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Prince of Darkness - John Carpenter/Alan Howarth


Alexander Grodzinski
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Music composed by John Carpenter in Association with Alan Howarth

Erscheinungsdatum: 01. Juli 1993 (Score von 1987)
Label: Colosseum (rough trade)
Laufzeit: 42:36 Minuten

01. Opening Titles
02. Team Assembly
03. Darkness Begins
04. A Message From The Future
05. Hell Breaks Loose
06. Mirror Image
07. The Devil Awakens
08. Through The Mirror



Nach kurzen Ausflügen ins Science-Fiction- und Fantasy-Genre (Starman, Big Trouble in Little China) kehrte John Carpenter 1987 mit PRINCE OF DARKNESS wieder zum Horrorfilm zurück. Nach eher gemischten Erfahrungen mit grossen Studios in den vergangenen Jahren, wollte Carpenter wieder zurück zu seinen Independent-Low-Budget-Wurzeln und drehte PRINCE OF DARKNESS für damals "nur" 3 Millionen Dollar. Das Drehbuch schrieb er selbst unter dem Pseudonym "Martin Quatermass", als eine Hommage an die Quatermass-Filme, die er in seiner Jugendzeit so liebte.

Die Geschichte dreht sich um eine Gruppe von Physik-Studenten, die in einer alten, abgelegenen Kirche ein seltsames Behältnis untersuchen sollen (Carpenter bezeichnete es als riesige Lava-Lampe :D). Die "Bruderschaft des Schlafes", eine Kirchen-Sekte, versteckte vor langer Zeit dieses Behältnis in den Katakomben der Kirche und hielten dessen Existenz geheim. Die Studenten finden anhand alter Aufzeichnungen heraus, dass sich der Sohn des sogenannten Anti-Gott in dem Behältnis befindet und dass er bis jetzt geschlafen hat.

Aber der Schläfer erwacht langsam. Erste Anzeichen sind eine Veränderung der Gestirne, auch Menschen verhalten sich plötzlich seltsam. Das Ziel des "Fürsten der Dunkelheit" ist es, den Vater von der anderen Seite wieder in unsere Welt zu holen, durch einen Spiegel (Materie - Anti-Materie), doch dafür benötigt er einen menschlichen Wirt.

Bis hierhin erstmal ein kurzer Abriss des Filminhalts. Carpenter komponierte die Musik in seinem kleinen Studio, wo er Keyboards und Synthesizer an eine 24-Spur-Maschine angeschlossen hatte und die Filmszenen am Fernseher verfolgte. "Ich kann erst komponieren, wenn ich den Film sehe, vorher fällt mir nichts ein. Dafür bin ich nicht clever genug." meinte Carpenter dazu einmal augenzwinkernd. Er holte auch wieder Alan Howarth dazu, der bereits seit Beginn der 80er Carpenters musikalischer Kollaborateur war. Howarth ist seines Zeichens eigentlich Sounddesigner (er machte beispielsweise das Sounddesign zu allen zehn Star-Trek-Filmen), aber genau diese Funktion machte sich Carpenter zunutze. So war Howarth eher für das Programming der Synthies zuständig, sowie verschiedene Klangcollagen.

Einen sehr guten Eindruck, wie die Arbeitsaufteilung aussah, bekommt man, wenn man sich zuerst Carpenters HALLOWEEN-Score anhört und danach Howarths Score zu HALLOWEEN IV. Die Themen wurden von Howarth eins zu eins übernommen, er fügte lediglich die Klanglandschaften hinzu.

Die CD eröffnet mit den "Opening Titles". Hierbei kommt wieder der Carpenter-typische Bassrhytmus zum Einsatz, aber es gibt auch bereits erste Leitmotive, die später in der Musik wieder auftauchen, wie beispielsweise das Liebes-Motiv. Ausserdem kommt ein Chor zum Einsatz, der die Geschehnisse rund um den "Prince" untermalt. Carpenter löste die "Opening Titles" im Film auch sehr geschickt auf, statt einfach die Credits über den laufenden Film zu legen, teilte Carpenter die Szenen mit schwarzen Tafeln, auf denen dann in weisser Schrift die Credits zu sehen sind. So sind dann die verschiedenen Handlungsstränge, die Entdeckung des Todes des alten Priesters, der Fund des Schlüssels zu den Katakomben durch den neuen Priester und die Studenten bei einer Vorlesung durch die Credit-Tafeln voneinander getrennt. Die Musik hält alles zusammen durch ihre Bassfigur, die später im Film lediglich noch einmal kurz variiert auftaucht.

