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Straßenfeger: Deutsche TV-Klassiker und ihre Musik


Angus Gunn
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also mir fällt beim besten willen keine deutsche produktion aus den letzten 10 jahren ein, die mich vom hocker grissen hat. die krimis sind immer gleich, die komödien ebenfalls, dann ab und zu mal ein film über den ehemaligen osten und das wars. die franzosen machens auch nicht viel besser. immer die gleichen thriller, komödien und dramen. schaue aktuell auf netlfix einige koreanische serien. dramenmäßig haben die es ja voll drauf. realistisch, bodenständig und dabei immer packend. oder halt gleich ein kompletter genremix, aus mystery, krimi, drama und leichten comedy parts. sowas kriegen auch nur die hin und dabei jedes einzelne genre für sich überzeugend ergibt das trotzdem ein gelungenes ganzes. sowas sucht man ja in deutschland vergebens. dramen, krimis und thriller sind immer in grau und blau gehalten und immer schwingt eine deprimierende stimmung mit und die romantischen sachen gehen gleich ins schmonzettenhafte rüber. ab und zu reißts Cobra 11 nochmal raus. leider ist dort musikalisch auch nicht mehr viel überzeugend. bis ca. 2010 waren das wenigstens noch überzeugende media ventures kopien, aber heute auch nur noch gesichtsloser einheitsbrei.

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vor einer Stunde schrieb Lars Potreck:

also mir fällt beim besten willen keine deutsche produktion aus den letzten 10 jahren ein, die mich vom hocker grissen hat. die krimis sind immer gleich, die komödien ebenfalls, dann ab und zu mal ein film über den ehemaligen osten und das wars 

aber heute auch nur noch gesichtsloser einheitsbrei.

Genau das ist es. Die allgemein verächtliche Haltung gegenüber deutschen Produktionen, insbesondere des Fernsehens, haben wir nur der Entwicklung der letzten Jahre zu verdanken. Es ist sehr schade, dass dabei alles was älter ist, von den meißten Konsumenten nicht mehr wahrgenommen wird. Der Schauspieler Horst Frank hat kurz vor seinem Tod, Ende der 90er Jahre, noch ein Interview gegeben, in dem er bereits den qualitativen Niedergang deutscher Fernsehproduktionen beklagte. Und er meinte damals schon, die Leute seien im Laufe der Jahre systhematisch entwöhnt worden.

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  • 3 Wochen später...

Martin Böttcher:  KARA BEN NEMSI EFFENDI

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1973 wurde erstmals diese vom ZDF produzierte Karl-May-Serie ausgestrahlt. In 26 Episoden von jeweils rund 25 Minuten Länge werden die Orient-Reisen von Kurdistan über den Balkan bis zur finalen Konfrontation mit dem Schut filmisch aufgearbeitet. Und dies geschieht auf eine ebenso unterhaltsame wie spannende Art und Weise. Dabei unterscheidet sich Günter Gräwerts Regiestil grundlegend von den bekannten Kinoadaptionen. Vielmehr fühle ich mich in der Art der Umsetzung an die alten Karl-May-Hörspiel-Platten von "Europa" erinnert.

Obwohl in Bulgarien, Tunesien und dem spanischen Almeria gedreht, werden die Landschaften niemals plakativ in epischer Breite in den Mittelpunkt gestellt, sondern sind organischer Bestandteil der Handlung. Gräwert konzentriert sich auf die Charaktere, auf die ausgedehnten, amüsanten Dialoge zwischen Kara Ben Nemsi und seinem Begleiter Hadschi Halef Omar und die zum Teil skurrilen Nebenfiguren. Das gibt den Episoden eine beinahe kammerspielartige Atmosphäre, wobei aber auch die Aktions- und Suspense-Sequenzen mit viel Gespür für Stil und Timing inszeniert worden sind.

Karl-Michael Vogler und Heinz Schubert mögen erstmal eine ungewöhnliche Wahl für die Hauptrollen sein, doch stimmt die Chemie zwischen den beiden vom ersten Moment an perfekt. In Erinnerung bleiben auch die zahlreichen Nebenrollen wie Richard Lauffen als Mohammed Emin, Günter Lamprecht als Wirt oder auch Dieter Hallervordens einfältiger Statthalter.

Martin Böttcher ist mit seiner Musik ein ganz großer Wurf gelungen. Entsprechend der effektvoll entschlackten Inszenierung hat sich auch Böttcher von den schwelgerischen Streicherteppichen und den massigen Blechbläsern der Kinofilme verabschiedet und beschränkt sich auf ein kleines Ensemble, das mit einschmeichelnder Titelmelodie und knarziger E-Gitarre den Western-Scores von Morricone nahesteht. Wah-Wah-Läufe und exotische Percussionarrangements tragen ebenso zur Atmosphäre bei wie jene mechanisch-krachenden Akkorde, die z. B. auch der japanische Komponist Masaru Sato für Kurosawas "Sanjuro" einsetzte. Mit dem Abspann der letzten Episode ("Rih") klingt diese sehr stilvolle Serie mit einer wunderschönen, elegischen Mundharmonikaversion des Hauptthemas aus.

