humorvolle Partitur, die neben einigen Bezügen auf die filmischen Anspielungen auch innerhalb der musikalischen Strukturen viele ironische Momente aufweist. Neben einem durchschnittlich besetzten Orchester kommen die für den Komponisten typischen elektronischen Effekte zum Einsatz, die, entsprechend der Entstehungszeit, einen starken Teil der Musik ausmachen. So wird der erste Ausflug von Seznicks Hund auf den Rasen der Rumsfields mit einem künstlichen Hundebellen garniert oder die nächtlichen Spionageakte der Nachbarn von dem elektronischen Meckern einer Ziege kommentiert. Jenseits dieser Spielereien ist die Musik allerdings konventionell durch Leitmotive gegliedert. Das fröhliche Hauptthema, das größtenteils aus fallenden Terzen besteht, fängt in seiner heiteren Instrumentierung für Streicher sowie Glockenspiel und Harfe das beschauliche Leben in der Vorstadtsiedlung ein. Die Klopeks werden nurch klassische Schockakkorde der Orgel und eine markante Posaunenmelodie charakterisiert. Ein besonderer Spaß für Goldsmith-Kenner dürfte der Marsch für Rumsfield sein, der mit den berühmten Trompeten-Echos aus Goldsmiths "Patton"-Vertonung flankiert wird und so den durch und durch militärischen Charakter des Veterans einfängt. Die Unternehmungen der drei Vorstadthelden werden musikalisch oft von einer makaberen Solovioline über gezupfte Celli und Bässe begleitet. Außerdem komponierte Goldsmith für den verhängnisvollen Gang von Ray und Art zu dem Haus der Klopeks zu Beginn des Films ein markantes Westernthema, das von synthetischen perkussiv eingesetzten Schussgeräuschen flankiert wird, doch Dante ersetzte es durch eine Passage von Ennio Morricones "My Name is Nobody". In der Szene für sich sehr wirkungsvoll ist diese Musik jedoch in Goldsmiths Partitur ein Fremdkörper und verhindert zusätzlich im weiteren Verlauf des Films und der Musik, dass dessen eigenes Westernthema Halt bekonnt, da die markanteste Darbietung im Film somit nicht zu hören ist.
Mit seinem thematischen Material komponierte Goldsmith eine äußerst abwechslungs- und einfallsreiche Filmmusik, die auch jenseits ihrer thematischen Ideen mit hervorragenden Passagen aufwartet wie die mysteriöse Komposition für Streicher, Harfe und Holzbläöser, als sich die Nachbarn Spukgeschichten erzählen oder die Sopranvokalisen über primitive Trommelrhythmen für Rays Traum.
Da zum Filmstart kein Album erschien veröffentlichte Varèse-Sarabande einige Jahre später die wichtigsten Stücke in Form eines 30-minütigen Albums im CD-Club. Diese Ausgabe war lange Zeit sehr rar und wertvoll, bis das Label 2007 eine erweiterte Deluxe Edition - ebenfalls im Club - auf den Markt brachte, die mittlerweile ausverkauft ist. Nun fast doppelt so lang enthält die zweite Ausgabe fast die vollständige Filmmusik in bestechender Klangqualität und einem sehr informativen Begleittext von Robert Townson, allerdings verschweigt der Produzent beharrlich, warum - wie so oft beim Varèse-Club - eine kurze Passage nicht auf der CD zu finden ist und vor allem warum besonders zum Finale zwei alternative Fassungen zu finden sind und nicht die Filmversionen. Die laute Ausbruch der Blechbläser beim Öffnen des Kofferraums sowie ein Arrangement des Westernthemas im 3/4 wurde auf der CD durch alternative Einspielungen ersetzt - definitiv ein Ärgernis.
Daher wäre es wünschenswert wenn sich bald ein Label dieser Musik annehmen und eine definitive Veröffentlichung auf den Markt bringen würde, denn Jerry Goldsmith schrieb für "The 'Burbs" eine äußerst witzige und abwechslungsreiche Musik mit einer ordentlichen Portion Ironie, die nicht nur dem Film gerecht wird, sondern auch alleinstehend für großes Vergnügen sorgt.

 

 

Leviathan

 

Die Tri Oceanic Mining Corporation betreibt Schürfstationen auf dem Meeresgrund, deren Mitarbeiter 90 Tage in 16 000 Fuß Tiefe Edelmetalle wie Silber gewinnen. In so einer Anlage aus langen metallischen Tunneln und Räumen mit äußerst dicken Glasscheiben hat Aufseher Stephen Beck das Kommando über seine vier männlichen Arbeiter Justin Jones, G.P. Cobb, Tony „DeJesus“ Rodero, Buzz „Sixpack“ Parrish und die beiden Frauen Elizabeth „Willie“ Williams und Bridget Bowman. Der Arzt Dr. Glen Thompson sorgt immer wieder für Konflikte, da er seine Aufgabe nicht all zu ernst nimmt und sogar während eines akuten Notfalls, der Tony Rodero fast das Leben gekostet hätte, nicht aufzufinden war. Als die Besatzung am vorletzten Tag ihrer 90-tägigen Schicht unter der Aufsicht von Beck und Dr. Thompson in ihren Unterwasseranzügen auf dem Meeresgrund nach Edelmetallen suchen, ist Sixpack plötzlich verschwunden. Elizabeth Williams macht sich auf die Suche nach dem verschwundenen Kollegen und entdeckt das Wrack eines gesunkenen russischen Frachters. Dort trifft sie auch Sixpack an, der einen Tresor gefunden hat, den die beiden in die Schürfstation bringen. Neben einer Videokassette und einigen Akten findet die Mannschaft eine Wodkaflasche, die sofort von Beck wegen eines Alkoholverboits konfisziert wird. Sixpack entdeckt allerdings einen kleinen mit Wodka gefüllten Flachmann zwischen den Aktenordnern, den er heimlich an sich nimmt und gemeinsam mit Bridget Bowman leert, nachdem ein Versuch der Mannschaft gescheitert ist, an die Flasche zu kommen. In der Zwischenzeit hat sich Dr. Thompson die Videokassette angesehen und informiert Beck, dass sich der Frachter höchstwahrscheinlich selbst versenkt hat, nachdem an Bord eine Infektion ausgebrochen ist. Die Männer haben sich anscheinend geopfert, um eine Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Am nächsten Tag klagt Sixpack über Unwohlsein und der Stationsarzt sieht, dass sich seine Haut am Rücken verändert. Wenig später stirbt Sixpack, was allerding von Thompson und Beck verheimlicht wird, um eine Panik zu verhindern. Dann erkrankt auch Bridget, die wenig später stirbt und es wird klar, dass der Wodka die Ursache für die Virusinfektion ist. Schon bald beginnen die beiden Leichen zu mutieren und wieder zum Leben zu erwachen. Die Situation verschärft sich, als die Chefin der Tri-Oceanic Corp Beck mitteilt, dass ein Sturm auf dem Meer den Abtransport der Mannschaft verzögert...

Das Konzept von einer kleinen Gruppe Menschen, die mit einem gefährlichen Ungeheuer in einem eng begrenzten Raum kämpfen, wurde von den Regisseuren Ridley Scott in "Alien" und John Carpenter in "Das Ding" äußerst beeindruckent auf die Leinwand gebracht. "Leviathan" entstand durch das Vorhaben des Studios, den Film noch vor James Camerons "The Abyss" in die Kinos zu bringen und so das Rennen zu machen. Dabei wurde das "Alien"-Konzept treffenderweise auf den Meeresgrund versetzt, doch leider lässt "Leviathan" mehrere wichtige Elemente der Vorbilder vermissen. Was Scott und Carpenter so brillant eingefangen haben, war die Ironie, dass die Protagonisten sich zwar in einer weiten, unendlichen Umgebung befanden, aber doch nicht fliehen konnten. Das Raumschiff aus "Alien" oder die Forschungsstation in "Das Ding" waren von langen Tunnelsystemen und einer technischen Ausstattung geprägt. All diese optischen Elemente finden sich auch in "Leviathan", allerdings gelingt es Regisseur George P. Cosmatos zu keinem Zeitpunkt, die atmosphärische Dichte der Vorbilder zu erreichen. Weder vermag er den klaustrophobischen Aspekt der Situation einzufangen, noch schafft er es, die in sich verschlungenen Tunnel zu einem verwirrenden Labyrinth von Fluchtwegen und Sackgassen zu machen. Dabei wäre besonders durch die sehr stimmigen Kullissen hierzu die Möglichkeit gewesen. Auch sonst wirkten hinter der Kamera viele erfahrene Leute mit wie Alex Thomson (Alien 3), oder der Maskenbildner Stan Winston, der bei "Aliens" mitarbeitete. Allerdings wurde das Potential der (wenn auch nicht neuen) Idee und der Ausstattung nicht richtig genutzt. "Leviathan" kann sich von seiner B-Film-Atmosphäre zu keinem Zeitpunkt lösen und bleibt inszenatorisch mittelmäßig. Hierzu tragen allerdings auch die Schauspieler bei, die bis auf Richard Crenna als Dr. Thompson und Daniel Stern als chauvinistischer Sixpack alles andere als Glanzleistungen abliefern. Meg Fosters emotionslose, fast maschinenhafte Darstellund der Firmenchefin wirkt teilweise unfreiwillig komisch und der Rest der Darsteller wirkt wenig ambitioniert, was dem Film nicht besonders gut tut. Das durchweg physisch erstellte Monster hingegen ist auch heute noch furchteinflößend und wirkungsvoll. Insgesamt ist "Leviathan" zu Recht in Vergessenheit geraten, da dieser Film zu keinem Zeitpunkt an die großen Vorbilder "Alien" und das "Ding" heran kommt und man daher leider gleich den Originalen den Vorzug geben sollte.

"Leviathan" ist nach "Cassandra Crossing" (1976) und "Rambo II" (1985) die dritte Kollaboration zwischen Regisseur George Pan Cosmatos und Jerry Goldsmith, der für den Unterwasser-Horrorstreifen eine atmosphärsich außerst dichte Musik komponiert. Hierfür setzt der Komponist seine Kombination aus orchestraler Filmmusik mit elektronischen Elementen ein, die er rund fünf Jahre zuvor in "Gremlins" vollends auslotete. Alleine die Vorspannmusik zeigt nicht nur, dass Goldsmith äußerst versiert in kompositorischer und dramaturgischer Gestaltung seiner Musik war, sondern auch seine Elektronik äußerst wirkungsvoll einsetzen konnte. Gleich zu Beginn erklingt in der Solotrompete kurz das Hauptthema, das jedoch von einem kurzen Orchesterausbruch zum Verstummen gebracht wird. Anschließend führt der Komponist mit einem sehr schlichten Motiv aus vier Tönen in den Harfe, dann in den Streichern und Hörnern über zwei Minuten eine fast brucknerische Steigerung durch. Dabei werden die vier stets wiederholten Töne harmonisch immer wieder neu beleuchtet und schattiert. Flankiert wird diese Steigerung von einigen zischelnden und blubbernden Effekten sowie einem von Goldsmiths interessantesten Einfällen im Laufe seiner Karriere: Synthetische Walgesänge durchziehen den sanften, stets anschwelllenden Klang der Streicher und der Harfe. Schließlich erreicht die Musik ihren Höhepunkt und erstmals erklingt das Hauptthema in voller Pracht in der Solotrompete über ein ausladendes Fundament der Streicher. Die Fähigkeit des Komponisten, einem Thema stets neue Facetten abzugewinnen, zeigt sich im weiteren Verlauf des Films, denn aus dem ruhigen und noblen Hauptthema wird zum Finale eine strahlende Fanfare. Für die Beziehung zwischen Stephen Beck und Elizabeth komponierte Goldsmith ein schlichtes, eingängiges Liebesthema, das klassisch als Klaviermelodie über sanfte Streicher erklingt. Hier leidet das Klangbild allerdings stark an dem viel zu harten, digitalen E-Piano-Klang. Mit einem richtigen Klavier wäre diese schlichte, aber nette Melodie viel weniger gealtert. Die restliche Musik, die entweder aus atmosphärischer Suspensemusik oder Actionpassagen besteht, ist zwar zu keinem Zeitpunkt so konsequent komponiert wie die Vorspannmusik, dennoch liegt fast allen Stücken ein stetig anwachsender spannungsaufbau zu Grunde. Die brutalen Orchesterausbrüche sind meistens frei von der typischen Action-Ostinato-Struktur. Goldsmith erweist sich in "Leviathan" oftmals als experimentierfreudig, was den Einsatz der Elektronik betrifft, der in seinem Spätwerk oft aus verzichtbaren Einsprengseln besteht. Schabende, pochende und schrille Effekte sorgen für eben die klaustrophobische, furchterregende Stimmung, die der Film nicht suggerieren kann.
Zum Filmstart erschien bei Varèse-Sarabande eine CD, die mit 37 Minuten alle wichtigen Ideen und Passagen repräsentiert. Die meisten Stücke, die fehlen, sind atmosphärisch-elektronischer Natur, die den Hörfluss vielleicht etwas verlangsamen würden. Leider ist das Album seit längerer Zeit vergriffen und es bleibt zu hoffen, dass sich bald ein Label dieser Musik annimmt, denn Goldsmith schuf hier eine atmosphärisch äußerst dichte Partitur, die mit konsequenten musikalischen Strukturen und kreativem Einsatz der Elektronik aufwartet.

 

 

 

Warlock - Satans Sohn

1687 wird ein Hexenmeister kurz vor seiner Hinrichtung von den dunklen Mächten befreit und in das Jahr 1987 katapultiert. Hier erhät er den Auftrag von Satan, die drei Teile der unzerstörbaren Hexenbibel wieder zu vereinen, denn die Schrift beinhaltet den verlorenen Namen Gottes, der - rückwärts ausgesprochen - die komplette Schöpfung rückgängig macht. Also reist Warlock durch ganz Amerika um in antiken Tischen und alten Scheunen die Papiere zu suchen um sich den Titel "Satans Sohn" zu verdienen, doch er muss sich beeilen, denn Hexenjäger Redferne ist ihm aus der Vergangenheit nachgereist und macht mit der von Warlock mit einem Altersfluch belegten Kassandra Jagd auf den besonnen Bösewicht mit weißem Pferdeschwanz.
"Warlock" ist definitiv eine klassische 80er-Trahsperle, die aber im Vergleich zu anderen ähnlichen Filmen nie langweilig wird. Zum Einen schafft es Regiesseur Steve Miner, die nicht ganz uninteressante Handlung flott zu inszenieren und zum anderen sind die Effekte, mit denen der Film aufwartet sehr niedlich. Besonders klasse sind natürlich die Flugkünste Warlocks oder Redferns Hexenkompass sowie der mit Donner und Blitz geladene Showdown auf dem Friedhof - spätestens hier bleibt kein Auge trocken. Das Problem ist nur, dass der Film nicht weiß, auf wessen Seite er steht, denn Warlock soll zwar sehr böse sein, tatsächlich gewinnen der ruppige Redferne und der fast edel und kultiviert wirkende Warlock die Symphatie des Zuschauers zu gleichen Teilen. Hier hätte der Film in Bezug auf Warlock etwas drastischer sein können, da der Hexenmeister auch nicht davor zurück schreckt, Kinder zu töten oder seinen Opfern Zungen abzubeißen. Das Motiv, die komplette Schöpfung rückgängig zu machen ist natürlich vollkommen hanebüchen, denn was soll Satan denn anfangen, wenn es nichts mehr gibt? Aber so etwas sollte man sich bei derartigen Filmen nie fragen, denn was zählt ist nur die reine Unterhaltung und die bekommt man, wenn man sich mit trashigen 80er-Filmen anfreunden kann.

Für Komponist Jerry Goldsmith war dieser Film die erste von zwei Arbeiten mit Steve Miner ("Forever Young"), für die Goldsmith das National Philharmonic Orchestra zur Verfügung stand, doch wer sich auf einen schönen orchestralen und experimentellen Horrorscores des Meisters freut, wird bitter enttäuscht, denn auch hier kann Goldsmith nicht die Finger von überflüssiger (!) Elektronik lassen. Besonders schlimm ist die Verwendung von Posaunensamples, obwohl Goldsmith echtes Blech zur Verfügung stand und die furchtbar tröpfelnden Synthgeräusche, die man viel besser mit einem Marimba- oder Xylophon hätte erzeugen können. Über sehr lange Passagen dümpelt die Musik im Film recht wirkungsvoll aber auf CD sehr langweilig dahin, denn leider ist schon ein wichtiger Bestandteil der Musik - das Hauptthema - nicht überzeugend gestaltet. Nur von Synth-Pizzicato-Streichern (warum auch immer) und Synthmarimbaeffekten unterlegt spielt ein möglicherweise echtes Akkordeon im Vorspann das nette, aber in dieser uninspirierten Instrumentierung mäßige Thema, bevor es in den Streichern voll ausgespielt wird. Entsprechend harmonisiert und mit einem Kontrapunkt in den tiefen Streichern, der wie ein Echo des Themas klingt sowie der Einbeziehung altertümlicher Klauseln (bestimmte Satzform der Stimmen am Ende der Melodie) erhascht Goldsmith kurz so etwas wie eine Stimmung, fällt dann aber in seine monotones tröpfelndes Klangbild zurück.
Einige Lichtblicke scheinen die leicht modernistisch angehauchten Streicherpassagen für Warlocks Flucht mit den dissonanten Glissandi zu sein, doch all das haben wir schon hundertmal und interessanter gehört. Ein Jerry Goldsmith schüttelt so etwas müde aus dem Ärmel - nur so klingt's dann auch. Die Actionmusik bei der Wetterfahnenszene (die filmisch "grandios" ist) ist gewohnt im ungeraden Rhythmus und nimmt sogar etwas Fahrt auf, doch erst die letzte Viertelstunde zum Showdown und dem anschließenden Finale weiß zu überzeugen. Hier geht Goldsmith noch einmal unerwartet in die Vollen und lässt beim Kuss der Protagonisten endlich mal etwas Fantasy-Stimmung aufkommen. Insgesamt lassen sich aus dem 54-minütigen Album rund 10 Minuten unterhaltsames und interessantes Material extrahieren, der Rest ist dermaßen lustlose und runtergekurbelte Routine, dass es kaum Freude bereitet, sich ernsthaft damit auseinander setzen zu wollen.

 

 

Star Trek V: The Final Frontier - Am Rande des Universums

 

Vor Jahrzehnten beschlossen die Regierungen der Romulaner, der Klingonen und der Föderation, den öden Planeten Nimbus III mit Siedlern der verschiedenen Völker zu besiedeln und so einen "Planet des galaktischen Friedens" zu schaffen. Wegen des Desinteresses der zuständigen Politiker und der schlechten Beschaffenheit des Planeten, die eine agraische Nutzung des Bodens unmöglich macht und keinerlei Rohstoffe aufweist, versiegte das Projekt jedoch schnell und außer der schäbigen Hauptstadt "Paradise City", in der sich neben den drei Konsuln verkommene Gestalten aus dem ganzen Universum versammeln, besteht Nimbus III aus Sand, Staub und Dreck. Eines Tages trifft der Vulkanier Sybok auf dem Wüstenplaneten ein und schart die Siedler um sich. Er verspricht dem Gefolge die Beantwortung aller existenziellen Fragen und die Entdeckung der Idee, die in den unterschiedlichen Kulturen durch Gott, dem Paradies und dem Garten Eden repräsentiert wird. Mittels einer hypnotischen Gehirnwäsche erforscht er die tief im Unterbewusstsein vergrabenen Schmerzen seiner Gefolgsleute und gibt ihnen neue Kraft, sodass sich all die Räuber, Gesetzlosen und Ausgestoßenen Syboks Mission anschließen. Mit seinen Leuten dringt der Vulkanier in "Paradise City" ein und nimmt den klingonischen, den romulanischen und den Konsul der Föderation als Geisel. Er hofft, dass die Föderation ein Schiff zur Befreiung der Politiker schicken wird, das er zu entführen gedenkt, um seine Suche fortzusetzen. In der Zwischenzeit überzeugt er auch die drei Konsuln, sich seinen Anhängern anzuschließen. Syboks Plan scheint aufzugehen, denn die Föderation schickt die "USS Enterprise" zur Befreiung der Geiseln. Das Schiff ist in leicht desolatem Zustand und die Offiziere nutzten die Reperaturarbeiten für einen Urlaub im Yosemite-Nationalpark. Umso weniger begeistert sind Kirk, McCoy und Spock, als sie bei der Befreiung in einen Hinterhalt geraten und von Sybok gefangen genommen werden. Nachdem der Vulkanier auch die Mannschaft der Enterprise von ihren inneren Konflikten befreit hat, eröffnet er seine Absicht: Auf dem sagenumwobenen Planeten Sha-Ka-Ree soll die Lösung aller Rätsel verborgen sein, doch dieser befindet sich genau im Zentrum des Universum, einer gefährlichen Zone, aus der noch kein Schiff zurück gekehrt ist. Zu allem Unglück ist der Enterprise auch die klingonische "Bird of Prey" auf den Fersen. Ihr Kommandant Kapitän Klaa hat sich in den Kopf gesetzt, die Enterprise und Kirk zu vernichten, um so der größte Krieger der Galaxie zu werden.

Nachdem Spock-Darsteller Leonard Nimoy mit "Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart" 1987 den zweiterfolgreichsten Star-Trek-Film nach dem ersetn Teil in die Kinos brachte, wurde das Regiezepter nun William Shatner übergeben, der sich nach dem unterhaltsamen und oft komödiantisch anmutenden vierten Teil einem eher kritischem Thema zuwandte: Der Suche nach Gott. Man versprach sich viel von Film und tatsächlich gelang es "Star Trek V: Am Rande des Universums", die Einspielergebnisse vom vorigen Film zu schlagen, allerdings sank das Interesse des Publikums in den Wochen danach rapide ab, sodass der Film bereits nach zehn Wochen aus den Kinosälen verschwand - früher als jeder andere Trek-Film. Heutzutage gilt "Am Rande des Universums" als der schlechteste Film der gesamten Reihe, dabei hält dieser Streifen einige äußerst interessante Momente für Trek-Fans bereit. Neben der Geburt von Spock und der klar angedeuteten Zuneigung zwischen Scotty, Nyota Uhura und der Versöhnung der Föderation mit den Klingonen vertiefen besonders die Lagerfeuerszenen im Nationalpark die zwischenmenschliche Beziehung zwischen den drei Protagonisten Kirk, Spock und McCoy. Dennoch weist die Prduktion mehrere Schwächen auf, denn auch wenn das Budget zum Vorgängerfilm um mehrere Millionen aufgestockt wurde, so wirkt "Am Rande des Universum" recht billig. Die Wüstenlandschaft von Nimbus III wirkt wie ein Tatooine-Abklatsch und dass sich "Gott" in einem Hoodoo-Canyon findet, äußerst lächerlich. Auch im Drehbuch finden sich mehrere Löcher und Ungereimtheiten, insbesondere die finale Erklärung des Gott-Phänomens ist nur teilweise nachvollziehbar. Der Film ist sich lange nicht darüber klar, ob die Besetzung von "Paradise City", die Suche nach Gott oder Sybok selbst der zentrale Kern der Handlung sein sollen und mehrere, an den vierten Film erinnernde komödiantische Einlagen wirken aufgesetzt und unnötig, sodass "Am Rande des Universums" neben einer sehr schwankenden Handlung auch eine kongruente Atmosphäre vermissen lässt.
Die drei Hauptdarsteller Williams Shatner, Leonard Nimoy und DeForest Kelley scheinen jedoch gut gelaunt bei der Sache zu sein und hauchen ihren wohlvertrauten sympatischen Figuren mit viel Engagement Leben ein. Selbiges gilt auch für die altbekannten Nebendarsteller der Mannschaft. Nachdem Sean Connery und Max von Sydow nicht für die Darstellung des Sybok gewonnen werden konnten, wurde Laurence Luckinbill für die Rolle engagiert, dessen Leistung zu den Höhepunkten des Films gezählt werden kann. David Warner in der Rolle des heruntergekommenen romulanischen Konsuls verdient ebenso eine positive Erwähnung wie Charles Cooper als General Corrd.
Insgesamt ist "Star Trek V: Am Rande des Universums" nicht so schlecht wie sein Ruf, bleibt aber wegen Mängeln in der Produktion und dem Drehbuch hinter anderen Trek-Filmen deutlich zurück. Dennoch dürften verschiedene Schlüsselelemente wie die Einblicke in das Seelenleben Spocks und McCoys besonders für eingeschworene Trekkies ihren Reiz haben.

Nachdem Komponist Jerry Goldsmith wegen zu niedriger Gage ablehnte, auch „Star Trek II: Der Zorn des Khan“ zu vertonen, übernahm der damalige Neuling James Horner die musikalische Betreuung des zweiten und dritten Films. Als Horner kein Interesse an einem weiteren Star-Trek-Film hatte, holte Regisseur und Hauptdarsteller Leonard Nimoy den befreundeten Komponisten Leonard Rosenman ins Boot, bevor William Shatner für „Star Trek V: Am Rande des Universums wieder Jerry Goldsmith verfplichtete. Der Komponist, der zu „Star Trek: Der Kinofilm“ eins seiner besten Werke schuf uns Ende der 70er großartige Musik wie „Alien“ oder „Logan’s Run“ komponierte, befand sich zehn Jahre später in einer kreativen Krise. Dröges wie „Warlock“ missglückte Synthieexperimente wie „Criminal Law“, einfallsloses wie „Rent-a-cop“ und „Nicht ohne meine Tochter“ markieren den Tiefpunkt einer einst brillanten und beispiellosen künstlerischen Laufbahn. Für „Star Trek V: Am Rande des Universums“ mobilisierte Jerry Goldsmith allerdings noch einmal seine Kräfte. Die Musik ist nicht mehr so avantgardistisch und Klangorientiert wie die zum ersten Film, sondern legt den Schwerpunkt auf große melodische Bögen sowie schlichte Motive und weist damit deutlich in die Richtung von Werken wie „First Knight“, „Air Force One“ oder „Mulan“. Dabei verzichtete er fast vollständig auf die Vertonung der nicht wenigen komödiantischen Momente, sodass die Musik stets ernst bleibt. Im Gegensatz zu vielen anderen Kompositionen aus der Schaffensphase um 1989, in der elektronische Elemente eine tragende Rolle spielen, steht hier wieder das Orchester als Klangkörper im Mittelpunkt. Goldsmith verzichtet jedoch natürlich nicht gänzlich auf elektronische Mittel, die sich jedoch angenehm in den akustischen Klang einfügen. Statt raffiniert gestalteten freitonalen oder gar atonalen Orchesterflächen verfügt die Musik für „Star Trek V: Am Rande des Universums“ mit einer Fülle von Themen, die das Geschehen musikalisch kommentieren. Als Hauptthema fungiert somit zum ersten Mal seit „Star Trek: Der Kinofilm“ der äußerst optimistische und heroische Marsch als Hauptthema eines Trek-Films. Für die Freundschaft zwischen den drei Protagonisten komponierte Goldsmith ein weiteres, sehr schlichtes Thema, das entweder in den Streichern oder als Holzbläsersolo über sanfte Begleitung erklingt. Auch das im ersten Film etablierte Klingonen-Thema spielt in der Musik zum fünften Teil eine sehr wichtige Rolle und tritt stets in Erscheinung mit dem klingonischen Kriegsschiff „The Bird of Prey“ und ihrem Kommandanten auf. Die ruppige Melodie der Blechbläser über dumpfe Schlitztrommel und klickende Perkussion wurde hier öfters mit einem synthetischen Widderhornruf garniert. Als Gegenstück zu diesem elektronischen Hornruf fungiert außerdem ein an eine angeworfene Turbine erinnernder synthetischer Klangeffekt, der den Marsch im Vor- und Abspann einleitet. Schwebende, schillernde und an ein Gemisch aus hohen Streichern und Chorstimmen erinnernde Klangflächen waren ursprünglich für Syboks Hypnosen konzipiert, allerdings wurden die zarten Synthieflächen über Streicher und Holzbläser im Film fast vollständig durch einen künstlichen Herzschlag ersetzt und auch das Ruf-ähnliche Motiv für Sybok erklingt ebenfalls häufig in den Synthesizern. Goldsmith Talent für akribische motivische Arbeit lässt sich in dieser Musik bestens an Hand des „Quest“-Motivs, nachvollziehen. Dieses simple aus drei Tönen bestehende Vier-Noten-Motiv besteht aus einem von der Dur-Terz aus aufgefächerten Durdreiklangs und steht für Syboks Suche. Im Verlauf der Musik häufig angedeutet, nimmt dieses Motiv eine führende Position während der Entdeckung das Planeten Sha-Ka-Ree ein und erklingt im tiefen Blech, das sanft von den Streichern in immer wieder neuen Harmonien beleuchtet und flankiert wird. Als eine der schwierigsten Herausforderungen empfand Jerry Goldsmith die Musik für den Planeten und letzten Endes den vermeintlichen Gott selbst. Diese Musik ist ein äußerst lyrischer Einfall, der anfangs sanft in den flöten- und vokalisenähnlichen Synthesizern erklingt und sanft von den Streichern in hoher Lage und der Harfe beantwortet wird. Schließlich schwillt dieses Thema und mehrfacher Wiederholung immer weiter an, bevor es in voller Pracht von den Violinen vorgetragen wird. Die längeren Actionpassagen für die Eroberung von „Paradise City“ oder die Flucht vom Planeten Sha-Ka-Ree sind in bester Goldsmith-Manier mit rhythmisch ungeraden Ostinati, treibenden Streicherläufen und kräftigen Linien der Blechbläser geraten.
Zum Filmstart erschien rund 40-minütiges Album, das zwar alle wichtigen Themen und Motive enthielt, allerdings fast vollständig die Musik aus der ersten Hälfte des Films vernachlässigt. 2010 veröffentlichte Lalaland Records ein auf 5000 limitiertes 2-CD-Set mit der vollständigen Filmmusik auf CD1 und dem Albumschnitt sowie mehreren alternativen Fassungen, Source-Musik und den wichtigsten Synthieelementen auf CD 2. Ein äußerst informatives Booklet mit mehreren Erinnerungen an die Aufnahmesitzungen, detaillierter Notizen über die Entstehung von Musik und Film runden das Hörerlebnis ab. Nachdem das Lalaland-Album nach einigen Monaten ausverkauft war, veröffentlichte Intrada eine inhaltsgleiche Version mit nicht limitierter Auflage und anderem Cover-Motiv.
Auch wenn die Musik zum Fünften Star-Trek-Film hinter der zum ersten zurück bleibt, so komponierte Jerry Goldsmith hier dennoch eine äußerst abwechslungsreiche orchestrale Partitur mit gelungenen elektronischen Elementen, die in keiner Goldsmith oder Star-Trek-Sammlung fehlen darf!

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1990

 

The Russia House - Das Russlandhaus

Dem britischen Verleger und Russland-Liebhaber Bartholomew Scott Blair (Sean Connery) wird zur Zeit des kalten Krieges ein Manuskript von einem russischen Forscher mit Hilfe der Russin Katya Orlova (Michelle Pfeiffer) zugesandt. "Dante" - so nennt sich der Autor - ist bereit, das Nuklearprogramm der Sowjetunion offen zu legen. Doch Orlova kann Blair nicht erreichen und übergibt die drei Notizbücher einem Kollegen aus Blairs Verlag, der die Bücher sichtet und sofort an die britische Regierung weiterreicht. Diese schaltet den Geheimdienst ein, der auch die Amerikaner kontaktiert und gemeinsam fangen beide Blair in Moskau ab. Hier wird er als Spion ausgebildet und soll Kontakt zu Katya und Dante aufnehmen, doch je mehr er seinem unfreiwilligen Auftrag nachgeht, umso mehr lernt er Katya zu lieben und sieht sich einem immer größer werdenden Gewissenskonflikt ausgesetzt.

Fred Schepisi verfilmte hier den Roman John le Carrés mit ruhiger Hand. Der Film nimmt sich erfreulicherweise Zeit und setzt zu keinem Zeitpunkt auf klassische Spionage-Action à la James Bond. Stattdessen wird die Zeichnung der Charaktere in den Vordergrund gerückt: Der liebenswürdige Blair, ein Lebemann, der durch eine pathetische Rede bei einer Schriftstellerzusammenkunft die Aufmerksamkeit Dantes auf sich zieht, die junge Orlova, die einst mit Dante zusammen war und an seine Sache glaubt sowie die differenziert dargestellten Geheimdienst-Leute. Schwarzweiß-Malerei findet in diesem Film ebenso wenig Platz wie propagandistischer Pathos. Die Schauspieler liefern allesamt überzeugende Darstellung und die Kameraarbeit Ian Bakers sollte unbedingt erwähnt werden, da die Bilder Russland - besonders Moskau - in bestechend schönen aber gleichzeitig realistischen einfangen. Regisseur Schepisi setzt den Kniff von kleinen Zeitsprüngen besonders zu Beginn des Films gekonnt ein, sodass innerhalb eines Gesprächs eine Rückblende kommt, die schließlich in den bereits bekannten Beginn des Gesprächs mündet. Beginnt der Film vielleicht etwas spannungsarm, so zieht einen der Gewissenskonflikt Blairs immer tiefer in den Bann und schließlich fiebert man - wenn auch aus anderen Gründen - mit, wenn Orlova Blair bittet, ihm ehrlich zu antworten und fragt, ob er Spion sei...

Die Musik Jerry Goldsmiths für "Das Russlandhaus" wird oft als eines seiner späten Meisterwerke genannt und tasächlich schuf der Komponist hier eine stimmungsvolle Musik für einen atmosphärisch dichten Film. Neben dem Einsatz von russischen Lokalkolorit wie z.B. der Balalaika und dem Duduk setzt Goldsmith jedoch viel stärker auf ein weiteres - im Film nur angedeutetes - musikalisches Element: Den Jazz. Blair ist nämlich leidenschaftlicher Saxophonist und mit Branford Masalis hatte Goldsmith einen absoluten Meister dieses Fachs zur Verfügung. Das Hauptthema ist allerdings nicht neu, denn es wurde Jahre zuvor für das Projekt "Wall Street" vertont, das Goldsmith jedoch früh verlies und so setzte er es in seiner Musik für "Alien Nation" ein, die jedoch abgelehnt wurde. Schlielich fand er für das Thema im "Russland Haus" endlich einen geeigneten Platz. Verspielte jazzige Akkorde im Klaiver und die typischen Goldsmith'schen vibratolosen Streicher bilden das perfekte Fundament für das ausschweifende Saxophonsolo zu Beginn des Films. Für weitere Spannungspassagen komponierte Goldsmith ein weiteres Saxophonthema, das oft unter leicht pochende Synthies und pendelnde Basstöne gelegt wird. Als Gegensütck hierzu gibt es wehmütige Klänge des Duduks über Streicher für Dantes Mission und ein schwelgerisches "russisches" Thema für Katya, in dem der Komponist den Klang von Streichern und der Balalaika einsetzt. Da Goldsmith für den rund 120 Minuten langen Film knapp 55% Musik schrieb wiederholen sich jedoch viele Passagen. Umso überraschender ist es unter Einbeziehung des Erscheinungsjahres, wie lang letzten Endes das Album von MCA geraten ist, da es mit 61 Minuten fast die komplette Musik enthält und wahrscheinlich auch Masalis-Freunde ansprechen sollte. Ein vollständiger Hördurchgang erweist sich bei der Musik etwas anstrengend und ermüdend doch im Film trät Goldsmiths Musik meisterhaft zur Atmosphäre bei.

 

 

Gremlins 2: Die Rückkehr der kleinen Monster

Billy und Kate sind zehn Jahre nach den fatalen Ereignissen in ihrer Heimatstadt längst ein festes Paar, wohnen in New York und arbeiten für den Baumagnaten und Medienmoguls Daniel Clamp. Dieser will ein rieisges Einkaufszentrum in Chinatown errichten und so fällt der Laden Herrn Wings ebenfalls der Abrissbirne zum Opfer. Der kleine Gizmos hingegen wird in einem Genlabor in Clamps riesigen Geschäftsgebäude untergebracht aber wenig später von Billy befreit. Als dieser jedoch abends unerwartet genötigt wird, mit seiner Chefin essen zu gehen, erkundschaftet Gizmo das nachts leer stehende Bürogebäude. Durch eine defekte Trinkwasserquelle kommt der kleine Kerl allerdings mit Wasser in Berührung und am folgenden Tag gleicht Clamps Wolkenkratzer einem Schlachtfeld in dem unzählige Gremlins Chaos stiften. Verzweifelt versuchen die Insassen, die Gremlins zu vernichten bevor sie ganz New York unsicher machen können...

Joe Dantes erfrischende Fortsetzung, die rund zehn Jahre nach dem Original in die Kinos kam, verlagert die Handlung von der idyllischen Kleinstadt in die Großstadt und überrascht mit vielen neuen und originalen Einfällen. Die schamlose Kapitalismuskritik in Form des übermächtigen Clamps und seiner speichelleckenden und intriganten Untergebenen Marla Bloodstone funktioniert eben wegen ihrer satirischen Überzeichnung. Dante nimmt sich noch mehr Zeit für seine kleinen Monster und nutzt die Möglichkeiten des im Wolkenkratzer befindlichen Genlabors, um den Kreaturen Sprache oder Fledermausflügel zu verleihen und sie in Spinnen zu verwandeln. Dadurch entwicklen viele Gremlins eine individuelle Persönlichkeit und bleiben keine austauschbaren Monster wie noch im ersten Teil. Dantes Liebe zum Kino findet sich in unzähligen mehr oder weniger deutlichen Anspielungen an die alte Verfilmung des Phantoms der Oper, Rambo II und viele andere sowie dem "Flammenden Inferno" durch die Ausgangssituation. Wem schon der erste Film zu chaotisch und überdreht war wird an dieser Fortsetzung verzweifeln, Fans der Gremlins jedoch kommen hier voll auf ihre Kosten!

Die Musik zu "Gremlins - Kleine Monster" markierte in dem gleichberechtigen Einsatz der Elektronik gegenüber der orchestralen Musik im Schaffen Jerry Goldsmith einen Meilenstein. Die Musik zum zweiten Teil kommt mit deutlich weniger Elektronik aus und ist auch konzeptionell anders gestaltet als der Vorgänger. So komponierte Goldsmith viele neue Themen und Motive während Melodien aus dem Original oft nur kurz angerissen werden. So erklingt der Gremlin-Rag erst im Abspann in seiner klassischen Form und ist während des Films nur als musikalischer Schatten oder Erinnerung zu vernehmen. Die aus dem ersten Film bekannten Futtermans erhalten ein warmherziges Thema und die Untaten der Gremlins werden oft mit einer synchopischen Trompetenfigur über künstliche Streicherglissandi und den Beat eines elektronischen Schlagzeugs unterlegt. Insgesamt erinnert die Handhabung der Rhythmusmaschine fast an Teile aus "Link" und wirken heutzutage sehr poppig und überholt. Das gilt auch für einige weitere künstliche flötenähnliche Samples und die glissandoartigen Effekte. Niedlich hingegen wirken die comikhaften Geräusche wie Dampflokfpeifen, Autohupen etc. die allerdings auch alle aus dem Keyboard stammen und leider nicht wie in den Vorlagen noch akustisch mit viel Witz und Kreativität akustisch erzeugt wurden. Abgesehen von den - wie so oft in Goldsmiths Spätwerk - überholten elektronischen Elementen punktet die Musik besonders im Tempo und den melodischen Einfällen. Insgesamt ist die Musik im Film allerdings oft zu leise abgemischt.
Jerry Goldsmith gestaltete zum Erscheinen des Films ein recht langes Album von knapp vierzig Minuten Laufzeit reinen Scores und veröfentlichte so alle wichtigen und langen Stücke der Musik - allerdings nicht in Filmreihenfolge. Es lohnt sich, vielleicht einmal auf ebay sein Glück zu versuchen, um diese mittlerweile rar gewordene CD zu erhalten und sich an einem durchweg unterhaltsamen Komödienscores zu freuen.

 

 

Total Recall - Die totale Erinnerung

2084: Bauarbeiter Quade wird immer wieder vom selben Alptraum geplant: Er befindet sich mit einer brünetten Frau auf dem Mars wieder, als er in einen Abgrund stürzt und sich das Visier seines Astronautenhelms aufschlägt. Kurz bevor er einen qualvollen Tod stirbt, reißt es ihn wieder in die Wirklichkeit. Quade kann sich nicht erklären, warum er immer wieder diesen Traum erlebt und will der Sache auf den Grund gehen, indem er selbst zum Mars reist. Seine Frau Lori ist wenig von der Idee begeistert, denn einerseits ist sie der Meinung, dass Quade überreagiert und andererseits bietet der Mars momentan kein allzu gutes Reiseziel. Unter der Marsbevölkerung – hauptsächlich Menschen und Mutanten – kämpfen Rebellen unter dem mysteriösen Kuato für die Unabhängigkeit von dem Industriellen Cohaagen, der die komplette Luftzufuhr auf dem Mars regelt und die Bevölkerung mit blutigen Rückschlägen gegen die Rebellen mit seiner Privatarmee in Angst und Schrecken versetzt.
Auf der Fahrt zu seiner Arbeit sieht Quade in einem U-Bahn-Monitor eine Werbung des Unternehmens „Recall“. Diese Firma bietet an, in das Gehirn Urlaubserinnerungen einzupflanzen, die einem so real vorkommen als hätte man das, an was man sich erinnert, tatsächlich erlebt. Trotz der Warnungen von Arbeitskollegen geht Quade nach Feierabend zu „Recall“, um sich eine Reise auf den Mars implantieren zu lassen. Hierbei nimmt er ein Sonderangebot wahr, mit dem er den Mars mit einer anderen Identität besuchen kann und entschiedet sich für den Geheimagenten. Der charmante Recall-Manager verspricht Quade, dass er von wilden Verfolgungsjagden gehetzt auf dem Mars ankommen wird, den gesamte Planeten retten und zum Schluss auch noch die schicke Brünette bekommen wird, die ihn so beschäftigt, doch bei dem Vorgang geht etwas schief. Quade, der eigentlich betäubt sein sollte, bekommt einen Tobsuchtsanfall und wirft den Recall-Leuten vor, sie hätten seine Deckung auffliegen lassen. Auf dem Rückweg nach Hause wird er von fünf seiner Arbeitskollegen angegriffen, die er in Notwehr tötet, doch damit hat die Jagd erst begonnen. Auch zu Hause hat es Lori auf ihren Mann abgesehen, der sie nur schwer überwältigen kann, bevor er vor einem eintreffenden Killer-Kommando flieht. Per Videobotschaft enthält der verwirrte Quade ein entscheidende Information: Er ist in Wahrheit ein Agent namens Hauser, der zum Schein für Cohaagen arbeitet aber in Wahrheit Informationen für die Rebellen gesammelt hat. Quade macht sich auf zum Mars, um der Sache auf den Grund zu gehen…

“Total Recall“ wird oftmals als der intelligenteste Film mit Arnold Schwarzenegger bezeichnet und tatsächlich ist Paul Verhoevens erstes großes Hollywood-Projekt mehr als ein schießwütiger Zukunfts-Actioner, dabei stand das Projekt anfangs unter keinem guten Stern. Die beiden „Alien“-Drehbuchautoren Dan O’Bannon und Ronald Shusett hatten das Script auf Basis der Kurzgeschichte „We can remember it for you wholesale“ von Philip K. Dick geschrieben, aber keinen Produzenten gefunden. Nachdem sogar David Cronenberg – der die Mutanten hinzufügte – Interesse gezeigt hatte und das Drehbuch über 40 Mal geändert wurde Schließlich überredete Arnold Schwarzenegger Carolco, die Rechte an dem Drehbuch zu kaufen und sicherte sich selbst Entscheidungsgewalt über das Projekt. Seine erste Maßanhame war, als Regisseur Paul Verhoeven zu verpflichten, für dessen „Robocop“ der Schauspieler einige Jahre zuvor zur Wahl stand. Dementsprechend strotzt „Total Recall“ vor Gewalt – insbesondere blutigen Schießereien, in denen Zivilisten gerne mal als lebendes Schutzschild benutzt werden oder unglücklich durch die Ziellinie laufen. Auch andere skurrile Einfälle wie Mutantenfrauen mit drei Brüsten weisen klar die Handschrift des niederländischen Regisseurs auf. „Total Recall“ ist einer der letzten Hollywood-Straßenfeger, dessen visuelle Effekte hauptsächlich auf „hangemachten“ Modellen und Überblendungen sowie detailreichen Masken bestehen, bevor ein Jahr später James Camerons „Terminator 2“ die CGI-Ära vollends einläutete. Das allerdings lässt den Film auch heute noch völlig überzeugend aussehen, da die Masken und besonders die detailverliebten Modellaufnahmen auch heute noch überzeugend und nicht künstlich wirken, während viele CGI-Effekte aus der damaligen Zeit und auch heute noch nur mäßige Wirkung entfalten. Auch die Action ist im Gegensatz zu heutigen Wackelkamera-Exzessen wohltuend raffiniert geschnitten und hervorragend gefilmt. Die warmen Analog-Farben fangen außerdem das warme Rot des Mars’ perfekt ein. Insgesamt bietet „Total Recall“ einen rasanten Sci-Fi-Actioner mit einem engagierten Arnold Schwarzenegger, eine durchdachte und interessante Handlung, deren Lösung alleine dem Zuschauer vorbehalten ist und filmisch sowie visuelles brillantes Kino.

„Total Recall“ war die erste von insgesamt drei überaus fruchtbaren Zusammenarbeiten von Paul Verhoeven mit Jerry Goldsmith. Die Ende der 80er Jahre waren für den Komponisten recht durchwachsen, reihte sich müde und lustlose Routine wie „Rent-a-Cop“, „Warlock“ oder „Criminal Law“ an spritzige Musiken wie „The ‚Burbs“ oder orchestrale Science-Fiction-Musik wie „Star Trek V“. Goldsmith hatte beim Experimentieren mit Synthesizern sein Zenit bereits längst überschritten und kehrte wieder zur orchestral geprägten Filmmusik zurück, allerdings nicht ohne elektronische Einsprengsel, die mal mehr und mal weniger schlüssig in die Musik eingebunden sind. „Total Recall“ enthält nach Angabe des Komponisten „mehr Noten als eine Bruckner-Symphonie“ und tatsächlich löste sich der Komponist für seinen letzten Actionscore vor einer fünfjährigen Thriller- und Dramenphase vollends von seiner kammermusikalisch konzipierten und klar gegliederten Actionmusik der vorigen Dekade. Für den Vorspann erlaubte sich Goldsmith einen besonderen Kniff und komponierte ein Thema für Posaune, das eine deutliche Ähnlichkeit mit Poledouris’ Titelmusik zu „Conan der Barbar“ aufweist und somit deutlich eine Verknüpfung zwischen dem Hauptdarsteller aus beiden Filmen sowie Verhoevens’ Stammkomponist Basil Poledouris herstellt. Das eigentliche Hauptthema erklingt nach der Posaunenmelodie in den Streichern und bestreitet auch die ersten Minuten der Musik, in denen Quaide überlegt, zu „Recall“ zu gehen. Hier erhält das Streicherthema einen mystischen und geheimnisvollen Anstrich. Auch die späteren Marslandschaften und die Alientechnik werden von Goldsmith in mystischem Gewand vertont. Auch wird auf rauschende und brummende Synthieklänge zurück gegriffen, während das Orchester erhabene Pyramiden aus Blech- und Streicherklängen in fast hymnischer Manier aufschichtet und so die beeindruckende und fremdländische Gegend des fernen Planeten gleichermaßen charakterisiert. Das Hauptaugenmerk allerdings liegt zweifellos filmisch und musikalisch auf rasanter Action und obwohl Goldsmith oft das Orchester mit seiner vollen Klanggewalt nutzt sowie zusätzlich elektronische Effete hinzu zieht ist die Musik niemals grobschlächtig sondern stets filigran orchestriert. Hastige sich überlappende Streicherfiguren und hektische Holzbläsergirlanden legen das Fundament für brachiale Akkorde und Motive der Blechbläser. Der Komponist beruft sich abermals auf seine musikalischen Vorbilder seit seinen frühen harschen Vertonungen: Bartók (insbesondere „Die wunderbare Mandarin“) und Stravinsky, dessen besondere Klangfarben aus „Sacre de Printemps“ oft Einzug in den Trompetenpassagen halten. Die synthetischen Elemente sind meistens rhythmusgebend und bestehen aus peitschenden Effekten im Vordergrund oder durchgängig pochende und hämmernde Pulse hinter dem Orchester sowie einige drastisch zischende Effekte.
„Total Recall“ bietet wahrscheinlich den letzten ‚wahren’ Actionscore Jerry Goldsmiths, der hier eine heißblütige und kraftvolle Musik schrieb, ohne jedoch die Zügel zu sehr schleifen zu lassen und Feinheiten außer Acht. Besonders die Mitte der 90er entstandenen Actionmusik kränkeln an zu eindimensionaler Orchestrierung und blasser Routine, doch auch „Total Recall“ besitzt ein Manko: Viele der Actionstücke stehen für sich und sind aus ihrem eigenen Material heraus konzipiert. Das „Conan“-Thema ist zu sehr eine Hommage, als dass es wirklich als Hauptthema überzeugen könnte während das wahre Hauptthema viel zu früh links liegen gelassen wird. Stattdessen tauchen hier und da einzelne Actionmotive wiederholt auf, ein roter thematischer Faden fehlt jedoch völlig.
Zum Filmstart veröffentlichte Varèse-Sarabande 40 Minuten Musik aus dem Film und präsentierte so alle musikalische Höhepunkte. Zum 15-Jährigen Jubiläum warf das Label eine „Deluxe Edition“ auf den Markt, die die komplette Musik mit 73 Minuten Laufzeit und einem von vier von Goldsmith komponierten Source-Cue enthält (es wäre interessant, auch die andere Source-Musik zu hören zu bekommen, da sie komplett aus der Feder des Meisters stammt). Die „Deluxe Edition“ bietet das längere aber auch zufrieden stellendere Hörerlebnis, da dem Rezipienten zwischen all den rasanten Actionstücken mehrere Ruhepausen gegönnt werden und man auch in weiteren Genuss der erhabenen „Alien“-Musik kommt. Das Booklet enthält zusätzlich interessante Informationen. Alles in Allem sollte jeder Goldsmith- und Actionfan zu der „Deluxe Edition“ greifen und damit einen wegweisenden vollblütigen Actionscore der Meisterklasse genießen.

 

 

1991

 

Not Without my Daughter - Nicht ohne meine Tochter

Die Geschichte um Betty Mahmoody, die mit ihrer Tochter trotz berechtigter Zweifel mit ihrem iranisch-stämmigen Mann für zwei Wochen in dessen Heimatland geht, von ihm und seiner Familie festgehalten wird und die Hölle auf Erde erlebt, erregte gegen Ende der 80er Jahre sehr viel Aufmerksamkeit. Field hielt ihre Erlebnisse in einem Buch fest, das 1991 mit Sally Field und Alfred Molina verfilmt wurde. Handwerklich solide von Regiesseur Brian Gilbert umgesetzt zielt dieser Film rein auf die emotionale Wirkung ab und erreicht diese durch kräftige Schwarzweißmalerei. Der Wandel des fröhlichen amerikanischen Familienvaters zum iranischen Tyrann ist nur angedeutet, die Gründe für Moodys Handeln werden zu keinem Zeitpunkt deutlich. Dass sich der Film nicht schämt, die Protagonistin mehrmals schreien zum lassen, in was für einem "primitiven" Land sie sich befindet, dass alle Straßen mit Ayatolla-Bildern zugekleistert sind, stets der Muezin im Hintergrund säuselt und dass die iranischen Sätze nicht untertitelt sind, erweckt in mir als Nicht-Iran-Experten eher den Eindruck, man wolle hier auf Krampf ein ganzes Land in den Schmutz ziehen als sachlich schwere soziale Folgen in einem von Religion bestimmten Land aufzeigen. Wenn dann der böse Iraner mehrmals in Eiltempo auf die Kamera zumarschiert kommt und wild auf auf die Ego-Perspektive der Protagonistin einprügelt ist es um die Glaubwürdigkeit jedenfalls vollends geschehen. Immerhin ist Sally Fields Versuch zum Ausbruch aus der Ehehölle teilweise recht spannend, die tatsächliche Flucht allerdings verläuft so reibungslos, dass man dann letzten Endes nach der unvermeidlichen Einstellung auf die amerikanische Flagge endlich froh ist, dass der Abspann läuft und man diese stimmungsmachende Machwerk überstanden hat.