Der Track "Team Assembly" untermalt die Szene, als die Studenten in der alten Kirche ihr Equipment aufbauen. Auch hier setzt Carpenter wieder Bassrhythmen ein, um der Szene mehr "Drive" zu verpassen. Und die Chöre lassen den Zuhörer nicht vergessen, dass in den Katakomben der Kirche etwas auf die Studenten wartet. Auch bringt Carpenter hier ein "Geräusch" zum Einsatz, welches immer in Verbindung mit den Dingen auftaucht, die der Fürst beeinflusst, wie beispielsweise die Obdachlosen auf der Strasse rings um die Kirche. Dieses "Leit-Geräusch" taucht im weiteren Verlauf der Musik immer wieder auf.

Die Nacht bricht herein und die furchtbaren Dinge nehmen ihren Lauf. In "Darkness Begins" hören wir eine Variation der Bassfigur aus den "Opening Titles". Die ersten Studenten verschwinden spurlos und die ersten Entdeckungen darüber, was sich sich in den Katakomben der Kirche befindet, kommen zum Vorschein.

Die Studenten haben alle den selben Traum, eine dunkle Gestalt bewegt sich im Eingang der Kirche, das Bild ist verwackelt und wirkt wie eine Überwachungskamera-Aufnahme. Wurden Tachyonen-Signale aus der Zukunft gesandt, um die Menschen zu warnen? Tachyonen bewegen sich schneller als das Licht, sie reisen in der Zeit rückwärts. Die Studenten fragen sich, ob ein Wissenschaftler in der Zukunft dieses Video, dass allen wie ein Traum vorkam, mit Hilfe von Tachyonen in der Zeit zurückgeschickt hat, um sie zu warnen. "A Message from the Future" untermalt die Szene mit Carpenters düsteren Synthie-Teppichen, aber man sollte dennoch seine Anlage nicht zu laut aufdrehen, die Schockmomente, die aus der Stille hereinbrechen, könnten sonst zu Schäden an den Boxen und Herzinfarkten führen...:mad:. Dieses Stück ist ein Paradebeispiel für Carpenters Können, mit minimalen Mitteln eine wahrlich unheimliche Stimmung zu erzeugen. Ein weiterer Faktor des Tracks sind die "Atemgeräusche", die hier das erste Mal auftauchen. Die Macht des "Prince" scheint sehr gross zu sein, immerhin kann er aufgrund seiner Gedanken Dinge beeinflussen, auch Menschen und Tiere. Dieses Gefühl, dass "Etwas" unsichtbar ständig um dich ist, verdeutlicht Carpenter mit leisen Hauch- und Atemgeräuschen, die den Hörer mehr als einmal über die Schulter blicken lassen, ob da wirklich niemand ist...;). Zum ersten Mal ertönt hier auch das "Spiegel-Motiv" (es gibt im Film einen Dialog über Materie und Anti-Materie, wir sind Materie und unser Spiegelbild ist Anti-Materie). Carpenter benutzt dafür einen "gläsernen/glitzernden" Klang, das Motiv taucht später noch in voller Pracht auf.


"Hell breaks loose", der Tracktitel ist Programm. Carpenter steigert die Dramatik und Spannung kontinuierlich in diesem Stück. Die Hauptmotive der Musik verbinden sich mit dem Chor und werden vom pulsierenden Bass vorwärts getrieben, als der Schläfer erwacht und die Studenten erkennen müssen, dass sie in der Kirche gefangen sind. Dazu kommt noch, dass die verschwundenen Studenten wieder auftauchen, allerdings ihrer Selbst beraubt als eine Art Zombie des Fürsten der Dunkelheit. Ausserdem hat der Fürst unter den Studenten seinen Wirt gefunden, der Behälter mit der Flüssigkeit, der sich nur von innen entriegeln lässt, öffnet sich.

In "Mirror Image" hören wir das Spiegel-Motiv in voller Schönheit. Wiederrum drehen sich die Diskussionen der "Überlebenden" um den Anti-Gott, während der Fürst sich anschickt, in den Körper seines Wirts einzudringen. Das Spiegel-Motiv und die langen Synthie-Flächen verbinden sich hier zu einem Gefühl der Isolation, aber auch der Ungewissheit. Die Studenten sind gefangen, der Tag bricht an und vergeht, die Nacht breitet sich aus und keiner weiss, ob sie es noch lebend aus der Kirche schaffen.

