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Wailing Woman-Gesang in modernen Filmen


Angus Gunn
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Gestern habe ich mir einen SF-Film namens District 9 von 2009 angesehen. Es geht mir nicht um eine Bewertung dieses Filmes, sondern darum, daß mir hier mal wieder die Filmmusik sehr negativ aufgefallen ist. Denn hier wird ein Stilmittel angewendet, was mir schon so manchen Kinobesuch verhagelt hat. Ich meine die omnipräsenten, verhallten Säusel-Stimmen.

Zum ersten Mal sind mir diese möglicherweise in Ridley Scott´s Gladiator aufgefallen. Lisa Gerrard heißt die Dame, die sich dort aufs Übelste im Kitsch suhlt. Und tatsächlich:  Seit damals kommt es mir so vor, als ob kaum ein Hollywood-Film, der irgendwas mit fremden Welten oder exotischen Kulturen zu tun hat, darauf verzichten kann.

Und ich meine jetzt nicht den Gesang einer Edda Dell´Orso, die in C´era una volta il west die Emotionebene von Claudia Cardinale wunderbar trifft. Ich meine dieses weinerliche, wie improvisiert wirkende Ethno-Gesäusel, was bevorzugt zur Erzeugung von Emotionen über dramatische Szenen gelegt wird und dem Geschehen eine besonders tragische Note verleihen soll (was auch tatsächlich funktioniert, allerdings anders als beabsichtigt). Weitere Beispiele wären Tränen der Sonne oder Black Hawk Down, und man könnte auf den Gedanken kommen, diese Kompositionstechnik sei eine Zimmer-Spezialität, doch auch andere haben sich daran versucht, z.B. (leider!!!) auch John Williams, der mich sehr enttäuscht hat, als er eine hochdramatische Sequenz in Spielberg´s München damit vergeigte.

Es ist schlicht und einfach unerträglich, und ich habe mir überlegt, wo denn wohl der Ursprung zu finden ist. In Blade Runner gibt es das Stück On The Trail Of Nexus 6, das zwar in eine ähnliche Richtung geht, doch hier funktioniert es besser, denn die Komposition gibt mehr her und der filmische Kontext ist ein anderer.

Ich vermute, daß sich dieser Stil im Laufe der 90er Jahre entwickelt hat, und momentan fällt mir kein früheres Beispiel ein als eben Gladiator. Bestimmt weiß hier jemand mehr?

 

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GLADIATOR dürfte da schon der Trendsetter gewesen sein. Dennoch möchte ich einer Künstlerin wie Lisa Gerrard deshalb nicht ihr Talent absprechen. Diese Art von Gesang betreibt sie im Grunde schon seit den frühen 80ern. Sie ist zusammen mit Brendan Perry ja das Musik-Projekt DEAD CAN DANCE, welches Elemente aus Rock, Neoklassik, mittelalterlicher Musik und Weltmusik verbindet. Der Einfluss osteuropäischer und arabischer Elemente ist dabei relativ stark vertreten und genau aus diesem Bereich kommt diese Form des Klagegesangs. Bei DEAD CAN DANCE ist Brendan Perry meist für die Musik verantwortlich, während Gerrard die Stücke mit ihrem Gesang veredelt. Dabei schreibt sie nicht immer Texte, sondern singt quasi in einer von ihr erdachten Fantasiesprache die Laute so, wie sie am besten zur Melodie des Stückes passen. DEAD CAN DANCE haben schon tolle Alben gemacht, aber es ist natürlich nicht wirklich Musik zum Party machen. ;)

 

Das Lied "The Host of Seraphim" ist eines der bekanntesten Stücke der Band. Es stammt bereits aus den 80ern, wurde aber oft in Film und Fernsehen eingesetzt, wie in THE MIST.

 

 

Dieser Klagegesang ist natürlich mittlerweile zum Klischee in Filmen verkommen und taucht tatsächlich meist im Zusammenhang mit entsprechenden Schauplätzen auf oder bei einem entsprechenden Filmthema. Aber das Stilmittel an sich kann ja nichts dafür, dass es mittlerweile zum Standard geworden zu sein scheint. Und natürlich verfehlt es dadurch auch oft seine Wirkung, weil es eben mittlerweile nur so vor Klischee trieft.

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Geht's vielleicht etwas neutraler? Ganz ehrlich, so eine Formulierung hat für mich im Threadtitel überhaupt nichts zu suchen.

 

Das Stilmittel, das du ansprichst, nennt sich "Wailing Woman". Ich meine, irgendwann mal gelesen zu haben, dass Graeme Revell diesen Effekt das erste Mal angewendet hat. Ich kann aber nichts weiter dazu sagen, da ich mit seinen Musiken nicht vertraut bin. Seitdem hat sich tatsächlich der Trend entwickelt, dass dieses Stilmittel übermäßig viel verwendet wird.