KARA BEN NEMSI EFFENDI ist gerade von Pidax erneut in einer Komplettedition herausgebracht worden. Wer es jedoch auf den Soundtrack abgesehen hat, der sollte nach der Erstauflage Ausschau halten, denn leider hat Pidax die Audio-CD mit der Musik nicht mehr mit an Bord. Oder halt nach dem alten Tarantula-Album.

 

 

 

 

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Am 18.7.2018 um 17:59 schrieb Mephisto:

Die filmische Darstellung von beschwerlichen Lebensumständen gestaltet sich ja gerne etwas zäh (siehe MEEK'S CUTOFF)...

Ist doch ein ganz großartiger Film. Aber ich erinnere mich, dass du Kelly Reichardt generell nicht so positiv gegenüberstehst...

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Am 8.8.2018 um 21:16 schrieb Angus Gunn:

Martin Böttcher:  KARA BEN NEMSI EFFENDI

Mit dem Abspann der letzten Episode ("Rih") klingt diese sehr stilvolle Serie mit einer wunderschönen, elegischen Mundharmonikaversion des Hauptthemas aus.

Ach, daher kommt die "Rih-Melodie". Ich kenne die nur aus dem "Wilder-Western-Heißer-Orient"-Box, wo sie als Bonus nach der vollständigen Musik zu "Der Schut" erklingt. Habe immer nicht verstanden, warumd das so vollkommen anders klingt...

vor 56 Minuten schrieb Sebastian Schwittay:

Ist doch ein ganz großartiger Film. Aber ich erinnere mich, dass du Kelly Reichardt generell nicht so positiv gegenüberstehst...

Das kann man so nicht sagen. In der Tat fand ich NIGHT MOVES nicht so sonderdlich tiefgründig, wie er scheinbar sein wollte (oder sollte?), ihre anderen Filme kenne ich nicht. Aber MEEK'S CUTOFF fand ich sehr beeindruckend. Nichts desto trotz ist die Darstellung beschwerlicher Lebensumstände in möglichst langen beklemmenden Einstellungen und Abschnitten, die ebenfalls mühsam und fordernd für's Publikum sind, ein durchaus adäquates Mittel. Aber ich gebe gerne zu, dass ich nicht immer in der Stimmung bin, diesen Ansatz stets zu begrüßen. Um einem Siedlertrek bei der anstrengenden Wanderung oder Bauern bei der Erschließung des Teufelsmoors zusehen zu können, muss ich selber eher ausgeruht und entspannt sein.

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vor 21 Stunden schrieb Mephisto:

Ach, daher kommt die "Rih-Melodie". Ich kenne die nur aus dem "Wilder-Western-Heißer-Orient"-Box, wo sie als Bonus nach der vollständigen Musik zu "Der Schut" erklingt.

Nein, die "Rih-Melodie" stammt nicht aus dieser Serie. Das Pferd Rih hat in KARA BEN NEMSI EFFENDI kein eigenes Thema, jedenfalls ist mir keines aufgefallen.

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HEINRICH FEISCHNER

Rasante, jazzige Big-Band-Nummern über den Vor- oder Abspanntiteln waren vor einigen Jahrzehnten für die Vertonung von TV-Serien oder -Spielfilmen sehr beliebt. Das klang meißt griffig und angemessen reißerisch, ließ aber in vielen Fällen eine eigenständige musikalische Identität vermissen, und im Rückblick klingen tatsächlich manche der damaligen Overtüren austauschbar.

Aber es gab auch Komponisten deren Arbeiten differenzierter und individueller gestalten waren. Einer dieser Komponisten ist der 1961 verstorbene Heinrich Feischner, der es verdient hätte, mal einen kleinen Schritt aus der Vergessenheit herauszutreten. Denn seine Filmmusiken habe ich bei meinen Streifzügen durch die deutsche TV-Geschichte als kleine Kunstwerke wahrgenommen, denen ich hier diesen Beitrag widmen möchte.

BEI ANRUF - MORD verfilmt das Drehbuch des Hitchcock-Klassikers mit deutschem Cast erneut. Wie zu der Zeit nicht unüblich, besteht der gesamte Score aus kaum mehr als der knapp zweiminütigen Abspannmusik, und der Komponist nutzt die Gelegenheit die unheilvollen Machenschaften rund um das Mordkomplott in schaurig-schönen Klängen noch einmal in Erinnerung zu rufen.

SCHRITTE IN DER NACHT ist ein düsteres Paranoia-Drama, das auf einer Geschichte von Robert Arthur (Urheber der "drei ???") beruht. Feischner kommentiert Erik Schumanns Irrwege durch nächtliche Gassen und eine feindselige Umwelt mit einer ruhigen, aber wirkungsvollen Jazzkomposition, bei der die Klarinette eine nervöse Attitüde ins Spiel bringt.

