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Ich höre gerade folgendes Album (Der musikalische Rest)


Mephisto
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Auf dieser Doppel-CD sind, wie der Titel schon sagt, die Preluden und Overtüren aus Wagners Opern versammelt. Besonders "Lohengrin" und "Parsifal" gefallen mir hierbei, was für mich auch die Hauptkaufgründe waren. Ich bin zwar kein großer Freund des Operngesangs, aber doch der Opernmusik, ausserdem kommt man als Filmmusikfreund natürlich nicht an Wagner vorbei.
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Willow-Wood, The Sons of Light, Toward the Unknown Region, Five Variations of Dives and Lazarus - Ralph Vaughan Williams

Ralph Vaughan Williams dürfte der bekannteste britische Komponist sein, allerdings ist sein Werk hierzulande leider noch viel zu wenig gespielt und sein Status als wichtiger Komponist des 20. Jahrhunderts leider noch lange nicht gefestigt. Dabei war Williams, der immerhin 86 Jahre alt wurde, auch ein sehr vielseitiger Komponist, der mit seinen frühen Liedern und der schwelgerischen spätromantischen Sea-Symphony mit seinen agressiven mittleren Symphonien (Nr. 4 & 6) auch locker den Sprung in die Moderne schaffte, ohne jedoch seinen ganz bestimmten souveränen und gradlinigen Stil aufzugeben.
Diese Sammlung wird von der rund elfminütigen Komposition "Toward the Unknown Region" eröffnet, die Williams als Lied für Orchester und Chor bezeichnete und tatsächlich hat man es hier mit einem überdimensionierten Lied zu tun. Der Text beruht auf einem Gedicht des amerikanischen Poeten Walt Whitman, dessen Gedichte auch für die Sea-Symphony als Grundlage dienten und die auch zur selben Zeit wie dieses Werk entstand. Williams lässt Chor und Orchester recht sparsam agieren und stellt so treffend die Ungewissheit des lyrischen Ichs da, das sich in unbekannte Gefilde begibt, wo nichts Stoffliches und Menschliches zu finden sein wird. Erst in der zweiten Hälfte zeigt sich eine gewisse Zuversicht, die sich auch in dem dynamischen Anstieg widerspiegelt.
Der Titelgeber dieses Albums ist jedoch zu Recht "Willow-Wood": eine Kantate für Bariton, Frauenchor und Orchester deren Text ebenfalls auf einem Whitman-Gedicht voller sinnlicher und überfüllter Metaphern aufwartet. Das Gedicht handelt anscheinend von zwei Liebenden, denen jeweils im Traum das Gedicht des anderen im Wasser auftaucht. Das lyrische Ich beught sich zum Wasser, um das vertraute Gesicht zu küssen, doch da verschwindet es wieder und das lyrische Ich erinnert sich nur noch daran, von dem Wasser getrunken zu haben. Der Text wird nahezu vollständig vom Bariton gesungen, während der Frauenchor ohne Text eine weiter mystische und wundervolle Klangfarbe zu den zart orchestrierten Orchesterfarben hinzufügt. Eine unglaublich stimmungsvolle Komposition, die die Magie dieser nächtliche Waldszene perfekt einzufangen vermag. Es ist kein Wunder, dass Williams sich selbst sehr für dieses Werk einsetzte und sich um eine erneute Veröffentlichung (leider vergebens) bemühte und umso lobenswerter ist das Unternehmen Naxos', dieses Werk durch die allererste Aufnahme der Öffentlichkeit wieder zugänglich zu machen.
Es folgt eine Motette für Chor und Orchester, die auf den Bibelversen des Buches Hiob basiert, als Gott aus dem Wirbelsturm zu Hiob spricht. Es handelt sich hierbei um ein Auftragswerk für eine Musikfest. Vaughan Williams übernahm hierfür die entsprechende Szene aus seiner Ballettmusik "Job - a mask for dancing", die schon rhsthmisch perfekt auf den Text passte und einen vermuten lässt, dass Williams auch schon unter Rücksicht der biblischen Vorlage an seinem Ballett gearbeitet hat.
Das einzige Werk ohne Stimmen auf dieser CD ist sind die Variationen über ein englisches Volkslied "Dives und Lazarus" für Streicher und Harfe. Ähnlich der Tallis-Fantasie für Streichorchester ist auch dieses Werk von unglaublicher Emotion, Schönheit und doch so voller Souveränität und Klarheit in der Melodieführung, die so typisch für den folkloristisch geprägten Vaughan Williams sind. Ein unglaublich tolles Stück, dass sich nach und nach herrlich entfaltet.
Den Abschluss bildet die Kantate "The Sons of Light" mit Texten Vaughan Williams' späterer Frau Ursula Wood. Williams wurde 1950 gebeten, dieses Werk für einen Massenschülerchor von 1000 Sängern und Orchester für eine Konzert in der Royal Albert Hall gebeten und nahm nur zögernd an, der er mit jugendlichen Stimmen nicht vertraut war. Auch heute ist diese Partitur eher unbekannt, da sie immernoch als Werk für "Schülerchor" bezeichnet wird, obwohl Williams hier für einen gewöhnlichen vierstimmigen Chor schrieb, da die meisten Sänger ihren Stimmbruch schon hinter sich hatten. Die Texte basieren locker auf der Schöpfunggeschichte. Schillernde Fanfaren und ein triumphaler Marschcharakter des ertsne Satzes beschreiben den Aufstieg der Sonne, bevor leise und mystische Klänge den Lauf des Mondes beschreiben. Im zweiten Satz werden die Teirkreiszeichen besungen und auch hier schafft Vaughan Williams eine sehr magische Stimmung voller geheimnisvoller und düsterer Orchesterfarben, bevor der letzte Satz noch einmal jubelnd die Schöpfung des Menschen besingt!

Insgesamt ist dieses Album eine wirklich tolle Veröffentlichung, die wieder einmal beweist, dass Naxos mehr als ein "Billiglabel" ist und ohne Weiteres neben den Titanen DGG und EMI bestehen kann - besonders wegen der Bemühungen um eher weniger vertretene Komponisten und auch wenig gespielte Werke wie "Willow-Wood" oder "Sons of Light". Die Musikerspielen sehr gefühlvoll und Roderick Williams singt den Solopart in "Willow-Wood" unglaublich toll! Chor und Orchester verschmelzen auch wunderbar, worunter aber leider das Textverständnis sehr leidet, aber dafür finden sich sämtliche Texte im recht informativen auf deutsch und englisch gehaltenem Booklet. Einzig die Tonqualität von "The Voice of the Whirlwind" ist etwas dumpf, aber ansonsten: absolute Kaufempfehlung!
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Mit Jazz habe ich eigentlich nicht so viel am Hut, aber dieser 60er-/70er-Jazz aus dem Kosinus-Album "Modern Jazz Movies" klingt einfach dermaßen "sauber" ... cool. Wer generell Jazz mag und irgendwo dieses Album kaufen kann, sollte zwingend zugreifen.

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Hallo Bernd,

kannst du mal kurz sagen, welche Stücke und welche Komponisten enthalten sind??? Finde die CD nirgends...

Michael

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  • 2 Monate später...

Bei mir fast täglich in den letzten anderthalb Monaten:

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Vaughan Williams Collcectors Edition

Vaughan Williams Collcectors Edition

Vaughan Williams dürfte einer der einflussreichsten und Komponisten Großbritanniens sein. Dies mag zum einen an der beträchtlichen Zeitspanne seines Wirkens liegen (Williams lebte von 1872 bis 1958), zum anderen weil seine Musik aber durch und durch britisch klingt. Vaughan Williams erste veröffentlichte Stücke waren hauptsächlich Lieder oder kleinere kammermusikalische Werke, bis schließlich die gewaltige Sea-Symphony für großes Orchester, Chor und Gesangssolisten nach Texten des amerikanischen Poeten Walt Whitmans entstand. Vaughan Williams war Zeit seines Lebens Sammler und Liebhaber von englischer Volksmusik und sammelte hunderte von alten Melodien, Tänzen und Volksliedern, von denen viele auch in dem Werk des großen englischen Komponisten zu finden sind und die ihm immer wieder auch zur Inspiration eigener Themen dienten. Man kann das Schaffen Vaughan Williams in drei Phasen unterteilen. So ist der Einfluss von englischer Volksmusik besonders in dem ersten Drittel des Schaffens Vaughan Williams sehr präsent. Zum Ende dieser Schaffensphase wurde die Musik allerdings um einiges harscher, aggressiver und spannungsvoller. Dies kündigt sich z. B. in der Ballettmusik Job oder dem sehr perkussiven Klavierkonzert in C-Dur an und gipfelt schließlich in der vierten Symphony, die das Publikum sowie die Kritik verwirrten. Mit diesem gewaltigen Schlag schien sich die Spannung in Vaughan Williams Werk allerdings zu lösen und es entstanden sehr viele Werke mit lyrischem Einschlag, bevor sich der Komponist nicht nur einem relativ neuem Medium - dem Film - widmete, sondern auch experimentierfreudig in Bezug auf ungewöhnliche Besetzungen war und seine Tonsprache einige wenn auch gemäßigte Modernismen aufwies.

Vaughan Williams hinterließ insgesamt neun Symphonien, die sich in Bezug auf kompositorisches Können und orchestrale Vielfalt nicht hinter denen Schostakowitschs verstecken müssen, eine beachtliche Sammlung von Volksliedarrangements, mehrere Filmmusiken, viele geistliche Chorwerke, Solokonzerte, zwei Streichquartette und mehrere Liederzyklen.

Hierzulande wird Vaughan Williams leider viel zu wenig beachtet oder aufgeführt und noch lange sind nicht all seine Werke veröffentlicht worden. Trotzdem nahm sich besonders EMI immer wieder dieses vielfältigen und wichtigen Komponisten an und veröffentlichte zu seinem 50. Todestag 2008 die komplette Vaughan Williams Diskographie von EMI allerdings KEIN Gesamtwerk.

Auf den ersten CDs finden sich die neun Symphonien in den Einspielungen des Royal Liverpool Orchestras unter Vernon Handley, die an Abwechslungsreichtum kaum zu überbieten und einen der vielseitigsten Symphoniezyklen des 20. Jahrhunderts sein dürften.

CD 1 wird komplett von der 1909 fertig gestellten Sea Symphony gefüllt. Dieses Werk hält sich zwar von außen gesehen an die traditionelle Viersätzigkeit der Symphonie, ist aber Werk von solcher großer Energie und Kraft, wie es kaum wieder bei einem Werk Vaughan Williams der Fall sein sollte. Der Texte des gemischten Chors und der beiden Gesangssolisten (Sopran und Bariton) basiert auf Gedichten Walt Whitmans, der in Vaughan Williams Generation sehr beliebt besonders wegen seiner Freiheit in Bezug auf das Versmaß und die Metren war. Es ist unschwer zu erahnen, wie vertraut Vaughan Williams mit den zu vertonenden Texten gewesen sein dürfte, da er die unregelmäßigen Verse fast mühelos in Einklang mit dem schwelgerischen Orchesterklang bringt. Schon der erste Satz eröffnet mit einer kräftigen Fanfare der Trompeten, bevor das gesamte Orchester mit einem gewaltigen Schlag mit einstimmt und die Masse und Weite der Ozeane gekonnt vor das geistige Auge des Rezipienten führt. Wie so oft bei Vaughan Williams singt entweder der vollständige Chor oder er dient als Echo für die zuvor von den Solisten gesungenen Zeilen. Selten legt Vaughan Williams zwei verschiedene Texte übereinander. Die von Whitman vertonten Gedichte wurden dem Sammelband Leaves of Grass entnommen. Für den ersten Satz griff Vaughan Williams auf die beiden Gedichte Song of Exposition und Song for all seas, all ships zurück, sodass hier besonders die mutigen Seemänner geehrt werden und ist auch musikalisch von sehr zuversichtlichem und heroischem Charakter. Vaughan Williams zieht hier alle Register und nutzt seinen großen Orchesterapperat sowie die zahlreichen Chorsänger und die Solostimmen, um die Zuversicht und den Wagemut der besungenen Seeleute entsprechend zu vertonen. Der zweite sehr ruhige, fast schon stellenweise meditative Satz, beruht auf dem Gedicht On the beach at night alone und stellt den Menschen als kleines Element eines riesigen Ganzen dar. Das lyrische Ich gesungen vom Bariton steht abends alleine am Strand und betrachtet das gewaltige Himmelszelt. Besonders häufige Tonrepetition des Gesangs machen die sehr in sich ruhenden Athmosphäre des Satzes aus. Der dritte Satz, ein sehr polyphones und quirliges Scherzo beschreibt die gewaltigen Wassermassen und deren stete Bewegung in riesigen Wellen und schäumender Gischt. Hier singt nur der Chor, um den massigen Effekt zu erhöhen und das Orchester in stets wechselnder Orchestrierung und Klangfarben. Der Text beruht auf Whitmans Gedicht After the seaship und ist das einzige vollkommen ungeänderte Gedicht in dem gesamten Text der Symphonie. Der letzte Satz ist eine Vertonung des Gedichts Passage to India und deckt als längster und abwechslungsreichster Satz die gesamte Spannbreite des Textes von der Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies bis hin zu dem Aufbruch des lyrischen Ichs in die unbekannte Weite der Ozeane. Hier singen vor Allem zum Schluss des Satzes die beiden Solostimmen in einen wundervollen Dialog, bis sich die Musik immer weiter zu entfernen scheint und die hohen und sehr leisen Streicher an entferntes Wellenrauschen erinnern, bevor diese großartige und gewaltige Symphony verklingt.

Auf CD 2 folgt zuerst die London Symphony, die als zweite Symphony gilt und auch den Beinamen Symphonie eines Londoners trägt. Fertig gestellt wurde dieses Werk 1913 und weist auch deutlich impressionistische Züge auf. Vaughan Williams verzichtet hier auf die menschliche Stimme und somit stand dem Komponisten kein Leitfaden mehr an Hand eines Textes zur Verfügung. Stattdessen beschreibt Vaughan Williams mit jedem Satz die Stimmung in einem bestimmten Londoner Viertel, sodass einem gleich im ersten Satz von der Harfe Big Ben entgegen klingt, bevor nach einem sehr ruhigen Streicherteil ein gewaltiges aufreibendes Thema erklingt und der erste Satz voll in Fahrt kommt. Der zweite Satz ist ein wundervolles Adagio und beschreibt die Stimmung am Bloomsbury Square an einem Novembernachmittag. Besonders das wundervolle Oboenthema und das herrliche Hornmotiv zählen zu den Höhepunkten dieses gefühlvollen Satzes. Im recht heiteren Scherzo bringt Vaughan Williams seine Eindrücke am Strand der Westminster Abbey zum Ausdruck und das Finale mit dem recht zackigen Marschrhythmus wurde von den letzten Kapiteln des Romans Tono-Bungay von H.G. Wells inspiriert. Wie dem auch sei, Vaughan Williams wies ausdrücklich darauf hin, dass die Symphonie Stimmungsbilder beschriebe, nicht aber einem programmatischen Ablauf folge.

Die zweite Hälfte der CD 2 wird dann von der achten Symphonie bestritten, die von 1953-55 entstand und an der besonders die Instrumentierung interessant ist. So wird der erste Satz von dem vollen Orchester bestritten und ist sehr farbenreich instrumentiert. Der zweite Satz ist ein lustiges Scherz, das nur von den Bläsern des Orchesters bedient wird. Besonders hübsch sind hier die langsam trottenden tiefen Bläser während des Trios. Der dritte Satz ist ein sehr ruhiges Adagio, das nur von den Streichern bestritten wird, während in dem recht heroischem Satz wieder das ganze Orchester zum Einsatz kommt, dieses Mal um eine sehr großes Schlagwerksektion bereichert wie Gongs, Vibraphon und Röhrenglocken.

CD 3 eröffnet mit der 1921 fertig gestellten Pastoral Symphony und ist im Gegensatz zu den beiden voran gegangenen Symphonien durchgängig von sehr ruhigem Charakter. Besonders interessant ist die sehr lange Trompetenkantilene im zweiten Satz, die Vaughan Williams in Anlehnung an einen Trompeter im ersten Weltkrieg schrieb, der gerade ein Signal übte. Daher soll der Trompeter das Instrument ohne den Einsatz der Ventile spielen, um noch mehr den Signalcharakter hervorzuheben. Die Kantilene selbst wurde also nur für die Naturtöne der Trompete geschrieben und die Septime erinnert an die noch nicht sauber gespielte Oktave eines Übenden. Der letzte Satz greift ein Thema aus dem ersten auf, das dieses Mal nur von einer Sopranistin über einen lang anhaltenden Paukenwirbel vokalisiert wird und durch den sehr pentatonischen Melodieverlauf ebenfalls ein sehr natürliches Gefühl erweckt.

