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Der amerikanische FILM NOIR von 1941 - 1958


Angus Gunn
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NO MAN OF HER OWN (1950)

Die Musik von Hugo Friedhofer habe ich weiter oben schon gewürdigt. Dieser Tage habe ich nun auch den Film gesehen und möchte dazu auch ein paar Zeilen verfassen. Es geht also um die schwangere Helen Ferguson, die von ihrem Freund sitzengelassen wird. Er speist sie zynisch mit einem Zugticket ab. Ihr Leben liegt in Scherben. Auf der Fahrt nach New York kommt es zu einem schweren Zugunglück. Helen überlebt, bringt im Krankenhaus ihr Kind zur Welt und ergreift die Chance, die Identität einer Toten anzunehmen, mit der sie sich vorher im Zug bekannt gemacht hatte. Als Patrice Harkness wird sie nun von der Familie ihres ebenfalls bei der Katastrophe umgekommenen "Ehemannes", die ihre "Schwiegertochter" nun zum ersten Mal sehen, sehr liebevoll aufgenommen. Als ihr Ex dahinterkommt, beginnt er sie zu erpressen.

Die Handlung ist vielschichter, als ich es hier wiedergebe, und der Film hat mich wirklich begeistert. Elegant inszeniert, und spannend von der ersten bis zur letzten Minute, obwohl sich der noir-typische Erpressungsplot erst im letzten Drittel ergibt. Barbara Stanwyck ist phantastisch in der Rolle der verzweifelten Mutter, die nicht nur emotional von einer Stresssituation in die nächste gerät. Lyle Bettger ist als ihr Ex-Freund an Kaltschnäuzigkeit schwer zu überbieten und mit seiner neuen Flamme verhält es sich nicht besser. Da haben sich zwei gefunden.
Die Ausgangssituation ist freilich stark zusammenkonstruiert und bietet eine Angriffsfläche für all jene, die Hitchcock einmal als Wahrscheinlichskrämer bezeichnet hat. Aber hat man den Plot einmal als schicksalhafte Fügung akzeptiert, ist NO MAN OF HER OWN ein außergewöhnlich starkes, nachtschwarzes Drama, das sich durchaus genießen läßt wie ein guter Hitchcock. Und wer gräbt jetzt mal die deutsche Kinofassung aus?

 

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Den würde ich auch gerne mal sehen... die literarische Vorlage von Cornell Woolrich ("I Married a Dead Man") ist in der Tat bei Filmemachern recht populär. So gibt es eine japanische Verfilmung aus den 1960ern, eine französische Adaption mit Isabelle Huppert (der Score von Philippe Sarde dazu ist auch auf CD erschienen) und mit Mrs. Winterbourne sogar eine Bearbeitung in Form einer Romantic Comedy mit Rikki Lake und Shirley MacLaine.

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Am 15.4.2020 um 08:54 schrieb Angus Gunn:

Auch von mir vielen Dank für die interessanten Interview-Ausschnitte!

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Andre Previn:  BAD DAY AT BLACK ROCK

Der Stromlinienzug hält in einem gottverlassenen, staubigen Provinznest in der US-amerikanischen  Wüste. Kriegsversehrt, und im perfekt sitzenden Anzug, steigt ein Fremder aus, der sofort das Misstrauen der anwesenden Provinzler weckt. John MacReedy nimmt sich ein Zimmer im örtlichen Hotel, wird dabei von einem besonders unangenehmen Zeitgenossen bedrängt, läßt sicher aber nicht provozieren. Erst als MacReedy anfängt, unangenehme Fragen zu stellen und sich nach einem verschollenen Japaner erkundigt, droht die Situation zu eskalieren. STADT IN ANGST gibt sich mit seinen rund 80 Minuten Laufzeit und der reißerischen Eröffnungssequenz den äußeren Anschein eines typischen B-Movies aus jenen Tagen. Doch mit dem herausragenden Schauspieler-Ensemble und der wie immer glänzenden Regie von John Sturges, ist ein exzellenter Noir-Kriminalfilm gelungen, angesiedelt in einem Western-Kaff zur Nachkriegszeit, und zur Abwechslung mal in Farbe, der seine beträchtliche Spannung konsequent bis zum Ende durchhält. Unbedingt empfehlenswert!