DER GEISTERZUG ist ein komödiantisches Krimi-Kammerspiel mit mildem Mystery-Touch. Nette Kaffee- und Kuchenunterhaltung, aber nicht mehr. Die stimmungsvolle Musik mit leicht burleskem Einschlag ist nach einer Minute schon wieder vorbei, und mehr kommt im ganzen Film auch nicht vor.

https://vimeo.com/284349367

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Ernst Brandner:  BLUT UND EHRE

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1982 wurde diese aufwendige, vierteilige Mini-Serie über den aufkommenden Nationalsozialismus produziert. Drei Familien, eine wohlhabend uns systemtreu, eine mit sozialdemokratischem Vater und eine jüdisch-stämmig, stehen im Mittelpunkt der Handlung. Die Söhne werden im Schulunterricht und in der Hitler-Jugend auf die neue Ideologie geeicht. Gegen seine Überzeugung fügt sich auch Vater Keller nach anfänglichem Wiederstand in das System und erlebt einen sozialen Aufstieg.

Die Konflikte die dabei untereinander, auch innerhalb der Familien, entstehen, werden von einer großartigen Schauspieler-Riege glaubhaft und sehr dramatisch umgesetzt. Auch die Besetzung der Kinder und Jugendlichen erweist sich dabei als absoluter Glücksgriff.

Ernst Brandners Filmmusik ist in den 80er Jahren als LP veröffentlicht worden. Die Musik ist von rein sinfonischer Struktur und enthält mit dem Hauptthema auch einen orchestral ummanteltes, glorifizierendes Marschmotiv. Tatsächlich ist die Art der Vertonung auffallend altmodisch. Wenn im Radio Wahlergebnisse verkündet werden, wird das von Brandner dramatisch-aufbrausend kommentiert, geküßt wird unter einem Himmel voller Geigen, und die erwähnten Märsche unternehmen keinerlei Versuch, auf die unheilvollen Seiten der Ereignisse aufmerksam zu machen. Wäre dieser Film in den 50er Jahren entstanden, so hätte man ihn wahrscheinlich auf diese Weise vertont, und das Hauptthema hätte auch jeden nationalsozialistischen Propagandastreifen veredeln können.

Die sinfonische Begleitung wird aber nicht überstrapaziert, und das Konzept, die Handlung nicht aus kritischer Distanz, sondern aus der Perspektive der damaligen Zeit zu betrachten, geht letzten Endes auf. Und das liegt freilich auch an den Kompositionen selber, die auf hohem Niveau auch ein großartiges Höralbum abgeben.

https://vimeo.com/284539954

 

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Peter Schirmann:  DAS JAHRHUNDERT DER CHIRURGEN

Diese nach Jürgen Thorwalds historisch korrekten Sachbuch-Bestsellern gedrehte Serie war 1972 erstmals in der ARD zu sehen. Berichtet wird in 19 in sich abgeschlossenen Folgen von bedeutenden Fortschritten in der Medizin im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Nicht immer erwartet die Protagonisten ein glückliches Ende. Die ersten schwerwiegenden Eingriffe bei Tumorentfernungen, der Kampf gegen das Kindbettfieber oder eine Blinddarmoperation - das alles war seinerzeit eine gefährliche Gratwanderung zwischen Leben und Tod und man kann wirklich froh sein in einer Zeit zu leben, in der ein Zahnarztbesuch so komfortabel verläuft wie heute.

Dies alles wird in den jeweils 25-minütigen Episoden unterhaltsam und sehr spannend vermittelt. Die historischen Settings wurden detailfreudig und aufwendig ausgestattet, und auch schauspielerisch wurde hier wirklich aus dem Vollen geschöpft. Ich kann mich nur erneut vor "Pidax" verneigen, diesen wertvollen Schatz deutscher Fernsehgeschichte gehoben zu haben, auch wenn von einem alten Magentband gemastert werden mußte, weshalb die Bildqualität bei empfindlichen Zeitgenossen wohl auf Ablehnung stoßen wird.

Der Komponist Peter Schirmann ist mir erstmals Mitte der 80er Jahre aufgefallen, als eine von Ihm vertonte Fassung des Stummfilm-Klassikers NOSFERATU ausgestrahlt wurde. DAS JAHRHUNDERT DER CHIRURGEN bekommt von ihm ein den epochalen Ereignissen angemessenes, würdevolles, orchestrales Thema zugedacht, das eine jede Folge stimmungsvoll einleitet und beendet.

Ich habe hier mal wieder eine kleine Collage zusammengeschnitten, bestehend aus Anfangs- und Schlußmusik, sowie einer kurzen Dialogsequenz aus DIE EHE DES FORSCHERS mit dem wunderbaren Erich Schellow in der Rolle des Robert Koch:

https://vimeo.com/285546847

 

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Am 12.8.2018 um 09:57 schrieb Angus Gunn:

Ernst Brandner:  BLUT UND EHRE

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1982 wurde diese aufwendige, vierteilige Mini-Serie über den aufkommenden Nationalsozialismus produziert. Drei Familien, eine wohlhabend uns systemtreu, eine mit sozialdemokratischem Vater und eine jüdisch-stämmig, stehen im Mittelpunkt der Handlung. Die Söhne werden im Schulunterricht und in der Hitler-Jugend auf die neue Ideologie geeicht. Gegen seine Überzeugung fügt sich auch Vater Keller nach anfänglichem Wiederstand in das System und erlebt einen sozialen Aufstieg.