Während Komponist Jerry Goldsmith durch seine Werke aus den 60ern, 70ern und frühen 80ern bekannt dafür war, Filmen eine dramaturgische Tiefe durch die Musik einzuhauchen, tut er bei "Nicht ohne meine Tochter" genau das Gegenteil und untersützt die grobschlächtige Sicht des Films auf den Iran. Für die gute und frei denkende amerikanische Frau und das enge Verhältnis zu ihrer Tochter komponierte Goldsmith ein oft von den Streichern und der Flöte gespieltes Hauptthema, das von seiner Charakteristik mit anderen Themen dieser Zeit wie z. B. "Sleeping with the Enemy" verglichen werden könnte. Kein großer Wurf, aber nett anzuhören allemal. Dem entgegen stellt der Komponist ein aggressiver und leicht orientalisch anmutendes Thema, das stets in einem Art Quasi-Holzbläser-Synth-Gewand daherkommt und mit furchtbar hallenden Elektronik-Tomtoms und weitere brummelnden und schnarrenden Samples unterstützt wird. Zu Gunsten der Elektronik strich Goldsmith sämtliches Blech aus der Besetzung, doch was bei "Coma" noch wunderbar funktionierte entpuppt sich hier als stets gleiche Klangkombination aus unspektakuläre Harmonien spielenden Streichern und uninteressanten Melodiefetzen der Holzbläser. Goldsmith ist sich tatsächlich nicht zu schade, dass hohe Fagott und die Oboe mit absoluten Orient-Klischee-Motiven einzusetzen. Nicht ein einziges Mal gelingt es dem Komponisten, wirklich eine Stimmung oder Emotion einzufangen, zu abgeschmackt oder belanglos sind die Bausteine, aus der er diese Musik zusammen setzte. Als eine der schwächsten Musiken im Schaffen des Komponisten überhaupt markiert diese Musik jedoch immerhin mit "Mr Baseball" zusammen das Ende der schweren Schaffenskrise Goldsmiths, denn 1992 ging es mit "Basic Instinct" wieder deutlich aufwärts.

 

 

Sleeping with the Enemy - Der Feind in meinem Bett

Das Ehepaar Laura und Martin Burley scheinen alles zu haben, was man sich nur wünschen kann: Geld, ein tolles Haus und eine glückliche Beziehung, doch der erste Eindruck täuscht. Stattdessen ist Martin ein kontrollwütiger Sadist, der seiner Frau keine Freiheiten lässt und sie sofort schlägt, sobald er sich von ihr hintergangen fühlt oder sie seine perfektionistische Ordnung durcheinander gebracht hat. Außerden versucht er, seine Frau mindestens einmal im Jahr zu einem Segelausflug zu bewegen obwohl diese nicht schwimmen kann. Als es wieder einmal so weit ist, nutzt Laura, die seit einiger Zeit heimlich Schwimmunterricht nimmt, die Gelegenheit und lässt sich in einem Unwetter über Bord fallen. Sie täuscht so ihren Tod vor und beginnt in einer Kleinstadt in Iowa ein neues Leben und lernt sogar einen neuen Mann kennen und mit der Zeit lieben, doch immer mehr unglückliche Zufälle bringen Martin auf die Spur, seine Frau sei noch am Lebend. Bebend vor Wut macht er sich auf die Suche, um sich und seine "Prinzessin" wieder zu vereinen...

Joseph Rubens Verfilmung des gleichnamigen Romans von Nancy Price kann durchweg als gelungen und spannend bezeichnet werden. Dabei ist jedoch entscheidend, dass der Film haptsächlich als Drama und Thriller, nicht als psychologische Betrachtung einer Gewaltehe funktioniert. Die junge Julia Roberts passt perfekt in die Rolle der zarten unterdrückten Frau, die offensichtlich aus Naivität in die Ehe mit Martin geraten ist während Patrick Bergin brillant das Gleichgewicht zwischen dem häuslichen Tyrannen und dem charmanten und gebildeten Investmentberater hält. Als dritter im Bunde überzeugt Kevin Anderson als ehemals ambitionierter Schauspieler, der in Lauras neuer Heimat Dramaunterricht an der Schule gibt.
Ruben schafft es, den Film mit verschiedenen Atmosphären zu füllen. Ist der Zuschauer anfangs noch sehr angetan von dem luxuriösen Glaspalast am Strand so lernt man immer mehr das "einfache" Leben der Kleinstadt zu schätzen, in der man abends in der Hollywoodschaukel auf der schicken Verana sitzt. Insegsamt bietet "Der Feind in meinem Bett" eine gute Thrillerunterhaltung die handwerklich sauber in Szene gesetzt un mit überzeugenden Darstellern besiedelt ist.

Zu Beginn der 90er wendete sich Komponist Jerry Goldsmith mehr kleineren Dramen sowie Thrillern zu und wandte sich immer mehr von Actionvertonungen ab. "Der Feind in meinem Bett" erfüllt sogar beide Genres und verglichen mit den stets wiederkehrenden "Basic Instinct"-Restverwertungen der folgenden Jahre kommt diese Musik zwar - wie so oft in dieser Zeit - routiniert, aber ambitioniert daher. Interessanterweise rückt Goldsmith deuticher den dramatischen und zwischenmenschlichen Aspekt über die Protagonistin denn den Thriller-Aspekt in den Vordergrund. Daher steht auch das Hauptthema für Laura und wird - ebenfalls typisch für diese Schaffensphase - von der Flöte über leichte Streicherteppiche vorgetragen und mit einigen Synthieglockeneffekten garniert. Das Thema ist von schlichter Schönheit und mutet teilweise träumerisch und naiv an - besonders in der Fortführung der Streicher. Diese Melodie zieht sich wie ein roter Faden durch die monothematisch konzipierte Musik. Insgesamt ist die Musik sehr orchestral, aber niemals ausufernd und besticht durch detaillierte Stimmführung wie z. B. während Lauras Verkleidung nach dem Sturm. Hier begegnen einem harsche und dissonante Streicherfiguren in ungeraden Taktarten und auch die Sturm- und Beerdigungssequenz wurde ansprechend mit gedämpften, aber gleichfalls schrillem Blech und fernen Schlägen der Röhrenglocke vertont. Die Musik lässt jedoch stark nach, wenn sich die Handlung auf den von Rache und Demut angetrieben suchenden Martin handelt, denn hier greift Goldsmith wieder in die Sampel-Kiste und setzt für den Ehemann ein luftiges und gleichzeitig pochendes Geräusch ein, das immer mehr von einer gesampelen angeschlagenen Stahlseite abgelöst wird. Diese Passagen der Musik sind zwar im Film wirkungsvoll aber auf CD recht uninteressant, sodass einem neben der Sturmsequenz hauptsächlich die von dem - ohne Frage - schönen Hauptthema getragenen Stücke in Erinnerung bleiben und diese Musik stets hörenswert machen. Insgesamt ist "Der Feind in meinem Bett" eine der besseren Thrillervetonungen des Komponisten aus dieser Dekade und steckt "Malice" oder "Criminal Law" durch ein überzeugendes Hauptthema, größtenteils orchestrale Musik und einige raffinierte Passagen in die Tasche - ohne jedoch "Basic Instinct" oder "L.A. Confidential" zu erreichen.
Im Erscheinungsjahr des Films wurde ein knapp 40 Minuten langes Album mit allen wichtigen Passagen und Elementen sowie dem Van Morrison-Song "Browneyed Girl" herausgebracht. Diese CD war seit einiger Zeit vergriffen bis Lalaland Records eine erweiterte Fassung letztes Jahr veröffentlichte, die augenscheinlich die komplette Musik in fast chronologischer Reihenfolge enthält wobei die für das Album arrangierten Tracks "The Storm" und "The Funeral" in der alten Albumversion enthalten und kürzere unveröffentlichte Passagen wie so oft zusammen gefasst wurden.

 

 

Medicine Man - Die letzten Tage von Eden

 

Rae Crane ist eine äußerst intelligente und erfolgreiche Wissenschaftlerin, die mehrere Preise gewann und jetzt in New York für ein pharmazeutisches Unternehmen arbeitet, aber kaum über praktische Erfahrungen in der angewandten Wissenschaft verfügt. Das Unternehmen, für das Crane arbeitete, finanziert auch die Arbeit des Schotten Dr. Robert Campbell, der im Urwald von Amazonien bei einem Stamm Eingeborener lebt und seit Jahren Untersuchungen betreibt. Um die Ergebnisse seiner Forschung zu überprüfen, verlangt er nach einem Gaschromathographen. Da alle von Campbell angeforderten Assisstenten nicht verfügbar sind, wird Rae Crane von ihrer Firma zu dem eigenwilligen Schotten in den Dschungel geschickt. Bei dieser Gelegenheit soll sie gleich feststellen, ob die Untersuchungen des Wissenschaftlers weiter unterstützt werden sollten. Dieser ist über neue Kollegin alles andere als begeistert, weil er Crane für zu unerfahren hält. Die Frau darf allerdings bleiben, als sie ihm mitteilt, dass von ihren Beobachtungen die weitere Finanzierung von Campbells Projekt abhängt. Nach und nach offenbahrt er der skeptischen Wissenschaftlerin, dass er ein Mittel gegen Krebs gefunden hat, allerdings ist es ihm bis heute nicht gelungen, den Stoff zu rekonstruieren und somit zu verfielfältigen. Campbell beobachtete einst den Medizinmann des Stammes, wie er eine bestimmte Pflanze, die nur in einer gewissen Höhe auf den Bäumen wächst, erntete und auch ihm ist es gelungen, mit dem ersten Serum, das er aus dieser Pflanze gewann, eine Eingeborene zu kurieren. Sämtliche weiteren aus dieser Pflanze erstellten Medikamente blieben allerdings wirkungslos, weil ein bestimmtes Element innerhalb des Moleküls fehlt, dass er nun verzweifelt sucht. Dr. Crane bleibt skeptisch, sodass Campbell sie mit einen Versuch überzeugt: Quasi über nacht gelingt es ihm mit Hilfe des Serums, krebskranke Ratten mit einer Injektion des Medikaments zu heilen. Tatsächlich hat er Dr. Crane damit überzeugt, aber mittlerweile neigt sich der Vorrat des wirkungsvollen Serums bedenklich dem Ende zu. Die nächsten Tage verbringen die beiden Wissenschaftler mit den Eingeborenen damit, die Pflanze zu ernten und weitere Seren herzustellen, doch auch diese bleiben wirkungslos. Dann wird bei einem Jungen ein Tumor im Halsbereich festgestellt, der in den nächsten Tagen seine Luftröhre zu verschließen droht. Um ihn zu retten, müsste man den letzten Vorrat des wirksamen Medikaments opfern. Doch die Wissenschaftler kämpfen nicht nur gegen die Krankheit, sondern auch gegen Zerstörung: Ein Bauunternehmen arbeitet an einer Straße, die den Dschungel durchqueren und durch das Gebiet des Stammes verlaufen soll. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.

Regisseur John McTiernan ist den meisten Cineasten wahrscheinlich durch Filme wie "Predator" oder "Stirb Langsam" als Action-Experte im Gedächtnis geblieben. In "Medicine Man" versuchte er sich allerdings einmal an einem völlig anders gelagerten Stoff. Auch wenn mit "Predator" bereits ein voriger Film McTiernans den Dschungel als wichtigen Schauplatz nutzte, so ist "Medicine Man" völlig anders gelagert. War der Urwald in "Predator" ein undurchdringliches und tödliches Labyrinth, so ist er hier ein Ort des Friedens, der Gemeinschaft; Heilung bringend und Tod besiegend. Allerdings bewegt sich der Film stets an der Oberfläche, zehrt von zweifellos schönen Naturaufnahmen des brasilianischen Dschungels und dem zwischenmenschlichen Verhältnis der beiden Protagonisten, deren Beziehung innerhalb der Filmhandlung einem starken Wandel unterzogen ist. Diese allerdings gradlinig stetig wachsende Anziehung zwischen Dr. Campbell und Dr. Crane ist zwar kitschfrei und recht bodenständig, dafür aber auch recht unspektakulär und vorhersehbar geraten. Immerhin stimmt die Chemie zwischen Sean Connery und Lorraine Bracco, die ihrer Darstellung wegen allerdings für die goldene Himbeere nominiert war. Die im Subtext ohne Frage mitschwingende ökologische Botschaft lässt ebenfalls den nötigen Nachdruck vermissen. Die Bedrohung des Urvolkes in Form der Vorrückenden Bauarbeiten und der mit einher ziehenden westlichen Zivilisation scheint letzten Endes keine Auswirkung für die Eingeborenen zu haben. Die ziehen nämlich in aller Seelenruhe ein paar Kilometer weiter in den Dschungel. Die Ironie, dass teils die für Campbells Finanzierung verantwortlichen Industriellen sich ins eigene Fleisch schneiden, indem sie nicht willig sind, die Bauarbeiten um wenige Tage zu verlegen, damit die ganze Welt den Krebs bekämpfen kann, bleibt traurigerweise nur eine Randnotiz. John McTiernan versteht sich auf atmosphärisch dichte Inzenierungen. Die klaustrophobische Stimmung in "Predator" oder die fast aussichtslose Situation John McClanes in "Stirb Langsam" waren durch eindrucksvolle Bilder und Klangkulissen treffend eingefangen. "Medicine Man" lässt all das leider vermissen. Stattdessen handelt es sich bei diesem Film um ein solides Urwald-Abenteuer, das zwar über seine Laufzeit zu unterhalten weiß. aber ohne jeden Nachklang verblasst, sobald der Abspann läuft.

Auch wenn John McTiernan drei Mal mit Michael Kamen und zweimal mit Bill Conti zusammen arbeitete, so scheint es bei diesem Regisseur kaum einen Stammkomponisten zu geben. Als er 1992 "Medicine Man" drehte, hatte er bereits je einmal mit Bill Conti, Michael Kamen, Alan Silvestri und Basil Poledouris kollaboriert. "Medicine Man" wurde letzten Endes von Jerry Goldsmith vertont, der sich anfang der der 90er von seinem kreativen Tiefpunkt mit der wegweisenden Musik zu "Basic Instinct" langsam zu erholen schien und sich für die letzten zehn Jahre seines Schaffens auf sauber gearbeitete Routine mit einigen wenigen Höhepunkten einpendelte. In den 70er Jahren hatte der Komponist mehrfach Filmmusiken mit südamerikanischem Einschlag geschrieben wie "Cabo Clanco", "High Velocity" und "Breakout". Der Höhepunkt dieser Reihe dürfte "Under Fire sein", der zwar heute stark unter der veralteten Elektronik leidet, aber dennoch über eine Fülle an äußerst cantabilen Melodien mit südamerikanischen Einschlag verfügt und von dem brillanten Spiel Pat Methenys profitiert. "Medicine Man" war somit nach "Under Fire" die erste Filmmusik des Komponisten, die nach südamerikanischen Elemente verlangte. Für die Untermalung der weitschweifigen Aufnahmen des Dschungels und die darin statt findende Hadlung stand Jerry Goldsmith ein durchschnittlich besetztes Symphonieorchester zur Verfügung, dessen Klangkörper er - typisch für diese Zeit - mit einer Bandbreite elektronischer Effekte erweiterte. Die Musik ist traditionell durch mehrere Leitmotive strukturiert, von denen gleich zwei die Musik zum Vorspann bestreiten. Zum einen komponierte Goldsmith ein sehr fröhliches, klassisch südamerikanisch anmutendes Thema für die Eingeborenen, das mit verschiedenen Gitarren, Panflötensyamples und elektronischen Flötenklängen vorgetragen wird. Das Gegenstück bildet die Musik für die vorrückenden Bauarbeiten, die von einem elektronischem Fundament aus klassisch dumpf klingenden künstlichen Tomtoms und einem elektronischen Puls getragen wird. Auch das aus einer Linie aus langen Tönen bestehende Thema wird von einem Mischklang aus akustischen Holzbläsern und elektronischen Effekten zu Gehör gebracht und von einem Hornkontrapunkt flankiert. Neben einigen lateinamerikanisch folkloristischen Passagen tritt auch eine fast meditative Akkordfolge der Harfe in einigen nachdenklichen Augenblicken auf. Der Kern der Musik allerdings ist das Hauptthema, das für die Beziehung zwischen Crane und Campbell und die Schönheit der Natur steht. Hier komponierte Goldsmith eins der schönsten Themen seines Spätwerks, eine äußerst lyrische Melodie, die anmutig von den mittleren Streichern und Hörnern gespielt wird. Während Cambpells und Cranes ersten Ausflug in die Höhen des Regenwaldes schöpft Goldsmith dieses Thema in einem sechsminütigem Orchesterstück voll aus und treibt es von einem triumphalen Höhepunkt zum nächsten. Glücklicherweise kommt diese Passage fast vollständig ohne Elektronik aus, denn mit dieser hat es dieselbe Bewandnis wie mit den Synthesizern in "Under Fire" und anderen Filmmusiken des Komponisten. Sie sind hemmungslos veraltet, klingen billig und plastikhaft. Besonders die Vorspannmusik zu "Medicine Man" leidet unter dem steten Eletrkonikeinsatz wie auch mehrere andere Stücke, zumal sich die Musik nahezu vollständig hätte akustisch realisieren lassen, da Goldsmith ja einzelne Solosintrumente und ein voll besetztes Orchester zur Verfügung standen. Somit wird einem des Öfteren die Freude an dieser detailreichen und heiteren Musik merlich getrübt.
Da diese in Europa aufgenommen wurde, war es Varèse Sarabande allerdings glücklicherweise möglich, die übliche Laufzeit von einer halben Stunde generös zu überschreiten, sodass bei dem Album mit 50 Minuten Laufzeit fast die vollständige Filmmusik in chronologischer Reihenfolge vorliegt. Der Hörgenuss dieser einfallsreichen Musik ist leider durch die veraltete Elektronik stark getrübt, aber die wundervollen sechs Minuten zu "The Trees" sind den Kauf alleine wert.

 

1992

 

Basic Instinct

Der ehemalige Rocksänger und Freund des momentanen Bürgermeisters San Franciscos wird tot in seinem Bett aufgefunden: Ans Bettgestell gefesselt mit einem Seidenschal und brutal mit einem Eispickel getötet. Den Fall übernimmt Ermittler Nick Curran, der im Drogeneinfluss mehrere Leute während eines Einsatzes getötet hat und deswegen von der Polizeipsychologin Dr. Beth Garner, mit der er außerdem ein sexuelles Verhältnis hat, betreut. Die Spur führt zu der attraktiven Schriftstellerin Catherine Tramell, die in ihrem letzten Buch die Tat beschrieben hat, der Johnny Boz zum Opfer fiel. Tramell beginnt, mit Nick ein laszives Spiel zu spielen, auf das sich der Ermittler einlässt: halb verliebt in und fasziniert von der Frau und halb besessen von der Idee, durch eine enge Bindung mehr über sie heraus zu bekommen. Schon bald deckt Nick einige Unklarheiten in der Vergangenheit der schönen Schriftstellerin auf: Beth und sie kennen sich und gingen auf dieselbe Universität. Außerdem wurde ein Professor dieser Uni im Bett mit einem Eispickel getötet und auch der Unfall, dem Catherine Tramells Eltern zum Opfer fielen, taucht in einem späteren Buch auf, doch viel mehr zu denken sollte Nick Catherines neuer Roman zu denken geben: Ein Polizist verliebt sich in die falsche Frau, was seinen Tod zur Folge hat...

Ein luxuriöses Schlafzimmer, in der ein Paar leidenschaftlichen Sex hat, doch plötzlich zückt sie während des Höhepuktes einen Eispickel und drischt damit brutal auf den Mann ein, durchlöchert sein Gesicht und seinen Körper, sodass das Blut auf ihre wohlgeformte Brust spritzt. Die ersten anderthalb Minuten bereiten einen nicht nur auf den kommenden Film vor, sie stehen auch für zwei gewichtige Elemente in Paul Verhoevens Filmen: Sex und Gewalt. Neben "Showgirls" dürfte "Basic Instinct" allerdings die explizitesten Sexszenen in der Filmographie des holländischen Regiesseurs enthalten. Besonders die erste Hälfte des Films bis zur lang erwarteten Sexszene zwischen Nick und Catherine wird von Nacktheit, Lust und Leidenschaft dominiert, bevor sich der Film wieder auf seine Handlung - ist Catherine Tramell eine Mörderin? - konzentriert. Doch immer dann, wenn Verhoeven einmal nicht die Linse entweder auf Jeanne Tripplehorns oder Sharon Stones Brüste drückt, sondern viel dezenter vorgeht, entwickelt der Film seine Reize. Besonders erwähnenswert ist hier die erste Verhörszene, in der eine Gruppe von Polizisten die kühle und reservierte Catherine Tramell befragen, die mitten im Gespräch ihre Beine kurz aus dem Überschlag löst um so kurz den Blick auf ihre Vulva preisgibt. Die Spannung, die während des ganzen Gesprächs im Subtext mitschwingt und das Tramell durch diese kurze aber wirksame Prise Erotik für sich entscheidet, belegt Verhoevens Qualitäten als Regisseur, der sich jedoch leider viel mehr auf die "plastischen" Szenen konzentriert und sich innerhalb der guten zwei Stunden schnell beeilen muss, die Handlung zusammen zu raffen und zu einem zufrieden stellenden Ende zu bringen. Doch das gelingt leider nicht ganz. Zu viele Fragen bleiben offen und auch die angeblich alles enthüllende Einstellung ganz am Ende (die im deutschen Fernsehen übrigens fatalerweise geschnitten wird), löst den Fall völlig unzufriedenstellend.
Handwerklich durchgängig in Ordnung, gespickt mit einigen sehr atmosphärischen Szenen überzeugen auch sämtliche Schauspieler, allen voran Sharon Stone, deren unterkühlte und berechnende Interpretation Catherine Tramells sie über Nacht berühmt machte sowie Michael Douglas als ausgebrannter Cop, der sich nach dem Selbstmord seiner Frau durch den einsamen und undankbaren Alltag quält. Jeanne Tripplehorn als Dr. Beth Garner bietet mit nicht nur optisch, sondern mit Temprament und als Spielball der eigenen Emotionen das Gegenstück zu Tramell und auch George Dzundza als gutmütiger und einziger Freund Nicks weiß zu überzeugen.

 

Jerry Goldsmith und Paul Verhoeven suchten lange nach dem ggeigneten Ton für diesen Erotikthriller, den der Komponist nach zwei Wochen experimentieren auch wie die Faust auf's Auge traf: schon alleine die Musik zum Vorspann fängt den Charakter Tramells und das Netz aus Leidenschaft, das sie um ihre Opfer spinnt, perfekt ein. Das verführerische, halb schleichende, halb lockende Hauptthema wird oft von der Klarinette und der Oboe über sanfte Harfenklänge und kühle, kristallklare - weil ohne Vibrato gespielte - Unterstützung der Streicher gespielt, bevor die Violinen und Flöten die Phrase beantworten. Die meisten atmosphärischen und Dialogpassagen werden von ebenfalls von der kühlen Kombination aus Vibratolosen Streichern und Holzbläsern bestritten. Für bedrohliche Momente komponierte Goldsmith ein tiefes gleichmäßiges Ostinato, das tief vom Klavier gespielt wird und in den Actionpassagen ebenfalls als Fundament dient, dann jedoch von den Hörnern oder Streichern gespielt und mit Einwürfen synthetischer oder akustischer Perkussion verstärkt. Der Einsatz elektronischer Elemente beschränkt sich in "Basic Instinct" allerdings lediglich auf elektronische Tomtoms und einige pochende und pulsierende Hintergrundeffekte von denen sich besonders letztere perfekt in den klaren Orchesterklang mischen.
Insgesamt fand Goldsmith für "Basic Instinct" die perfekte musikalische Sprache und wies Thrillervertonungen der folgende Jahre in eine neue Richtung, die - oftmals leider vom Komponisten selbst - häufig kopiert wurden, aber nie das Original erreichen konnten. Spätere Restverwertungen wie "Malice" oder "The Vanishing" sollten allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, wie innovativ und originell die Musik damals war und wie wirkungsvoll und atmosphärisch dicht sie auch heute noch ist. Vielleicht handelt es sich bei "Basic Insinct" um Goldsmiths letzten großen Beitrag für die Filmmusik.
Varèse Sarabande brachte zum Filmstart ein Album mit den wichtigsten Passagen der Musik auf den Markt, deren Fokus jedoch hautpsächlich auf den beiden Actionszenen sowie den Momenten, die vom Hauptthema getragen werden, gerichtet ist. Dadurch wurden viele eigenständige Stücke wie die Musik zur Sexszene zwischen Beth und Nick sowie zur ersten Begegnung zwischen Nick und Catherine vernachlässigt. Um die Jahrtausendwende erschien ein Doppel-CD-Bootleg mit der vollständigen Musik in annehmbarer Klangqualität und einigen alternativen Versionen, die sich allerdings nur als Schnittfassungen der Filmversionen zwecks Kürzungen für die Zensur entpuppten. Prometheus Records machte 2004 erstmals die komplette Musik in kristallklarer Tonqualität zugänglich und hebt somit oben genannte und weitere Perlen aus der Versenkung. Dass rund 73 Minuten Thrillermusik auch einige verzichtbare Passagen enthält ist logisch, sollte aber in Anbetracht der Fülle an stimmungsvoller Musik vernachlässigt werden. "Basic Instinct" ist nicht nur eine einflussreiche und stimmungsvolle Thrillerkomposition, sie markierte auch Goldsmiths endgültige Rückkehr des Komponisten nach einer langen Dürrephase.

 

 

Forever Young - Für immer jung

1938: Dem Erfinder Harry Finlay gelingt es, ein Huhn lebendig in einer speziellen Vorrichtung einzufrieren und später wieder ins Leben zurück zu holen. Um sein Experimrnt weiterhin zu testen braucht er eine menschliche Versuchsperson. Das kommt Harrys Freund Daniel McCormick sehr gelegen, denn der für das Militär arbeitende Testpilot wollte gerade seiner Freundin einen Heiratsantrag machen, als diese von einem Auto angefahren wurde und ins Koma fiel. McCormick lässt sich also einfrieren, doch es kommt einige Tage später zu einem Laborbrand, in dem Harry umkommt und Daniel ebenfalls für tot erklärt und die Kühlvorrichtung in ein Militärlager gestellt wird. Dort vergessen schlummert er knapp 50 Jahre in eisiger Kälte, bevor zwei spielende Kinder ihn aus versehen befreien. 50 Jahre in der Zukunft gelandet ist das Leben für Daniel recht kompliziert, doch die beiden Jungs und besonders die Mutter des einen machen ihm sein neues Leben leicht. Dann erfährt Daniel, dass seine Verlobte noch am Leben ist, doch er muss sich beeilen, denn sein Körper beginnt unheimlich schnell zu altern und mittlerweile ist auch das FBI an dem Sonderfall interessiert...

J.J. Abrahms' sentmentales und von Steve Miner hübsch in Szene gesetzes moderne Filmmärchen bietet leichte und unterhaltsame Kost. Ohne Frage als Vehikel für Mel Gibson geplant lehnte dieser allerdings ab, Regie zu führen und übernahm lediglich die Rolle Daniel McCormicks. Ihm zur Seite stehen Jamie Lee Curtis als Claire Cooper und Mutter des jungen Nats, der von einem elfjährigen Elijah Wood gespielt wird. Daniels leichte Unbeholfenheit und seine Schwierigkeiten, mit dem Alltag der 90er Jahre zurecht zu kommen, sorgen für einige erfrischend komische Szenen, während die aufkeimende Romanze zwischen Jamie Lee Curtis und Mel Gibson sehr zurückhaltend und wohldosiert inszeniert ist. Die eindimensionalen Charaktere sind nicht schwierig zu spielen und so gelingt es jedem Darsteller, vollkommen zu überzeugen. Insgesamt weiß "Forever Young" genau, was er ist und was will und das schafft er dank einer guten handwerklichen und darstellerischen Umsetzung, der netten Idee und einiger wirklich schicken Einfälle zweifellos.

Jerry Goldsmith und Steve Miner arbeiteten gemeinsam bereits vier Jahre zuvor an "Warlock", für den jedoch eine der schwächsten Arbeiten im gesamten Schaffen des Komponisten entstand. 1992 war mit vier von Goldsmith vertonten ein recht arbeitsreiches Jahr und der zu dieser Zeit entstandene Score zu "Basic Instincts" markierte einen deutlichen qualitativen Anstieg in der Karriere des einst so innovativen und originellen Filmkomponisten, der mittlerweile größtenteils uninspirierte Routine zu mittelmäßigen Filmen beisteuerte. Zu Beginn der 90er widmete er sich allerdings verstärkt leichten Dramen und Komödien und wandte sich von Actionfilmen bis 1995 komplett ab. Für "Forever Young" schrieb Goldsmith einen mit mittelgroß bsetzten Orchester und einigen elektronischen Einsprengseln versehenen Score, der bis heute recht frisch und unterhaltsam klingt. Dabei konzentriert sich die Musik allerdings sehr stark auf die romantischen Aspekte des Films, für die Goldsmith ein lyrisches und warmes Thema schrieb und für McCormicks Suche nach seiner Liebe steht. Für die Testflugszenen greift der Komponist allerdings auf die volle Besetzung zurück, imitiert mittels leicht dissonanter Posaunen das Röhren von Flugzeugmotoren, lässt Schlagwerk und Col Legno Streicher unisono hämmern und legt so das Fundament für ein ausschweifendes abenteuerliches Hornthema, mit dem die Freiheit des Fliegens, McCromicks Heldenmut und Abenteuerlust charakterisiert werden. Den Fantasie-Aspekt der Handlung findet sich allerdings überhaupt nicht in der Musik. Hier wurde definitiv eine Chance verpasst. Sattdessen wurden einige zu sanfte Passagen sogar aus dem Film gestrichen und einige Stücke nur teilweise verwendet - ein Indiz, dass Goldsmiths sehr sentimentales musikalisches Konzept nicht gut genug griff. Auf CD bietet die Musik allerdings ein recht erfrischendes Hörerlebnis. Die zum Starttermin erschienene CD von "Big Screen Records" ist mittlerweile vergriffen, sodass Lalaland Records eine randvoll gefüllte Neuauflage mit allen bisher unveröffentlichten Filmversionen, den Albumversionen, alternativen Fassungen und nicht verwendeten Elementen heraus brachte. Wer einen größtenteils orchestralen und lyrisch-melodischen Goldsmith-Score aus seiner zwar routinierten aber unterhaltsamen Phase hören möchte sollte "Forever Young" nicht erneut ziehen lassen, Freunde von intelligenter Dramenmusik des Komponisten wie "The Stripper" könnten diese Musik allerdings zu routiniert und lediglich "sauber gearbeitet" empfinden.

 

 

Mr Baseball

Das ehemalige seit einigen Saisons erfolglose Baseball-Ass Jack Elliot (Tom Selleck) wird von seinem Verein nach Japan an die "Dragons" verkauft. Hier kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen dem herablassenden und schnodderigen Amerikaner und den heimischen Baseball-Spielern, denn in Japan kommt es beim Baseball auf die Harmonie und den Geist an, nicht in erster Linie auf's Gewinnen. Doch Elliot leistet sich immer mehr Skandale und zettelt sogar eine Prügelei auf dem Spielfeld an. Er wird vorerst gesperrt und der Trainer der "Dragons", der sich auch noch als Vater von Elliots neuer japanischer Freundin entpuppt, soll nach der Saison seinen Job los sein. Dumm nur, dass gerade in ein paar Wochen das wichtigste Spiel der Dragons gegen die "Giants" - einer Art japanischen Nationalmannschaft - ansteht, denn jetzt heißt es für Elliot, Zähne (im wahrsten Sinne des Wortes) zusammenbeißen und hart trainieren.

Regiesseur Fred Schepisi und Autor Ed Solomon flogen für Recherchen extra nach Japan, denn da Universal kurz zuvor von dem japanischen Konzern Matsushita Electric Industrial übernommen wurde, wollte man sich keine Fehler in der Darstellung der japanischen Traditionen erlauben. Solomon und Schepisi kehrten mit einem sehr bissigen und satirischen Drehbuch zurück, das als zu hart empfunden wurde und Solomons Entlassung aus dem Projekt zur Folge hatte. Nachdem das Drehbuch innerhalb von drei Wochen von Kevin Wade entschärft wurde, konnten die Dreharbeiten beginnen.
Heraus kam eine nette Sportkomödie, die allerdings nicht nur für Baseball-Fans sondern eher für die ganze Familie gedreht wurde. Der Film zielt keinesfalls auf größere Pointen hinaus, stattdessen zieht sich ein durchweg harmloser Humor durch den ganzen Film, der den satirischen Ursprung des Projekts nicht einmal erahnen lässt. Eine wirklich drastische Zeichnung des amerkanischen auf dem Sportfeld Kaugummi kauenden Sportlers und der reservierten Natur der japanischen Tradition hätte durchaus Stoff für eine Satire geboten, doch so bleibt "Mr. Baseball" lediglich ein netter Unterhaltungsfilm, denn man sich anschauen kann, aber definitiv nicht muss.

Für Komponist Jerry Goldsmith war "Mr. Baseball" nach "Das Russlandhaus" die zweite von insgesamt fünf gemeinsamen Filmprojekten. Die Musik für "Mr. Baseball" passt wie die Faust auf's Auge, denn Goldsmith schämt sich durchweg nicht, poppige Klischees anzuwenden, die perfekt für die leichte Komödie und das Baseball-Genre zugeschnitten sind. So startet die Musik sofort mit der stets um eine kleine Sekunde nach oben transponierter Baseball-Fanfare in der Synth-Orgel, bevor eine Band mit einem Funk-Groove loslegt, über den die Orgel das poppige Hauptthema für Elliot spielt. Doch Goldsmith schafft es mühelos, diese "Plastik-Musik" zu toppen, indem er für die japanische Umgebung auf das abgegriffene Mittel der Pentatonik zurückgreift, die in längst verjährten Yamaha-Koto-Samplern erklingen. Für die besinnlichen Momente zwischen Elliot und seiner Freundin legt Goldsmith lange Töne der Shakuhachi über Arpeggien der Western-Gitarre und spiegelt so die Oberflächlichkeit, mit der die beiden Nationen gezeigt werden, perfekt wieder - oder sollte man besser sagen, die Musik bedient die Oberflächlichkeit sogar?
Letzten Endes schuf Goldsmith hier eine passend konzipierte und sehr wirkungsvolle FILMmusik, die jedoch auf der CD einen jeden Filmmusikhörer enttäuscht, der mit poppiger Musik und abgegriffene Ethno-Klischees nicht das Geringste anfangen kann - und davon gibt es im Goldsmith-Fankreis doch so einige, sodass diese einzigartige und ihrem billigen Charakter originelle Musik wenig Freunde gefunden hat.

 

 

Gladiator - Fäuste: Du musst für Dein Recht kämpfen

Tommy Riley wuchs mit seinen Eltern in einem angesehenen Stadtteil von Chicago auf, doch als seine Mutter starb begann sein Vater zu trinken und dem Glücksspiel zu verfallen. Als die vielen Spielschulden den Witwer mit dem Sohn ruinieren ziehen sie in eine herunter gekommene Gegend, in der Tommy schnell die Zielscheibe des Spotts seiner schwarzen Mitschüler wird. Tommys Vater bekommt endlich eine Arbeit als Vertreter, muss seinen Sohn allerdings einige Wochen alleine lassen, doch dieser freundet sich mit seiner Mitschülerin Dawn an, die ihm eine Arbeit als Tellerwäscher im Lokal ihrer Mutter verschafft. Doch auch hier ist Tommy nicht sicher vor Attacken von „Shortcut“ und seiner Gang, sodass er sich schließlich vor der Gaststätte mit den Gangmitgliedern zu prügeln beginnt. Dabei kann der ehemalige Amateur-Boxer seine Gegner fast überwältigen, doch da macht der dubiose Pappy Jack dem Kampf ein Ende. Pappy Jack ist der Scout des korrupten Ex-Boxers Jimmy Horn, der illegale Boxkämpfe zwischen den Jugendlichen der Gegend unterhält, die auf das Geld aus sind. Widerwillig nimmt Tommy das Angebot Pappy Jacks für einen Kampf an, um die übrigen Spielschulden seines Vaters zu zahlen. Er gewinnt den Kampf gegen „Black Death“, weigert sich aber, weitere Angebote anzunehmen. Da erfährt Horn von weiteren Spielschulden von Tommys Vater. Er begleicht diese und fordert von dem Jungen, diese Schulden nun bei ihm abzuarbeiten. Tommy, der keinen anderen Ausweg sieht, muss nun Wochenende für Wochenende in der Arena um sein Leben kämpfen…

Grob gesehen kann sich das Genre des Sportfilms in zwei Kategorien unterteilen lassen: Die Mannschaftssportfilme, in denen stets das Gemeinschaftsgefühl im Vordergrund steht und der Glaube, siegen zu können oftmals zum guten Ende führt („Hossiers“) oder Kampfsportfilm, in dem der Individuelle Kämpfer aus verschiedenen Umständen heraus weiter machen muss. Auch in „Gladiator“ steht weniger der Sport an sich im Mittelpunkt als die sozialen Umstände, die die jugendlichen dazu drängen, sich in Jimmy Horns Hände zu begeben. Der Hoffnungs- und Ausweglosigkeit der Jugend, die von jeher mit Gewalt im Alltag konfrontiert wird, wird das schnell verdiente Geld und die damit zu erwerbenden Luxusartikel gegenüber gestellt. Dabei kämpft jeder aus einem anderen Grund. Der harmlose Romano träumt von einer eigenen Wohnung mit Stereoanlage, während Gangführer Abraham Lincoln Haines sein Kind zu ernähren versucht. Doch nicht nur die sozialen Umstände sind Kern des Films, sondern auch Freundschaft. So freundet sich Riley zu Beginn des Films mit Haynes an, sieht sich in seinem letzten Kampf allerdings ihm gegenüber im Ring. Die Gegensätze der Hautfarbe und der Herkunft haben sie überwunden, nicht jedoch die Auswirkungen ihrer gemeinsamen Tätigkeit. Die Schauspieler waren ob des Alters der zu verkörpernden Charaktere recht jung und daher noch unbekannt. James Marshall verkörpert mit muskulösem Oberkörper und verschlossener Mine den Protagonisten Tommy Riley, an dessen Seite Cara Buono als Dawn eine hübsche Figur macht. Der junge Cuba Gooding, Jr. spielt den Anführer und verantwortungsvollen jungen Vater Abraham Lincoln Hayes und als etwas naiver und nicht unsympathischer Romano glänzt Jon Seda. Der schmierigen Pappy Jack wird wirkungsvoll eklig von Robert Loggia verkörpert und auch Brian Dennehy macht als brutaler und skrupelloser Jimmy Horn eine gute Figur. In Szene gesetzt wurde der Film handwerklich rundum solide von Rowdy Herrington. Die Charaktere sind alle sehr einseitig, aber diese Schwarzweißmalerei schadet dem Film nicht, da er genau wegen des Spiels mit dem Klischee so gut funktioniert. Alleine das Ganggehabe der Schwarzen dürfte längst als veraltet angesehen werden und etwas albern anmuten. Der atmet besonders zu Beginn deutlich den Geist der 90er.
Insgesamt bietet „Gladiator“ eine durchweg solide Unterhaltung, die nicht nur für Ghettobewohner und Boxweltmeister geeignet ist.

1992 vertonte Jerry Goldsmith mit „Mr Baseball und „Gladiator“ gleich zwei Sportfilme und „Rudy“ sollte ein paar Monate später ebenfalls folgen. Während er „Mr Baseball“ durchweg heiter mit einer bewusst trashigen Kaugummi-Musik und asiatischen Klischees vertonte, wählte Goldsmith für „Gladiator“ ebenfalls einen sehr zeitgemäßen aber düstereren Ansatz. Durch die gehäufte Einbindung von poppigen Elementen die den elektronischen Schlagzeugrhythmen und den E-Bass-Motiven ist die Musik deutlich ein Kind ihrer Zeit und wirkt heute nicht nur klischeehaft sondern auch billig. Als Hauptthema dient eine etwas melancholische Melodie für E-Piano, die später auch als Liebesthema für Dawn und Tommy fungiert, welches in seiner verhaltenen Melancholie und den leicht jazzigen Akkorden wahrscheinlich zu den besten Einfällen innerhalb dieser Musik zählt. Die Kampfszenen sowie einige Konflikte auf der Straße zwischen Tommy und „Shortcut“ unterlegte Goldsmith stets mit einigen Schlägen des künstlichen Schlagzeugs und einer poppigen Bassfigur. Bei einigen rasanteren Szenen wie Hayes’ und Rileys Flucht vor „Shortcuts“ Gang macht der Komponist mit treibenden Paukenrhythmen und groovenden Xylophonmelodien sogar einen Abstecher in seine Serienmusik der 70er Jahre. Goldsmith-Freunde werden sich bei solchen Stellen sofort an einige Verfolgungsjagden aus „Police Story“ erinnern. Wahrscheinlich traf die Musik mit den Pop-Klischees und den teilweise noch aus den 80ern hinüber geretteten Relikten zu deutlich die Atmosphäre des heute lächerlichen Ganggehabes, den albernen Kopfbedeckungen und der typischen 90er-Atmosphäre als den Produzenten lieb war, denn Goldsmiths Score wurde abgelehnt und durch eine viel zurück haltendere Musik von Brad Fiedel ersetzt, die dem Film nicht schadet, ihn aber auch nicht wirklich unterstützt, da sie meistens viel zu unauffällig im Hintergrund vor sich hin dümpelt. Letzten Endes wurde weder Golsmiths Musik noch die von Brad Fiedel auf CD veröffentlicht, stattdessen hielt das Studio es für strategische klüger, ein Song-Album mit allen im Film angespielten Songs auf den Markt zu bringen. Für Score-Freunde ist diese Hiphop-Zusammenstellung natürlich uninteressant, aber für Freunde der Gruppe 3rd Bass umso historisch wertvoller, markiert doch der „Gladiator“-Soundtrack die letzte Veröffentlichung eines Stücks dieser Band.

 

 

1993

 

Love Field - Liebe ohne Grenzen

Lurene Hallett fristet das typische Dasein der amerikanischen Hausfrau zu Beginn der 60er Jahre. Ihren Ehemann Ray kennt sie seit ihrer Kindheit und mittlerweile haben sich die beiden nichts mehr zu sagen, sodass sich Lurene jede freie Sekunde zurück zieht um für ihr Idol - Jaqueline Kennedy - zu schwärmen, mit der sie sich sehr verbunden fühlt. Umso mehr bricht eine Welt zusammen, als John F. Kennedy am 22.11.1963 in Dallas erschossen wird. Lurene macht sich sofort auf den Weg nach Washington, um ihrem Idol zu dieser schweren Zeit beizustehen. Da ihr Mann sich stets weigerte, ihr ein eigenes Auto zu kaufen reist Lurene per Bus und lernt während der Fahrt den schwarzen Paul Cater und dessen Tochter kennen, die kein Wort spricht. Der engagierten Lurene kommt das Verhalten des Mädchens verdächtig vor und sie verständigt das FBI, nur um Sekunden später zu erkennen, einen fatalen Fehler gemacht zu haben. Cater erklärt, dass er tatsächlich der Vater des Mädchens ist und sich seiner nach dem dem Tod der Mutter angenommen hat. Zu dritt reist das ungewöhnliche Trio quer durch's Land, damit Lurene rechtzeitig bei der Beerdigung und Cater dem FBI aus dem Weg gehen kann. Unerwartete Verwicklungen und gemeinsam durchzustehende schwierige Situationen lassen mit der Zeit eine ungewöhnliche Freundschaft wachsen...

Jonathan Kaplans "Love Field" ist ein Film über zwischenmenschliche Beziehungen, Rassismus und der Beeinträchtigung das Leben einzelner durch politisch einschneidende Ereignisse. Offensichtlich bemühte man sich um ein realistisches Bild der Zeit und der sehr gegensätzlichen Gesellschaft, die in dem schwarzen Paul Cater und der weißen Lurene Hallett repräsentiert werden. Lurene erlebt auf ihrer Reise, wie schwer es Schwarze im Alltag tätsachlich haben, Paul ist stets misstrauisch. Der Film lebt von einzelnen Szenen sowie den auf hohem Niveau agierenden Schauspielern. Hier sei besonders Michelle Pfeiffers Darstellung der Lurene erwähnt, denn sie verkörpert die ewig schnatternde und äußerst naive Hausfrau aus der Kleinstadt perfekt. Dennis Haysberts zurückhaltende Interpretation Paul Caters passt ebenfalls wie die Faust auf's Auge und auch alle Nebenrollen sind stets treffend gesetzt und überzeugend gespielt. "Love Field" vermeidet Kitsch um jeden Preis, bleibt dabei stets auf dem Boden, vernachlässigt allerdings auch die Emotionen nicht. Es war Kaplan und Autor Don Roos nicht gelegen, eine kitschige Schnulze oder ein spannendes Road-Movie zu drehen, darüber sollte man sich im Klaren sein, bevor man den Film startet. Dann überzeugt "Love Field" mit den superben Schauspielern und der realistischen Atmosphäre auf ganzer Linie.

Jerry Goldsmith wandte sich nach seiner groß angelegten Actionmusik "Total Recall" wieder vermehrt kleineren Dramen und Komödien zu. Seine Musik zu "Love Field" scheint wie selten eine andere Musik in seinem Schaffen einen Bogen von den kleineren Dramen-Scores der 70er zu den schlichten Dramenmusiken der 90er und den treibenden mit elektronischen Elementen versehenen Thrillern zu schlagen. Als Basis dient ein sehr gefühlvolles und lyrisches Thema, dass - wie auch in "Der Feind in meinem Bett", "Rudy", "River Wild" oder "Nicht ohne meine Tochter" - von der Flöte über luftigen Streichteppichen gespielt wird. Charakteristisch für "Love Field" sind allerdings die bluesigen Einwürfe des Klaviers, sodass in der Musik gleich der aus dem schwarzen Umfeld stammenden Cater und der naiven und Anteil nehmenden Lurene zu finden sind. In den zurückhaltenden und friedlichen Momenten erinnert Goldsmith Gebrauch der Holzbläser und Streicher teilweise an ähnlich gelagerte kleinere Musiken aus seiner früheren Zeit wie z. B. "A Girl named Sooner". Die spannenden Passagen wie z.B. die Flucht aus dem Motel unterlegte Goldsmith mit treibenden ungeraden Rhythmen des Schlagwerks und nach vorne drängenden Melodien der Streicher. Diese Elemente sind in unzähligen Thrillerscores der 90er Jahre wieder zu finden, sodass das Stück "The Motel" als Prototyp gelten kann. Auch einige weitere Passagen mit dem künstlichen und rau klingen Synthieklavier erinnern an später entstandene Werke.
Trotz dieser verschiedenen Stilrichtungen ist Goldsmiths Musik zu "Love Field" kein Stückwerk - eher ein Resumee, wobei jedoch das originelle und mit einem Schuss schwarzer Musik versehen Hauptthema den eigentlichen Kern der Musik bildet. Alles hat man natürlich schon woanders bei Goldsmith gehört, aber vielleicht gerade weil diese Musik nicht so bekannt und berühmt ist hat sie über 20 Jahre ihre Frische bewahrt. Zur Zeit des Filmstarts 1993 veröffentlicht enthält das Varèse-Album lediglich 28 Minuten Musik - umso mehr dürfte überraschen, dass auf der CD mehr Musik als letzten Endes im Film zu hören ist. Goldsmiths Musik wurde nämlich zu einem großen Teil umgeschnitten, gestrichen oder durch die Klavierkompositionen Bill Payne ersetzt, von denen sich kein Stück auf der CD befindet. Im Film fällt der Komponistenwechsel nicht sonderlich auf und auch zwischen Goldsmith und Kaplan scheint das Vorkommnis kein allzu großes Zerwürfnis zur Folge gehabt haben, schließlich arbeiteten die beiden im folgenden Jahr für "Bad Girls" wieder zusammen.

 

 

The Vanishing - Spurlos

Das junge Paar Jeff Harriman und Diane Shaver machen einen Ausflug und halten an einer Raststätte, in der Diane auf Toilette gehen und Getränke holen möchte, doch Jeff wartet vergeblich auf ihre Rückkehr, denn Diane ist spurlos verschwunden. Als er noch in der tiefen Nacht an der Raststätte sitzt und die Polizei verständigt hat, erweist sich diese allerings als wenig hilfreich. Jeff stürzt in eine tiefe Lebenskrise und ist bessesen von dem Gedanken, Diane wieder zu finden, investiert all sein Geld in die Suche und verliert sogar seine Arbeit, doch unermüdlich verteilt er Flugblätter und hängt Plakate auf. Nach zwei Jahren lernt der ausgebrannte und übermüdete Jeff in einer Kneipe die Kellnerin Rita Baker kennen, mit der er eine Beziehung beginnt. Doch Rita merkt schnell, dass Jeff sich noch immer nicht von Diane losgesagt hat, worunter die Beziehung mehr und mehr zu leiden beginnt. Als sie erfährt, dass Jeff immer noch nicht von der Suche ablässt und sie sogar belogen hat, verlässt Rita Jeff. Doch der Verlassene hat wenig Zeit, sein Leben wieder zu ordnen, denn nun meldet sich Dianes Entführer wieder, der Jeff aufgespürt hat und dem am Boden zerstörten ein fatales Angebot macht: Um zu erfahren, was mit Diane passiert ist, muss Jeff alles erleben, was auch seine Freundin durchmachen musste. Da er nichts mehr zu verlieren hat, schlägt Jeff ein...

Nachdem der holländische Regisseur Georg Sluizer den Roman "Das goldene Ei" des Landmannes Tim Krabbé erfolgreich verfilmt hatte, drehte er 1993, also fünf Jahre später, eine Neuverfilmung für das amerikanische Publikum mit Kiefer Sutherland, Jeff Bridges, Nancy Travis und einer jungen Sandra Bullock. Während das Original sehr dicht und spannend inszeniert ist, erhielt die amerikanische Version fast ausschließlich negative Kritiken. Die Neuverfilmung sei spannungsarm, langweilig und leide unter dem aufgestülpten glücklichen Ende.
Zugegebenermaßen ist die Nervefilmung nicht so schlecht wie ihr Ruf und bietet zwar einen sehr langsam aber immerhin kontinuierlich steigenden Spannungsbogen, der in ein drastisches Ende mündet. Fast hat man das Gefühl, der Film hätte seine gesamte Energie in die letzten brutalen 15 Minuten aufgespart. Während es Sluizer gelingt, die beiden weiblichen Protagonistinnen glaubwürdig einzufangen versagt er allerdings bei der Zeichnung der männlichen Figuren. Sandra Bullocks Diane Shaver ist eine liebenswerte und hübsche junge Frau und der Zuschauer kann gut nachvollziehen, warum Jeff so besessen ´von dem Gedanken ist, sie wieder zu finden. Doch besonders seine neue Freundin, die am Anfang als etwas naives Mädchen eingeführt wird, die in ihrer Verzweiflung sogar unsymphatische Dinge macht wie Passwörter ds Freundes knacken oder sich als Diane Shaver verkleiden, um die Beziehung zu retten, entpuppt sich gegen Ende als geistesgegenwärtige kluge Frau und ist so vielleicht die interessanteste Figur des Films. Jeff Harriman vermag jedoch nur in der ersten Filmhälfte zu überzeugen. Seine Liebe zu Diane ist tief und glaubwürdig, seine Obsession begründet. Auch der Wandel, dass er seine Freundin anfangs sucht und gegen Ende nur noch gegen die Ungewissheit ankämpft, scheint nachvollziehbar, aber würde man sich deshalb wirklich in die Hände eines gefährlichen Irren begeben, Betäubungsmittel schlucken und sich in sein Auto setzen? Über das Motiv des durchgedrehten Barney Cousins, dass er die Liebe seiner kleinen Tochter nur verdiene, wenn er auch etwas Böses getan habe, spare ich mir weitere Worte...

Die 90er Jahre waren die Thrillerzeit für Jerry Goldsmith. Feierte er mit "Basic Instinct" doch wieder einen großen Erfolg nach einer längeren krativen Durststrecke, scheint er auch mit seiner Musik zu "Spurlos" an das gleiche Konzept anknüpfen zu wollen. Es ist interessant, dass der Komponist, der immerhin 54 Minuten seines langweiligen Scores zu "Warlock" freigab, stets verhinderte, dass "The Vanishing" veröffentlicht wurde mit dem Argument, es gäbe schon zu viel derartige Musik auf Tonträger. Ob das so ist, lässt sich spätestens seit der kurz nach seinem Tod veröffentlichten Varèse-Club-CD mit der kompletten Musik zum Film prüfen. Und tatsächlich fallen einem die Parallelen zu "Basic Instinct" schon in den ersten Minuten der Vorspannmusik auf: die zischelnden elektronischen Einsprengsel, das charmant-schleichende Thema in den Holzbläsern, die zurückhaltende Untermalung der gezupften Streicher, all das hat viel von "Basic Instcinct", doch leider nicht die Dichte der Atmosphäre und die packende Stimmung. Auch die weiteren gut 60 Minuten Musik entpuppen sich als gekonnte und handwerklich gut gearbeitete, aber typische Goldsmith-Thrillermusik mit einigen typischen 90er-Merkmalen. So schrieb der Altmeister für das junge Paar eine lieblich Melodie für Solo-Flöte und für die Spannungspassagen ein 3/4-Ostinato, das mit ein bisschen zu viel Synthieschlagwerk unterlegt ist. In vielen Momenten zieht sich die Musik abwechslungsarm dahin, doch immer dreht Goldsmith in den letzten 15 Minuten voll auf. Hier donnert das Schlagwerk, lärmt das präparierte Klavier und brüllen die Blechbläser. Eine schonungslose und spannungsgeladene Partitur, die einen für die souverän aber leicht uninspiriert gelösten vorherigen 45 Minuten entschädigen. Das Jazz-Arrangement des Themas für den Abspann ist zwar eine nette Dreingabe, wirkt aber etwas fehl am Platz und bildet einen zu heftigen stilistischen Bruch.
Insgesamt schrieb Goldsmith mit "The Vanishing" eine filmunterstützende aber routinierte Musik, die wie der Film auch erst in der letzten Viertelstunde voll aufdreht. Goldsmith hatte vielleicht recht, dass es "zu viel" Thrillermusik aus dieser Zeit gibt, aber bevor man "The Vanishing" zurück hält, hätte man vielleicht eher "Sleeping with the Enemy" nicht veröffentlichen sollen. Nichtsdesto trotz gibt es aus dieser Periode aber auch einige interessantere und unterhaltsamere Partituren als "The Vanishing", der somit eine weitere Lücke in der Sammlung schließt - auch im Thrillergenre.