Eigentlich vertont Andre Previn hier fast ausschließlich Spannungsmomente. Das einzige Thema dieser Musik, eine nüchterne, die Beharrlichkeit des von Spencer Tracy gespielten Charakters wiedergebende, recht simple Tonfolge, durchzieht in mannigfaltigen Varianten den gesamten Score. Ausladende Melodien, schwelgerische Romantik oder gar imposante Westernmotivik sucht man hier vergebens. Es gibt kein Schurken-Thema, noch nichtmal eines für die niedliche Anne Francis, der einzigen Frauenfigur des Filmes. Previn bleibt ganz und gar bei der Hauptfigur, eröffnet den Film mit einem reißerisch-packenden Main Title, begleitet Tracys Außenseitertum unter feindseligen Fremden und geht dabei sehr sparsam zu Werke. Gerade mal 20 Minuten währt der komplette Score, der punktuell geschickt über die Laufzeit verteilt, und gerade deshalb so effektiv ist.

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Abgerundet wird die Rhino-CD von Auszügen aus drei weiteren Scores aus den Jahren 1949/50:

In TENSION (Zum Zerreissen gespannt) rackert sich Quimby (Richard Basehart) jede Nacht im Drugstore ab, um seiner attraktiven Frau (Audrey Totter) ein besseres Leben bieten zu können. Doch die hat für seine kleinbürgerlichen Ambitionen nur Verachtung übrig und wirft sich dem wohlhabenden Unternehmer Deager an den Hals. Als der später ermordet wird, fällt der Verdacht auf Quimby, der eine solche Tat zwar schon geplant, aber dann doch nicht ausgeführt hat... Die Musik ist eher ruhig und auf die verführerische Famme Fatale zugeschnitten. Das laszive Hauptthema wird meist vom Saxophon vorgetragen und bestimmt fast jeden Track der Suite.

SCENE OF THE CRIME (Sumpf des Verbrechens):  Ein Detective (Van Johnson) klärt den Mord an einem Kollegen auf, der vorher der Korruption verdächtigt wurde. Diesen Film habe ich bisher nicht gesehen. Bei der knapp 8-minütigen Suite ist vor allem die Titelmusik zu erwähnen, die mit Fanfaren, Hörnern und Streichern auf zeittypische Weise eine Hardboiled-Kriminalgeschichte skizziert. Previns typischer Stil ist hier bereits deutlich auszumachen.

Ein besonderes Highlight sind aber die abschließenden 12 Minuten aus CAUSE FOR ALARM (Grund zur Aufregung). George ist totkrank und wird zu Hause von seiner Frau gepflegt. Er neigt zur Paranoia und ist davon überzeugt, dass seine Frau ihn betrügt, und dass ein Mordkomplott gegen ihn im Gange ist. Er schreibt einen Brief an den Staatsanwalt, in dem er seine Frau des geplanten Mordes beschuldigt. Kurz darauf verstirbt George an einem Infarkt, und der Brief ist bereits auf dem Postweg. Ein kurzweiliger, kleiner Thriller, der im Detail zwar weniger glaubwürdig ist, sich aber dank Loretta Youngs überzeugender Darbietung über die Runden rettet. Schauplatz ist nicht die anonyme Großstadt, sondern sonnendurchflutetes Vorstadtmilieu, in dem nichts den neugierigen Blicken der Nachbarschaft verborgen bleibt, was dem Film einige interessante und ungewöhnliche Aspekte sichert.  Die Musik ist melodramatisch-düster. In die kleinstädtische Pastorale drängen sich bedrückende, streicherlastige Passagen. Sehr gelungen auch die Einsätze der Solo-Violine, vor allem im intensiven NO HOPE. Ein amüsanteres Motiv gibt es in AUNT CLARA zu hören, das im Film so aber gar nicht vorkommt, wenn ich mich da jetzt nicht irre. Eine tolle Suite, und ein Höhepunkt der CD, mit der sich Previn mit damals gerade mal 20 Jahren bereits als versierter Tonsetzer für dramatische Stoffe empfiehlt.

Danke, den habe ich ewig nicht gehört. Werde ich mal wieder rauskramen. Ich weiß aber noch, dass ich die CD unbedingt haben wollte, nachdem ich ihn im Fernsehen gehört habe. Toller Film mit ganz eigener Atmosphäre...