Die Konflikte die dabei untereinander, auch innerhalb der Familien, entstehen, werden von einer großartigen Schauspieler-Riege glaubhaft und sehr dramatisch umgesetzt. Auch die Besetzung der Kinder und Jugendlichen erweist sich dabei als absoluter Glücksgriff.

Ernst Brandners Filmmusik ist in den 80er Jahren als LP veröffentlicht worden. Die Musik ist von rein sinfonischer Struktur und enthält mit dem Hauptthema auch einen orchestral ummanteltes, glorifizierendes Marschmotiv. Tatsächlich ist die Art der Vertonung auffallend altmodisch. Wenn im Radio Wahlergebnisse verkündet werden, wird das von Brandner dramatisch-aufbrausend kommentiert, geküßt wird unter einem Himmel voller Geigen, und die erwähnten Märsche unternehmen keinerlei Versuch, auf die unheilvollen Seiten der Ereignisse aufmerksam zu machen. Wäre dieser Film in den 50er Jahren entstanden, so hätte man ihn wahrscheinlich auf diese Weise vertont, und das Hauptthema hätte auch jeden nationalsozialistischen Propagandastreifen veredeln können.

Die sinfonische Begleitung wird aber nicht überstrapaziert, und das Konzept, die Handlung nicht aus kritischer Distanz, sondern aus der Perspektive der damaligen Zeit zu betrachten, geht letzten Endes auf. Und das liegt freilich auch an den Kompositionen selber, die auf hohem Niveau auch ein großartiges Höralbum abgeben.

https://vimeo.com/284539954

 

Ernst Brandner war mir bisher noch kein Begriff und seine Diskographie sieht ja leider sehr schmal aus, wobei mich "Blut und Ehre" ja stark interssiert. Aber ich habe mir geschworen, jetzt nicht auch noch mit dem Plattensammeln anzufangen...

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Kleiner Hinweis: Den LP-Schnitt von BLUT UND EHRE gibts auch als digitalen Download vom Rechteinhaber Filmkunst-Musikverlag in München:

https://www.amazon.de/Kino-Klassik-Besondere-Filmmusik-Blut/dp/B00Q9NHG5O/ref=sr_1_18?s=dmusic&ie=UTF8&qid=1534589404&sr=1-18&keywords=kino+klassik&refinements=p_n_format_browse-bin%3A180848031

Persönlich hat mir Brandners Westernmusik mit schönem Deguello-artigem Hauptthema zu CARLOS (1971) aber auf Platte besser gefallen, auch sein CHRISTOPH COLUMBUS von 1985 ist gar nicht schlecht (Brandner hat damals die deutsche Version der TV-Serie vertont, Riz Ortolani dagegen die italienische und beide Versionen erschienen auf LP).
Die frühere CARLOS-LP hat der Münchner Musikverlag ebenfalls digital zur Verfügung gestellt. Mit ganz schömem Knistern allerdings - also wohl direkt von der früheren Kummerfeldt-LP gezogen - wie ich das so höre:

https://www.amazon.de/Kino-Klassik-Besondere-Filmmusik-Carlos/dp/B003ISTWXM/ref=sr_1_19?s=dmusic&ie=UTF8&qid=1534589819&sr=1-19&keywords=kino+klassik&refinements=p_n_format_browse-bin%3A180848031

Von Brandner gibts auf CD auch noch einen sehr günstigen Sampler, den man unter seinem Namen nicht so leicht entdeckt. Nichts wirklich Zwingendes, abr ein ganz paar nette Themen (etwa die Titelmusik zum JÄGER VON FALL von 1974) sind dabei und auch zwei Tracks wiederum aus BLUT UND EHRE:

https://www.amazon.de/Schloss-Hubertus-die-Schönsten-Heimatfilm-Melodien-Brandner/dp/B000024ZF8

 

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vor 6 Stunden schrieb Stefan Schlegel:

auch sein CHRISTOPH COLUMBUS von 1985 ist gar nicht schlecht (Brandner hat damals die deutsche Version der TV-Serie vertont, Riz Ortolani dagegen die italienische und beide Versionen erschienen auf LP).

Stefan, wo Du gerade den Columbus erwähnst, da ist mir eine Sache nicht ganz klar. Auf der DVD ist nämlich in der deutschen Synchronfassung ebenfalls der Ortolani-Score zu hören. Nicht dass ich was dagegen hätte, aber es hat mich irritiert und ist mir bis heute ein Rätsel. Ist der denn überhaupt jemals mit der Brandner-Musik ausgestrahlt worden? Ich kann mich da leider nicht mehr erinnern, welche Musik der früher im Fernsehen hatte.

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Nein, leider kann ich da auch nicht weiterhelfen. Ich war zu der Zeit Mitte 80er ganz gewiß kein großer Fernsehserien-Kucker und habe Columbus auch damals nicht gesehen. Auf dem Back Cover der Brandner-LP steht allerdings "Im Auftrag des WDR" wie es auf der Discogs-Seite zu sehen ist:

https://www.discogs.com/de/Ernst-Brandner-Christoph-Columbus/release/10941266

Die Serie müßte folglich damals schon mit der Brandner-Musik gesendet worden sein.