Es folgt die von 1931-34 geschriebene vierte Symphonie, die sich von der dritten kaum mehr unterscheiden könnte. In einer guten halben Stunde erleben wir Vaughan Williams so aggressiv, so stürmisch und brutal wie nie zuvor. Vaughan Williams soll die Symphonie komponiert haben, nachdem er die Beschreibung einer typischen modernen Symphonie gelesen habe und entschloss, so ein Werk zu schreiben. Später schrieb er Ich weiß nicht, ob sie mir gefällt oder nicht, es war halt genau das, was ich zu dem Zeitpunkt wollte. Noch später hieß es an einen Brief an einen Freund, dass er das Werk nun nicht mehr möge, allerdings ist die vierte Symphonie die einzige Symphonie, die Vaughan Williams selbst für eine Schallplattenaufnahme dirigiert.

CD 4 wird von dem 1944 komponierten Oboenkonzert in a-moll und ist ein durch und durch sehr leicht zu hörendes und zu verfolgendes Stück, dessen Themen hauptsächlich von alten Volksliedern zumindest inspiriert wurden. Es folgt die 1938-1943 entstandene fünfte Symphonie, auf die viele nach der äußerst aggressiven vierten gespannt waren und als das sehr ruhige Stück schließlich seine Uraufführung hatte, ging man davon aus, der Komponist habe seinen künstlerischen Frieden zurück gewonnen. Diese Symphonie ist sehr gekonnt mit geschickt übereinander gelegten an sich recht simplen Motiven gearbeitet.

CD 5 beginnt mit der 1944-47 entstandenen sechsten Symphonie, die auch oft als Vaughan Williams Kriegssymphonie bezeichnet wurde. Nach drei äußerst lauten und brutalen Sätzen von einer fast durchgängig aggressiven Tonsprache folgt ein sehr leises Finale, in dem sämtliche Instrumente nur pianissimo spielen. Vom Charakter her sind die ersten drei Sätze der vierten Symphonie sehr ähnlich und viele interpretierten hier den Angriff auf Hiroschima hinein, indem der letzte Satz die tödliche Stille nach den drei Sätze andauerndem atomaren Holocaust darstellt. Vaughan Williams wies derartige Interpretationen erbost zurück und meinte Ich kann nicht verstehen, dass sich niemand vorstellen kann, dass sich jemand hinsetzt und einfach nur ein Stück Musik schreiben will.

Es folgt die 1956-57 komponierte neunte Symphonie ein sehr ruhiges Werk, welches von den Kritiken allerdings nicht sehr begeistert aufgenommen wurde, da es sich häufig eines recht kühlen Tonsprache bedient.

CD 6 eröffnet mit der Serenade to music, einer gut 13 Minuten langen Serenade für Orchester und 16 Solostimmen, die entweder solistisch oder teilweise auch als kleiner Chor agieren. Der Text basiert auf einem Textauszug aus dem Stück The Merchant of Venice von Williams Shakespeare und beinhaltet eine Diskussion über die Wirkung von Musik. Vaughan Williams schrieb dieses ebenfalls sehr pastorale und stimmungsvolle Stück 1938 für Sir Henry Wood für ein Jubiläumskonzert zum 50. Jahrestag von dessen ersten Konzert. Rachmaninow, der in der ersten Hälfte dieses Konzerts sein zweites Klavierkonzert spielte, soll bei der Serenade to music in Tränen ausgebrochen sein und tatsächlich ist dieses Stück von einer unglaublich gefühlvollen Schönheit und Intensität. Vaughan Williams arrangierte das Stück später noch einmal als Chor- und als instrumentale Orchesterversion, in der eine fast identische Wiederholung einer Strophe gestrichen wurde, da es sich für spätere Aufführungen als schwierig erweisen würde, 16 Solisten zu engagieren. Diese beiden Versionen können auf CD 9 und 11 gehört werden.

Als nächstes folgt eine Partita für doppeltes Streichorchester aus dem Jahre 1948 sowie die grandiose Sinfonia Antarctica (1949-53), die auf der Musik zu der Verfilmung zu der gescheiterten Expedition Robert Falcon Scotts in der Eiswüste Scott of the antarctic. Vaughan Williams, der auch in Sachen Filmmusik kein unbeschriebenes Blatt ist, arrangierte hier Teile seiner Filmmusik zu einem beeindruckenden Klanggemälde, das die Unendlichkeit dieser einzigartigen Landschaft direkt vor das Auge des Rezipienten holz. So bäumt sich nach einem relativ langen Vorspiel endlich das erste gewaltige Thema auf und steht für die Naturgewalt an sich aber auch für die große Herausforderung, diese Gegend zu bezwingen. Erbarmungslose Kälte wird durch zart vokalisierende Frauenstimmen, klirrende Metallinstrumente und zarte Celesta- und Glockenspielklänge beschrieben, bevor die Orgel hereinbricht und zwischen gewaltigen Crescendi des gesamten Orchesters majestätisch diese wundervolle Landschaft und die gewaltigen Eismassen charakterisiert. Im kleinen Scherzo ahmt Vaughan Williams mittels der Holzbläser watschelnde Pinguine nach und in dem gefühlvollem vierten Satz werden durch ein sehr einfühlsames Thema die Emotionen der Polarforscher charakterisiert, bevor erneut die erbarmungslose Kälte einsetzt und diese Symphonie still und leise verklingt und den Zuhörer mit einem leichten Schaudern entlässt.

CD 7 beginnt mit einer Suite, die Vaughan Williams aus einer ehemaligen Bühnenmusik zu dem Stück The Wasps 1909 arrangierte. Das Stück handelt von Richtern in der Antike, die nach Stunden bezahlt werden und daher endlos belanglose Fälle diskutieren, um mehr Geld zu bekommen. Die Suite zu The Wasps ist ein herrliches Stück. 25 Minuten fährt Vaughan Williams alle möglichen Stilismen auf, um keine einzige Sekunde Langeweile aufkommen zu lassen. So beginnt die Ouvertüre mit einem langen Triller in den Streichern und Hörnern, um die Richter mit ihrem insektenem Equivalent darzustellen, bevor ein äußerst heiteres Thema einsetzt. Sämtliche Themen stammen zwar aus der Feder Vaughan Williams, zeigen aber auch den starken Einfluss der folkloristischen Lieder auf, die der leidenschaftliche Volksmusikliebhaber über Jahre hinweg sammelte. Als Gegensatz zu dem heiteren Hauptthema der Ouvertüre komponierte Vuaghan Williams ein sehr zartes und spätromantisches Thema, bevor wieder das heitere einsetzt und den ersten Satz der Suite zu einem furiosen Finale geleitet. Auch in den folgenden vier kürzeren Sätzen spielt Vaughan Williams mit musikalischer Ironie wie dem erhabenen Pomp des vierten Satzes oder des humoristisch-folkloristischen Anstrichs des dritten Satzes. Insgesamt dürfte besonders die Ouvertüre zu den beliebtesten Orchesterstücken Vaughan Williams zählen, doch auch die anderen Sätze stehen dieser in nichts nach und sollten unbedingt gehört werden.

Als kleiner Lückenfüller dient die Kopplung Präludium und Fuge in c-moll für Orchester von 1921, bevor die letzte halbe Stunde dieser CD von dem Klavierkonzert in C-Dur (1926-31) bestritten wird. Hierbei handelt es sich um ein äußerst furioses und interessantes Werk bei dem das Klavier sehr perkussiv eingesetzt wird. Schon gleich zu Beginn stürmen einem gewaltige Akkorde des Klaviers mit schwerer Orchesterunterstützung entgegen, bevor sich ein leicht folkloristisch angehauchtes Thema im Orchester etwas Platz verschafft, aber von einer gewaltigen Kadenz wieder verdrängt wird. Der zweite Satz ist das Kernstück des Konzerts und basiert auf einem Thema des englischen Komponisten Arnold Bax. Hier schimmert auch deutlich Vaughan Williams impressionistische Seite entgegen und man spürt deutlich den Einfluss, den das wenn auch recht kurze Studium bei Ravel auf den Komponisten hatte. Wieder ohne Pause leitet das Blech kräftig das chromatische Thema des dritten Satzes ein, das vom Klavier sofort als Fuge weitergeführt und schließlich auch vom Orchester übernommen wird. Der schonungslose Charakter des Themas wird besonders durch die scharfe Spielweise des Pianisten und die heftig gezupften Streicher hervorgehoben, bis das Thema dann als schwungvoller Walzer erklingt und die Musik plötzlich viel ruhiger wird und das Klavier glöckchenhafte Akkorde spielt, bevor die Musik im Nichts verschwindet.

Hindemith sowie Bartok waren von dem Stück sehr angetan und tatsächlich handelt es sich bei dem Klavierkonzert um ein furioses und schonungsloses Stück, das seiner Dicke sehr facettenreich aufgebaut ist und ein unterhaltsames Hörvergnügen garantiert.

CD 8 eröffnet nochmals mit dem Klavierkonzert in C-Dur, dieses Mal allerdings in der Fassung für Orchester und zwei Klaviere aus dem Jahre 1946, da wohlmeinende Freunde und Kollegen Vaughan Williams ihm wegen der enormen Herausforderung des Soloparts dazu rieten. Die Form oder den Ablauf des Stücks beeinträchtigte diese Umarbeitung allerdings in keinster Weise, sodass beide Versionen definitiv zu empfehlen sind. In der zweiten Version ist der Klavierpart interessanterweise nicht noch viel dicker als der ohnehin schon fett gesetzte Part der ersten Fassung.

Die zweite Hälfte der CD wird von einem weiteren wichtigen Werk dieser Periode bestritten: Job: A Masque for Dancing (1930). Hierbei handelt es sich um eine Ballettmusik zu einer Choreographie basierend auf der biblischen Geschichte um Hiob und um das erste komplett britische Ballett überhaupt. Ursprünglich sollte ja der pariser Impressario Sergei Pavlovich Diaghilev, der auch viel mit Strawinsky zusammen gearbeitet hatte, das Projekt übernehmen, doch der lehnte ab. Allerdings hatte Vaughan Williams die Musik schon für das Pariser Ballett konzipiert, sodass das Orchester viel zu groß für den Orchestergraben des schließlich gewählten Hauses besetzt war, sodass es zu einer konzertanten Uraufführung der Musik kam. Die Musik dauert gut eine Dreiviertelstunde und bildet ein stilistisches Bindeglied zwischen den früheren lyrischen Werken zu der gewaltigen vierten Symphonie, die ja im selben Zeitraum entstand. Besonders interessant sind hier die grotesken Sätze Satans Dance of Triumph mit dem makabren Spiel des Xylophons oder das fanfarenreiche und pompöse Stück Gilliard of the sons of the morning. Insgesamt zeigt sich hier ein sehr vielschichtiges Werk, das von der lyrischen bis zur brutal-grotesken Klangpallette alles enthält und eines der interessantesten und vielseitigsten Orchesterwerke in Vaughan Williams Schaffen überhaupt sein dürfte.

CD 9 eröffnet wieder mit der Serenade to Music, dieses Mal in der ursprünglichen Besetzung mit 16 Gesangssolisten.

Als weiteres folgt die English Folk Song Suite, wohl eines der bekanntesten Werke Vaughan Williams überhaupt, die 1923 ursprünglich für Blasorchester geschrieben wurde und ein Jahr später orchestriert wurde. Die orchestrale Fassung dürfte auch bekannter sein als die Blasorchesterversion, obwohl allerdings die erste Fassung zum Standartrepertoire eines jeden Blasorchesters zählen dürfte. Der langsamere und pastorale zweite Satz basiert auf dem Song My Sonny Boy und wird von dem heiteren und belebten ersten Satz sowie dem fast schon pompösen Finale, basierend auf diversen Folksongs aus Sommerset, eingerahmt. Ein wirklich tolles Moment in dieser ohnehin sehr nett anzuhörenden Suite ist der zweite Abschnitt des ersten Satzes, als das Blech die Melodie äußerst kräftig intoniert und die Holzbläser und Streicher einen furiosen und wundervollen Kontrapunkt entgegenspielen.

Es folgt die Norfolk Rhapsodie Nr.1 von 1906, auf die noch zwei weitere folgen sollten, von denen aber die dritte verschollen ist und die zweite nie aufgenommen wurde. Wie dem auch sei, die erste ist ein sehr tonmalerisches Werk, das dem Zuhörer die pastorale Landschaft Englands vor das geistige Auge ruft. Eröffnet von einem wundervollem und zerbrechlichen Motiv der Violinen und des Holz, gepaart mit den gezupften tiefen Streichern in einem typischen Vaughan Williamschen Gestus kristallisiert sich langsam ein weiteres schwelgerisches Thema hervor, bevor das Orchester einen heiteren folkloristischen Jig anstimmt. Hier fallen alle Instrumente in den schnellen Rhythmus und die belebte Melodie ein, bevor die Musik langsam abklingt und sich wieder das sehr ruhige Anfangsmotiv hervorschält und dieses wundervolle Stück beschließt.

Als nächstes folgt die Fantasia on Greensleeves 1934 und wirklich jeder dürfte das Volkslied kennen, auf dem dieses Stück basiert. Vaughan Williams verwendete diese Melodie vorher schon in einer Schlüsselszene in seiner Oper Sir John in Love und theoretisch stellt die hier zu Gehör gebrachte Version eine erweiterte Fassung eines Zwischenspiels dieser Oper dar. Dieses Arrangement ist zwar nichts Besonderes, aber trotzdem schafft Vaughan Williams es, dass uns diese altbekannte Melodie in diesem schwelgerisch-elegischen Gewand voll satter Streicherklänge und sanfter Harfenarpeggien wieder in ihren Bann zieht. Dieses Werk ist ein fantastisches Beipsiel für die Rückbesinnung des Komponisten auf lyrische auf Volksweisen basierende Klänge nach der aufreibenden Periode der vierten Symphonie und des Klavierkonzerts.

Es folgt In the Fen Country (1904), ein weiteres frühes und recht unbekanntes Werk, das eben jene Landschaft beschreibt und vom Charakter und Gestus sehr der zwei Jahre später entstandenen Norfolk Rhapsodie ähnelt. Hier eröffnet Vaughan Williams Lieblingsinstrument, die Solo-Viola das Stück und langsam steigen die anderen Instrumente mit ein. Ein sehr fließendes Stück von sehr pastoralem Charakter und 100% früher Vaughan Williams.

Den Abschluss bildet ein weiteres recht populäres Werk Vaughan Williams: The Lark Ascending für kleines Orchester und Violine, die mit ihren leicht quirligen und zierlichen Motiven eine auffliegende Lerche beschreibt. Dieses Stück entstand 1914 und zeigt Vaughan Williams wahrscheinlich am deutlichsten von seiner impressionistischen Seite. Die zarten Themen der Violine basieren alle auf pentatonischen Leitern, was den impressionistischen Charakter weiter verstärkt. Hin und wieder schaltet sich die Klarinette mit einigen lyrischen wiederum sehr britisch klingenden Motiven ein, aber insgesamt ist der Charakter des Stücks sehr intim und niemals überschreitet Vaughan Williams hier weder im Orchester, noch in der Violine, die Grenzen eines gesunden Mezzo-Fortes.

CD 10 wird von einem weiteren Klassiker eröffnet: Fantasia on a Theme by Thomas Tallis. Dieses Stück entstand 1910 für doppeltes Streichorchester und Streichqaurtett und basiert auf einer Melodie Thomas Tallis (1505-1585). Vaughan Williams war ein großer Liebhaber der englischen Musik der Renaissance und speziell dieses Thema entfaltet in dem lyrisch-romantischem Gewand Vaughan Williams ein ungeahnte Kraft und Schönheit. Ganz zart beginnt der warme Klangteppich des Strichorchester, über den die Celli und Bässe das Thema erst zupfen, bis es dann schließlich voll und warm in den Violen und tiefen Violinen kommt, bis endlich das gesamte Orchester eine ausschweifende Interpretation vorträgt. Nach bereits fünf überwältigenden Minuten beginnt Vaughan Williams, mit dem Material zu spielen und lässt keine Möglichkeit aus, das Material zu variieren. Mal wird das Thema nur angerissen, mal werfen die unterschiedlichen Register es sich wie ein Ping-Pong-Ball zu, bevor das Thema jetzt noch einmal vom Streichquartett vorgetragen wird. Besonders diese wundervolle Melodie einmal in der Solovioline zu hören gleicht einer Offenbahrung, bevor die Musik noch einmal anschwillt und dann voll verklingt. Auszüge dieses Werks sind übrigens in dem Film Master and Commander zu hören.