 

 

 

 

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vor 3 Stunden schrieb Mephisto:

Verdammt, jetzt habt Ihr mich so angefixt und dann gibt's die CD nur noch zu absoluten Mondpreisen!

Nicht ganz billig, aber im Vergleich zu anderen Sachen dann doch wieder fast ein Schnäppchen:

 

https://www.discogs.com/André-Previn-Bad-Day-At-Black-Rock/release/10553746

 

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Am 20.4.2020 um 00:30 schrieb Oliver79:

So gibt es eine japanische Verfilmung aus den 1960ern, eine französische Adaption mit Isabelle Huppert (der Score von Philippe Sarde dazu ist auch auf CD erschienen) und mit Mrs. Winterbourne sogar eine Bearbeitung in Form einer Romantic Comedy mit Rikki Lake und Shirley MacLaine.

Nach dem französischen Film habe ich mich vor einiger Zeit schonmal umgesehen. Aber der ist wohl nach wie vor nicht zu beschaffen. Eine japanische Version brauche ich weniger, und in einer Romantic-Comedy-Fassung möchte ich die Geschichte eigentlich auch nicht erleben.

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vor 4 Stunden schrieb Angus Gunn:

Nach dem französischen Film habe ich mich vor einiger Zeit schonmal umgesehen. Aber der ist wohl nach wie vor nicht zu beschaffen.

Die französische DVD kann man sich schon beschaffen etwa bei Priceminister, aber ohne gute Französisch-Kenntnisse - da die französischen DVDs im Gegensatz etwa zu den italienischen leider fast nie Untertitel haben - ist es sicherlich etwas schwierig:

https://fr.shopping.rakuten.com/mfp/5705321/j-ai-epouse-une-ombre?pid=920235

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Am 24.4.2020 um 15:57 schrieb Stefan Schlegel:

aber ohne gute Französisch-Kenntnisse ist es sicherlich etwas schwierig:

Eben. Und daran hapert es bei mir leider. Hatte zwar mal zwei Jahre französisch in der Schule, aber ich glaube, heute könnte ich nichtmal mehr in Frankreich eine Currywurst bestellen.:)

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David Raksin: FALLEN ANGEL

Den abgebrannten Presseagenten Eric Stanton (Dana Andrews) verschlägt es in eine kleine Küstenstadt. In einem Diner bestellt er sich von seinem letzten Geld einen Imbiss. Umschwärmte Attraktion in diesem Lokal ist die Kellnerin Stella (Linda Darnell). Um an Geld zu kommen, übernimmt Eric ein wenig PR-Arbeit für die Bühnenshow von Professor Madley, der in der Stadt als Wahrsager auftritt. Dabei lernt er die aus wohlhabendem Hause stammende June Mills (Alice Faye) kennen, die sich sofort für ihn interessiert. Eric ist seinerseits hinter Stella her, doch die stellt finanzielle Ansprüche, bevor sie sich mit ihm einläßt. Daraufhin wendet er sich wieder June zu, in der Absicht sie nach der Hochzeit um ihr Erbe zu prellen. Doch seine Pläne zerfasern, als Stella ermordet wird.

Premingers zweiter Noir mit Dana Andrews ist wiedermal ein Meisterwerk. Linda Darnell kommt die Rolle der Femme Fatale zu, obwohl sie zwar moralisch fragwürdig, aber nicht vorsätzlich böse handelt. Alice Fayes Charakter ist hier der unschuldige, tugendhafte Gegenpol inmitten der sie umgebenden Verkommenheit. Und in diesem Zusammenhang ist auch die Filmmusik interessant. Raksin ignoriert nämlich fast völlig die Dramatik, die in dieser fatalen Dreiecksbeziehung liegt. Er beginnt mit einer packenden, aber neutralen Overtüre und begleitet die folgende Tragödie dann mit dem bluesigen "Slowly", das mal instrumental und mal in gesungener Form aus den Lautsprechern des Diners kommt. Score im eigentlichen Sinne gibt es sehr wenig, und wenn, dann als säuselndes Liebesthema für die Beziehung zwischen Eric und June. Und genau so läßt Raksin den Film auch ausklingen, mit den sämigen Schußakkorden seines "Slowly"-Songs, obwohl das Ende eigentlich ein Ende mit sehr bitterem Beigeschmack ist. Doch das spiegelt sich nicht in der Musik wieder, die sich wie ein sarkastischer Kommentar auf ein vergiftetes Happy-End ausnimmt. Sehr wirkungsvoll.