 

 

Dennis the menace - Dennis, die Nervensäge

Endlich Ferien! Die nutzt der fünfjährige Dennis für allerlei Unfug, unter dem besonders sein Nachbar, der Rentner George Wilson, zu leiden hat. Dieser hat nämlich ganz andere Sorgen als den Nachbarsjungen, der ihm den letzten Nerv raubt, denn bald steht die alljährige Kürung des schönsten Gartens der Stadt an, die von der Jury des Gartenvereins ausgerufen wird. Wilson ist sich sicher, den ersten Platz zu machen, denn schließlich hat er in seinem Garten eine äußerst rare Pflanze, die nach vierzig Jahren Hege und Pflege bei Mondschein für wenige Sekunde ihre wundervolle Blüte öffnet, um kurz darauf für immer zu verwelken. Da Dennis' Mutter einen halbe Stelle angenommen hat, muss dieser sich die Zeit mit seinem Freund Joey bei der zickigen Margaret vertreiben, deren Eltern sich bereit erklärt haben, auf die beiden Jungs aufzupassen. Abends sorgt Dennis bei seiner jugendlichen Babysitterin Polly und deren Freund Mickey für allerlei Aufregung. Zur selben Zeit ist die Idylle des kleinen Städtchens ernsthaft bedroht, denn der Landstreicher Switchblade Sam springt eines Nachts vom Güterzug, um in dem kleinem Örtchen auf Raubzug zu gehen. Als Dennis' Eltern beide gleichzeitig auf Dienstreise müssen, erklärt sich Martha Wilson sehr zum Ärger ihres Mannes bereit, den Jungen für die entsprechende Zeit bei sich aufzunehmen. Während Martha stets sehr darunter litt, nie eigene Kinder bekommen zu haben und Dennis als Ersatzenkelsohn betrachtet, macht der aufgedrehte Gast George Wilson sehr zu schaffen. Gleichzeitig häufen sich in der Umgebung verschiedene merkwürdige Vorfälle, denn der Vagabund Switchblade Sam hat bereits mit seinem Beutezug begonnen. Durch einen Sturm verschiebt sich die Rückkehr von Dennis' Mutter, sodass dieser noch einige weitere Tage bei den Wilsons bleiben muss. Dem Rentner ist das gar nicht recht, denn gerade in dieser Zeit ist der heiß ersehnte Moment seines Triumphes vor den Mitgliedern seines Gartenvereins. Genau in dieser Nacht plant allerdings auch Switchblade Sam, zuzuschlagen...

Als 1990 "Kevin allein zu Haus" zu einem der erfolgreichsten Filme in der Geschichte des Kinos aufstieg und zwei Jahre später eine ebenfalls sehr erfolgreiche Fortsetzung folgte, schrieb Drehbuchautor John Hughes, der auch für die die beiden "Kevin"-Filme das Drehbuch verfasst hatte, einen weiteren Film über einen kleinen pfiffigen Jungen, der einen Verbrecher übertölpelt. Als Grundlage hierzu dienen die Comicstreifen von Hank Ketcham, die in den 50er Jahren täglich in erschienen und mittlerweile in 19 Sprachen und über 1000 verschiedenen Zeitungen gedruckt wurden. Mit dem 1993 entstandenen Film "Dennis the Menace" wollte man offensichtlich auf den Zug der "Kevin"-Filme aufspringen, was besonders durch die neu eingeführte Figur des Vagabunds Switchblade Sam deutlich wird, da die Verbrecherjagd auch bei Kevin ein zentrales Thema war. Dennis allerdings unterscheidet sich deutlich von Kevin, der seine "Gegner" stets mit äußerst findigen Fallen überlistet, während Dennis immer wieder Glück im Unglück hat und in seiner kindlichen Naivität niemandem etwas Böses will. Doch das gut Gemeinte ist stets der Feind des Guten und so geht allerhand schief, worunter besonders der griesgrämige George Wilson zu leiden hat. Die Rahmenhandlung fungiert dabei allerdings nur als lockerer Leitfaden, auf den sich unzählige, wenig spektakuläre und mäßig amüsante Slapstick-Einlagen auffädeln, die besonders in ihrer steten Vorhersehbarkeit deutlich an Witz einbüßen. Die Bemühung, einen äußerst kindgerechten Film zu drehen, ist an allen Ecken und Enden spürbar, sodass bei älteren Zuschauern insbesondere Walter Matthau und Christopher Lloyd punkten können. Die starke Thematisierung der Mutter, die versucht, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, entspricht stark dem damaligen Zeitgeist, sind solche Fälle heutzutage weitaus mehr verbreitet und gesellschaftlich akzeptiert.
Mason Gamble kann als junger Darsteller in der Rolle des Dennis' überzeugen, der wahre Star des Films ist allerdings Walter Matthau als George Wilson, der den mürrischen Nachbarn mit einer ordentlichen Portion Menschlichkeit charakterisiert und beim Zuschauer des Öfteren sogar Mitleid erweckt. Christopher Lloyd ist eine hervorragende Besetzung des Switchblade Sam und spielt den Landstreicher, der sogar kleinen Kindern den Apfel klaut, herrlich böse. Auch Joan Plowright als Martha Wilson und Lea Thompson und Robert Stanton als Dennis' Eltern können überzeugen. Insgesamt ist "Dennis the Menace" allerdings ein sehr harmloser und naiver Kinderfilm, der zwar jüngeren Zuschauern gewiss Spaß machen kann, aber außer Matthaus und Lloyds grandioser Darstellung kaum etwas zu bieten hat.

"Dennis, die Nervensäge" gehört mit "Supergirl" und "Quatermain" zu von Jerry Goldsmith vertonten cineastischen Trittbrettfahren, deren erfolgreiche Vorbilder von John Williams untermalt wurden. Außerdem ist dieser Film die einzige Zusammenarbeit zwischen dem Komponisten und Nick Castel. Die beiden entschieden sich für eine konventionelle Vertonung, die neben stark am Film komponierten Micky-Mousing auch über mehrere Leitmotive verfügt und durch eine lange Laufzeit viele Momente musikalisch kommentiert. Neben einem durchschnittlich besetzten Symphonieorchester griff Goldsmith außerdem auf Mundharmonika und einige elektronische Effekte zurück, deren Einsatz sich jedoch auf einige kleine Einsprengsel beschränkt. Den zentralen Kern der Musik bildet das Hauptthema für Dennis, eine verschmitzte Melodie, die hauptsächlich von der Mundharmonika intoniert wird und während des Vorspanns schmissig vom Orchester begleitet wird. Diesem Thema steht das stark synchopische und rhythmisch ungerade Thema für Switchblade Sam gegenüber, das vom Fagott in hohem Register gespielt und von leichter Unterstützung des Schlagwerks und einigen Flötenfiguren flankiert wird. Neben einem weiteren seufzendem Streichermotiv spielt auch die Tuba als Soloinstrument eine bedeutende Rolle, die mit ihren tiefen und leicht behäbigen Figuren George Wilson zugeordnet ist. Des Weiteren komponierte Goldsmith eine sehr liebliche Klaviermelodie, die über sanfte Streicherteppiche erklingt und für die Zuneigung der Erwachsenen zu dem Protagonisten steht. Mit diesen fünf zentralen motivisch-thematischen Ideen gestaltete Goldsmith eine äußerst lebhafte Musik, wobei er das Orchester äußerst farbenfroh einsetzte. "Dennis the Menace" gehört zu den wenigen Werken des Spätwerks des Altmeisters, das nicht von der sehr durchsichtigen Orchesterstimmführung geprägt ist. Verspielte Holzbläser mischen sich hier mit schleichenden Pizzicati, bedrohliche Posaunenakkorde münden in flotten Orchesterschlägen, heitere Xylophonläufe und Paukenglissandi begleiten Dennis' bei seinen zahlreichen Vorsdtadt-Abenteuern. Außerdem blieb Goldsmith seinem Vorsatz treu, den Synthesizer nur für akustisch nicht zu erzeugende Klänge einzusetze. Zu den besten Momenten zählen hier definitiv die elektronisch nachempfunden Schmerzensseufzer, die mit Wilsons Tuba-Figur kombiniert werden, als dieser einmal wieder Opfer eines von Dennis' Streichen geworden ist.
Doch trotz der äußerst raffinierten Instrumentierung und des eingängigen Melodien eignet sich "Dennis the Menace" leider nur bedingt als alleinstehendes Hörvergnügen, da die Musik sehr dicht am Film komponiert und somit sehr kurzatmig ist. Nahezu jede kleine Bewegung, fast jeder Schnitt wird musikalisch kommentiert, sodass in vielen Passagen auch gleich mehrere Leitmotive auftreten und die einzelnen Stücke auf CD leicht austauschbar werden.
Zum Filmstart erschien bei "Big Screen Records" ein 40 Minuten langes Album, das knapp die Hälfte der über 80 Minuten langen Musik in chronologischer _Reihenfolge enthält. Dabei strich Goldsmith fast die komplette Musik für die erste Hälfte des Films, was aber keinen großen Verlust darstellt, weil alle dort vertretenen Themen und Motive auch später wieder erklingen. Die CD ist mittlerweile vergriffen, aber zu äußerst moderaten Preisen erhältlich und es ist ohnehin nur eine Frage der Zeit, bis die Musik in einer wahrscheinlich erweiterten Fassung neu aufgelegt wird.
"Dennis the Menace" ist eine äußerst erfrischende Komödienvertonung, die durch einen abwechslungsreichen Umgang mit dem Orchester und mehrere eingängige Themen punktet, als alleinstehendes Hörerlebnis durch zahlreiche Mickey-Mousing-Einlagen allerdings schnell ermüdet und gleichförmig wirkt.

 

 

Six Degrees of Seperation -Das Leben - Ein Sechserpack

Ouisa und Flan Kittredge leben das perfekte Leben: Das gebildete und intellektuelle Paar hat eine große Wohnung direkt am Central Park, die mittlerweile erwachsenen Kinder studieren in Harvard und sein priveligiertes Leben finanziert sich das Ehepaar durch Kunsthandel, bei dem es sein eigenes Geld fast nie auf's Spiel setzen. Damit sie ein wertvolles Gemälde aufkaufen können, lädt sich das Ehepaar einen alten Freund - Geoffrey Miller - ein, um ihn für das Geschäft zu gewinnen, doch plötzlich klopft ein ungeladener Gast an die Tür: Paul wurde im Central Park von Gaunern mit einem Messer verletzt und seines Geldes sowie eines Aufsatzes beraubt. Schnell gelingt es dem charmanten jungen Mann, die Gesellschaft in seinen Bann zu ziehen und als er auch noch behauptet, der Sohn des berühmten Sidney Portiers zu sein und die beiden Herren eine Statistenrolle in dessen neuestem Projekt wittern, gewinnt Paul die reichen Leute vollends für sich. Geoffrey, durch einen wundervollen und unterhaltsamen Abend willens, das Geld für das Gemälde vorzuschießen, verlässt die Runde während Paul im ehemaligen Kinderzimmer übernachtet. Früh morgens hört Ouisa merkwürdige Geräusche und entdeckt Paul mit einem Stricher im Bett ihres Sohnes. Schockiert jagen sie und Flan Paul und seine "Gesellschaft" nach draußen. Das Ereignis wird zu einer Anekdote auf Hochzeitsfeiern, bis ein befreundetes Paar ebenfalls behauptet, Sidney Portiers Sohn sei vor ihrer Wohnung überfallen und ausgeraubt worden. Halb aus Abenteuerlust, halb aus Langeweile beginnt eine immer größer werdende Gruppe reicher New Yorker, dem Rätsel auf den Grund zu gehen...

John Guares erfolgreiches Theaterstück wurde 1993 von Regisseur Fred Schepisi auf kunstvolle Weise verfilmt. "Six Degrees of Seperation" schafft es, dem Bühnenstück gerecht zu werden ohne dass ein abgefilmtes Kammerspiel entsteht. Stattdessen bedient sich Schepisi wie zwei Jahre zuvor im "Russlandhaus" geschickt eingesetzter Rückblenden, Montagen und parallel verlaufenden Ebenen. So beoachtet man zum Beispiel Ouisa und Flan auf Vernissagen, Opernbesuchen, Feiern und Restaurantbesuchen stets die weiteren Geschehnisse um Paul zum Besten zu geben, sodass die Rahmenhandlung der eigentlichen Handlung stets voraus eilt. Die vorzüglichen Darsteller hauchen ihren liebenswerten Figuren glaubhaft Leben ein. Besonders Stockhard Channing, die bereits auf der Bühne in der Rolle der Ouisa zu sehen war sowie Donald Sutherlands Interpretation des Flans geben perfekt das priveligierte aber symphatische Ehepaar der New Yorker Oberschicht wider, das niemals in überhebliche oder arrogante Eigenschaften abrutsch, jedoch stets etwas auf sich hält. Besonders beeindruckend sind natürlich auch die jungen Darsteller - allen voran Will Smith in einer seiner ersten Kinorollen als Paul, aber auch die junge Heather Graham und Eric Thal als junges Päarchen, das vergeblich versucht, in New York Fuß zu fassen, überzeugen durch die Bank. Insgesamt ist "Six Degrees of Seperation" ein äußerst charmanter und liebenswerter Film, der mit seiner intelligenten Montage, den wundervollen Dia- und Monologen sowie talentierten und engagierten Darstellern überzeugt.

Fred Schepisi und Jerry Goldsmith arbeiteten bereits zuvor gemeinsam an "Das Russlandhaus" sowie "Mr. Baseball". Die Musik zu "Six Degrees of Seperation" ist in Goldsmiths Schaffen jedoch einzigartig und besonders in den routinierten und teils sehr uninspirierten 90er Jahren eine willkommene Abwechslung, denn der Score ist nicht nur von einem kleinen Kammerensemble eingespielt, sondern sehr sparsam eingestreut und erinnert so an Schauspielmusik, die im Theater in einigen wichtigen Momenten, kaum aber während des Sprechens, eingesetzt wird. Für das Hauptthema schrieb Goldsmith eine elegante Tangomelodie, die von einer Solovioline vorgetragen und von Fagott, Klavier, Harfe und Schlagzeug unterstützt wird und die Atmosphäre des Films sowie das Lebensgefühl der Oberschicht in New York perfekt einfängt. Im Verlauf des Films sind die einzelnen musikalischen Passagen stets recht kurz, besonders hervorzuheben wären hier das elegische leicht dissonante Streicherspiel während Ouisas Traum sowie ein weiteres melancholisches Thema für Soloviolne und eine vom Kontrabass über leicht dissonante Harfenfiguren gezupfte Linie. Goldsmiths Musik ist durchgehend elegant und sparsam und fügt sich so in die effektiv eingesetzte Source-Musik wie z.B. dem Streichqaurtett Claude Debussys und einigen Jazznummern ein.
In der heutigen Zeit der limitierten Sammler-Stücke, auf denen kurze Musiken oft kombiniert werden wäre eine reine Scoreveröffentlichung wahrscheinlich leichter zu realisieren als 1993, doch trotzdem wollte das Studio die Musik veröffentlichen. Da Goldsmiths Musik allerdings gerade einmal 15 Minuten läuft wurde die CD neben einigen Source-Musiken auch mit Dialogen aus dem Film aufgefüllt. So gelungen die Dialoge des Films auch sind, auf CD ergibt sich dadurch ein recht unausgegorenes Hörerlebnis, auch könnte für einige Hörer die kurze Laufzeit vieler Score-Stücke den Hörgenuss trüben. Goldsmith selbst soll mit der CD angeblich auch nicht glücklich gewesen zu sein, aber da die Musik immerhin komplett vertreten ist und eine abwechslungsreiche Ergänzung zur Sammlung des Komponisten hinzufügt, sollte man nicht nachtragend sein. Die CD ist leider mittlerweile sehr rar geworden, aber Fans sollten sich stets bereit halten, zuzuschlagen, denn "Six Degrees of Seperation" ist einer der ungewöhnlichsten und originellsten Scores Goldsmiths, der durch sein charmant beschwingtes Hauptthema und viele weitere eindrucksvolle Passagen einen wundervollen kammermusikalischen Score in die recht austauschbare Stangenware der letzten Schaffensphase des Komponisten aufnimmt.

 

 

 

Malice - Eine Intrige

Der Vertrauenslehrer Andy (Bill Pullman) ist mit Tracy (Nicole Kidman) verheiratet und begegnet trifft unerwartet seinen alten Schulkollegen Jed (Alec Baldwin) wieder, der bald zur Untermiete bei Andy einzieht. Dieser erzählt Jed, der von Beruf Arzt ist, von den Unterleibsschmerzen seiner Frau und tatsächlich muss Tracy wegen großer Schmerzen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Jed, der die Frau operiert, bleibt nicht viel Zeit und holt sich von Andy die Erlaubnis ein, beide Eierstöcke seiner Frau zu entfernen. Es stellt sich allerdings heraus, dass ein Eierstock nur oberflächlich krank war und schlimmer noch - Tracy war schwanger.
Tracy verlässt ihren Ehemann und verklagt Jed auf 20 Millionen Dollar Schmerzensgeld und ist schließlich von der Bildfläche verschwunden. Erst nach und nach merkt Andy, dass etwas an der ganzen Sache faul ist und beginnt, Nachforschungen anzustellen...

Mit "Malice" versucht Regisseur Harold Becker an die verzwickten Thriller Afred Hitchcocks anzuknüpfen, doch wenn der Altmeister es schaffte, Spannung durch raffiniert aufgebaute Szenen zu schaffen und zu erhalten, indem er den Zuschauer stets einweihte, was passieren würde, so hatten Becker und seine drei Drehbuchautoren anscheinend die Befürchtung, der Film könne dem Zuschauer langweilig werden. Das wird er ganz sicher nicht, denn "Malice" ist fast überladen mit Nebensträngen, Verwicklungen und Wendungen. So wurde hier der Handlungsstrang um einen Massenvergewaltiger, der "nebenbei" von Andy überführt wird, anscheinend nur für reine Atmosphäre "verheizt".
Letzten Endes ist "Malice" ein handwerklich solider Thriller, der ohne Zweifel unterhält, den man aber nicht gesehen haben muss. Der Film ist ohne Frage spannend aber überfordert den Zuschauer zu keinem Zeitpunkt. Die drei Hauptdarsteller (Nicole Kidman mit furchtbarer Frisur) liefern überzeugende Leistungen ab und unter den Nebendarstellern finden sich heute sehr bekannte Gesichter wie eine sehr junge Gwyneth Paltrow und Tobin Bell ("Saw").

Für Jerry Goldsmith und Harold Becker war es die erste von zwei gemeinsamen Arbeiten ("City Hall" sollte drei Jahre später folgen), musikalisch kann "Malice" allerdings nur im Filmzusammenhang eine teilweise unterstützende Wirkung erreichen, denn Goldsmith schien seine ganze kreative Energie für das Projekt schon in den ersten drei Minuten seiner Komposition aufgebraucht zu haben. Die Vorspannmusik ist allerdings zugegebenermaßen originell: ein elektronisches Keyboard, das auch im Film eine bestimmte Bedeutung hat, spielt eine kinderliedartige Melodie in unbeholfener Darbietung. Langsam schwillt ein Liegeton in den Streichern an, der in einem wundervoll friedlichen und lyrischen Arrangement des Themas mündet. Hier bietet die Harfe mit langsamen Arpeggiofiguren das Fundament für einen schmal besetzten Chor, der das Thema lieblich vokalisiert. Die Musik wird allerdings bald von einem leicht dissonanten Einwurf des Xylophons getrübt und zeigt, dass die oberflächliche Idylle - bezogen auf Andy und Tracy - bald gestört wird. Nach dieser starken Eröffnung wird im folgenden Verlauf der Musik der qualitative Unterschied allerdings noch viel deutlicher, denn Goldsmith war sich auch hier nicht zu schade, seinen einflussreichen und wirkungsvollen "Basic Instinct"-Score noch einmal auszugraben. Doch anstatt wenigstens eine recht stimmungsvolle Variante wie "The Vanishing" zu kreieren ruht sich der Komponist auf den immergleichen Streicherliegetönen, kurzen Klaviereinwürfen und blassen Holzbläserlinien aus, anstatt das vielversprechende Hauptthema ansatzweise aufzugreifen oder gar zu verarbeiten und zu variieren. Die Musik ist ohne Substanz oder Charakter und sogar im Film teilweise überflüssig. Nur einmal gibt es kurz einen heftigen aber organisierten Ausbruch sowie eine recht brauchbare Verfolgungsmusik in der Art von "Night Life" aus "Basic Instinst". Der Showdown wird von zu sehr an den Film gebundene Schlagwerkattacken und uninteressante minutenlange Spannungspassagen bestritten, um auf Tonträger zu überzeugen. Nach einem Hördurchgang des rund 33:00 Minuten langen Albums von Varèse Sarabande wird der Hörer mit starken drei Minuten, einiger routinierter Action und 25 Minuten leerer Spannungsmusik zurückgelassen sowie der Frage, was er eigentlich in der letzten halben Stunde gehört hat.

 

 

Matinee

 

1962: Genes Vater ist bei der Marine, sodass die Familie fast einmal im Jahr umzieht und es dem Teenager und seinem jüngeren Bruder schwerfällt, Freunde zu finden. Gene flüchtet sich daher in seine Leidenschaft: Horrorfilme. Zu seinen größten Idolen gehört der Filmproduzent Lawrence Woolsey, über dessen Filmvorführungen verschiedene Gerüchte kursieren und der gerade einen neuen Horrorfilm in die Kinos bringt: MAnt. In diesem Film wird der Protagonist beim Rönchen von einer Ameise gebissen und durch die Verstrahlung des Speichels verwandelt sich der harmlose Schuhverkäufer Bill nach und nach in eine Riesenameise. Als Genes Vater in der Militärbasis von Key West in Florida stationiert wird, scheint es, dass sich die Familie hier für längere Zeit niederlassen würde, doch schnell bricht durch die Kubakrise eine Bedrohung rein, vor der Genes Familie mehr als alle anderen betroffen ist, denn sein Vater wird auf eins der Blockadeschiffe berufen. Dadurch wird Gene für seine Mitschüler interessant und es gelingt ihm schnell, sozial Fuß zu fassen. Er freundet sich mit Stan an, der verzweifelt versucht, der hübschen Sherryl den Hof zu machen, deren Ex-Freund Harvey gerade aus der Besserungsanstalt entlassen wurde und lernt die junge Aktivistin Sandra kennen. Harvey, der erfährt, dass Sherryl sich mit Stan trifft, setzt diesen stark unter Druck. Als Gene und seine Bruder eines Tages wieder im Kino sind, erfahren sie vom Leiter, dass Lawrence Woolsey persönlich nach Key West kommen wird, um seinen neuen Film "MAnt" vorzustellen. Dafür hat der Filmproduzent ein neues Verfahren entwickelt, das durch manipulierte Sitze und Pyrotechnik im Saal den Zuschauer Glauben macht, er befände sich selbst mitten im Leinwandgeschehen. Der Höhepunkt wird allerdings Harvey im Ameisenkostüm sein, der die Leute im Saal erschrecken wird. Außerdem engagierte Woolsey zwei befreundete Schauspieler, die die Bürger der Stadt gegen den Film aufhetzen, um das Interesse weiter zu schüren. Sämtliche Werbemaßnahmen sind ein Erfolg und das Kino zur Premiere so voll wie noch nie zuvor. Harvey, der auch für die Pyrotechnik zuständig ist, rennt wie besprochen durch den Sall und sieht Sherryl in den Armen Stans. Völlig außer sich beginnt der psychisch labile Ex-Freund, die Premiere in ein gefährliches Chaos zu stürzen...

In "Matinee" verschmolz Regisseur Joe Dante nahezu alle seine bevorzugten Themen miteinander. Im Zentrum steht natürlich seine Leidenschaft für das Kino seiner Jugend, die sich besonders in dem liebevoll inszenierten 15 Minuten langen "MAnt"-Film äußert. Dante orientierte sich hier an Klassikern wie "Die Fliege", wobei die das Monster umgebende Handlung vor Plattitüden und Klischees nur so strotzt. Tribut wird in "Matinee" hauptsächlich dem B-Horrorfilmproduzenten William Castle gezollt, der in den 50ern und 60ern recht schwache Horrostreifen produzierte, diese aber mit einigen Effekten und Werbetricks teilweise erfolgreich vermarkten konnte. So wurden Zuschauern bei Bedarf Anaglyphenbrillen ausgehändigt, die angeblich besonders furchterregende Gestalten ausblenden konnten. Joe Dante beschäftigt sich in "Matinee" nicht nur mit dem Medium Film selbst, sondern auch mit seiner Wirkung auf die Zuschauer und als soziales Ereignis sowie die Rolle des Filmproduzenten und seine Funktion in der Gesellschaft. Woolsey erklärt mehrmals, dass seine Filme nicht vorzugsweise dazu dienen, Leute zu erschrecken, sondern ihnen stets das Gefühl von Stärke zu vermitteln, wenn sie den Film unbeschadet überstanden haben. Dabei trifft zusätzlich die fiktive Bedrohung des Filmmonsters auf das reale Angst schürende Eregnis des in greifbarer Nähe stehenden Atomkriegs. Auch in den zwischenmenschlichen Verhältnissen treffen verschiedene Sicht- und Denkweisen aufeinander. So stehen Sandra als aufgeklärte Tochter höchst toleranter Eltern und Gene einer Schar Gleichaltriger gegenüber, die nur an's "Rummachen" und "Flachlegen" denken oder spielt Woolsey die entrüsteten Bürger gegeneinander aus.
Wie so oft bei Joe Dante lebt der Film von einer überzogenen und leicht ins Groteske reichende Inszenierung, die auch nicht an einer gesunden Portion schwarzen Humors und bitterer Ironie spart. Die liebevolle Nachempfindung der frühen 60er Jahre trägt außerdem zu einem stimmungsvollen Filmerlebnis bei und sämtliche Schauspieler füllen die teils skurrilen Figuren sehr engagiert mit Leben.
Star des Films ist natürlich John Goodman als übergewichtiger Lawrence Woolsey, dem eine stets mürrische Cathy Moriaty als Lebensgefährtin beisteht. Jungdarsteller Simon Fenton spielt manchmal etwas zu verhalten, andererseits deckt es sich mit Genes Charakter während Lisa Jakub als aufgeweckte Sandra glänzt. Robert Picardo gibt einen herrlich paranoiden Theaterleiter und Dick Miller hat seinen gewohnten Gastauftritt als einer der beiden "Bürgerinitiativler". James Villemaire Harvey Starkweather gehört ebenfalls zu den besonders sehenswerten Charakteren des Films und die damals völlig unbekannte Naomi Watts hat einen kleinen Gastauftritt in einer albernen Familienkomödie.

"Matinee" bildet die bereits achte Zusammenarbeit zwischen Joe Dante und Jerry Goldsmith, den die Filme des Regiesseurs auch in seiner kreativen Durststrecke in den späten 80er Jahren zu mehr als soliden Leistungen inspirierten. Anfang der 90er Jahre fing sich Goldsmith wieder auf, verließ sich allerdings bis zu seinem letzten Film hauptsächlich auf gehobene Routine. Auch "Matinee" ist von dem späten Stil des Altmeisters deutlich geprägt, die zwar glatte aber dennoch unterhaltsame Komödienmusik hält - wie die meisten späten Arbeiten - dennoch einige schmucke Überraschungen bereit. Auch vom Klangbild entspricht die Musik Goldsmiths Spätwerk. Hauptsächlich orchestral und mit einigen elektronischen Einsprengseln versehen ist der Umgang mit dem durchschnittlich besetzten Orchester von einem durchsichtigen Satz geprägt. Für die sonnige Stadt Key West und das bunte Treiben darin schrieb der Komponist ein gewohnt schlichtes und heiteres Hauptthema, das oft als Melodie in den Streichern erklingt oder von einem flötenähnlichen Synthesizer gespielt wird. Auch Lawrence Woolsey erhielt sein eigenes Thema in Form einer fast ragtime-mäßigen Melodie der Holzbläser, die über einen behäbigen 6/8-Rhythmus der Fagotte erklingt und den gutmütigen Charakter sowie die massige Erscheinung des Filmproduzenten treffend in Töne fasst. Ein weiterer lyrischer Gedanke fungiert als Liebesthema und die Handlung rund um den psychisch labilen Harvey begleitet ein schleichender Swing-Rhythmus des Drumsets, gezupfter Kontrabass und einige jazzige Melodielinien der Blechbläser sowie kurze Klaviertupfer. In Bezug auf die Erscheinung Harveys, der fast aus der Grease-Verfilmung hätte entflohen sein können, ist die jazzige Vertonung zwar anachronistisch, spiegelt jedoch treffend die schleichende Bedrohung wider. Jenseits der thematisch geprägten Passagen schrieb Goldsmith zusätzlich einige interessante allein stehende Stücke wie den kräftigen Orchestermarsch für die Bereitmachung der Soldaten, dessen fanfarenartige Blechfiguren an ähnliche Motive aus "Twilight's Last Gleaming" erinnern oder die herrlich überdrehte Musik für den albernen Familienfilm über einen Mann, der zum Einkaufswagen wurde. Auch die noble Hornmelodie für Woolseys Anpsrache vor dem Kinopersonal gehört zu den Glanzstücken der Musik. Vergnügte Holzbläserfiguren und Streicherglissandi münden nach einigen klassischen Mickey-Mousing-Sequenzen in einen ausladenden Orchesterwalzer. Den ersten Auftritt Sherrys vertonte Goldsmith mit einem leicht poppigen Einschlag: hier legt sich eine zuckersüße Streichermelodie über einen verhaltenen Rhythmus des Drumsets und des Keyboards. Zum Schluss hin dreht die Musik angenehm auf und während der Panik im Kinosaal jagen sich hektische Streichermelodien über zirkusartig treibende Rhythmen des Schlagzeugs und der Blechbläser, gewürzt von einigen Tutti-Schläggen des Orchesters.
Der "MAnt"-Film selbst wurde von verschiedenen Auszügen aus Originalhorrorfilmmusiken der 50er Jahre unterlegt, die sich auf dem Album "Themes from Horror Movies" finden und von Dick Jacobs eingespielt wurden. Die Musik Jerry Goldsmith wurde von Varèse-Sarabande veröffentlicht, wobei das Album mit 37 Minuten Laufzeit überdurchschnittlich viel Musik enthält. Allerdings ist die Auswahl der Stücke nicht durchweg gelungen, da der Schwerpunkt hauptsächlich auf dem von den Themen geprägten Material liegt und sich ein sehr einseitiges Hörerlebnis einstellt. Auf interessante Passagen wie den militaristischen Marsch oder die Komödienmusik wurde zugunsten variationsarmer Wiederholungen des Hauptthemas oder des Woolsey-Materials verzichtet. Es bleibt also zu hoffen, dass irgendwann einmal eine erweiterte Fassung von "Matinee" erscheint, denn auch wenn es sich hier um eine größtenteils routinierte Musik handelt kann die Vertonung hin und wieder mit einigen netten Einfällen punkten.

 

 

1994

 

Angie

"Angie" ist definitiv einer dieser Filme, die dem Zuschauer verkaufen wollen, dass es so oder so ähnlich hätte passieren können und passiert, die dem Zuchauer das ganz normale Leben verkaufen wollen mit all seinen Höhen und Tiefen aber letzten Endes nur aus den Vollen schöpfen, damit auch ja kein Auge trocken bleibt - in beiderlei Hinsicht. Protagonistin des Films ist Angela, die in einem italienischen Viertel in Brooklyn in einer sehr kleinbürgerlich strukturierten aber nicht unsymphatischen Umgebung aufwächst. Als sie von ihrem langjährigen Freund Vinnie ungewollt schwanger wird und in einem Museum den Yuppie-Anwalt Ned kennen lernt fragt sie sich plötzlich, ob das Leben nicht mehr zu bieten hat und lehnt Vinnies Antrag ab, führt eine immerhin sieben Monate dauernde Affäre mit Ned, der sie aber kurz vor der Geburt sitzen lässt. So weit, so gut, doch hier überschlagen sich die Ereignisse: Angies Kind kommt körperlich behindert zur Welt und akzeptiert anscheinend nicht seine Mutter, weshalb Angies Stiefmutter auf die Idee kommt, das Kind heimlich zu säugen um so über ihre frühere Fehlgeburt hinwegzukommen. Angie reißt aus und fährt runter nach Texas, um ihre leibliche Mutter zu suchen, die sich dann als schizzophren entpuppt. Daraufhin erfährt Angie, dass ihr Kind im Koma liegt und fährt wieder rauf nach Hause um endlich Verantwortung für sich und das Kind zu übernehmen.
Das Konzept des „kleinen aber feinen Films über die Liebe und das Leben“ stoplert spätestens ab der Affäre mit Ned über die unglaubwürdige Handlung, die sich zu einem viel zu kruden Hürdenlauf der Schicksalsschläge entpuppt. Immerhin wird der Film dadurch nicht langweilig, aber trotzdem verzweifelt man an seiner Verkrampftheit und fragt sich zudem, warum all die Nebencharaktere in den Film geworfen werden ohne dass weiter auf sie eingegangen wird, So ist die schlecht laufende Ehe zwischen Angies bester Freundin und ihrem arbeitslosen Mann völlig unerheblich, das schlechte Verhältnis zwischen Angie und ihrer Stiefmutter wird gar nicht erläutert und wenn Ned nur eine Frau zum Spielen haben wollte: Warum holt er sich dann eine vulgäre schwangere Frau in sein Loft ohne dass seine Frau (Natürlich ist dieser gemeine Kerl verheiratet) etwas bemerkt? Der Film ist leider zu platt, zu wenig subtil und zu bunt, als dass man ihm nur eine Minute glauben kann und letzten Endes wartet man nur noch auf das ultimative plattitüdenhafte Symbol, dass Angie sich die Haare schneidet, um einen neuen Lebensabschnitt zu symbolisieren - und auch das passiert sogar...auch noch in einer texanischen Raststättentoilette.

Was auch immer Jerry Goldsmith an diesem Film fand - ihm lag dieses Projekt anscheinend am Herzen wie sich dem Booklet des Albums von Varèse-Sarabandes entnehmen lässt. Wirklich überzeugend ist seine Musik jedoch nur teilweise und das liegt hauptsächlich am Thema der monothematisch aufgebauten Musik. Goldsmith wollte für Angie ein folkloristisches Thema schreiben doch leider erinnert das Thema besonders in der Instrumentierung mit Akkordeon und E-Bass sowie den zu der Zeit unvermeidlichen Glockensynthies eher an poppige deute volkstümelnde Musik denn als aufgeweckte italienische Musik, die immerhin kurz in Form einer Tarantella anklingt. Die Musik ist eher besinnlich und klein angelegt, da weder Regiesseurin Martha Coolidge noch der Komponist einen dicken großorchestralen für angemessen hielten - zu Recht. So finden sich inmitten der mehr oder weniger interessanten Variationen des Hauptthemas einige besinnliche und intime Momente wie ein wundervolles Englishorn-Solo oder ein rührendes Stück für Streicher und Klavier für die Besprechung nach der Geburt des behinderten Kindes. Doch erst als Angie sich auf den Weg nach Texas macht, wird Goldsmiths Musik um Einiges griffiger und stärker. Er etabliert hier eine Fünftonleiter, die als Ostinato fungiert und setzt ein drängendes Trompetensolo drüber. Die Musik für die letzten 20 Minuten des Films sind wieder sehr zurückhaltend aber stimmungsvoll und einfühlsam gestaltet, bevor der Abspann mit jener unpassenden konzertanten Suite mit Trompetensolo und Akkordeon unterlegt wird.
Des Weiteren wurden - wie z.B. für den Vorspann - zeitgenössische Songs verwendet, die sich in ihrer knalligen krachigen 90er Charakteristik an Geschmacklosigkeit überbieten (wie die pinke Schrift des Vorspanns auch) und wahrscheinlich die schlimmsten Minuten der Filmgeschichte unterlegen, als Geena Davis als schwangere Angie in einem Santa-Kostüm auf den Tischen einer Betriebsfeier tanzt (Man muss es gesehen haben um zu glauben, zu was für grausamen Bildern Menschen und Regiesseure fähig sind).
Der größte musikalische Lichtblick ist wahrscheinlich der stets wiederkehrende Ausschnitt aus Massenets Ballett "Thais" - einer spätromantisch triefigen und üppigen Musik mit anmutigem Violinensolo über Harfe, die in ein fulminantes Orchester-Tutti mündet.

 

 

Bad GirlsBöse Mädchen

 

Cody Zamora leitet in einer kleinen Grenzstadt in Texas ein Bordell. Hier arbeiten Lilly Laronette, die Tochter eines Kunstreiters, Eileen Spenser, eine Rancherstochter, die von sich behauptet, sie wäre eine Lady aus den Südstaaten und Anita Crown, die als Siedlerin ihren Mann verlor und sich von keinem ihrer Freier küssen lässt. Dies wird ihr eines Tages zum Verhängnis, als ein Freier sie deswegen zu verprügeln versucht. Cody schreitet ein und erschießt den Kunden in Notwehr, worauf die von einem Wanderprediger aufgehetzten Bürger der Stadt die Bordellbesitzerin lynchen wollen. Lilly, Eileen und Anita können ihr in letzter Sekunde zu Hilfe eilen und fliehen. Da Anita von ihrem Mann einen Besitzschein für ein Stück Land und die vier Frauen beschließen, einen Neuanfang zu wagen und mit einer Sägemühle Bauholz für die in das Land strömenden Siedler zu verkaufen. Das Startkapital sollen Codys Ersparnisse von den Bordell-Einnahmen sein und die vier begeben sich in die nächste Stadt, um das Geld abzuheben. Allerdings wird die Bank gerade zu dieser Stunde von dem Banditen Kid Jarret überfallen, der auch Codys zwölftausend Dollar raubt. Sie und Jarret waren früher einmal ein Paar und der Bandit hofft, sich auf diese Art und Weise an seiner ehemaligen Freundin dafür rächen zu können, dass sie ihn verließ. Tatsächlich macht sich Cody auf, um das Geld von ihm zurück zu holen, doch sie wird schlimm von ihm geprügelt und in der Wildnis ausgesetzt. Der mysteriöse Fremde Josh McCoy, der eine offene Rechnung mit Kid Jarrets Vater zu begleichen hat, hilft der Erschöpften und bringt sie zu einer chinesischen Kräuterfrau. Jarret verriet Cody bevor er sie verprügelte von seinem Plan, einen Armeetransport zu überfallen und ein modernes Maschinengewehr für Juarez zu erbeuten. Die vier Frauen beschließen mit McCoy, dem Banditen beim Überfall eine Falle zu stellen und tatsächlich können sie die Banditen in die Flucht schlagen und Jarrets Vater entführen, doch bevor er flieht, kann Kid Jarret Lily und seine Gewalt bringen. Als McCoy dessen Vater im Zorn erschießt, fällt ein Geiselaustausch flach und die Situation für die entführte Lily scheint ausweglos…  

 

In den 80er Jahren waren klassiche Hollywood-Stoffe wie der Sandalen-, Ritter- oder Abenteuerfilm genauso von der Leinwand verschwunden wie der Western, bis nach und nach zumindest der Piratenfilm (mit „Cutthroat Island“) und besonders der Western durch neue Ansätze in den 90ern wieder zum Leben erweckt wurden. Neben dem Versuch, den Wilden Westen möglichst genau einzufangen, wie in „Der mit dem Wolf tanzt“, waren im Zuge der Gleichberechtigung auch mehr weibliche Protagonistinnen in klassischen Männerrollen – wie Gena Davis’ Piratenkönigin – zu sehen. „Bad Girls“ wartet dabei gleich mit vier starken Heldinnen auf, von der jede einen bestimmten Typ bedient. Ursprünglich noch viel drastischer angelegt, wurde das Drehbuch etwas entschärft und die feministischen Aspekte reduziert. Somit entstand ein recht unterhaltsamer solider B-Streifen, der zwar viele Western-Klischees wie Bank- und Zugüberfälle sowie Duelle bedient, insgesamt aber etwas bemüht und streckenweise verkrampft herüber kommt. Besonders die Dialoge wirken wie ein Sammelsurium aus den klischeehaftesten Sprüchen, die man nur in einem Western hören kann. Bei den Hauptdarstellerinnen ist für jeden etwas dabei: Madeleine Stowe spielt die herbe Bordell-Besitzerin Cody, Andie MacDowell die elegante und liebenswerte Eileen, Mary Stuart Masterson überzeugt als anständige und bodenständige Anita und Drew Barrymoore als Lily dürfte wahrscheinlich einer der wenigen wirkungsvollen Publikumsmagneten gewesen sein. James Russo scheint seine Rolle des Kid Jarrett deutlich Spaß zu machen, James LeGros als treuer Farmer William und Dermont Mulroney als Josh McCoy stehen den Damen im Kampf gegen das Böse bei. Zu den herausragenden Aspekten des Films zählt die eindrucksvolle Fotografie von Kameramann Ralf D. Bode, der dem Film durch tolle Farben und beeindruckende Einstellungen einen sehr noblen Anstrich verpasst. Insgesamt weiß „Bad Girls“ als solider B-Streifen auch heute noch zu unterhalten, einen großen künstlerischen Wurf oder gar eine Bereicherung für das Genre sollte man allerdings nicht erwarten.

 

 „Bad Girls“ ist der allerletzte Beitrag Jerry Goldsmiths zum Western. Brachte er in den 60er und 70er Jahren frischen Wind in die Vertonungsansätze des Genres, das sich zumeist auf den ausgetretenen Pfaden von Copland-inspirierter konservativer Americana bewegte, konnte der Komponist das künstlerische Niveau seiner früheren Klangschöpfungen nicht ansatzweise erreichen. Die Musik ist größtenteils orchestral gehalten und mit den für die damalige Zeit unvermeidlichen elektronischen Einsprengseln angereichert, die sich größtenteils auf einige Effekte innerhalb der Actionszenen beschränken. Die Komposition schwächelt bereits in der Vorspannmusik, die das Hauptthema einführt – eine seichte und austauschbare Melodie, die ohne große Schwierigkeiten in einer der vielen Drama-Musiken, die Goldsmith in dieser Zeit komponierte, eingesetzt hätte werden können. Zusätzlich hat das Arrangement mit der in den 90er Jahren beliebten Western-Gitarre, die allerdings heute stark gealtert ist, und völlig deplatziertem Synth-Klavier mit Lagerfeuerromantik auf offener Prärie genau so wenig gemeinsam, wie eine lärmernde Straßenkreuzung einer Großstadt bei grellem Tageslicht. Neben einigen kleineren motivischen Schöpfungen zieht sich das Hauptthema wie ein roter Faden durch die Partitur, wird dabei routiniert aber wenig interessant variiert. Mal erklingt es im English-Horn über seichte Streicherteppiche, mal als kräftige Blech-Melodie in den Actionpassagen. Diese sind ebenfalls äußerst schablonenhaft geraten und hätten auch in „The River Wild“ Platz gefunden: durch ungerade Rhythmik geprägte Ostinati in den dreifach oktavierten Stakkato-Streichern, einige Linien der Blechbläser und Schlagwerkeinwürfe verleihen der Musik leider nicht das erhoffte Tempo, weil schlicht und ergreifend der frische Ansatz fehlt. Zu oft hat man von Goldsmith bereits diese Elemente gehört, die hier in ihrer einfachsten Gestalt erklingen und denen das gewisse Etwas vollkommen abgeht. Die Einfallslosigkeit schlägt sich an anderer Stelle nieder: Für das Motiv, das den beiden Pinkerton-Detektiven zugeordnet ist, die Jagd auf die vier Frauen machen, bediente sich der Komponist aus seinem eigenen Fundus: Das fünfnötige Actionmotiv aus „First Blood“ wird hier zu einer brachialen Paukenfigur umgewandelt, ist aber in der Gesamtwirkung nicht der Rede wird. Zum Filmstart erschiene eine knapp 40 Minuten lange Präsentation der Musik auf CD, die bald vergriffen war, sodass Lalaland Records 2011 die vollständige Filmmusik als limitierte Edition veröffentlichte. In der längeren Fassung ist die Musik allerdings noch zäher und unterstreicht den Eindruck, dass Goldsmith entweder nicht besonders engagiert bei der Sache war, oder ihm schlichtweg nichts Neues mehr einfallen wollte. Letzten Endes ist „Bad Girls“ nur etwas für Komplettisten und sollte sonst zu Gunsten der besseren früheren Western-Musik gemieden werden.

 

 

The Shadow - Shadow und der Fluch des Khan

Yin-Ko ist der Schrecken Tibets. Der Amerikaner Lamont Cranston hat sich nach dem ersten Weltkrieg nach Asien abgesetzt, wo er ein gewaltiges Drogenimperium errichtet hat und unter der Bevölkerung des Landes Furcht und Schrecken anrichtet. Da erhält er von dem Tulku, einem heiligen Mann, eine Chance, denn der Tulku kennt Cranstons wahre Identität und weiß, dass in dem brutalen Verbrecher ein guter Kern verborgen ist. Mit der Hilfe des weisen Mannes erlernt Lamont Cranston, die Gedanken seiner Mitmenschen zu lesen und zu trüben. Ausgestattet mit dieser mächtigen Kraft macht sich der gebürtige New Yorker in seine Heimat auf, um nun als maskierter Held „Shadow“ die Straßen von dem Bösen zu säubern und wirbt unter den geretteten Bürgern hilfreiche Agenten an. Da kommt bald die größte Herausforderung an den phantomhaften Helden der Stadt zu: Der letzte Schüler des Tulku – ein direkter Nachfahre Dschingis Khans – hat sich eines rennomierten Wissenschaftlers bemächtigt, der ihm eine gefährliche Waffe bauen soll, mit deren Hilfe Shiwan Khan die Weltherrschaft an sich reißen kann. Shadow sieht sich doppelt herausgefordert, die finseteren Machenschaften seines Gegenspielers zu verhindern, denn der Wissenschaftler in seiner Gewalt ist zugleich der Vater der schönen Margo Lane…

Als 1989 Tim Burtons „Batman“ von Warner Brothers an den Kinokassen Erfolge feierte, sollte auch bei Universal Pictures ein Superheldenfilm realisiert werden. Da kam es gerade recht, dass Produzent Martin Bregman bereits acht Jahre zuvor die Rechte an „The Shadow“ gekauft hatte und fand in Autor David Koepp einen Liebhaber, der schon als Kind die Radiosendungen verfolgte und somit die perfekte Vorraussetzung erfüllte, dem Comichelden ein angemessenes Drehbuch zu schreiben. Große Erwartungen wurden mit dem von Russel Mulcahy gedrehten Film seitens des Studios verknüpft, denn man hoffte, durch einen Erfolg weitere Fortsetzungen produzieren zu können. Doch „Shadow und der Fluch des Khan“ wurde den Erwartungen nicht annähernd gerecht, nie wieder durfte er auf der Leinwand das Böse bekämpfen und kaum eine die geplanten Merchandise-Produkte erblickten nie das Licht eines Spielzeugladens oder Kinderzimmers.
Das allerdings macht den Film an sich nicht schlecht, vielmehr wird deutlich, wie viel Mühe sich Autor, Produzent und Regisseur gaben, dem Vorbild gerecht zu werden. Der Film schämt sich glücklicherweise keine Sekunde, eine Comicverfilmung zu sein und besticht durch seinen naiven Charme sowie die zwar stilisierten aber detailverliebten Kulissen und Kostüme, die dem Zuschauer New York der 20er Jahre vor Augen führen. Die größtenteils animierten Spezialeffekte sind heutzutage natürlich längst überholt, dürften damals allerdings recht überzeugend gewesen sein. Alec Baldwin als anfänglich skrupelloser Drogenbaron, der sich später zum charmanten Großstadt-Playboy mit Geheimidentität verwandelt, macht seine Sache ebenso gut wie Penelope Ann Miller als mysteriöse Margo Lane. John Lones Shiwan Khan bleibt an sich etwas blass, ist aber durch seine mongolischen Krieger sehr wirkungsvoll in Szene gesetzt und Ian McKellen als Dr. Reinhardt Lane liefert wie gewohnt tadellose Arbeit.
Insgesamt ist „Shadow und der Fluch des Khan“ nicht das große Kino, das er vielleicht sein sollte, aber vielleicht macht auch gerade dieser solide B-Film-Charakter diesen Film heute noch so unterhaltsam. Einer Fortsetzung bedarf es tatsächlich nicht, aber ein Abend lässt sich ohne Probleme und Langeweile durchaus mit diesem Film füllen.

Komponist Jerry Goldsmith hat in den 50 Jahren seiner Karriere fast jedes Genre vertont, allerdings stehen gegen unzählige Thriller, Actionfilme und Dramen nur zwei Superheldenfilme: „Supergirl“ und „The Shadow“. Die erste Hälfte der 90er war im Schaffen des Komponisten hauptsächlich von der Vertonung kleinerer Dramen, Komödien und Thriller bestimmt, sodass „The Shadow“ eine willkommene Abwechslung im Spätwerk Goldsmiths darstellt. Auch, wenn – wie so oft – in dieser Musik eine gewisse Portion Routine mitschwingt, so handelt es sich dennoch um eine unterhaltsame und erfrischende Partitur, die dem Film sehr zu Gute kommt. Die Musik ist sehr orchestral und leitmotivisch konzipiert, allerdings verzichtet Goldsmith nicht auf elektronische Hilfsmittel, die allerdings hauptsächlich zum tragen kommen, um übernatürlich Geschehnisse oder Traumsequenzen untermalen. Für den Helden komponierte Goldsmith ein Hornthema, das sowohl heroisch klingt als auch über einen gewissen mysteriösen und geheimnisvollen Touch verfügt. Der einzige Kritikpunkt, den man äußern könnte wäre, dass dieses Thema bei jeder Gelegenheit ausgespielt und kaum variiert wird. Margo Lane wird durch ein lyrisches aber sehr subtiles Thema charakterisiert während Shiwan Khan eine bedrohliche Melodie zugeschrieben bekommt, die mal archaisch in den Holzbläsern über donnernde Perkussion oder als nobler Blechchoral erklingt. Überhuapt fällt der ungewohnt massive Gebrauch exotischen und westlichen Schlagwerks für Shiwans Machenschaften auf, die der Musik eine weitere starke Facette verleihen. Die Actionmusik ist – ausnahmsweise – nicht durch ungerade Taktarten, sondern hauptsächlich in ein 6/4-Metrum gegliedert. Zum Filmstart erschien ein werbewirksam konzipiertes Album bei Arista Records, welches kurze Ausschnitte aus der Radiosendung mit Orson Welles, Songs aus dem Film und eine rund halbstündige Portion von Goldsmiths Filmmusik enthielt.
Da das Album schon länger vergriffen ist und Goldsmith über eine Stunde Musik für den Film einspielte wäre „The Shadow“ ohne Frage eine Musik, bei der sich eine Expandierung ohne Frage lohnen würde, da das Album viele unterhaltsame Passagen der Musik nicht enthielt.

 

 

The River Wild - Am Wilden Fluss

Gail war einst Führerin am Salmon River in Idaho und lebt jetzt mit ihrem Mann Tom und den beiden Kindern Willa und Roarke, der Geburtstag hat, in Bosten. Aus diesem Grund unternimmt das Paar, in dessen Ehe es schon länger kriselt, mit seinem Sohn eine Tour den Salmon River hinunter. Zu Beginn begegnen sie Wade und Terry, die mit ihrem Führer Frank ebenfalls dieselbe Route nehmen wollen. Als sich Frank jedoch angeblich eines Nachts davongeschlichen hat, schließen sich Wade und Terry der Familie an, doch Tom gefällt gar nicht, dass sich die oberflächliche Bekanntschaft zwischen seiner Frau und Wade zu Freundschaft zu entwickeln scheint und auch sein Sohn lieber mit den fremden Männern Zeit verbringt. Nach und nach kippt die Stimmung und die beiden Fremden werden immer forscher und dreister, bis sie ihre Maske fallen lassen: Sie haben gemeinsam mit Frank eine Viehauktion überfallen und den Salmon River als Fluchtweg ausgewählt. Frank jedoch war verwundet und wurde von den beiden getötet, sodass sie nun einen neuen Führer durch die gefährlichen Stromschnellen in der "Höllenschlucht" brauchen nämlich Gail. Mit Tom und Roarke als Geiseln soll sie die Verbrecher sicher leiten...

Curtis Hansons "River Wild" ist ein unterhaltsamer, wenn auch nicht überaus spektakulärer Film, der auch heute insbesondere wegen der herrlich fotografierten Landschaftaufnahmen sehenswert ist. Auch die Spannung zwischen den einzelnen Charakteren wird glaubhaft rübergebracht und der Spannungsbogen von Szene zu Szene dezent aber kontinuierlich angezogen. Die recht klischeehaften Elemente wie die familiären Probleme des Ehepaares Hartman (Meryl Streep & David Strathairn) sowie die klassische Aufteilung der Bösewichte in den skrupellosen Fiesling (Kevin Bacon) und den dumpfen Schläger (John C. Reilly) wird besonders durch die rasanten Stromschnellen-Actionszenen wettgemacht, die man so eher selten zu sehen bekommt. Insgesamt bietet "Am Wilden Fluss" eine recht spannende Unterhaltung, die zwar viele Thriller-Strickmuster bedient, aber durch eine originelle Lokalität und wundervolle Fotografie überzeugt.