Die darauf folgenden Sea Songs schrieb Vaughan Williams 1923 für Blaskapelle als zweiten Satz der im gleichen Jahr entstandenen English Folksong Suite. Die Sea Songs basieren auf den drei Liedern Princess Royal, Admiral Benbow und Portsmouth und sind im Gegensatz zu der English Folksong Suite zu einem einzigen Satz zusammengefasst, der auch einen deutlicheren Marschcharakter aufweist. 1950 wurde der mittlere Portsmouth von der BBC adaptation von Billy Bunter verwendet und erfreute sich daher in England großer Beliebtheit. Wie die Folksong-Suite wurde auch dieses Werk ein Jahr später vom Komponisten orchestriert.

Als weiteres folgt die originale Fassung der English Folksong Suite für Blasorchester und als nächstes hören wir die Vorspannmusik zu dem Film Dawn Patrol. Vaughan Williams komponierte hier einen sehr nobel klingenden und getragenen Satz, während dessen Verlauf die Besetzung immer mehr anschwillt und das Stück schließlich feierlich endet. Besonders der noble Charakter und die farbige Intsrumentierung machen dieses Stück zu einem Leckerbissen und Lust auf die komplette Filmmusik.

Die folgenden drei Stücke sind nicht nur im gesamten Schaffen besonders, sondern in der Musikgeschichte allgemein. Da wäre zum ersten das Concerto Grosso aus dem Jahre 1950, in dem das Streichorchester in drei Gruppen aufgeteilt ist: Profis, Fortgeschrittene und Anfänger. Das Stück besteht aus fünf Sätzen, in denen die jeweiligen Gruppen im Fordergrund stehen. Der erste Satz, der auch als Reprise die zweite Hälfte des letzten Satzes bestreitet, ist ein sehr voller und dramatischer Satz, während in dem tänzerischen zweiten Satz das Thema fast nur aus Quarten besteht, die die Anfänger auf den in Quarten gestimmten Instrumenten spielen können, ohne greifen zu müssen, also leere Saiten streichen. Der dritte Satz basiert auf der Tanzform der Sarabande, die im Dreivierteltakt steht und die Betonung nicht wie beim Walzer auf der ersten, sondern der zweiten Zählzeit liegt. Das kurze lyrische Scherzo bildet den kürzesten Satz des Stücks, bevor das Finale vom gleichen Charakter wie der Intrada dieses Werk beschließt.

Die Romance ist wahrlich ein Sonderling, denn Vaughan Williams setzte dieses Stück für Streichorchester, Klavier und Mundharmonika! Über die breiten seichten Streicherteppiche intoniert die Mundharmonika fast alle Melodien des Werks und verleiht dem Klang einen gewissen pastoralen, aber auch sehr merkwürdigen und teilweise befremdlichen Charakter. Da das Stück 1951 entstand könnte man meinen, dieses Stück sei das Werk eines alten spleenigen Komponisten, aber tatsächlich bieten diese rund sechs Minuten Musik viel mehr als das.

Das Konzert für Tuba und Orchesterist in Hinblick auf die Besetzung mittlerweile längst kein Einzelfall mehr, war wurde aber nach der Entstehung und Uraufführung im Jahre 1954 Vaughan Williams nahezu populärstes Stück der damaligen Zeit und bildet auch heute noch einen wichtigen Bestandteil im Repertoire eines Tubisten. Schon die ersten Takte mit dem markanten Marschrhythmus und der dahintrottenden Tuba sind ein wahrer Ohrenschmaus und auch die restlichen 15 Minuten stehen dem Einfallsreichtum anderer Werke in nichts nach im Gegenteil. Vaughan Williams erweist sich hier als Kenner des Instruments und kitzelt die interessantesten Sachen aus diesem oft für plump gehaltenem Instrument. Ein spaßiges und dennoch unglaublich interessantes Werk.

CD 11 eröffnet mit der instrumentalen Fassung der Serenade to music. Dem aufmerksamen Hörer wird wahrscheinlich auffallen, dass Vaughan Williams in der Mitte ungefähr zwei Minuten strich, die ohne den variierenden Text nur orchestral redundant erscheinen könnten. Ansonsten hört man hier eine Karaokeversion der vokalen Fassungen.

Als nächstes folgt die recht unterhaltsame Ouvertüre zu der The Poisened Kiss, die bisher noch nicht vollständig aufgenommen wurde, aber die sechsminütige Ouvertüre verspricht immerhin ein recht unterhaltsames Hören mit groß orchestral besetzten leicht folkloristisch angehauchten Themen.

Es folgt eine Suite, die Vaughan Williams aus der Ballettmusik zu dem Stück Old King Cole 1923 anfertigte und entsprechend der ersten Schaffensperiode wird man mit reichhaltigem Material englischer Volksweisen in typisch Vaughan Williamschen Gewand bedient. Nicht so fetzig wie die Folksong-Suite oder The Wasps, aber immer noch sehr nett.

Es folgen die Five mystical Songsaus den Jahren 1906-1911. Die Texte sind der Sammlung The temple: Sacred Poems von Geroge Herbert aus dem Jahre 1633 entnommen und von spirituellem Inhalt. Vaughan Williams arrangierte mehrere Fassungen, die auf der CD enthaltenen ist die für Bariton, gemischten Chor und Orchester. In den ersten vier Liedern steht die Solostimme im Mittelpunkt und hin und wieder verleiht der Chor mit einigen Wiederholungen der zuletzt gesungenen Worte eine sakrale oder mystische Stimmung. Besonders deutlich wird das im letzten Drittel des sehr meditativen Love bade me wolcome oder I got me flowers. Der Liedzyklus schließt allerdings mit einem triumphalen Finalsatz für Chor und Orchester ohne Solostimme, dessen Text auf dem Lobllied Aniphon basiert.

Das Prelude on an old carol tune ist ein nettes Arrangement einer alten weihnachtlichen Weise für volles Orchester. Schon zu Beginn eröffnen die Streicher mit einer satten Interpretation, bevor das ganze Orchester inklusive Paukenwirbel voll einsteigt und die Musik plötzlich ganz zurückfährt und nur die Klarinette mit den gepizzten Bässen das Thema noch einmal spielt. Schließlich beginnt Vaughan Williams, das Material zu variieren und lässt dabei keines seiner typischen Markenzeichen aus: der klare souveräne Stil zieht sich durch alle Stimmen, mal schimmert das Thema hier und dort fragmentarisch durch bevor das Blech die Führung übernimmt und das Stück zu einem noblen Abschluss mit einer vollen Interpretation des Themas leitet.

The Running Set schrieb Vaughan Williams 1933 für das 1934 National Folk Dance Festival und verarbeitete hier die Volksweisen Barrack Hill, The Blackthorn Stick, Irish Reel, und Cock o' the North. Insgesamt ist diese Suite ein äußerst unterhaltsames Stück Musik für volles Orchester voller Schwung und Energie. Besonders hervorstechend ist in diesem Volkslied-Arrangement des Komponisten die sehr präsente kleine Trommel, die dem ganzen Stück zusätzlich rhythmische Kraft verleiht.

Die Vorspannmusik zu The 49th Parallel ist die erste Filmmusik, die Vaughan Williams schrieb, auf die aber noch weitere folgen sollten, obwohl Vaughan Williams zur Entstehung der Musik im Jahre 1940 bereits 68 Jahre alt war. Der Film war ein Propagandafilm, um auch in Amerika Stimmung gegen die Nazis zu machen und so kommt die Vorspannmusik sehr patritosch und nobel daher, repräsentiert sie doch den heldenhaften Kampf gegen eine durch Kanada fliehende deutsche U-Bootbesatzung.

Den Abschluss bilden die Sea Songs, dieses Mal in der Orchesterfassung.

CD 12 eröffnet mit den 1957 entstandenen Variations for orchestra, die ursprünglich für Blasorchesterbesetzung gedacht waren und 1960 von Jacob Gorden für volles Symphonieorchester instrumentiert wurden. Insgesamt besteht dieses selten zu Gehör gebrachte Stück aus elf Variationen über ein Thema von Vaughan Williams selbst und bildet gerade in Anbetracht der ursprünglichen Idee ein spannendes Hörerlebnis, da das Thema in der gesamten Bandbreite des Orchester, aber besonders auch der Wandlungsfähigkeit des Komponisten variiert wird.

Die 1920 entstandenen Preludes on Welsh Hymn Tunes basieren auf den Melodien zu Bryn Calfaria, Rhosymedre und Hyfrydol und waren eigentlich für die Orgel komponiert, doch hier hört man die letzten beiden Themen in einem Arrangement für Streichorchester. Besonders Rhosymedre dürfte sich ob seines wenn auch glatten aber sehr lieblichen Charakters größerer Beliebtheit bei einem Konzert erfreuen, während Hyfrydol weniger elegisch oder hymnisch denn kräftig und fast brachial daherkommt.

Das String Quartet in g-minor entstand 1908 und spiegelt wieder deutlich Ravels Einfluss auf den Komponisten in der damaligen Zeit wider. Trotzdem verliert Vaughan Williams seine britischen Wurzeln nicht, sodass nach dem längeren ersten Satz mit deutlich impressionistischem Anstrich ein zweiter schneller Satz mit an englische Volksweisen angelehnten Themen erklingt. Nach einem sehr getragenen dritten Satz überrascht Vaughan Williams noch einmal mit einem furiosen Finalsatz, in dem er beide Elemente im Gleichgewicht vereint. Besonders interessant hier auch der pulsierende Rhythmus des Cellos über weite Strecken des letzten Satzes.

CD 13 enthält die wichtigsten kammermusikalischen Werke des Komponisten und eröffnet mit der Violinsonate in a-moll aus dem Jahre 1954 und sofort erkennt man hier den späten Vaughan Williams, der dem Instrument wirklich alle Stimmungen zu entlocken vermag von furioser Virtuosität im ersten Satz zu elegischer Schönheit im zweiten langsamen Satz bis zum interessant gestalteten Variationssatz, in dem das Klavier das Thema erst in der tiefsten Lage spielt, bevor die Violine es jeweils aufgreift und weiter entwickelt. Ein wirklich spannendes Werk mit dem melodischen Fluss der Romanze.

Es folgt das Phantasy Quinett für Streichquartett mit zwei Violen aus der frühen Phase Vaughan Williams nämlich 1912 und auch hier zeigen sich noch wie beim Streichqauertett deutliche impressionistische Enflüsse, die mit denn typisch folkloristischen Elementen gekonnt ausbalanciert wurden. Das Streichquintett gilt als eins der frühen Meisterwerke Vaughan Williams und ist definitiv hörenswert.

Es folgen Six Studies in English Folksongs aus dem Jahre 1926 für Cello und Klavier, basierend auf den Melodien zu Lovely on the water, Spurn Point, Van Diemans Land, She borrowed some of her mothers gold, The Lady and the Dragon sowie As I walked over London Bridge. Vaughan Williams wählte diese sechs Lieder aus, weil er wollte, dass sie Mit Liebe behandelt werden und ging bei dem Arrangement immer gleich vor. So hört man zuerst die Melodie in dem Cello bis das Klavier übernimmt und die Weise voll ausspielt und das Cello nun die Melodie sanft umspielt. Ein sehr intimes und recht einfach gehaltenes Stück Musik, aber dennoch ungeheuer wirkungsvoll.

Die CD wird beschlossen von dem String Quartet in a-minor, welches in den Jahren 1942-44 entstand und somit genau in die Entstehungszeit der sanften und zurückhaltenden fünften Symphonie fällt. Und tatsächlich dominiert auch in diesem Werk die Überlappung simpler Motive zu komplexen Klangteppichen, allerdings ist dieses Quartett noch von eine ruppigeren Gesuts als die Symphonie, denn hier schwingt noch die Aggressivität der vorherigen Schaffensperiode mit.

CD 14 beginnt mit Toward the Unknown Region, basierend auf einem Text von Walt Whitman und ist ein Lied für gemischten Chor und Orchester und tatsächlich hat man es in Anbetracht der Form und des Gestus mit einem überdimensionalen Lied zu tun. Das Entstehungsjahr ist 1906 und liegt somit dicht an der Entstehung der ersten Symphonie, bei der sich Vaughan Williams ja ebenfalls auf Texte aus der Feder Whitmans stützt. Williams lässt Chor und Orchester recht sparsam agieren und stellt so treffend die Ungewissheit des lyrischen Ichs da, das sich in unbekannte Gefilde begibt, wo nichts Stoffliches und Menschliches zu finden sein wird. Erst in der zweiten Hälfte zeigt sich eine gewisse Zuversicht, die sich auch in dem dynamischen Anstieg widerspiegelt.

Auch die folgende Kantate Dona Nobis Pacem für Chor, großes Orchester und Sopran- sowie Bariton-Solo basiert unter Anderem auf Texten Whitmans. Dieses Werk entstand 1936 im Angesicht eines weiteren großen Krieges und der Inhalt der halbstündigen Kantate stellt im Großen und Ganzen nichts weiter als einen Schrei nach Frieden dar. Das Werk beginnt mit sanften und zarten Tönen, über die die Sopranistin die letzte Strophe der katholischen Messfeier intoniert, bevor das ganze Orchester gewaltsam zu einem brutalen Marsch aufbricht und der Chor mit dem Gedicht Beat! Beat! Drums!. Der Krieg zieht ein, sein Marsch dringt in jedes Fenster und über jedes Feld, der Friede ist vorerst verloren. Der dritte Satz verwendet ein weiteres Gedicht Walt Whitmans und beschreibt die Trauer um den verlorenen Frieden. Besonders die letzten Minuten, in denen der Chor den Sologesang des Baritons aufgreift und der Sopran hererweichend wieder die katholische Messe intoniert, lassen einem einen kalten Schauer über den Rücken huschen. Als nächstes folgt ein düsterer und schwerer, sehr sparsam orchestrierter Trauermarsch, in dem der Chor einem gefallenem Vater und dessen Sohn das letzte Geleit geben. Fast schon schaurig ist es, wenn Williams bei den Worten dropped together mit einem dumpfen Schlag der großen Trommel den Aufprall der beiden Leichen in ein Doppelgrab beschreibt. Der fünfte Satz beginnt wieder mit dem Bariton, der nun einen Auszug aus der Rede John Brights singt, mit der Bright versuchte, den Krimkrieg abzuwenden. Außerdem enthält der Text Zitate aus dem Buch Jeremias, bevor der Chor und der Sopran wieder mit Dona nobis pacem einstimmen und die Kantate schließlich zu einem triumphalen Finale führen mit vollem Chor und Orchester. Der Text des Finales enthält eine kurze Zusammenfassung des englischen Glorias, bevor das Werk letztendlich wieder mit dem sphärischen Gesang des Soprans leise ausklingt. Dieses Werk wurde von Vaughan Williams selbst als eine seiner besten Arbeit im Bereich der Kantaten bezeichnet und tatsächlich, Dona nobis pacem stellt nicht nur in dieser Box, sondern dem gesamten Schaffen Vaughan Williams einen absoluten Höhepunkt dar!

Die Fantasia on the old 104th Psalm tune stammt aus dem Jahre 1949 und stellt das Klavier als Soloinstrument in den Mittelpunkt. Nach einer kurzen Einleitung des Orchesters folgt eine lange rasende Kadenz des Klaviers, die den Zuhörer schnell an das furiose Klavierkonzert in C-Dur denken lässt, bevor sich aus den stampfenden Rhythmen, der ewig oktavierten Akkorde und der teils wirren Stimmen langsam die besagte Melodie herauskristallisiert und das Orchester später sogar noch mit Chor einsteigt, bevor wieder das Klavier, nun mit teilweiser Unterstützung des Orchesters, virtuos diese Melodie variiert und das Werk schließlich nach 14 Minuten mit einer triumphalen pompösen Darbietung der Melodie des Orchesters mit Chor beschließt.