Der Score ist erstmals auf dem PREMINGER-AT-FOX-Set (meiner Meinung nach eine von Kritzerlands Großtaten) erschienen und enthält auch eine im Film nicht verwendete, von Alice Faye gesungene Version von "Slowly".

There is nothing quite like Raksin in noir mode and FALLEN ANGEL is a Raksin classic.

 

 

 

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  • 2 Wochen später...

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Hugo Friedhofer: THE HARDER THEY FALL

Nicht jeder Schauspielerlegende ist eine würdevolle Abschiedsvorstellung von der Leinwand (und aus dem Leben) vergönnt. Im Fall von Humphrey Bogart besteht in dieser Hinsicht aber kein Grund zur Klage, handelt es sich bei SCHMUTZIGER LORBEER doch um ein durch und durch starkes, von Mark Robson straff und kompetent inszeniertes Milieu-Drama, das allerdings trotz seiner hohen Qualität wenig beachtet zu werden scheint. Es geht um den naiven Amateur-Boxer Toro Moreno, der zwar eine beeindruckende Statur hat, aber als Boxer wenig Talent besitzt. Sein Manager ist der skrupellose Ned Benko (Rod Steiger), der sein Vermögen mit fingierten Boxkämpfen gemacht hat, und der auch Toro auf diese Weise zum umjubelten Champion aufbaut. Sportreporter Eddie Willis (Bogart) kämpft mit seinem Gewissen, als er bemerkt, dass Toro eiskalt ausgenutzt und um seinen Anteil betrogen werden soll. Ein wahrlich unglamouröser, ernüchternder Blick hinter die Kulissen, mit einem wie immer großartig aufspielenden Rod Steiger, dem als gewissenloser Benko keine Methode zu brutal ist, seinen Sportlern ihren persönlichen Ehrgeiz auszutreiben.

Unglamourös ist auch die Musik von Hugo Friedhofer, die einen für ihn nicht ungewöhnlichen, unterkühlten Charakter hat. Da sie bisher nirgendwo veröffentlicht worden ist, habe ich die Musik der ersten vier Minuten mal hochgeladen. Man beachte auch das prägnante Trompetenmotiv (etwa bei 2.20), als Bogart erstmals auf der Bildfläche erscheint und dass seinen Charakter auf sehr subtile Weise hervorhebt.

 

 

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  • 4 Wochen später...

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MOONTIDE / NACHT IM HAFEN (1942)
Musik: Cyril J. Mockridge, David Buttolph

Der Hafenarbeiter Bobo ( Jean Gabin) hat eine turbulente Nacht in der Taverne hinter sich. Am nächsten Tag kommt er in der Kate eines Fischers unter, kann sich aber nicht mehr an die Vorfälle der letzten Nacht erinnern. Er erfährt, dass es einen Zwischenfall gegeben hat und ein alter Seemann namens Pop Kelly dabei getötet wurde. Bobo ist erschüttert, da er sich nicht sicher ist, ob er etwas damit zu tun hat. Soweit die Ausgangslage. Der Film ändert seinen Tonfall danach und schlägt in eine melodramatische Liebesgeschichte um, als die Kellnerin Anna (Ida Lupino) ins Spiel kommt, die von Bobo bei einem Selbstmordversuch aus dem Meer gefischt wird.

Bis vor wenigen Tagen war ich mir gar nicht bewußt, dass Jean Gabin auch mal ein kurzes Intermezzo in Hollywood hatte. Umso erfreuter war ich, eine von mir bisher unentdeckte US-Produktion mit ihm nun begutachten zu dürfen. Und es hat sich gelohnt. Zwar soll der Film gegenüber der Vorlage von Willard Robertson wesentlich geglättet worden sein, und der melodramatische Anteil nimmt in der Tat etwas zuviel Raum rein, gelangweilt habe ich mich dennoch keine Sekunde. Dies liegt in erster Linie an dem begnadeten Jean Gabin, der seine Rolle auf so charismatische wie unnachahmliche Weise mit Leben füllt. Aber auch das übrige Ensemble agiert hervorragend. Ida Lupino ist sicherlich eine der nuanciertesten Aktricen im amerikanischen Noir-Kosmos und der chronische Nebendarsteller Thomas Mitchell kann hier in der Rolle des bulligen Tiny so richtig zeigen, was in ihm steckt. Absolut großartig ist die Szene in der er und Lupino in der Fischerhütte aufeinandertreffen.

