Der Mann, der zuviel wusste - Bernard Herrmann

[Gast maxx]

The Man who Knew Too Much

Dir. Alfred Hitchcock, Musik von Bernard Herrmann

Der Mann der zuviel wusste, ist die zweite Partitur die Bernard Herrmann für einen Hitchcockfilm geschrieben hatte und das einzige Remake des Regisseurs. Nach einigen Diskussionen wurde das Drehbuch von 1934 erneuert und Herrmann als Komponist beauftragt. Die Partitur wurde am 4. November 1955 fertig gestellt.

Cue-sheet:

1. Prelude

2. Nocturne

3. Arab Trios 1-3

4. The Chase

5. The Knife

6. The Warning

7. Loneliness

8. The Alley

9. A Close Call

10. Ambrose Chapel

11. The Chapel

12. (Cantata)

13. The Portent

14. Postlude

15. The Fight

16. Arrival & Embassy

17. Embassy Hall

18. The Stairs

19. The Gun

20. Finale

Gesamtlaufzeit etwas über einer ½ Stunde.

Herrmanns Musik ist im Vergleich zu anderen Partituren eher zurückhaltend und kurz. Die meisten Stücke dauern zwischen einer und zwei Minuten. Aber er hatte gute Gründe für den Film nicht zu viel Musik zu schreiben: In der Schlüsselszene des Films wird der Zuschauer schon unfreiwillig zum Konzertgänger gemacht und das ganze 8 Minuten lang, ohne Dialog!. Das Prelude am Anfang welches mit dramatischem Schlagwerk (1 Pauken, 1 Bass Drum, 2 Side Drums, 1 sus. Cymbals und ein Becken) aufwartet gibt dem Zuschauer schon einen Vorgeschmack und teilt ihm gleichzeitig mit, dass die Musik eine wichtige Rolle spielen wird. Käme jetzt auch noch ein gut beladener Soundtrack daher, wäre der Zuschauer von der Musik erschlagen und sie würde ihren Glanz zum Schluss hin verlieren. Die Wirkung des Films wäre zunichte gemacht. Herrmann war sich also bewusst, der Cantata der Vorrang zu geben und hatte damit auch recht behalten, denn anders würde der Film nicht funktionieren.

Der Film beginnt in Marrakesch und Herrmann benutzt ein kleines Ensemble bestehend aus einer Harfe, einer Violine und einer Bass-Klarinette. Die drei Arabischen Trios, mit denen Herrmann die Restaurantszene untermalt, sind eher Hintergrundmusik. Der Zuschauer kann nicht definitiv sagen, ob sie live im Restaurant gespielt wurden oder Teil des Soundtracks sind. In der Tat wurden sie vom Studio-Orchester eingespielt und zeichnen sich durch ständige arabisch anmutende Ostinati aus. Herrmann hat in diesem Film keine personenbezogenen Motive verwendet, bis auf das bei der Ermordung des Spions. Das wäre auch unnötig gewesen, da die einzig wichtige Verbindung zwischen Mutter und Kind mit dem berühmten Schlager ``Que Sera, Sera´´ assoziiert wird. Dieses Lied rettete dem entführten Jungen das Leben und ersparte Herrmann einen zusätzlichen cue. Anstatt dessen untermalt er die Ermordung des Spions Louis Bernard durch eine direkte Übertragung des Geschehens in die Musik (das einzigste Mal im Film). Er benutzt Trompeten die ein tremolo- sforzando spielen und dadurch einen Klang erzeugen, der das schmerzerfüllte Schreien des verwundeten verdeutlicht. Die Aufmerksamkeit wird auf den Spion gelenkt, da er die Informationen hat, die vielleicht das Leben des entführten Kindes und das Leben eines Staatsmannes retten können, auf den in London ein Attentat geplant ist. Seit diesem Zeitpunkt wissen nur die Eltern von der Entführung und des Anschlags in London. Die Eltern werden erpresst, nichts zu sagen, da sie ihren Sohn sonst nicht lebend wieder sehen werden. Herrmanns Musik untermalt diese Szene in der der Vater erpresst wird und benutzt gebrochene Dreiklänge in A und Es-Dur. Die restliche Musik die Herrmann komponiert hat, entfernt sich wieder von den arabischen Motiven und schlägt in beklemmende große Terzen um (Schauplatz London). Hier erklingen wieder Bass-Klarinetten, Fagott, Harfe und Streicher. Dieses Ensemble wird den restlichen score begleiten (während der Suche nach dem Jungen, der Suche nach Ambrose Chapel und in der Botschaft). Die musikalische Hauptaktration bildet die Storm Clouds Cantata. Sie wurde nicht von Herrmann komponiert, da Hitchcock unbedingt die original Musik der 1934 Version haben wollte. Der australische Komponist Arthur Benjamin wurde gefragt, ob er sein Werk noch mal zur Verfügung stellen könnte. Nach einigen Rechtsproblemen bekam Hitchcock seine Cantata dann doch. Benjamins 4minütige ``Sturmwolken Kantate´´ war aber für Hitchcocks 9 Minuten lange Konzertszene zu kurz. So schickte Benjamin auch die Titel Musik die dann vor die Cantata gehangen wurde. Außerdem lies Hitchcock den Cutter das allergro aggitato zweimal in den Film einfügen und dadurch wurde die Cantata auf 8 Minuten verlängert. Herrmann komponierte nichts Neues dazu, nur der Chor wurde einmal gestrichen; alle Instrumente sind in der Partitur vertreten.

Benjamin Herrmann

Herrmanns Arbeit als Komponist war getan, er komponierte nur noch kurze Stücke für die Botschaftsszenen, die allerdings gestrichen wurden. Hier dominiert der Schlager ``Que Sera, Sera´´. Trotz der kurzen Dauer der Stücke komponierte Herrmann einen tollen score und er wirkt im Film grandios. Sicher ist die kurze Spielzeit von etwas über ½ Stunde ein Grund dafür, dass die Musik bisher unveröffentlicht blieb. Dennoch hätte er es verdient, da nicht die Länge des scores sondern seine Qualität ausschlaggebend ist und dieser ist definitiv der beste der kurzen Herrmann scores.

Bewertung: 8 von 10 Punkten

[nomedia]http://de.youtube.com/watch?v=MgSdwqxuxQg"]Original Cantata (1934)[/COLO[/nomedia]

[nomedia]http://de.youtube.com/watch?v=9-gsUxXW5-Q"]Extended Cantata (1956)[/COLO[/nomedia]

[ame=http://de.youtube.com/watch?v=olWup6JkLS0]YouTube - man knew too much chase-induction-revelation[/ame]