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41/52 QB VII by Jerry Goldsmith


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Jerry Goldsmith hat in seiner fünfzig Jahre dauernden Karriere in nahezu jedem Genre musikalische Maßstäbe gesetzt. Auch in Bezug auf Fernsehmusik hat er herausragendes geschaffen. Ein Beweis dafür sind die fünf Emmys die er für seine Fernsehscores bekommen hat. In den Jahren 1973 bis 1975 gelang ihm das Kunststück dreimal hintereinander den Emmy zu gewinnen. Für die John Steinbeck Adaptation The Red Pony, die Leon Uris Verfilmung QB VII und das Sportlerportrait Babe. Weitere großartige Fernsehscores von Maestro Goldsmith sind Masada, Thriller oder die Waltons – die Liste ließe sich noch lange fortführen. Der Höhepunkt seiner Fernseharbeit ist meiner Meinung nach seine Zusammenarbeit mit dem Regisseur Tom Gries an der Miniserie (einer der ersten Miniserien überhaupt) QB VII. Goldsmith hat mit dem früh verstorbenen Gries insgesamt viermal zusammengearbeitet. Drei der vier Werke sind ungemein interessante Arbeiten – 100 Rifles ist vielleicht Goldsmith´s interessanteste Westernmusik und Breakhart Pass ein ganz persönlichen Liebling von mir (großartiges Hauptthema und eindrucksvolle Actionmusik) und eben QB VII.

Goldsmith machte auf mich immer etwas einen abgeklärten Eindruck, der sich nicht großartig mit seinen Filmprojekten identifizierte – doch gab es eine Handvoll Projekte in denen Goldsmith wirklich Herzblut hineinsteckte. Eines dieser Herzensprojekte ist das „Holocaust Gerichtsaaldrama“ QB VII. Ein Beweis dafür sind auch die Liner notes der CD die Goldsmith höchstpersönlich verfasst hat. So sagt er dort zB „I can quite honestly say that QB VII was probably the greatest creative challenge I have ever faced“ und abschließend fügt er hinzu „For me, the drama of QB VII is more than entertainment. It is a plea to mankind for love and tolerance towards their fellowman – a plea that is both personal and deeply felt by me“ Ungewohnt persönliche und emotionale Worte in bezug auf ein Filmprojekt von Maestro Goldsmith. Gründe für die starke emotionale Bindung zu QB VII sind natürlich naheliegend. Zum einen die jüdische Herkunft Goldsmiths und zum anderen das Thema das QB VII behandelt – den Holocaust. Das Thema bedeutet natürlich eine besondere Verantwortung und Herausforderung für jeden Komponisten und besonders einem von jüdischer Herkunft.

Das zum Teil autobiographische Werk QB VII vom Exodus Autor Leon Uris ist ein spannendes und emotional bewegendes Gerichtssaaldrama und verfolgt das Leben der beiden Protagonisten über mehrere Jahrzehnte. Die beiden Hauptfiguren Dr. Adam Kelno (großartig dargestellt von Anthony Hopkins) und Abe Cady (nicht weniger eindrucksvoll von Ben Gazzara gespielt) treffen in einem eineinhalbstunden dauernden Prozess aufeinander. Cady beschuldigt Kelno im KZ Jadwiga (sinnbildlich für Auschwitz) medizinische Experimente durchgeführt zu haben. Zuvor erfährt man die Lebensgeschichte der beiden Personen. Die leider nur im englischen original erhältliche Miniserie ist sehr aufwendig produziert mit 200 Sprechrollen, vielen verschieden Drehorten und toller Besetzung - neben Hopkins und Gazzara sind auch John Gielgud, Jack Hawkins, Lee Remick, Anthony Quale, Leslie Caron oder Robert Stephens zu sehen. Das Drehbuch stammte von Oscarpreisträger Edwart Anhalt. Insofern bekam Goldsmith eine große dramatische Bühne geboten und er nutzte diese Möglichkeit, seinem musikdramaturgischem Genie entsprechend, auch eindrucksvoll.