MOONTIDE ist nur in Teilen ein Noir. Dann aber richtig. Die Sets sind fast ausnahmlos im Studio entstanden, was man ihnen auch ansieht. Doch sind sie so schön arrangiert und so stilvoll fotografiert, dass dieser Umstand nicht ins Gewicht fällt. Der Score von Mockridge und Buttolph ist mir sehr positiv aufgefallen. Weitgehend zurückhaltend und dezent, ohne erkennbares Leitmotiv, fängt er mit großem Fingerspitzengefühl Stimmungen und Emotionen ein, ohne dass mir auch nur eine aufdringliche Note aufgefallen wäre. Aber in ein paar wenigen dramatischen Szenen schwingt sich das Orchester dann auch zu aufwühlenden Höhepunkten empor. Ganz besonders eindrucksvoll, filmisch wie musikalisch, ist die finale Konfrontation auf der nächtlichen, nebelumwaberten Kaimauer gelungen.

Hier eine von mir zusammengestellte Mini-Suite, bestehend aus Titel- und Schlußmusik, sowie aus dem besagten Kaimauer-Finale (etwas gekürzt und, um Spoiler zu vermeiden, mit Standbildern versehen):

 

 

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vor 4 Stunden schrieb Osthunter:

Wow, The harder they fall hat ja richtig Drive und reißt einen mit. Da würde ich einen Score sofort kaufen. 

Wie groß ist wohl die Chance auf eine VÖ überhaupt? 

Würde sagen gleich Null. Abgesehen davon, dass Columbia berühmt für fehlende Bänder ist, müsste es im Nachlass des Komponisten sowas wie Azetate geben und ein Label auch eine Perspektive sehen, das zu veröffentlichen.

Seit Jahren kursieren in Sammlerkreisen z.B. die Azetate zu Herrmanns "The Devil and Daniel Webster", für den er sogar den Musik-Oscar gewonnen hat. Selbst sowas kommt nicht. Habe es fast aufgegeben, da auf einen neuen Transfer und technische Aufbereitung nach neuesten Standards zu hoffen.

Muss auch immer daran denken, als FSM Herrmanns grandiosen Score zu "On Dangerous Ground" von Azetaten veröffentlicht hat. Eine editorische Großtat. Was hat es gebracht? Gemecker, "sowas kaufe ich nicht, sind Azetate, bäh". Wie kleine Kinder in den Foren. Lol. :D

 

 

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vor 2 Stunden schrieb Trekfan:

Würde sagen gleich Null. Abgesehen davon, dass Columbia berühmt für fehlende Bänder ist, müsste es im Nachlass des Komponisten sowas wie Azetate geben und ein Label auch eine Perspektive sehen, das zu veröffentlichen.

Im Friedhofer-Nachlaß in der BYU gibt es keine Azetate (oder Bänder) von THE HARDER THEY FALL. Dagegen immerhin wohl recht vollständiges Material zu zwei anderen Film Noirs, das man eventuell noch veröffentlichen könnte: SO DARK THE NIGHT (Columbia)  von 1946 und EDGE OF DOOM (Goldwyn) von 1950. Letzterer übrigens auch von Mark Robson inszeniert:
http://files.lib.byu.edu/ead/XML/MSS2021.xml

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Musik: Bernhard Kaun, W. Franke Harling, Howard Jackson

Ausnahmsweise muss ich hier mal den von mir selber gesetzten Zeitrahmen verlassen, denn BLACK LEGION stammt aus dem Jahr 1937, vereint aber schon einige Stilmittel des Film Noir in sich, war ein wichtiger Karriereschritt für den zum damaligen Zeitpunkt noch nicht zu Starruhm aufgestiegenen Humphrey Bogart und ist mir auch durch seinen guten Score aufgefallen.