Um die Musik zu "River Wild" ranken sich einige Gerüchte um sogar zwei abgelehnte Musiken, von denen immerhin die zweite Fassung von George Delerue  in einer rund 10 minütigen Aufnahme existiert. Letzten Endes steuerte allerdings Jerry Goldsmith die Filmmusik bei und verwendete als Hauptthema das aus dem Jahre 1724 stammende Lied "The River Wild" - eine sehr lyrische Melodie, die für Gails Charakter steht und den Film in einer gefühlvollen Variation für Harfe und Flöte eröffnet. Goldsmith selbst steuerte zu seinem Hauptthema noch zwei weitere Motive bei: Zum einen eine Akkordfolge für Streicher und Bläser von großem Gestus für die prachtvolle Natur sowie ein markantes Actionmotiv, das das erste Mal erklingt, als Wade droht zu ertrinken und schrill von der Trompete vorgetragen wird.
Besonders die ruhigen und besinnlichen Momente erinnern oft an ähnliche Musiken des Komponisten aus dieser Zeit wie das sanfte Hauptthema, das von der Flöte gespielt wird oder auch die gesampelten indianischen Flöten, die man bereits in "Poltergeist II" zu hören bekam. Umso interessanter ist es, dass der Komponist für die Spannungs- und Actionpassagen einen eigenständigen Ansatz wählte, als wie so oft auf in dem Klavier und den tiefen Streichern treibenden Ostinati zu setzen. Stattdessen pulsieren in "The River Wild" oftmals die gezupften Streicher, die von sorgfältig gestimmtem Schlagwerk (Tomtoms, Congas, Pauken) durchsetzt sind. Geht es heftiger zur Sache, verwendet Goldsmith entweder das über flirrende Streicher gelegte Trompetenmotiv oder beruft sich auf prägnante aber sehr rhythmische Bläser- und Schlagzeugakzente.
Mitte der 90er ging der Anteil der elektronischen Elemente wesentlich zurück sodass auch diese Musik größtenteils orchestral daher kommt, aber stets mit einigen elektronischen Einsprengseln versehen ist. Besonders auffällig ist ein hart zischendes Geräusch, das später auch in "Executive Decision" als Unterstützung der kleinen Trommel zum Einsatz kam und heute mehr als veraltet erscheint und in seiner heftigen Präsenz sogar im Filmmix selbst störend auffällt. Ansonsten gelingt es Goldsmith leider nicht, durch sein recht originelles Konzept des pulsierenden Streicherpizzicati einen musikalischen Spannungsbogen zu kreieren oder der Idee immerhin ansatzweise neue Seiten abzugewinnen, sodass sich besonders die letzte rund zehnminütige Actionmusik als alleinstehender Hörgenuss als recht zäh erweist.
Die Musik zu "River Wild" verfügt somit also über einen eigenständigen Charakter zur Zeit der "Basic-Instinct"-Restverwertungen, kommt aber trotzdem nicht über sauber gearbeitete Routine hinaus und leidet streckenweise unter unnötiger Elektronik. Interessanterweise nahm auch der Komponist viele elektroniklastige Suspense-Passagen nicht mit auf das Album, welches zur Zeit des Films bei RCA Victor verlegt wurde und mittlerweile vergriffen ist. Da momentan einige 90er-Musiken erweitert bei Lalaland aufgelegt wurden wäre ebenfalls zu hoffen, dass auch "River Wild" mit einer vollständigen Veröffentlichung - am Besten mit den abgelehnten Musiken - bedacht wird, denn interessanter als "Malice", "Nicht ohne meine Tochter" oder "Last Castle" ist diese Musik allemal.

 

 

I.Q. - Liebe ist relativ

Die hübsche, junge Catherine Boyd arbeitet an ihrer Dissertation in Mathematik an der Princeton University und ist mit dem Professor der experimentalen Psychologie, James Moreland, verlobt. Bei Catherines Onkel, niemand geringerem als Albert Einstein, der sich seit dem Tod ihrer Eltern um seine Nichte kümmert, stößt diese Beziehung allerdings auf wenig Verständnis, denn Einstein und seine Freunde, die bedeutenden Physiker Nathan Liebknecht, Kurt Gödel und Boris Podolsky haben große Probleme, ihre geliebte Catherine als zukünftige Frau des zwar eloquenten und intellektuellen, aber äußerst überheblichen und arroganten Moreland zu sehen. Außerdem können die Physiker keinen Respekt für dessen Arbeit empfinden. Als eines Tages sein Auto fast auf der Straße liegen bleibt, müssen er und Catherine bei einer kleinen Werkstatt halt machen. Der intelligente Automechaniker Ed Walters verliebt sich auf den ersten Blick in die hübsche Blondine, und auch sie scheint interessiert, verleugnet ihre Gefühle jedoch von Anfang an. Ed und seine Kollegen teilen den Verlobten mit, dass das Auto in wenigen Tagen repariert werden könne und als Catherine vom Büro aus ein Taxi ruft, vergisst sie dort die Taschenuhr ihres Vaters. Ed macht sich sofort auf den Weg, um seiner großen Liebe das Erinnerungsstück an ihren Vater zurück zu bringen und staunt nicht schlecht, als an ihrer statt Albert Einstein die Tür öffnet und ihm drei der größten Physiker vorstellt. Ed, der sich in seiner Freizeit gerne mit Physik und Astronomie beschäftigt, scheint den vier Herren sofort sympathisch zu sein und schon bald spüren sie, dass der junge Mann in Catherine verliebt ist. Die Chance witternd, sie endlich dem schmierigen James Moreland entreißen zu können, fassen die Männer einen Plan: Einstein entwarf vor mehreren Jahren eine Theorie für ein mit kalter Fusion betriebenes Raumschiff, doch seine Berechnungen enthielten einen Fehler, den er jedoch partout nicht fand, sodass er den Aufsatz nicht veröffentlichen konnte. Als vermeintliches Physikgenie soll nun Ed die Theorie der Öffentlichkeit vorstellen, der befürchtet, er könne als Automechaniker nicht Catherines Ansprüchen genügen. Der Vortrag wird positiv aufgenommen, scheint aber mehrere Steine ins Rollen gebracht zu haben. Nicht nur, dass Ed von nun an gezwungen ist, Catherine zu belügen und Moreland immer misstrauischer wird. Auch Präsident Eisenhower hat von der Theorie erfahren und den Russen angekündigt, Amerika werde noch dieses Jahr ein mit kalter Fusion betriebenes Raumschiff ins All schicken...

Eine Liebeskomödie mit Albert Einstein? Dieser Stoff hat das Zeug zu einem wirklich interessanten Film, oder aber auch die Möglichkeit, rigoros zu scheitern. Fred Schepisis "I.Q. - Liebe ist relativ" ist überraschend unaufregend und harmlos geraten. Nicht allzu temporeich, aber dennoch ohne Längen, schick gefilmt und gut gespielt, bietet der Film insgesamt passable Unterhaltung, allerdings verschwendet er seinen historischen Rahmen leider zu Gunsten herkömmlicher Klischees und stets nervender Plattitüden. Dabei sind die vielen historischen Ungereimtheiten wie das falsche Alter der vier Freunde, die im Film etwa gleichaltrig sind, obwohl sie und Einstein rund 20 Jahre voneinander trennten oder natürlich die rein fiktive Figur der Nichte Catherine viel weniger oder nahezu gar nicht störend, als die äußerst plakative Inszenierung dieser Figuren. Die vier Physiker werden durchgängig als durch die Gegend spazierende Grübler dargestellt, die ständig irgendwelchen bedeutungsschwangeren theoretischen Ansätze formulieren, die vielleicht für einen Grundschüler verzwickt und höchst intelligent klingen mögen, jedoch innerhalb von Sekunden als wenig gehaltvolle Plattitüden entlarvt werden können. Die unnötige Bemerkung, dass große Denker natürlich niemals in der Lage sind, alltägliche Dinge wie das Wechseln einer Glühbirne zu vollziehen und dass sich die "verrückten Wissenschaftler" regelmäßig aufführen wie kleine Kinder, dürfte die verzerrten Ansichten Krethis und Plethis bestätigen, aber ob eine Vertiefung unnötig etablierter Klischees nötig ist, steht auf einem ganz anderen Blatt, zumal man damit den wahren Personen und allgemein großen Köpfen zu Gunsten einiger kleiner Späßchen nicht gerecht wird. Natürlich hat "I.Q." nicht den Anspruch, eine Dokumentation über die Zeit und ihre großen Physiker zu sein, dennoch wäre etwas mehr Respekt und ein wenig mehr Tiefgang in den intellektuellen Bereichen angebracht, denn auch, wenn die ganze Zeit in wenig sinnvollen, dafür aber klug klingenden Variablen fabuliert und gemurmelt wird, ist der bildende Nährwert gleich Null.
Dennoch scheinen sämtliche Beteiligten wirklich Spaß an der Sache gehabt zu haben und das überträgt sich Gott sie Dank auch auf den Zuschauer.
Tim Robbins und Meg Ryan geben ein äußerst charmantes Leinwandpaar ab, dem ein herrlich schmieriger und arroganter Stephen Fry entgegen gestellt ist. Neben Fry bleibt natürlich auch besonders der grandios besetzte Walter Matthau als Albert Einstein in Erinnerung. Er spielt den Physiker mit viel Witz und Augenzwinkern, dabei jedoch nie übertrieben. Auch in den Nebenrollen sind sämtliche Darsteller mit Elan dabei. Gene Sacs, Lou Jacobi und Joseph Maher geben ein vortreffliches Physikergespann und Tony Shalhoub glänzt als unternehmungslustiger Werkstattbesitzer.
"I.Q." ist somit eine nach dem klassischen Schema F funktionierende Liebeskomödie, die ihr besonderes Potential allerdings all zu deutlich verschenkt. Diese Schwäche wird jedoch mit der Spielfreude sämtlicher Darsteller fast wett gemacht.

Für die Musik wurde der Komponist Jerry Goldsmith verpflichtet, der in den späten 70er und frühen 80er Jahren sein Zenit erreicht hatte und der sich besonders durch seinen modernistischen Stil und seine kompromisslose und gradlinige Vertonung von Actionfilmen sowie äußerst raffinierte Partituren für Thriller und Science-Fiction einen Namen machte. 1984 lotete Goldsmith sein klangliches Verhältnis in der Musik zu Joe Dantes "Gremlins" in Hinblick auf das Gleichgewicht zwischen akustischen und elektronischen Elementen neu aus, sodass mit "King Salomon's Mine" ein Jahr später die letzte rein orchestrale Partitur für eine lange Zeit entstand. Viele seiner Musiken in den späten 80ern und frühen 90ern waren von musikalischer Einfallslosigkeit und Belanglosigkeit geprägt, bevor sich Goldsmith aus diesem kreativen Tief wieder erholte und in den 90ern weitere interessante Filmmusiken schuf, die aber fast alle von einem stark routinierten Stil und einer Satztechnischen Schlichtheit geprägt sind.
Während Goldsmith ab den späten 80er Jahren und besonders wegen der Zusammenarbeit mit Joe Dante mehrere Komödien mit gewitzten und kreativen Musiken vertonte, so ist "I.Q." jedoch äußerst blass geraten. Neben einer großen Streichergruppe standen dem Komponisten einige Bläser, Harfe, Klavier, Keyboard und Schlagzeug inklusive Drumsets auch ein Saxophon zur Verfügung. Als Hauptthema greift der Komponist auf die berühmte Melodie des französischen Liedes "Ah! vous dirai-je, Maman", das besonders durch Mozarts Klaviervariationen Köchelverzeichnis 265 Berühmtheit erlangte und in vielen Sprachen mit unterschiedlichen Texten versehen wurde. Diese Melodie erklingt nahezu immer in der Solovioline und nimmt damit Bezug auf Einsteins Betätigung als Freizeitgeiger, allerdings wandelte Goldsmith die Melodie ein bisschen ab und lässt sie auch als Frage-Antwort-Spiel zwischen der Solovioline und den Tuttistreichern erklingen. Außerdem komponierte er ein für die damalige Schaffenszeit typisches schlichtes Liebesthema, das hauptsächlich von den klassischen glockenhaften Keyboardklängen intoniert wird. Den Geist der Zeit fängt Goldsmith musikalisch mit einigen poppigen Einlagen mittels Shufflerhythmen des Drumsets, rörigen Saxophonsoli, Hammondorgelsampeln und einigen Frauenstimmen, die hier und da synchopisch "Du - wab!" einwerfen. Jenseits dieser dreieinhalb musikalischen Ideen operiert die Musik für mehrere komödiantische Augenblicke mit den bloßen Harmonien, die von der Streichergruppe gezupft werden, einigen unspektakulären Violinsoli und die auf der Liedmelodie basieren. Durch die äußerst simple Harmonisierung der Melodie und die schablonenartigen Rock'n'Roll-Einlagen enthält die Musik nahezu keine persönliche Note entspricht dem ebenfalls unzählige Klischees bedienenden Film. In Verbidnung mit den Bildern funktioniert die Musik wunderbar, doch als alleinstehendes Erlebnis bleibt "I.Q." mehr als blass.
Daher ist auch zu verstehen, warum es zum Filmstart keine Veröffentlichung der Musik gab, sodass die Aufnahmen erstmals zehn Jahre später in Form einer dubiosen "10th anniversary Edition" von dem Phantasielabel "Innerspace Music Enterprises" zusammen mit den Scoreportionen zu "Innerspace" des Geffen-Albums und einem Bonustitel aus "Explorers" zugänglich wurde. Neben der kompletten Musik enthielt diese CD auch zwei Source-Stücke. Erstmals offiziell erhältlich wurde die Musik 2009 zusammen mit "Seconds" auf einer limitierten Edition von Lalaland Records. Viele der kurzen Stücke wurden zu längeren Suiten zusammengefasst und statt der beiden Source-Musiken enthält die Lalaland-CD zwei alternative Fassungen zweier Stücke.
Die Musik wird durch diese Änderungen jedoch keinesfalls unterhaltsamer. Goldsmith schuf hier eine äußerst funktionale Filmmusik ohne musikalischen Nährwert, die besonders unter der Abwesenheit eines prägnanten Hauptthemas vom Komponisten und der Schablonenhaftigkeit ihrer stilistischen Elemente leidet und somit auf CD ein äußerst unbfriedigendes Hörereignis darstellt.

 

 

1995

 

Congo

 

R.B. Travis ist der Gründer und Chef der TraviCom CEO, einem Energieunternehmen, das durch einen gewaltigen Satelliten eine Monopolstellung inne hat. Doch der ehrgeizige und rücksichtslose Geschäftsmann weiß genau, dass ihm dieser Vorsprung durch die Entwicklungen auf dem Gebiet der Energiegewinnungen bald verloren gegangen sein wird und so sucht er nach weiteren Quellen. Im Kongo soll es ein Vorkommen von bestimmten blauen Diamanten geben, die - in ein spezielles Gerät eingebaut - Unmengen Energie erzeugen können. Er beauftragt seinen Sohn Charles mit einer Expedition in dieses Gebiet, um die Diamanten ausfindig zu machen. Der wird tatsächlich fündig und kontaktiert seinen Vater sowie die Elektronik-Expertin Karen Ross, mit der er einst verlobt war, und präsentiert ihnen per Video die Wirkung eines gefundenen Diamanten. Wenig später jedoch wird die Expedition von einem mysteriösen, äußerst aggressiven Wesen mit grauem Fell überfallen und zerfleischt, sodass Travis und Ross bei dem nächsten Videokontakt nur leblose Körper und ein zerstörtes Lager erkennen können. Travis ist außer sich und sendet eine weitere Expedition mit Karen Ross, in den Kongo. Die ehemalige Verlobte Charles' ist misstrauisch und wirft dem Energiemogul vor, er würde nur aus Habgier und nicht seines Sohnes wegen eine weitere Expedition finanzieren, doch ihre immer noch vorhandene Zuneigung bewegt sie zum Antritt der Reise. Bei ihrer Ankunft am Flughafen im Kongo trifft sie neben dem Expeditionsleiter Captain Munro Kelly auf die beiden amerikanischen Forscher Dr. Peter Elliott und seinen Assistenten Richard, die es geschaft haben, dem Gorillaweibchen Amy beizubringen, sich über Zeichnsprache mit Menschen verständlich zu machen. Allerdings schien Amy immer wieder von Alpträumen geplagt und schien auf den Bildern, die sie malte, stets den Dschungel zu malen, sodass Elliot und sein Assistent beschlossen haben, sie in ihre Heimat, den Dschungel, zurück zu bringen. Dieses Unternehmen sollte durch den dubiosen rumänischen Geschäftsmann Herkermer Homolka finanziert werden, der sich als großer Menschenfreund ausgibt. Als aber seine finanziellen Mittel schon bei der Bezahlung des Flugzeugtreibstoffes versagen, greift Karen Ross ein und schon bald macht sich die gemischte Gruppe auf in den Dschungel...

Kaum einer von Michael Crichtons Roman wurde bisher nicht verfilmt. Während der Schriftsteller früher selbst noch Regie führte und seine eigenen Romane wie "Der große Eisenbahnraub" zu ansprechenden Leinwandabenteuern machte, war ihm der Erfolg stets als Schriftsteller, nicht aber als Regisseur sicher, sodass später stets andere Leute seine Bücher auf die Leinwand brachten. Nachdem die Verfilmung von "Jurassic Park" zu einem der erfolgreichsten Filme der 90er Jahre wurde, kam man schnell auf die Idee, ein weiteres Crichton-Buch vor exotischem Hintergrund auf die Leinwand zu bringen. Tatsächlich spielte "Congo" 1995 das Dreifache seiner Kosten ein, dennoch verfügt der Film über mehrere Schwächen. Die Vorlage bietet nicht nur die Möglichkeit für ein unterhaltsames Urwald-Abenteuer, sondern durch die zwar eindimensional aber zwilicht gestalteten Charaktere auch Platz für einige interessante psychologische Spannungen. So sind Ross, Elliot und Munro zwar intelligent, sozial aber unterbelichtet und scheren sich nicht um ihre Mitmenschen, sondern haben hauptsächlich die Erfüllung ihrer Aufgabe im Sinn. Im Film wurden die Protagonisten jedoch durchweg als sympatische Menschen dargestellt, wahrscheinlich, damit sich das Publikum besser mit ihnen identifizieren kann. Stattdessen wurde R.B. Travis, der im Roman stets um die Sicherheit seiner Leute besorgt ist, zum emotionslosen Großindustriellen gemacht, dem sogar das Leben seines Sohnes egal ist. Auch die aufkeimende Beziehung zwischen Karen Ross und Peter Elliot kommt im Buch nicht vor.
Die Ausstattung trägt mit ihrer kulissenhaften Studiooptik und den mangelhaften Effekten gegen Ende des Films sehr zum B-Film-Charakter von "Congo" bei. Obwohl die Animation von Dinosauriern mit glatter Haut zwei Jahre zuvor in "Jurassic Park" möglich war, war die CGI-Technik noch nicht weit genug entwickelt, Haare naturgetreu zu imitieren, sodass die Affen allesamt kostümierte Menschen oder aufwendig mit Animatronik versehende Puppen sind. Besonders Amy ist allerdings besonders gelungen und wirkt in vielen Einstellungen auch heute noch täuschend echt.
Die Schauspieler stammen allesamt aus der B-Riege und leisten größtenteils solide Darstellungen. Laury Linney, Dylan Walsh und Ernie Hudson bilden ein recht farbloses Protagonistentrio, höchstens Tim Curry kann seiner Rolle als Homolka etwas abgewinnen und Joe Don Baker macht seine Arbeit in der Rolle des Energiemoguls durchaus überzeugend.
Insgesamt wurde mit "Congo" zu keinem Zeitpunkt das große Vorbild erreicht, stattdessen entstand ein äußerst durchschnittlicher B-Abenteuerfilm ohne nennenswerke Stärken, der durch die schlecht gealterten Effekte und die blassen Charaktere zu Recht in Vergessenheit geraten ist.

Jerry Goldsmith und Michael Crighton verbindet eine enge Freundschaft. Der Komponist hat in den 70er und 80er Jahren viele Filme des Autorenfilmers vertont und nachdem dieser schließlich aufhörte, Filme zu drehen, setzte sich Crighton, der anscheinend recht despotisch veranlagt gewesen sein soll, stets für Goldsmith ein, sodass auch weitere Crighton-Verfilmungen von dem Komponisten vertont wurden. Diese langjährige Verbindung dürfte dazu beigetragen haben, dass Goldsmith, der sich Anfang der 90er bewusst kleineren Produktionen zuwandte, wieder Musik zu einen größeren Abenteuerfilm komponierte. Wurde "Congo" gedreht, um auf den Zug von "Jurassic Park" aufzuspringen, basiert eine der zentralen musikalischen Ideen des Films auf einem anderen in Afrika gelagerten Kinoerfolg der 90er Jahre. Jerry Goldsmith tat sich mit dem Komponisten Lebo M zusammen, dessen berühmter Gesang den "König der Löwen" eröffnete. Für "Congo" steuerte der Komponist einen Song namens "Spirit of Africa" bei, der den Film während des Vor- und Abspanns einrahmt. Mit massiven Schlagwerkrhyhtmen, afrikanischem Chorgesang und Lebo Ms Stimme entspricht "Spirit of Africa" dem typischen Zeitgeist der 90er-Jahre-Weltmusik, bevor Goldsmiths Hauptthema einsetzt und nun die größtenteils orchestrale Filmmusik einleitet. Für die Aufnahmen standen dem Komponisten neben einem durchschnittlich besetzten Orchester, seinem gewöhnlichen Arsenal an Synthsizern auch eine groß besetzte Schlagwerksektion zur Verfügung, die um mehrere exotische Perkussionsinstrumente bereichert wurde. Für "Congo" komponierte Goldsmith ein schlichtes, aber sehr erhaben klingendes Hauptthema, das sich wie ein roter Faden durch fast alle Stücke der Musik zieht. Oftmals erklingt es während der Landschaftsaufnahmen als kräftige Hornmelodie über Streicherflächen und Schlagzeugrhythmen. Auch das Gorillaweibchen Amy erhielt ein eigenes Thema: Eine sanfte Flötenmelodie, die über Boomwhackers und einige glitzernde Synthieeffekte erklingt. Von seinen elektronischen Geräten macht Goldsmith allerdings wenig Gebrauch und verlässt sich auf die Möglichkeiten seines Orchesterapparats. Insbesondere die knackigen Actionpassagen überzeugen durch an hohes Maß an Frische und Tempo. Der Komponist setzt hier ausnahmsweise nicht auf seine klassischen Ostinati, sondern wartet mit furios begleiteten kräftigen Darbietungen des Hauptthemas in den Streichern und Blechbläsern auf. Auch der Kampf mit den Flusspferden ist mit den hämmernden Ambossen, der treibenden Perkussion und den abgehackten Bläserakkorden sehr effektvoll vertont. "Congo" bietet nach der kreativen Tiefphase der späten 80er und den oftmals weniger spannenden Dramenscores der 90er wieder erfrischende und unterhaltsame Orchestermusik aus der Feder des Altmeisters. Zum Filmstart erschien eine kommerzielle CD-Veröffentlichung mit den wichtigsten Passagen der Musik, die ausnahmsweise in chronologischer Reihenfolge angeordnet sind. Die Gestaltung des Albums ist jedoch schlichtweg katastrophal, denn weder enthält das Booklet Informationen zum Film oder der Musik, noch eine korrekte Titelliste. Die einzelnen Stücke sind auf der Rückseite des Einlegers nämlich absichtlich in falscher Reihenfolge abgedruckt! Die richtige Reihenfolge findet sich nur auf der CD selbst! Mittlerweile ist das Album jedoch längst vergriffen, aber im Zuge der zahlreichen expandierten Goldsmith-Veröffentlichungen ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich ein Label dieser Musik wieder annimmt!  

 

Der erste Ritter

 

Nach dem Tod ihres Vaters ist Guinevere die Herrin von Leonesse, einem kleinen, friedlichen Landstreifen zwischen dem großen Reich Camelots König Artus’ und Prinz Malagants Reich. Malagant gehörte einst zu Artus’ Rittern, sagte sich aber von ihm los und attackiert seitdem die Grenzdörfer von Leonesse, um Artus zum Krieg heraus zu fordern. Dieser ist in die Tochter seines verstorbenen Freundes verliebt und macht ihr einen Heiratsantrag, dem Guivenere aus politischen, aber auch emotionalen Gründen zustimmt. Schließlich ist auch sie in Artus verliebt. Auf dem Weg nach Camelot wird die Herrin von Leonesse mit ihrem Gefolge von Malagants Truppen angegriffen, kann aber von dem umherziehenden Lancelot gerettet werden. Lancelot zieht seit früher Kindheit rast- und elternlos über das Land und verdient seinen Unterhalt mit Schaukämpfen, in denen seinen grandiosen Umgang mit dem Schwert demonstriert. Der draufgängerische Abenteurer spürt sofort Guineveres Zuneigung, die sie aber nicht eingestehen will. Nachdem Lancelot sie sogar ungefragt küsst, ist sie beleidigt, doch der erwidert nur, dass sie ihn noch vor ihrer Hochzeit um einen Kuss bitten wird, bevor er – ungesehen von Artus’ nahenden Truppen – wieder im Wald verschwindet. In der Nacht erreicht der Zug schließlich Camelot, wo König Artus seine Verlobte prachtvoll empfängt und gemeinsam zieht das Paar in die prunkvolle Stadt ein. Am kommenden Tag wird in Camelot gefeiert und auch Lancelot befindet sich unter der feiernden Masse des Volkes. Als ein Schausteller verspricht, dass der Mann, der seinen gefährlichen „Spießrutenlauf“ überstehen kann, einen Kuss der Königin erhalten werde, nimmt die Lancelot die Gefahr auf sich und übersteht die gefährliche Volksattraktion ohne einen Kratzer, doch noch immer verweigert Guinevere ihm einen Kuss. König Artus’, von den Fähigkeiten und Reflexen des jungen Mannes beeindruckt, versucht Lancelot zum überreden, sich Camelot und somit der Sache des Königs anzuschließen, doch der rastlose Held lehnt das Angebot ab. Als Guinevere in der Nacht von Malagants Männern entführt wird, nimmt er jedoch sofort die Verfolgung auf und kann die zukünftige Königin Camelots aus der Gefangenschaft des skrupellosen Raubritters befreien. Unsterblich in Guinevere verliebt, unternimmt er weitere Annäherungsversuche nach der Flucht aus Malagants Festung, ddoch kurz bevor es zum Kuss kommen kann, treffen Artus’ Männer ein, die nach ihrer Herrin gesucht haben. Zum Dank für die Rettung seiner Frau bietet Artus Lancelot einen Platz an der Tafelrunde an und dieses Mal nimmt der Held an, getrieben von dem Bedürfnis nach Nähe zu Guinevere und der Hoffnung auf eine mögliche Bekenntnis der schönen Königin zu ihren wahren Gefühlen…

 

In den 90er Jahren erlebten klassische Filmgenres wie der Western und der Ritterfilm eine Renaissance. Dabei rettete man die alten Filmkonzepte mit „Braveheart“, „Rob Roy“ oder in die neue Zeit, in dem man sich von den farbenprächtigen Bildern des Golden Age und verspielten Kampfsequenzen los, um dem Zuschauer ein angeblich realistischeres Bild der vergangenen Epochen zu suggerieren. Versuche, derartige Produktionen wie „Tombstone“ oder „Die Piratenbraut“ auch mit dem Geist des Golden Age auszustatten scheiterten regelmäßig an den Kinokassen. „Der erste Ritter“ spielte immerhin das Dreifache seiner Produktionskosten wieder ein und war somit sogar ein finanzieller Erfolg. Dennoch ist der Film größtenteils aus dem cineastischen Bewusstsein verschwunden. „Der erste Ritter“ ist weder ein besonderer Eintrag in den riesigen Katalog von Ritterfilmen, noch fügt  er der ebenfalls zahlreichen Reihe der Artus-Verfilmungen etwas Wesentliches hinzu. Jerry Zucker zeichnete sich in den 80er Jahren mit seinem Bruder als Produzent und Regisseur von erfolgreichen Komödien wie „Top Secret!“ oder „Eine unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“ aus. Nach seinem Kinoerfolg „Ghost“ war „Der erste Ritter“, den er wieder zusammen mit seinem Bruder produzierte, der erste Film seit fünf Jahren, bei dem er im Regiestuhl sitzen sollte. Der Regisseur und Produzent war bemüht, die Sage um König Artus in eine bestimmte märchenhafte Atmosphäre zu kleiden. Kostüme und Bauten sind somit gewöhnungsbedürftig und insbesondere die prachtvolle Camelot-Kulisse mit den goldenen Mauern und blauen Dächern wirkt heutzutage mit seiner disneyhaften Gestaltung unfreiwillig komisch. Die Kostüme von Nanà Cecchi sind recht originell, wirken aber mit ihrem betont sauberen Look für das einfache Volk und den fast futuristischen Rüstungen der Ritter ebenfalls befremdlich. Auch die kleinen Miniarmbrüste für Malagants Soldaten entbehren nicht einer gewissen Lächerlichkeit. Drehbuchautor William Nicholson strich sämtliche mystische Elemente der Artus-Legende heraus und ersetzt den traditionellen Antagonisten Mordred durch Prinz Malagant. Lancelot, ein Ritter adliger Herkunft wird ein fahrender Geselle und Guinevere, die vom Alter Artus’ Tochter sein könnte, Herrin über Leonesse. All diese Veränderungen berauben die Geschichte nicht nur um wesentliche Elemente und zentrale Figuren, sie degradieren die Sage um Camelot und König Artus zu einer herkömmlichen Rittergeschichte. Im Mittelpunkt steht nunmehr das immerhin recht interessant in Szene gesetzte Drama um die Liebe zu Guinevere, die zum Dreh- und Angelpunkt der Geschichte wird. Da sie sich standhaft weigert, zu ihren Gefühlen zu Lancelot zu stehen, gibt der einst so tapfere Held seiner verzweifelten Liebe nach, sodass „Der erste Ritter“ mehr ein Liebesdrama denn ein Abenteuerfilm ist. Dennoch kommt in dem Film auch die Action nicht zu kurz. Allerdings unterscheiden sich die Actionszenen von Gefecht zu Gefecht sehr stark. Der anfängliche Überfall Malagants auf einen Grenzort wirkt um einiges behäbiger als die sehr ansprechende nächtliche Schlacht und der große Schlusskampf in Camelot. An der Kameraarbeit und dem Schnitt gibt es allerdings durchweg nichts auszusetzen. Die darstellerischen Leistungen sind allerdings durchwachsen. Sean Connery liefert als ehrwürdiger König Artus die beste Leistung ab. Richard Gere und Julia Ormond haben sichtlich mehr mit den hölzernen Dialogen zu kämpfen und insbesondere Geres Darstellung des Lancelots ist nicht immer überzeugend. Ben Cross wirkt stets ein bisschen bemüht, allerdings ist auch seine Rolle undankbar, denn Malagant hat einfach zu wenig Leinwandpräsenz, um einen Eindruck zu hinterlassen, der über den des Alibi-Bösewicht hinausgeht. Insgesamt ist „Der erste Ritter“ ein sehr durchwachsener Film, der zwar für einen unterhaltsamen DVD-Abend allemal reicht, aber das darstellerische Potential ebenso wie das große Budget in einem holprigen Drehbuch und pompösen, aber unnatürlichen Bauten und Kulissen verschenkt. 

 

Der ursprüngliche Schnitt von „Der erste Ritter“ dauerte knapp drei Stunden. Der berühmte Hollywood-Komponist Maurice Jarre sollte innerhalb weniger Wochen die Musik zu diesem Epos vertonen, glaubte jedoch nicht daran, diese Aufgabe lösen zu können. Somit wurde die Musik zu der letztendlich nur zwei Stunden langen Kinofassung von Jerry Goldsmith komponiert, der hier eine seiner beliebtesten Partituren schuf. Nachdem er sich in den frühen Neunzigern kleineren Dramen und Komödien zugewandt hatte, war „Der erste Ritter“ der erste Straßenfeger, den Goldsmith seit einiger Zeit vertonen sollte. Dennoch war er von dem Projekt sehr angetan, denn trotz der vielen Actionszenen, die eine entsprechende Musik verlangten, blieb ihm genug kreativer Raum, um die Emotionen der Charaktere musikalisch zu unterstützen. Obwohl sich der Komponist kaum eine Filmmusik mehr ohne die Unterstützung seiner Synthesizer vorstellen konnte, verzichtete er beim „Ersten Ritter“ vollständig auf elektronische Elemente und unterstützte den Versuch der Zucker-Brüder, das Goldene Zeitalter zu reanimieren, indem er eine rein orchestrale Filmvertonung komponierte. „Der erste Ritter“ ist somit eine bewusst traditionell konzipierte Musik, die für Goldsmiths Verhältnisse von einer fast verschwenderischen Fülle an Leitmotiven versehen ist. Der zentrale Dreh- und Angelpunkt der Musik ist das liebliche Thema für Guinevere, das auch als Liebesthema für ihre Gefühle für Artus und Lancelot fungiert. Sehnsuchtsvoll vorwärts strebend ist diese aufsteigende und sehr lyrische Melodie oft als Solo der Holzbläser zu hören oder erklingt sanft und schwelgend in den Streichern. Für Artus schrieb Jerry Goldsmith sogar drei Motive. Das majestätische und noble Camelot-Thema wird meistens von den Hörnern über den scharfen Rhythmus der kleinen Trommel und der Streicher intoniert. Oftmals wird dieses Thema auch von den Trompeten flankiert, die ein signalartiges, kriegerisches Motiv spielen. Dieses besteht aus einer Quintbewegung – ein Intervall, das bei Goldsmith stets für Kampf und Krieg stand. Das dritte Motiv für Artus ist eine kräftige Fanfare, die oftmals vom ganzen Orchester gespielt wird, aber auch als Quasi-Sourcemusik im Film erklingt. Das Thema für Lancelot strotzt vor Elan, Heldentum und Optimismus. Diese meistens von den Trompeten eröffnete und von den Hörnern fortgeführte Melodie weckt den gleichen Eindruck wie Goldsmith musikalische Herangehensweise an „Supergirl“. Es wirkt so, als hätte der Komponist es hier mit dem Pathos etwas zu gut gemeint, denn mit dieser überheroischen Musik versehen rutscht Richard Geres Darstellung des tapferen Helden schon fast ins Parodistische. Inwiefern dieser Effekt von Goldsmith beabsichtigt war, sei dahingestellt, dennoch zeigt sich auch an diesem Thema, wie versiert der Komponist seine einzelnen Leitmotive entwarf, denn die ersten drei Töne des musikalischen Materials für Lancelot sind deckungsgleich mit dem kriegerischen Trompetensignal für Artus und weist so auf die Gemeinsamkeiten der beiden Freunde und Kontrahenten hin. Um den britischen Ursprung der Legende um König Artus auch musikalisch einzufangen, komponierte Goldsmith mehrere Verweise auf bekannte britische Tonsetzer – insbesondere Ralph Vaughan Williams und Gustav Holst. Die Handschrift des ersteren ist deutlich in den energischen, kurzen Motiv für Malagand zu hören, das von dichten Streichern vorgetragen und von drängenden Wirbeln des Schlagwerks gestützt wird. Für den Antagonisten schrieb der Komponist neben einem synkopierten Angriffs-Rrhythmus während der Actionszenen ein weiteres, markantes Thema, das für die militärische Kraft des bösen Prinzen steht und von den drei Themen für Malagand das mit dem größten Wiedererkennungswert ist. Mit dieser Fülle an Material gestaltete Jerry Goldsmith eine klassische und abwechslungsreiche Abenteuerpartitur, mit der er sein kompositorisches Können erneut unter Beweis stellt. Neben den vielen melodischen Stücken gehören insbesondere die vielen Actionspassagen zu den Höhepunkten dieser Musik wie die kraftvolle Darbietung des Liebesthemas der Streicher über treibendes Orchesterfundament, die beiden temporeichen Versionen des Lancelot-Themas während des Spießrutenlaufs und der Verfolgung sowie die chorale Musik zum Schlusskampf, die an Orffs „O Fortuna“ aus dessen Vertonung der „Carmina Burrana“ angelehnt ist. Außerdem war „Der erste Ritter“ eine der letzten Goldsmithmusiken mit einer eigens komponierten Suite für den Abspann. Doch auch wenn „Der erste Ritter“ ohne Frage zu den Höhepunkten im letzten Jahrzehnt von Goldsmith Karriere zählt, so leidet diese Musik wie auch mehrere später entstandene Partituren an der spärlichen und so oberflächlichen Orchestration. Goldsmith wollte sich anscheinend nicht mehr die Mühe machen, ausgefeilte Stimmführung auszuarbeiten, die dann in der Tonmischung untergeht. Auf CD macht sich das insbesondere durch die schablonenhafte Instrumentierung bemerkbar. Holzbläser sind fast ausschließlich für Soli in den lyrischen Passagen eingesetzt, die Blechstimmen wirken ebenfalls weniger voll und auch die Streicher sind sehr ökonomisch gesetzt. Diese teils schon blasse Instrumentierung nimmt der Musik leider ein bisschen von der Kraft und Wucht, die sie eigentlich vermitteln will. Der bei Goldsmith insbesondere in seinen späteren Jahren einsetzende Zynismus ist im Vergleich mit früheren orchestralen Partituren wie „Poltergeist“ und „Night Crossing“ oder „King Salomon’s Mines“ deutlich hörbar. Zum Filmstart erschien eine kommerzielle CD-Veröffentlichung, die mit nur 40 Minuten Laufzeit nicht einmal die Hälfte der Musik enthielt und auf der sogar zentrale Themen nicht auftauchten. So fehlt neben sämtlichen Versionen des Lancelot-Themas auch das militärische Thema für Malagand, weshalb es auch zentrale Actionstücke wie die Musik zu Guineveres Entführung nicht auf die CD geschafft haben. Um die Jahrtausendwende begannen mehrere Bootlegs zu zirkulieren, die fast die vollständige Musik enthielten, bevor Lalaland Records die vollständige Musik, alternative Einspielungen mehrerer Stücke und die Albumversion auf einem 2-CD-Set veröffentlichte. Ausgestattet mit einem dicken, höchst informativen Booklet lässt diese Edition keine Wünsche mehr offen und sollte sich in jeder gut sortierten Goldsmith-Sammlung finden lassen. Jerry Goldsmith schrieb für „Der erste Ritter“ eine seiner abwechslungsreichsten Partituren seiner letzten Schaffensphase, die allerdings unter der schablonenhaften und uninspirierten Orchestrierung leidet.

P.S.: Besonderer Dank gilt auch unserem Foren-Drachen Hildegunst von Mythenmetz, dessen Gewinnspiel letztes Jahr das Lalaland-Doppel-Album kostenlos in meinen Besitz brachte und der somit als besonderer Sponsor dieses Textes zu erwähnen ist! 

 

 

Powder

Als ein alter Farmer stirbt, macht die Polizei im Keller eine interessante Entdeckung: Hier lebt Jeremy Reed, der Enkel. Kurz vor Jeremys Geburt wurde seine Mutter von einem Blitz getroffen, sodass er als Albino, ohne Farbpigmente, extrem lichtempfindlich und ohne jede Körperbehaarung geboren wurde. Als die Mutter die Geburt nicht überlebt, erkennt der Vater den Sohn nicht an und von nun an lebt Jeremy - genannt "Powder" - bei seinen Großeltern, wo er auf der Farm hilft und die Welt nur an Hand einer Menge Büchern kenne lernt. Powder ist der festen Überzeugung, dass Mensch und Natur in fester Verbindung zueinander stehen. Er selbst ist durch den Blitzeinschlag theoretisch "lebendige Energie" geworden, sodass er nicht mit elektrischen Quellen in Berührung kommen kann, ohne dass die Geräte entweder kaputt gehen oder sich blaue Blitze zwischen seinem Körper und der Quelle bilden. Seine unglaubliche Intelligenz ermöglicht es ihm außerdem, die Gedanken seiner Mitmenschen zu lesen und Verbidung zu im Koma liegenden Menschen oder Tieren aufzunehmen. Als die Polizei Jeremy im Keller seiner Großeltern entdeckt, zieht sie die Psychologin Jessie Caldwell zu Rate, die ihm einen Platz in einem Waisenheim sucht. Hier hat es Powder allerdings überhaupt nicht leicht. Seine Erscheinung, seine Fähigkeiten verunsichern die anderen Jungs und auch in der Ortschaft begegnet man dem Albino mit mehr als Misstrauen...

Victor Savlas neue Interpretation der Kaspar-Hauser-Geschichte ist ein origineller und zum Nachdenken anregender Film. Die Geschichte um einen außergewöhnlichen Jugendlichen, der in seinem Umfeld nicht zurecht kommt, wurde schon etliche Male verfilmt - vielleicht, weil es sich gut verkauft, vielleicht aber, weil einige Regisseure sich darin wieder erkennen. "Powder" jedoch umschifft glücklicherweise die klassische rein auf Mitleid aufbauende Sentimentalität, indem der Protagonist mit einer unglaublichen Intelligenz ausgestattet wird, sodass er für die durchschnittlich geistig bemittelten Jungs im Heim fast unantastbar wird. Der Fantasy-Aspekt um seinen "elektrisierenden Körper" verleiht der Geschichte einen weiteren interessanten Aspekt und anstatt Powder von einer fiesen Hänselei in den nächsten Streich zu schicken gibt es stets optimistische Momente und verständnisvolle Charaktere. Die Darsteller - allen voran natürlich Sean Patrick Flanery als Jeremy und Mary Steenburgen als Psychologin Caldell - überzeugen auf ganzer Linie und sind erfrischend wenig bekannt und unverbraucht.
Obwohl Savla mit "Powder" ein beeindruckender und berührender Film auf eigenem Drehbuch basierend gelungen ist, ist der Film leider stets mit Salvas Vergangenheit in Verbidnung gebracht worden. Der Regisseur saß einige Jahre im Gefängnis, weil er den miderjährigen Hauptdarsteller seines ersten Films zu sexuellen Handlungen zwang und zur Zeit der "Powder"-Produktion wurden viele Stimmen laut, die gegen Disney und Salvas Rückkehr zum Film protestierten. Auch "Powder" verfügt über einige merkwürdige und fast verkrampft eingesetzte Szenen mit homosexzuellen Anspielungen zwischen den minderjährigen Heimbewohnern, die nicht nur überflüssig sind, sondern auch irritieren. Letzten Endes handelt es sich dabei nur um kurze Momente, denn bei dem Film an sich handelt es sich um ein tiefgehendes, originelles Drama, das einem altbekannten Stoff neue Seiten abgewinnt.

Mitte der 90er Jahre begann Jerry Goldsmith, der die letzten fünf Jahre fast nur kleinere Komödien, Dramen und einige Thriller vertont hat, sich wieder auf das Gebiet des Abenteuerfilms ("First Knight", "Congo") und des Thrillers ("City Hall") zu wagen. "Powder" war somit neben "The Last Castle" der letze Dramenscore des Komponisten. Die 90er Jahre bedeuten in dem Schaffen des Komponisten eine Hinwendung zu größeren, orchestraleren und weniger elektronischen Klängen sowie konventionelle Vertonungsmuster, die aus einer durchgehend routinierten Arbeitsweise hervorgehen. Die letzten großen Neuerungen in der Filmmusik - "Basic Instincts" (1992) und "Toal Recall" (1990) - sollten die letzten großen Meilensteine Goldsmiths bleiben. Auch "Powder" erhielt eine sehr konventionelle und routinierte Musik die allerdings zu ähnlich gelagerten Scores wie "Rudy" oder "Der Feind in meinem Bett" um einiges pathetischer daher kommt. Das liegt zum Einen an dem sehr zarten und ergreifendem Thema, das Powders melancholischen Charakter, seine Einsamkeit und tiefes Mitgefühl ausdrückt, zum anderen aber an dem Einsatz eines mittelgroß besetzten Orchesters sowie der Tatsache, dass in dem Film rund 80 Minuten Musik zu hören sind. Hier kleckert Goldsmith eher weniger als dass er klotzt und besonders bei dem ausschweifenden Finale, in dem das ganze Orchester eine fast hymnische Darbietung des Hauptthemas präsentiert, bleibt kein Auge trocken. Jedoch ist die Musik oft viel zu glatt, das Thema in seinen ewigen Wiederholungen von dem Englischhorn über sanfte Streicherteppiche vorgetragen, recht ermüdend. Die Musik konzentriert sich fast ausschließlich auf den emotional-sentimentalen Aspekt, nicht aber um das Fantasy-Element um Powders Fähigeiten. Die Magie derer fängt Goldsmith - wie so oft zu der Zeit - lediglich mit einigen Synthieglockenstimmen ein, die bereits aus "Angie" oder "Der Feind in meinem Bett" bekannt sind. Auf der anderen Seite sind allerdings alle Stücke, die nicht auf dem Hauptthema basieren äußerst stereotyp und austauschbar wie z.B. die dramatisch ergreifenden Passagen in "Freak Show" oder "Nightmare" in the Forest", einzig und allein das optimistische Reise-Motiv sowie die avantgardistischen Vibraphon-Effekte für Powders Löffel-Trick bringen ein wenig abwechslung in Goldsmiths handwerklich soliden, aber wenig originellen Score. Wenn man bedenkt, mit was für Musik der Meister vor einigen Jahrzehnten ähnliche Stoffe wie "The Reincarnation of Peter Proud" oder "The illustrated Man" unterlegt hat, besiegelt ein derart koventioneller und abwechslungsarmer Score wie "Powder" Goldsmiths letzte von sauberer Routine geprägte Schaffensperiode.
Auf 35 Minuten gestutzt bietet die Musik auf dem zum Filmstart erschienen Album allerdings ein recht angenehmes Hörerlebnis. Die bei Hollywood Records verlegte CD ist allerdings seit langer Zeit vergriffen, allerdings lässt die Neuauflage von Goldsmith-Musik aus dieser Zeit bei Lalaland-Records auch dieses Jahr die Hoffnung auf ein ansprechendes - vielleicht längeres - Album wieder wachsen. Liebhaber von großflächiger und emotionaler Dramenmusik kommen hier nämlich auf ihre Kosten, Fans der frühen Jahre des Komponisten, die ein ausgeklügeltes Konzept und musikalischen Ideenreichtum erwarten, werden allerdings enttäuscht sein.

 

 

City Hall

An einer Straßenkreuzung in New York kommt es zu einem fatalen Unfall: Der Polizist Eddie Santos liefert sich mit einem kleinen Drogendealer der Stadt und Neffen des New Yorker Mafia Bosses Paul Zapatti eine Schießerei, bei der nicht nur der Polizist und der Drogendealer, sondern auch ein sechsjähriger Junge ums Leben kommen. Die Bürger der Stadt sind geschockt und für Bürgermeister John Pappas (Al Pacino), der hofft, bald für das Amt des Präsidenten zu kandidieren, kommt dieser unangenehme Zwischenfall mehr als ungelegen. Pappas’ recht Hand Kevin Calhoun (John Cusack) gibt keine Ruhe und forscht nach, denn der Bewährungsbericht des Dealers ist viel zu sauber. Tatsächlich erfährt er, dass es einen zweiten „echten“ Bericht gibt, nach dem der Drogendealer eigentlich gar nicht hätte frei herumlaufen dürfen. Calhoun legt ein immergrößer werdendes Netz aus Korruption in der Politik frei und beginnt, letzten Endes auch an seinem großen Mentor Pappas zu zweifeln.
Regisseur Harold Becker verfilmte hier ein Drehbuch, an dem insgesamt vier Autoren gearbeitet haben mit renommierten Schauspielern in einer ansprechenden Umgebung und obwohl die Grundvoraussetzungen viel versprechend erscheinen, so wenig nimmt der Film letzten Endes gefangen. Die immerhin rasant inszenierte Scheißerei zu Beginn des Films bietet nicht genug Stoff, um einen ganzen Film durch zu tragen und die Ermordung möglicher Zeugen erscheint wie das Abhaken einer Checkliste. Die Korruption ist spätestens ab der ersten Viertelstunde offensichtlich und in allen Büros Gang und Gebe, sodass der Zuschauer John Cusack während dessen Ermittlungen meilenweit überholen und voraus denken kann. Die „engagierte“ ins Gospelhafte abschweifende Rede Pappas’ für den kleinen Jungen bringt in den vorhersehbaren und unspektakulären Film auch noch eine gehörige Portion Geschmacklosigkeit.
 

Jerry Goldsmiths Musik für „City Hall“ lässt sich mit drei Worten charakterisieren: routiniert aber wirkungsvoll. Der thrillererfahrene Komponist setzt für seine musikalische Untermalung auf ein klein besetztes Orchester und hielt sich mit elektronischen Dreingaben sehr zurück. Als markantestes Merkmal dürfte der solistische Einsatz der Pauke gelten, die in vielen Passagen der Musik eine wichtige Stellung einnimmt und als Vorläufer für die ein Jahr später entstehende Musik für „L.A. Confidential“ gesehen werden kann. Die treibenden Ryhthmen der Pauke verleihen der Spannungsmusik einen sehr vitalen und drängenden Charakter. In ruhigen Passagen setzt Goldsmith weiche Streicherteppiche und warme Holzbläser- oder Hornsoli ein, die oft aus noblen Melodielinien bestehen. Die originelle Idee hierbei ist, dass Goldsmith seine hymnischen Melodielinien oft harmonisch mit aus dem Jazz stammenden „Blue Notes“ einfärbt. Das fast genau 30:00 Minuten lange Album von Varèse Sarabande enthält alle wichtigen Passagen der Musik fast in Filmreihenfolge und enthält sogar mindestens eine im Film nicht verwendete Komposition. Stattdessen wurden Wiederholungen oder kurze Spannungspassagen zu Gunsten des Hörflusses weggelassen. Freunde von Goldsmiths etwas gemäßigter 90er-Thrillermusik können bei „City Hall“ ohne Bedenken zuschlagen, wer allerdings schon „Basic Instinct“ und „L.A. Confidential“ in seiner Sammlung hat und sich nicht besonders für die Thrillermusik Goldsmiths aus diesem Jahrzehnt begeistern kann, kommt auch ohne dieses Album aus.

 

 

1996

 

Exeutive Decision - Einsame Entscheidung

Dem amerikanischen Geheimdienst gelingt es, den gefährlichen terroristischen Anführer El Sayed Jaffa gefangen zu nehmen. Kurze Zeit später stürmt eine Spezialeinheit unter Austin Travis ein Wohnhaus in Trieste, in dem angeblich ein gefährliches Nervengas gelagert sein soll. Bei der Aktion stirbt einer von Travis' Männern - das Gas wird allerdings nicht gefunden. Travis macht für den Tod seines Mannes Dr. David Grant verantwortlich, auf dessen Informationen hin die Aktion durchgeführt wurde.
Kurze Zeit später entführen arabische Terroristen unter der Führung Nagi Hassans - Jaffas rechter Hand - eine Boeing 747 auf dem Flug nach Washington und fordert die Freilassung ihres Anführers. Die amerikanische Regierung nimmt den Vorschlag des Ingenieurs Dennis Calhills an mittels eines speziellen Flugzeugs eine Spezialeinheit in die Boeing 747 zu schleusen und die Terroristen so zu überwältigen, bevor die das Festland erreicht haben. Travis, der die Einheit auf dem Flugzeug leiten soll sieht seine Chance, sich an Grant zu rächen und fordert, ihn auf Grund seiner Kenntnisse über Jaffas Verbindung mitzunehmen. Kurze Zeit später findet sich Grant mit Ingenieur Calhill und der Eliteeinheit Travis' auf dem Flug, um unter der Boeing anzudocken und so in das Flugzeug zu gelangen, doch die Aktion geht schief, denn durch Turbulenzen bricht die Verbindung zwischen den Flugzeugen ab, Travis kommt ums Leben und der Bombenexperte des Teams wird schwer verletzt. Doch trotzdem erkundet die zusammengewürfelte Mannschaft das entführte Flugzeug, um zu retten, was noch zu retten ist, denn mittlerweile hat Grant den wahren Hintergrund entdeckt: Das vermisste Nervengas befindet sich an Bord und das Flugzeug soll wie eine riesige Bombe in Washington abstürzen.

Was 1995 noch das Szenario für einen soliden Actionfilm sein sollte, wurde sechs Jahre später zur grausamen Wahrheit. Nach dem 11. September fällte schwer, diesen Film zu sehen, ohne über all die Parallelen hinweg zu sehen. Abgesehen davon funktioniert "Einsame Entscheidung" als solider Actionthriller, der über einen stetig angezogenen Spannungsbogen verfügt und den Zuschauer bei Laune hält. Das Gewicht liegt dabei nicht auf möglichst blutigen Schießereien, harten Faustkämpfen oder spekatkulären Explosionen, sondern an kleinen und ruhig inszenierten Szenen, z. B. wenn die Spezialeinheit im ganzen Flugzeug Kameras installiert, um sich einen Überblick zu verschaffen und stets Gefahr läuft, entdeckt zu werden. Das nett inszenierte Katz und Maus Spiel wurde mit passenden Schauspielern besetzt. Allen voran natürlich Kurt Russel als Brille tragender Wissenschaftler und Terrorexperte, der unfreiwillig mit einer Eliteeinheit auf Mission ist, Oliver Platt als schreckhafter Calhill und Halle Berry als Flugbegleiterin Jean, die Grant so manchen Dienst erweist. Auch David Suchet funktioniert in der stereotypischen Rolle des Nagi Hassans ebenso wie Steven Segeal als Travis, der schon sehr früh den Filmtod stirbt. Insgesamt gibt es an "Einsame Entscheidung" nichts auszusetzen, ein bedeutender Meilenstein im Action- oder Thrillergenre ist der Film allerdings nicht - viel eher handwerklich ordentliche Abendunterhaltung.