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Das Stilmittel ist natürlich nicht neu, aber GLADIATOR war in dem Bereich schon eine Initialzündung. Diese Art des Gesangs hat eben in arabischen und osteuropäischen Ländern eine folklorisitsche Tradition, wie bei uns das Jodeln beispielsweise. ;)

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Ich fands ja immer lustig, für mich hat Zimmer im Selben Jahr wie Gladiator rauskam, bei M:I 2 mit dem Cue Injection irgendwie eine zweite Version (einer Art Poptake) von Elysium bzw Now we Are Free rausgebracht.

Klar sind da Unterschiede, aber vom Gefühl her funktionieren die Tracks sehr ähnlich.

Natürlich auch Lisa Gerrard ;)

 

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Das Stilmittel ist natürlich nicht neu, aber GLADIATOR war in dem Bereich schon eine Initialzündung. Diese Art des Gesangs hat eben in arabischen und osteuropäischen Ländern eine folklorisitsche Tradition, wie bei uns das Jodeln beispielsweise. ;)

 

Sogar noch mehr als Jodeln. So ne Beerdigung in der Ecke kann durchaus nach Klischee aussehen oder sich so anhören, gehört aber streckenweise fest zur Trauerkultur. Man muss ja nicht auf Filme schauen, ob Klischees bedient zu sehen.

 

Klar fällt das in Filmen seit über zehn Jahren auf, aber nicht so, dass ich es als störend empfinde. Wenn es passt, passt es. Die schönste Darbietung dieses Stilmittels fand ich übrigens in THE TWO TOWERS und zwar im Film selbst und das sehr authentisch. Auch in GRAVITY fand ich den Einsatz als erlösendes Element überaus gut und sinnig. Ich finde in diesem Sinne ist eine solche eingesetzte Frauenstimme auch nicht klischeebehafteter als der Einsatz von Chor allgemein, was sich durchaus in der Filmmusik auch immer nah verwandt und schon ausgenudelt anhört.

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Ich fands ja immer lustig, für mich hat Zimmer im Selben Jahr wie Gladiator rauskam, bei M:I 2 mit dem Cue Injection irgendwie eine zweite Version (einer Art Poptake) von Elysium bzw Now we Are Free rausgebracht.

Klar sind da Unterschiede, aber vom Gefühl her funktionieren die Tracks sehr ähnlich.

Natürlich auch Lisa Gerrard ;)

 

unterstreicht die romantisch-dramatische stimmung der szene ausgezeichnet. überhaupt ist das eine interssante herangehensweise an eine actionszene, auch wenn woo das in Face/Off schon mal so ähnlich inszeniert hat. vielleicht auch etwas kitschig, aber mir gefällt die szene heute noch und das stück klingt echt super.

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BT hat das in STEALTH immerhin mit einer schönen Männerstimme umgesetzt, da find ich das sehr schön und geradezu originell haha

 

aber klar, dieses Wehklagen kann man nicht mehr hören, einfach weil so lieblos auf entsprechende Szenen gehauen wird... aber wie so oft kann man sowas eben gut oder auch schlecht machen... wie heisst es auch so schön? Filmmusik ist rassistisch... :-)

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In Blade Runner gibt es das Stück On The Trail Of Nexus 6, das zwar in eine ähnliche Richtung geht, doch hier funktioniert es besser, denn die Komposition gibt mehr her und der filmische Kontext ist ein anderer.

 

Oder "Tales of the Future" auf dem offiziellen Album. ;)

 

 

Demis Roussos, der da singt, ist bzw. war ja ein alter Kumpel von Vangelis. Beide spielten in der Band "Aphrodite's Child" in den 60ern und die Kopfstimme von Demis wurde später sehr bekannt, als er solo Chansons, aber auch deutsche Schlager gesungen hat ("Goodbye my love, goodbye").

 

Aber wie gesagt, das ist keine Erfindung von Hollywood, sondern eine Form des Gesangs, der in arabischen Ländern Teil der Folklore ist. Der Gesang des Muezzin beispielsweise, der die Gläubigen zum Gebet ruft, geht ja auch in diese Richtung. Auch Indianer-Stämme praktizieren bei bestimmten Ritualen einen ähnlichen Klagegesang.

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...doch auch andere haben sich daran versucht, z.B. (leider!!!) auch John Williams, der mich sehr enttäuscht hat, als er eine hochdramatische Sequenz in Spielberg´s München damit vergeigte.

 

In MINORITY REPORT hat Williams diese Gesänge durchaus überzeugend eingearbeitet.

 

Im Falle von MUNICH finde ich es auch nicht unpassend, so geht es immerhin um den Nahostkonflikt.

