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Der Klangfabrikant


Gast 1887
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Quelle: Die Welt

Der Klangfabrikant

Er ist einer der erfolgreichsten Filmkomponisten Hollywoods. Und er ist ein Deutscher. In 20 Jahren hat Hans Zimmer die Musik für 130 Filme geschrieben

von Hanns-Georg Rodek

Als Dimitri Tiomkin, der Komponist von "12 Uhr Mittags", seinen zweiten Oscar gewann, dankte er nicht seiner Familie, sondern Johannes Brahms, Johann Strauß, Richard Strauss und Richard Wagner. Wenn Hans Zimmer, der Frankfurter Bub, der Hollywoods Filmmusik dominiert wie kein Komponist vor ihm, seinen zweiten Oscar gewinnen wird, könnte er einem anderen Quartett Dank abstatten: Wolfgang Amadeus Mozart, Ennio Morricone, Robert Moog und Lebo M.

Am Anfang war Morricone. Das Quietschen eines Windrades. Das Knacken von Fingergelenken. Und ein paar dissonante Töne aus einer Mundharmonika. In diesem Moment wußte der Zwölfjährige, der sich in einem Kino in Kronberg/Taunus "Spiel mir das Lied vom Tod" ansah, was er werden wollte: Filmkomponist.

Das ist nicht so ganz einfach, wenn man nie eine Musikhochschule besucht und den Klavierunterricht nach zwei Wochen "aus Langeweile" geschmissen hat. Aber Hans Florian Zimmer war nach einer Odyssee durch Europas Privatschulen schließlich in einem englischen Internat gelandet, und London war in den Siebzigern nicht nur Hauptstadt des Punk, sondern auch Nährboden jener Musik, für die man keine Noten braucht: der elektronischen.

Ein gewisser Dr. Moog hatte in den Sechzigern den ersten Synthesizer gebaut, und eine Gruppe namens Hot Butter Anfang der Siebziger mit "Popcorn" den ersten Elektro-Hit gelandet. Der wurde als Kuriosum bestaunt, die deutschen Kraftwerker fuhren ein Stück weiter auf der "Autobahn" - aber erst die Discos machten Synthi-Klänge populär. 1979 tanzten wir alle zu "Video Killed the Radio Star" von den Buggles - und die Buggles, dahinter steckte schon Hans Zimmer.

Das war zehn Jahre, bevor die Welt verwundert bemerkte, daß Hollywood für die Klänge zu "Rain Man" einen unbekannten Deutschen engagiert hatte. Die Achtziger hatte Zimmer lernend in London verbracht, "composing by doing". Er hatte sich Werbejingles ausgedacht (und sich gegen die vom Kunden vorgegebenen Konzepte gesträubt), als Keyboarder bei Ultravox gespielt (und die langwierige Albumproduktion gehaßt) und als Assistent des Briten Stanley Myers an Soundtracks mitkomponiert (aber keine Erwähnung im Vorspann erhalten).

Dann bekam der inzwischen 30jährige doch einmal einen Film ganz für sich, ein kleine Apartheid-Geschichte namens "Zwei Welten". Darin probierte Zimmer fürs Kino etwas, was gerade erst Paul Simon mit seiner "Graceland"-LP im Pop hoffähig gemacht hatte: die Mischung westlicher Musik mit Drittwelt-Klängen. Der Frau des "Rain Man"-Regisseurs gefiel's - und ihr Mann lud Zimmer nach Hollywood. "Was mir dort auffiel: Es gab damals ein halbes Dutzend Komponisten, die praktisch alle großen Filme bedienten", erinnert sich Zimmer. "Und ich habe mir gedacht: Es gibt doch noch andere Leute. Leute, die revolutionäre Ideen haben und zum Zug kommen sollten. Sonst geht die Musik kaputt." Im Prinzip hat Zimmer sowohl die Elektronik als auch den Ethno-Pop nach Hollywood geschleust. "Lion King", der ihm 1994 den Oscar brachte, ist eine Mischung aus synthetisch verfremdeten Ethno-Tönen und der Pracht eines Sinfonieorchesters, unterstützt vom südafrikanischen Musiker Lebo M. Zimmer hat sich immer wieder exotisch inspirieren lassen, auch in seinen vielleicht besten Soundtrack zum Kriegsfilm "Der schmale Grat", wo sich indigene Musik von den Solomon-Inseln und amerikanische Hymnen des frühen 19. Jahrhunderts mischen.

"Der König der Löwen" war nach gerade zehn Jahren im Geschäft bereits der 60. Film, zu dem Zimmer die Musik schrieb; jetzt - nach 20 Jahren - ist er bereits bei Nr. 130 angelangt. Das verblaßt zwar gegen die Produktivität seines Idols Ennio Morricone (in dessen Bilanz stehen nach 45 Jahren 530 Filme), aber Zimmer ist zweifellos das Arbeitstier von Hollywood - und hat außerdem ein einzigartiges Arbeitssystem erfunden.

Das reicht zurück in die "anonyme" Londoner Zeit. Die Praxis ist alt, in Hollywood war es lange üblich, daß der Chef der Musikabteilung eines Studios automatisch als Autor der Musik aller Filme dieses Studios genannt wurde - selbst wenn einem Untergebenen die Noten eingefallen waren.