Abgeschlossen wird diese CD von dem Magnificat aus dem Jahre 1932 für Altsolo, Frauenchor und Orchester. Besonders interessant ist hier der Einsatz der Flöte als ungreifbare Charakterisierung des heiligen Geistes. Das Werk zeigt deutliche Einflüsse Gustav Holsts, der einige Monate vor Entstehung des Werks gestorben war und dessen Tod Vaughan Williams wahrscheinlich nie ganz überwand, sodass es besonders hier den Anschein hat, als ob Vaughan Williams Holst durch den Einsatz dessen musikalischer Mittel weiter am Leben erhalten.

CD 15 wird von der Oxford Elegy aus den Jahren 1947-49 eröffnet und wurde für Chor, Orchester und Sprechstimme, deren Texte auf den zwei Gedichten The Scholar-Gipsy und Thyrsis von Matthew Arnold basieren, die von einem Oxfordstudenten handeln, der sich einer Gruppe Zigeuner anschloss, handeln. Das Orchester untermalt den gelesenen Text superb und ist dabei sehr athmosphärisch-zurückhaltend und keinesfalls aufdringlich. Wichtige Momente werden von dem Chor wie ein Windhauch noch einmal wiederholt.

Es folgt die Whitsunday Hymn, die dem Zyklus Three Chorasl Hymns aus dem Jahre 1929 entnommen ist. Hierbei handelt es sich um ein sehr ruhiges atmosphärisches Stück für gemischten Chor und Tenorsolo. Hier geht Vaughan Williams sehr typisch wie schon beispielsweise in den Six Studies on English Folg Songs vor, sodass der Tenor zu Beginn die Strophe singt und der Chor stimmungsvolles Hallelujah einwirft, bevor Vaughan Williams die Rollen vertauscht und in der zweiten Hälfte der Chor die Strophen singt und der Tenor mit einem sanglichen Hallelujah einfällt.

Als nächstes folgt Flos Campi aus dem Jahre 1925 für Solo-Viola, Chor und vokalisierenden Chor. Das Stück ist der Entstehungszeit entsprechend von sehr pastoral-lyrischem Charakter. Der lateinische Text bedeutet soviel wie Blumen auf dem Feld und auch die sechs einzelnen Sätze dieser Suite wurden mit lateinischen wurden mit lateinischen Begriffen übertitelt, die wie später in der siebten Symphonie ebenfalls in den Pausen zwischen den Sätzen von einem Sprecher gelesen werden sollten. Das Stück selbst soll allerdings keinem festen Programm folgen. Besonders interessant sind schon die ersten Takte für die Solo-Viola und die Oboe, denn der Dialog dieser beiden Instrumente ist bitonal, das bedeutet, dass die Stimmen der beiden Instrumente in jeweils einer anderen Tonart stehen.

Den Abschluss macht das Oratorium Sancta Civitas aus den Jahren 1923-25. Wie in fast allen geistlichen Werken verzichtet Vaughan Williams auch hier auf folkloristische Einsprengsel, sondern setzt auf die Klanggewalt des großen Orchesters mit Orgel, insgesamt drei Chören und Solostimmen (Tenor und Bariton). Vaughan Williams bezeichnete dieses Werk gerne als sein Meisterstück im Bereich der geistlich-choralen Musik und tatsächlich fährt der Komponist hier einen riesigen Apparat auf, um innerhalb einer guten halben Stunde die Zerstörung Babylons durch die himmlischen Heerscharen und die Errichtung der heiligen Stadt zu schildern. Schon der sehr leise Anfang zieht einen sofort in den Bann. Hier singt der Tenor, wie er aus weiter Entfernung Stimmen hört, die den Herren preisen und sofort hört den in der Ferne aufgestellten Chor mit Allelujah einstimmen. Schließlich nimmt der Chorgesang die Überhand und plötzlich bricht das Orchester mit aller Gewalt los, als die himmlischen Heerscharen die Stadt Babylon stürmen. Dann verstummt die Musik fast und der Untergang Babylons wird von den reinen Knabenstimmen verkündet, bevor die Chöre und das Orchester die heilige Stadt schildern und das Oratorium in einem Triumph endet.

CD 16 eröffnet mit einem weiterem absoluten Höhepunkt: Five Tudor Portraits! Vaughan Williams schrieb dieses Werk 1936 für das Norwich Festival. Ich denke, die Leute erwarten so etwas wie O Praise the Lord, soll der Komponist gesagt haben, aber ich habe ihnen die Five Tudor Portraits geschickt. Die Texte für dieses Werk wurden Balladen John Skeltons (1460-1529), der ein Hofdichter König Heinrichs des VIII., dessen teils sarkastische und ungeschönten Verse einige Zuhörer verwirrt haben könnten. Die Suite wurde für Orchester, Chor sowie Mezzosopran und Bariton geschrieben und eröffnet mit Ballad: The Tunning of Elinor Rummingeinem, bravurösen Stück voller choraler Kontrapunkte und hüpfender Rhythmen, das die gehobene Stimmung in einem Wirtshaus beschreibt, bevor der Bariton in Pretty Bess seine innigste Liebe für eine hübsche Frau voll zum Ausdruck bringen darf und vom Männerchor voll unterstützt wird. Dieser Satz zeichnet sich durch seine wundervolle Lyrik und Eleganz aus und bildet somit den perfekten Gegensatz zum darauf folgendem Burlesca: Epitaph on John Jaybeard of Diss nur für Chor und Orchester, in dem eine unbeliebte Person geschildert wird. Schließlich folgt das Herzstück der Suite und Vaughan Williams längster einzelner Satz überhaupt. In Jane Scroop (Her Lament for Philip Sparrow) trauert die Mezzosopranistin über ihren Spatz, der von einer Katze gefressen wurde. Hier wendet Vaughan Williams sämtliche orchestrale Raffinessen an, um den Vogel bei der Schmetterlingsjagd, den Schmerz des Mädchens und die tiefe Trauer zu beschreiben. Besonders in den Holzbläsern hört man immer wieder einige Vogelmotive aufblitzen und die letzten fünf Minuten mit dem zurückhaltenden aber vollem Frauenchor, der das Requiem für den Piepmatz beschließt, gehören zu dem gefühlvollsten und ergreifendsten, was Vaughan Williams je geschrieben haben dürfte. Die Suite beschließt mit Jolly Rutterkin, der heiteren und lebensfrohen Beschreibung eines Vagabunden, die von dem gemischten Chor und dem Orchester vorgetragen wird. Insgesamt sind die eben beschriebenen 50 Minuten Musik ein fantastisches Hörerlebnis mit einer sonst ungehörten emotionalen Bandbreite und musikalischen Raffinesse. Leider wird dieses Stück kaum bis nie aufgeführt und ist somit leider sehr unbekannt, da besonders die sehr langen Pausen für Teile des Chors für Laienchöre einfach ungeeignet sein dürften. Gott sei Dank gibt es hier eine Aufnahme, die dieses Meisterstück für uns zugänglich macht.

Es folgt Benedicte aus dem Jahre 1929 für Sopran, Chor und Orchester. Dieses Werk reicht zwar nicht an die ganz großen Würfe wie die Sancta Civitas heran, ist aber trotzdem ein weiteres großes Stück Kirchenmusik voller Feierlichkeit und Kraft.

Abgeschlossen wird die CD von den Fünf Variationen über Dives and Lazarus für Streichorchester und Harfe, die Vaughan Williams 1939 für die Weltausstellung in New York schrieb. Das Stück basiert auf der Volksweise Dives and Lazarus, die in unterschiedlichen Regionen unter jeweils anderem Titel bekannt ist. Dieses Stück wird oft in einem Atemzug mit der Fantasia on a theme by Thomas Tallis genannt, da es in Hinblick auf den lyrisch-folkloristischen Charakter sowie die weit ausschweifenden Klänge große Ähnlichkeit mit der Fatasia aufweist.

CD 17 ist den beiden großen weihnachtlichen Werken des Komponisten gewidmet und eröffnet so mit der Fantasia on Christmas Carols aus dem Jahre 1912 für Bariton, Chor und in diesem Falle Streicher und Orgel. Hier verarbeitet Vaughan Williams die Volksweisen The Truth Sent From Above, On Christmas Night All Christians Sing sowie Come All You Worthy Gentlemen. In dem Orchester wird außerdem noch unter Anderem The First Nowell zitiert. Insgesamt hat dieses Frühwerk einen sehr feierlichen Charakter. In dieser Fassung für Streicher und Orgel wird der Suite auch noch ein sehr geistlicher Anstrich verliehen.

Es folgt dem fast einstündigen Oratoirum Hodie A Christmas Kantata aus dem Jahre 1954 für Chor, Knabenchor, Orgel, großes Orchester sowie Solotenor, -bariton, und sopran und ist außerdem das letzte große Werk für Chor und Orchester. In Hodie spiegeln sich nahezu alle charakteristischen Merkmale Vaughan Williams wider mit der ungeschönten Kraft des Chors im Zusammenspiel mit dem Orchester, dem sehr lyrischen und eleganten Einsatz der Solisten und des Knabenchors sowie die trotz des ausladenden Charakters der Besetzung sehr klare und souveräne Stimmführung. Die Texte sind wieder sehr abwechslungsreich gewählt, sodass der Knabenchor die Schilderung des heiligen Bands übernimmt und sich mit den Solisten abwechselt, die die jeweilige Stimmung beschreiben. Hierfür bediente sich Vaughan Williams an Texten Martin Luthers bis hin zu Gedichten John Miltons und auch seine spätere Ehefrau Ursula Wood steuerte einige Zeilen für den Marsch der heiligen drei Könige bei. Insgesamt also ein sehr stimmungsvolles Werk, das einem einen sehr feierlichen und reichhaltigen Überblick über das Schaffen Vaughan Williams ermöglicht.

Auf CD 18 schwingt noch etwas Weihnachtsstimmung nach, denn hier ist als Erstes die Fantasia on Christmas Carols in der ursprünglichen Fassung für großes Orchester vertreten und wird von einem weiteren Weihnachtslied untersttützt, dem fröhlichen Yorkshire Wassail-Song in einem heiteren Chorarrangement ganz im Stil der anderen Volksliedarrangements für Vokalensemble.

Als nächstes folgt die Suite In Windsor Forest für Chor, Solostimme und Orchester. Hier arrangierte Vaughan Williams 1929 sechs Gesangsnummern aus der sehr solistischen Oper Sir John in Love für gemischten Chor und Orchester. Wer also mit dem klassischen Gesang per se nichts anfangen kann und darum keine Opern hört kann hier einige Auszüge in größerem Gewand genießen.

Es folgt der frühe Liedzyklus Songs of Travel aus dem Jahre 1904 in der späteren Fassung für Bariton und Orchester basierend auf Gedichten von Robert Luis Stevenson, die wie der Titel schon sagt aus dem Leben eines Reisenden erzählen. Das rund 20 minütige Werk eröffnet mit den klaren rhythmisch gezupften Bässen, die die Schritte des Vagabunden markieren, der im ersten Lied um nichts weiter bittet als die Straße vor ihm und die Natur um ihn herum. Im zweiten Lied Let beatuy awake lässt Vaughan Williams eben jene in der Natur gespiegelten Schönheit auch in den zarten Klängen der Streicher und der Harfe erklingen und es ist beeindruckend, wie der noch sehr frische Komponist es vermag, solch warme und ergreifende Klänge zu kreieren. In dem dritten Lied The Roadside Fire verspricht das lyrische Ich seiner Geliebten das Blaue vom Himmel und die Musik spiegelt mit flottem Schwung und quirligen Holzbläsern die Zuversicht des Liebenden wider. Das Thema aus The Roadside Fire kehrt im darauf folgenden Lied Youth and Love in einer schwelgerischen Variation für die Streicher zurück, bevor das melancholisch-düstere In Dreams schon fast wie eine britische Antwort auf die Mahlerschen Rückert-Lieder erscheint. Auch die folgenden beiden Lieder The Infinite Dreams und Wither Must I Wander, in dem das lyrische Ich hungrig und obdachlos durch die Welt streift sind noch von dem lyisch-düsternem Gestus der spätromantischen Lieder durchflochten. Bright ist he ring of words ist hingegen von sehr optimistischem Charakter mit der Blechfanfare zu Beginn und der schon fast hymnenartigen Melodie, bevor die zweite Strophe etwas zurückhaltender und nachdenklicher orchestriert wurde. Schließlich erinnert sich der Vagabund in dem abschließenden Lied I Have Trod the Upward and the Downward Slope an die Freuden und Leiden seines abenteuerlichen Lebens und der Liedzyklus endet mit dem sanften Ausklingen der Streicher.

Als nächstes folgt der Liedzyklus On Wenlock Edge aus dem Jahre 1909 ebenfalls in der nachträglich orchestrierten Fassung für Bariton Solo und Orchester basierend auf Texten von Alfred Edward Housman. Das erste Lied beschreibt die 15 Meilen lange Kopfsteinstraße Wenlock Edge, die damals von den Römern erbaut wurde. Im ersten Lied Wenlock Edge beschreibt Vaughan Williams den scharfen Wind, der durch die Wälder schneidet, mittels schnell tremolierender Streicher und sogar durch Einsatz einer Windmaschine. Das zweite Lied From far, eve and morning ist von sehr wehmütigem Charakter. Interessant ist auch das dritte Lied Is my team ploughing. Hier hält das längst verstorbene lyrische Ich einen Dialog mit einem alten noch lebenden Freund und fragt, ob seine Felder bestellt werden und seine Witwe sich nicht mehr in den Schlaf weinen muss. Der Freund antwortet zuversichtlich, dass die Felder noch immer gedeihen und die Frau wieder lachen kann. Als das lyrische Ich aber den Freund fragt, ob er selbst wieder ruhig schlafen kann, antwortet dieser, dass er endlich eine Frau gefunden hat. Diese ist allerdings Witwe und das lyrische Ich solle bloß nicht fragen, um wen es sich handelt Das vierte Lied Oh, when I was in love with you dauert nicht mal eine Minute und ist von keckem und verschmitztem Charakter, bevor das Lied Breedon Hill folgt. Mit einer Laufzeit von sieben Minuten ist Breedon Hill das längste der sechs Lieder. Vaughan Williams charakterisiert die entfernten Glockenklänge mittels Akkordschichtungen in den Holzbläsern und der Harfe, bevor die klare Kälte um die Weihnachtszeit durch hohe Streicher- und Celestaklänge beschrieben wird. Das letzte Lied Clun ist wieder von sehr romantisch-schwelgerischem Charakter und beschreibt mehrere Eckpunkte der Straße, bevor das Werk sanft verklingt.

CD 19 ist voll und ganz der geistlichen Chormusik gewidmet und wird von der fröhlichen Mottete O Clap Your Hands für Chor aus dem Jahre 1920 eröffnet, deren Text auf vier Versen des 47. Psalms basiert. Das Stück beginnt mit einer markanten Fanfare des Blechs, die sich in Variationen in dem gesamten Orchester über die gesamte Mottete zieht.

Die Messe in g-moll wurde ein Jahr später komponiert und ist entstand aus Vaughan Williams Liebe zu der alten englischen Musik, denn sie wurde in der Musiktradition der vorreformatorischen Schule für Chor und vier Solisten komponiert. Hierzu gehören der englische Diskant, eine Aneinanderreihung von Akkorden in der ersten Umkehrung oder die so genannten false relatons, wobei eine Note, die in einer Stimme erklingt, sofort in einer andere abgeändert wird und tatsächlich glaubt man hier eine altertümliche Messe zu hören. Von Vaughan Williams schimmert in diesem Werk allerdings kaum etwas hindurch und so kann man sich streiten, ob es sich hier um eine bloße Stilkopie oder um eine Verneigung eines Bewunderers vor der alten Tradition handelt.

Als nächstes folgen zwei Stücke für die Krönung Königin Elizabeths 1929. Zum einen handelt es sich dabei um eine Vertonung des 100. Psalmes All people that on earth do dwell. Das Stück beginnt mit einer pompösen eröffnet der Pauken und Trompeten, bevor die Orgel einsetzt und schließlich das gesamte Orchester einfällt. Nach einer kraftvollen Darbietung der ersten Strophe folgen eine etwas zurückhaltend instrumentierte zwei Strophen. Die dritte Strophe ist schließlich nur noch für den Chor gesetzt, über den die Trompete einen altertümlich anmutenden Kontrapunkt spielt. Die folgende Strophe wird sanft von den Streichern und Hörnern begleitet, bevor die Blechfanfare ein kraftvolles und majestätisches Finale einleitet.

