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28/52 TARAS BULBA by Franz Waxman


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Als Filmmusikfan ist man ja fast automatisch auch Sammler - zumindest ich bin es halt. Sammler sind ja alle ein bisschen Verrückt und haben nicht immer das richtige Gefühl für Notwendigkeiten. Manche Komponisten liegen einem einfach besonders am Herzen und da möchte man wirklich jede Filmmusik besitzen die es da draußen gibt, auch wenn die Preise für so manche CD´s astronomisch sind und auch wenn man nicht jeden einzelnen Score wirklich gerne anhört. Bei mir gibt es da drei Komponisten, einen Golden Age einen "Silver Age" und einen Komponisten der Gegenwart. Besonders Stolz und sicher der wichtigste Teil meiner Sammlung ist die meine Jerry Goldsmith Sammlung, die vor einem Monat komplettiert wurde. Die zweite komplette Sammlung ist natürlich von Patrick Doyle. Der dritte Komponist bei dem ich eine komplette Sammlung besitze ist Franz Waxman.

 

Franz Wachsmann wurde 1906 in Schlesien geboren und studierte in Dresden und Berlin. In den 20er Jahren spielte er bei den Weintraub Syncopaters (eine berühmtes Jazz Ensemble) Klavier. Friedrich Hollaender, selbst Mitglied der Jazzband, verschaffte Waxman den ersten Filmjob als Orchestrator und Dirigent von Josef von Sternbergs Film "Der Blaue Engel". Sein nächster wichtiger Karriereschritt war die Vertonung von Fritz Langs "Liliom". Als Jude musste Waxman (sein Bruder starb in Auschwitz) nach der Machtübernahme der Nazis fliehen - zuerst nach Paris und dann bald in die Vereinigten Staaten. Dort lief ihm James Whale über den Weg der ihn für "The Bride of Frankenstein" verpflichtete - und diese wegweisende Horrorfilmmusik ebnete Waxman den Weg für eine große Hollywoodkarriere. Er vertonte bis zu seinem viel zu frühen Tod, am Zenith seiner Kraft (so Christopher Palmer) 1967 über 140 Filme. Darunter befinden sich so herausragende Werke wie Sunset Boulevard, Rebecca, Prince Valiant, Peyton Place oder A Place in the Sun. Er wurde auch zweimal mit dem Oscar ausgezeichnet und sogar als erster Komponist in zwei aufeinanderfolgenden Jahren. Zusätzlich komponierte er auch für den Konzertsaal, seine bekanntesten Werke sind Carmen Fantasie, das Oratorium "Joshua" oder der Liedzyklus "The Song of Terezin" - er gründete 1947 auch das Los Angeles International Music Festival auf dem es zu zahlreichen Weltpremieren kam. Weiters nahm Waxman auch regelmäßig Gastdirigate an und er war der erste Amerikaner der ein führendes russisches Orchester (1962) dirigieren durfte.

 

1962 war vielleicht eines der besten Jahr der Filmmusikgeschichte - Lawrence von Arabien, Meuterei auf der Bounty, Freud, Wer die Nachtigall stört, Wer die Nachtigall stört, Cape Fear.... - ein unglaublich beeindruckendes kreatives Jahr. Franz Waxmans Beitrag zu diesem filmmusikalischen Jubeljahr war die Vertonung, von einem sagen wir es mal vorsichtig, zu einem sehr schwachen Kostümschinken namens TARAS BULBA. Der Film von J. Lee Thompson war ein finanzielles wie künstlerisches Debakel und der einzige Grund warum sich Filmhistoriker an den Film noch erinnern ist, das er die letzte große Musik vom Ausnahmekomponisten Franz Waxman enthält. Die Filmmusik wurde auch für den Oscar nominiert, musste sich aber Maurice Jarres Meisterwerk Lawrence of Arabia geschlagen geben.