Es ist soweit, "The Devil awakens". Der Track wird eröffnet mit einem tiefen, dämonischen "Chorgrollen" und der langsame Bassrhythmus zieht den Hörer immer tiefer in die Unterwelt. Die Hauptmotive der Musik erklingen wie ein Wehklagen innerhalb des dunklen Strudels, als der Fürst vollständig in seinen Wirt eingedrungen ist und sich nun daran macht, seinen Vater von der anderen Seite zu holen.

Der Showdown des Filmes ist gekommen, "Through the Mirror". Während die Zombies durch die Gänge schlurfen auf der Suche nach den restlichen Studenten, um sie ebenfalls zu Werkzeugen des Fürsten zu machen, sind diese damit beschäftigt, den Fürst davon abzuhalten, seinen Vater durch einen riesigen Wandspiegel in unsere Welt zu holen. Der Track beginnt mit dem lauten Krachen eines zerspringenden Spiegels und wird von den Bässen unbarmherzig vorangetrieben. Das Schicksal der Menschheit steht auf dem Spiel, Carpenter entfacht eine wahre musikalische Apokalypse. Es bricht nun alles aus der Musik hervor, die Chöre, die Motive, die Hauchgeräusche, alles kämpft im Chaos um den Sieg, die Bassfigur hält alles zusammen. Das Chaos der Klänge kommt mit dem erneuten Geräusch eines zerspringenden Spiegels jäh zu einem plötzlichen Ende, als alles vorbei zu sein scheint. In der eingetretenen Stille ist zuerst ganz zaghaft, dann deutlicher, ein leises Windheulen zu hören. Die unsichtbare Gefahr scheint gebannt, keine Hauchgeräusche mehr, nur ein leises Windheulen, mit dem alles verweht. Der Kampf ging natürlich nicht ohne Verluste aus und so erklingt nun wehmütig das Liebes-Motiv als eine letzte Erinnerung daran, dass nichts mehr so sein wird, wie vorher.

"Prince of Darkness" ist für mich der vielschichtigste Carpenter-Score überhaupt. Hier haben es Carpenter und Howarth wirklich perfekt geschafft, ihre Stärken voll zur Geltung zu bringen. Carpenter wird ja oft vorgeworfen, dass sich seine Synthiemusik immer gleich anhört, aber das kann tatsächlich nur jemand sagen, der sich nie intensiver mit seiner Musik beschäftigt hat. Beispielsweise könnten die Unterschiede zwischen seiner Musik zu PRINCE OF DARKNESS und zu CHRISTINE oder IN THE MOUTH OF MADNESS nicht grösser sein. Komponisten wie Williams oder Goldsmith erkennt man eigentlich immer an ihren musikalischen Eigenheiten, vom Sound ganz zu schweigen. Carpenter erkennt man aber meiner Meinung nach ebenso. Die Bassfiguren sind ein Markenzeichen Carpenters, die sogar Morricone verwendete, als er 1982 die Musik für Carpenters THE-THING-Remake schrieb, unter der Voraussetzung natürlich, Musik im Stile Carpenters zu komponieren.

Ich kenne viele Synthie-Scores, aber der Sound von Carpenters Musik ist einzigartig. Dies mag vielleicht auch daran liegen, dass Carpenter, zumindest bis Mitte der 90er, einen Sound bevorzugte, der eher an die 70er Jahre denken lässt, als die Synthies noch gestimmt werden mussten, bevor man darauf spielen konnte. Dieser "alte" Sound ist wesentlich rauher und organischer als der glattpolierte Sound der digitalen Synthies. Tatsächlich gibt es bei allen 80er-Jahre-Scores von Carpenter nur einen einzigen, dem man die 80er auch anhört und das ist BIG TROUBLE IN LITTLE CHINA. Hier verwendete Carpenter die typischen Flächen- und Drumsounds dieser Zeit, seine anderen Scores aus diesem Jahrzehnt haben dagegen fast schon einen zeitlosen Klang.