Das andere Stück für die Krönungszeremonie überzeugt durch musikalische Schlichtheit und steht somit im krassen Gegensatz zu dem 100. Pslam. Bei O Taste and See handelt es sich um ein wundervolles Arrangement des 46. Psalms, das von der Orgel eröffnet wird. Der Knabensopran singt eine himmlische Melodie in die bald der ganze Chor sanft einfällt und den Sopran a capella bis zum Ende begleitet.

Als nächstes folgt das Te Deum aus dem Jahre 1928 für in einer Fassung für Chor und Orgel. Diese eröffnet auch den zuversichtlichen Chorgesang, dessen optimistischer Charakter sich duch das ganze Stück zieht.

For all the saints basiert auf den Harmonien des In sine nomine von Williams Walsham How und erklingt hier ebenfalls in einer Version für Chor und Orgel.

Es folgen die Three Preludes Found on Welsh Hymn Tunes, dieses Mal in der ursprünglichen Fassung für Orgel. Arrangements der letzten beiden Stücke für Streichorchester kann man auf CD 12 hören.

Thre Truth From Above wurde von Vaughan Williams schon in seiner Fantasia on Christmas Carols verwendet, erklingt aber nochmals in einer Fassung für a capella Chor. O Little Town of Bethlehem, Joseph and Mary und All in the morning sind ebenfalls traditionelle Weisen, hier harmonisiert von Vaughan Williams in einem Arrangement für Chor und Orgel.

Allelujah, Sing to Jesus basiert auf der walisischen Melodie Hyfrydol. Während Vaughan Williams die Melodie in seinen Three Preludes Found on Welsh Hymn Tunes verwendete, so harmonisierte er nun den Text neu.

Als nächstes folgt ein Arrangement des Pfingsthymnus Come Down O Lord, Divine, ebenfalls für Chor und Orgel.

Die CD schließt mit einer weiteren Fassung von All People That on Earth Do Dwell, dieses Mal für Blechbläserensemble, Orgel und Chor. Durch die starke schillerne Präsenz des Blechs wird der feierlich-pompöse Charakter des Arrangements weiter verstärkt.

CD 20 enthält einen weiteren Teil der Liedzyklen und beginnt mit Four Hymns, mit deren Komposition Vaughan Williams nach Fertigstellung der Five Mystical Songs begann und die er 1914 vollendete. Four Hymns wurde für Tenor, Klavier und Viola gesetzt und basiert auf Texten spirituellen Inhalts. Das erste Lied Lord, Come away wurde von Jeremy Taylor gedichtet und zeichnet sich durch die enge Verbindung des Textes mit den musikalischen Ausdrucksmitteln aus. In Who Is This Fair One? (Isaac Whatts) treten die Viola und die Solostimme in einen Dialog, während das Klavier mit fast glockenhaften Akkorden diesen unterlegt. Come Love, Come Lord (Richard Crashaw) beginnt mit einem ausladendem Vorspiel für die Viola und das Klavier und ist nicht nur das längste, sondern auch das geheimnisvoll-atmosphärischste Lied. Evening Hymn wurde von Robert Bridges aus dem Griechischem übersetzt und enthält zwei gegenübergestellte Themen: Viola und Tenor übernehmen die Melodieführung während das Klavier immer wieder die absteigende Basslinie wiederholt.

Für Merciless Beauty, komponiert 1921, verwendete Vaughan Williams drei Rondelle des Poeten Geoffrey Chaucer: Your Eyen Two und So hath your beauty beschreiben die Wirkung, die die überwältigende Schönheit einer Frau auf das lyrische Ich hat, bevor es in Since I From Love der Liebe entkommen konnte und nun seine neu gewonnene Freiheit besingt. Die drei kurzen Lieder sind für Tenor, zwei Violinen und ein Cello komponiert und weisen den typischen Einfluss englischer Folkloristik auf wie fast alle weltlichen Werke Vaughan Williams aus Periode. Die ersten beiden Lieder sind sehr zurückhaltend während das letzte Stück von heiter-fröhlichem Charakter ist.

Es folgen zwei Lieder aus dem Zyklus Four Poems by Fredegond Shove aus dem Jahre 1922 für Bariton und Klavier, die unterschiedlicher gar nicht sein könnten. The Water Mill

Beschreibt mit seiner rollend-repetiven Figur des Klaviers das sich immer drehende Mühlenrad, während die Melodieführung auf den fröhlichen Text voller Schilderungen rund um die Mühle und den Müller und seine Familie eingeht. So hört man förmlich die im Speicher tollende Katze oder sieht die hübsche Müllerstochter, wie sie erst zögert und sich schließlich für gar keinen Verehrer entscheidet und weiter ihrer Handarbeit nachgeht. The New Ghost beschreibt eine verlorene Seele, die erst als Geist in der Welt umher irrt, bevor Gott sich ihrer annimmt. Auch wenn Vaughan Williams die Grenzen der Tonalität hier nicht überschreitet, so kommt dieses Stück doch sehr schwebend daher und in der leichten sphärischen Klavierbegleitung findet sich der Hörer bis zur Erlösung des Geistes ohne richtigen tonalen Bezugspunkt. Ein sehr schauriges Stück voller Athmosphäre und in sofern ist es schon schade, dass diese CD nur zwei der insgesamt vier Lieder enthält.

Die Ten Blake Songs entstammen dem Jahre 1957 und entstanden somit ein Jahr vor dem Tod des mittlerweile 86-jährigen Komponisten. Dementsprechend fällt auch die Besetzung aus, denn Vaughan Williams wählte als Begleitinstrument für die Stimme nur eine Oboe. Die Paarung des Melodieinstruments mit der Stimme ermöglicht keine akkordische Begleitung wie auf dem Klavier oder mit dem Orchester. Daher wählte Vaughan Williams zehn Gedichte des englischen Poeten Williams Blake aus, deren ländlicher und bodenständiger Inhalt besonders geeignet für den lieblichen Klang der Oboe und den Sologesang ist. In Infant Joy bringt das lyrische Ich seine Freude über sein neugeborenes Kind zum Ausdruck, das es folglich auch Joy nennt. Interessant ist, dass zu Beginn des Gedichts der Säugling und der Vater in einen kurzen Dialog treten. Das düstere A Poison Tree schildert den wachsenden Hass des lyrischen Ichs auf einen Feind, der so lange andauert und immer weiter wächst, bis es einen besonders schönen Apfel am Baum seines Gartens vergiftet. Der Feind kann dem Glanz des Apfels nicht widerstehen und stiehlt sich in den Garten, wo er am nächsten Morgen tot neben dem Giftbaum liegt. The Piper handelt von einem übers Land ziehendem Spielmann, der von einem Kind gebeten wird, für ihn zu singen und zu spielen. Dieses Lied dürfte das heiterste des ganzen Zyklus sein und verleiht der Oboe ob des Titels eine wichtige Rolle. London ist wieder von sehr schaurigem Charakter, denn hier wird das Elend in der Hauptstadt geschildert. Hier wird der Text ohne jede Untermalung gesungen und ist so hilflos und alleine wie der seufzende Soldat und der weinende Schornsteinfeger in den verschmutzten londoner Gassen. In The Lamb preist das lyrische Ich die liebliche Natur des Lamms sowie den Namen des Herrn. Das Lied ist dementsprechend zart gehalten. Es folgt The Sheperd, das ebenfalls nur von der Stimme vorgetragen wird und mit seiner sanglich-folkloristischen Melodie die behütete Atmosphäre auf dem Feld beschreibt. Cruelty as the Human Heart beschreibt die Grausamkeit des Menschen, worauf sofort The Divine Image folgt, in dem das lyrische den Frieden besingt. Zuletzt folgt das neckische Eternity, in dem das lyrische Ich feststellt, dass das festgehaltene Glück und die flammende Liebe nur zerstören, denn Betrug und Faulheit sind der Schönheit Kleid.

Diese CD schließt mit On Wenlock Edge in der ursprünglichen Version für Stimme, Klavier und Streichquartett. Durch die Solostreicher schneidet der Wind noch schärfer durch die Bäume und die Glocken in Breedon Hill klingen durch das Klavier noch glockenhafter. Trotzdem hat auch die Orchesterversion ihre ganz eigenen Vorteile.

CD 21 beginnt mit dem sehr frühen Liedzyklus House of Life aus dem Jahre 1904, basierend auf sechs Sonetten von Dante Gabriel Rossetti. Gemessen an der Entstehungszeit überrascht es keinesfalls, dass alle sechs Lieder durch und durch vom spätromantischen Gestus durchwoben sind. Folkloristische Anspielungen oder auch impressionistische Eindrücke lassen sich weniger festmachen. Schon Love-sight, in dem das lyrische Ich seine Liebe besingt, eröffnet mit einem schwelgerischen Vorspiel des Klaviers und auch die ausladende Begleitung und die ausschweifenden Melodienbögen des Gesangs bringen dem Zuhörer die ungehemmte Leidenschaft des Liebenden nahe, bis das Lied in den letzten Zeilen in einen dramatischen Klimax ausbricht, als das lyrische Ich sich ein Leben ohne die Geliebte vorstellt, in dem nur noch das Rauschen der gefallenen Blätter der Hoffnung und der Flügelschlag des Todes zu hören sind. Silent Noon hingegen ist von sehr intimem Charakter und erweckt die Stimmung einer warmen Sommernacht, in der die Liebenden gemeinsam im Gras liegen. Loves Minstrels ist äußerst zerbrechlich durch die freie Rhythmik und die hohen Klavierarpeggien, die den geflügelten Harfenspieler repräsentieren. Hearts Haven eröffnet zwar mit einem lieblich-naivem Vorpsiel des Klaviers, doch als der Gesang einsetzt, entpuppt sich dieses Lied als das wahrscheinlich gefühlvollste des ganzen Zyklus. In einer wundervollen Melodieführung besingt das lyrische Ich abermals die Liebe zu seiner Geliebten, bevor das Klavier wieder mit dem aufsteigenden Vorspiel schließt. Death in Love beginnt mit einer sehr optimistischen und großen Eröffnung des Klaviers, bevor in den letzten Zeilen die Stimmung umbricht und das Klavier schwere Akkorde unter die Botschaft des Todes legt. Der Zyklus schließt mit Loves Last Gives, einem sehr melancholischen Text, dessen wehmütiger Charakter auch in der sehr gefühlvollen Atmosphäre der Musik widergespiegelt wird. Insgesamt handelt es sich bei House of Life um eine der gefühlvollsten und beeindruckendsten Sammlung an Vokalmusik in Vaughan Williams Schaffen überhaupt. Einer der ganz frühen Meilensteine eines großen Komponisten.

Die zweite Hälfte der CD wird von den Songs of Travel bestritten, dieses Mal in der ursprünglichen kammermusikalischen Fassung für Solostimme und Klavier.

CD 22 eröffnet mit dem ersten Werk, das überhaupt von Vaughan Williams veröffentlicht wurde: dem 1901 komponierten Lied Linden Lea für Mezzo-Sopran und Klavier basierend auf einem Gedicht von Williams Barnes (1801-1886). Es überrascht kaum, dass Vaughan Williams einen Text über die englische Landschaft wählte, in dem das lyrische Ich frohen Mutes umherwandert. Es folgen zwei Lieder aus dem 1920 entstandenen Zyklus Three Poems by Walt Whitman, einem der beliebtesten Poeten Vaughan Williams. Die Texte entstammen der Sammlung Leaves of Grass, aus denen der Komponist schon Texte für seine erste Symphonie auswählte und auch Joy, Shipmate, Joy! handelt von dem Aufbruch in die Weite Ferne jenseits des blauen Horizonts und steht in seinem fast schon heroischen und kraftvollen Charakter im starken Gegensatz zu A clear midnight. Hier geht es um die Freiheit der Seele, wenn der Körper schläft und wie sich aufschwingt, fern von allen Büchern und der Kunst zu der Natur, der Nacht aber auch dem Tod. Vaughan Williams vertonte den Text sehr in sich gekehrt und teilweise fast schon meditativ.

Es folgt das Lied Orpheus with his Lute für Countertenor und Klavier, das wie Linden Lea 1901 entstand und auf einem Auszug aus der ersten Szene des dritten Akts aus Henry VIII von Williams Shakespeare basiert.

Das folgende Hands, Eyes and Heart, ist das vierte Lied aus dem Zyklus Four Last Songs, die zwischen 1954 und 1958 entstanden. Der Text ist von Vaughan Williams zweiter Ehefrau Ursula Wood und ist explizit für Frauenstimme geschrieben, da das weibliche lyrische seinen Händen, Augen und dem Herz Befehle gibt, um seine Liebe dem Geliebten auszudrücken. Hier wurde allerdings der Kompromiss eingegangen, dieses Lied ebenfalls wie Orpheus and His Lute von dem Countertenor singen zu lassen.

Rest wurde 1902 für Vokalensemble geschrieben und basiert auf einem Gedicht von Christina Rossetti, bei der es wie der Name vermuten lässt um die Schwester Dante Gabriel Rossettis handelt, dessen Gedichte Vaughan Williams zwei Jahre später für House of Life vertonen sollte.

Es folgt The Call aus den Five Mystical Songs, hier allerdings in einem Arrangement für Knabenchor mit Solostimme mit Orchester

Der Liedabschnitt wird von einem Arrangement von Linden Lea von Julius Harrison für Knabenchor und Orchester beschlossen.

Der Rest der CD wird von einigen der schier endlos erscheinenden Folksong-Arrangements bestritten, die Vaughan Williams in seiner gesamten Laufbahn anfertigte. Eröffnet wird dieser Abschnitt von der Suite Five English Folk Songs aus dem Jahre 1913 für Vokalensemble, deren Texte alle unter dem Begriff Seemannsliebe zusammengefasst werden können. So beginnt die Suite mit den ersten und letzten beiden Strophen aus dem Lied The Dar-Eyed Sailor, in dem eine Frau ihren Kummer um ihren vor zwei Jahren auf See verstorbenen Geliebten überwindet und sich in einen anderen Seemann verliebt. Das nächste Arrangement besteht aus den ersten beiden Strophen von Lovely on the Water und ist hier mit Tha Springtime of the Year übertitelt. Der Texte handelt von einem glücklichen Paar (der Mann ist natürlich Seemann) und Vaughan Williams rahmte sein Arrangement hier von einer vokalisiserenden Strophe, in der der Chor ein Tenor-Solo mit der Silbe Ah unterlegt. Just as the Tide was Flowing ist ein fröhliches Lied, in dem das weibliche lyrische Ich berichtet, wie es seinen Geliebten, der zur See fährt, kennen gelernt hat. Es folgen vier Strophen aus Well met, my own true love, die hier mit The Lovers Ghost übertitelt sind. Der Text enthält Versprechungen, die ein angeblicher Kapitän einer Frau macht. Er habe drei Schiffe und 20 Matrosen unter seinem Kommando und alles solle auch ihr gehören, wenn sie mit ihm ginge. Da Vaughan Williams aber die folgenden Strophen kürzte, erfährt der Zuhörer hier nicht die Fortsetzung: Die Frau sagt unter der Bedingung zu, alles zurückzulassen, was sie besitzt und begibt sich mit ihrem neuen Mann auf See. Das Schiff kentert bereits nach zwei Wochen. Insofern handelt es sich hier weder um den Geist eines Geliebten, sondern vielmehr eines Dämons, der ein unschuldiges Opfer in sein Verderben führt. Den Abschluss macht ein Arrangement eines Wassail-Songs. Wassail ist nämlich eine Grußform in England ähnlich unseres Gesundheit. Interessant sind hier die ersten Takte, in denen der Chor versetzt mit dem Wort Wassail in einer Quarte gesungen (typisches Alarm- und Signalintervall) einsetzt und so einen Akkord aufschichtet bevor der Text beginnt.

Es folgt Bushes and Briars, in dem das lyrische Ich sich in einer einsamen Minute in der Natur fragt, ob es seinem Geliebten einen lang in sich getragenen Gedanken mitteilen soll, dann aber verneint, denn das würde die Beziehung zerstören. Dieses Arrangement entstand 1908 und ist für gemischten Chor, wobei die Frauenstimmen zart die Strophe singen und die Männerstimmen die reichhaltigen Harmonien aus einigen Wörtern des Textes vokalisieren.