Nach sechs Jahren vertonte Jerry Goldsmith mit "Executive Decision" wieder einen Actionfilm und wandte sich ab dort für den Rest des Jahrzehnts wieder vermehrt dem Abenteuer- und Actionfilmen zu, hatte er zuvor doch lieber kleinere Dramen und Thriller vertont. Man hätte nach seinem letzten Actionengagement "Total Recall" (1990) hoffen können, dass der Komponist wieder äußerst frisch und motiviert mit vielen neuen Ideen zu Werke geht, doch diese Hoffnung wurde alles andere als erfüllt. Schon zu Beginn der 90er setzte Goldsmith - obwohl er über zwei ausgezeichnete Orchestratoren verfügte, die stets mit ihm zusammen arbeiteten - auf einen sehr ökonomischen und auf Nebenstimmen verzichtenden Orchestersatz vertraut. Von den sehr elektroniklastigen Effekten der vorigen Jahre zeichnen sich auch in "Executive Decision" noch einige längst veraltete Überbleibsel ab, sodass "Executive Decision" ein allzu blasser und inspirationsloser Score geworden ist. Schon alleine das fanfarenartige Hauptthema, das unisono von den Streichern und dem Blech gespielt den Film eröffnet, bietet absolut nichts Neues - vielmehr eine uninspirierte Themenschablone, die weder markant ist noch sich im Gedächtnis großartig festsetzt und zu allem Übel mit elektronischen Perkussionseffekten wie den nervig zischenden "River Wild"-Samples unterstützt wird, die eine kleine Trommel ersetzen sollen. Die arabischen Terroristen werden durch eine Synthieschalmai über brummelnde elektronische Bässe oder der völlig fehlplatzierten Sitar charakerisiert während die Suspensepassagen oftmals von tiefen Liegtönen der Streicher und einem elektronischen Effekt betsritten werden, der sich anhört, als würde man eine große Metallplatte schütteln. Die wenigen Actionszenen sind ebenfalls schablonenhaft und mäßig vertont, sodass die Musik nicht über einen wirklichen Höhepunkt verfügt.
Von den rund 80 im Film zu Gehör gebrachten Minuten Musik fand eine knappe halbe Stunde auf der Varèse-CD Platz und repräsentiert alle musikalischen Ideen, täuscht jedoch trotz unchronologischer und dem Hörfluss dienliche Platzierung der Titel nicht über die markanten dramaturgischen und Satztechnischen Mängel der Musik hinweg. Es sollte noch mehrere weitere Gehversuche brauchen ("Chain Reaction", "U.S. Marshals"), bis der Komponist auch in den späten 90ern wieder seinen Ruf als Actionkomponist wieder mit "Air Force One" und entsprechenden Passagen aus dem "13. Krieger" oder "Die Mumie" festigen konnte.

 

 

Two Days in the Valley - 2 Tage in L.A.

Ein Killer, der seinen Opfern stets eine Minute gibt, bevor er ihnen das Lebenslicht auspustet, ein Kollege, der als Berufskiller keine Aufträge bekommt und sich als Pizzabäcker über Wasser hält, ein lebensmüder Regisseur, ein von schlechter Gesundheit geplagter Emporkömmling, der seiner Assistentin Schönheits-OPs anbietet, eine stets scheiternde Olypia-Sportlerin, Polizist voller Ideale und viele weitere skurrile und kaputte Charaktere durchleben in John Herzfelds schwarzen Komödie zwei Tage in L.A. - überleben tun ihn allerdings nicht alle. Für sein Regiedebüt standen dem Regisseur viele ausgezeichnete und engagierte Darsteller wie Charlize Theron, Teri Hatcher, Jeff Daniels und viele andere zur Verfügung, die ihre überzeichneten Figuren treffend ausfüllen. Das Drehbuch - ebenfalls von Herzfeld - wandelt offensichtlich auf den Spuren Tarantinos "Pulp Fiction", ist aber weniger "Pulp". Herfeld gelingt es, sämtliche Handlungsstränge und Personen miteinander zu verbinden und alle parallel verlaufenden Geschichten am Ende zusammen zu führen, während das Vorbild sich zeitlich linear bewegt und im Nachhinein durcheinander gewirbelt wurde.
Die Dialoge sind köstlich und Herzfeld hält wunderbar das Gleichgewicht zwischen skurriler Komik und bitterer Ironie. Nachdem Dosmo mit heruntergelassener Hose vor seiner Geisel steht und fragt "Sehe ich etwas aus wie ein Amateur?" sieht man zwei Sekunden später den arbeitslos gewordenen Polizisten Ralph eine Wasserpistole in Geschenkpapier einwickeln und mit "I love you! Your first Daddy" unterzeichnen.
Der Witz von "2 Tage in L.A." liegt definitiv in der Situationskomik und den pointiert geschriebenen Dialogen, nicht aber - wie angegeben - an der überzeichneten Gewalt. Die ist zwar drin, aber lange nicht so übertrieben wie in "Pulp Fiction" oder "In China essen sie Hunde".
Nichtsdesto trotz ist es schade, dass dieser Film kaum Beachtung fand und die DVD schon lange vergriffen ist, denn John Herzfeld schuf hier eine herrliche und intelligente schwarze Komödie.

Komponist Jerry Goldsmith schrieb für "2 Tage in L.A." eine teils für den Altmeister typische 90er-Thrillermusik, die allerdings um weitere originelle Elemente angereichert wurde. Das Hauptthema erklingt klassisch wie bei "L. A. Confidential", "Chinatown" oder auch "Rent-a-cop" in der Solo-Trompete und wird mit sanften Streicherteppichen unterstützt. Hier blitzten vor dem geistigen Auge gleich die beleuchteten Häuser und Straßen L.A.s bei Nacht auf, spürt man den lauen californischen Wind sanft das Hollywood-Logo umschmeicheln. Für den von seiner Stoppuhr besessenen Lee schrieb Goldsmith eine atmosphärisch bedrohliche und schleichende Musik, die mit viel synthetischen Klangeffekten bereichert wurde. Besonders naheliegend sind hier die gleichmäßigen Röhrenglockenschläge und das synthetische Ticken für die Zeit, die Lees Opfern ausläuft.
Zu den wirklichen Höhepunkten der Musik zählt allerdings das Material für Dosmo, den italienischen Profikiller mit Angst vor Hunden, dessen Heimatland in der Musik durch das Bandoneon und den Gebrauch mehrerer Mandolinen repräsentiert wird. Diese drei musikalischen Elemente bereichern Goldsmiths Pallette für "2 Tage in L.A." zu einer farbigen und kurzweiligen Thrillermusik, die auch einiger leicht ironischen Einschläge nicht entbehrt. So findet sich die lauteste und brachialste Stelle in der Musik mit fetten Blechbläserakkorden für die Szene, in der ein Pittbull in einem Schwimmbecken zu sehen ist.
Wenn man sich die Musik anhört, kann man nicht nachvollziehen, warum Goldsmiths Musik im Film nicht zu hören ist - sie wurde nämlich abgelehnt und durch eine Ersatzmusik von Anthony Marinelli und einer Songauswahl ersetzt. Die Songs gehören hauptsächlich in die Sparte des Bluesrock und daran orientiert sich auch Marinellis knapp 20 Minuten lange Musik, die mit E-Gitarre, Drumset, E-Bass und mehreren Saxophonen recht poppig daherkommt und so eine ganz andere Richtung einschlägt als Goldsmiths etwas konventionellere orchestrale Thrillerpartitur. Vielleicht war Goldsmiths Musik einfach ein bisschen zu glatt für die rauhe Handlung, vielleicht gefiel Herzfeld die Dopllung der Ironie nicht. Über die Gründe der Ablehnung gibt es leider nicht viele Informationen, aber die optimale Lösung bietet der Ersatzscore, der auf der einen Seite als "bemüht cool" und auf der anderen Seite als "Recht uninteressant" bezeichnet werden kann, gepaart mit den Songs auch nicht. Dabei verdient dieser Film eine ansprechende und unterstützende Musik.

 

 

Chain Reaction - Außer Kontrolle

Einem Team junger Forscher um Eddi Kasalivich und Dr. Lily Sinclair entwickeln an der University of Chicago unter Paul Shannon ein umweltschonendes Verfahren, mit dem man durch Sonolumineszenz Energie gewinnen kann. Doch in der Nacht nach dem ersten erfolgreichen Test fallen Eindringlinge in das Testgebäude ein, stehlen die geheimen Pläne und sprengen das Gebäude. Eddi, der kurz zuvor noch einmal die Anlage aufsuchte, findet den toten Teamleiter und kann sich selbst gerade rechtzeitig in Sicherheit bringen. Das FBI untersucht den Fall und findet in Eddis Wohnung 250.00 Dollar. Der junge Student wird als Terrorist gebrandmarkt und muss mit seiner Kollegin Lily fliehen. Paul Shannon – selbst ebenfalls vom FBI verfolgt – hilft den beiden, doch seine Rolle in dem Fall wird immer unklarer, denn nicht nur das FBI ist Eddi und Lily auf den Fersen: Eine geheime Organisation arbeitet ebenfalls an dem Sonolumineszenz-Verfahren, benötigt aber eine bestimmte Frequenz, die nur Eddi bekannt ist. Die beiden Unschuldigen sehen sich plötzlich zwischen zwei Fronten und können bald niemanden mehr trauen…

1993 feierte „Auf der Flucht“ mit Harrison Ford einen Riesenerfolg. Der von Andrew Davis gedrehte Actionfilm basierte auf der gleichnamigen Serie aus den 60er Jahren und handelt von einem unschuldig angeklagten Arzt, der stets auf der Flucht vor den staatlichen Behörden ist. Der Film trat damals eine große Lawine los und es entstanden viele filmische Trittbrettfahrer sowie eine halboffizielle Fortsetzung („Auf der Jagd“), in denen Unschuldige Leute vor der Polizei fliehen und gleichzeitig den wahren Täter finden mussten. Allerdings erreichte keiner der Filme die Klasse des Originals und auch „Außer Kontrolle“ bleibt überaus blass. Vielleicht liegt es an der allzu offensichtlichen Funktion des Films als Vehikel Keanu Reeves’ oder auch daran, dass sämtliche Verfolgungsjagden von den Protagonisten hauptsächlich zu Fuß zurückgelegt werden müssen und so kaum Tempo aufkommt. Gegen stereotype Protagonisten ist ja in Actionfilmen grundsätzlich nichts zu sagen, aber in „Außer Kontrolle“ sind die Figuren so blass, dass man sich kaum für sie interessiert. Keanu Reeves und Rachel Weisz sind zwar ein nettes Paar, dem man allerdings nur die Studenten, nicht jedoch die Abenteurer abnimmt. Morgan Freeman absolviert seine Leistung als zwielichter Paul Shannon wie gewohnt souverän, allerdings ist seine Figur nur verwirrend, handelt ohne klare Absichten und wurde offensichtlich nur entwickelt, um dem Film ein bisschen Abwechslung zu verleihen – allerdings vergeblich. Filmisch ist „Außer Kontrolle“ recht solide geraten und verfügt allerdings nur über zwei wirkliche Höhepunkte: Die Verfolgungsjagd auf einem gefrorenen See mit Luftkissenbooten sowie Eddis Flucht vor den Beamten auf über eine große gerade hochfahrende Klappbrücke. Insgesamt reiht sich „Außer Kontrolle“ in die Riege der unspektakulären Filmchen, die von „Auf der Flucht“ mehr als nur inspiriert wurden und wohlverdient langsam aber sicher in Vergessenheit geraten werden.

Jerry Goldsmith war nach einer langen Actionpause mit „Einsame Entscheidung“ zu Beginn des Jahres in sein altgewohntes Metier zurückgekehrt, doch leider entpuppte sich „Einsame Entscheidung“ mit der allzu dünnen Orchestrierung, den einfallslosen Suspensepassagen und dem uninspirierten Themenmaterial als Enttäuschung. In „Chain Reaction“ schlug der Komponist einen anderen Weg ein und näherte seinen Stil weiter dem zeitgenössischen Geschmack an. Hier fällt besonders der markante Einsatz der E-Gitarre auf, die der Musik einen klaren 90er-Touch verleiht und die stets in Verbindung mit dem Protagonisten erklingt. Das eigentliche thematische Material ist allerdings – ähnlich wie in „Executive Decision“ recht blass und austauschbar geraten. Als Hauptthema fungiert eine Trompetenmelodie, die hauptsächlich aus einer pendelnden Quinte besteht und oft mit einem einfachen Rhythmus des Drumcomputers begleitet wird. Auch die E-Gitarre spielt stets ein recht braves Thema für Eddi, das stets über dem Beat des künstlichen Schlagzeugs läuft und kaum variiert wird. Interessanter wird es schon bei der Action, obwohl auch hier wieder der äußerst simple Orchestersatz – hauptsächlich unisono-Spiel mit einigen Zwischenschlägen des Schlagwerks – zu wünschen übrig lässt. Es ist wahrscheinlich auch Goldsmiths Anbiederung mit der damaligen Strömung verschuldet, dass die Actionmusik recht gleichförmig verläuft. Wer die früheren und mittleren Actionpassagen des Altmeisters mit den rhythmisch ungeraden Ostinati, dem grummelnden Klavier und den schrillen Bläsern liebt, sollte „Chain Reaction“ wahrscheinlich lieber ziehen lassen, denn dort bekommt man hauptsächlich gerade Takteinheiten, die vom künstlichen Schlagzeug abgesteckt werden und über die sich einige Streichermotive ausbreiten. Wirklich markant wird es daher hauptsächlich beim Einsatz des zentralen Actionmotivs, das in den Streichern und Hörnern erklingt und von Flatterzungen der Trompeten bereichert wird. Ein sehr eleganter Taktwechsel zwischen ¾ und 4/4-Takt ist einer der wenigen wirklich interessanten Kniffe in dieser Musik. Die Suspensemusik besteht aus einigen wiederholt gezupften Akkorden in den Violinen über tiefe Liegetöne der Bässe und lässt umso mehr Goldsmiths frühe innovative Klangkompositionen zu ähnlich gelagerten Szenen vermissen.
Der Komponist schlug bei „Chain Reaction“ immerhin einen neuen Weg ein und komponierte daher einen teils an die Muster der damals immer beliebter werdenden Media-Venture-Musiken angelehnten Score, der in den thematischen Sequenzen recht poppig und während der Actionpassagen wie „Executive Decision“ recht dünn und blass daher kommt. Insgesamt handelt es sich zwar um eine aus dem Rahmen fallende Musik, deren Reiz allerdings gerade nicht in der Exotik liegt. Varèse Sarabande veröffentlichte zum Filmstart ein Album mit der damals üblichen Laufzeit von 30 Minuten, sodass auch eine zentrale Actionsequenz – die Brückenszene – dem Albumschnitt zum Opfer fiel. Unter Fans ist die Nachfrage nach einer erweiterten Fassung recht groß, doch es ist nicht auszuschließen, dass sich nach dem Erscheinen einer solchen große Ernüchterung breit machen würde, denn Goldsmiths recht eintönige Actionmusik, die unoriginellen Suspensepassagen und das halbgar dem Zeitgeist angeglichene thematische Material macht „Chain Reaction“ nicht zu der Perle, für die die Musik gerne gehalten wird.

 

 

Star Trek VIII: First Contact - Der erste Kontakt

Jean-Luc Picard, Kapitän der Enterprise-D, wurde einst von den Borg entführt und assimiliert. Die Königin der Borg beabsichtigte, Picard in ihr eigenes Gegenstück zu verwandeln und ein gleichgestelltes Individuum mit freiem Willen an ihrer Seite zu haben, doch die Mannschaft der Enterprise konnte ihren Kommandanten rechtzeitig befreienen. Durch den Kontakt mit den Borg verfügt Picard über große Kenntnisse über die Borg und ihre Vorgehensweise, gleichzeitig verabscheut er diese Wesen, die ihre organischen Körper mit allerlei technischen Implantaten spicken, um so ihrer Ansicht nach perfekte Wesen zu werden. Sechs Jahre nach Picards temporärer Assimilierung fallen die Borg erneut in das Gebiet der Föderation ein und steuern direkt auf den Planeten Erde zu. Die Sternenflotte hat Bedenken, Picard einer erneuten Konfrontation mit den Borg auszusetzen und beauftragt die Enterprise, die neutrale Zone zu den Romulanern zu überwachen. Über Funk verfolgt die Mannschaft mit ihrem Kapitän den Kampf der Föderationsflotte mit dem Mutterschiff der Borg, bis sich Picard letzten Endes entschließt, seine Befehle zu missachten und am Kampf teilzunehmen. Tatsächlich gelingt es der Flotte mit der Unterstützung der Enterprise nun, das Mutterschiff zu zerstören, eine kleine Kapsel kann sich allerdings vor denr gigantischen Explosion retten und ereugt einen Zeitwirbel. Nachdem die Kapsel verschwunden und der Kampf vorbei ist, stellen die Insrumente der Enterprise allerings fest, dass die Erde nun eine Borgwelt ist. Sofort gibt Picard den Befehl, der borg'schen Rettungskapsel in der Zeit nachzureisen und die in der Vergangenheit geglückte Invasion zu verhindern. Am anderen Ende des Zeitstrudels gelingt es der Enterprise, das kleine Borgschiff zu zerstören, das gerade Montana beschoss. Es ist der 4. April 2063, zehn Jahre nach dem dritten Weltkrieg und einen Tag bevor der Wissenschaftler Dr. Zefram Cochrane den ersten Flug mit einer in ein Raumschiff umgebaute Rakete mit Warp-Antrieb unternimmt und so ein Schiff der Vulkanier auf sich aufmerksam macht, die gerade die Erdumlaufbahn kreuzen. Die weiter entwickelten Vulkanier begeben sich zu der Erde, die sie vorher als primitiv abtaten, um zu erkunden, wer den Warp-Antrieb baute und dieses Treffen wird anschließend zur Gründung der Föderation, Weltfrieden und einer friedlichen Ära. Die Borg versuchten offensichtlich, diesen ersten Kontakt zu verhindern und richteten bereits Schaden an, sodass sich einige Mannschaftsmitglieder auf die Erde begeben, um dem großen späteren Helden Dr. Zefram Cochrane zu helfen, sein später berühmtes Raumschiff rechtzeitig starten zu lassen, doch das Vorhaben erweist sich als schwierig, denn Cochrane ist ein dem Alkohol zugeneigter Wüstling, der nur bedingt Interesse an dem Flug seines Schiffes hat und lieber betrunken zu Rock'n'Roll-Musik in der Kneipe tanzt...

Nachdem Patrick Stewart William Shatner als neuen Kommandanten der Enterprise in "Star Trek VII: Treffen der Generationen" abgelöst hat, macht sich die Mannschaft um Picard in "Der erste Kontakt" erstmals alleine auch auf der Kinoleinwand ins Abenteuer. Regisseur Jonathan Frakes gelang dabei der erfolgreichste Star-Trek-Film, bevor die Reihe 2009 mit noch höheren Einspielergebnissen neu gestartet wurde. Dass besonders "Der erste Kontakt" so publikumswirksam und massentauglich geraten ist, drüfte daran liegen, dass die übliche Trek-Philosophie arg zurück geschraubt und auf einige wenige Verheißungen einer unglaublich friedlichen und ehrbaren Zukunft reduziert wurde. Stattdessen stehen Spannung und Action an erster Stelle und wenn Picard mit wütenden Schreien auf dem Holodeck zwei Borgs mit einer Thompson-Maschinenpistole umnietet, Angsverzerrte Gesichter der Mannschaft gezeigt werden oder die Besatzung die Enterprise mit durchgeladenen Waffen nach Borgs durchforstet, so ist von der üblichen Trek-Atmosphäre und der Philosohpie wenig zu spüren. Die düstere postapokalyptische Erdumgebung in finsteren Wäldern mit mangelhaften Wellblechbauten trägt ihr Übriges zu dem bedrohlichen Grundton des Films bei. Zu den besonders reizvollen Aspekten dürfte das Auftreten der Borg zählen, die in der Serie oft im Dunkeln bleiben und nur erwähnt werden, um als dunkle Bedrohung zur Atmosphäre beitragen. Um auch Nicht-Trekkies, die die TV-Serien nicht verfolgen, die halborganischen Maschinengeschöpfe näher zu bringen, etablierte man die Borg-Königin, die die An- und Absichten der Invasoren formulieren darf. Die TV-Mannschaft schlägt sich auf der Kinoleinwand wacker, aber leider bleiben viele Charaktere im Vergleich zu der alten Generation blass, da sie nicht über die so liebenswerten schrulligen Eigenschaften oder charakterliche Ecken und Kanten verfügen wie seinerzeit McCoy, Spock, Scotty oder auch Kirk. Patrick Stwart ist ohne Frage ein würdiger Nachfolger Shatners, da sich sein Picard so maßgebend von dem vorherigen Kapitän unterscheidet und des Öfteren schimmert Stwarts Bühnenerfahrung leicht hervor. Jonathan Frakes gibt einen äußerst sympatischen Kommandanten Riker und Michael Dorn überzeugt als klingonischer Offizier Worf. Die beiden weiblichen Besatzungsmitglieder Gates McFadden und Marina Sirtis in den Rollen der Medizinerin Dr. Beverly Crusher und der Psychologin Deanna Troi bleiben allerdings recht blass. Alice Kridge überzeugt in der Rolle der verführerischen und kühlen Borg-Königin auf ganzer Linie, auch Brent Spiner führt die Funktion, nach Spock in der Rolle des Androiden Data den Menschen den Spiegel vorzuhalten, angemessen weiter. Alfre Woodard als Coachranes Assistentin geht einem mit den ständig aggressiv aufgerissenen Augen mit der Zeit ein wenig auf die Nerven, der eigentliche Star des Films ist allerdings James Cromwell als Dr. Coachroanes, dem die Rolle des heruntergekommenen, trinkenden Wissenschaftlers sichtlich Freude bereitet. Insgesamt ist "Star Trek VIII: Der erste Kontakt" so weit aus den eigentlichen Star-Trek-Gefilden entfernt wie kaum ein anderer Film der Reihe. Handwerklich top und schauspielerisch größtenteils überzeugend gelang Jonathan Frakes hier ein massentauglicher Sci-Fi-Action/Abenteuer-Film, der auch bei Nicht-Trekkies großen Zuspruch gefunden haben dürfte.

Nach zwei längeren Pausen kehrte Jerry Goldsmith 1996 mit "Star Trek VIII: Der erste Kontakt" wieder zu der erfolgreichen Filmreihe zurück, für deren ersten Teil er einen Meilenstein der Filmgeschichte geschaffen und 1995 bereits das Thema für die neue TV-Serie "Star Trek: Voyager" komponiert hatte. Unterstützung erhielt er dabei von seinem Sohn Joel, der neben mehreren längeren Passagen sogar eine der Schlüsselszenen - den Flug der Phoenix - vertonen durfte. Nachdem "Star Trek V: The Final Frontier" einer der rar gesäten Höhepunkte Ende der 80er Jahre im Schaffen des Meisters war, entspricht "First Contact" größtenteils dem orchestralen, leicht routinierten Stil, der Goldsmiths Spätwerk hauptsächlich dominiert, wobei "First Contact" ähnlich gelagerten Musiken durchaus überlegen ist. Vielleicht liegt es am Einfluss Joel Goldsmiths, dass die Musik verhältnismäßig detailliert instrumentiert ist, während viele orchestral konzipierte Partituren des Vaters aus diesen Jahren wie "U.S. Marshals" oder sogar "First Knight" durch eine sehr durchsichtige Instrumentation auffallen. Das Potential des Orchester wird in "First Contact" voll ausgeschopft, noble Hornmelodien, weite Bögen der Streicher, Schlagwerkattacken und filigrane Holzbläserfiguren bestimmen das handwerklich detailliert gestaltete Klangbild. Natürlich fehlen auch die atmosphärischen elektronischen Einsprengsel nicht, zu denen hauptsächlich ein langgezogener tiefer Effekt für die Borg zählt. Des Weiteren werden allerdings viele klangliche Effekte erfrischenderweise akustisch erzeugt wie die rumpelnden Klavierseiten, gestrichene Tamtams oder schwebende Flageoletttöne der Violinen. Auch das Schlagwerk kommt häufig mit ungestümen Passagen in Form von donnernder Pauke, hämmernden Tomtoms, klirrendem Metall und gedämpften Beckenschlägen zu Wort. Ebenso abwechslungsreich wie die Instrumentierung gestaltet sich auch die thematische Konzeption der Musik, die von mehreren neuen und alten Ideen, getragen wird. Neben der klassischen Courage-Fanfare und dem Star-Trek-Marsch taucht auch das dreitönige "Quest"-Motiv aus dem fünften Film wieder auf und wurde und auch das bekannte "Klingon-Battle"-Thema erklingt oft in Verbindung mit Offizier Worf. Des Weiteren komponierte Goldsmith ein äußerst nobel anmutendes Hauptthema, das im Vorspann in ganzer Pracht vom Horn vorgetragen und den Streichern fortgeführt wird. Eine robuste, von kleinen Sekunden und Tritoni dominierte Melodielinie dient als Thema für die Borg, das oft schrill vom Blech oder den Streichern über hämmerndes Schlagwerk erklingt. Eine etwas getragen wirkende massive Streichermelodie während des Kampfes gegen das Mutterschiff zu Beginn zieht sich im weiteren Verlauf, oft als Solostimme für Flöte wie ein roter Faden durch die Musik. Joel Goldsmiths längere Kompositionen für die Suche nach den Borg in der Enterprise enthalten zusätzlich eine marschähnliche Melodie im tiefen Blechregister.
Zum Filmstart erschien bei GNP Crescendo, die neben rund 40 Minuten Musik auch zwei Songs aus dem Film enthielt. Die CD-Zusammenstellung ist etwas unglücklich geraten, da fast kein Material von Joel Goldsmith enthalten ist, sodass bald mehrere Bootlegs zu zirkulieren begannen. Neben einer gepressten Ausgabe des berüchtigten Berliner Herstellers machte auch ein längeres 2-CD-Bootleg mit mehreren alternativen Aufnahmen die Runde. Die meisten alternativen Fassungen sind allerdings verzichtbar und unterscheiden sich nur minimal von der Filmversion. Im Zuge der erweiterten Star-Trek-Veröffentlichungen legte GNP Crescendo eine auf 10 000 Stück limitierte komplette Fassung auf, die neben der vollständigen Filmmusik auch drei alternative Fassungen enthält und neben einem informativen Booklet auch im Internet eine Track-by-Track-Analyse bereithält.
Mit "Star Trek VIII: First Contact" meldete sich Goldsmith im Trek-Universum gebührend zurück und schuf mit seinem Sohn eine äußerst abweschlungsreiche orchestrale Action-Partitur, die endlich in angemessener Form veröffentlicht wurde und somit in keiner Goldsmith- oder Star-Trek-Sammlung fehlen darf!

 

 

The Ghost and the Darkness - Der Geist und die Dunkelheit

 

Der britische Ingenieur John Patterson ist von dem afrikanischen Kontinent begeistert und fasziniert. Umso glücklicher wird er, als er 1898 von Sir Robert Beaumon beauftragt wird, in der britischen Kolonie eine Brücke über dem Fluss Tsavo zu errichten, die eine Eisenbahnlinie durch die Steppe ermöglicht und so die Grenzen der Kolonie verbindet. Pattison verabschiedet sich von seiner schwangeren Frau, der er verspricht noch vor Geburt des Kindes zurück zu kehren und macht sich auf die Reise. An der Baustelle trifft er den britischen Aufseher Angus Starling, der sich stets im Streit mit David Hawthorne, dem Doktor befindet sowie Samuel, einen afrikanischen Eingeborenen, der das Vertrauen aller Arbeiter genießt. In dem Lager herrscht allgemeine Spannung, die von den unterschiedlichen Religionen der Arbeiter herrührt. Außerdem wurden mehrere Menschen von einem Löwen attackiert, der nachts um das Lager herumschleicht. Schon in der ersten Nacht nach seiner Ankunft legt sich Pattison auf die Lauer und erlegt das Raubtier mit nur einem Schuss. Dadurch gewinnt er auf einen Schlag das Vertrauen sämtlicher Menschen auf der Baustelle, sodass die Arbeiten zügig und erfolgreich vorankommen. Eines Nachts jedoch wird Mahina, ein afrikanischer Vorarbeiter, nachts von einem Löwen aus seinem Zelt geschleift und in der Steppe zerfleischt. Jede Hilfe kommt zu spät. Tags darauf greift ein Löwe sogar mitten im Lager einen Arbeiter an. Bei einem Rettungsversuch kommt Sterling ums Leben und bald darauf wird klar, dass es sich um zwei Löwen handelt, die von den Arbeitern bald "Der Geist und die Dunkelheit" getauft werden. Obwohl mehrere Vorkehrungen getroffen werden, fallen immer wieder Menschen den Tieren zum Opfer und Pattersons Versuche, die Löwen zu erlegen, schlagen fehl. Als Sir Robert Beaumon die Baustelle besichtigt und äußerst unzufrieden über den mittlerweile schleppenden Verlauf der Arbeiten ist, verspricht er, den berühmten Großwildjäger Charles Remington zu benachrichtigen, der bald darauf mit mehreren Massai-Kriegern eintrifft. Am nächsten Tag macht sich Pattison mit Remington und den Kriegern auf die Jagd, als der Ingenieur plötzlich einer der Raubkatzen Auge in Auge gegenüber steht...

Fast genau 100 Jahre nach den blutigen Ereignissen wurden die Vorkommnisse an einer britischen Baustelle auf die Leinwand gebracht. Der einleitende Satz, dass alles gezeigte der Wahrheit entspräche, ist allerdings - wie in jeder Verfilmung historischer Ereignisse - mit Vorsicht zu genießen. Im Jahre 1898 hielten tatsächlich zwei männliche Löwen eine Baustelle am Fluss Tsavo für neun Monate in Angst und Schrecken. Der zuständige britische Ingenieur Patterson behauptete, die Löwen hätten 135 Menschen getötet, bisher konnte immerhin nachgewiesen werden, dass die Raubkatzen immerhin 35 der Arbeiter verspeist haben. Für die Gründe des aggressiven und untypischen Verhaltens der Löwen gibt es verschiedene Theorien. Neben der schlüssigen und weit verbreiteten These, die Löwen hätten sich wegen Futterknappheit an Menschen vergangen, ist es auch möglich, dass zumindest einer der Löwen geistesgestört war. Der Schädel weist einige Anomalien auf, die das Jagdverhalten des Tieres beeinträchtigt haben könnten. Das erklärt allerdings nicht das Verhalten des anderen Löwen. Colonel Patterson jagte und erlegte die beiden Raubkatzen schließlich nahezu im Alleingang. Somit ist die Figur des Großwildjägers Charles Remington, der von dem anglo-amerikanischen Großwildjäger Cahrles Ryall inspiriert wurde, reine Fiktion. Auch die Löwen entsprechen nicht der Rasse der Raubkatzen damals, die nämlich nicht über eine fotogene Mähne verfügten. Abgesehen von derartigen historischen Unstimmigkeiten und fiktiven Charakteren ist Regisseur Stephen Hopkins allerdings ein sehr unterhaltsamer und atmosphärisch dicht inszenierter Abenteuerfilm gelungen, der besonders durch die beeindruckenden Landschaftsaufnahmen des Nationalparks Songimvel und der detaillierten Ausstattung gewinnt. Auch wenn man einige historische Fakten außer Acht ließ, so wurde doch auf Authentizität geachtet. Allerdings sind die Actionszenen nicht ganz zufriedenstellend. Oftmals sieht man die Löwen nicht richtig oder aber die Protagonisten stellen sich teilweise überflüssig dumm an. Im entscheidenden Moment hat das Gewehr Ladehemmungen, fällt die Waffe runter, stolpert man etc. Das wird bei rund fünf Auseinandersetzungen Pattersons mit den Löwen schließlich vorhersehbar und ermüdend. Somit überzuegt der Film besonders durch seine Schauwerte. Die Massai-Krieger, mit denen Remington eintrifft, sind tatsächliche Stammeskrieger und für die Löwen wurden fast durchgängig echte Tiere eingesetzt. Auch die Schauspieler sind allesamt treffend besetzt. Val Kilmer sieht dem historischen Vorbild des Colonel Pattersons absolut nicht ähnlich, verkörpert den afrikafaszinierten, ehrgeizigen jungen Ingenieur allerdings vielschichtig und sympatisch. Michael Douglas, der auch an der Prodution beteiligt war, scheint seine Rolle als leicht schrulliger Großwildjäger Remington sichtlich Spaß zu machen. John Kani als bedachter Samuel überzeugt durchweg und Bernard Hill nimmt man den Arzt voll ab. Tom Wilkinsson spielt den rücksichtslosen Robert Beaumont mit perfektem Benehmen herrlich zwiespältig und Brian McCardie verdient sich als redefreudiger Angus Sterling einige Sympathiepunkte.
Insgesamt ist "Der Geist und die Dunkelheit" ein schön fotografierter, atmosphärisch dichter und mit durchweg guten Schauspielern besetzter Abenteuerfilm, über dessen Schwäche in den Actionszenen man hinwegsehen kann.

 

In den letzten Jahren seinen lebens steuerte Jerry Goldsmith einige überzeugende Beiträge in den Katalog der Abenteuerfilmmusiken in den 90er Jahren bei, zu denen auch "Der Geist und die Dunkelheit" ohne Frage gehört. Der Komponist hatte bereits zwei Jahre zuvor mit "Congo" ein in Afrika angesiedeltes Abenteuer vertont, sollte diese Musik allerdings selbst übertreffen. Die grötenteils orchestral gehaltene Musik ist mit mehreren Leitmotiven versehen. Für den Protagonisten schrieb Goldsmith ein tänzerisches Flötenthema, was sofort Assoziationen an die irische Heimat des Ingenieurs Patterson weckt. Dieses Thema wird allerdings von afrikanischen Handtrommeln begleitet, sodass von Anfang an beide Erdteile musikalisch miteinander verbunden werden und Pattinsons Faszination für den exotischen Kontinent zum Ausdruck kommt. Die bildschöne Landschaft fing der Komponist mit einem erhabenen Hornthema ein, dass sich fast hymnisch über ausladende Streicher und massive Schlagzeugbegleitung steigert. Das Blech spielt ohnehin eine bedeutende Rolle in der Musik, die fast durchgehend auf schweren und erhabenen Charakter ausgelegt ist. Auch für die Löwen komponierte Jerry Goldsmith ein erhabenes und ausladendes Thema, das hauptsächlich auf einem gebrochenen Moll-Akkord basiert und in den Hörnern erklingt. Neben dem typischen Arsenal an Synthsizern, die allerdings nur sporadisch zum Einsatz kommen, standen dem Komponisten ein Gesangsensemble aus indischen und afrikanischen Stimmen sowie der Solist Nusrat Fateh Ali Khan zur Verfügung. Das Potential des Chors, der der sehr westlich geprägten Musik eine spezifische Farbe hätte verleihen können, wird allerdings nicht genutzt. Stattdessen wurde der Gesang in den Media Venture Sutdios seperat aufgenommen und teilweise gesampelt wie die kriegerischen Rufe, die elektronisch zu einem künstlichen Hauchen verzerrt wurden, das während der Vorspannmusik den Hörgenuss deutlich trübt, weil es sich in den Orchesterklang überhaupt nicht einfügt. Auch der Sologesang während des Löwen-Themas ist deutlich gesampelt und wirkt zu rau und künstlich. Es ist völlig unklar, warum man so mit den Stimmen umgegangen ist, aber ein Gewinn ist es für die Musik nicht. In den Actionpassagen sagt sich Goldsmith erfrischenderweise von seinen Ostinatostrukturen los und lässt der Klanggewalt des Orchesters mit massiven Schlagwerkattacken, Blechakkorden und gehetzten Streicherrhythmen freien Lauf. Die ungebändigte Musik für die Angriffe der Raubkatzen lässt sich somit mit ähnlichen Momenten aus dem zur selben Zeit entstandenen "The Edge" vergleichen.

Zum Filmstart erschien ein CD-Album, das alle wichtigen Passagen und Themen in einer dem Hörfluss sehr zuträglichen Präsentation enthielt. Eine längere Bonussektion, die vielleicht auch Freunde der Weltmusik zum Kauf anregen sollte, wird durch fünf Gesänge des gemischten Chors und Nusrat Fateh Ali Khans bestritten. Auch wenn diese Sektion dem Goldsmith-Puristen wenig attraktiv erscheint, so ist sie dennoch eine nette stimmungsvolle Zugabe, die aber leider auch deutlich macht, welches Potential mit den gesampelten Stimmen in der orchestralen Filmmusik verschenkt wurde. Die CD ist mittlerweile vergriffen und nur noch zu gehobenen Preisen erhältlich, doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch hier die expandierte Neuauflage auf dem Markt erscheinen wird. Jerry Goldsmith schrieb für "The Ghost and the Darkness" eine melodisch inspirierte, mit vielen erhabenen Blechmomenten und heftigen Actionpassagen aufwartende Abenteuerfilmmusik.

 

 

Fierce Creatures - Wilde Kreaturen

Der kleine, britische Marwood Zoo wird von dem Riesenunternehmen Octopus Inc., das von dem geldgierigen neuseeländischen Milliardär Rod McCain geleitet wird, aufgekauft. Als Zoodirektor setzt das Unternehmen den ehenmaligen Polizisten Rollo Lee ein, der einst in Hong Kong arbeitete und sich vor einer schier unmöglichen Aufgabe sieht: jedes von Octopus Inc. gekaufte Unternehmen muss seine Gewinne um 20% steigern, damit es von McCain nicht geschlossen wird. Dabei werden dem überforderten Direktor die ehrgeizige Managerin Willa Weston und McCains Sohn Vince zur Seite gestellt. Vince leidet sehr unter dem herablassenden Verhalten seines Vaters ihm gegenüber, dem er nie gerecht werden kann. Er kompensiert sein zerstörtes Selbstbewusstsein durch zahlreiche Annäherungsversuche an Willa, die sich jedoch zu Rollo Lee hingezogen fühlt. Dieser ist der Meinung, dass Gefahr und Gewalt als beste Publikumsmagneten fungieren und ordnet an, den Zoo nur noch mit gefährlichen Raubtieren zu bevölkern. Die Tierpfleger protestieren, doch Lee ordnet die Erschießung sämtlicher niedlicher und harmloser Tiere an, die er anschließend auch augenscheinlich selbst ausführt. Die Tierpfleger versuchen mit allen Mitteln, ihre harmlosen Schützlinge zu retten, indem sie Unfälle vortäuschen oder die Infoschilder an den Gehegen umschreiben und so aus kleinen Lemuren wilde Menschfresser werden. Währenddessen versucht Vince, die Besucherzahlen durch eigene fragwürdige Methoden anzukurbeln. Neben einem elektronischen Pandabären und mit Firmennamen zugekleisterten Anzüge für die Tierpfleger versucht der Milliardärssohn mit angeblichen prominenten Paten für besonders langeweilige Tiere zu locken. Dabei bereichert sich Vince hauptsächlich selbst und unterschlägt über eine Million Sponsorengelder. Er bietet Willa an, mit ihr und dem Geld durchzubrennen, doch diese lehnt empört ab. Als Rod McCain für einen Besuch in London eintrifft, spitzt sich die Lage zu, denn der Zoo bringt bei Weitem nicht genug ein. Vince versucht, mit dem unterschlagenen Geld zu fliehen, wird allerdings von Willa, Rollo und den Tierpflegern aufgehalten und so von seinem Vater überrascht. In völliger Verzweiflung zieht Vince eine Pistole und bei dem folgenden Handgemenge wird Rod McCain tödlich getroffen und nur wenige Minuten später soll die Polizei eintreffen, die der Erschossene zuvor gerufen hatte, um seinen Sohn verhaften zu lassen...

1988 schufen John Cleese und Cahrles Crichton mit "Ein Fisch namens Wanda" einen absoluten Klassiker im Genre der Komödie. Neun Jahre später versammelte sich ein großer Teil der Besetzung erneut für "Wilde Kreaturen", dessen Drehbuch John Cleese zusammen mit Iain Johnstone und William Goldman geschrieben hatte. Regie führte dieses Mal der Komödienerprobte Fred Schepisi. Da man nicht davon ausging, "Ein Fisch namens Wanda" übertreffen zu können, entschied man sich gegen eine strikte Fortsetzung und obwohl es inhaltlich keine Parallelen zu dem erfolgreichen Vorgänger gibt, fallen dem kundigen Cineasten doch mehrere Anspielungen auf. So nennt Rollo Lee Willa einmal versehentlich "Wanda" und alle vier Hauptdarsteller spielen dieselben Typen wie neun Jahre zuvor. John Cleese gibt wieder den aufrechten und standhaften Protagonisten, Jamie Lee Curtis die anfangs Undurchschaubare, Kevin Kline darf dieses Mal in einer Doppelrolle auf zwei verschiedene Arten den Antagonisten spielen und Michael Palin spielt als ewig plappernder Tierpfleger nun das genaue Gegenteil seines in "Wanda" ewig stotternden Charakters. Dabei ist die gesamte Besetzung mit sehr viel Spielfreude dabei, insbesondere Kevin Kline gebürt ein besonderes Lob, denn seine Darstellung des machtgierigen Rod McCains und dessen schmierigen Sohnes Vince ist überaus gelungen. Auch die Nebendarsteller überzeugen durch engagiertes Spiel und durch den Ort der Handlung sorgen allerlei Tiere für Abwechslung. Das Drehbuch ist humorvoll, die Inszenierung temporeich und witzig, sodass den Beteiligten mit "Wilde Kreaturen" eine durch und durch unterhaltsame Komödie gelungen ist. So brillant wie "Ein Fisch namens Wanda" ist der Film dann allerdings doch nicht gworden, sodass es eine äußerst kluge Entscheidung war, statt einer Fortsetzung einen eigenständigen Film zu drehen, denn für sich gesehen ist "Wilde Kreaturen" äußerst sehenswert.

Für "Ein Fisch namens schrieb John Du Prez, der schon für mehrere Monty Python-Projekte gearbeitet hatte, eine polystilistische Musik, die von großorchestralem Pomp und Gloria bis zu verhaltenen Jazz-Einlagen reichte. Für "Wilde Kreaturen" wurde Jerry Goldsmith verpflichtet, der schon bei vier Filmen mit Regisseur Fred Schepisi zusmmen gearbeitet hatte. Da "Wilde Kreaturen" wenig Musik enthalten sollte, wählte der Komponist ein kleines Ensemble, bestehend aus einigen Holzbläsern, einem Streichquartett, Klavier, Keyboard und einer Schlagzeugbesetzung mit Drumset, Stabspielen und Pauken. Es ist erstaunlich, was für eine vielseitige Musik der Komponist innerhalb dieser kurzen Laufzeit und in Hinblick auf die schmale Besetzung schrieb. Wie schon Du Prez im Vorgängerfilm löst sich Goldsmith von einem stilistisch stringentem Konzept, verzichtet auf klare Leitmotive und bedient sich mehrerer unbterschiedlicher Stilistiken. Springende Delphine werden von einem eleganten Cellosolo über beschwingte Klavierbegleitung untermalt, das vermeintliche Begräbnis der angeblich erschossene Tiere begleitet eine düstere Cellomelodie, die der schwermütigen Kammermusik eines Franz Schubert nahesteht und ein ruppiges Fugato des Streichquartetts fängt das teils herrschende Chaos im Zooalltag ein und mengt sich schon bald mit den jazzigen Rhythmen des Schlagzeugs. Eine leicht poppige Idee, die Willa zugeordnet ist, entnahm der Komponist dabei 1:1 seiner abgelehnten Musik zu "2 Tage in L.A.", die sich hier nahtlos einfügt und in einem zackigen Marsch blitzen sogar Stravinsky-mäßige parallel geführte Klavierakkorde auf. Jedes Stück hält eine neue musikalische Überraschung bereit, wobei die Musik nicht wie die des Vorgängers in ihre einzelnen Bestandteile zerfällt und wirkt trotz der bunt gemischten Elemente wie aus einem Guss. "Wilde Kreaturen" ist in Goldsmiths Werk nahezu einzigartig und könnte höchstens in den Passagen für Streichquartett entfernt mit "Six Degrees of Seperation" genannt werden. Durchweg leichte, aber fein gearbeitete Kost, man spürt jede Sekunde Goldsmiths Spaß an der Sache, die sich hörbar auf die Musiker überträgt, sodass die knappe halbe Stunde wie im Flug vergeht.
Da mehrere Passagen im Film unter einer Minute Laufzeit haben, nahm Goldsmith sogar mehrere Stücke alleine für das Album auf, das mit einer halben Stunde Laufzeit alle wichtigen Elemente der Musik in tadellosem Hörfluss präsentieren. Das bei Varèse erschienene Album wird zwar anscheinend nicht mehr gepresst, ist aber zu normalen Preisen zu erwerben und klar zu empfehlen, denn Jerry Goldsmith komponierte für "Wilde Kreaturen" eine äußerst spritzige Komödienpartitur, die durch die individuelle Besetzung und die unterschiedlichen Stilistiken nie langweilig wird.

 

 

1997

 

Air Force One

 

Der kasachische Diktator Ivan Radek wird gemeinsam von den USA und Russland in einer Nacht und Nebel Aktion aus seiner Villa entführt und verhaftet. Um den strategischen Sieg zu feiern, findet ein Galadinner in Moskau statt, zu dem James Marshall, der amerikanische Präsident als Ehrengast geladen ist. Ohne Absprache mit seinen Beratern hält er eine Rede, in der er allen Terroristen auf der Welt den Kampf ansagt, wofür er bei den Gästen und der amerikanischen Bevölkerung großen Zusrpuch erntet, von seinen Beratern allerdings die Befürchtung, dass man dieses Versprechen nicht einhalten könne. Am Abend nach dem Festmahl in Moskau begibt sich Marshall mit seiner Frau und der gemeinsamen Tochter zur Air Force One, die den mächtigsten Mann der Welt noch in derselben Nacht nach Washington fliegen soll. An Bord befindet sich auch ein russisches Presseteam, das einige Aufnahmen von dem Präsidenten machen will. Kurz nach dem Start verschaffen sich die angeblichen Journalisten, bei denen es sich in Wahrheit um kasachische Terroristen handelt, mit der Hilfe eines amerkianischen Sicherheitsbeamten zutritt zu den an Air Force One gelagerten Waffen und entführen das Flugzeug. Während in der Air Force One ein furioses Feuergefecht stattfindet und die Geiseln Fluggäste zusammengetrieben werden, schaffen zwei amerikanische Agenten es, den Präsidenten zur Rettungskapsel zu bringen. Marshall weigert sich allerdings, ohne seine Familie zu fliehen, doch für die Rettung von Frau und Kind bleibt keine Zeit mehr, sodass die Kapsel mit nur einem Passagier abgeworfen wird. Währenddessen haben sich die Terroristen auch des Cockpits bemächtigt und Ivan Korshunov, der Anführer der Gruppe, nimmt Kontakt zu der Vizepräsidentin Katrhyn Bennett in Washington auf, die in kurzer Zeit einen Krisenstab zusammenrufen konnte. Korshunov verlangt, dass General Radek sofort aus seiner Haft entlassen wird, ansonsten wird jede Stunde eine Geise exekutiert. Dabei lässt sich der Terorist auf keine Verhandlung ein. Während dessen ist der es Bundeswehr gelungen, die Rettungskapsel in der Nähe des amerikanischen Stützpunktes bei Rammstein ausfindig zu machen, doch als sie die Rettungskapsel öffnen, erwartet die Soldaten eine Überraschung: Sie ist leer. Tatsächlich ist es Präsident Marshall gelungen, heimlich an Bord der Air Force One zu bleiben. Alleine und ohne jede Hilfe macht er sich zum Kampf auf, seine Familie zu retten, die Geiseln zu befreien und sein Flugzeug von den kasachischen Terroristen zu säubern...

Mit Wolfgang Petersen als Regisseur, Michael Bahlhaus hinter und Harrison Ford mit Gary Oldman vor der Kamera verfügt "Air Force One" über die besten künstlerischen Voraussetzungen, die ein Film eigentliche haben könnte. Umso ärgerlicher ist das finale Resultat: Ein propagandistischer, von Schwarzweißmalerei lebender und von triefendem Patriotismus erstickter Actionthriller, dessen pro-amerikanischer Tenor oftmals ins parodistische abzurutschen droht. Wenn Präsident Marshall einen von vier Drähten kappen muss, entscheidet er sich natürlich für geld, denn "Rot, Blau und Weiß gehören zusammen." Diese und andere Peinlichkeiten sind in "Air Force One" an der Tagesordnung und höchstens noch von den amerikanischen Bürgern ernst zu nehmen, die sich zu Zeiten Bill Clintons mal wieder einen richtigen Mann zum Präsidenten wünschten. In diesem Film wird der amerkianische Führer zu einem perfekten Helden hochstilisiert, der die Rettung der Nation und der Familie im Alleingang auf sich nimmt. Wenn er vor der Entführung lässig mit Bierflasche posiert, billige Witzchen mit dem Piloten reißt und als lockerer Familienvater charakterisiert wird, ist "Air Force One" ebenso wenig an Lächerlichkeit zu überbieten wie an bedenklich überzogener Propaganda. Dabei ist der Film handwerklich tadellos. Die Regie Wolfgang Petersens und die Kamerarbeit Michael Ballhaus sorgen für eine besonders dichte Atmosphäre. Man meint fürmlich, den Geruch von Polsterbezügen, Teppichboden und Plastik kurz vor dem Abflug im Großraum des Flugzeugs riechen zu können. Die langen Kamerfahrten und der fließende Schnitt sind an Eleganz kaum zu überbieten wie stets genau abgestimmte Beleuchtung. Auch die Schauspieler liefern alle gekonnte Darbietungen ab. Harrison Ford brilliert als Präsident Marshal in den Actionszenen, vermag aber auch die Angst um seine Familie in expressiven Minenspiel treffend wiederzugeben. Gary Oldman hat sichtlich Spaß an seiner Rolle Ivan Korshunovs und spielt einen herrlich durchgeknallten Terroristen. Glenn Close kann als Vizepräsidentin ebenso überzeugen wie Wendy Crewson als Präsidentengattin und Jürgen Prochnow hat zwei schön übertriebene Szenen in der Rolle General Radeks. Insgesamt ist "Air Force One" ein erstklassig gedrehter und gespielter Actionthriller, dessen überpatriotisches Drehbuch den Film allerdings teilweise unfreiwillig komisch erscheinen lässt.

 

Wolfgang Petersen wählte des Öfteren Komponisten für seine Filme, die nicht auf Anhieb einleuchteten. So verpflichtete er den auf Dramen spezialisierten Gabriel Yared für eine groß angelegt Musik für „Troja“ – eine Aufgabe, die Yared hervorragend meisterte, die jedoch bei den Produzenten und dem Testpublikum durchfiel. Eine ähnliche Situation ereignete sich auch bei „Air Force One“. Hier entschied sich Petersen für Randy Newman, der zuvor noch nie einen Actionfilm vertont hatte. Für Newman, der hauptsächlich für Komödien komponierte, schien die peinliche Propaganda des Films ein gefundenes Fressen zu sein, denn der Komponist schrieb eine Musik, die jeden noch so kleinen Aspekt ins parodistische überzog. Handwerklich äußerst versiert gearbeitet nimmt die Musik den Film zu keinem Zeitpunkt ernst. Das wird schon bei den Themen für Marshall oder die Terroristen deutlich. Für den Präsidenten steht eine derart leichtfüßig optimistische Melodie, die jeden Ernst vermissen lässt, während die Drohungen Korshunovs am Telefon von einer russisch folkloristischen Klarinettenmelodie begleitet werden. Die Actionmusik ist derart hektisch und übertrieben geraten, dass sie die spannenden Feuergefechte fast comichaft wirken lässt. Petersen konnte immerhin eine knappe Stunde Musik aufnehmen bis zu der Szene, in der Marshall und Korshunov gegeneinander kämpfen, bevor Petersen und die Produzenten entsetzt die Notbremse zogen. Innerhalb von zwölf Tagen mussten 90 Minuten Musik komponiert werden und die Wahl fiel auf Jerry Goldsmith, der Unterstützung von Joel McNeely erhielt. Petersen bat um einen weitaus seriöseren und gleichzeitig patriotischen Ansatz in der Musik. Die Arbeitsweise der beiden neuen Komponisten erfolgte so, dass Goldsmith alle wichtigen Themen komponierte und die wichtigsten Szenen vertonte, während McNeely die restliche Musik auf Basis von Goldsmiths Ideen ausarbeitete.