 

Waxman war ein musikalisches Chamäleon er bediente nahezu jedes Genre mit qualitativ höchstwertiger Musik. Seine Musik ist stehts intelligent, nie oberflächlich, leidenschaftlich und voller innerer Energie. Sie erschließt sich einem häufig nicht beim ersten Hören und bedarf etwas an Engagement. Wer seine Zeit in die Musik von Franz Waxman investiert wird mehr als reich belohnt, für mich steht er auf einer Ebene mit Herrmann und Rozsa. Es war für mich sehr schwer eine Filmmusik aus seinem Schaffen (ich denke es wird noch zumindest eine zweite dazukommen) auszuwählen, da es für mich keine eindeutigen Favorite bei ihm gibt. Die Filmmusiken von Franz Waxman die ich am meisten schätze sind OBJECTIVE BURMA!, THE PARDINE CHASE, PRINCE VALIANT, REBECCA, DEMETRIUS AND THE GLADIATORS und eben TARAS BULBA (ok das ist doch mein Liebling). 

 

"The score of a lifetime" sagte kein geringerer als Bernard Herrmann über die Musik von Taras Bulba. Und wie könnte ich kleiner unbedeutender Wurm dem großen Bernard Herrmann widersprechen. Ungemein kraftvoll, romatisch wild, musikalisch auf allerhöchstem Niveau, großartig orchestriert, reich an Themen die aus einem Guss erscheinen, intelligent - die Liste der positiven Beschreibungen könnte ewig weitergehen. In dieser Musik steckt soviel Können, musikdramatische Raffinesse, kompositorische Qualität und Leidenschaft das es fast schon beängstigend ist - habe mir zuvor "Independence Day 2" angehört und höre jetzt gerade nochmals Taras Bulba (von den Pragern) und ich könnte ehrlich gesagt fast weinen, wenn man bedenkt wie ein "Blockbuster" 1962 vertont wurde und einer 2016!

Waxman war ein großer Kenner und Freund der russischen Musik und so wundert es nicht das Shostakovich und Prokofiew dieses Werk auch beeinflussten. 

Waxman komponierte fünf Hauptthemen für diesen Film - "composed in the spirit and harmonic structure of Russian folk music" so der Komponist selbst. Über die Musik selbst möchte ich nicht all zu viele Worte verlieren - die soll jeder selbst erleben. Auch der größte Verweigerer von Golden/Silver Age wird gefallen an dieser Filmmusik finden, da bin ich mir zu 100% sicher.

Ich möchte nur kurz die 5 Themen vorstellen. Zwei davon werden bereits in der großartigen Overture vorgestellt - das "Cossack Brotherhood" Thema erklingt ab 0:17 und das "Natalia" Thema ab 1:10.

"Cossack Anthem" stellt selbiges Thema am besten dar. "Lullaby" das Thema für den Son von Taras Bulba hört man am besten in "The Birth of Andrei". Und das "Zaparozhtzi" Thema unter anderem im zweiten und fünften Track. Alle fünf Themen klingen aus einem Guss und kohärent. Aber es gibt noch viel mehr in dieser Musik zu entdecken - zB da ausgelassene, frenetische "Gypsy Camp".

 

Bekannt ist die Filmmusik natürlich für "The Ride to Dubno" - ein fünfminütiger musikalischer virtuoser Geniestreich der in der Filmmusikgeschichte seinesgleichen sucht. Filmmusik auf dem absoluten Höhepunkt ihrer Kunst. Boleroartig werden die Themen virtuos verwoben und gesteigert. Tara´s Thema aus Gone with the Wind und "The Ride to Dubno" aus Taras Bulba fassen für mich meine Liebe zur Filmmusik musikalisch am besten zusammen.

 

So jetzt höre ich auf bevor ich vor musikalischer Verzückung in Ohnmacht falle :)

 

(Ride to Dubno)

 

 

Overture

 

 

The Birth of Andrei

 

 

Sami das bist doch du oder? :)

 

 

 

 

 

 

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Ja, der Score (und Waxman generell) ist eine Wucht. Wenn dir der gefällt, wären wohl auch PRINCE VALIANT und Teile von CIMARRON was für dich, Oli. (Wenn du sie nicht eh schon kennst.)

 

Ich weiß, mit der Zeit werden mehr Waxmans dazukommen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Aktuell jedoch versuche ich erst einmal meine Horner-Sammlung zu komplettieren. Jedoch falls doch mal was billiges von einem anderen Komponisten mir auffällt, dann schlag ich natürlich zu, falls es gerade finanziell passt.