Loch Lomond ist mein absoluter Favorit unter den Folksong-Arrangements. Der Text stammt angeblich von einem schottischen Rebellen, der Mitte des 18. Jahrhunderts gehängt wurde und der im Kerker an seinen Freund einen Brief schrieb, den er seiner Frau geben solle. Das lyrische Ich verkündet, dass es eher die wundervolle Landschaft von Loch Lomond sehen wird, da es über low road die Unterwelt - wieder nach Schottland gelangen wird, der Bote als Lebender aber die high road nehmen muss. Neben einer ergreifenden Melodie schrieb Vaughan Williams hier 1928 auch eines der schönsten Arrangements und spart auch an melodisch wundervoll gearbeiteten Kontrapunkten und Vorhalten (Reibetöne, die sich einen Halbtonschritt nach oben oder unten auflösen und so zum finalen Akkord hinleiten) nicht.

John Dory wurde ist ein beschwingt-fröhlicher Shantie aus dem Jahre 1609 aus Cornwall. Der Text erzählt von John Dory, einem Helden, dem anscheinend alles gelingt und der in Paris Karriere macht, bis er bei einer Seeschlacht tapfer ums Leben kommt. Die Ohrwurmverdächtige Melodie, die durchweg Optimismus ausstrahlt, wurde von Vaughan Williams 1934 für gemischten Chor arrangiert, wobei besonders die komplexe polyphone sich überlagernde Stimmführung hervorzuheben ist.

Greensleeves ist wahrscheinlich eine der bekanntesten Volksweisen überhaupt und sei einer Legende nach sogar von König Heinrich VIII. für dessen Frau Anne Boylen komponiert worden und auch Williams Shakespeare erwähnte diese Melodie in seinen Lustigen Weibern von Windsor. Im Text selbst fleht das lyrische Ich bei seiner Geliebten Lady Greensleeves (Grüner Ärmel) um Gnade, da es sich nach einem Streit zu Unrecht verstoßen fühlt. Das Arrangement von Vaughan Williams für Vokalensemble ist von der Stimmführung her nahezu identisch mit der Fantasia on Greensleeves von 1934. Sogar die Einleitung mit der lyrischen Flötenmelodie wird als Vor- Nach- und Zwischenspiel vom Chor vokalisiert.

Ward the Pirate ist eine Ballade um 1680 und handelt von John Ward, der angeblich wirklich um 1600 gelebt hat und Pirat wurde. Um die Karriere selbst ranken sich natürlich viele Legenden und diese Ballade besingt den wagemutigen Kapitän, seine rauen Beutezüge und schildert heroisch, wie Ward sogar das beste Flaggschiff des Königs in die Flucht schlägt. Dieses Arrangement Vaughan Williams für Männerstimmen entstand 1918 und hebt den heroisch-kräftigen Charakter des Stücks dadurch hervor, dass die Stimmen fast nie versetzt erklingen, sodass ein starker gemeinschaftlicher aber auch schlichter Eindruck entsteht.

Ca the Yowes ist eine schottische Ballade, die 1922 von Vaughan Williams für gemischtes Vokalensemble arrangiert wurde. Nicht nur wegen der schottischen Herkunft sondern auch wegen des musikalischen Charakters liegt ein Vergleich mit dem ergreifenden Loch Lomond nahe. Ebenso wie dieses wurde Ca the Yowes, das vom Treiben der Schafe durch die englische Landschaft handelt, von Vaughan Williams meisterhaft und kunstvoll gesetzt. Fast kein anderes Folksong-Arrangement bietet mit seiner ruhigen und fast melancholischen Melodie die Basis für ein so kunstvolles Arrangement, das sofort die Stimmung eines warmen Sommerabends erweckt. Jede Stimme und sei es noch der kleinste Kontrapunkt scheint sich an melodischer Eleganz überbieten zu wollen.

The Unquiet Grave wurde 1950 für Frauenstimmen arrangiert. Hier hört man deutlich Vaughan Williams teils kühle, teils mystische Tonsprache seines Spätwerks, die perfekt zum vertonten Texte pass: Das lyrische Ich kniet an dem Grab seiner zuvor verstorbenen Liebsten und besingt die unsterbliche Liebe.

Das Arrangement von The Seeds of Love entstand 1923 für Männerstimmen und ist eine Ballade mit weit reichenden Melodienbögen in typisch angelsächsisch-folkloristischem Gewand. Der Text wird hauptsächlich vom Bariton in der Melodie mit großem Gestus gesungen, während der Chor das harmonische Fundament liefert. Insgesamt ein sehr stimmungsvolles Arrangement.

In Early in the Spring schildert das lyrische Ich, wie es im Frühling durch die Landschaft wandert und eine Nachtigall singen hört. Das Arrangement von 1952 ist nur für Frauenstimmen und strahlt einen heiteren Charakter aus.

The Turtle Dove schildert die verlorene Liebe, derer das wandernde lyrische Ich gedenkt und in einer Taube entdeckt, die ebenfalls für ein Männchen zu singen scheint. Die anmutige Melodie wird hauptsächlich von dem Bariton vorgetragen, während der gemischte Chor das harmonische Fundament mittels Vokalisen beisteuert, außer der mittleren Strophe, die alleine vom Chor gesungen wird.

In An Acre of Land besingt das lyrische Ich das Stück Land, dass es von seinem Vater geerbt hat und das nun aufs neue bestellt wird. Der sehr optimistische Text wird in der lebhaften Melodie zu Beginn von dem Solosopran vorgetragen, während der Chor hauptsächlich den refrainähnlichen Vers Ivy, sing Ivery wiederholt, bis zum Schluss das ganze Ensemble singt.

Es folgt ein weiteres Arrangement von Bushes and Briars für Männerstimmen. Hier arrangierte Vaughan Williams immer besonders die ersten Zeilen anders und dadurch, dass die Stimmen bei einem Männerensemble natürlich dichter beieinander liegen als bei einem gemischten Ensemble kommen hier die reichhaltigen Vorhalte noch besser zum Ausdruck, dafür verliert es durch den kräftigen Klang der Männerstimmen ein bisschen von der lieblichen Atmosphäre, die die Frauenstimmen in dem vorherigen Arrangement beigetragen haben.

Die CD schließt mit einem Arrangement des Wassail-Songs nur für Männerstimmen. An der Stimmführung oder dem Satz wurde allerdings nichts geändert.

CD 23 widmet sich den Folksong-Arrangements für Solostimme mit Klavierbegleitung und eröffnet mit fünf Volksweisen aus Ostanglien. In The Captains Apprentice erzählt ein Kapitän, wie er einen armen Jungen als Matrosen auf sein Schiff nimmt und dieser in seinen Diensten stirbt. Das sehr melancholisch geprägte Lied wird anfangs nur von der Solostimme vorgetragen, bevor das Klavier einige zarte Arpeggien und blockhafte Akkorde beisteuert. Der Text wurde ursprünglich mit The Cruel Ships Captain übertitelt.

Das optimistische As I walked out handelt von einem Geliebten, der seine Geliebte verlässt.

Es folgt ein drittes Arrangement von Bushes and Briars, dieses Mal für Solostimme und Klavier. Auch wenn die wundervolle Melodie nichts von ihrer tiefen Innigkeit verloren hat und die Hamronien des Klaviers ihr einen tollen Anstrich geben, so bleiben doch die Vokalensemble in ihrer Wrikung noch ein Stück weit stärker.

In Geordie klagt eine Frau um ihren zu Unrecht verurteilten Mann. Also bricht sie auf, um am Hofe des Königs um das Leben ihres Geliebten zu retten, doch sie trifft zu spät ein: Geordie wurde bereits gehenkt.

Das letzte Lied handelt von einem jungen Recken, der mit 18 On Board a Ninety-Eight anheuert und viele Abenteuer und Seeschlachten besteht, bis er schließlich selbst 98 Jahre alt ist. Schon bei den ersten Takt wird klar, dass diese traditionelle Melodie Vaughan Williams mehr als nur eine Inspiration für die Melodie von The Roadside Fire aus House of Life war.

Es folgen drei Lieder aus Wessex. The Ploughman handelt von einem Pflüger. Das sehr heitere Lied erzählt von dem glücklichen Ackermann und preist das erfüllte Leben des einfachen Landmannes.

The Brewer dürfte mit 00:25 das kürzeste Stück in dem Schaffen Vaughan Williams überhuapt sein und erzählt kurz von einem Bierbrauer.

Das neckische Rolling in the dew beschreibt den Dialog eines Seemannes mit einem Milchmädchen.

Die beiden weihnachtlichen Weisen The Truth from Above sowie Joseph and Mary sind schon aus der geistlichen Chormusik bekannt und sind hier noch einmal für Solostimme und Klavier arrangiert. Als dritte im Bund erklingt The Saviours Love, ebenfalls ein Weihnachtslied. Durch die kammermusikalische Besetzung verlieren die Lieder ihren geistlichen Charakter, der durch den Chor und die Orgel sehr deutlich wurde und bekommen einen bodenständigen und häuslichen Charakter verliehen.

Es folgen drei französisch-sprachige Volksweisen: Reveillez-vous, Piccars, Chanson de quête und das geistliche Ballade de Jésus Christ. Besonders das schwungvoll arrangierte Reveillez-vous, Piccars mit der kraftvollen Klavierbegleitung gehört zu meinen absoluten Favouriten aus diesem Genre.

Als nächstes folgen vier Volksweisen aus Newfoundland: Shes like the swallow, The Morning Dew, The Maidens Lament und The Cuckoo. Sämtliche Weisen sind von schlichter Natur handeln von unglücklicher Liebe. Vaughan Williams fing den melancholischen Charakter der vier Lieder perfekt ein, in dem er dem Klavier wundervolle zarte und zerbrechliche Begleitungen schrieb, die wie die Gesangsmelodie von schlichter, aber ergreifender Schönheit sind und diese Lieder so zu einem gefüflvollem Hörerlebnis werden lassen.

Die folgenden zwei Lieder wurden für Solostimme und Violine geschrieben und erinnern also von der Besetzung ein wenig an die Ten Blake Songs. The Lawyer ist von sehr fröhlichem Charakter und erinnert von der hüpfenden Rhythmik sehr an andere typische irische Volksweisen, wobei die Violine den bäuerlich-volkstümlichen Anstrich hervorhebt. Searching for Lambs handelt von einem jungen Schäfer, der früh morgens zu seiner Weide unterwegs ist und ein hübsches Mädchen trifft, in das er sich verliebt. Das Lied erinnert von der Melodieführung ein bisschen an Bushes and Briars und Ähnliche und ist somit ein klassisches englisches Volkslied von ruhigem pastoralen Character, der von der sehr Violine mit sehr lang anhaltenden schweifenden Melodienbögen unterstrichen wird.

How cold the wind doth blow entpuppt sich als neues Arrangement von The Unquiet Grave, dass wir zuvor schon auf CD 22 in einer Version für Frauenchor hörten. Dieses Arrangement für Klavier, Violine und Solostimme betont weniger den mystisch-kühlen Aspekt der geschilderten Situation, sondern betont den tiefen Schmerz des lyrischen Ichs, das am Grabe seiner verstorbenen Geliebten kniet.

Den Abschluss macht A Song of Thanksgiving, eine Komposition für Sopran, Sprecher, Orgel, gemischten und Knabenchor sowie ein sehr große Orchester (mit jeweils sechs Trompeten und Klarinetten). Dieses Werk wurde 1944 in Auftrag gegeben und am 13. Mai 1945 gesendet. Ursprünglich sollte das Stück sogar Thanksgiving Victory heißen, da klar war, dass die Deutschen den Krieg definitiv verlieren würden. Vaughan Williams fand es befremdlich, das Stück zu schreiben, während der Krieg noch in vollem Gange war und wählte seine Texte daher sehr sorgfältig. Hierzu wählte er einige Passagen aus der Bibel, einen Auszug aus der achten Szene des vierten Akts von Henry V von Shakespeare sowie Auszüge aus dem Fantasyroman Puck of Pooks Hill von Rudyard Kipling. Das Stück wird von einer kräftigen Trompetenfanfare eröffnet, die vom Solo-Sopran aufgenommen und mit den Worten Blessed art thou, O Lord God of our fathers and to be praised and exalted above all forever. Weiterführt. Noch einmal erklingt die Fanfare und erneut antwortet die Sopranistin, bevor jetzt die Orgel erklingt und der gesamte Chor in den Lobgesang einfällt. Schließlich setzt auch noch das Orchester ein, bevor der Sprecher über die nun etwas zurückhaltende Musik mit dem Chorgesang seine Stimme mit dem Satz The spirit of the Lord is upon me, because the Lord has anointed me to proclaim liberty to the captives and the opening of the prison of them that are bound, to comfort all that mourn; erhebt. Es wird allgemein spekuliert, ob Vaughan Williams mit den Gefangenen auch auf die Häftlinge in den damals noch einer großen Bevölkerungsschicht unbekannten Konzentrations- und Arbeitslagern hindeutet. Schließlich schwillt die Musik wieder an und es folgt eine weitere, von gesprochenen Sätzen durchzogene, Chorpassage mit opulenter Orchesteruntermalung bis schließlich der Knabenchor mit Land of our birth, we pledge to thee our love and toil in the years to be. Den letzten Teil des Werks einläutet: Eine durchweg sehr noble immer mehr anwachsende Hymne mit einem vor Patriotismus triefendem Text, der schließlich auch vom gemischten Chor gesungen wird und das Werk mit Pomp und Gloria beschließt. Mahne Vaughan Williams einige Jahre zuvor schon mit Donna nobis pacem vergebens, so behielt er wenigstens dieses Mal Recht, dass die Unterdrückung enden und der lange Frieden in Europa einziehen sollte. Insgesamt handelt es sich aber um ein Auftragswerk mit propagandistischer Funktion und somit ist dieses Werk trotz der kompositorischen Raffinesse von sehr überladenem und pompösem Charakter. So strahlt A Song of Thanksgiving 15 Minuten puren Optimismus und Patriotismus aus wobei die ganz wichtigen Sätze zum besseren Verständnis nochmals vom Sprecher zitiert werden. Insgesamt sind solche aufgeblasenen Töne für heutige Hörer ein wenig befremdlich aber in Anbetracht der damaligen Situation schrieb Vaughan Williams genau das, was man von ihm erwartete und was er vielleicht auch selbst empfand.

Das 1957 entstandene Epithalamion ist eines der jüngsten Werke Vaughan Williams in dieser Sammlung und ist bis heute zu unrecht sehr unbekannt. Epithalamion bedeutet übersetzt soviel wie Brautlied und war in der Antike ein meist chorisch vorgetragenes Gedicht zur Hochzeitsfeier. Dieses Werk basiert allerdings auf einem Epithalamion Edmunds Spensers (1552-1599) und wurde mit Flöte, Klavier, Streichorchester, Bariton und gemischtem Chor besetzt. Vaughan Williams kürzte den gewaltigen Text Spensers an einigen Stellen um ganze Strophen und teilte das Gedicht in elf liedartige Nummern auf, die aber ineinander übergehen, und somit ein einsätziges Stück bilden: The Prologue, Wake now, The Calling of the Bride, The Minstrels, Procession of the Bride, The Temple Gates, The Bell Ringers, The Lover's Song, The Minstrel's Song, Song of the Winged Loves, und Prayer to Juno. Der Text schildert den kompletten Ablauf eines Hochzeitstags von dem Zurechtmachen der Braut über die Zeremonie bis hin zu den nachmittäglichen Festlichkeiten und der lang ersehnten Hochzeitsnacht. Wie in dem antiken Theater übernimmt auch hier der Chor die schildernde und kommentiere Funktion, während der Bariton den Bräutigam repräsentiert. Insgesamt ist das Werk dank seiner sehr weichen Instrumentierung durchweg von heiterem Charakter. Natürlich greift Vaughan Williams während der Tanzszene wieder einmal auf typisch folkloristische Elemente zurück, aber auch das wundervolle Liebeslied des Bräutigams, der Lobgesang des Chores sowie der herrlich lyrische Einsatz der Soloflöte sind einige von vielen wundervollen Momenten, die so dicht bei dicht aufeinander folgen, dass dieses Werk ein wahrhaft erfüllendes Hörerlebnis bildet.