Und auf der Amazon-Seite, wo es die DVD zu kaufen gibt, stehen merkwürdigerweise auch beide Komponistennamen - Ortolani und Brandner.
Man hätte ja sicher nicht die Aufnahme extra mit dem Graunke-Orchester gemacht, um dann die Musik doch nicht zu verwenden. Wäre recht bizarr.
Mir ist nur bekannt, daß die Serie in Deutschland erst ein Dreivierteljahr später als in Italien gezeigt wurde - nämlich an Weihnachten 1985. Es lag also schon eine recht lange Zeit dazwischen und unklar ist, wer da wohl überhaupt auf die Idee kam, den Ortolani-Score komplett zu ersetzen.

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vor 8 Stunden schrieb Stefan Schlegel:

"Im Auftrag des WDR"

Laut DVD-Booklet und Wikipedia fand die deutsche Erstaustrahlung in der ARD statt. Wenn die Brandner-Musik eine exklusive Sache vom WDR war, dann liegt hier eventuell der Hund begraben. Dann müßte es aber auch zwei Synchronfassungen geben, bei denen dann nur die die Musikspur ausgetauscht wurde. Wäre für mich im Moment die einzige Erklärung.

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Ich habe  gerade mal noch einen Freund gefragt, der sowohl die Brandner wie die Ortolani-LP früher hatte und auch die DVD besitzt. Leider zieht er gerade um und hat daher nicht Zeit genau nachzuschauen, aber er meinte, seiner Erinnerung nach würde die deutsche Fassung auf der DVD eher eine Mischung aus Brandner und Ortolani-Musik bieten und Brandners Name werde auch im Vor- oder Abspann genannt. Kann das sein?
Er will bis zum nächsten Wochenende nochmals in die DVD reinschauen und gibt mir dann auch nochmals Bescheid.
Bei Brandner ist ja an sich viel Solo-Gitarre mit dabei, von daher leicht von Ortolanis Originalmusik auseinander zu halten.

Einen zweiten Freund, der sich bei Brandner ein wenig auskennt, erreiche ich gerade telefonisch nicht, versuche es aber die Tage nochmals. Der weiß vielleicht auch noch was zu der Geschichte.

 

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Hab´s gerade mal selber überprüft und den ersten Teil quergeguckt. Ja, es ist tatsächlich eine Mischung aus beidem. Wobei die großen, wichtigen Musikpassagen (z.B. Vor- und Abspann, das Auslaufen der Schiffe) alle mit Ortolani vertont sind. Brandner bleibt da eher im Hintergrund. Seltsame Entscheidung, die da getroffen wurde. Ortolani wird im Vorspann als einziger Komponist genannt. Dies liegt aber wahrscheinlich daran, dass der englischsprachige Titel für die DVD genutzt wurde.

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Am 18.8.2018 um 13:02 schrieb Stefan Schlegel:

Kleiner Hinweis: Den LP-Schnitt von BLUT UND EHRE gibts auch als digitalen Download vom Rechteinhaber Filmkunst-Musikverlag in München:

https://www.amazon.de/Kino-Klassik-Besondere-Filmmusik-Blut/dp/B00Q9NHG5O/ref=sr_1_18?s=dmusic&ie=UTF8&qid=1534589404&sr=1-18&keywords=kino+klassik&refinements=p_n_format_browse-bin%3A180848031

Persönlich hat mir Brandners Westernmusik mit schönem Deguello-artigem Hauptthema zu CARLOS (1971) aber auf Platte besser gefallen, auch sein CHRISTOPH COLUMBUS von 1985 ist gar nicht schlecht (Brandner hat damals die deutsche Version der TV-Serie vertont, Riz Ortolani dagegen die italienische und beide Versionen erschienen auf LP).
Die frühere CARLOS-LP hat der Münchner Musikverlag ebenfalls digital zur Verfügung gestellt. Mit ganz schömem Knistern allerdings - also wohl direkt von der früheren Kummerfeldt-LP gezogen - wie ich das so höre:

https://www.amazon.de/Kino-Klassik-Besondere-Filmmusik-Carlos/dp/B003ISTWXM/ref=sr_1_19?s=dmusic&ie=UTF8&qid=1534589819&sr=1-19&keywords=kino+klassik&refinements=p_n_format_browse-bin%3A180848031

Von Brandner gibts auf CD auch noch einen sehr günstigen Sampler, den man unter seinem Namen nicht so leicht entdeckt. Nichts wirklich Zwingendes, abr ein ganz paar nette Themen (etwa die Titelmusik zum JÄGER VON FALL von 1974) sind dabei und auch zwei Tracks wiederum aus BLUT UND EHRE:

https://www.amazon.de/Schloss-Hubertus-die-Schönsten-Heimatfilm-Melodien-Brandner/dp/B000024ZF8

 

Die CD habe ich auch schon entdeckt und mit dem Gedanken gespielt, sie mir zuzulegen. Werde ich bei Zeiten dann mal mit dem Download tun (ist das auch ein LP-Rip? Bin gerade im Urlaub* und habe keine Hörmöglichkeit hier).