Als Hauptthema fungiert eine kräftige Fanfare des Blechs, die wuchtigen Schlagen der Perkussion verstärkt und anschließend von den Streichern heroisch zum Abschluss geführt wird. Dieses Thema ist zwar patriotisch, aber Goldsmith-typisch gradlinig, sodass es den Geist des Films viel weniger albern einfängt als Newmans Ansatz. Für die Russen komponierte Goldsmith einen langsamen, an osteuropäische Musik erinnernden Blechchoral, der allerdings weniger stereotypisch rüberkommt als die abgelehnte Musik für die kasachischen Terroristen. Die Choralmelodie für die Terroristen beginnt mit einer fallenden kleinen Sekunde – einem Motiv, das auch oftmals in den Action- und Suspenseszenen bedrohlich hervorlugt. Die familiäre Szene zu Beginn in der Air Force One wird mit einer sanften Flötenmelodie über zarte Streicherbegleitung gespielt und entspricht dem typisch einfühlsamen, aber nie in Kitsch abgleitenden Idiom ähnlicher Ansätze des Meisters in seiner späten Phase. Der Fokus liegt bei der Musik für „Air Force One“ allerdings auf Action und es ist erstaunlich, was Goldsmith in dieser kurzen Zeit an wuchtiger Musik zu Papier brachte. Neben den hervorragenden Actionpassagen in „Mulan“ und „Der erste Ritter“ ist dem Komponisten in seinen letzten Jahren selten eine dermaßen tempo- und abwechslungsreiche Musik gelungen. Die Streicher übernehmen hier oft gehetzte und rhythmisch ungerade Ostinati, die von dem Schlagwerk zusätzlich markiert werden während die Bläser einzelne Actionmotive oder Passagen der Hauptthemen vorantreiben. Es ist bemerkenswert, wie symbiotisch Goldsmith seine thematischen Ideen in der Actionmusik zusammen flechtet und der Musik bis zum explosiven Finale zu keinem Zeitpunkt die Puste ausgeht. Auch Joel McNeelys Verdienst sei hier nicht unerwähnt. Es ist erstaunlich, wie er es schafft, den Stil seines alten Kollegen zu imitieren, sodass ein Ganzes entsteht. Zwar scheint die Musik in den längeren Suspensepassagen nach der Entführung etwas durchzuhängen, doch anschließend schafft McNeely es, auch dem immerhin spannend komponierten Katz-und-Maus-Szenen musikalisch Tempo zu verleihen. Neben den Actionszenen, die Goldsmiths Beiträgen weder in orchestraler Wucht oder Kraft nachstehen, dürfte der Höhepunkt McNeelys die Freilassung Radeks sein. Hier setzte er einmalig einen Männerchor ein, der den Russenchoral in voller Blüte wortlos über die satte Blechbesetzung intoniert.

Randy Newmans abgelehnte Musik ist bis heute nicht offiziell erhältlich. Allerdings existiert ein gepresstes Bootleg mit den fast vollständigen Aufnahmen Newmans, das mit unveröffentlichten Auszügen aus McNeelys Musik aufgefüllt wurde. Es existieren allerdings mehrere CD-R-Bootlegs mit der kompletten Aufnahme Newmans, die immerhin die ersten 90 Minuten des Films abdeckt. Die verwendete Musik erschien zum Filmstart bei Varèse Sarabande. Auf dieser CD sind allerdings nur Goldsmith Beiträge enthalten, weil er und McNeely mit verschiedenen Orchestern aufgenommen haben und die Lizenzen den finanziellen Rahmen gesprengt hätten. McNeelys Musik kann allerdings auf einem gut produzierten und weit verbreiteten 2-CD-Bootleg inklusive Goldsmith Musik gehört werden. Es ist also an der Zeit, dass man zumindest die komplette verwendete Musik zugänglich macht und hierfür wäre der Varèse Club die richtige Adresse, denn Goldsmith gelang für „Air Force One“ mit einiger Unterstützung seine wuchtigste und temporeichste Actionmusik nach „Total Recall“ und seinen letzten brillanten Beitrag für das Genre.

 

 

L.A. Confidential

Los Angeles 1953: Der Oberboss des organisierten Verbrechens - Mickey Cohen - wird von der Polizei verhaftet und hinterlässt so einen freien Thron, um den sich viele Interessenten reißen werden. Im Zentrum des Films stehen drei Polizisten unterschiedlicher Art, die locker durch eine Schießerei in einer Kneipe, miteinander verbunden sind: Wendell White (Russel Crowe), der das Herz am rechten Fleck hat, aber auch gerne von seinen starken Fäusten Gebrauch macht, wenn es darum geht, einer Frau bei zu stehen oder ein Geständnis zu bekommen und dessen Partner bei der Schießerei ums Leben kam, Jack Vincennes (Kevin Spacey), der charmante Gentleman, der sich gerne selbst inszeniert, für eine TV-Show berät und auch das eine oder andere Schmiergeld in seine Taschen steckt und der junge austrebende und überaus korrekte Edmund Exley (Guy Pierce), der sich an die Vorschriften und Regeln hält.
Bei den Ermittlungen geraten die Polizisten an reiche "Unternehmer", die ihre Prosituierten umoperieren lassen, damit sie Filmstars ähneln, einen findigen aber undurchschaubaren Redkateur eines Boulevard-Magazins und weitere verdächtige oder auch konkret unangenehme Personen. Hegen die drei anfangs eine Abneigung gegenüber der Personen und des Verhaltens ihrer Kollegen beginnen sie langsam, voneinander zu lernen und sich zu helfen. Schließlich geht es darum, den Mord an einem ehemaligen Kollegen zu rächen und zu verhindern, dass ein anderer an Mickey Cohens Stelle tritt.
Regisseur Curits Hanson schuf mit "L.A. Confidential" einen großartigen Film Noir der Neuzeit und fängt die Stimmung L.A.s in den 50ern mit authentischen Kostümen, der Ausstattung und einer tollen Beleuchtung gekonnt ein. Die Schauspieler geben offensichtlich ihr Bestes und das spannende Drehbuch Hansons nach dem Roman von James Ellroy trägt viel zur Inspiration bei. Die Gegenübertsellung der schillernden Show-Welt L.A.s und dem Sumpf des organisierten Verbrechens und der Kleinkriminalität schafft eine wirkungsvolle Spannung, die durch die Reibereien der Protagonisten verschärft wird. Hanson setzte viele Elemente des Cop-Buddy-Movies und des Film Noir ein und verschmilzt sie zu einem atmosphärisch dichten und handwerklich durchweg überzeugenden Thriller.
 

Jerry Goldsmith hatte 1997 schon viele Thriller vertont und mit "Basic Instinct" eine ganze Generation der Thrillermusik geprägt und das Genre um so originelle wie geniale Musiken wie "China Town" oder "Magic" und "The Satan Bug" bereichert. Auch für "L.A. Confidential" legte sich der Komponist, der sich in den vergangenen Jahren gerne selbst auf seiner "Basic Instinct"-Musik in routinierten ("The Vanishing") aber auch gänzlich inspirationslosen ("Malice") Kopien ausruhte, wieder ins Zeug. Für die Besetzung wählte Goldsmith den Streicherapperat eines Orchesters, einfach besetzte Blechbläser, Klavier und Perkussion – auf Holzbläser wurde komplett verzichtet. Stattdessen greift Goldsmith auf ein altbewährtes Solo-Instrument zurück: die Trompete. Diese spielte schon früher in Thrillermusiken wie „2 Days in the Valley“, „Chinatown“ oder „Rent-a-cop“ eine wichtige Rolle und ist in über 50% der Musik vertreten. Als harmonische Grundlage wählte Goldsmith die weder auf Dur oder moll festgesetzte Pentatonik während die Actionpassagen nahezu komplett atonal konzipiert sind. Rhythmisch begegnen einem im Laufe der Musik natürlich die für Goldsmith typischen ungeraden Metren. Durch die Instrumentation erhält „L.A. Confidential“ einen recht düsteren Anstrich und durch die ungeraden Rhythmen einen leicht treibenden Charakter. In den wohl dosiert eingesetzten Actionmomenten wird die Musik sehr harsch und ruppig. Eindrucksvolle Beispiele dürften das Eröffnungsstück „Bloody Christmas“ mit dem brachialen Paukensolo und den äußerst dissonanten ruppigen Streicherlinien sowie die Musik im Vernehmungsraum, als Bud ausrastet sein. Gegen Ende während der finalen Schießerei verliert sich Goldsmith allerdings in den immergleichen krawalligen Schlagwerkattacken und kurzen Orchesterausbrüchen. Die Suspense-Passagen werden oft von dezupften Streichern, dem typischen tiefen Klavierketten und der Solotrompete bestritten. Insgesamt schuf Goldsmith mit „L.A. Confidential“ eine sehr stimmungsvolle Musik für einen atmosphärisch dichten Film, die sich erfrischend aus den leider zu vielen gesichtslosen Musiken des Altmeisters dieses Genre in den 90ern hervorhebt. Auf dem von Varèse veröffentlichten Album wurde die oft aus sehr kurzen Passagen bestehende Musik zu längeren Suiten zusammen gefasst und deckt alle Facetten der Musik zufrieden stellend ab. Es sei hier nicht unerwähnt, dass auch die zeitgenössischen Songs zu der geschlossenen Atmosphäre des Films beitragen und ebenfalls auf CD veröffentlicht wurden.

 

 

The Edge - Auf Messers Schneide - Rivalen am Abgrund

 

Charles Morse hat ein fotografisches Gedächtnis und dieses sein Leben lang ausgiebig genutzt. Fast jede Sekunde seiner Freizeit in Bücher vertieft, baute er mit seinem Intellekt und seiner logischen und überlegten Denkweise ein Unternehmen auf, mit dem er Billionen verdiente. Sein Glück fand der Billionär schließlich in der jüngeren und äußerst attraktiven Mickey, die bald seine Ehefrau wurde. Mickey arbeitet als Fotomodell und wird oft vom ehrgeizigen Fotografen Robert Green abgelichtet. An Charles Geburtstag ist ein Fotoshooting in Nordamerika mit Mickey geplant, die mit einem männlichen Modell vor der wilden und unberührten Natur posieren soll, in der sich die Holzhütte befindet, die Charles, Mickey, Robert und Stephen als Quartier dient. Styles, der Besitzer der Hütte, warnt seine Gäste vor wilden Bären in der Umgebung. Die Gruppe wartet vergebens auf Mickeys männlichen Kollegen, der allerdings wegen schwerer Krankheit absagt. Robert Green entdeckt in der Hütte das Foto eines Indianers, einem Bekannten von Styles, den dieser ein Jahr zuvor abgelichtet hatte und ist begeistert von der Ausstrahlung des Ureinwohners, der sich gerade im Wald auf Bärenjagd befindet. Er beschließt, den Indianer aufzusuchen und zum Fotoshoot mit Mickey zu überreden, sodass sich bald der Fotograf mit seinem Assistenten und Charles in dessen Privatjet auf den Weg zur Hütte des Bärenjägers begeben. Auf dem Flug kollidiert das Flugzeug allerdings mit einem aus dem Nichts auftauchenden Vogelschwarm und stürzt ins Wasser. Der Pilot stirbt, Robert gelangt schnell an die Wasseroberfläche und Stephen kann von Charles im letzten Moment vor dem Ertrinken gerettet werden. Völlig alleine in der Wildnis und ohne Ausrüstung, beginnen Green und sein Assistent bald zu verzweifeln während Morse sich nicht aus der Ruhe bringen lässt und sein enzyklopädisches Wissen nutzt, die Orientierung wieder zu finden und möglichst schnell Pläne zu entwerfen, wie die drei Männer zurück zur Hütte gelangen können, bevor der kalte Winter einsetzt, der in wenigen Tagen hereinbrechen wird. Durch einen selbstgebauten Kompass Mores schöpfen die Männer Hoffnung und machen sich auf den Weg, doch schnell merken sie, dass ihnen ein ausgewachsener Bär auf der Fersen ist. Ohne jede Waffen, Nahrung oder angemessener Kleidung beginnt für die Männer ein Kampf ums nackte Überleben...

Der innerhalb von vier Monaten in Alberti und British Columbia gedrehte "The Edge" ist ein äußerst unterhaltsamer Abenteuerfilm, der von der prächtigen Naturkulisse, engagierten Schauspielern (inklusive des Bären), einer interessanten Figurenkonstallation und packender Actionszenen profitiert. Die Gewichtung von menschlichen Schicksalen und furioser Kampfszenen mit dem Bären hält sich dabei gekonnt die Waage. Interessanterweise weicht dieser Film ein altes Klischee gekonnt auf: Charles Morse ist reich und hat eine jüngere Frau. Dennoch ist er nicht der typische reiche Sack, sondern der größte Sympathierträger des Films. Erfreulicherweise wird nicht erwähnt, was für ein Unternehmen ihm überhaupt gehört. Dennoch ist man sich sicher, dass er sich sein Vermögen mit Fleiß und Intelligenz erarbeitet hat. Auch wenn "The Edge" im Grunde ein oberflächlicher Abenteuerfilm ist, der keine großen philosophischen Ansprüche erfüllen will und sich der Spannung einer Extremsituation bedient, lassen sich dennoch mehrere Elemente des alltäglichen Lebens ausfindig machen und im besten Falle übertragen. Es bringt schließlich nichts, den Kopf zu verlieren und sich verzweifelt auf den Boden zu werfen, um in der Nacht an Erschöpfung zu sterben. Abstand zur eigenen Situation nehmen, sie sich erklären und Lösungswege suchen sind der bessere, produktivere und richtige Ansatz, den Morse in jeder Minute verkörpert. "The Edge" funktioniert vielleicht gerade deswegen so gut, weil er überhaupt nicht mehr sein will als ein Unterhaltungsfilm und deswegen auch handwerklich durch die Bank beeindruckend inszeniert ist. Lee Tamahoris Inszenierung ergibt mit der herrlichen Kameraarbeit Donald McAlpines und dem stets im richtigen Tempo gesetzten Schnitt Neil Travis' eine atmosphärisch dichte Symbiose. Hervorragende Höhepunkte bilden auch die Kampfszenen mit dem Bären. Nie zu kurz oder zu lang, hervorragend geschnitten und grandios in Szene gesetzt, krallt man sich hier in die Sitzlehnen. Die Hauptdarsteller sind alle treffend besetzt. Nachdem Dustin Hoffman, Harrison Ford und Robert DeNiro die Rolle Mores abgelehnt haben, erwies sich Anthony Hopkins als wahrer Glücksfall für den Film. Er spielt die Rolle des allwissenden und sympathischen Superreichen scheinbar mühelos. Ihm ist Alec Baldwin in der Rolle des Fotografen Green an die Seite gestellt, der ebenfalls hervorragend spielt. Besonders bei den verzweifelten Ausbrüchen seines Charakters spornt sich Baldwin immer wieder zu Höchstleistungen an. Harold Perrineau Jr. ist als Assisstent Stephen leider nur Beiwerk, dessen Ende relativ vorhersehbar ist (nicht nur wegen der Hautfarbe - eins der ganz wenigen Mankos des Films, dass auch hier der Schwarze als Kanonenfutter dient). Elle MacPerson hat als Mickey nur wenig Leinwandpräsenz, nutzt diese allerdings voll aus und auch L. Q. Jones überzeugt voll und ganz als knorriger Blockhüttenbesitzer Styles. Insgesamt ist "The Edge" also ein äußerst sehenswerter Abenteuerfilm vor grandioser Landschaftskulisse.

Vertont wurde "The Edge" von Hollywoodveteran Jerry Goldsmith, an den Regisseur Lee Tamahori einige Anweisungen gab. So verlangte Tamahori, dass die Musik rein akustisch und ohne jede Zuhilfenahme elektronischer Elemente eingespielt wird, sodass hier eine der wenigen rein orchestralen Partituren des Komponisten aus den letzten Jahren vorliegt. Außerdem bat Tamahori um ein ausschweifendes Haupthema, das die vielen üppigen Landschaftsaufnahmen angemessen vertonen konnte. Goldsmith befolgte bei Anweisungen und komponierte einen äußerst erfrischenden und detailreichen Abenteuerscore, der zu den Höhepunkten seines Spätwerkes gezählt werden kann, denn auch wenn die Musik an sich wie viele andere Kompositionen Goldsmiths aus dieser Zeit einen leicht routinierten Charakter hat, so bewies er im Umgang mit dem Orchester doch noch einigen Erfindungsreichtum. An "The Edge" kann man genau beobachten, dass die typischen elektronischen Elemente aus dem musikalischen Denken Komponisten nicht mehr wegzudenken waren und er somit versuchte, seine glockenhaften Synthies, die die Hauptthemen von "Sleeping with the Enemy" oder "Angie" schmückten, akustisch nachzuempfinden, indem er Klavier und Trompete in leichten Achtelgirlanden um das Orchester drapierte. Für bedrohliche Szenen griff Goldsmith auf alternative Spieltechniken der Streicher zurück und lässt zum Beispiel die Kontrabässe auf dem Steg spielen. Wie viele Filmmusiken des Komponisten ist auch "The Edge" monothematisch angelegt. Das Hauptthema ist - auf Wunsch des Regisseurs - eine große und bogenhafte Melodie, die meistens in moll erklingt und von den Hörnern über volle Orchesterbegleitung gespielt wird. Dieses Thema und seine Arrangements für die Landschaftsaufnahmen gehört zu den besten Einträgen in den späten Themenkatalog Goldsmiths und muss sich nicht hinter "Mulan" oder "Der erste Ritter" verstecken. Für die Bedrohung durch den Bären griff der Komponist auf einen Effekt zurück, den er auch in "Der 13te Krieger" und "Die Mumie" einsetzte, die in derselben Zeit entstanden: Schwere Posaunenglissandi vermitteln das Gefühl der drohenden Gefahr und fangen außerdem die Wirkung eines Tierlautes ein. In den Actionszenen verzichtet Goldsmith außerdem auf seine typischen Ostinato-Strukturen und bedient sich heftiger Ausbrüche des Orchesters und des Schlagwerks, das um einige exotische Elemente wie Congas bereichert ist und somit einen urigen Charakter mit sich bringt.
RCA Victor veröffentlichte zum Filmstart ein 38 Minuten langes Album mit den Höhepunkten der Musik, das allerdings bald vergriffen war. 2010 veröffentlichte Lalaland Records die vollständige Musik plus drei Bonustitel als auf 3500 Stück limitierte Edition, die neben einem umfangreichen Begleitheft auch mit einer Verbesserung der Klangqualität aufwartet. Diese CD sei jedem ans Herz gelegt, denn Jerry Goldsmith schrieb für "The Edge" eine äußerst frische und teils raffinierte Partitur, sodass man sich wünscht, mehr Regisseure als Tamahori hätten ihm derartige Anweisungen gegeben.

 

 

1998

 

Deep Rising - Octalus: Der Tod aus der Tiefe

John Finnegan besitzt ein kleines Boot, dass er an dubiose Auftraggeber vermietet und stellt - solange das Geld stimmt - keine weiteren Fragen. Auf dem Boot arbeiten außerdem der Maschinist Joey "Tooch" Pantucci und dessen Freundin Leila. Finnegans aktueller Auftraggeber ist der schweigsame und kühle Gangsterboss Hanover, der mit seiner Bande aus rauen Männern gemeinsame Sache mit Simon Canton, dem Eigner des luxuriösen Kreuzfahrtschiffes "Argonautica" macht. Dieser Kreuzer ist Cantons Lebenswerk, doch die Betriebskosten des Schiffes können mit den Einnahmen nicht ansatzweise gedeckt werden, sodass dieser hofft, sich mit einem Versicherungsbetrug vor dem finanziellen Ruin zu retten. Hanover und seine Männer sollen die "Argonautica" im südchinesischen Meer versenken. Canton ist allerdings nicht die einzige habgierige Person auf dem Luxusschiff, denn auch die schöne Diebin Trillian St. James bereichert sich an den dicken Brieftaschen der reichen Passagiere und verschafft sich sogar Zutritt zum Tresorraum des Schiffes. Hier wird sie allerdings von Canton und dem Kapitän Atherton überrascht und in einen Vorratsraum gesperrt. Einige Minuten später legt Canton in Vorbereitung auf Hanovers Ankunft den Hauptrechner des Schiffes lahm, sodass sämtliche Geräte ausfallen. Kurz darauf wird das Schiff von einer gewaltigen Kollision von einem Objekt unter Wasser erschüttert. Durch diesen Aufprall fällt ein Schnellboot vom Heck des Schiffes, das kurz darauf von Finnegan gerammt wird. Durch den Zusammenstoß entsteht ein heftiger Maschinenschaden und umso erleichterter ist Finnegan, als die "Argonautica" in Sicht kommt. Er hofft, hier Ersatzteile für seinen ramponierten Motor zu bekommen, während Hanover und seine Leute mit ganz anderen Absichten das Schiff entern. Bevor sie den Luxusliner mit den mitgeführten Torpedos versenken wollen, haben sie die Absicht, sich erst am prall gefüllten Tresor des Schiffes zu bereichern. Umso überraschter sind die Männer, als sie an Bord nur blutverschmierte Wände und zerschlagenes Mobiliar vorfinden. Nachdem die Männer mit Canton, Kapitän Atherton und Trillian St. James die einzigen Personen auf dem Schiff angetroffen haben , entdecken sie das grausame Geheimnis der "Argonautica": Ein gewalter Riesenkrake hat sich durch den Kiel zutritt zum Schiff verschafft und alle Passagiere und die Mannschaft getötet. Gemeinsam müssen die Gängster mit Finnegan, seinem Maschinisten, Canton, dem Kapitän und der schönen Diebin um ihr nacktes Überleben kämpfen...

Regisseur Stephen Sommers ist ein Garant für große Sommeractionfilme, die mit durch übertriebene und oft augenzwinkernd in Szene gesetzte Action aufwarten. Zu den erfolgreichsten Filmen des Regisseurs dieser Art gehören die "Mumien"-Filme und "Van Helsing". "Deep Rising" von 1998 bildet den ersten Beitrag Sommers' zum Actiongenre und ist in Hinblick auf seine einzelne Elemente noch sehr unausgegoren. So wird das Potential, dass in der Handlung um die Gangster und ihren Auftrag, dem zwielichtigen Charakter des Schiffseigners Cantons oder dem Verhältnis zwischen den skrupellosen Verbrechern und dem Antihelden Finnegan steckt, völlig außer Acht gelassen, da in der 20 Minute nur noch der Kampf ums nackte Überleben zählt. Ab hier leidet der Film dann wiederum darunter, dass das Monster nur unzufriedend realisiert ist. Abgesehen davon, dass die Computeranimation schlecht gealtert ist, hat der Zuschauer zu keinem Zeitpunkt eine Vorstellung davon, wie das Monster letzten Endes aussieht, da sich immer nur einzelne Tentakeln durch das Schiff schlängeln. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn der Schowdown Finnegans mit dem Ungeheuer nicht so kurz und ebenfalls optisch sehr wenig zufiredenstellend geraten wäre. All diese Löcher scheint Regisseur und Drehbuchautor Sommers mit einer Extraportion möglichst blutiger und heftiger Action zu übertünchen, was ihm auch einigermaßen gelingt. Denn auch wenn der Film über ein Budget von 40 Millionen Dollar verfügte, ist "Deep Rising" eine äußerst tempo- und actionreiche Trashgranate geworden. Man muss eine Vorliebe für schwarzen Humor und übertriebene, blutige Action haben, aber dann kann der Film sehr unterhaltsam sein. Besonders, wenn Sommers einige B-Film-Klischees offensichtlich bricht. Als sich z.B. Famke Janssen in Gegenwart der Männer umzieht, schenken ihr weder die Leute noch die Kamera auch nur ein bisschen Aufmerksamkeit. Auch die weiteren Möglichkeiten, die das weiße T-Shirt in einer sehr wässrigen Umgebung bieten, werden konsequent ausgespart. Andere Action-Klischees aber werden oft derart übertrieben, dass es sich nur um bewusste Ironie handeln kann, wie die laut schmatzenden Geräusche, wenn die Protagonisten über den von blutigen Skeletten bedeckten Korridor laufen. Handwerklich ist der Film mehr als solide, besonders der Schnitt, die Kameraführung und die Beleuchtung verleihen dem Film eine dichte Atmosphäre und beweisen, dass Sommers sehr wohl ein filmisches Gespür besitzt.
Für die Darsteller bietet der Film wenig Herausforderungen, dementsprechend durchschnittlich sind die Leistungen geworden. Nachdem Harrison Ford die Rolle Finnegans abgelehnt hatte, ging der Part an Treat Williams, der wie die Faust auf's Auge für den 90er-Jahre-Actionhelden passt. "Golden Eye"-Bondgirl Famke Janssen gibt die schöne Diebin Trillian St. James, Wes Study überzeugt als schweigsamer Gangsterboss Hanover und Anthony Heald hat sichtlich Spaß an seiner Rolle als skrupelloser Versicherungsbetrüger. Kevin J. O'Connor hinterlässt als trotteliger Maschinist Joey "Tooch" Pantucci und Una Damon hat einige kurze, aber recht starke Auftritte als dessen Freundin Leila. Insgesamt bietet "Deep Rising" ein filmtechnisch überzeugendes, dramaturgisch löchriges, aber temporeiches Actionspektakel, bei dem Genrefans voll auf ihre Kosten kommen, während Freunde der gehobenen Filmkunst wahrscheinlich mit der Nase rümpfen werden.

"Deep Rising" ist die erste von zwei Kollaborationen Stephen Sommers' mit Jerry Goldsmith, der auch im darauf folgenden Jahr "Die Mumie" vertonte. Allerdings schien der Komponist, der im Laufe seiner langen Karriere viele mäßige Filme mit teilweise heraus ragender Musik vertonte, nach "Die Mumie" keine Lust mehr auf auf derartige Actionspektakel, sodass Stephen Sommers ab dem zweiten "Mumien"-Teil nur noch mit Alan Silvestri arbeitete. Goldsmiths sehr begrenzte Begeisterung für Sommers' hirnloses Kraken-Actionspektakel ist auch merklich auf die Musik abgefärbt, denn diese bewegt sich auf dem Niveau wenig aufregende Routine, die zwar ein hohes Maß an kompositorischer Fähigkeit und versierter Technik aufweist, allerdings jede Form von individuellen oder kreativen Einfällen vermissen lässt. Da die Musik sich oft gegen laute Schussgeräusche, Schreie oder andere lärmende Klänge behaupten muss, setzt Goldsmith auf eine vom Blech und Schlagwerk dominierten Besetzung, die von den Streichern meistens ryhthmisch unterstützt wird. Der Musik liegen dabei vier zentrale thematische oder motivische Ideen zu Grunde. Für das riesige Tiefseemonster komponierte Goldsmith eine abfallende Linie im tiefen Blech, das - über dissonante Streicher - die Musik und den Film eröffnet. Für die Protgaonisten, insbesondere Finnegan, steht eine durch eine Aufwärtsbewegung geprägte Hornfanfare, die von schneller synthetischer Perkussion und akustischer Pauke sowie schnellen Akkordbrechungen der Streicher begleitet wird. Über ähnlich prickelnde elektronische Effekte, schnelle synthetische Conga-Rhythmen und treibende Pauken legt sich auf das Hauptthema, das auf dem Album sogar häufiger vertreten ist als im Film. Hierbei handelt es sich um einen sehr schlichten thematischen Einfall, der hauptsächlich in der Harmonisierung vom steten Wechsel zwischen Dur und Moll geprägt ist. Bei dem vierten musikalischen Element handelt es sich zwar nur um ein Intervall, doch dieses wird in der Musik derart häufig verwendet, dass es leitmotivische Funktion erhält: Der Tritonus. Schon vor mehr als 300 Jahren als der "Diabolus in musica" bezeichnet, steht dieses Disonnante Intervall seit jeher für Schrecken, Schmerz, Tod und Verderben. Goldsmith, der derartige Emotionen oft mit sehr filigranen und modernistischen Ideen einfing, schien sich dieses Intervall bis zu diesem Film aufgespart zu haben. Umso häufiger setzt er es nun ein. In fast jedem Stück stampft, hämmert und pocht der Tritonus im lauten Blech, den tiefen Streichern oder den Violinen. Außerdem ist sich der Komponist nie zu schade, möglichst dissonante und heftige Schockakkorde einzusetzen, wenn an der nächsten Ecke wieder einmal ein gehäutetes Skelett liegt. Goldsmiths penetrante und wenig subtile musikalische Herangehensweise wirkt sich stark auf den hohen Trashfaktor des Films aus. Im Film ihre Bestimmung erfüllend und erfolgreich gegen die laute Geräuschkulisse ankämpfend, wirkt die Musik zu "Deep Rising" auf CD äußerst blass und belanglos. Umso interessanter, dass die beste musikalische Passage, während die Männer die "Argonautica" entern, kein Leitmotiv enthält, sondern eine eigens für diese Szene komponierte Hornmelodie, die zwar äußerst routiniert und unaufregend geraten ist, im Vergleich mit der restlichen Musik fast wie eine melodische Offenbahrung klingt. Die Holzbläser sind fast nur durch ein recht kurzes Oboensolo vertreten, ansonsten haben Blechbläser, Schlagwerk und Streicher das Wort.
Die Musik zu "Deep Rising" erschien zum Filmstart auf CD und ist mittlerweile vergriffen. Das Album enthält 33 Minuten der Musik, was drei Viertel der vollständigen Komposition abdeckt. Dennoch erscheint die CD selbst bei dieser kurzen Laufzeit redundant und wenig ergiebig. Eine sehr flache und schrille Abmischung trägt ebenfalls zu dem unbefriedigenden Hörgenuss bei. Insgesamt ist diese CD nur etwas für absolute Goldsmith-Enthusiasten, denn der Komponist schrieb für diese Trashgranate eine zwar funktionale, aber wenig aufregende und auf CD blass erscheinende Musik.

 

 

U.S. Marshals - Auf der Jagd

Mark Roberts ist gerade mit seinem Abschleppwagen in Chicago auf dem Weg zu einem Unfall, als plötzlich ein Auto entgegen gerast kommt und Roberts rammt, bevor es sich überschlägt und in Flammen aufgeht. Roberts selbst kann verletzt geborgen werden, doch die Polizei wird misstrauisch, als sie in dem Handschuhfach des Wracks eine Schusswaffe entdeckt. Schon bald darauf sieht sich Roberts des Mordes angeklagt, da seine Fingerabdrücke in einem Parkhaus in New York am Tatort eines zweifachen Mordes gefunden wurden und die beiden tot aufgefundenen Agenten mit genau jener Waffe erschossen wurden. Das Flugzeug, das den Gefangenen mit weiteren Häftlingen nach New York transportieren soll stürzt allerdings ab, weil ein Insasse Roberts mit einer an Bord geschmuggelten Schusswaffe angegriffen und verfehlt hat, sodass ein Loch in der Wand entstand. Während das Flugzeug langsam in einem See versinkt gelingt Mark Roberts die Flucht. Ihm auf den Fersen ist Marshal Samual Gerard und sein Team, das schnell entdeckt, das Mark Roberts in Wirklichkeit Sheridan heißt und CIA-Agent war. Um seiner schneller habhaft zu werden, stellt die CSS Gerards Team einen Agenten zur Seite: John Royce. Doch auch mit dem stimmt etwas nicht, da er die Ermittlungen behindert wo er kann und offensichtlich etwas im Schilde führt. Somit hat Gerard nicht nur einen erfahrenen Agenten vor sich, sondern auch im Nacken…

Nachdem Harrison Ford in „Auf der Flucht“ 1993 ständig bemüht war, dem Deputy Marshal Samuel Gerard zu entwischen wurde Gerard zum Marshal befördert und macht nun Jagd auf Wesley Snipes. „Auf der Jagd“ wurde von Warner Bros. als halbe Fortsetzung des Publikumserfolges von 1993 angesetzt, fand jedoch wegen dieser offensichtlichen Marketing-Strategie wenig Anklang beim Publikum. Das Drehbuch von Roy Huggins und John Pogue lässt außerdem den menschlichen Aspekt der Vorlage außer Acht und setzt stattdessen auf rasante Action, sodass der Film grob gesehen eine Aneinanderreihung von Verfolgungsjagden ist. Tommy Lee Jones spielt erneut die Rolle des mies gelaunten und beinharten Samuel Gerards, sein Gegenspieler Mark Roberts bleibt jedoch blass und austauschbar, was nicht unbedingt an Wesley Snipes liegt. Robert Downey jr. vermag den Film als zwielichtiger John Royce um einige nette Momente zu erweitern aber auch seine Figur entwickelt keinen tieferen Charakter. Immerhin kann sich die Action sehen lassen, denn zum Glück wurden die meisten Effekte noch „handgemacht“, sodass der minutenlange Flugzeugabsturz mittels großer Modelle auch heute noch Schauwert hat. Auch der Unfall zu Beginn oder Roberts Sprung auf den Zug sind schick von Actionregisseur Stuart Baird („Einsame Entscheidung“) in Szene gesetzt. Mit der Zeit hat man sich allerdings satt gesehen obwohl der Film noch eine halbe Stunde läuft. Umso schädlicher ist es für die Dramaturgie, dass der Bösewicht schon gestellt ist, aber noch drei weitere Verfolgungsjagden sowie eine gezwungen wirkende Wendung den Film unnötig in die Länge zieht. Insgesamt bietet „U.S. Marshals“ teils flotte Unterhaltung und wartet mit einigen beeindruckenden Schauwerten auf, versagt jedoch auf der Handlungs- und Charakterebene.

Jerry Goldsmith vertonte mit „Einsame Entscheidung“ 1996 für Stuart Baird seinen ersten Actionfilm nach „Total Recall“ (1990), allerdings bestand das Ergebnis aus uninspirierter Routine und auch der im selben Jahr folgende „Chain Reaction“, in dem Goldsmith sich am Zeitgeschmack probierte, ist sehr unspektakulär geraten. Auch „U. S. Marshals“ krankt an der „neuen Einfachheit“ in Goldsmiths Vertonungsmuster. Zwar wurde hier der Anteil der elektronischen Elemente auf ein Minimum beschränkt, doch trotzdem vermittelt die orchestrale Musik einen dünnen Eindruck, da fast vollständig auf interessante Nebenstimmen verzichtet wird. Bläser und Streicher spielen oftmals im homophonen Satz und das Schlagwerk hat sehr gradlinige Rhythmen zu bestreiten. Als Hauptthema fungiert ein kurzes Hornmotiv, das allerdings wenig prägnant bleibt und erst im Finale zu einer ganzen Melodie erweitert wird. Diese ist allerdings ebenso stereotyp wie ihre Keimzelle und erreicht daher nicht die Klasse anderer Hauptthemen des Komponisten wie „Air Force One“, „Mulan“ und andere, die in dieser Zeit entstanden. Wie auch auf der melodisch-thematischen Ebene gestaltet sich der Score in den Action- und Suspensepassagen als äußerst unspektakulär. Streicher, Schlagzeug und das Klavier bilden oft ein rhythmisches Fundament in mäßigem Tempo, über die sich ausgedehnte Bläsermotive und das Hauptthema legen. Nur selten erreicht die Musik ein schnelles Tempo und wirkt wegen ihres repetiven Charakters sehr schnell eintönig und ermüdend.
Zum Filmstart erschien bei Varèse Sarabande ein Album in der üblichen knappen Länge einer halben Stunde, das alle mehr oder weniger gewichtigen musikalischen Ideen der Musik repräsentiert. Schon in gekürzter Form erweist sich die Musik als zu glatt gebügelt und lahm für einen solch rasanten Film und bietet daher nur mäßiges Hörvergnügen. Von den drei Actionfilmen „Executive Decision“, „Chain Reaction“ und „U.S. Marshals“ erweist sich letztere Musik alledings noch als das kleinste Übel. Erst einige Monate später gelang Goldsmith mit „Air Force One“ wieder ein temporeicher orchestraler Actionscore mit prägnantem Hauptthema.

 

 

Small Soldiers - Kleine Soldaten

Die Technologiefirma GloboTech, die unter anderem hochkomplexe Geräte für das Militär herstellt, expandiert unter ihrem Chef Gil Mars und beginnt mit der Herstellung verschiedener Haushaltsgeräte, die allerdings mit der fortschittlichen Globotech-Technik ausgestattet sind. Als sich der Industriegigant auch den Spielehersteller Heartland Toy Company einverleibt, beauftragt Mars die beiden Spieleerfinder Larry Benson und Irwin Wayfair mit neuen Ideen. Von Wayfairs Idee der Gorgonites, einer außerirdischen Spezies, die auf der Suche nach ihrem Heimatplaneten ist, scheint der neue Chef allerdings wenig begeistert, denn Wayfair entwickelte die Monsterfiguren, damit die Kinder mit ihnen spielerisch ihren eigenen Planeten erforschen. Larry Benson Acionfiguren der Kommando Elite unter ihrem Kommandanten Chip Hazard sagen dem Unternehemsleiter eher zu. Inspiriert durch die präsentierte TV-Werbung, in der die Soldaten reden und sich selbstständig bewegen, verlangt Gil Mars, dass die Actionfiguren tatsächlich eigenständig handeln können. Für die dafür nötige Technologie können die Spielehersteller auf den gesamten Katalog von Globotech zurückgreifen. Die friedlichen, wenn auch monsterähnlichen Gorgonites erklärt Mars hingegen zu den Feinden der Soldaten. Auch sie sollen mit hochwertigen Mikrochips ausgestattet werden, damit sie sich eigenständig bewegen und sprechen können. Im Gegensatz zu den Soldaten, die erbarmungslos kämpfen und gewinnen sollen die Gorgonites auf's Verstecken und Verlieren programmiert werden.
Der dreizehnjährige Alan Abernathy, der schon einmal wegen Brandstiftung von einer Schule verwiesen wurde, muss einige Tage vor dem Verkaufsstart der neuen Soldaten und ihrer Gegner auf den Spielzeugladen seines Vaters aufpassen. Alans Vater ist strikt gegen den Verkauf von Kriegsspielzeug, weswegen das Geschäft wenig einbringt. In dem Glauben, seinem Vater zu helfen, kann Alan den befreundeten Lieferanten Joe überzeugen, ihn je ein Exemplar der Figuren zu überlassen, damit in der Abwesenheit seines Vaters der Verkauf angekurbelt werden kann. Tatsächlich findet er in der hübschen Nachbarstochter Christy Fimple, die ein Geburtstagsgeschenk für ihren Bruder sucht, seine erste Kundin, die eine Figur zurück legen lässt, doch als Alan am nächsten Tag den Laden aufschließt, sind die Figure verschwunden und der Laden zerstört. Spieleerfinder Larry Benson war mit der Technologie, die er in die Spielzeuge einsetzen ließ, etwas zu großzügig, sodass die Figuren mit einem Chip versehen wurde, der eigentlich in Atomsprengköpfen montiert wird. Die Soldaten entwickeln sich zu brutalen Tötungsmaschinen...

Zweckentfremdetes Spielzeug hat in der Filmgeschichte schon eine lange Tradition und eignet sich besonders in Horrorfilmen wie "Poltergeist" oder "Dead Silence" immer wieder als wirkungsvolles Schockmittel. Dass es dabei auch lustig zugehen kann, beweist allerdings die äußerst erfolgreiche "Toy Story"-Reihe. "Small Soldiers" ist allerdings weder eine kindlich naive Komödie noch ein brutaler Horrorstreifen, sondern atmet durch und durch den satirischen Geist von Regisseur Joe Dante. Neben einigen Schauspielern, die Dante immer wieder in seinen Filmen einsetzt, finden sich in vielen seiner Werke typische Elemente wie jugendliche Protagonisten, skurrile Typen, übernatürliche Phänomene und überzogene parodistische Genre-Verweise. Der Film ist zu keinem Zeitpunkt subtil und lebt von permanenter Übertreibung. Die offene Kapitalismuskritik wird einem von Anfang bis zum Ende, in der Mars nach der riesigen Schlacht einfach mehrere Schecks an die Geschädigten verteilt, ins Gesicht geschleudert. Bezüge zu anderen Filmen wie in dem Helikopterangriff oder der "Belebungsszene" von Christys Barbiepuppen verfehlen ihre Wirkung nicht. "Small Soldiers" ist vollständig von Dantes Vorliebe für schamlose Übertreibung gezeichnet und mit einer massiven Portion explosiver Action gewürzt. Entsprechend der Entstehungszeit wurde noch nicht vollständig mit computeranimierten Figuren gearbeitet und auf "echte" Kunststoffexemplare zurück gegriffen, wo es nur möglich war. Die Animationen sind überraschend gut gealtert wenn auch nicht auf dem neuen Stand der Technik. Dabei ist die klassische Rollenverteilung der agierenden Figuren genau umgekehrt: Die aus Kunststoff gefertigten muskulösen Prototypen des amerikanischen Soldaten mutieren hier zur wahren Bedrohung während sich die plumpen Monster als gutmütige und lernfähige Wesen entpuppen. Der Kampf der Kleinstadtmenschen und Spielzeug-Monster gegen die aggressiven Spielzeugfiguren wurde von Dante gewohnt temporeich und witzig inszeniert, wobei er seine zwar klischeehaften aber sorgfältig gezeichneten Figuren an keiner Stelle vernachlässigt. Die treffende Besetzung tut ihr Übriges. Der junge Gregory Smith weiß als gutmütiger Alan zu überzeugen, dessen ersuche, zu helfen, oft fehlschlagen und sich für seine nette Nachbarin interessiert. Diese wird von einer jungen Kirsten Dunst gespielt, wobei die Chemie zwischen den beiden jugendlichen Darstellern durchaus stimmig ist. Jay Mohr und David Cross sorgen als ungleiches Paar der Spieleerfinder Larry Benson und Irwin Wayfair für viele unterhaltsame Momente. "Small Soldiers" ist außerdem der letzte Kinofilm mit Phil Hartman, der noch vor Veröffentlichung des Films von seiner Frau im Schlaf erschossen wurde. Seine Darstellung von Christies Vater war ein durchaus würdiger Eintrag in seine Filmographie. Ihm zur Seite steht Dante-Stammschauspielerin Wendy Schaal als deren Mutter mit großem Hang zum Alkoholkonsum. Dick Miller, der ebenfalls in jedem Dante-Film zu sehen ist, hat ihr eine seiner größten Rollen als sympatischer Spielzeuglieferant Joe. Auch Robert Picardo hat wieder eine kleine Nebenrolle - dieses Mal als Entwicklungsleiter Ralph.
Insgesamt ist Joe Dante mit "Small Soldiers" eine äußerst bissige und überraschend actionreiche Komödie gelungen, die alle wichtigen Punkte eines klassischen Dante-Films erfüllt und nicht nur seine Anhänger zufrieden stellen dürfte.

Für die Musik zeichnet sich erneut Jerry Goldsmith verantwortlich, der zuvor mit Dante an sieben Kinofilmen und einer TV-Episode gearbeitet hat und dessen Filme den Komponisten oft zu überdurchschnittlichen Arbeiten inspirierten. "Samall Soldiers" ist zwar nicht frei von der Routine, die das Spätwerk des Meisters prägte, bietet aber dennoch auf CD ein unterhaltsames Hörvergnügen. Goldsmith, dessen prägnante fanfarenartige Hauptthemen und kräftige militärische Einschläge auch in seinen späten Arbeiten wie "Air Force One" nichts an ihrer Energie eingebüßt haben, legte auch bei diesem Film wenig überraschend den Schwerpunkt auf den militärischen Aspekt. Dabei verzichtete er weitegehend auf offensichtliche Comedy-Elemente und hielt die Musik so seriös wie möglich. Das prägnante Hauptthema, das über den energischen Rhythmus mehrerer Schnarrtrommeln und zackige Streicher gespielt wird, steht Goldsmiths berühmten Titelmelodien der 90er wie "Mulan" oder "Der 13te Krieger" in nichts nach. Die ersten drei Töne des Themas werden im Verlauf des Films häufig von der E-Gitarre angeschlagen, einem von dem Komponisten selten eingesetzten Instrument. Als zweites wesentliches musikalisches Element für die Soldaten fungiert außerdem der traditionelle Marsch "When Johnny comes marching home", der oftmals die E-Gitarre flankiert. Traditionell von der Solo-Flöte vorgetragen und sanft von verhaltenem Schlagwerk und gezupften Streichern begleitet, lies es sich der Komponist nicht nehmen, der Melodie seinen eigenen Stempel aufzudrücken und arrangierte den 12/8-Marsch konsequent im 11/8-Rhythmus. Das melodische Material für den jungen Protagonisten Alan erinnert mit der schlichten Streichermelodie und den geringen elektronischen Einsprengsel stark an ähnlich gelagerte Passagen aus "Matinee". Den Gorgonites verlieh Goldsmith einen noblen und heroischen Anstrich, der mit den weitscheifenden Bögen der Streicher und sanften Blechchorälen teilweise Ähnlichkeiten mit "Der 1. Ritter" oder "Der 13. Krieger" aufweist. Die Szene, in der Archer sich durch das Internetlexikon klickt und das auch inhaltlich an den "13. Krieger" erinnernde Finale gehören zu den melodischen und orchestralen Höhepunkten der Musik. Wie auch der Film selbst enthält die Musik zu "Small Soldiers" mehrere Querverweise wie den Valküren-Ritt für den Helikopterflug, Richard Strauss' Sonnenaufgang aus "Also spräch Zarathustra" oder das röhrende Saxophon für Christys Barbiepuppen. Die Actionmusik von ist äußerst temporeich und schmissig geraten, aufstrebende Trompetenlinien legen sich über treibende Rhythmen der Streicher und das Schlagwerk. Allerdings verlangt der Film eine große Anzahl kürzerer und ruhigerer Suspense-Passagen, die mit der ewigen Wiederholung der drei E-Gitarren-Töne und schlichten Streicherteppichen recht unspektakulär geraten sind. Das bei Varèse zum Filmstart erschienene Score-Album bietet mit 31 Minuten Laufzeit einen sehr gut fließenden Albumschnitt, verzichtet aber leider vollständig auf "When Johnny Comes Marching Home" und lässt auch mehrere Actionmomente vermissen. Im Laufe der Zeit tauchten mehrere Bootleg-CDs auf, die allerdings ebenfalls nicht den kompletten Score bieten und ärgerlicherweise sogar eine der besten Actionsequenzen im explosiven Schlusskampf nicht enthalten. Besonders die 2-CD-Recording-Session entpuppt sich bei genauem Hinhören als absoluter Schwindel: mehrere längere Stücke wurden zweifach auf die CDs gepackt, um zwei CDs zu rechtfertigen.
"Small Soldiers" erweist sich somit als schwierig: Das Varèse-Album ist ein bisschen zu kurz geraten, aber die komplette Musik kann als alleiniges Hörerlebnis ebenfalls nicht bestehen. Goldsmith schrieb hier eine unterhaltsame Actionpartitur mit stark militärischem Einschlag, die allerdings ein bisschen unter der zu ökonomischen Orchestrierung und den zahlreichen sehr schlicht gestalteten Suspense-Passagen leidet.

 

 

Mulan

 

Fa Mulan ist ein intelligentes, aufgewecktes und hübsches Mädchen, das sich allerdings nicht an die strenge chinesische Gesellschaft anzupassen vermag. Da sie jedoch das einzige Kind ihrer Eltern ist, gibt sie sich Mühe, ihnen eine gute Tochter zu sein und begibt sich mit einigen anderen jungen Frauen zu einer Heiratsvermittlerin, um einen reichen Mann zu finden und so ihre Eltern zu ehren. Obwohl Mulan sich viel Mühe gibt, geht bei dem Termin alles schief, was nur schief gehen kann und so wird sie von der erbosten Heiratsvermittlerin vor die Tür gesetzt. Enttäusch kehrt Mulan nach Hause zurück, wo insbesondere ihr Vater milde und gütig auf das Unglück seiner Tochter reagiert. Am nächsten Tag soll das Mischgeschick vom Vortag allerdings schnell in Vergessenheit geraten, denn ein Bote des Kaisers kommt in das Dorf geritten und verkündet, dass die Hunnen unter ihrem gefährlichen Hauptmann Shan Yu in China eingefallen sind. Um der großen Streitmacht entgegen treten zu können, befahl der Kaiser, dass ein Sohn jeder chinesischen Familie der Armee beitreten solle. Im Falle der Fa Familie betrifft diese Verordnung Mulans Vater, der jedoch wegen einer früheren Kriegsverletzung auf einen Gehstock angewiesen ist. Die verzweifelten Bitten seiner Tochter helfen nicht, denn Mulans Vater ist fest entschlossen, trotz seiner körperlichen Einschränkung dem Kaiser und dem Land zu dienen. In der folgenden Nacht fasst Mulan einen Entschluss: Sie will anstelle ihres Vaters der Armee beitreten und endlich beweisen, was in ihr steckt. Mulan schneidet sich ihr langes Haar kürzer, legt die Rüstung ihres Vaters an und galoppiert in die Nacht. Am nächsten Tag bemerken ihre Eltern das Verschwinden der Tochter, begreifen aber, dass sie Mulan nicht helfen können, denn auf das Verkleiden als Mann steht die Todsstrafe und jeder Versuch der Eltern, ihre Tochter zurück zu holen, würde Mulans Leben gefährden. Stattdessen rufen sie die Ahnen zu Hilfe, die in einer geisterhaften Sitzung im Familienschrein beraten und entscheiden, dass der stärkste Schutzgeist der Fa Familie die verlorene Tochter zurückholen soll. Um die Statue des großen, steinernen Drachen zu erwecken, beauftragt man Mushu, einen kleinen Drachen, der ebenfalls einmal Wächter der Familie war, aber wegen eines Mischgeschicks seinen Rang verlor und nur noch den Gong zur Eröffnung der Ahnensitzungen schlagen darf. Der gutherzige, aber äußerst tollpatschige Mushu zerstört allerdings die Statue des Drachen, der so nicht mehr zum Leben erweckt werden kann. Es gelingt ihm aber, die Ahnen im Glauben zu lassen, der große steinerne Drache selbst wäre zu Mulans Rettung aufgebrochen und nimmt sich vor, sie zu einer Kriegsheldin zu machen und so seinen früheren Posten zurück zu erhalten. Tatsächlich kann er das entflohene Mädchen ausfindig machen und gemeinsam begeben sie sich in das Lager der Soldaten, einer Welt voller Rohheit und Männlichkeit…

 

Hua Mulan ist die Protagonistin einer alten chinesischen Ballade, die von einer jungen Frau handelt, die an Stelle ihres Vaters in den Krieg zieht. Das Original des über Jahrhunderte nur mündlich überlieferten Textes ist heute verschollen, doch die meisten Quellen deuten darauf hin, dass Hua Mulan im 5. Jahrhundert nach Christus gelebt haben soll. Ursprünglich plante Disney, einen Kurzfilm mit dem Titel „China Doll“ zu drehen, der wie eine glückliche Variante von Puccinis „Madame Butterfly“ anmutet: Eine junge Chinesin lernt einen britischen Offizier kennen und geht mit ihm in seine Heimat. Letzen Endes entschloss man sich, einen abendfüllenden Spielfilm zu produzieren, der auf der Legende Hua Mulans beruht und beauftragte den Kinderbuchautor Robert D. San Souci, die Ballade zu adaptieren. So entstand mit „Mulan“ der 36. abendfüllende Spielfilm aus dem Hause Disney, der ohne Frage zu den künstlerisch wertvollsten Einträgen des Studios gezählt werden kann, denn San Soucis Drehbuch verbindet gekonnt humoristische und ernste Szenen, kombinierte wohldosierten Humor mit melancholischen Momenten. Auch die visuelle Umsetzung ist wegen der hohen Authentizität der gezeigten Gebäude und der chinesischen Landschaft sowie der äußerst gelungenen Imitation chinesischer Malerei hervorragend. Im Gegensatz zu früheren Produktionen verzichtete man auf detaillierte Zeichnungen und setzte verstärkt auf schlichte Darstellungen und runde Formen, um so Assoziationen mit der traditionellen chinesischen Malerei zu wecken, die durch den Einsatz von Wasserfarben verstärkt werden. Auch filmisch sind den Animatoren viele herausragende Bilder gelungen. Mulans Transformation, die gewaltige Lawine oder der furiose Schlusskampf sind elegant geschnitten und profitieren von einer sehr ästhetischen Bildkomposition. Dadurch, dass der Film nicht nur inhaltlich überzeugend, sondern auch künstlerisch hochwertig ist, schafft „Mulan“ es, Zuschauer allen Alters anzusprechen und zu unterhalten. Der Film ist keineswegs gealtert und vermag auch heute noch wegen der liebevollen Umsetzung visuell zu beeindrucken. Auch Synchronisierung von „Mulan“ ist sehr stimmig. Cosma Shiva Hagens sanfte Stimme tirfft perfekt den selbstlosen Charakter der Protagonistin und auch Otto Waalkes scheint hörbar Spaß an seiner Rolle als Mushu zu haben. Auch die restlichen Sprecher/innen machen ihre Sache hervorragend. Sämtliche Stimmen verschmelzen mit ihren animierten Figuren zu einem Charakter.