Es folgt die einaktige Oper Riders to the sea von 1927, deren Libretto auf dem gleichnamigen Stück des irischen Autors John Millington Synge, dessen Text Vaughan Williams nahezu Wort für Wort übernahm. Die Oper spielt in dem bescheidenen Wohnraum einer Fischerfamilie, in dem Nora und Cathleen, die Schwestern von ehemals sechs Brüdern erfahren, dass eine Leiche an der Küste angeschwemmt wurde. Sofort befürchten sie, dass es sich um Michael, ihren zweitjüngsten Bruder handeln könnte und versuchen, die Kunde vor ihrer Mutter Maurya geheim zu halten. Diese versucht gerade Bartley, ihren jüngsten Sohn davon abzubringen, nach Galway zu reiten und dort Pferde zu verkaufen, da sie die See fürchtet und Bartleys Weg an der Küste entlang läuft. Als sich Bartley im Streit verabschiedet, bitten die Schwestern ihre Mutter, Bartley zu folgen und ihm ihren Segen für die Reise zu geben. Während Maurya außer Haus ist, erhalten Nora und Cathleen die Kleidung des Ertrunkenen und haben nun Gewissheit, dass es sich um Michael handelt. Maurya kehrt zurück und behauptet, sie habe den Geist Michaels auf einem von Bartleys Pferden gesehen. Schließlich erreichen einige Dorfbewohner das Haus und bringen der trauernden Witwe auch noch die Leiche ihres jüngsten Sohnes. Bartely ist nämlich vom Pferd in die See gefallen und ertrunken. Der Vorhang fällt nach Mauryas Klagelied. Da das Stück nur aus einer Szene zu bestehen scheint ist auch die Laufzeit der Oper überdurchschnittlich kurz. So dauert eine Aufführung in der Regel grob 40 Minuten. Vaughan Williams verzichtet bei diesem Werk komplett auf den Einsatz von folkloristischen Elementen, sondern erzeugt durch den ständigen Wechsel von dur-moll-Harmonien eine ständige Unruhe. Außerdem fordert die Partitur eine Mee-Maschine ein, die wie später bei der Sea Symphony die Windmaschine eine bedrohliche Atmosphäre erzeugt. Auch bei der Textvertonung geht Vaughan Williams sehr modern vor, sodass es sich eher um eine Art Sprechgesang im Stile der frühen Straussopern handelt. Nach wirklich melodischen Stellen sucht man hier vergeblich und genau das tut dem tragischen Stück äußerst gut.

CD 25 und CD 26 enthalten die Oper Hugh the Drover in zwei Akten nach dem Libretto von Harold Child. Vaughan Williams arbeitete mehrere Jahre vor und nach dem ersten Weltkrieg an dem Stück, bevor es schließlich am 4. Juli 1924 uraufgeführt wurde. Im Gegensatz zu den schaurigen drei Jahre später komponierten Riders to the sea ist dieses Werk ein Musterbeispiel für Vaughan Williams Einsatz von Volksliedern und folkloristischen Themen und Melodien in seiner Musik. Die im Cotswolds des Jahres 1812 angesiedelte Handlung ist schnell erzählt: Die schöne Junge Mary, Tochter eines Wachtmeisters, soll den grobschlächtigen Schlachter John heiraten, doch sie begegnet bei einem Wiesenfest dem Viehtreiber Hugh und verliebt sich sofort in ihn. Schließlich eröffnet ein Schausteller einen Kampf, in dem sich zwei Männer des Dorfes herausfordern sollen. Der Schlachter John meldet sich und auch Hugh stellt sich zum Kampf, allerdings nur, wenn der Gewinner auch die schöne Mary bekommt. John sagt siegessicher zu, aber verliert. Aus Rache bezeichnet er Hugh als einen Spion Napoleon Bonapartes, sodass dieser festgenommen wird. In der Nacht jedoch stiehlt Mary die Schlüssel ihres Vaters, um Hugh aus dem Vorratsspeicher zu befreien. Doch bevor sie fliehen können, hören sie John, der die beiden entdeckt und Mary verstößt. Zu allem Unglück hört Marys Vater den Tumult und enterbt seine Tochter. Da trifft auch schon ein Trupp Soldaten ein, um Hugh abzuholen, doch der Kommandant erkennt den Viehtreiber, der ihm vor einiger Zeit einmal das Leben rettete. Hugh kommt also frei, während John für einen Soldaten gehört und abgeführt wird. Mary und Hugh gestehen besingen ihre gemeinsame Zukunft. Vaughan Williams fing die ländliche Stimmung perfekt ein, indem er besonders im ersten Akt während des Wiesenfestes sehr viele volksliedhafte Themen und Melodien einführt, sodass die Oper auch auf CD leicht zu verfolgen ist. Dieser Effekt wird auch durch sehr viele reine Chorpassagen und den sehr liedhaften Charakter der einzelnen Nummern verstärkt, erst im zweiten Akt in der Nacht wird fast nur noch solistisch gesungen. Insgesamt ein sehr heiteres und absolut zu empfehlendes Werk, wenn man schon den orchestralen ländlichen Vaughan Williams mochte.

CD 27 und CD 28 enthalten die von 1924-28 entstandene Oper Sir John in Love, die auf Den lustigen Weibern von Windsor von Williams Shakespeare beruht und auf der schon Verdis Falstaff basierte. Hier geht es um den schelmischen, aber mittellosen Edelmann Sir John Falstaff, der zwei Frauen aus den besten Familien Windsors Liebesbriefe schreibt, um an deren Vermögen zu kommen. Doch die Frauen kommen dahinter und wollen Falstaff eine Falle stellen, indem die eine so tut, als würde sie auf die Affäre eingehen. Doch auch ihr Mann hat unabhängig von Falstaffs Spiel erfahren und misstraut seiner Frau, sodass auch er Falstaff aber auch seine Frau ertappen will. Das führt natürlich zu vielen Verwicklungen, die sich nachher natürlich zum Guten hin auflösen. Auch hier bedient sich Vaughan Williams vieler traditioneller englischer Melodien. Besonders Greensleeves taucht hier in einer Schlüsselfunktion und als Zwischenspiel zwischen dem dritten und vierten Akt. Insgesamt ist diese Oper aber um einiges solistischer und fragmentarischer als der sehr liedhafte und chorlastige Hugh, sodass Vaughan Williams ein Jahr später sechs sehr eingängige Passagen für Chor und Orchester für die Suite In Windsor Forest arrangierte.

CD 29 und CD 30 enthalten eines der interessantesten Werke überhaupt: Die Oper The Pilgrims Progress, basierend auf dem gleichnamigen Buch John Bunyans, das als das wichtigste Werk der englischsprachigen religiöser Literatur überhaupt wurde und seit seinem Erscheinungsjahr 1678 nicht bis heute nicht einmal vergriffen war. Vaughan Williams lag sehr viel an diesem Werk und komponierte an dieser Oper von 1909-1951, sodass man hier in einem Werk die größte Bandbreite über Vaughan Williams Schaffen hat, da er auch hier eine sehr frühe Oper The Sheperds schließlich in The Pilgrims Progress einarbeitete und aus seinem mittleren und Spätwerk auch die (gemäßigten) modernen Elemente vertreten sind. Das Werk handelt von einem ratslosen Pilger, der eine schwere Last trägt und dem ein schwerer Weg bevorsteht, doch wenn er diesen beschreitet und mehrere Abenteuer wie einen Kampf gegen Apollon besteht, dann kommt er in die heilige Stadt. The Pilgrims Progress ist in der Tat ein spannendes und interessantes Werk mit vielen interessanten musikalischen Einfällen. Insgesamt kommt die Musik um einiges kühler daher, als man es bei Vaughan Williams gewöhnt ist, aber die jeweilige Stimmung der einzelnen Stationen des Pilgers wird perfekt eingefangen. Natürlich bediente sich Vaughan Williams bei dieser Gelegenheit schon gleich in der Ouvertüre traditionellen Kirchenmelodien, die er in seine meisterhaft abwechslungsreiche Partitur einflocht. Ein besonderer Höhepunkt ist zudem die zweite Hälfte von CD 30, denn hier kann man noch einige Mitschnitte hören, bei denen Sir Adrian Boult während der Proben zu hören ist.

Insgesamt stellt sich nach 30CDs und über 34 Stunden Vaughan Williams jedoch letztendlich die unausweichliche Frage: Lohnt sich die Anschaffung dieses Sets? Und hier muss ich nach kurzer Überlegung antworten: Ja, definitiv! Wenn man bedenkt, dass man in Anbetracht der momentanen Preise bei einigen Anbietern weniger als 1,50 Euro pro Scheibe zahlt und viele der in der Box enthaltenen CDs vor über 15 Jahren das letzt Mal auf dem Markt und mittlerweile hoffnungslos vergriffen sind lohnt sich die Anschaffung auf alle Fälle. Für den Vaughan-Williams-Liebhaber gibt es eine Bandbreite an äußerst unbekannten Werken, der Gelegenheitshörer kann bei jedem Hörerlebnis ein neues Werk entdecken, doch allerdings hat diese Set auch seine Schattenseiten und derer gibt es leider mehr als bei vielen anderen Boxen. Da wären zum einen die Klangqualität und die Interpretation diverser Werke. Die Box enthält eine Zusammenstellung aller Vaughan-Williams-Alben, die je unter EMI erschienen sind. Allerdings wurden diese Aufnahmen nur zu ihrem ersten Erscheinen auf CD (teilweise Anfang der 90er) digital überarbeitet, nicht aber für die neue Auflage, sodass besonders viele Chorwerke recht dumpf und teils recht schwammig klingen. Fast alle Aufnahmen leiden unter einem gewissen Grundrauschen, was sich in den von Klavier begleiteten Solostimmen bei den zarten Liedern besonders als störend entpuppt.

Außerdem handelt es sich bei den gewählten Aufnahmen nicht immer um die beste Interpretation (anders z.B. als bei der DGG-Mahler-Box, wo man mit Absicht besondere Aufnahmen zusammenstellte), was besonders bei den Symphonien verwundert, denn die Aufnahmen unter Bernard Haitink sind um einiges frischer, dynamischer und wurden auch bei EMI verlegt. Wer also durch diese Box gefallen an den Symphonien gefunden hat, sollte sich unbedingt die Haitink-Aufnahmen zulegen.

Des Weiteren wurden hier einfach alle Alben in der urpsrünglichen Zusammenstellung in einer Box verpackt, was zur Folge hat, dass meinetwegen von Bushes and Briars drei verschiedene Fassungen und Aufnahmen enthalten sind. Das ist zwar im direkten Vergleich ganz nett, aber zugegebenermaßen fehlen dafür auch einige sehr wichtige Werke wie z.B. das Frühwerk Willow-Wood für Bariton, Frauenstimmen und Orchester, um das sich Vaughan Williams zu Lebzeiten selbst sehr bemühte, das aber erst von Naxos erstmals veröffentlicht wurde.

Wirklich ärgerlich ist jedoch das Booklet. Dass die CDs in Papiertüten daherkommen ist ja mittlerweile schon längst Usus, aber das Booklet ist nicht nur mager und enthält nicht einmal einen Einleitungstext, nein, es geizt auch noch mit wichtigen Informationen! So steht zwar immer der Titel da, der Interpret und auch die Laufzeit, nicht aber das Entstehungs- oder Veröffentlichungsdatum der jeweiligen Werke. Gehe ich also als Unwissender an diese Box heran habe ich keine Ahnung, in welcher Phase Vaughan Williams das jeweilige Werk überhaupt schrieb. Besonders fürchterlich ist auch das ständige Weglassen von Libretti und Texten. Sämtliche Lied-Texte musste ich mir ergoogeln und erlesen. Um The Pilgrims Progress anständig hören zu können, musste ich den Klavierauszug ausleihen und Hugh the drover oder Sir John in Love konnte ich anhand wager Inhaltsbeschreibungen im Internet verfolgen. Ich hätte da lieber ein paar Euronen mehr bezahlt und hätte dafür die Original-Booklet-Texte der alten Ausgaben ebenfalls mit in der Box gefunden als diese bloße Liste von Werktiteln und Interpreten.

Insofern ist es schon richtig, dass Emi sich wie fast kein anderes Label um Vaughan Williams bemüht, das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass es sich bei dieser Box mehr oder weniger um ein recht lieblos und schnell zusammengeschustertes Produkt handelt, das auch viele der wichtigsten Werke erst in der zweit- oder sogar nur drittbesten Interpretation enthält.

Nichts desto trotz handelt es sich trotz aller Abstriche um eine lobenswerte Veröffentlichung, denn dieser Komponist ist einfach viel zu wenig präsent in den hiesigen Konzerthäusern und CD-Läden. Außerdem liegen wirklich wichtige Werke wie das Epithalamion auch nur in dieser einen Einspielung vor. Ich kann diesen vielseitigen Komponisten nur jedem empfehlen, denn er hat es geschafft, auch nach der Spätromantik eine eigenständige Tonsprache innerhalb der tonalen Grenzen zu finden und dabei auch einen kompletten Nationalstil zu prägen. Meine Empfehlungen für einen Vaughan-Williams-Einsteiger daher:

- Sämtliche Symphonien

- Songs of Travel (1901-04)

- The House of Life (1903)

- Norfolk Rhapsody Nr.1 (1906)

- The Wasps (1909)

- Fantasia on a Theme by Thomas Tallis (1910)

- The Lark Ascending (1914)

- English Folksong Suite (1923)

- Hugh the Drover (1924)

- Flos Campi (1925)

- Klavierkonzert in C-Dur (1926)

- Hiob (1930)

- Five Tudor Portraits (1935)

- Dona Nobis Pacem (1936)

- Serenade to Music (1938)

- Five Variants of Dives and Lazarus (1939)

- Streichquartett Nr.2

- Fantasia (Quasi Variation) on the Old 104th Psalm Tune (1949)

- Romance (1951)

- The Pilgrims Progress (1951)

- Konzert für Tuba und Orchester (1954)

- Epithalamion (1957)

Bearbeitet von Mephisto
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Wow...da hat sich wieder jemand seeeehr viel Mühe gegeben. :D

Allerdings wäre es echt etwas lesbarer und würde nicht so erschlagend wirken, wenn ein paar Lücken im Text gelassen werden bzw mehr Absätze gemacht werden. So ne Textbombe ist echt heavy...auch wenn der Inhalt wirklich toll ist. :)

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Wow, das schlägt in Sachen Umfang ja sogar meine Schostakowitsch-Einführung - Respekt! :)

Wird in den nächsten Tagen dann häppchenweise gelesen. Vielleicht inspiriert es mich ja sogar dazu, mal wieder meine bislang wenig gehörte Vaughan-Williams-Sinfonien-Box unter Haitink aus dem Regal zu holen... :D

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Die Zauberworte lauten: "Semesterferien" und "verständnisvolle Freundin", die es ohne jedes Verziehen der Mine erträgt, wenn man den Wecker auch 8:00 stellt, um noch schnell vorm gemeinsamen Frühstück einen Liedzyklus anzuhören...oder zwei :)

Mittlerweile läuft das Sommersemester auf Hochtouren, aber immerhin: Ende Mai darf ich im Tubakonzert Pauken spielen - ja genau, in DEM Tubakonzert von Vaughan Williams auf CD 10:)

Aber die Anschaffung lohnt sich besonders jetzt zu den Hammerpreisen auf Amazon. Dann lieber auf einen Schlag 30 CDs kaufen und innerhalb der nächsten Monate Stück für Stück genießen als sich die Box irgendwann nicht mehr leisten zu können, wenn sie irre teuer ist und man nur noch ein paar alte CDs schießen kann.

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Mensch, dein Leben will ich mal haben...:)

Ich bin zwar auch mitten im Abschluss-Stress, aber sowas wie etwas "Verständnisvolles" an meiner Seite...hach...kann ich nur von träumen. :D

Ich bin grad wieder an meinem Steckenpferd dran:

Globus - Epicon

Wie sehr ich dieses aufgeblasene epische Zeug liebe...verwünscht mich, aber ich steh sowas von auf diesen Kram. Perfekt zum Hören wenn es einem Scheisse geht, als Soundtrack inner virtuellen Schlacht in Team Fortress 2, Autofahr-Musik... sowas schwingt meine Emotionen mindestens genauso hoch wie Mahlers 2. Sinfonie. ^^

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Dann wünsche ich schonmal viel Erfolg beim Abschluss. Hoffentlich kannst Du über die Ostertage etwas entspannen.