*daher pausiert auch gerade der Majewski

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Ja, der Download von BLUT UND EHRE hört sich für mich auch nach einem LP--Rip an - nicht so schlimm wie bei CARLOS, aber es scheint auch leichtes Knistern und Knacksen vorzukommen. Schon merkwürdig, da der Musikverlag in München, der das ja selbst veröffentlicht hat, an sich die Originalbänder davon haben müßte. Offensichtlich aber doch nicht mehr.

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Rolf Unkel:  DER RICHTER UND SEIN HENKER

Ein Jahr bevor Heinz Rühmann in dem großartigen ES GESCHAH AM HELLICHTEN TAG einen Kindermörder überführte, erblickte eine andere Dürrenmatt-Verfilmung das Licht der Welt, jedoch nicht das der Kinoleinwände, sondern das der heimischen Bildschirme. DER RICHTER UND SEIN HENKER, der eine zunächst geradlinige Kriminalgeschichte erzählt, deren besondere Finesse sich erst gegen Ende offenbart, ist wieder eine jener verschollenen Pretiosen, die in der auch kulturell gar nicht hoch genug einzuschätzenden "Straßenfeger"-Edition aus den Archiven gerettet wurden.

Es handelt sich dabei um einen sehr ordentlich und kompetent von Franz Peter Wirth ("Wallenstein") inszenierten, psychologisch stimmig untermauerten Krimi, der zwar nicht ganz an den Rühmann-Klassiker heranreicht, aber dennoch allemal sehenswert ist. Mit Karl Georg Saebisch präsentiert er außerdem einen Schauspieler in der Rolle des ermittelnden Kommissars, der aus meiner Sicht diese Rolle sogar besser ausfüllt, als es Rühmann tat.

Die Musik stammt von einem der vergessenene Heroen deutscher Fernsehmusik. Rolf Unkels Kompositionen haben es niemals auf einen Tonträger geschafft, weder zu diesem Film, noch zu irgendeinem anderen. Ein Grund dafür wird sein, dass sich seine Filmmusik nicht mit einprägsamen Melodien anbiedert, und auch sonst keine Vorstöße in Richtung Plattenmarkt unternimmt. Sie sind meist von unaufdringlicher Art, eher zurückhaltend, wenn´s sein muß auch handfest dramatisch, aber keinesfalls massentauglich. Von 1972 bis 1979 verband ihn eine enge Zusammenarbeit mit dem großen Regisseur Fritz Umgelter, für den er mehrere Filme vertonte, wie z.B. den Historien-Klassiker DER WINTER, DER EIN SOMMER WAR oder das clevere Kriminaldrama DER VORGANG mit Horst Frank. DER RICHTER UND SEIN HENKER hat eine der farbigsten und dramatischsten Scores aus Unkels Feder bekommen. Für mich Grund genug, diese Musik hier in einem kleinen Zusammenschnitt vorzustellen, und bei der Gelegenheit natürlich auch den dazugehörigen Film zu würdigen.

Die folgende Suite besteht aus der Titelmusik, dem anschließenden ländlichen Kleinstadt-Idyll und der Abspannmusik, wie immer von mir mit einer Schnittcollage unterlegt:

https://vimeo.com/285152286

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  • 2 Wochen später...

Zdeněk Liška:  DAS HAUS IN DER KARPFENGASSE

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Mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht bricht über die Bewohner eines Mietshauses im jüdischen Viertel von Prag am 15. März 1939 die bittere Realität des Krieges herein. Konzipiert als dreiteiliger Fernsehfilm, gelangte DAS HAUS IN DER KARPFENGASSE nach der TV-Ausstrahlung in einer gekürzten Fassung auch in die Lichtspielhäuser.

Die größte Verwunderung (zumindest bei mir) löst der Name des Regisseurs aus. Wer hätte Kurt Hoffmann je ein solch einfühlsames und intensives Drama zugetraut?  Der Mann, der ansonsten ausschließlich (!) in seichtesten Unterhaltungsgewässern herumgeplätschert ist, legt hier einen ganz bemerkenswertes Filmwerk vor, das die pittoresken prager Schauplätze in wunderbar stimmungsvoller Schwarz-Weiß-Fotographie einfängt. Eingeschnittene Dokumentaraufnahmen und der Umstand, dass die Tschechen hier auch wirklich tschechisch reden, verstärken nur den realistischen Gesamteindruck.

Nicht minder bemerkenswert ist sicherlich auch die Filmmusik des tschechoslowakischen Komponisten Zdenek Liska. Dass man ihn engagiert hat, ist natürlich dem Ort der Handlung geschuldet, und es hat sich auch in jeder Hinsicht ausgezahlt, ist doch der osteuropäische Stil der Komposition genau richtig und dürfte selbst beim musikalisch völlig unkundigen Zuschauer unterbewußt entsprechende Assoziationen wecken. Mit düsteren Klängen von Orgel oder Klavier werden die prager Gassen zu Orten von altraumhafter Beklemmung, rabiat durchbrochen vom aggressiven Marschmotiv für die deutschen Besatzungstruppen.