Aber ja.. Waxman ist schon was besonderes. Danke dir für die Tipps, Sebastian :)

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Ich bin kein großer Fan der Golden Age Scores ... Aber manche gefallen mir sehr gut, die funktionieren in den Neuaufnahmen auch heute noch hervorragend! 

 

TARAS BULBA gehört eindeutig zu den herrlichen Scores aus der Zeit. Weiters kenne ich REBECCA, SUNSET BOULEVARD und PEYTON PLACE von Franz Waxman. Ich mag das Thema von Rebecca sehr, es ist so schön "spukig" :P

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Also sehr sehr zu empfehlen sind die vier Varese-Sampler - LEGENDS OF HOLLYWOOD - die besten Sampler die Varese je herausgegeben hat

 

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und zur Draufgabe das Charles Gerhardt Album SUNSET BOULEVARD: THE CLASSIC FILM SCORES OF FRANZ WAXMAN

 

 

 

das ist der ideale Einstieg 

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Aus den 50ern und 60ern kommen auch jene Werke, die am meisten an vor allem John Williams erinnern. Besonders die Epen - 'Demetrius', 'Nun's Story', 'Story of Ruth', 'Spirit', 'Untamed' und noch einige andere, die bereits genannt wurden, sind absolute Höhepunkte. 

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Ich liebe A PLACE IN THE SUN, auch weil der Film stark ist. Hinter Streicherschmelz und Solo Sax schwelt zuweilen der Sarkasmus und die "chase fugue" nimmt Shostakovich vorweg. Im Kritzerland-Booklet steht jedenfalls:

"In 1958 Waxman conducted the West Coast premiere of Dimitri Shostakovich's 11th Symphony. While studying the score he noticed a striking resemblance between the end of the second movement and the chase fugue in his "A Place in the Sun Suite" written seven years earlier. Waxman knew full well that Shostakovich could not possibly have seen the film (since it had not been shown in the Soviet Union) and was genuinely amused at this strange coincidental quirk of musical fate."

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Bei Waxman findet sich generell viel Schostakowitsch - auch in TARAS BULBA oder CIMARRON ("The Land Rush"). Eigentlich ideale Einstiegspunkte für Filmmusik-Fans, um sich z.b. den Sinfonien oder Instrumentalkonzerten zu nähern.

Ein besonderer Waxman-Favorit von mir (neben den bereits genannten) ist übrigens der hier:

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Etwas abseits traditioneller sinfonischer Pfade. Ein recht dissonanzreicher Ausflug in den Symphonic Jazz, mit gewissem North-Touch, aber doch unverkennbar Waxman. Sehr beeindruckender Score, leider ist die Ausgabe vom Varèse-Club schon lange ausverkauft.

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Hemingways adventures of a Young man rangiert bei mir ziemlich weit oben. Ein Score nicht so spektakulär wie Taras, eher intimer, ruhiger und einem jungen John Williams am Piano. Mir persönlich gefällt die Overture zu Untamed sehr gut: French Horn fortissimo, da geht die Post ab

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Mal wieder eine tolle Besprechung einer Musik und so nebenbei habt Ihr mich alle sehr neugierig gemacht. Taras Bulba wird wohl definitiv auf meine Einkaufsliste wandern, die Hörproben haben mir wirklich gefallen.

 

Komisch, bisher habe ich um Waxman immer einen Bogen gemacht. Daran ist wohl ein Sampler mit Hitchcock- und Lalo Schiffrin-Musik Schuld, der die Musik zu REBECCA und FENSTER ZUM HOF als Suite inne hatte, die mir seinerzeit aber nicht wirklich zusagten, trotz mehrerer Hörversuche.

 

Ok - ich habe mich wohl mit vorherigem Absatz des Sakrilegs schuldig gemacht, ABER ich gelobe Besserung und muss mir wohl selbst vorhalten, mich möglicherweise seit Jahren um wirklich gute Musik gebracht zu haben.

 

Na ja - ein Gutes hatte es sicherlich doch: mein Geldbeutel blieb geschont! ;-)

 

Gruß

 

Jens

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