Seit Zimmer vor 15 Jahren nach Los Angeles übersiedelte und am Santa Monica-Boulevard ein eigenes Studio eröffnete, hat er die Vorteile des alten Systems übernommen - und seinen modernen demokratischen Vorstellungen angepaßt. Zimmers "Media Ventures", wo zeitweise bis zu einem Dutzend Komponisten arbeiten, ist ein Mittelding zwischen Musikfabrik, Soundtrackkommune und Komponierkollektiv.

"Wir haben vier Gebäude, in denen jeder seinen Krach macht", erzählt Zimmer. "Der wichtigste Teil des Komplexes ist dieser Korridor, den jeder entlang muß und wo wir einander ständig treffen. Und die Küche, wo wir alle beim Abendessen zusammensitzen. Da kommen immer Ideen heraus."

Zimmer mag eigentlich weder den Begriff "Kommune", noch den von der "Fabrik". Er verweist auf die Pariser Fotoagentur Magnum: "Ich habe immer versucht, deren Vorbild zu folgen. Trotzdem ist es natürlich eine Fabrik, aber eine im besten Sinn. Denn wenn man in einer Fabrik arbeitet, hat man die ganzen modernen technischen Geräte zur Verfügung, die man sich als Privatperson nicht leisten kann. Und meine Kollegen werden für ihr Arbeit nicht nur bezahlt, sondern auch genannt."

Nun ist Zimmer einer der meistverkauften Soundtrack-Komponisten, es gibt eine "Zimmer-Anbetungs"-Website im Internet, und sein Name ist zu einer Marke geworden. Nun haben Markenkunden die Gewißheit, daß genau das in dem Produkt ist, was man kennt. Bei der Marke "Hans Zimmer" sollte man sich da nicht so sicher sein: In einem Zimmer-Soundtrack können auch eine hübsche Menge Noten von Klaus Badelt stecken oder von Henning Lohner (zwei Deutsche, denen er eine Chance gab) oder von Harry Gregson Williams oder von Mark Mancina.

Zimmer sieht kein Problem mit sich als Marke. "Wenn mein Name draufsteht, dann ist das auch meine Melodie", versichert er. Eine Zeitlang schienen die Soundtracks aus der Zimmer-Factory alle gleich zu klingen, gleichgültig, wessen Name auf dem Etikett stand. Inzwischen sind die Stimmen wieder unterscheidbarer, und der Chef streicht die Vorteile seines Systems heraus. "Ein Dutzend namhafte Komponisten auf einem Fleck - da hat man eine ganz andere Verhandlungsposition gegenüber den Studios. Wir benützen das auch. Obwohl es gar nicht viel Stunk gibt. Die wollen einfach gute Musik, und sie lieben diese Sicherheit: Wenn dem Klaus heute nichts einfällt, dann wird der Harry schon eine Idee haben oder ich."

Deshalb kommen die Studios auch in Notfällen zu Media Ventures. Vier Tage vor der Premiere fiel dem Produzenten von "Was das Herz begehrt" mit Jack Nicholson ein, daß er den Soundtrack nicht mochte. Zimmer und Kollegen verpaßten dem Patienten binnen einer halben Woche eine neue Untermalung - und schmuggelten außerdem so viele französische Chansons in diese Komödie, wie man das in einem US-Film seit den Zeiten des seligen Maurice Chevalier nicht mehr gehört hatte.

Zimmer ist ein Globetrotter ohne Sehnsucht nach der Heimat, aber er weiß, wo seine musikalischen Wurzeln liegen: im alten Europa. Seit dem Beginn der Neunziger hat er hier nicht mehr gearbeitet - Ausnahme: Bernd Eichingers "Geisterhaus", mit dem er denen daheim beweisen wollte, daß er auch "klassisch" beherrscht -, aber wenn man ihn läßt, dann mahlert er wie in "Hannibal"; aus dem "König der Löwen" lassen sich selbst Prokofjew-Zitate heraushören. Und aus der Ferne knüpft er seit neustem auch wieder Musikteppiche für deutsche Filme: für "Lauras Stern" und für den Kleinen Eisbär 2", der nächstes Jahr ins Kino kommt.

Artikel erschienen am Mi, 29. Juni 2005

http://www.welt.de/data/2005/06/29/738482.html

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nichts was man nicht schon wusste oder ? :D

kleiner fehler ist aber schon drinn. zimmer war nie bei ultravox und hat auch an keinem album mitgearbeitet. er hat mit warren cann dem drummer von ultravox eine band namens "helden" gegründet und auch ein album namens "spies" aufgenommen. leider ist es bis heute nicht veröffentlicht worden, was echt schade ist denn die musik ist wirklich großartig ! ok, für die leute die die musik von 1982 mögen :D aber ein paar mutige leute arbeiten an einer veröffentlichung. :D

er hat mal einen großen moog synthesizer von christopher franke "tangerine dream" gekauft nachdem die beiden stundenlang "gejammt" haben. da hätte ich gern einen mitschnitt von :o

ach ja, das ist der synth von franke, und das ding hat zimmer heute noch.

nostalgia.jpg

:) helden - spies :D

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