Im folgenden Zusammenschnitt habe ich vier kurze Musiksequenzen herausgegriffen und aneinandergereiht. Die dazugehörigen Filmszenen habe ich diesmal nicht zur Collage umgeschnitten, sondern so gelassen, wie sie im Film zu sehen sind.

https://vimeo.com/287889028

 

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  • 2 Wochen später...

Peer Raben:  BERLIN ALEXANDERPLATZ

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Zugegeben, ich bin kein Fassbinder-Fan. Und daran ändert auch sein Opus Magnum BERLIN ALEXANDERPLATZ nichts. Die Geschichte um Franz Biberkopf, der nach seiner Haftentlassung im Berlin der ausgehenden 1920er Jahre neben mehreren Liebschaften auch wieder in kriminelle Aktivitäten verwickelt wird, walzt Fassbinder auf über 15 nicht enden wollende Stunden aus. Dazu kommt jener für ihn so typische Manierismus, dem auch seine Schaupieler unterliegen und der den Zuschauer konsequent auf Distanz hält. Wer ähnliche Probleme mit Fassbinders Stil hat, dem empfehle ich die großartige Fallada-Verfilmung WER EINMAL AUS DEM BLECHNAPF FRIßT (siehe weiter oben), die einen ganz ählichen Plot sehr viel effektiver und mitreißender erzählt, oder die Erstverfilmung BERLIN ALEXANDERPLATZ von 1931 mit Heinrich George.

Die Musik stammt natürlich von Peer Raben und ist weitaus angenehmer als der dazugehörige Film. Neben eleganten Klavierarrangements und zeitgenössischen Tänzen schwebt über allem das wunderbar melancholische Hauptthema, das sich perfekt in das von erdigen Farbtönen und düsterer Ausleuchtung dominierte Szenario einfügt.

https://www.youtube.com/watch?v=M1byOOhrSBk

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Rolf Unkel:  DER WINTER DER EIN SOMMER WAR  u.a.

Wie ich es oben schon einmal beschrieben habe, gehören die Filmmusiken von Rolf Unkel nicht zu denjenigen, die auf Biegen und Brechen um Aufmerksamkeit bemüht sind. Die Themen sind vermeintlich unscheinbar. Weder sollte man imposante Orchestrierungen, unnötige Effekthascherei oder gar Ohrwürmer erwarten. Doch offenbart sich bei genauerem Hinhören meiner Meinung nach stets eine beachtliche Sorgfalt und großes musikalisches Verständnis für die dramaturgischen Notwendigkeiten beim Vertonen von Filmen, und gelegentlich überrascht Unkel sogar mit Einfällen, die die Erwartungshaltung an eine Genre-Komposition ganz nebenbei unterlaufen. Nicht nur Fritz Umgelter wußte das distinguierte Understatement seines Komponisten offensichtlich zu schätzen. Es folgen drei Hörbeispiele, die alle drei auch Unkels Vorliebe für solistisch eingesetzte Holzbläser unterstreichen.

DER WINTER DER EIN SOMMER WAR ist ein im 18. Jahrhundert angesiedelter Sechsteiler, der auf einer historischen Begebenheit beruht. Nach einer Vertragsschließung zwischen dem englischen König Georg III und dem Landgrafen Friedrich II von Hessen-Kassel werden 12000 hessische Soldaten nach Amerika in den Unabhängigkeitskrieg geschickt um dort für die englische Krone gegen aufständische Kolonien zu kämpfen. Zwei rivalisiernde Halbbrüder stehen im Mittelpunkt der Handlung. Das Musikthema ist eine herrliche Streicherelegie mit verspielt-idyllischen, teils sogar etwas angejazzten, Zwischentönen von Flöte und Klarinette.

In UNRUHIGE NACHT wird ein Militärpfarrer als Seelsorger zu einem jungen Soldaten gerufen, der wegen Fahnenflucht in einer Zelle auf seine Hinrichtung wartet. Die Musik wurde hier mit einem sehr kleinen Ensemble realisiert, strahlt menschliche Wärme, aber auch hoffnungslose Resignation aus. Der solistische Schwerpunkt liegt bei der Oboe (?), die gleichförmigen Trompetenakkorde symbolieren natürlich die ablaufende (Lebens-)zeit.

ZEITSPERRE ist ein echter Geheimtipp. Freitag Nachmittag in einer Bank. Die Angestellten bereiten sich auf den Feierabend vor. Ein kleiner Junge, Sohn des Buchhalters, hat sich beim Spielen in den Tresorraum verirrt und wird eingeschlossen. Als man den Fehler bemerkt, ist es zu spät. Das Zeitschloß ist bereits aktiv und wird sich erst am kommenden Montag wieder öffnen lassen. Nun beginnt eine fieberhafte Rettungsaktion, denn die Luft in der Kammer wird nur noch für einige Stunden reichen und die Panzertür scheint unüberwindlich zu sein. -  Ein ganz großartiger, außerordentlich packender Thriller nach einer Vorlage von Arthur ("Airport") Hailey, der zeigt, dass eine spannende Geschichte auch ohne jegliche Gewalt auskommen kann. Und Filmmusik gibt es auch keine, mit Ausnahme des Abspanns. Und hier ignoriert Unkel die vorangegangenen dramatischen Ereignisse völlig, sondern läßt den Film mit einem launigen Stück ausklingen, umgesetzt von Fagott und Bass, das auch zu Geschäftszeiten im Schalterraum der Bank spielen könnte. Lediglich die dezenten Percussions deuten wie verrinnende Sekunden auf die vorangegangene Hektik hin. Eine unauffällige, gleichzeitig aber auch originelle Musik, weil sie sich nicht genrekonform verhält.