Jerry nochmals über QB VII und seine jüdische Herkunft "As far as the music is concerned, it´s interesting the two major things I´ve done were QB VII and Masada. I just felt like nobody else could have written this music and done what I did. There´s some gene or something particularly Jewish or, at least, that I´m Jewish that I have this affinity for this kind of music that only a Jew can do. It seems like a pompous and arrogant thing to say. I really think that only Jews can relate to this kind of feeling." QB VII stellt sozusagen Goldsmith Schindlers Liste dar - einen Film den er unglaublich gerne vertont hätte, so Goldsmith in einem Interview in den späten 90ern. Wie großartig wäre ein Schindler Soundtrack von Jerry Goldsmith gewesen - Williams score ist großartig und wurde von Goldsmith auch hoch geschätzt (aus dem gleichen Interview) - aber Schindlers Liste von Jerry Goldsmith zu hören, das wäre nach Lord of the Rings von Goldsmith wohl mein zweiter großer filmmusikalische Wunschtraum gewesen!

Es ist naheliegend das QB VII kein monothematischer Score ist - Goldsmith zaubert für das fünfstündige Drama eine Vielzahl an Themen. Bereits im nur  knapp zwei Minuten langen "Main Title" werden drei zentrale musikalische Motive bzw. Themen vorgestellt. Eine rhythmisch interessant gestaltete Fanfare eröffnet den Main Title und repräsentiert das Gerichtsgebäude bzw. den Gerichtsprozess, dann folgt das Thema für Dr. Kelno in Moll ein relativ einfach gehaltenes waltzerähnliches Thema, daran anschließend etwas energiegeladener und untriebiger das Thema für Abe Cady. Abgeschlossen wird das ganze nochmal durch die Gerichtsfanfare, sozusagen der (musikalische) Rahmen in dem die beiden Protagonisten aufeinandertreffen. In "Escape" zeigt Goldsmith auf das er der Großmeister der Actionfilmmusik war, es gibt nicht viel Gelegenheit für Actionmusik in QB VII, aber diese kurze Track ist exemplarisch für die herausragende Actionmusik die er über die Jahre geschrieben hat. Stampfende, rastlose, getriebene und aggressive Musik begleiten die Flucht von Dr. Kelno aus Jadwiga. Ein Stück das an die zwei großartigen Papillon Actiontracks erinnert.

Zum ersten Mal erklingen die Geister des Holocaustes und damit der Chor in "A New Life" - ein Angst,  Respekt und vorallem Unbehagen einflößendes Klangbild das im zweiten Teil, wenn der Prozess beginnt und die Holocaust Überlebenden aussagen noch gesteigert wird. Auch für die verschiedenen Spielorte (Polen, Kuwait) bringt Goldsmith tolle Themen aufs Tableau. Zum einen "Poland" und noch eindrucksvoller "Journey into the Desert"  bzw. "Visit to the Sheik" - Musik die den Wüstensand geradezu spüren lässt und schon etwas vom großartigen The Wind and the Lion erahnen lässt. „I Cannot See my Love“ ist ein charmantes Liebesthema (für Abe und Samantha), das auf Abe Cadys Thema basiert nur diesmal in Dur.

All das würde ja schon für zwei bis drei Filme reichen, aber wichtigstes Thema kommt zum ersten Mal gegen Ende des ersten Teils (nach ca zwei Stunden) zu Gehör („Papa´s Burial“ und „The Wailing Wall“) . Das „Kaddish“ Thema ist vielleicht das eindringlichste, spirituellste und aufwühlenste Thema aus der Feder von Jerry Goldsmith (und das mag was heißen). Das Kaddisch (in Aramäisch verfasst) ist ein wichtiges Gebet im Judentum, das auch zum Totengedenken häufig rezitiert wird. Das Gebet wird abstrakt gesprochen bzw. gesungen.  Aber zurück zum Thema – es vereinbart tief empfundenen Schmerz und zugleich aufrichtig empfundene Hoffnung, Musik die mir immer wieder Gänsehaut beschert. Goldsmith auf dem Zenit seiner Fähigkeiten die Grundaussage eines Films in ein musikalisches Thema zu kleiden – absolut atemberaubend!!!  Am eindrucksvollsten ist das Thema und das Kaddisch in „A Kaddish for the Six Million“ zu hören – ich lege mich mal fest das eindringlichste Chorwerk der Filmmusikgeschichte. Für den Besuch von Abe Cady der Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem „The Holocaust“  kreiert Goldsmith ein abstraktes, klagendes, angsteinflößendes Klangbild – klagende (anklagende) Stimmen singen die ersten Noten von Kelno´s Thema, dann folgt das Kaddish Thema und dann kehren die Stimmen der Vergangenheit wieder murmelnd und nach Gehör schreiend wieder zurück – musikdramaturgisch einfach großartig (ähnlich eindrucksvoll ist „Jadwiga Relived“) – kein anderer Filmkomponist hätte das so auf den Punkt bringen können.