Die "Schwarze Legion" treibt ihr Unwesen in Form von Terrorakten in einer amerikanischen Kleinstadt und deren ländlicher Umgebung. Neue Mitglieder findet die Organisation in Personen, die mit den sozialen und politischen Verhältnissen unzufrieden sind. Dies trifft auch auf Frank Taylor zu, der um seinen Lebensstandard fürchtet, als er den ihm in Aussicht gestellten Vorarbeiterposten in der Fabrik an einen polnischen Kollegen verliert. Frank schließt sich der Legion an und nimmt fortan an deren Überfällen teil. Er erlebt zwar einen sozialen Aufstieg, doch als er im Affekt seinen eigenen Freund tötet, begreift er, welch fatalen Weg er eingeschlagen hat. Aber ein Ausstieg aus der Legion ist nicht vorgesehen.

Ein bemerkenswerter Film, der gegen faschistische Ideologien klar Stellung bezieht und als solcher von zeitloser Aktualität ist. Darüber hinaus ist er in seiner straffen, präzisen Erzählweise äußerst kurzweilig, spannend und mit seinem Verzicht auf ein konventionelles Happy End überraschend konsequent. Auch die Musik ist nicht zu verachten. Vor allem das dramatisch wogende Eröffnungsstück von Bernhard Kaun hat es in sich. Laut IMDB wurde außerdem Musik von Franke Harling und Howard Jackson verwendet. Keiner der Komponisten wird in den Credits genannt. Mutmaßlich stammt das alles aus dem Archiv, ist aber nichtsdestotrotz sehr gut und effektiv eingesetzt. Die deutsche Synchronfassung verwendet größtenteils denselben Score, bastelt ihn allerdings um die Dialoge herum, setzt dialogfreie Musikpassagen an anderen Stellen ein, oder läßt den Score auch mal ganz weg, um nicht mit dem Dialog in Konflikt zu geraten (letzteres ist z.B. bei Franks Aufnahmezeremonie der Fall). Die deutsche DVD bietet zwar keine Extras präsentiert den Film aber in vorbildlicher Qualität und sei an dieser Stelle wärmstens empfohlen.

 

 

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Der Film ist nach Kauns Wechsel von Universal zu Warner Bros. entanden, wo Kaun endlich die Möglichkeit bekam, auch vollständige Filmmusiken außer vereinzelter Cues oder "partial scores" zu komponieren. Bei Black Legion ist durchaus möglich, dass auf älteres Material zurückgegriffen wurde. Kaun ist neben seiner Titelmusik zu Frankenstein vor allem für die ausgezeichneten Scores zu zwei WB Genreklassikern bekannt. Michael Curtiz' Walking Dead mit Karloff sowie The Return of Doctor X, Bogarts einziger Horrorfilm. Bei den beiden Filmen ist bekannt, dass es sich um vollständige Originalscores aus der Feder Kauns gehandelt hat. Die beiden Musiken wären ein tolles Neuaufnahmeprojekt für Tadlow! (wenn ich im Lotto gewinne... ;) ). Aber Vorsicht, die deutschen Fassungen der Filme haben grausame neue Musik bekommen.

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Vielen Dank für die Ergänzungen und Tipps! Walking Dead habe ich mir jetzt mal auf DVD bestellt, da ich den bisher nur in der deutschen Fassung vom TV her kenne. Mit Kaun habe ich mich bisher noch garnicht beschäftigt, daher bin ich da ganz offen für Anregungen. Er gehörte wohl eher zu den unsichtbaren Filmmusikern, da er offenbar selten irgendwo erwähnt wurde, aber im Hintergrund ungeheuer produktiv war. Ist zumindest mein Eindruck, wenn ich mir seine Filmographie ansehe. Ich meine, mal irgendwo aufgeschnappt zu haben, dass die Frankenstein-Musik ebenfalls ein Archiv-Track war. Kann das sein?

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Return

Am 31.5.2020 um 20:03 schrieb Angus Gunn:

Vielen Dank für die Ergänzungen und Tipps! Walking Dead habe ich mir jetzt mal auf DVD bestellt, da ich den bisher nur in der deutschen Fassung vom TV her kenne.