Eine Bewertung fällt mir sehr schwer, da ich dem Score im Zusammenhang mit der Filmwirkung, dem Hörerlebnis als Album und der Berücksichtigung des Feldes der Synthie-Scores fast die Höchstwertung geben würde. Dass er gegen Werke von Leuten wie Goldsmith oder Williams rein kompositorisch nicht ankommt, ist wohl klar, aber ich finde, dass das zwei Paar Schuhe sind, die man nicht miteinander vergleichen kann. Vom Originalitätsaspekt aus gesehen hat Carpenter wohl mit IN THE MOUTH OF MADNESS seinen innovativsten Score geschrieben, im Bereich des "alten" Carpenter-Sounds ist für mich PRINCE OF DARKNESS aber der König.

Deshalb vergebe ich als Kompromiss 8,5 von 10 Punkten.
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Tolles Review. Danke dafür.;)

Was Carpenters Musik betrifft...ich kann nicht mal genau sagen wieso, aber "THE FOG" gefiel mir auch schon immer ziemlich gut.

(Die "Prince of Darkness" CD habe ich übrigens vor einigen Jahren mal für'n schlappen Euro auf dem Trödelmarkt erstanden. Und dazu auch noch in einem Top zustand.)

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  • 2 Monate später...

Schöne Rezi, Alex! :D

Mir gefällt dein Stil zu schreiben; du verfolgst den Filmablauf kontinuierlich; man merkt den Carpenter-Freak in dir...:D...dazu find ich es klasse dass du Musik und Zelluloid immer verbindest. Feine Sache! ;)

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Schöne Rezi, Alex! :D

Mir gefällt dein Stil zu schreiben; du verfolgst den Filmablauf kontinuierlich; man merkt den Carpenter-Freak in dir...:D...dazu find ich es klasse dass du Musik und Zelluloid immer verbindest. Feine Sache! ;)

ja, ich hab da mal was gelesen, wie man das so gut macht. stimmt Echt! "differziert", nennt man Das doch. man sollte die musik Nie hören ohne flim nebendran.

gruß,

sharlar

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@ Alexander G.

Tolles Review ;):applaus::D:applaus:. Gefällt mir sehr gut. Du hast mein Interesse an Musik und Film stark geweckt. Sobald ich wieder eine neue Bestellung aufgebe, werden Film und Musik denke ich dabei sein :D.

Ich habe mich bis jetzt recht wenig mit Carpenter beschäftigt. Kenne nur Vampire und Los Muertos. Filmisch fand ich sie soweit recht okay, musikalisch jedoch schrottig. Ich kenne außerdem das misslungene Remake von The Fog (absolut miserabel). Kannst du mir das Original von the fog empfehlen oder andere Carpenter - Filme?

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Erstmal danke an alle für das Lob. ;)

@Seth Bei "Vampires: Los Muertos" zeichnet Carpenter nur als Produzent verantwortlich, die Musik stammt von Brian Tyler. Beim Original-"Vampires" (mit James Woods) setzte Carpenter eben auf Blues-Rock als Filmmusik, die den Film auch gut transportiert und das Western-Feeling verstärkt.

Was die Carpenter-Filme betrifft, so kommt es eben immer auf den persönlichen Geschmack an. Mehr dazu in meinem hübschen Carpenter-Thread. :D

Seine Musik ist natürlich sehr minimalistisch und es gibt wohl nicht viele Grossorchester-Score/Golden-Age-Fans, die mit seiner Musik viel anfangen können, ausser waldgeist vielleicht :D. Zum vorsichtigen Einstieg empfehle ich die Scores von Carpenter, zu denen man als Orchester-Fan vielleicht noch am ehesten Zugang findet, als da sind: THE FOG, PRINCE OF DARKNESS, IN THE MOUTH OF MADNESS und vor allem VILLAGE OF THE DAMNED, der, ganz Carpenter-untypisch, Synthie-Klänge mit einem kleinen Orchesterensemble vermischt.

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Hi Alex!

Ich muss auch nochmal betonen, was für eine tolle Rezension das ist. Trotzdem werde ich mir weder den Film noch die Musik zu Gemüte führen. Ich weiß, sie würden das Bild in meinem Kopf, dass du so hervorragend gezeichnet hast, zerstören. Warum? Nun, sowohl der Film als auch Carpenters Musik (im Allgemeinen) sind absolut nicht meine Sache.

Trotzdem war es schön, deine Rezension zu lesen und ein wenig deine Begeisterung für eben diese nachzuvollziehen. Danke! ;)

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  • 4 Wochen später...

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