 

Mulan ist nach „Mrs. Brisby and the Secret of NIMH“ die zweite Filmmusik des Komponisten Jerry Goldsmith für einen Trickfilm. Während Goldsmith bei dem ersten Film versuchte, die dem Genre geschuldete dramaturgische Kurzatmigkeit mit langen, bogenhaften Musikpassagen fließender zu machen, so ging er hier genau gegenteilig vor, denn die Musik reagiert – zwar musikalisch strukturiert – oft auf die Einzelheiten der auf der Leinwand gezeigten Handlung. Diese Aufgabe war nach Aussage des Komponisten keine leichte, denn während er für einen Actionfilm gut zwei Minuten am Tag schreiben könne, sei er froh gewesen, immerhin eine Minute pro Tag für „Mulan“ zu Papier gebracht zu haben. Die Musik zu Disney-Filmen ist mit einer langen Tradition verbunden und spielt auch in der Filmhandlung durch das Einbinden mehrerer Songs eine wichtige Rolle. Die Melodien für diese Songs, die teils die Handlung vorantreiben, teils aber auch die emotionale Situation eines Charakters schildern, entstammen dabei oft den Themen der eigentlichen Filmmusik. „Mulan“ bildet keine Ausnahme, sodass hier eine sehr melodisch geprägte und von mehreren Themen durchzogene Musik vorliegt. Dafür stand dem Komponist ein voll besetztes Orchester zur Verfügung, das er wie gewohnt mit einigen elektronischen Klängen kombinierte. Die elektronischen Einsprengsel beschränken sich jedoch auf einige trditionelle chinesische Instrumente und Klänge imitierende Samples, weshalb das Hauptaugenmerk auf dem westlichen symphonischen Klangkörper liegt. Interessanterweise verzichtete der Komponist größtenteils darauf, asiatische Musikklischees zu verwenden und macht nur in einem Thema, das für das Lied „Ehre für das Haus“ verwendet wird, von Pentatonik Gebrauch. Wer also elegische Solo-Cello-Passagen, hauchende Bambusflöten und wummernde Taikos erwartet, wird mit „Mulan“ sicherlich enttäuscht, denn insgesamt schuf Jerry Goldsmith hier einen westlich geprägten, symphonischen Abenteuerscore. Der allerdings hat es in sich! Für die Protagonistin komponierte er gleich zwei Themen. Das imposante Hauptthema ist eine kräftige, heroische Hornmelodie, die für Goldsmith typisch mit einigen Unisono-Schlägen der Streicher und des Schlagwerks gestützt wird. Mulans weibliche und sanfte Seite wird musikalisch in einem sehr lyrischen Thema eingefangen, das oft als Solo eines Holzbläsers über sanfte Streicherakkorde erklingt. Mit einem weiteren, sehr ausschweifenden Thema stellt Goldsmith seine Fähigkeit als Disney-Komponist unter Beweis und erreicht durch saftige Streicherklänge eine herrlich seifige Wohlfühlatmosphäre. Den Kaiser stattete der Komponist mit einer kurzen, aber prägnanten Hornfanfare aus und die Hunnen werden mit grobem Schlagzeug und an eine Koto erinnernde Synthies charaktersiert.

Für „Mulan“ komponierte Goldsmith eine überdurchschnittlich lange Musik mit über einer Stunde Laufzeit, in deren Verlauf die einzelnen Themen meisterhaft variiert werden. Insbesondere dem heroischen Hauptthema werden immer neue Facetten abgewonnen. Einen weiteren Höhepunkt bilden die Actionszenen, in denen der Komponist die ganze Klanggewalt seines Orchesterapparates auszuschöpfen weiß. Dabei sind sogar die treibenden und temporeichen Actionpassagen thematisch ebenso skrupulös strukturiert wie die Musik für Dialoge. Insgesamt schrieb Goldsmith hier eine herrlich abwechslungsreiche und großorchestrale Abenteuermusik, die allerdings in keiner zufrieden stellenden Veröffentlichung vorliegt. Das kommerzielle Abum enthält – wie so oft bei Disney-Musik – alle Lieder und einige Auszüge aus der orchestralen Filmmusik, die von Goldsmith zum Teil nur arrangiert wurden. Für die Oscar-Juroren wurde zusätzlich eine Promo-CD mit der kompletten Musik gepresst, die nur für horrende Preise erhältlich ist und als Vorlage für diverse Bootleg-Veröffentlichungen diente. Es existiert sogar ein recht weit verbreitetes, gepresstes Bootleg, das mit einigem Bonusmaterial aufgefüllt wurde. Durch den neuen Vertrag Intradas mit Disney darf man jedoch wagen, zu hoffen, dass auch „Mulan“ bald eine vollständige Veröffentlichung erfährt, denn diese Musik gehört in jede Disney- und Filmmusiksammlung!

 

 

Star Trek IX: Insurrection - Der Aufstand

Die Föderation hat auf unabhängigen Planeten unsichtbare Beobachtungsposten installiert. Zu diesen von der Föderation freien Welten gehört der Heimatplanet der Ba'ku, der sich innerhalb des "Briar Patches" befindet - einer Region des Universums, in dem mehrere merkwürdige kosmische Phänomene auftreten. Die Föderation und Repräsentanten des Volkes der Son'a beobachten hier das friedliche Treiben in der kleinen Dorfgemeinschaft. Die Ba'ku leben in einer äußerst friedfertigen Volksgemeinschaft und leben hauptsächlich von der Agrarkultur, die sie traditionell ohne jede technischen Hilfsmittel betreiben. Während sich die Enterprise unter Kapitän Picard auf einer Erkundungsmission befindet, ist Kommandant Data auf dem Planeten der Ba'ku stationiert. Eines Tages scheint der Droide jedoch an einer Fehlfunktion zu leiden und läuft Amok, bis er schließlich den unsichtbaren Beobachtungsposten der Föderation und der Son'a enttarnt. Der zuständige Admiral der Flotte, Matthew Dougherty fordert von der Enterprise Datas Baupläne an, um den Doiden auszuschalten, doch Picard spürt, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugehen kann und nimmt selbst Kurs auf den Planeten der Ba'ku. Es gelingt dem Kapitän der Enterprise und seinem klingonischen Offizier Worf, den außer Kontrolle geratenen Data einzufangen. Admiral Dougherty, der Picards Alleingang wenig begrüßte, fordert nun von der Enterprise, unverzüglich davon zu fliegen, was den Kapitän noch misstrauischer stimmt. Er beschließt, den Planeten und seine Bewohner zu erkunden und findet in der Ba'ku-Frau Anji eine gütige und interessierte Informantin. Während des Aufenthaltes auf dem Planeten treten bei den Mannschaftsmitgliedern merkwürdige verjüngernde Phänomene auf. Während Kommandant Worf erneut mit pubertären Pickeln zu kämpfen hat, Riker und Deanna Troy ihre Gefühle wieder verstärkt wahrnehmen, merkt Picard, dass seine Gesichtshaut straffer geworden ist. Anji klärt ihn schließlich auf: Die Steine im Planeten-Ring verfügen über eine bestimmte Strahlung, die sich immer wieder verjüngernd auf Menschen ab 20 Jahren auswirkt, sodass die auf dem Planeten lebende Bevölkerung praktisch unsterblich ist. Denn diese Menschen sind Aussiedler, die sich vor über 300 Jahren von der Erde aus auf die Suche nach einer neuen, friedlichen Welt gemacht haben. Allerdings gab es damals in der Gruppe einen Konflikt und mehrere Gemeinschaftsmitglieder wurden ausgestoßen. Dabei handelt es sich um die Son'a, die verzweifelt versuchen, jeden Alterungsprozess künstlich aufzuhalten und mit Admiral Dougherty zusammen arbeiten. Mit einem Raumschiff, dass über ein gewaltiges Holodeck verfügt, sollte den Bewohnern vorgegaukelt werden, sie befänden sich noch immer auf ihrem Heimatplaneten und wären so evakuiert worden. Picard und seine Mannschaft versuchen, die friedlichen Bewohner des Planeten gegen den korrupten Föderationsadmiral und die von Rache zerfressenden Son'a zu beschützen...

Es ist nahezu unmöglich, einen echten Star-Trek-Film zu drehen, der auch noch gleichzeitig als Kinofilm bestehen kann. Die philosophischen Fragen, die in der TV-Serie diskutiert werden und als Angelpunkte in der Handlung dienen, die mit Liebe gezeichneten Charaktere, sind eben auf das kleinere Medium abgestimmt und vermögen es trotz der scheinbar großen Schauwerte wie Raumschiffen und fremder Planeten kaum, einen Film für die große Leinwand zu füllen. Demnach sind die meisten Star-Trek-Kinofilme Kompromisse geworden. Bei dem überaus erfolgreichen "Ersten Kontakt" wurde die utopisch anmutende Zukunftsfantasie um Star Trek auf einige kurze Nebensätze herunter gebrochen. Action und Spannung standen definitiv im Vordergrund, während die düstere Atmosphäre auch dem breiten Publikum eine nachvollziehbare Stimmung bieten sollte. Jonathan Frakes, der gleichzeitig Kommandant Riker spielt, führte auch in "Star Trek IX: Der Aufstand" Regie, doch unterscheidet sich dieser Film deutlich von seinem Vorgänger. Man besann sich offenbar wieder auf die Wurzeln der Serie, sodass der Film von einer sehr hoffnungsvollen Atmosphäre geprägt ist und sich durchweg mit einer moralischen Frage auseinander setzt. Dieser Ansatz ist durchaus begrüßenswert, geht er doch mehr auf die Anhänger der Serie ein und zollt auch den ursprünglichen Ideen Respekt, dennoch weist "Der Aufstand" unangenehm viele Lücken und Holperer auf. Das zentrale Problem liegt katastrophalerweise in der Kernfrage des Films: Inwiefern ist es gerechtfertigt, 200 Menschen vin ihrem Heimatplaneten zu evakuieren, damit die gesamte Bevölkerung des Universums von der kosmischen Strahlung des Planetenrings profitiert? Jean-Luc Picard, Kapitän der Enterprise hat darauf eine klare Antwort: Gar nicht! Er beruft sich dabei auf die Geschichte Amerikas, in deren Verlauf die Ureinwohner eines Kontinents ausgerottet und zusammen gepfercht wurden, damit weiße Einwanderer von dem fruchtbaren Land profitieren. Dieser Vergleich hinkt allerdings sehr stark, denn es ist zu keinem Zeitpunkt die Rede davon, die Ba'ku umzubringen. Man würde sie nur evakuieren und könnte alle Krankheiten im gesamten Universum besiegen. Das Gewohnheitsrecht von 200 Menschen, die bereits seit 300 Jahren ewige Gesundheit genießen gegen die Heilung aller Leiden bei Billiarden von Lebewesen? Picard macht es sich hier ein bisschen zu einfach. Allerdings bereitet schon der Einstieg leichtes Stirnrunzeln, denn die einleitende Actionszene, der der unsichtbare Data gegen die Leute des Beobachtungsposten kämpft, ist nett anzusehen, ein bisschen verwirrend ist der plötzlich in der Landschaft rumstehende Bau des Beobachtungspostens dann schon. Auch die übrigen Actionszenen wie der Angriff der Dronen ist wenig reißerisch geraten. Stattdessen wartet "Der Aufstand" mit einigen netten Szenen über die Mannschaftsmitglieder. Ein Mambo tanzender Picard, das turtelnde Pärchen und die nachdenklichen Momente auf dem Planeten waren es, die man im achten Teil etwas vermisst hat.
"Der Auftsand" präsentiert sich im Gegensatz zum vorigen Film in einer sehr bodenständigen Aufmachung und schwelgt vor Allem in der hübschen Landschaft des Ba'ku-Planeten, wobei Frakes gerne eine volle Ladung Kitsch draufschlägt. Bunte Vögelchen, ein Zeitlupenkuss, neckische Spielereien zwischen Deanna und Riker sorgen für eine größtenteils positive Stimmung. Während "Der erste Kontakt" mit der großen Raumschlacht zu Beginn, den Borg-Kämpfen und dem Flug der Phoenix glänzte, scheint "Der Aufstand" eher wie eine längere TV-Episode zu wirken, die Optik ist ebenfalls stark in den 90ern verankert.
Neben der Stammbesetzung rund um Patrick Steward und Jonathan Frakes, die ihre Sache gewohnt gut über die Bühne bringen, gesellen sich auch in diesem Film einige neue Gesichter hinzu. F. Murray Abraham überzeugt als von Rachegedanken zerfressener Adhar Ru'afo, auch, wenn er hinter der mumienartigen Maske nicht viel Minenspiel einbringen kann. Anthony Zerbes Admiral Dougherty ist mit dem weißen Bärtchen und der korrekt sitzenden Uniform ein sehr gelungenes Gegenstück zu dem hasserfüllten Son'a-Führer. Die Helden der Ba'ku bleiben dagegen leider sehr blass, insbesondere Donna Murphys äußerst monotone Sprechweise beginnt bereits nach wenigen Minuten, dem Zuschauer gehörig auf den Geist zu gehen.
Insgesamt steckt in "der Aufstand" mehr Star Trek drin als in einigen anderen Trek-Filmen, weist dabei aber unfreiwillig auf die vielen Stolperfallen hin, die sich auftun, wenn man versucht, das intime TV-Format für die Leinwand zu inszenieren. Star-Trek-Fans dürften hier auf ihre Kosten kommen, für Außenstehende enthält der Film allerdings eine Spur zuviel Logiklöcher und TV-Atmosphäre.

Wie auch bei "Der erste Kontakt" stammte die Musik zu "Der Aufstand" von Jerry Goldsmith. Während der Komponist beim achten Film mit seinem Sohn eine äußerst packende vollorchestrale Musik schrieb, war der Meister bei diesem Film wieder alleine am Werk. Goldsmith erkannte sofort, dass "Der Aufstand" mit den vielen intensiven und nachdenklichen Szenen auf dem Ba'ku-Planeten viel mehr auf die zwischenmenschliche Komponente eingeht als der Vorgänger, sodass die Musik oft von für eine Star-Trek-Musik ungewöhnlich lyrischem Charakter geprägt ist. Für die Ba'ku schrieb der Komponist zwei thematische Ideen, von der eine für den Planeten und die Dorfgemeinschaft, der andere für die auf dem Planeten lebenden Menschen selbst steht. Die Musik für den Planeten unterlegt - nach der traditionellen Eröffnung durch die Courage-Fanfare - das friedliche Treiben in der Dorfgemeinschaft. Gebrochene Harfenakkorde in leicht zügigem Tempo bieten das Fundament für eine lyrische Melodie der Oboe, die anschließend von den Violinen und Flöten wiederholt wird. Dieses eher "Rudy" oder der Titelmusik zu "The River Wild" nahe stehende Musik klingt reichlich wenig nach Star Trek, bietet aber einen erfrischenden Gegenklang zu den anderen musikalischen Beiträgen der Serie. Allerdings schafft es dieses Material für den Planeten nicht, im filmischen Verlauf musikdramaturgisch Fuß zu fassen, da es in dieser vollen Darbietung nur noch während des Finales und des Abspanns erklingt. Stattdessen steht die viel weniger gradlinige und schwelgerischere Melodie für die Ba'ku selbst im Vordergrund. Diese sehr ruhige melodische Linie schraubt sich verträumt immer weiter in die Höhe und erklingt zumeist in der Flöte oder den Streichern über sanfte Teppiche der Celli und der Harfe. "Der Aufstand" enthält trotz aller Ruhe und Nachdenklichkeit mehr Actionszenen als "Der erste Kontakt", sodass das zweite wichtige Element in der musikalischen Gestaltung von der Vertonung zahlreicher Actionszenen gebildet wird. Das Ergebnis ist wenig überraschend ausgefallen, denn Goldsmith verlässt sich hier auf seinen typischen Vertonungsansatz mittels rhythmisch ungerader Ostinati, die vom tiefen Klavier und dem Schlagwerk gehämmert werden über die sich ökonomisch instrumentierte Melodielinien legen. Dabei geht der Komponist hier besonders schlicht und gradlinig vor. Neben diesen Hauptmerkmalen der Musik steuerte Goldsmith allerdings auch einige kleinere Passagen bei, deren Erwähnung hier durchaus gerechtfertigt ist wie z.B. die melancholische Melodielinie über fast echoisierende Pizzicati während der Evakuierung der Ba'ku. Natürlich geht es auch in "Der Aufstand" nicht ohne elektronische Einsprengsel, die sich glücklicherweise in Grenzen halten, aber dennoch an einigen Stellen besonders losgelöst vom Film störend erscheinen. Für die mystischen Vorkommnisse auf dem Planeten wählte Goldsmith einen langgezogenen künstlichen Effekt, der manchmal fast einschneidend auf die sanften Streicherteppiche und ruhigen Melodien wirkt. Auch die pochenden und zischelnden Effekte während der Actionmusik scheint manchmal mehr aufgesetzt denn notwendig.
Insgesamt macht "der Auftsand" den den üblichen routinierten Eindruck in Goldsmiths Spätwerk und man kommt nicht umhin, eine Minderung des in "der erste Kontakt" klar zu vernehmenden Enthusiasmus' zu vermerken, doch dieser stark routinierte Einschlag wird durch den sehr eigenständigen Charakter wieder ausgeglichen. Die Musik erschien auch wie "Der erste Kontakt" bei GNP Crescendo und wird wahrscheinlich im Laufe der nächsten Monate wie der Vorgänger in erweiterter Fassung aufgelegt werden. Somit wird der Hörer nun auch in den Genuss der bisher unveröffentlichten Passagen kommen, die sich zum Großteil lohnen. Insgesamt schrieb Jerry Goldsmith für "Star Trek IX: Der Aufstand" eine erfrischend andere Musik, die zwar ihren routinierten Charakter zu keinem Zeitpunkt verbirgt, aber das musikalische Trek-Universum um einige lyrische Momente bereichert hat.

 

 

 

1999

 

The Mummy - Die Mumie

 

1290 v. Chr. Befindet sich das ägyptische Reich unter der Herrschaft des Pharaos Setos I., der in der „Stadt der Lebenden“ regiert und dessen Geliebte, Anck-Su-Namun, eine Affäre mit dem Hohepriester Imhotep beginnt. Eines Nachts stört der Pharao mit seinen Soldaten die beiden Liebenden und Anck-Su-Namun begeht Selbstmord, um Imhotep zur Flucht zu verhelfen, denn sie weiß, dass dieser sie wieder auferstehen lassen kann. Also bricht Imhotep mit seiner Garde wenig später in die Gruft der Toten ein, stiehlt ihre Leiche und beginnt in der „Stadt der Toten“ das Ritual. Doch erneut werden sie von den Männern des Pharaos überrascht, das Ritual kann nicht vollendet werden und erneut stirbt Anck-Su-Namun vor Imhoteps Augen, der lebendig mumifiziert und mit dem Hom-Dai-Fluch belegt wird, der besagt, dass, sollte der Hohepriester wieder erweckt werden, er die zehn biblischen Plagen über das Landbringen würden, die Ägypten bereits einmal heimsuchten.

1926 stiehlt der britische Missionar Jonathan Carnahan dem Amerikaner Rick O’Connell ein achteckiges Artefakt. O’Connel kämpfte drei Jahre zuvor in der französischen Fremdenlegion auf dem Boden, auf dem sich einst Hamunaptra befand, gegen ein Beduinenvolk und ging als einziger Überlebender aus der Schlacht hervor. Das Fundstück entdeckte er bei seinem Marsch durch die Wüste. Carnahans Schwester Evelyn arbeitet in Kairo im Altertumsmuseum und stellt fest, dass das Artefakt eine Karte enthält, die den Weg nach Hamunaptra weist, in deren noch existierenden Gängen sich Schätze von unvorstellbaren Wert befinden. Da die Karte aber einem Missgeschick des Museumsleiters zum Opfer fällt, suchen die Geschwister O’Connell auf, um zu erfahren, woher das Fundstück stammt. Sie finden O’Connell im örtlichen Gefängnis und Evelyn gelingt es, den zum Tode verurteilten vom Galgen zu befreien, da sie dem Gefängnisleiter einen Anteil an den Schätzen verspricht. So machen sich die vier auf in die Wüste, um die „Stadt der Toten“ zu finden und müssen sich außerdem gegen amerikanische Archäologen behaupten, die ebenfalls nach Hamunaptra suchen.  Nachdem sie die Ruinen der alten Stadt erreicht haben, begeben sich die vier in die Gruften, wo sie einen Sarkophag aufbrechen, in dem sich Imhoteps Mumie befindet. Schon bald wird klar, dass es sich dabei um Imhotep handelt, der sich erneut auf die Suche nach seiner Geliebten macht und das Land in Tod und Verderben zu stürzen beginnt…

 

In den 90er Jahren schlugen viele  Wiederbelebungsversuche alter Genres wie „Die Piratenbraut“ und „Der erste Ritter“ fehl, bis man um die Jahrtausendwende mit einer weniger ernsten Herangehensweise wieder Sparten des Golden Age in neuem Gewand auf die Leinwand brachte. Der Vorläufer zu den überaus erfolgreichen „Fluch-der-Karibik“-Filmen oder den beiden Kinoabenteuern Zorros ist Stephen Sommers’ „Die Mumie“. Allerdings entscheidet sich das in den 20er Jahren angesiedelte Spektakel deutlich von den vorher genannten Filmen, denn während zumindest die letzten drei Teile der „Fluch der Karibik“-Reihe und insbesondere „Die Abenteuer des Zorro“ das Genre des Abenteuerfilms ironisch brechen und parodistisch auf die Schippe nehmen, entsteht der Humor in „Die Mumie“ hauptsächlich aus dem Genre selbst, ohne sich darüber prätentiös lustig zu machen. Wie gewohnt wird bei Sommers auch in „Die Mumie“ mehr geklotzt denn gekleckert. Übertriebene Fechtkämpfe mit Skeletten, Araber-Zombis, durch die sich die Helden möglichst brutal eine Schneise mit einem Auto schlagen, biblische Plagen und Skeletthände, die aus dem Wüstensand geschossen kommen: Sommers lässt kein Klischee aus und hat sichtlich Freude daran, sämtliche Zutaten des klassischen Abenteuerfilms zu einem äußerst temporeichen Straßenfeger zu verschmelzen. Dabei ist „Die Mumie“ in allererster Linie ein Actionfilm, der mit allerhand spekatkulärer Gefechte und Schießereien aufwartet, wie der feurigen Flussfahrt auf dem Nil oder der dem Prolog folgenden Schlacht in den Ruinen von Hamunaptra. Äußerst rasant inszeniert, elegant geschnitten und fotografiert hat der Film somit auch überdurchschnittliches Handwerk zu bieten. Nur die digitalen Effekte sind alles andere als gut gealtert. Neben den typischen Schauplätzen wie längst vergessen Gruften, Ruinen alter Städte und orientalischer Städte sind sämtliche Figuren reine Klischees, wobei Sommers vor der übertriebenen Darstellung alter Vorteile zu keinem Zeitpunkt halt macht. Ob Amerikaner, Engländer, Araber oder Agypter – hier bekommen alle ihr Fett weg. Als draufgängerischer O’Connel überzeugt Brendan Fraser, der sichtlich Spaß an seiner Rolle sowie seinen übercoolen Sprüchen hat und diese mit übertriebener Mimik zu charakterisieren. Rachel Weisz’ Rolle der Evelyn könnte so auch direkt aus einem Golden Age Film stammen, denn sie hat nichts anderes zu tun, als hübsch auszusehen (was ihr in der Tat gelingt), ihre Augen aufzureißen, um Hilfe zu rufen und gerettet zu werden. John Hannah spielt einen herrlich überzogen britischen John Carnahan und Arnold Vosloo brilliert in der Rolle als tragischer Bösewicht und verfluchter Hohepriester Imhotep. Insgesamt ist „Die Mumie“ also ein brillanter Abenteuerfilm, der aufgesetzt Parodie nicht nötig hat und durch die Liebe zum Genre durchgängig famos unterhält.

 

„Die Mumie“ war die zweite und letzte Kollaboration von Stephen Sommers und Jerry Goldsmith, für den sich die Arbeit an der Musik zu einer wahren Stresssituation entpuppte. Im Gegensatz zu dem ersten gemeinsamen Projekt der beiden – „Deep Rising“ – war Goldsmith zudem auch wenig begeistert von dem Film und bezeichnete „Die Mumie“ in einem Interview sogar als „piece of crap“. Das lässt die Musik allerdings nicht vermuten, denn die zählt zu den besten Arbeiten des Hollywoodveteranen. Innerhalb von knapp zwei Wochen komponierte Jerry Goldsmith mit einem groß besetzten Orchester, exotischen Soloinstrumenten, einigen elektronischen Hilfsmitteln und einem Chor eine große und kräftige Abenteuerpartitur, die Sommers’ Bilder ansprechend unterlegt. Dabei schadet zu keinem Zeitpunkt, dass hier alle vorstellbaren orientalischen Musikklischees voll ausgekostet werden, denn wenn Goldsmith zu den Bildern des antiken Ägyptens die Posaunen eine mit einer übermäßigen Sekunde verfeinerten Skala schmettern lassen, einzelne Töne der Oud die flirrende Wüstenhitze einfangen und hektische Xylophonläufe die Skelettarmeen in den Kampf schicken, deckt sich diese stereotype Herangehensweise mit Sommers’ stark von Hommagen gekennzeichneten Bildsprache. Goldsmiths handwerkliches Können und sein versierter Umgang mit dem Orchester tragen maßgeblich zum Hörgenuss bei. Doch nicht nur klangliche Masse, auch eine Fülle von Leitmotiven sorgt für gehörige Abwechslung. Den zentralen Platz nimmt natürlich das Liebesthema ein, eine sanfte und lyrische Melodie, die mit ihrem aufstrebenden Charakter die jugendliche Zuversicht Evelyns sowie den optimistischen Charakter O’Connells musikalisch widerspiegelt. Meistens über sanfte Streicherteppiche von der Flöte oder Oboe intoniert, erklingt diese Melodie auch als schwelgerisches Thema der Violinen oder als kräftiges Abenteuerthema in den Hörnern. Das musikalische Gegenstück bildet eine ab- und wieder aufsteigende Skala, die mit der übermäßigen Sekunde sofort Assoziationen mit orientalischen Schauplätzen wachruft und für die mystische Vergangenheit Ägyptens steht. Für Imhotep griff Goldsmith zusätzlich auf eine von ihm in den 90er Jahren favorisierte Idee zurück: Posaunenglissandi. Während sie aufsteigend im „13ten Krieger“ die Wendol repräsentierten, so erklingen sie nun bedrohlich absteigend.

Auch neben diesen leitmotivischen Ideen komponierte mehrere herausragende Stücke wie die kraftvolle Musik zu dem Wüstenritt, die einer mit Chor garnierten, weitschweifigen Melodie unterlegt wird oder die schauderhaften Rituale des alten Ägyptens, für die der Komponist mit einige sehr mystische Minuten schrieb. Im Fokus steht allerdings wie auch beim Film die Action, in der sich Goldsmith zumeist auf die Kraft seines Orchesters besetzt. Hämmerndes Schlagwerk, gehetzte Streicher und treibende Bläserrhythmen sorgen für immer neue musikalische Achterbahnfahrten, denen nie die Puste ausgeht. Da die Actionpassagen oftmals auf thematischem Material fußen, sind sie selten so gradlinig und ökonomisch wie die zur gleichen Zeit entstandenen stark von Ostinati geprägten Actionmusiken zu den in der Gegenwart angesiedelten Thrillern.

Zum Filmstart veröffentlichte DECCA ein CD-Album mit fast einer Stunde Laufzeit, das alle wichtigen Elemente der Musik in klarer Klangqualität abdeckt. Mit der DVD-Veröffentlichung, die zumindest in Amerika über eine isolierte Tonspur verfügt, erschienen schnell die ersten 2-CD-Bootlegs mit der vollständigen Musik. Die gepresste Doppel-CD des Fantasylabels „Egyptian Enterprises“, das zudem auch unveröffentlichte Musik zu „Die Mumie kehrt zurück“ und „The Scorpion King“ enthält, dürfte zu den populärsten Bootlegs dieser Musik zählen, ist klanglich allerdings schlechter als die kommerzielle Veröffentlichung geraten, da eindeutig die DVD als Quelle dient. Außerdem kommen bei rund 90 Minuten Laufzeit der kompletten Musik deutliche Längen auf – insbesondere während der vielen Suspense-Stücke in der Mitte des Films, sodass die DECCA-CD eine rundum gelungene Album-Version ist, die keine Wünsche offen lässt. Das tut die Musik auch nicht, denn Fans großer Abenteuermusik kommen bei Goldsmiths „Die Mumie“ voll und ganz auf ihre Kosten.

 

 

The Haunting - Das Geisterschloss

Die in sich gekehrte Eleanor Vance steht nach dem Tod ihrer Mutter, die sie jahrelang pflegen musste, ganz allein da. Plötzlich erhält sie einen Anruf von einem Dr. David Marrow, an einem Experiment teilzunehmen. Marrow lädt sie und drei weitere Probanden ein, um in einem abgelegen Haus ihre Schlafprobleme zu untersuchen und zu bewältigen. In Wahrheit wollen Marrow und seine Assistentin jedoch die Angstreaktionen von Menschen in einer Gruppe untersuchen und wählten dazu die gewaltige im gotischen Stil erbaute Villa des Industriellen Hugh Crane. Angeblich hatte Crane das Haus für seine Frau gebaut und wollte es voller Kinder haben, doch waren dem Ehepaar keine vergönnt und schließlich starb Frau Crane. Ihr Witwer jedoch baute das Haus weiter, ließ es opulent einrichten mit unzähligen Schnitzereien von Kindergesichtern, Putten und kleinen Engeln. Nachdem Marrow nach dem gemeinsamen Abendessen die Legende des Hauses gestreut hat, verletzt sich Marrows Assistentin Jane im Gesicht durch eine überspannte Klaviersaite verletzt und wird vom Probanden Todd ins Krankenhaus gebracht. In den Nächten geschehen immer mehr unheimliche Dinge, so hört Eleanor Kindergeschrei, an Türen wird gerüttelt und der Kamin scheint plötzlich lebendig zu sein. Blutige kleine Fußspuren führen Eleanor schließlich in das geheime Arbeitszimmer Cranes, durch dessen Aufzeichnungen sie herausfindet, dass der Großindustrielle anscheinend über hundert Kinder in sein Haus gelockt und umgebracht hat. Die anderen glauben ihr nicht, aber das Haus scheint immer mehr nach Eleanor zu verlangen. Dann findet sie heraus, dass es gar nicht Dr. Marrow war, der sie angerufen hat…

Shirley Jacksons Roman „Spuk in Hill House“ wurde bereits 1963 von Robert Wise meisterhaft verfilmt. Der Regisseur ging dabei jeder Effekthascherei aus dem Weg und konzentrierte sich durch filmtechnische Raffinesse auf die Erzeugung einer dichten unheimlichen Atmosphäre. Wes Craven schien Interesse an einer Neuverfilmung zu haben, drehte aber doch lieber „Scream 3“, sodass einige Zeit sogar Steven Spielberg als Regisseur und Stephen King als Drehbuchautor im Gespräch waren, doch die Verbindung scheiterte an kreativen Differenzen. In „Das Geisterschloss“ entschied sich Regisseur Jan de Bont gegen eine subtile Inszenierung und setzt auf Schockeffekte und jeder Menge visueller Spielereien aus dem Computer. Der gruseligen Stimmung des Originals „Bis das Blut gefriert“ wird die Neuverfilmung jedenfalls zu keinem Zeitpunkt gerecht und kratzt lediglich an der Oberfläche, sodass die hilflos umher getrieben Darsteller von einem Schockmoment in den nächsten stolpern. Diese machen ihre Sache nicht allzu schlecht, müssen sich aber dem Effektkino grundlegend unterordnen. Lily Taylor spielt die graue Maus Eleanor sehr überzeugend und Catherine Zeta-Jones verkörpert in der exzentrischen und narzisstischen Theo einen perfekten Gegenteil. Owen Wilson als etwas unbeholfener Luke, der seine Unsicherheit gerne hinter einer gehörigen Portion Sarkasmus versteckt füllt seine Rolle ebenso aus wie Liam Neesons Dr. Marrow anscheinend wirklich der Welt helfen will, dem sein Experiment aber ziemlich schnell über den Kopf wächst. Einen charmanten klassischen Gruselauftritt legen Marian und Bruce Derne als unheimliches Hausmeisterpärchen hin. Letzten Endes sind alle Charaktere äußerst flach und dienen als reines Mittel zum Zweck, wobei besonders die hölzernen Dialoge es den Schauspielern unmöglich machen, die zwischenmenschlichen Beziehungen glaubhaft rüber zu bringen. Letzten Endes ist der Film nur wegen der überaus detailreichen Ausstattung sehenswert, denn die stimmungsvolle und reiche Inneneinrichtung dürfte noch am meisten Atmosphäre im ganzen Film erzeugen. Unter allen Umständen sollte man lieber, bevor man seine Zeit mit „Das Geisterschloss“ vertut, sollte man jedoch lieber zu Robert Wises Original greifen.

Jerry Goldsmith hatte während seines Zenits gerade zu Horrorfilmen außerordentlich modernistische und konsequente Partituren geschrieben. Neben dem rein akustischen Poltergeist (1982) zählen auch „The Mephisto Waltz“ und besonders die „Omen“-Trilogie zu Meilensteinen der Horrorfilmmusik. In den 90ern widmete sich der Komponist kleineren Dramen, Thrillern, Komödien und schließlich auch wieder Actionfilmen, „The Haunting“ sollte sein letzter Horrorfilm werden und wie auch in vielen anderen seiner Werke aus den 90ern weist die Musik eine routinierte Glätte auf. Harsche Orchester- und Schlagwerkattacken in bester moderner Manier sowie dissonante Ausbrüche der Bläser und effektvolles Spiel der Streicher finden sich ebenfalls nicht in diesem Spätwerk. Wie auf einigen Alben der späteren Goldsmithmusiken vermag der Komponist gleich mit dem Eröffnungsstück zu überraschen so wie bei „Malice“ oder später „The Sum of all Fears“. In „The Haunting“ beginnt das erste Stück mit einem beschwingten an Jahrmarktsmusik erinnernden Walzer, der für ein sich mechanisch drehendes Spiegelkabinett im Geisterhaus eingesetzt wird – eine von vielen verschenkten Ideen. Die erste Filmhälfte konzentrierte sich Goldsmith hauptsächlich der Vertonung von sentimentalen und gefühlvollen Szenen und etablierte eine simple Melodie, die entweder in den Holzbläsern oder der Celesta erklingt. Mit dieser Melodie wird nicht nur Eleanors zurückhaltender Charakter ausgedrückt, sondern auch eine Verbindung zu den Kindern geschaffen. Dieser stellt Goldsmith eine Abwärtsbewegung der Violinen gegenüber, die die unheimliche Stimmung des Hauses einfängt. Das kühle Spiel der Streicher und der mysteriöse Charakter der Melodie ist typisch für Goldsmiths Spätwerk und erinnert an Passagen aus „Basic Instinct“ oder „Hollow Man“. In den Effektschlachten der zweiten Filmhälfte kommt drastisch das Blech zum Einsatz. Oftmals im ¾ Takt türmen sich gewaltige (jedoch kaum allzu dissonante) Akkorde des Blechs auf, die von dem wummernden Schlag der großen Trommel vorwärts getrieben werden.
Im Film ist die Musik äußerst wirkungsvoll, wenn sie nicht gegen Ende durch die ewig lärmenden Geräuscheffekte verdeckt wird, auf CD kann diese Wirkung jedoch kaum aufrechterhalten werden. Bis auf Jahrmarktswalzer fehlt „The Haunting“ eine charakteristische Eigenheit, Goldsmith reiht Klischee an Klischee aneinander, vielleicht auch, weil der Film nicht sonderlich als Inspirationsquelle dienen konnte. Das macht die Musik handwerklich nicht schlecht, aber sehr blass, weil der sich Komponist – wie so oft in den letzten Jahren – von seinem früheren modernistischen Klangidiom abwandte. Die ganze Musik ist farblos und oft nicht voll entwickelt. Einen weitere Beitrag zu dieser Glätte dürfte auch die Abmischung Bruce Botnicks geleistet haben, denn der Orchesterklang ist sehr hallig und schwammig, gleichzeitig aber auch sehr auf Hochglanz poliert, sodass sich die Streicher zu Beginn fast nach dichten künstlichen Synthieflächen anhören. Varèse-Sarabande veröffentlichte zum Filmstart 35 Minuten der Musik, die einen repräsentanten Querschnitt darstellen und alle wichtigen Elemente abdecken. Freunde von früheren Goldsmith-Horrormusiken werden hier nicht auf ihre Kosten kommen, wer allerdings eher braveren Horror mit hauptsächlich melodischen Elementen sucht, könnte an „The Haunting“ gefallen finden.

 

 

Der 13te Krieger

 

Ahmad ibn Fadlān ibn al-'Abbās ibn Rāschid ibn Hammād ist Dichter am Hofe des Kalifen in Bagdad. Er beginnt eine Affäre mit der Frau eines einflussreichen Mannes, der sich daraufhin an den Kalifen wendet. Fadlān wird zur Strafe als Übersetzer mit einer Karawane nach Europa gesandt, auf deren Route er das Land der Türken und Bulgaren durchquert. Am Ufer der Wolga treffen die Männer auf ein Lager von Nordmännern, deren König verstorben ist. Sein Nachfolger, Buliwyf, wird am nächsten Morgen von einem Jungen aufgesucht, der um Hilfe für sein Dorf bittet. Dieses wurde mehrfach von einer alten Bedrohung heimgesucht, deren Name nicht ausgesprochen werden darf. Eine Seherin befragt darauf hin das Orakel und verkündet, dass 13 Krieger ausgesandt werden sollten, um dem Dorf beizustehen. Buliwyf ist der erste der Männer und elf weitere melden sich. Das Orakel bestimmt allerdings, dass der 13. Krieger kein Nordmann sein darf und somit ist es Ahmed ibn Fadlān, der sich mit den Männern zu Pferd und per Schiff in das Reich des Königs Hrodgar begibt. Auf der langen Reise gelingt es dem Dichter, einem Mann des Wortes, die Sprache der Nordmänner durch intensives Hören zu erlernen. Am Ziel angekommen, informiert sie der alte König, dass das Grauen stets mit dem Nebel kommt. Dabei handelt es sich um die „Wendol“, bärenartige Wesen, die Menschenfleisch essen und die Köpfe ihrer Feinde sowie ihre eigenen Toten stets vom Schlachtfeld wieder mitnehmen. In der kommenden Nacht bewachen die Krieger die große Halle, während sich die Dorfbewohner verstecken. Plötzlich fallen befellte Wesen ein und attackieren die Nordmänner, von denen drei sterben. Am Tag darauf errichten die Bewohner des Dorfes Befestigungen, um sich vor weiteren Übergriffen zu schützen. Dabei kommt es zu Spannungen zwischen Buliwyfs Männern und dem Sohn König Hrodgar, der den Kriegern misstraut. Abends kriecht der erste Nebel heran und mit ihm schlängelt sich eine gewaltige Feuerschlange durch die umliegenden Wälder. Die Wendol kommen hundertfach zu Pferd und mit Fackeln bewaffnet. Die wenigen kampffähigen Männer und Ahmad ibn Fadlān sehen sich der schrecklichsten Bedrohung des Nordlandes gegenüber… 

Am 21. Juni 921 brach eine Gesandtschaft des Kalifen al-Muqtadir von Bagdad zu den Wolgabulgaren auf. Der Chronist Ahmad ibn Fadlān ibn al-'Abbās ibn Rāschid ibn Hammād verfasste einen Reisebericht, der bis heute als ältestes schriftliches Zeugnis über nordische Kriegerstämme gilt. Allerdings ist keine Abschrift vollständig erhalten geblieben. Der amerikanische Erfolgsautor Michael Crichton nutzte die ersten drei Kapitel des Berichts für seinen Roman „Eaters of the Dead“. Dabei führt Crichton die Erzählung im Stile Fadlāns aus und ergänzt die Geschichte stets mit informativen Fußnoten, sodass für den Leser kaum ersichtlich wird, an welchen Stellen man den originalen Text liest und wo Crichtons fiktive Erzählung beginnt. Die Geschichte um den mystischen Wendol-Stamm, der wie Bären in Höhlen haust und Menschenfleisch ist, entstammt selbstverständlich vollständig der Fatasie des Schriftstellers. Und bietet eine Rahmenhandlung für einen interessanten Kulturschock. Wie die meisten Bücher Crichtons wurde auch „Eaters of the Dead“ verfilmt, doch bei der Produktion lief kaum etwas glatt. Crichton, der früher selbst als Regisseur tätig war entschied, John McTiernan abzulösen und krempelte die ganze Produktion. Als es schließlich zu weiteren Konflikten kam, wurde McTiernan wieder eingestellt, der den Film auch fertig stellte. Dennoch schaffte es über eine Stunde Material nicht in die fertige Fassung und der Film bleibt leider weit hinter seinen Möglichkeiten. Mehrere Handlungsstränge wie die kurz angedeutete Liebesgeschichte zwischen Fadlān und der Dorfbewohnerin sowie der Konflikt mit Hrodgars Sohn versickern nach der Hälfte des Films. Viele Figuren tauchen auf und verschwinden wieder, ohne dass wir etwas über deren Hintergründe erfahren und auch die Auflösung um die Wendols bleibt letzten Endes nicht zufrieden stellend. Dass der „13te Krieger“ somit ein B-Abenteuerfilm geworden ist, wäre nicht so ärgerlich, könnte man in dem veröffentlichten Material nicht so viel verschenktes Potential erkennen. In einer herrlichen Landschaftskulisse in Canada mit treffend besetzten Schauspielern gedreht, überzeugt der Film durch eine intensive Farbregie, elegante Kameraarbeit und sauberen Schnitt. Antonio Banderas spielt den eleganten und wenig kriegerischen Poeten auf Reisen äußerst überzeugend. Die Darsteller der Nordmänner dürften dem gelegentlichen Kinogänger unbekannt sein, könnten aber ebenfalls nicht besser besetzt sein und leisten tolle Arbeit, allen voran Vladimir Kulich und Dennis Storhoi. Das Aufeinanderprallen der rustikalen Lebensweise der Nordmänner und den Reisenden, die aus der am weitesten entwickelten Stadt der Welt kommen, ist in vielen Momenten charmant eingebunden. Die Actionszenen sind fulminant und brutal, die Bauten sehr gelungen, dennoch blitzt nur in einigen Momenten wie der großartigen Sprachmontage oder dem Rezitieren des Bestattungsrituals vor dem letzten Kampf das hohe Niveau auf, auf dem sich der Film bei einer weniger turbulenten Produktionsgeschichte hätte bewegen können.

 

Nachdem Regisseur John McTiernan mit den Komponisten Bill Conti, Michael Kamen und Jerry Goldsmith zusammen gearbeitet hatte, wandte er sich für den „13ten Krieger“ an Graeme Revell. Seine Vertonung des Abenteuerfilms bewegt sich zwischen traditionell orientierter Orchestermusik und verschiedenen Einflüssen der Weltmusik. So besetzte Revell verschiedene Soloinstrumente der westlichen und östlichen Folklore wie den Dudelsack, die Oud, Tamburin oder Schalmei. Außerdem verfügte der Komponist zusätzlich über unterschiedliche Gesangsensemble wie einen Kinder- sowie einen Männerchor und auch die Sängerin Lisa Gerrard steuerte einige Gesangspassagen bei. Das zentrale Stück der orchestralen Stücke dürfte die Musik zu dem feurigen Angriff der Wendols sein, die allerdings sehr schnell die handwerklichen Schwächen des Komponisten entlarven. Über mehrere Minuten treiben die Streicher dabei ein und dasselbe Motiv voran, über das sich die Bläser erstrecken. Auch wenn die Musik ein gewisses Tempo hat, nutzt Revell leider nicht das massige Potential seines Klangkörpers, sodass die immerhin neun Minuten andauernde Passage letzten Endes kraft- und ziellos bleibt. Revells Stärke liegt deutlich in den atmosphärischen Passagen, in denen oft lang gezogene Streicherteppiche das Fundament für folkloristische Melodien der exotischen Soloinstrumente oder Sänger bilden. Mit Crichtons massiven Eingriff in die Produktion vollzog sich eine musikalische Änderung, denn der Autor, der nun für einige Zeit den Platz auf dem Regiestuhl einnehmen sollte, war durch eine jahrelange Freundschaft mit dem Hollywoodveteran Jerry Goldsmith verbunden. Crichton versuchte oft, dass Filmprojekte, die seinen Büchern zu Grunde lagen, von Goldsmith betreut werden sollten und so überrascht es nicht, dass auch „Der 13te Krieger“ nach Crichtons Ansicht von dem Mann seines Vertrauens vertont werden sollte. Ohne dass der neue Regisseur seine Musik angehört hatte, wurde Revell aus dem Projekt entlassen. Im letzten Drittel seiner Karriere hatte Jerry Goldsmith, der besonders durch seine Vertonung von Thrillern, Action- und Horrorfilmen berühmt geworden war, mehrere Abenteuermusiken geschrieben. Der „13te Krieger“ erfreut sich nicht nur in der Filmmusikgemeinde, sondern auch darüber hinaus, einer großen Beliebtheit, denn der Komponist nutzte das gesamte Potential der Geschichte, um eine abwechslungsreiche, abenteuerliche und actionlastige Partitur zu komponieren. Neben einem durchschnittlich besetzten Orchester stand Goldsmith neben einem Männerchor ebenfalls ein Ensemble fernöstlicher Instrumente zur Verfügung. Zwar ist die Musik zum „13ten Krieger“ monothematisch, dennoch lässt sich die Partitur durch den Einsatz verschiedener Instrumente und kleineren Motive in mehrere Elemente unterteilen. Die durch ibn Fadlān repräsentierte orientalische Kultur findet sich in der Musik in Form einer fernöstlich angehauchten Melodie, die von der charakteristischen übermäßigen Sekunde geprägt ist und häufig in den Holzbläsern erklingt. Oft von der Oud oder dem Schellenkranz flankiert, setzte Goldsmith längst etablierte Musikklischees ein, die jedoch ihre Wirkung nicht verfehlen. Ein heroisches Hauptthema steht für die nordmännische Kultur und das Kriegerbündnis. Diese kräftige Hornmelodie, die von Chorvokalisen und einfachen Rhythmen des Schlagwerks und der Streicher gestützt wird, gehört zu den populärsten Melodien aus Goldsmiths später Schaffensphase und durchzieht die Musik wie ein roter Faden. Die schattenhaften und mysteriösen Wendols bedachte der Komponist mit einem heraufgezogenen Posaunenglissando, das den brummenden Laut eines Tieres zu imitieren scheint und zugleich bedrohlich wirkt. Für die Szenen in der Höhle der Bärenmenschen komponierte Goldsmith einige sehr stimmungsvolle und atmosphärisch dichte Suspensemusiken, in denen er sich seiner avantgardistischen Ursprünge erinnern konnte. Die einzigen elektronischen Einsprengsel dieser Musik sind dem Nebel zuzuordnen. Hier imitiert der Synthesizer den Klang einer Flöte, der allerdings viel verhallter klingt. Die zahlreichen Actionpassagen zeichnen sich durch ein besonders hohes Maß an Brutalität aus. Goldsmith berief sich hier auf Basil Poledouris’ archaische Vertonung zu „Conan“. Insbesondere die Pauken spielen bei den Actionpassagen eine wichtige Rolle, über deren hämmernde Rhythmen die rohen Glissandi der Posaunen, starker Chorgesang und gehetzte Streicherläufe legen. Auch wenn es dem Komponisten ohne Frage gelang, eine möglichst archaische und stampfende Actionmusik zu schreiben, so zeigt sich auch hier der Nachteil der für seine späte Phase so typischen ökonomischen Orchestrierung. Insbesondere auf CD hätten einige weitere Nebenstimmen der Musik die nötige Fülle verliehen, denn durch die völlige Abwesenheit von Holzbläsern in den Actionpassagen wirkt die Musik etwas blass. Nichts desto trotz komponierte Jerry Goldsmith eines seiner ambitioniertesten Spätwerke, das von Varèse Sarabande mit einer erfreulich langen Laufzeit auf CD veröffentlicht wurde. In chronologischer Filmreihenfolge und hervorragendem Klang präsentiert das Album alle wichtigen Passagen des Films. Allerdings sind bei der Auswahl alle Stücke unter einer Minute Laufzeit leider nicht berücksichtigt worden, sodass die Vertonung des halsbrecherischen Ritts ibn Fadlāns auf seinem Pferd leider nicht den Weg auf die CD gefunden hat. Das Booklet enthält einen kurzen Text von Michael Crichton und einige Bilder von den Aufnahmesitzungen. Es dauerte nicht lange, bis die komplette Filmmusik in ebenfalls guter Klangqualität als Bootleg zu zirkulieren begann und auch Graeme Revells Musik war schnell erhältlich. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass auch die Bootleg-CD nicht die Filmversion des finalen Kampfes enthält, sondern sich mit dem kommerziellen Album deckt. Während die Revell-CD natürlich aus verschiedenen Gründen reizvoll ist, bildet das Goldsmith-Bootleg nur für Komplettisten einen nachvollziehbaren Reiz. Die gut sequenzierte Varèse-CD gehört allerdings in jede gut sortierte Filmmusik-Sammlung, sofern sie dort nicht schon längst ihren verdienten Platz eingenommen hat.

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2000

 

Hollow Man - Unsichtbare Gefahr

Der junge Sebastian Caine ist ein genialer Physiker aber ein ebenso unausstehlicher Egomane. Mit seinem Team arbeitet er seit einigen Monaten an dem Auftrag der Regierung, ein Mittel zu finden, dass Lebewesen durch Phasenverschiebung unsichtbar zu machen. Als schwieriger erweist sich allerdings die Herausforderung, ein Serum zu finden, dass die Unsichtbaren wieder für's menschliche Auge wahrnehmbar werden, doch eines Nachts kommt Caine auf die Lösung und tatsächlich funktioniert das neue Mittel bei dem Gorilla Isabelle. Statt sich über den Triumph zu freuen begreift Caine allerdings, dass sein Projekt nun von der Regierung übernommen werden wird. Um dies zu verhindern, belügt er seine Auftraggeber und fordert mehr Zeit. Diese will er in einen Selbstversuch investieren und tatsächlich wird Sebastian Caine als erster Mensch unsichtbar, doch wie bei den Versuchstieren erweist sich der Rückweg zur Sichtbarkeit als kompliziert. Das Serum springt nicht an und Caine bleibt vorerst unsichtbar. Nach einigen Tagen der Verzweiflung beginnt er, gefallen an seiner Macht zu finden und wird so zur Gefahr für sein Team und die Außenwelt...

Filme über unsichtbare Menschen gab es immer wieder und besonders John Carpenters "Jagd auf einen Unsichtbaren" dürfte den meisten Zuschauern noch im Gedächtnis präsent sein. Regisseur Paule Verhoeven war in den 90ern bekannt durch seine drastischen Darstellungen von Sex und Gewalt, wobei seine Filme meistens eines großen satirischen Charakters nicht entbehrten. Sex und Gewalt gibt es auch bei "Hollow Man" - wenn auch noch in Maßen, aber ein charakteristischer Verhoeven-Film ist dieser Streifen nicht. Vielmehr handelt es sich um einen ordentlich inszenierten und gespielten jedoch meist zu vorhersehbaren Thriller, dessen claustrophobische Tunnelstruktur und kühle sterile Einrichtung nie ein solch atmosphärisches Umfeld schaffen wie ähnlich angelegte Lokalitäten aus z.B. Carpenters "Thing" und auch im Umgang mit der Unsichtbarkeit hat Carpenters Film "Hollow Man" einiges voraus. So ist es zwar nett, wenn sich hier und da mal etwas bewegt oder man Caine durch die Sprinkleralange sichtbar gemacht wird, aber die Offensichtlichkeit, mit der alles aus CGI besteht, lässt beim Rezipienten jede Faszination verschwinden. Liebevolle Details wie das vom Unsichtbaren gekaute Kaugummi oder die Zigarette bei Carpenter sucht man bei "Hollow Man" ebenfalls vergebens. Immerhin verfügt Verhoevens Film bei aller Vorhersehbarkeit über ein ordentliches Tempo und einen anständigen Showdown, als Caine im Labor Jagd auf seine Teamkollegen macht. Wenn das Labor in Schutt und Asche gelegt ist, die Rettungskräfte an dem Gebäudekomplex erscheinen und der Abspann läuft, hat man zwar ddas Gefühl, die letzten beiden Stunden gut unterhalten worden zu sein, aber genau so macht sich auch die Gewissheit breit, dass man den Film in spätestens einer Woche zu großen Teilen wieder vergessen haben wird.