 

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Irmin Schmidt:  ROTE ERDE

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In einer Auflistung der besten deutschen TV-Produktionen überhaupt dürfte die 13-teilige Bergarbeiter-Saga ROTE ERDE auf gar keinen Fall fehlen. Im Mittelpunkt steht der aus Pommern eingewanderte Bruno Kruska, der im Ruhrgebiet Ende des 19. Jahrhundert unter Tage als Bergmann arbeitet. Erzählt wird seine Lebensgeschichte (und in der zweiten Staffel die seines Sohnes) vor dem Hintergrund sozialer und politischer Unruhen in erdigen, düsteren Bildern. Aus zeitgeschichtlicher Sicht eine hochinteressante, und ebenso in der Darstellung der desolaten Lebensverhältnisse und der beklemmenden Arbeitsumstände auf der Zeche formidable Serie, die nicht nur Ruhrgebietler begeistern und fesseln sollte.

Das gilt aber auch für die Musik des "Can"-Mitbegründers und mit allen akademischen Wassern gewaschenen Irmin Schmidt, dessen wunderschöne, elegische Kompositionen einen erheblichen Teil zur Stimmung beitragen. Im Kern rocklastig, ist das Hauptthema ein verführerisches, balladeskes Requiem von einnehmender Schönheit. Bluesige Harmonika- und Akkordeonklänge über betörenden, sphärischen Klangflächen unterstützen auch weiterhin das bedrückende Flair der Bilder. Besonders anmutig, wenn dann noch ein Cello hinzukommt. Zu monotonen Streicherpizzicati geht es hinab in finstere Grubenschächte und das Saxophon sorgt für emotionale Lichtblicke, wenn es sich in jazziger Manier im drangvollen Klang der Hoffnungslosigkeit seinen Raum nimmt.

Ich weiß nicht, ob diese Musik als Download angeboten wird, aber die damalige Teldec-LP sollte nicht allzu schwer aufzutreiben sein.

 

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  • 4 Wochen später...

Eugen Thomass:  DER HEXER  /  LYDIA MUSS STERBEN

Rainer Erler ist sicherlich einer der wichtigsten und innovativsten Filmemacher der deutschen TV-Geschichte. In seiner über drei Jahrzehnte andauernden Schaffensphase wurde er bei fast allen seinen Projekten von Komponist Eugen Thomass begleitet. Erlers Umgang mit Filmmusik folgte meist nicht den gewohnten Genreregeln. So beginnt die berühmte 5-teilige SF-Reihe DAS BLAUE PALAIS mit einer barocken und mit elektronischen Klängen ergänzten Overtüre. In OPERATION GANYMED begleitet mit beißendem Zynismus ein heroischer Parademarsch die vergessenen Astronauten bei ihrem verhängnisvollen Gang durch die Wüste.

Trotz der Popularität hat es nie eine Tonträger-Zusammenstellung zu Erlers Filmen gegeben . Ja, noch nichtmal ein einziges Musikstück scheint jemals autonom veröffentlicht worden zu sein. Dabei hätte sich zumindest das Titelthema aus DAS BLAUE PALAIS oder der Titelsong seines berühmtesten Filmes FLEISCH (How much is anyone worth?) für eine zeitgenössische Vinylpressung geradezu angeboten.

Eines von Erlers Frühwerken ist eine Fernsehadaption von Edgar Wallace´ DER HEXER, die von ihrer schrulligen Atmosphäre lebt und sich enger an die Buchvorlage hält, als es der Kinofilm tat. Ein eher ungewohntes Sujet für den Regisseur, und von Thomass gab´s dementsprechend auch eine eher konventionelle Musikbegleitung, die die skurrilen Ereignisse augenzwinkernd kommentiert.

Bei LYDIA MUSS STERBEN kommt dagegen Erlers Neigung zum Tragen, Genrekonventionen gegen den Strich zu bürsten. Nach einem mißglückten Giftanschlag auf Lydia stirbt die falsche Person, und eine Unschuldige steht unter Mordverdacht. Anwalt Lindley, der Täter, versucht dem Gericht seine eigene Schuld zu beweisen, doch das Alibi, das er sich für die Tatzeit beschafft hat, ist bombensicher. Die Musik dieses cleveren Krimis besteht zur Gänze aus einem relaxten, eingängigen Klavier-Jazz-Thema, das zwischendurch immer wieder mal eingespielt wird und jegliche dramatische Entwicklung ignoriert.

 

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