Beschwingte traditionell jüdische Musik gibt es noch in „Rekindling the Flame of Jehovah“ zu hören – zusätzlich gibt es noch ein weiteres etwas unterkühlt wirkendes Liebesthema für Abe und Margaret zu hören „Free to Love Again“.

Von dieser großartigen Musik gibt es zwei CD Einspielungen. Zum einen den original Soundtrack bei Intrada erschienen, eingespielt in Italien mit akzeptabler Soundqualität. Aber leider wie so viele Goldsmith Alben mit nur ca. 30 Minuten sehr kurz (bei insgesamt 120 Minuten Musik) – trotzdem sind die essentiellen auf der CD enthalten. Zum anderen gibt es eine komplette Neueinspielung von tadlow mit den Pragern – vom Orchester her großartig interpretiert nur der Chor gefällt mir hier nicht so gut. Ideal wäre eine 45 – 50 minütige CD gewesen – aber man kann sich ja eine Playliste aus beiden programmieren.

Zusammenfassung: genial !!!!

 

 

 

 

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Keine Sorge!  Ich habe generell eine Vorliebe für Filmmusik, die auf jüdischer Folklore beruht, sei es nun Schwermütiges, Episches, oder Fröhliches, da gibt es ganz wundervolle Beispiele. Vor ein paar Tagen hatte ich hier "Yiddish Connection" von Georges Garvarentz vorgestellt, da kam auch null Reaktion:P - was ich aber auch genauso erwartet habe, denn der ist wirklich kaum bekannt. Vielleicht sollte man mal einen separaten Thread starten, der sich speziell mit Filmmusiken beschäftigt, die mit diesem jüdischen Gestus hantieren. Wäre bestimmt spannend, was da alles zu Tage gefördert wird.

Was QB VII angeht, da habe ich "nur" die Intrada-Ausgabe, die mir aber auch vollkommen ausreicht. In der Tat bilden diese 30 Minuten ein exquisites Höralbum ohne Schwächen, was selbst bei Goldsmith nicht alle Tage vorkommt. Bei Neuaufnahmen, habe ich stets das Problem, erstmal mit dem lupenreinen Digitalklang ins Reine zu kommen. Was nicht so einfach ist, wenn man sich über die Jahre an den Klang der Originalaufnahmen gewöhnt hat. Das geht mir aber auch bei anderen Soundtracks so. Bei einer Neuaufnahme büßt eine Musik i.d.R. an Individualität ein.

 

 

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Am 6.6.2017 um 22:37 schrieb Markus Wippel:

Aber leider wie so viele Goldsmith Alben mit nur ca. 30 Minuten sehr kurz

 

vor einer Stunde schrieb Angus Gunn:

In der Tat bilden diese 30 Minuten ein exquisites Höralbum

Fehlen bei Eurer CD 5 Minuten ? ;)

BTW: Markus; wie immer sehr schön geschieben. Auch ich liebe diesen Score, und ich teile auch Deine Meinung bzgl. dem Chor in der Neueinspielung

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  • 1 Monat später...
Am 6.6.2017 um 22:37 schrieb Markus Wippel:

Goldsmith hat mit dem früh verstorbenen Gries insgesamt viermal zusammengearbeitet. Drei der vier Werke sind ungemein interessante Arbeiten

Und BREAKOUT ist auch klasse. ;)

Am 10.6.2017 um 09:05 schrieb Angus Gunn:

Bei Neuaufnahmen, habe ich stets das Problem, erstmal mit dem lupenreinen Digitalklang ins Reine zu kommen. Was nicht so einfach ist, wenn man sich über die Jahre an den Klang der Originalaufnahmen gewöhnt hat. Das geht mir aber auch bei anderen Soundtracks so. Bei einer Neuaufnahme büßt eine Musik i.d.R. an Individualität ein.

Geht mir da ähnlich, weshalb ich mir die QBVII-Neueinspielung bis jetzt auch noch nicht zugelegt habe. Ich hätte gerne die alte Einspielung, aber die alte Intrada ist so teuer...

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