Für Jerry Goldsmith und Paul Verhoeven war "Hollow Man" nach "Total Recall" und "Basic Instinct" die dritte Zusammenarbeit. Die ersten beiden gemeinsamen Projekte spornten den Komponisten zu zwei seiner besten Arbeiten der 90er an, die auch im jeweiligen Genre Weichen stellten. Bereicherte Goldsmith in dem letzten Jahrzehnt seines Lebens die Filmwelt relativ selten mit interessanten Musiken denn mit sehr guter Routine ("First Knight", "The Mummy", "Air Force One", Mulan") oder gänzlich uninspirierten Werken ("Malice"), dürfte seine Zusammenarbeit mit Verhoeven als äußerst fruchtbar bezeichnet werden, denn auch "Hollow Man" gehört zu den besseren Arbeiten des Altmeisters in seinem Spätwerk, auch wenn diese Musik nicht die Klasse "Basic Instincts" erreicht. An jene Filmmusik erinnert "Hollow Man" übrigens schon ab der ersten Sekunde, in der Goldsmith sein Hauptthema vorstellt: eine mystische Melodie, die zuerst von einem flötenähnlichen synthetischen Klang vorgestellt und von den kühlen Streichern ohne Vibrato weitergeführt wird. Das Fundament aus arpeggierenden Harfenfiguren und dunklen Cello- und Kontrabass-Klängen tun das Übrige. Die erste Filmhälfte wird durch viele oft kurze Suspensepassagen bestritten während die zweite Hälfte durch fast ununterbrochene Action dominiert wird. Hier geht Goldsmith erfreulicherweise ziemlich in die Vollen, wobei er sein klassisches Action-Schema weder neu erfindet noch sich davon löst. Statt krawalliger Attacken à la "L.A. Confidential" oder "The Vanishing" beruft sich der Komponist wieder auf ungerade rhythmisierte Ostinati, die in tiefen Streichern, dem Klavier und Schlagwerk erklingen während die Violinen freitonale Linien beisteuern. Hier schauen wie in dem Frühwerk offensichtlich Stravinsky und Bartok um die Ecke. Wer allerdings auf all zu spröde Klänge wie in "Coma", "Cassandra Crossing" oder "Capricorn One" hofft, wird dennoch leicht enttäuscht, denn all die oben beschriebenen Momente spielen sich in der relativ glatten Orchestration der späten Goldsmith-Musiken ab. Die klare Mischung Bruce Botnicks mit leichtem Hall lässt die Musik nicht zu trocken aber auch nicht zu schwammig erscheinen und Varèse Sarabande presste nahezu alle wichtigen Momente auf eine gut klingende immerhin 51:00 laufende CD.

 

2001

 

Along Came a Spider - Im Netz der Spinne

Nachdem bei einem riskanten Einsatz seine Partnerin gestorben ist, hat sich Ermittler Alex Cross (Morgan Freeman) aus dem Dienst zurück gezogen und widmet sich voll und ganz dem Bau von Modellschiffchen, bis ihn eines Tages ein Anruf erreicht: Der irre Gary Soneji hat die Senatorentochter Megan aus ihrer Elite-Schule entführt und möchte mit diesem Kriminalfall zu zweifelhaftem Ruhm gelangen wie einst der Entführer des Babys des ersten Atlantiküberfliegers Charles Lindberg. Um sicher zu gehen, dass Soneji diese Aufmerksamkeit bekommt zieht er Alex Cross mit in die Sache hinein, der in Agentin Flannigan (Monica Potter) eine neue Partnerin an seiner Seite hat. Flannigan, die für die Sicherheit in der Schule gearbeitet hat, konnte Megans Entführung nicht verhindern. Doch je weiter die Ermittlungen Crosses und Flannigans voran kommen, umso mehr Ungereimtheiten treten auf. Megans Eltern entsprechen nicht derart bedeutenden Leuten wie Lindberg und tatsächlich hat Soneji es auf einen weiteren Schüler abgesehen...

Insgesamt handelt es sich bei "Im Netz der Spinne" um einen recht spannenden und erfrischend ruhig inszenierten Thriller, der jedoch an einigen Schwächen kränkelt. So ist es unglaubwürdig, dass Soneji, der immerhin schon mit 15 Jahren sein Elternhaus anzündete und somit in ein Heim gesteckt wurde, eine Anstellung in ausgerechnet DIESER Elite-Schule findet und dort zwei Jahre maskiert glaubwürdig als Lehrer arbeiten kann. Außerdem bleibt bis zum Ende hin unklar, wie der Drahtzieher der Lösegeldforderung über Sonjeis Pläne informiert war, um ihn letzten Endes als Werkzeug zu benutzen. Diese Logiklöcher könnten allerdings auch damit zu tun haben, dass ein alternatives Ende für den Film gedreht werden musste, da das Testpublikum mit dem ursprünglichen Finale, in dem die Täter vor Gericht landen und Megan erst zwei Jahre nach ihrer Entführung bei einer bolivianischen Familie entdeckt wird, missfiel. Handwerklich gibt es nichts an dem Film auszusetzen und auch die Schauspieler agieren überzeugend. Besonders hübsch geraten ist die Finale Wendung, während der der Zuschauer für zehn Sekunden immer noch nicht sicher sein kann, woran er ist. Auch die Telefonschnitzeljagd durch die Stadt oder die Erschießung des Anglers sind zwei Höhepunkte in der Regie.

Für diesen Film schrieb Komponist Jerry Goldsmith eine sehr kühle und größtenteils atonale Musik für Orchester und einigen wenigen elektronischen Einsprengseln, die besonders in "Aces and Eights" ihre volle Wirkung entfalten, bei Megans Fluchtversuch allerdings ein bisschen überflüssig wirken ohne zu stören. Die treibenden Actionsequenzen sind gewohnt durch rhythmisch ungerade Ostinati der tiefen Streicher und des Klaviers strukturiert, sehr erfrischend ist der äußerst brutale und heftige Einsatz des Schlagwerks, der der ganzen Musik einen weiteren ungeschönten Anstrich verleiht. Für die ungewisse Bedrohung Sonejis komponierte Goldsmith eine lose Folge freitonaler Akkorde, die von den tiefen Streichern gezupft werden sowie kühle längere Passagen für die Violinen. Für die ausweglos erscheinende Situation Megans wählte Goldsmith das Klavier, das erfreulicherweise keine kitschig wehmütigen Melodien über Streicherteppiche vorträgt, sondern sich auf ebenfalls frei- bis atonale Tonfolgen reduziert. Atmosphärisch dicht ist außerdem die größtenteils synthetische und an die "U.S. Marshals"-Eröffnungssequenz erinnernde Vorspannmusik sowie das brachiale Hornthema über heftigen Schlagwerkgebrauch und pulsierende Streicher für Crosses Lauf durch die Stadt.
Insgesamt dürfte man "Along Came A Spider" in Goldsmiths Spätwerk durchaus als gehobene Kost bezeichnen, denn obwohl sich der Meister hier definitiv nicht neu erfindet, ist diese orchestrale atonal konzipierte und sehr homogeneThrillerpartitur in der stets wachsenden Entwicklung der ewigen Drumlopps à la "Déja Vu" und Co. eine erfreuliche Gegenmaßnahme.

 

 

The Last Castle - Die letzte Festung

Der hochdekorierte General Eugene Irwin ist eine Legende in der amerikanischen Armee, doch als er gegen den Präsidenten entscheidet und seine Mission in Burma acht Soldaten das Leben kostet, wird er zu zehn Jahren Haft in einem Militärgefängnis verurteilt. Dieses wird von dem intellektuellen Colonel Winter geleitet, der seine Autorität nutzt, die Gefangenen gegeneinander auszuspielen und so zu erniedrigen. Irwin tritt seine Haft mit dem Vorsatz an, sich möglichst ruhig zu verhaöten und nach zehn Jahren endlich nach Hause zu kommen. Als ihn aber seine Tochter besucht und sagt, sie erkenne in ihm einen großen Mann aber nicht ihren Vater, blickt Irwin nicht mehr in die Zukunft. Stattdessen beginnt er geschickt, das Bewusstsein der Gefangenen gegen Winters Gemeinheiten zu stärken, indem er eine verkappte Salutierung und Decknamen für ehemalige Ränge einführt - weder dürfen sich die Gefangenen mit ihren ehemaligen Rängen anreden noch dürfen sie einander salutieren. Die Situation eskaliert, als Winter einen weiteren Gefangenen töten lässt und Irwin mit 'seinen Soldaten' beschließt, die Festung zu übernehmen...

Laut Rod Lurie soll "Die letzte Festung" ein Film über Soldaten, nicht aber die Armee sein, sondern sich mit den einzelnen Menschen beschäftigen, die ihr Leben in den Dienst des Landes stellen. Obwohl der Film diese Aussage glaubwürdig macht, enthält "Die letzte Festung" trotzdem eine sehr große Portion Patriotismus wie man sie von amerikanischen Filmen dieser Art gewohnt ist und macht es so zumindest für Nicht-Amerikaner schwer, diesen Film ohne Voreingenommenheit zu sehen. Dabei ist die immerhin 75 Millionen Dollar teure Produktion zumindest handwerklich gut gelungen. Rod Lurie beweist in Dialog- sowie in Actionszenen sein Können und auch das Drehbuch spielt mit den Ahnung und Vermutungen des Zuschauers. Robert Redford überzeugt als hochdekorierter General Irwin ebenso wie sein Gegenspieler James Gandolfini. Allerdings ist Gandolfinis Wandel vom einst freundlich wirkenden und gebildeten Gefängnisgeneral, der stets eine Platte klassischer Musik im Hintergrund laufen hat, zum sadistischen Befehlshaber allzu schnell abgewickelt. Der Film zerfällt nach der zwanzigsten Minute in grobe Schwarzweißmalerei und kriminelle Vergehen der Gefangenen werden beschönigt mit Aussagen wie: "Nun, Du warst zwei Jahre Marine und für einige Sekunden warst Du brutal zu einem anderen Menschen. Das macht Dich immernoch zu 98% Marine." Der latent ansteigende aber stets vorhandene Spannungsbogen gipfelt in eine große Actionorgie, in der Irwin mit seinen Mannen das Gefängnis übernimmt. Hier überraschen einen die Gefangenen ebenso wie Colonel Winter, der sich plötzlich explosiven Geschossen und einer großen Wurfschleuder gegenüber sieht. Der letztendliche Heldentod am Schluss jedoch ist wie so oft recht überflüssig und wirkt pathetisch und aufgesetzt - besonders, wenn man dann mit letzter Kraft noch die amerikanische Flagge hisst, vor der dann alle salutieren.
Insgesamt ist "Die letzte Festung" ein unterhaltsamer Film, den man sich gut ansehen kann, dessen zu Beginn filigrane Charakterzeichnung schnell auf der Strecke bleibt und durch die leider für die Amerikaner nötige Partion Heldenmut, Soldatenehre und Nationalstolz ersetzt wird.

Jerry Goldsmith war laut Rod Lurie die allererste Wahl für das Projekt. Eine Entscheidung, die überaus nachvollziehbar ist, wenn man bedenkt, was Meilensteine der Filmmusik der Komponist bisher für Thriller oder Militärfilme komponiert hat und mit welchem Verve der Altmeister einige Jahre zuvor noch den vor Propaganda und Patriotismus strotzdenden "Air Force One" unterlegt hat. Daher enttäusche "Die letzte Festung" leider auf doppelter Linie, denn weder geling es Goldsmith, einen markanten Ton oder ein tiefer gehendes Thema für den Film zu komponieren, noch ist ihm die Action ansatzweise gelungen. Das zapfenstreichartige Hauptthema in c-moll für General Irwin hat immerhin etwas Atmosphäre, ist aber wenig griffig oder interessant, da auch eine Harmoniserung einem dumpfen Orgenpunkt der tiefen Streicher weichen musste. Die Action bedient sich einer Hornfanfare, die aus dem Thema extrahiert wurde und zudem stark an "Rambo" erinnert - allerdings erreichen weder das Hauptthema noch die Actionmusik ansatzweise die Tiefe und Rasanz Rambos. Weitere Passagen erinnern an "Füllmaterial" oder verworfene Skizzen anderer Militäractionfilmmusiken, die Goldsmith hier unbearbeitet und dünn orchestriert eingespielt hat. Die synthetischen Elemente, die sich auf die Rhythmik verstärkende pulsierende Effekte beschränken, fällt aus dem Gesamtbild der Musik heraus und wirkt durchgehend störend.
Decca veröffentlichte zum Filmstart ein Album mit 36 von rund 40 Minuten Musik, wobei die fehlenden Passagen fast durchgehend Wiederholungen von Stücken sind, die man auf der CD hat. Einzig schade ist es höchstens um die Musik zum Hubschrauberabsturz am Ende mit dem aggressiven Einsatz des Ambosses, aber auch diese Musik hätte nicht über die dürftige Qualität des Rests hinweggetröstet. Die beiden Blues-Songs wikren im Film ganz passend, scheinen aber auf der CD etwas fehlplatziert. Als Bonus gibt es eine Konzertfassung des Hauptthemas in rein orchestraler Fassung, die Goldsmith anscheinend als Tribut für die Opfer des 11.Septembers eingespielt hat und sich so mit dem patriotischen Charakter des Films deckt.
Zu allem Unglück befindet sich auf frühen Pressungen sogar ein durchgehender digitaler Klick
Insgesamt ist von "Der letzten Festung" eher abzuraten, denn selbst Goldsmith-Fans werden dieser drögen Musik wahrscheinlich lieber "Patton", "Morituri" und "Air Force One" vorziehen oder lieber nochmal "Rambo" hören.

 

2002

 

The Sum of all Fears - Der Anschlag

In dem Jom-Kippur-Krieg führt ein israelisches Kampfflugzeug eine amerikanische Atombombe über feindlichen Luftraum mit sich. Die Douglas A-4 wird abgeschossen und die Bombe verschüttet. Diese wird dreißig Jahre später von arabischen Schrotthändlern gefunden und an eine internationale faschistische Organisation verkauft, die sich zum Ziel gesetzt hat, die beiden Großmächte Russland und Amerika gegeneinander auszuspielen und in einem Krieg zu zermürben. Währenddessen reisen CIA-Mann William Cabot und sein junger Assisstent - Jack Ryan - nach Russland, um den neu gewählten Präsidenten Nemerov zu überprüfen, der von den USA als Hardliner eingestuft wird. Ryan findet in Russland heraus, dass drei Atomwissenschaftler aus der alten israelischen eine neue Bombe gebaut haben, die bereits nach Baltimore geschmuggelt und in dem Stadion des Super Bowls deponiert wurde, bei dem der amerikanische Präsident anwesend ist. Ryan und Cabot gelingt es, den Präsidenten in Sicherheit zu bringen und das Stadion zu evakuieren, doch da braust eine gewaltige Schockwelle durch das Land und ein riesiger Atompilz erhebt sich über Baltimore. Die USA machen Russland für den Anschlag verantwortlich, doch Jack Ryan hat eine ganz andere Ahnung. Ihm bleibt jedoch nicht viel Zeit, einen Atomkrieg zu verhindern...

"Der Anschlag" ist bereits die vierte Verfilmung eines Jack-Ryan-Romans des Bestsellers Tom Clancys, dessen Bücher allgemein eine pro-amerikanische und pro-militärische Einstellung vertreten. Nichts desto trotz ist Phil Alden Robertson ein unterhaltsamer Film ohne zu viel Pathos und wehende US-Flaggen gelungen, der viel zu sehr in die Vollen geht, als dass er sich ernsthaft als seriösen Politthriller verkaufen wollte. Handwerklich gekonnt in Szene gesetzt standen mit Morgan Freeman als William Cabot und James Cromwell als Präsident Fowler zwei talentierte Schauspieler zur Verfügung. Jack Ryan wird in diesem Fall von Ben Affleck gemimt und ist somit um einige Jahre zu den vorigen Filmen gejüngert, füllt seine Rolle als symphatischer CIA-Agent allerdings voll aus. Auch die Darstellung des diplomatischen russischen Präsidenten durch Ciarán Hinds hebt sich wohltuend und überzeugend von Schwarzweißmalerei ab. Ist der Film in der ersten Hälfte leidlich spannend besticht er anfangs vor Allem durch wohl dosierten Humor in den galanten Dialogen. Die zweite Hälfte - von der Explosion eingeleitet - geht dramaturgisch in die Vollen, wobei Robertson weder seine Figuren noch den drastisch angezogenen Spannungsbogen außer Acht lässt. Das händerringen der jeweiligen Regierungen um eine möglich Lösung des Konflikts sind spannender als mögliche Actionsequenzen, die fast gar nicht vorkommen. Auch der Anschlag selbst kommt ohne brutale Schauwerte aus. Insgesamt ist "Der Anschlag ein gelungener und unterhaltsamer Blockbuster-Thriller, der zwar nicht ohne Klischees, aber Gott sei Dank ohne üblichen Bruckheimer-Pathos auskommt.

Jerry Goldsmith, der nach der Jahrtausendwende mit der handwerklich gelungenen, aber insgesamt farblosen Musik zu "Along Came a Spider" und der völlig nichtssagenden Komposition für "The Last Castle" deutliche Anlaufschwierigkeiten hatte, trat für "The Sum of all Fears" in die Fußstapfen James Horners und Basil Poledouris', die die vorigen drei Jack-Ryan-Verfilmungen musikalisch betreut hatten. Goldsmiths Musik markiert einen deutlichen Aufschwung zu seinen beiden schwachen vorigen Kompositionen und knüpft mit orchestralen Schwung und arabischen Lokalkolorit eher an die gehobene Routine der 90er an. Dabei orientierte er sich an den drei zentralen Lokalitäten des Films: Amerika, Russland und der syrischen Wüstengegend. Für Amerika bzw. die CIA steht ein forsches Thema für Blechbläser, das von einem markant synchopierten Streicherrhythmus sowie der kleinen Trommel vorangetrieben und unterstützt wird. Die mit Russland verknüpften Szenen werden plakativ von einem noblen slawisch angehauchten Thema für Blechbläser und teilweise tiefen Männerchor unterlegt und auch die in der Wüste spielenden Szenen sind äußerst klischeehaft mit einigen Oud-Akkorden, iranischer Tombak und ausschließlich melodischen Wendungen bestritten, die auf der Zigeunertonleiter basieren. Bei den wenigen Actionszenen kommen übliche Goldsmith-Manierismen wie ungerade Rhytmik, tiefes Klavier und elektronische Einsprengsel, die - wie so oft im Spätwerk des Komponisten - überflüssig und störend wirken denn wirkungsfördernd. All das ist handwerklich gekonnt umgesetzt und passt im Film wie die Faust auf's Auge, auf CD zerfällt der Score zu "The Sum of all Fears" jedoch deutlich in seine drei Lokalbereiche, da es für den Film nicht vonnöten war, eine musikalische Brücke zu schlagen. Stattdessen sind die Stücke oft derart klischeehaft sodass der Musik fast vollkommen eine persönliche Note fehlt. Niemanden würde es auffallen, wenn man Stücke wie "The Name is Olson" oder "The Bomb" in dem Film "Die Mumie" platzieren würde.
Den fehlenden eigenständigen Charakter macht Goldsmith allerdings gleich zu Beginn des Films (und Albums) eindrucksvoll wett: Für die Beziehung zwischen Jack Ryan und der jungen Ärztin Dr. Catherine Muller komponierte er ein einfühlsames Thema, das von Yolanda Adams in Form des Songs "If We Could Remeber" während des Abspanns gesungen wird. Doch diese Melodie bestreitet auch die ersten Minuten des Films während des Flugs des israelischen Flugzeugs über das feindliche Gebiet - dieses mal gesungen von der Sopranistin Shana Blake (mit angenehm dunklen Timbre). Zuerst nur zaghaft fast rennaissance-artig von einem Zupfinstrument (Laute) begleitet, mündet der Gesang in einen fast clusterhaften Akkord aus dem sich eine Hornmelodie hervortut. Dann setzt der Sologesang von neuem ein, dieses Mal üppig vom gemischten Chor und sanft vom Orchester getragen bevor wieder der für die Bombe stehende Clusterakkord durchbricht und einen ersten Eindruck von der arabischen Wüstenmusik freigibt. Dann jedoch zieht Goldsmith alle Register: Die Männerstimmen vokalisieren eine kleine aufsteigende Sekunde und eröffnen so einen breiten Gesangsteppich über den die Frauenstimmen die zweite Häfte des Themas singen. Wieder mündet die Musik in den Bomben-Akkord, dieses Mal in seiner gewaltigsten Form inklusive Chor, bevor die Musik nach einem weiteren arabischen Einsprengsel ruhig mit dem Chor ausklingt.
Es mag geschmacklos erscheinen, den Flug und Absturz einer Atombombe derart zu untermalen, doch der theatralische opernhaft pathetische Gestus schließt sich, als kurz vor Schluss des Films die Mitglieder der Neonazi-Organisation zu der gewaltigen Puccini-Arie "Nessun Dorma" wie in "Der Pate" in einer Killer-Montage hingerichtet werden.

 

2003

 

Timeline

Ein Mann wird in die Notaufnahme eines Krankenhauses eingeliefert. Der Fahrer, der den schwer verletzten mitten in der Wüste fand behauptet, dass der Unbekannte plötzlich vor seinem Auto aus dem Nichts erschien. Als der Mann seinen Verletzungen erliegt, melden sich weder Freunde oder Angehörige, sondern nur der Arbeitgeber: ITC Corporations. Die Leiche selbst hatte keinerlei Papiere oder Ausweise bei sich und – was noch viel merkwürdiger anmutet – war in mittelalterliche Gewänder gekleidet.
Zur gleichen Zeit besucht Chris Johnson seinen Vater Prof. Edward Johnson, einen Archäologen, der mit seinem Team Kate Erickson, André Marek, François Dontelle und Josh Stern in Frankreich die Ruinen der Festung La Roque und des angrenzenden Dorfes Castlegard freilegt. Castlegard wurde 1357 von den englischen Truppen im hundertjährigen Krieg niedergebrannt. Am Abend ließ man Lady Claire, die Schwester von Arnaud de Cervole, auf der höchsten Zinne von La Roque hängen, was die Franzosen in Rage versetzten und sie schließlich die Festung eroberten. Prof. Johnson eröffnet Chris, dass er nach Amerika fliegen will um mit den Sponsoren der Ausgrabungen – ITC Corporations – zu verhandeln, da ihn die Informationen der Auftraggeber misstrauisch gemacht haben. Chris selbst hat weniger Interesse an der Vergangenheit denn an Kate, einer Mitarbeiterin in seines Vaters Team. Da entdecken die jungen Archäologen in der Klosterruine des Dorfes ein altes Gewölbe, in dem sie die Linse einer Brille des Professors sowie ein 600 Jahre altes Pergament finden, auf dem sich ein Hilferuf befindet – von Prof. Johnson geschrieben. Nun macht sich auch Chris mit den vier Archäologen nach Amerika auf, um ITC Corporations zu Rede zu stellen. Sie erfahren, dass der Konzern an einem Verfahren gearbeitet hat, mit dem Materie von Punkt A nach Punkt B zu schicken, sich jedoch ein Wurmloch aufgetan haben muss, dass die zu versendende Materie nicht an den Zielort, sondern nach Castlegard im Jahre 1357 schickt. Die Mitarbeiter von ITC Corporations überzeugt das junge Team, sich ebenfalls ins Mittelalter zu begeben, um den Professor zu finden und zurück zu holen, denn dies gelingt nur mit Hilfe von so genannten Markern, die nur eine begrenzte Zeit funktionieren. Kurze Zeit später findet sich die Gruppe junger Leute in Castlegard kurz vor der letzten Schlacht um La Roque wieder und macht sich auf die Suche…

Zu den Spezialgebieten Michael Crichtons gehörte es zweifellos, historische Rahmenunterhaltsam mit fiktivem Inhalt auszufüllen, ohne den geschichtlichen Kontext außer Acht zu lassen. Auch im 1999 erschienenen Roman „Timeline“ versuchte Crichton, eine möglichst authentische Schilderung des Mittelalters zu gestalten. Richard Donners Films allerdings zeichnet ein sehr oberflächliches und primitives Bild Europas im 14. Jahrhundert und lässt viele Passagen aus dem Buch außer Acht oder verändert sie maßgeblich. Nichts desto trotz ist Donner ein recht unterhaltsamer Film gelungen, dem man zu Gute halten muss, den Einsatz von CGI so gering wie möglich zu halten, was sich besonders positiv auf die finale Schlacht um La Roque auswirkt. Das Studio selbst schien große Zweifel an dem Erfolg des teilweise etwas unbeholfen wirkenden Films gehabt zu haben, sodass „Timeline“ während der Postproduktion mehrmals umgeschnitten wurde. Und tatsächlich war der Film nur mäßig erfolgreich, was vielleicht auch an den durchweg unbekannten Schauspielern gelegen haben mag. Dabei liegt es noch nicht mal an dem fehlenden Publikumsmagneten oder den schauspielerischen Fähigkeiten sondern einfach daran, dass die Charaktere sehr eindimensional und blass gestaltet sind. Billy Connolli gibt einen überzeugenden Professor der Archäologie ab und Gerald Butler scheint als kerniger Schotte nur darauf zu warten, endlich in die Mittelalterklamotten schlüpfen zu können. Die Liebesgeschichte zwischen Paul Walker als Chris und Frances O’Conner dümpelt ein wenig vor sich hin, der Interessenkonflikt, der zu Begin von Chris’ Vater angesprochen wird, nicht annähernd thematisiert. Auch Martin Csokas als Sir William De Kere und Michael Sheen als Sir Oliver bringen ohne Frage das Potential für die ‚bösen Ritter’, allerdings werden die beiden Figuren zu den nötigen Bösewichten degradiert, ohne die die Geschichte halt nicht vorankommt. Auch die Gewissenskonflikte der Archäologen, die den Verlauf der Geschichte bereits kennen und versuchen, gewisse Ereignisse zu verhindern, ohne jedoch die Ereignisse gravierend zu beeinflussen, wird nur am Rand abgehandelt und verpufft bald im Nichts. „Timeline“ schöpft also das Potential der Vorlage nur ansatzweise aus und genügt für eine solide Abendunterhaltung, das interessante Fantasy-Spektakel allerdings ist dieser Film nicht.

Jerry Goldsmith, Michael Crichton und Richard Donner bilden eine ganz besondere kreative Dreiecksbeziehung. So verband Crichton und Goldsmith stets eine enge Freundschaft und auch als der Autor seine eigenen Bücher nicht mehr verfilmte setzte er sich stets dafür ein, dass Goldsmith seine Verfilmungen musikalische betreute, was auch hauptsächlich am Engagement des Komponisten für „Timeline“ beigetragen haben dürfte. Richard Donner hingegen drehte „Das Omen“, für das Goldsmith ebenfalls die Musik schrieb und die ihm seinen einzigen Oscar einbrachte. In „Timeline“ sollten alle drei noch einmal zusammen arbeiten, bevor der Komponist wenige Monate später an seinem Krebsleiden verstarb. Die 90er Jahre waren in dessen Schaffen oftmals von handwerklich solider Routine geprägt, die von einigen wenigen wegweisenden Musiken wie „Basic Instinct“ gegliedert wurde. Die Zeit der großen Neuerungen war vorüber, jedoch schaffte Goldsmith sich im Alter mit handwerklich sauber gefertigten Partituren stets im Markt zu halten. Im neuen Jahrtausend schien sich sogar mit „Hollow Man“ und den recht engagierten Partituren zu „Along Came a Spider“ sowie „The Sum of all Fears“ sowie der ruppigen Musik zu „Star Trek: Nemesis“ ein neuer Aufwärtstrend abzuzeichnen
Auch für „Timeline“ schrieb Goldsmith eine überdurchschnittliche Musik in ungewohnt rauem und ruppigem Gewand. Die Musik ist orchestral konzipiert, wobei das Schlagwerk für besonders archaische Passagen erweitert wurde. Auch elektronische Elemente kommen natürlich zum Einsatz, von denen sich insbesondere ein an ein Widderhorn erinnerndes Sample auszeichnet. Hier wurde der Komponist endlich wieder seinem Vorsatz gerecht, die synthetischen Elemente der Musik als Bereicherung der akustischen Klangpalette einzusetzen. Auch für „Timeline“ stand Goldsmiths langjähriger Tonmeister Bruce Botnick am Mischpult, der die orchestralen Partituren oft mit leichtem Hall aufnahm und so einigen modernistischen Musiken wie „Hollow Man“ die Schroffheit nahm. „Timeline“ zeichnet sich allerdings durch einen sehr trockenen und „ungeschönten“ Klang aus, der der teils militaristischen und archaischen Musik vollkommen gerecht wird. Die Partitur ist traditionell durch mehrere Leitmotive gegliedert, von denen insbesondere das lyrische Liebesthema für André Marek und Lady Claire sowie das für die Ritter stehende Rufmotiv des Widderhorns hervorstechen. Dieses Rufmotiv erinnert vom Tonmaterial deutlich an andere ähnlich gelagerte Motive wie z.B. aus „U.S. Marshals“, gewinnt aber seine Individualität durch den originellen Klang. Genau wie auch das komplizierte Vater-Sohn-Verhältnis und die aufkeimende Liebe zwischen Chris und Kathy im Film recht blass daher kommen, so unspektakulär fällt auch das entsprechende Thema aus, das aus einem viertönigen Kern besteht und vom Klavier über seichte Streicherteppiche gespielt wird. Die Actionszenen unterlegte Goldsmith mit ruppigen Schlägen der Perkussion, stakkatierenden und kurzen prägnanten Actionmotiven des Blechs. Besonders „The Battle/“Victory for us“ lassen einen stets großem Respekt vor einem Mann fühlen, der in schwerer Krankheit und hohem Alter fähig war, ein solch brutales Schlachtgewitter erklingen zu lassen. Auch weitere atmosphärische Stücke wie „The Dig“ sind absolut sauber und stimmungsvoll komponiert und instrumentiert.
Umso größer war der Schock, als bekannt wurde, dass man Goldsmiths Musik nicht im Film zu hören bekommen werde. Durch die steten Umschnitte des Films in der Postproduktion musste der Komponist viele Vertonungen angleichen und erneut einspielen. Als man ihm schließlich einen weiteren Schnitt vorlegte und ihm die Gelegenheit gab, die Musik anzupassen, nahm der von Krankheit und erschöpfte Goldsmith schließlich seinen und Hut und verließ das Projekt mit der Begründung, er habe seine Aufgabe voll und ganz erfüllt. Es folgte eine weitere Zusammenarbeit mit Joe Dante, die er allerdings nicht alleine fertig stellen konnte.
Noch vor seinem Tod setzte sich Goldsmith mit Robert Townson in Verbindung, weil er sicher gehen wollte, dass seine Musik zu „Timeline“ trotzdem veröffentlicht wird und tatsächlich erschien einige Monate nach dem Tod Goldsmiths eine SACD mit 48 Minuten Laufzeit, die von den 73 Minuten, die für den Film aufgenommen wurden, alle wichtigen Passagen in außerordentlicher Klangqualität präsentieren. Die CD ist mittlerweile vergriffen, aber eine Neuauflage in Stereo ist in der preiswerten Box „Jerry Goldsmith: His Last Works“ zu finden.
Der Film selbst wurde letzten Endes von Brian Tyler vertont, der zuvor mit einem orchestral geprägten Score zu „Children of Dune“ auf sich aufmerksam machte und eine stilistisch ähnliche Musik ablieferte. Tylers Stil hielt zu dieser Zeit recht gekonnt die Balance zwischen den RCP-Strömungen und gradlinig instrumentierter Orchestermusik. In den Actionpassagen mutet Tylers Score viel moderner und glatter an als Goldsmiths archaische und ruppige Partitur und versprüht insbesondere vor der entscheidenden Schlacht viel größeren Pathos. In Anbetracht der Umstände ist Tylers Musik recht gelungen und funktioniert ohne Zweifel, trotzdem erfüllt einen der Gedanke, wie besser der Film noch hätte wirken, wenn man Goldsmiths letzte Filmmusik verwendet hätte, mit einer leichten Bitterkeit.

 

 

Star Trek X: Nemesis

Da die Situation zwischen der Föderation und dem romulanischen Imperium angespannt ist, entschließen sich die Romulaner zu einem teuflischen Plan: Sie erschaffen einen Klon des besten Raumschiffkapitäns der Flotte - Jean-Luc Picards - um diesen mit dem Klon zu ersetzen und in Picards Namen die Erde anzugreifen. Dadurch würde ein Krieg ausgelöst werden, der das Ende der Föderation bedeutet hätte. Allerdings lässt die romulanische Führung diesen Plan nach einigen Jahren wieder fallen und verbannen den Klon, der noch ein kleiner Junge ist, auf den unwirtlichen Nachbarplaneten Remus, der über hohe Rohstoffvorkommen verfügt und ein reiner Arbeiterplanet ist. Mehrere Jahre nach diesen Ereignissen wird der komplette romulanische Senat mittels eines Giftgasanschlags seitens einer Senatorin, die die einzige Überlebende ist, ausgelöscht und ein junger Mann namens Shinzon übernimmt die Macht. Zeitgleich befindet sich die Enterprise unter Kapitän Picard auf dem Flug nach Deanna Trois Heimatplaneten Betazed, um auch dort die Hochzeit zwischen ihr und Kommandant Riker zu feiern, der anschließend ein Kommando über ein eigenes Raumschiff erhalten würde. Admiral Janeway informiert die Enterprise über die Vorkommnisse auf Romulus und teilt Picard mit, dass Shinzon einen Abgesandten der Föderation sprechen möchte. Da die Enterprise sich von allen Föderationsschiffen am nächsten zu Romulus befindet, ist die Wahl auf Picards Schiff gefallen und sofort macht sich die Enterprise auf dem Weg zu dem Treffen mit Shinzon. Während des Flugs fangen die Sensoren positronische Signale von einem Planeten der neutralen Zone auf, die auf eine ähnliche künstliche Lebensform wie Data hinweisen. Picard hält dieses Ereignis für einen Zwischenhalt wert und tatsächlich finden er und seine Offiziere auf dem kargen Planeten einen zerstückelten Droiden, der auf dem Schiff wieder zusammen gesetzt wird und sich als Datas Prototyp B-4 ausweist. Auf Romulus begegnen Picard und seine Offiziere Shinzon, der offenbart, dass er Picards Klon ist und sein Ebenbild näher kennenlernen und Frieden mit der Föderation schließen will, doch Shinzon hat ganz andere Pläne. Er ist genetisch manipuliert, schneller zu altern, um Picard glaubwürdig ersetzen zu können und benötigt frische Zellen seines Ebenbildes, um weiter am Leben zu bleiben. Darüber hinaus plant er, Picard zu töten, die Erde mit einer igantischen Waffe aufzulöschen und anschließend die Föderation zu erobern um so ein neues, von ihm beherrschtes Reich zu schaffen. Er entführt Picard auf sein Schiff und nun ist es an dessen Mannschaft, erst ihren Kapitän und danach die Welt zu retten...

Mit "Star Trek X: Nemesis" nehmen die Helden der neuen Generation um Jean-Luc Picard Abschied von den Zuschauern. Im Gegensatz zu den - recht gegensätzlichen - beiden vorherigen Filmen führt hier nicht mehr Jonathan Frakes Regie. Vielleicht lag es an dem weniger erfolgreichen "Der Aufstand", dass Paramount dem Riker-Darsteller den Posten des Regisseurs noch nicht einmal anbot, sondern gleich auf Stuart Baird zuging, der ein äußerst düsteres und atmosphärisch dichten Finale schuf, dass von der Stimmung her näher an "Der erste Kontakt" gehalten ist als "Der Aufstand". Nachdem der neunte Teil viele inhaltlichen Aspekte der Serie bediente, präsentiert Baird dem Zuschauer in "Nemesis" eine mit Spezialeffekten geladene Schlachtplatte mit opulenter Ausstattung, die mit den Brüchen gegenüber der Serie einigen Star-Trek-Fans sauer aufgestoßen haben dürfte, da der in der TV-Serie behandelte Stoff um eine Versöhnung der Föderation und der Romulaner nur als Aufhänger für die eigentliche Handlung um Picard und Shinzon dient. Während die erste Generation um Kirk in "Star Trek VI: Das unentdeckte Land" sich noch einmal voll einbringen kann, sind in "Nemesis" mehrere Mannschaftsmitglieder auf Statisten reduziert - allen voran Beverly Crusher und auch Deanna Troi und Kommandant Riker räumen den meisten Platz Picard, Shinzon und Data ein. Der nicht mit der Serie vertraute Zuschauer dürfte sich daran jedoch kaum stören, bietet "Nemesis" äußerst dichte und spannende Unterhaltung, obendrein sehr interessant konzipiert ist. So erleben wir gleich zweimal, dass ein Charakter seinem eigenen Spiegelbild gegenübersteht: Picard kämpft gegen und um seinen bösartigen und wahnsinnigen Klon Shinzon, während der fast kindisch anmutende B-4 nicht nachvollziehen kann, wo der Sinn in Datas ewigen Bestreben liegt, sich zu verbessern und den Menschen näher zu kommen. Auch in "Nemesis" bestimmt der Glaube an und der Kampf um das Gute im Wesen den Lauf der Dinge. So gibt Picard Shinzon selbst im Lauf der verzweifelten Raumschlacht nicht auf und hofft, diesen Größenwahnsinnigen noch bekehren zu können, auf dass dieser den guten Kern, der Picard innewohnt, entdeckt und dementsprechend handelt. Inwiefern entwickelt man sich selbstständig und was ist einem angeboren? Wie weit sind die eigenen Wege vorherbestimmt und wieweit kann man sie beeinflussen? Der finale Raumkampf zwischen Shinzons Scimitar und der Enterprise gehört zu den erbittertsten Raumkämpfen in der Star-Trek-Filmgeschichte. Wenn Picard schließlich befiehlt, die Enterprise in die Scimitar zu rammen merkt man, dass die Kämpfenden nur noch auf dem Zahnfleisch gehen. "Nemesis" ist hauptsächlich von dunklen Bildern und bedrohlicher Stimmung geprägt, zu der auch das großartige Spiel der drei Hauptdarsteller beitragen. Patrick Stewart gibt einen herrlich verbissenen und gleichzeitig verzweifelten Picard und Brent Spiner darf seine Droidenrolle gleich doppelt auskosten. Tom Hardy brilliert als bösartiger aber gleichzeitig vom eigenen Verfall getriebener Shinzon. Als einziges Problem könnte man anmerken, dass Hardy mit seinen weichen Gesichtszügen zu keiner Zeit eine optisch glaubwürdige junge Variante des scharfgesichtigen Patrick Stewart darstellt.
In den reduzierten Auftritten gibt auch der Rest der Mannschaft ihr bestes, sodass der Film rundum von engagierten Schauspielern getragen wird.
An "Star Trek: Nemesis" dürften sich die Geister scheiden, wobei sich die Lager wahrscheinlich in eingefleischte Trek-Fans und Gelegenheitszuschauer teilen. Als alleinstehender Kinofilm hat "Nemesis" jedoch ganz klare Qualitäten wie überzeugende Darsteller, eine dichte Atmosphäre und einen großen Unterhaltungswert.

"Star Trek X: Nemesis" war nicht nur ein Abschied der Mannschaft von den Fans, sondern auch ein Abschied des Komponisten Jery Goldsmith, da es sich hierbei um seine letztet vollständig von ihm selbst komponierte Musik handeln sollte, die in einem Film Verwendung fand. Seine im darauf folgenden Jahr entstandene Musik zu "Timeline" wurde im Laufe der Postproduktion durch eine Ersatzmusik Brian Tylers ersetzt und während der Arbeit zu "Looney Tunes: Back in Action" nahm ihm der Tod die Feder aus der Hand. Nachdem Goldsmith 2001 nur die kleineren Thriller "The Last Castle" und "Along Came a spider" vertont hatte, wurde dem Komponisten mit "Nemesis" wieder ein Blockbuster anvertraut. Goldsmith, der 1979 eine hervorragende Musik zum ersten Star-Trk-Kinofilm geschrieben hatte, kehrte für den fünften Teil und schließlich die letzten drei Filme der neuen Generation zu der Serie zurück, sodass sich auch musikalisch der Kreis schloss. Der Komponist hatte mit seinem Sohn eine düster massiv orchestrale Musik für "First Contact" komponiert und anschließend eine routiniert solide, aber ansprechende Musik für "Resurrection" geschrieben. "Nemesis" fügt sich in die Entwicklung ein und bildet den schwächsten musikalischen Beitrag, da Goldsmith leider nicht das Potential des Films ausschöpft und es ihm nicht gelang, der Musik einen eigenständigen Charakter oder ein markantes Thema zu verleihen. Wie auch in "Insurrection" werden kaum etablierte Themen der Reihe aufgegriffen. Selbst das optimistische Marschthema erklingt nur zweimal während zwei kurzer Einstellungen der fliegenden Enterprise. Das mit Kommandant Worf verbundene Klingonen-Motiv wurde vollkommen ausgespart, stattdessen setzt Goldsmith auf das viertönige "Quest"-Motiv aus "Star Trek V: The Final Frontier" zurück, um die Freundschaft zwischen Data und Picard musikalisch einzufangen. Zu Beginn und zum Abschluss des Films erklingt dieses Motiv in erweiterteter Form als Oboensolo über sanfte Streicherteppiche. Im Zentrum der Musik steht ein neues Motiv für Shinzon, das immerhin einen Schatten von Goldsmiths psychologischem Gespür während der Komposition eines Charakter-Themas aufweist, denn die melancholisch anmutende, eine fallende Linie beschreibende Melodie lässt deutlich erkennen, dass es sich bei dem Klon Picards um einen tragischen, von seinem Schicksal und seiner ursprünglichen Bestimmung geknechteten Bösewicht handelt. Im Verlauf der Musik wird dieses Thema verschieden variiert: Mal als unerbittliche Hornfanfare über staccatierte Actionrhythmen und mal als Solo der Holzbläser über Streicherbegleitung für Dialogszenen vermag das Thema die einzelnen Eigenschaften Shinzons musikalisch wider zu spiegeln. Dennoch wirken die einzelnen Variationen schablonenhaft und uninsipriert - eine Eigenschaft, die für die gesamte Musik gilt. Die ruhigen, oft mit den altbekannten brummenden elektronischen Effekten durchsetzen Passagen zu Beginn des Films oder auch die typischen, von ungerader Rhythmik geprägten, hämmernden Actionmomente sind altbekannt und erzielen auch im Film ihre Wirkung, auf CD bleibt das Ganze allerdings blass. Beim Beginn der Raumschlacht etabliert Goldsmith einen militärischen Actionrhythmus der kleinen Trommel und eine noble Hornmelodie, die zwar auch routiniert daher kommt, aber besonders im Film eine starke Wirkung hervorruft. Goldsmith entschied sich allerdings, diese Passage nicht auf die CD zu pressen. Das Album von Varèse Sarabande enthält ungefähr die Hälfte der Musik und lässt mehrere der interessanteren Stücke vermissen. Das Booklet enthält außer einem lobhudelnden Text Robert Townsons kaum weitere Informationen und bleibt so hinter den Produkten GNP Crescendos zurück. Im Zuge der erweiterten Veröffentlichungen der Star-Trek-Musiken ist es allerdings nur eine Frage der Zeit, bis Varèse "Nemesis" als "Deluxe Edition" mit dickem Booklet heraus bringen wird. Der Musik dürfte das allerdings nur bedingt zuträglich sein, denn die vollständigen Bootlegs bestätigen den bereits gefassten Eindruck: Jerry Goldsmith schrieb für "Nemesis" eine routinierte und im Film wirkungsvolle Musik, die allerdings über keinen eigenständigen Stil verfügt und somit eine wichtige Vorraussetzung einer Star-Trek-Musik nicht erfüllt.

 

 

Looney Tunes: Back in Action

DJ Drakes Vater Damien ist ein erfolgreicher Schauspieler, der in der Rolle eines Super-Agenten zum internationalen Star aufstieg. DJ träumt ebenfalls von einer Filmkarriere als Stuntman, allerdings möchte er nicht auf die Hilfe seines Vaters angewiesen sein, sodass es ihm nicht gelingt, im Filmgeschäft Fuß zu fassen und er neben den erfolglosen Castings als Wachmann auf dem Gelände von Warner Bros. arbeitet. Ebenfalls bei Warner Bros angestellt sind die beiden Cartoons Bugs Bunny und Duffy Duck. Zwischen den beiden kommt es seit jeher zu Streitigkeiten da Duffy Duck sich stets von seinem Kollegen übervorteilt führt. Die neue Produktionsleiterin Kate Houghton entlässt darauf hin die Ente, die sich standhaft weigert, das Studio zu verlassen, sodass DJ Drake damit beauftragt wird, Duffy Duck hinaus zu begleiten. Die quirlige Ente versucht jedoch, dem Schutzmann zu entwischen, worauf eine furiose Verfolgungsjagd folgt, wodurch ein enormer Schaden auf dem Studiogelände entsteht und auch der berühmte Wasserturm zusammenbricht. DJ Drake wird ebenfalls entlassen und begibt sich niedergeschlagen nach Hause und wird wenig später von Duffy Duck überrascht, der begeistert feststellt, dass DJ der Sohn von Damien Drake ist, den die Ente für einen tatsächlichen Spion hält. Tatsächlich finden DJ und sein unbetener Gast sehr bald eine Videobotschaft von Damien, der seinem Sohn gesteht, tatsächlich ein Agent zu sein. Von dem Leiter des mächtigen Acme-Konzerns, Mr. Chairman, entführt, schwebt die Welt in Gefahr, denn Chairman ist auf der Suche nach dem "blauen Affen", einem Diamanten, der Menschen in Affen und wieder zurück verwandeln kann. Nachdem die gesamte Menschheit in Affen verwandelt und für den Acme-Konzern schuften musste, plant Chairman die Tiere wieder in Menschen zu verwandeln, die dann die sinnlosen Acme-Produkte kaufen. Es liegt nun an DJ und Duffy Duck, den Diamanten zu finden, die Welt zu retten und Damien Drake zu retten. Die beiden machen sich sofort auf den Weg nach Las Vegas, um mit der Agentin Dusty Tails zu treffen, die ihnen weitere Hinweise geben soll. Zur gleichen Zeit befindet sich Kate Houghton in ernsten Schwierigkeiten. Die Warner-Brüder erkennen, dass es ein Fehler war, Duffy Duck aus der Besetzung der "Looney Tunes" zu werfen und verlangen von der Produktionsleiterin, dass die Ente am nächsten morgen wieder in den Studios ist. Gemeinsam mit Bugs Bunny macht sie sich auf den Weg, um die Ente einzuholen, doch die schlägt sich zusammen mit DJ bereits in Las Vegas mit schießwütigen Comicfiguren und Profikillerinnen rum...

1988 schlug "Falsches Spiel mit Roger Rabbit" an den Kinokassen ein wie eine Bombe. Der von Robert Zemeckis gedrehte und von Steven Spielberg produzierte Film kam ohne jede Computeranimation aus und lebt von seiner äußerst erfolgreichen Verschmelzung von Realfilm- und Zeichentrickelementen. Zu einer geplanten Fortsetzung kam es trotz mehrerer Pläne jedoch nicht. Für den 2003 in die Kinos gebrachten Streifen "Looney Tunes: Back in Action" erwies sich Joe Dante als äußerst treffende Wahl, denn der Regisseur hatte sich bereits in vielen vorherigen Werken mit dem Medium Film und skurillen sowie phantastischen Stoffen auseinander gesetzt. Es entstand ein äußerst temporeicher und witzig inszenierter Film, der jedoch hauptsächlich von den Cartoons - insbesondere Duffy Duck - lebt. Der Humor mag recht platt sein, weiß aber durch die liebevolle Inszenierung der Comicfiguren zu unterhalten und zu amüsieren. Das Drehbuch hingegen ist äußerst klischeehaft und wenig originell geraten, auch wenn es dem Autor Larry Doyle immerhin sehr gut gelang, die ganzen Phantasiefiguren nachvollziehbar in die Filmhandlung zu flechten. Einige selbstironische Bemerkungen wie z.B. dass Frasers Charakter DJ als Stuntman in "Die Mumie" gearbeitet hat, wirken jedoch aufgesetzt und verzichtbar.
Brendan Fraser bewältigt seine Rolle DJ Drakes und seinen eigenen Cameoauftritt sehr routiniert und Jenna Elfmans Kate Houghton bleibt gegen die quirlige Ente und den selbstgefälligen Hasen leider recht blass. Steve Martins Mr Chairman hingegen ist sehr überzeugend und Timothy Daltons Auftritt als Agent Damien Drake dürfte einige Bond-Fans erfreuen. Dick Millers kurzer Auftritt als DJs Vorgesetzter ist natürlich Pflicht, da der Charakterdarsteller bisher in jedem Dante-Film auftrat. Insgesamt kann "Looney Tunes: Back in Action" nicht die Klasse von "Falsches Spiel mit Roger Rabbit" erreichen, doch das muss nichts heißen. Joe Dantes Ausflug in die Welt der Looney Tunes ist dennoch überaus gelungen und die überdrehten Cartoon-Einlagen täuschen über das einfallslose Drehbuch definitiv hinweg.

"Looney Tunes: Back in Action" war der letzte Film, den Jerry Goldsmith vertonen sollte und wahrscheinlich war es für den Komponisten eine große Freude, nach der anstrengenden Produktion von "Timeline" noch einmal mit seinem Freund und Wegbegleiter Joe Dante, mit dem er an insgesamt 10 Projekten gearbeitet hatte, zu komponieren. Nachdem er bereits für Dantes "The 'burbs" eine herrlich komischen und von Selbstironie durchzogene Musik geschrieben hatte, machte sich Goldsmith ausgerüstet mit einem groß besetzten Orchester inklusive E-Gitarre, Akustik-Gitarre, Akkordeon, Harfe, Drumset und seinen Keyboards erneut auf einen abwechslungsreichen Streifzug durch sein eigenes Schaffen und das seiner Kollegen. Von dem Gremlin-Rag über zu den treibenden Westerngitarren und Hornrufen aus "Breakheart Pass" bis zu der exotischen Perkussion aus "Congo" blickt Goldsmith über 40 Jahre seiner Tätigkeit als Komponist und schöpft aus nahezu jedem Genre, sodass in jedem Stück unzählige Ideen auftauchen. Das pfiffige Hauptthema erklingt mal konventionell in den Streichern, blitzt als Spionagemusik in der E-Gitarre auf oder erklingt im ganzen Orchester. Eine elegische Solovioline unterlegt Daffy Ducks Gejammer, ein Musettenwalzer erklingt in den Straßen von Paris, hektische Holzbläser treiben Verfolgungsjagden heran und starke Blechbläser fangen Mr Chairmans fiese Machenschaften musikalisch ein. Dabei lässt es sich der Komponist nicht nehmen, die Musik mit einer ordentlichen Portion Mickey-Mousing zu versetzen, sodass sich chromatisch abwärts gleitende Xylophonläufe und hektische Streicherfiguren durch die ganze Partitur ziehen. Dennoch schafft Goldsmith es meisterhaft, dieses Füllhorn an filmmusikalischen Klischees nicht in seine Einzelteile zerfallen zu lassen. Die musikalische Überdrehtheit gehört hier ebenso zu Konzept wie die Karotte zu Bugs Bunny. Mit viel Liebe zum Detail komponiert und raffiniert von Mark McKenzie orchestriert meldet sich Goldsmith kurz vor seinem Tod noch einmal mit einer ungeahnten Frische zurück. Leider gelang es dem Komponisten nicht, seine Musik wegen mehrerer Umschnitte in der Postproduktion fertigzustellen, sodass Komponist John Debney 16 weitere Minuten Musik beisteuerte, die dank der Fähigkeit Debneys zur Imitation anderer Stile äußerst gut funktionieren.
Varèse-Sarabande veröffentlichte allerdings nur Jerry Goldsmiths Musik und die originale auch den Film einrahmende Titel- und Schlussmusik von Carl Stalling, Cliff Friend und Dave Franklin sowie der "Wal Mart"-Werbemusik als verstecktes Osterei. Goldsmiths Material ist chronologisch und anscheinend mit 36 Minuten Laufzeit sogar vollständig vertreten. Das Booklet enthält neben einer Auflistung aller Musiker auch einen kurzen Text Joe Dantes über seine Zusammenarbeit mit Jerry Goldsmith und rundet so die gelungene Albumpräsentation ab.
Jerry Goldsmith schrieb für "Looney Tunes: Back in Action" eine äußerst erfrischende und durchweg unterhaltsame Musik, die einen würdevollen Abschluss seiner langen und fruchtbaren Karriere darstellt. Die vorbildliche Veröffentlichung von Varèse sei deshalb nicht alleine Cartoonmusik-Freunden empfohlen, denn die äußerst abwechslungsreiche Musik mit ihren unzähligen Anspielungen auf andere Genres bietet für jeden Filmmusikliebhaber eine große Wundertüte voller Entdeckungen.

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  • 4 Wochen später...

Vielen Dank! :) Es ist nicht als ein Roman gedacht, sondern vielmehr, um sich einen Überblick zu verschaffen oder auf Informationen zu einer bestimmten Musik zurück greifen zu können. Viel Spaß dabei!

 

Sami, habe leider völlig Deine Antwort übersehen/überlesen/vergessen. Bedeutet das, dass der Chor nur nicht auf der CD drauf ist, weil er zu teuer war? Ich dachte, alles von Goldsmith sei veröffentlicht worden und alles von McNeely nicht.

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Es lag an den enormen Zusatzkosten, die anderthalb Minuten Chor verursacht hätten. "Radek's Death" ist von Goldsmith und es gibt auch noch einige andere seiner Stücke, die nicht auf dem Album sind. Man kann den Unterschied Goldsmith/McNeely eigentlich recht gut raushören: Der McNeely hat einfach viel mehr Noten, weswegen Jerry wohl zu ihm gesagt hat: "You're working too hard, kid." McNeely dagegen war erstaunt, weil die Goldsmith-Partituren so leer waren: "So few notes, but so much music." Das fasst es gut zusammen. :)

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Schöne Anekdote, kannte ich noch gar nicht. Danke, Jonas! :)

 

Und natürlich auch noch ein großes Lob, Gerrit, für das Zusammentragen deiner ganzen hervorragenden Texte zu den Scores und Filmen. Ein echtes Kompendium! Werde ich mir beizeiten mal ausdrucken und zusammenheften, dann hat man das immer mal zur Hand.

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