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Geht's vielleicht etwas neutraler? Ganz ehrlich, so eine Formulierung hat für mich im Threadtitel überhaupt nichts zu suchen

 

 

Es ging mir darum, schon im Titel dezent anklingen zu lassen, daß ich diesen Thread nicht aus Begeisterung für nämliches Stilmittel eröffne. ;) Aber gut, sei´s drum. Ist ja jetzt auch von dritter Seite her geändert worden. :)

 

 Ich meine, irgendwann mal gelesen zu haben, dass Graeme Revell diesen Effekt das erste Mal angewendet hat.

Dazu fällt mir ein, er hat in Dead Calm eine Solo-Frauenstimme verwendet. Aber das war eine ganz andere Liga. Bei den nächtlichen Szenen auf stürmischer See, das war sogar richtig gut!  Aber das ist auch nicht die Art von Gesang auf die ich in meiner Einleitung hinauswollte.

 

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Also bis eben wusste ich nicht mal, dass man das als "Wailing Woman Gesang" bezeichnet, aber ok.

 

Ich empfinde Dein Eingangsposting zumindest in Bezug auf Lisa Gerrard zwar ziemlich harsch, aber ich vermute zu verstehen, was Du meinst.

Im Bereich der Filmmusik habe ich auch den Eindruck, als habe sich diese Art Gesang ca. seit Gladiator etabliert, um vor allem bei exotischen Szenen eingesetzt zu werden.

Auch ich empfinde dieses "Totreiten" zuweilen als nervig und zu klischeehaft, als ob so manchem nichts besseres mehr einfällt.

 

Aber ich zum Beispiel höre die Musik von Lisa Gerrard ziemlich gerne, der Soundtrack von Samsara oder ihr aktuelles Album Twilight Kingdom finde ich ziemlich gut.

Host Of Seraphim von Dead Can Dance ist ein geniales Stück; ich kenne es nur aus Baraka und dort untermalt es die debei gezeigten Szenen so gewaltig... toll.

Aber das ist wie gesagt nicht jedermanns Sache, was ich verstehen kann.

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Das wäre schön.

 

Filmmusik steckt per se voller Klischee. Kaum stirbt einer, wird der Streicherteppich rausgeholt. Und und und...

 

Sicher, ein Streicherteppich bei romantischen oder dramatischen Szenen, knackiges Blech bei Action oder Elektro Loops bei Thrillern, alles Klischee. Sicher. Allerdings klingt das ganze nicht so penetrant wie die Wailing Woman. Das liegt aber auch an meinem persönlichen Geschmack. Mag generell Ethno Mucke, bis auf wenige Ausnahmen, nicht so gern. Die Shakuhachi Flöte, die Horner so gerne eingesetzt hat, hat mich beim zweiten Mal, bei der ich die gehört habe schon genervt. Die Wailing Woman ist zumindest für mich aber das mit Abstand schlimmste Filmmusikklischee. Ich finde diese Stilistik absolut nervtötend, da mir weder die Melodik, noch die stimmlichen Effekte (wie zum Beispiel das völlig übertriebene Vibrato) auch nur im entferntesten gefallen. Außerdem wird so wailing woman Musik auch immer ziemlich laut in den Film gemischt, am besten kombiniert mit Slow Motion. Und dann wird es -wie Ronin richtig sagt- so lieblos auf den Film geklatscht. Regisseur/Produzent: Ha das ist jetzt mega traurig / exotisch. Was machen wir denn da musikalisch? Ah ja wailing woman. Komponist: Mache ich es halt, gibt ja Kohle für...

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Wie oben schon erwähnt gibt es auch ein männliches Pendant dazu. Mir fällt da Nusrat Fateh Ali Khan aus Pakistan ein, der in den 90ern auch in einigen Soundtracks zu hören war, unter anderem im NATURAL BORN KILLERS. Bekannt wurde er, nachdem ihn Peter Gabriel mit seinem Ende der 80er gegründeten Label "Real World" unter Vertrag nahm. Gabriel gründete das Label eben aus dem Grund, um Musikern aus der ganzen Welt eine Plattform zu geben, die sonst wohl kaum eine Chance auf einen Plattenvertrag und so internationale Aufmerksamkeit gehabt hätten. Peter Gabriel selbst ist ja ein Vorreiter dessen, was man heute wohl Weltmusik nennt. Bereits seit den späten 70ern arbeitet Gabriel mit Musikern aus aller Welt zusammen und lässt auch Einlüsse verschiedenster Kulturen in seine Musik zu.

 

Eine der letzten Aufnahmen von Nusrat Fateh Ali Khan, der 1997 an Herzversagen starb, dürfte wohl "Signal to Noise" aus Peter Gabriels Album "Up" von 2002 sein.

 

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