Return of Doctor X kann man sich übrigens gut auf dieser DVD in der Originalfassung anschauen:

Die Rückkehr des Dr. X (The Return of Doctor X, Spanien Import, siehe Details für Sprachen)

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Musik: Sol Kaplan

Der Film beginnt mit einem Kameraschwenk aus der Vogelperspektive über eine Stadt. "Das ist San Francisco, wie man es vom Telegraph Hill aus sieht. Und das ist das Haus auf dem Telegraph Hill, in dem ich einst Frieden und Ausgeglichenheit zu finden glaubte." Das Haus ist ein viktorianischer Bau, ähnlich dem berühmten Domizil von Norman Bates in Hitchcocks Psycho. In diesem Haus findet die Polin Victoria eine Heimat, nachdem sie ein deutsches Konzentrationslager überlebt und nach Kriegsende die Identität einer verstorbenen Mitgefangenen angenommen hat. Ebenfalls plötzlich verstorben ist Tante Sophie, die Besitzerin des Anwesens, was Viktoria nun zur Alleinerbin macht. Doch damit steht sie den Plänen ihres frisch angetrauten Ehemannes im Wege.

Der Plot mit dem Identitätstausch weißt natürlich eine gewisse Parallele zu NO MAN OF HER OWN auf. Und weil Robert Wise ein stets verläßlicher Regisseur mit ausgeprägtem, filmdramaturgischem Geschick ist, weiß er die Geschichte auch entsprechend interessant umzusetzen. Einige Szenen, etwa diejenige, in der Viktoria eine riesige Bruchstelle in der Rückwand einer Gartenlaube entdeckt, hinter der es eine steil abfallende Klippe heruntergeht, und vor allem die Sequenz, in der Alan Viktoria ein vergiftetes Getränk aufdrängen will, erzielen einen Suspense, der vor allem auf der psychologischen Ebene funktioniert, und der sich hinter Hitchcock nicht zu verstecken braucht.

Seinen Anteil daran hat auch Sol Kaplan, dessen Score mit einem starken, dramatisch-stampfenden MAIN TITLE beginnt, der an Bernard Herrmann erinnert. Die dort eingesetzten Snare Drums setzen sich in den folgenden Stücken POLAND und KARIN fort und verweisen auf Viktorias Kriegserlebnisse. Sie selbst bekommt ein unschuldiges, fragil wirkendes Thema an die Seite gestellt, das sich besonders charmant in ANNOYANCE äußert. Der gesamte Score ist bis auf die hier und da auftretenden dramatischen Spitzen eher zurückhaltend, eigentümlich beklemmend, von schwer zu beschreibender Schönheit. Höhepunkte aus meiner Sicht sind die Tracks STAY AWAKE und das anschließende FINALE mit ihren hohen Klavierakkorden und Glöckchen- oder Triangel-Klängen, mit denen Kaplan eine geradezu traumverlorene, einlullende Wirkung erzielt.

"... what particularly distinguishes Kaplan´s music for HOUSE ON TELEGRAPH HILL is it´s fine-tuned strangeness - it´s tone of taut yet almost other-worldly eeriness."

 

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Von allen auf CD veröffentlichten Kaplan Scores mein Favorit - natürlich neben seinen beiden herausragenden TV Scores für Star Trek. Da könnte man gerade die Musik für "The Enemy Within" als Noir-Scoring vom Feinsten nennen. :)

Hier bei House of Telegraph Hill ist die wuchtige, hochdramatische Titelmusik ein erstes Highlight. Allerdings kam mir da nicht spontan Herrmann in den Sinn. Neben den von dir genannten Passagen würde ich als besonders erwähnenswert auch noch den Track "Poison" nennen.

Sol Kaplan / Leigh Harline / Alfred Newman - The House On ...

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Intrada hat schon Tolles im Golden-Age-Bereich geleistet, insbesondere um 2010. Was da alles für Perlen rausgekommen sind! Danke, Angus für die ganzen Vorstellungen. Ich komme mit dem Gucken leider nicht hinterher, konnte aber letzten Freitag endlich mal THE CAT PEOPLE (in der hervorragenden Criterion-Collection) sichten. Wirklich interessant, wenn auch voller Küchenpsychologie ("Wir alle wollen insgeheim nur Unheil über die Welt bringen und sehnen uns auch nach dem Tod") und moralisch überaus fragwürdig (die Katzenfrau kann halt nicht naders, muss dann aber auch sterben und der Protagonist holt sich die nächste ran). Aber inszenatorisch (Schwimmbad) ist der Film ganz groß!

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  • 4 Wochen später...

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