Immediate lief gestern auch bei mir - allerdings das Original (beim Wäsche Aufhängen :D), denn von Globus habe ich noch keine CDs. Bin mir immernoch nicht sicher, ob ich derart aufgeblasenen Rock brauche, wenn ich mittlerweile 8 CDs von Immediate habe. Schön, dass Du Dich noch an den Mahler erinnerst :)

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Dank dir (oder wars Seb? Weiss grad nicht genau) läuft der Herr Mahler sehr, sehr oft bei mir. :)

War die Entdeckung der letzten Jahre für mich in Sachen Klassik.

Du meinst in Sachen IM auch die "Themes for Orchestra & Chor", dieses Mega-Machwerk?

Ist leider noch nicht in meinem Besitz; kommt aber bestimmt noch.

Derzeit machen es noch die Trailerhead und eben Epicon.

Wenn du aber schon soviel IM besitzt, ist Globus auch für nen Nicht-IM-Dauerhörer eher überflüssig.

Für Trailermusik-Fans aber ein Muss, wie ich finde.^^

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Dank dir (oder wars Seb? Weiss grad nicht genau) läuft der Herr Mahler sehr, sehr oft bei mir. :)

War die Entdeckung der letzten Jahre für mich in Sachen Klassik.

Du meinst in Sachen IM auch die "Themes for Orchestra & Chor", dieses Mega-Machwerk?

Ist leider noch nicht in meinem Besitz; kommt aber bestimmt noch.

Derzeit machen es noch die Trailerhead und eben Epicon.

Wenn du aber schon soviel IM besitzt, ist Globus auch für nen Nicht-IM-Dauerhörer eher überflüssig.

Für Trailermusik-Fans aber ein Muss, wie ich finde.^^

Ja, TFOAC 2&3 habe ich mir im Dezember nach dem Motto "Weil ich's kann" zugelegt aber mittlerweile läuft der eine oder andere Track doch ganz gerne mal (Meine Meinung habe ich ja auch an anderer Stelle mal geäußert).

Mahler 2 habe ich mal in die "Anspruchsdiskussion" geworfen, jedenfalls die letzten sechs Minuten. Kennst du mittlerweile die ganze Symphonie? Wirklich ein tolles Stück Musik von der ersten bis zur letzten Minute. Dir dürften auch besonders die ersten 20 Minuten gefallen :D

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So, heute morgen wieder aus dem Bett geschlichen, um den Ostermontag mit einem bisher mir völlig unbekanntem Komponisten zu eröffnen.

Arnold Cooke - Symphonie Nr.3

Eigentlich habe ich mir diese CD wegen der beiden Brian-Symphonien zugelegt, aber jetzt doch mit dem Cooke begonnen. Arnold Cooke war ein britischer Komponist, der von 1906-2005 lebte und während dieser erstaunlich langen Lebenszeit seit seinem Studium unter Paul Hindemith im Alter von 23 Jahren in England an bedeutenden Hochschulen als Lehrer tätig war. Sein Schaffen umfasst sechs Symphonien, eine Oper, mehrere Instrumentalkonzerte und auch sonst war Cooke in fast jedem Genre der Instrumentalmusik tätig; wirklich bedeutende Werke findet man allerdings eher in der Vokalmusik. Das bedeutet jedoch nicht, dass die instrumentalen Werke Cookes uninteressant oder gar langweilig sind - davon konnte ich mich eben selbst überzeugen:)

Die vorliegende dritte Symphonie zeigt deutlich die Verbundenheit Cookes mit den musikalischen Lehren Hindemiths, sodass dieses Werk auf klaren Strukturen beruht und nirgends auf völlig dramatische oder emotionale Höhepunkte abzielt. Auch die Orchestrierung ist ökonomisch und durchsichtig gestaltet, sodass der Hörer dem Werk und seiner Struktur leicht folgen kann. Besonders interessant ist die enge Verknüpfung einzelner Themen und Motive wie z.B. ein vom Horn eingeführtes Thema in der Mitte des ersten Satzes. Kaum hat das Horn dieses neue Thema ausgespielt, übernehmen es schon die Holzbläser - allerdings in doppelter Geschwindigkeit - als Ostinato, das sich für die folgenden Takte gekonnt durch fast alle Register und Instrumente des Orchesters zieht. Oder die schnell aufsteigenden Läufe der ersten beiden Takte des ersten Satzes, die sich wie ein roter Faden durch den gesamten Satz ziehen und so die einzelnen musikalischen Abschnitte miteinander verbinden.

Auch der zweite Satzverzichtet auf möglicht triefenden Schmalz oder Pathos und setzt stattdessen auf eine lyrische Melodie der Klarinette, die mehrfach variiert wird, bevor ein kurzer Rhythmus in der Pauke einen neuen Abschnitt einläutet und wieder das Horn ein neues Thema einführt. Mit diesen drei Elementen beginnt Cooke nun seinen längsten Satz dieser Symphonie zu getsalten und schafft es, seinem Ausgangsmaterial immer neue Facetten abzugewinnen ohne auf Effekthascherei setzen zu müssen.

Das Finale ist mit seinen knapp sechs Minuten der kürzeste Satz. Hier breitet Cooke eine Fülle von Themen - die natürlich auf verschiedene Art und Weise mit denen des ersten Satzes verwandt sind - aus, bevor nun auch originales Material aus dem ersten Satz erklingt und die Symphonie zu einem optimistischen Finale führt.

Insgesamt schuf Arnold Cooke hier ein gelungenes Werk von überschaubarem und heiterem Caharkter. Die kurze Laufzeit von gerade 22 Minuten und die Tatsache, dass diese Symphonie nu aus drei Sätzen besteht macht es dem Rezipienten leicht, dieses Werk schon bei den ersten beiden Hördurchgängen in seiner Struktur zu erfassen. Doch Cooke gibt nicht all die Stärken der Symphonie so leicht preis. Es loht sich, diese Symphonie mehrmals anzuhören, denn je genauer man hinhört, umso mehr interessante Details entdeckt man. Die Aufnahme des London Philharmonic Orchestras unter Nicholas Braithwaite fängt den Charaker dieses Stücks sehr gut ein und stellt - wenn auch kein absolutes Muss - doch eine nette Bereicherung in meiner Abteilung britischer Musik dar und ist jedem zu empfehlen, der weder mit überbordener pathetischer Spätromantik noch mit der atonalen Moderne etwas anfangen kann.

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Mahler 2 habe ich mal in die "Anspruchsdiskussion" geworfen, jedenfalls die letzten sechs Minuten. Kennst du mittlerweile die ganze Symphonie? Wirklich ein tolles Stück Musik von der ersten bis zur letzten Minute. Dir dürften auch besonders die ersten 20 Minuten gefallen :)

Ich kenn inzwischen 1-10. :D

Allerdings rotiert die 2. von Anfang bis Ende am Häufigsten.

Ein großartiges Machwerk.

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Absolut! Die Zweite ist auch mein Favorit, allerdings dürfte dir doch auch besonders die Achte gefallen, oder? Welche Aufnahmen hast Du Dir denn zugelegt?

Bei mir gibt's jetzt nochmal nach einem langen Sonnenspaziergang die Dritte von Beethoven unter Gielen und dann geht's in "The Mechanic" - ein erfüllter Ostermontag...:)

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Toll Mephisto, wie findet man nur die Zeit so einen Artikel zu schreiben. Genial!

Danke für die lieben Worte. Wie gesagt, den Artikel habe ich noch in den Semesterferien verfasst, da hatte ich genügend Zeit um zu hören und zu schreiben. Und wenn ich mir das so durchlese: Sebastian, der vielleicht nochmal die Symphonien hört, Du und Ludwig, die ihr euch die Box gekauft habt (Ludwig, wie weit bist Du?) - das sind für mich schon Gründe genug, sich hinzusetzen und sowas zu verfassen, denn schon ein Leser, der sich für den Komponisten oder die CD zu interessieren beginnt kann schon einen weiteren Fan des jeweiligen Werkes/Komponisten bedeuten :lol2:

Ich bleibe vorerst bei der britischen Musik des letzten Jahrhunderts, denn die letzten Wochen und Monate habe ich damit zugebracht, mein Geld und meine Zeit für eine fast vollständige Diskographie Havergal Brians aufzubringen. Dieses Projekt ist nun beendet und so kann ich in den folgenden Wochen CD für CD öffnen, hören und hier besprechen. Heute jedoch widme ich mich noch einmal zwei unbekannten Werken hierzulande kaum bekannter Komponisten:

York Bowen - Rhapsodie für Cello und Orchester

York Bowen war als Sohn eines Whiskeydestilleriebesützers ein Vertreter der Generation von Komponisten, die aus bürgerlichen Verhältnissen stammen. Hierzu zählen u. A Havergal Brian, Arnold Bax und Alan Bush. Bowen, der schon sehr früh Klavierunterricht erhielt, war äußerst begabt und studierte schließlich Komposition sowie Klavier und war bis zu seinem Tode 1961 als Lehrer tätig. Obwohl das Klavier das Hauptinstrument in Bowens Schaffen darstellt, enthält das Werkverzeichnis des Briten Stücke in nahezu jedem Fach der Instrumentalmusik wie Symphonien, Cellosonaten etc.

Diese Rhapsodie für Cello und Orchester entstand um 1924 und ist von der Mehrsätzigkeit in der Einsätzigkeit geprägt, sodass das rund 24-minütige Stück zwar aus mehreren Abschnitten besteht, die aber alle nahtlos ineinander übergehen. Obwohl das Stück mit zwei recht dissonanten Akkorden des Orchesters beginnt, wird einem schon bei dem folgenden äußerst theatralischen Einsatz des Solocellos klar, dass dieses Werk von rein spätromantischem Gestus geprägt ist. Das virtuose Spiel des Cellos ist ganz im Sinne Schumanns mit dem Orchester verwoben. Das Stück weicht in keiner Minute Bowens typisch spätromantischer Tonalität mit einigen chromatischen Einsprengseln ab und stütz sich auf große Gesten, weite Linien und ausschweifende Melodien und Motive. Besonders zauberhaft mutet die nach neun Minuten erklingende Passage im Charakter eines langsamen Satzes ein. Hier breiten die Harfe, Holzbläser und Streicher einen weichen Klangteppich aus, auf dem sich die weiten Melodielinien des Cellos in hoher Lage erstrecken, bevor eine pulsierende Kadenz des Cellos in ein schwungvolles Thema des Orchesters überleitet, das nun von dem Solisten und dem Orchester hin- und hergeworfen wird, bevor das Cello noch einmal seinen allerersten Einsatz wiederholt und das Stück zur Ruhe kommt. Noch einmal erklingen die beiden Anfangsakkorde - dieses Mal aber sehr schwach und ohne weiteren Einflus auf das musikalische Geschehen und das Cello das Orchester zu einem sanften Ausklang führt.

Dieses Werk ist typisch süffige Spätromantik in Reinkultur und allen Straussliebhabern wärmstens zu empfehlen. Durch seine Unbekanntheit seiner selbst und seines Schöpfers hat das Stück bis heute seine Frische bewahrt, auch wenn der Charakter des Stücks schon 1924 leicht überholt in Hinblick auf die europäische und amerikanische Musikentwicklung erschienen sein mag.

Alan Bush - Concert Suite für Cello und Orchester

Bush studierte nach seiner Zeit an der Royal Academy of Music auch in Deutschland Musikwissenschaft und Philosophie und war bekennender Sozialist. Er vermochte, politische Botschaften mit publikumswirksamer Musikzu kompoinieren, weshalb sogar einmal die BBC eine Ausstrahlung eines seiner Werke verweigerte.

Die hier enthaltene Konzertsuite für Cello und Orchester entstand 1951 und ist in fünf Sätze unterteit. Nach einer kurzen Einleitung des Orchester mit einem Wechselspiel der einzelnen Instrumentengruppen folgt der erste Satz "Divisions on a ground", das von einer getragenen Melodielinie der tiefen Streicher unisono vorgetragen und von dem Solocello sehr frei anmutend beantwortet wird. Dieses Wechselspiel wiederholt sich noch zwei weitere Male, bevor langsam das Orchester nach und nach während eines langen Cellosolos seine Stimme erhebt und den Satz schließlich zu einem etwas heitererem Ende führt. Es folgt ein Scherzohafter Satz mit dem Titel "Ballett", der von einer schwunghaften Melodie des Orchester eröffnet und von dem Cello weitergeführt wird. Auch hier spielt das Frage-und-Antwort-Spiel zwischen dem Orchester und dem Solisten eine große Rolle. Nur im mittleren Trio verschmelzen beide Stimmen ein wenig miteinander. Der langsame Satz wurde von Bush mit dem Wort "Poem" übertitelt und beginnt mit sehr langen Tönen der Streicher und des Englischhorns, bevor die Harfe mit einem weichen Viertelpuls einsteigt. Auch wenn das Werk vollkommen tonal gehalten ist, so ist nun die zarte Stimme des Solocellos und die kaum greifbar erscheinende Untermalung des Orchesters so schattenhaft, dass hier eher eine Atmosphäre erzeugt wird. Ein getragenes Thema für einen langsamen Satz oder überhaupt ein überzeugendes Motiv oder eine Melodie die haften bleibt, sucht man vergeblich. Es folgt ein heiteres und furioses Finale, das hauptsächlich von einem leicht folkloristischem Thema getragen wird und diese Suit zu einem heiteren Finale führt.

Wenn man beide Werke miteinander vergleicht fällt besonders auf, dass beide Komponisten in einer Zeit der Moderne komponierten, aber doch in alten Traditionen verbunden waren. So basiert Bowens Konzert auf dem einsätzigen Konzept eines Liszt mit der Verbundenheit des Orchesters mit dem Solisten wie bei Schumann während Bush auf die klassische Tradition des von Orchesterritornellen umrahmten Soloteils zurückgreift. Bowens Musik pulsiert von Leidenschaft und basiert auf großen Gesten und theatralisch-emotional überladenen Momenten, während Bushs 30 Jahre später entstandenes Werk viel distanzierter und klarer struktiriert erscheint. Dafür braucht es beim Bush länger, dass man mit der Musik warm wird, denn mir scheint Bushs Konzert weder Fisch noch Fleisch zu sein. Für ein tonales Werk fehlen mir ein bisschen die thematisch-motivischen Ideen, für ein modernes Werk enthält die Suite zu wenig Stimmung und Atmosphäre, sodass ich persönlich den ausschweifenden Bowen vorziehe.

Bei dieser lobenswerten Veröffentlichung handelt es sich bei allen dreien enthaltenen Werken um Weltpremieren. Keines der hier gehörten Werke wurde vorher eingespielt. Umso besser ist es, wenn die einzigen Aufnahmen auch noch von solcher Qualität sind. Die Musiker - besonders Solist Raphael Wallfisch - liefern durchweg spielfreudige Interpretationen und die Aufnahme ist glasklar, aber nicht zu trocken. Das Booklet enthält einige Informationen über die Komponisten und die Werke. Freunde der modernen tonalen Musik sowie der Spätromantik kommen hier voll auf ihre Kosten.

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Ich bleibe vorerst bei der britischen Musik des letzten Jahrhunderts

Sehr gute Wahl, da gibt es jede Menge zu entdecken. Ich mag die Musik von York Bowen ebenfalls sehr (ein Chopin im 20. Jahrhundert) und kann vorallem diese CD mit den Klavierkonzerten sehr empfehlen:

Romantic Piano Concerto Vol.46: d. Driver, M. Brabbins, BBC Scottish So, York Bowen: Amazon.de: Musik

Als Klavierübungen (konzeptionstechnisch nicht an Chopin orientiert sondern an Bach)

sind außerdem die 24 Preludes sehr interessant.

Bowen hat im Übrigen auch ein kleines Buch (eigentlich mehr ein Heft) verfasst, indem er einen Versuch über die Technik des Klavierspielens darlegt und mit hilfreichen Erklärungen zusammenfasst. Eine gute Investition für jene, die einen Einblick in die britische Klavierschule mitte des letzten Jahrhunderts gewinnen wollen.

Ebenfalls ein markanter Meilenstein der britischen Musikkultur um die 1910er Jahre war Cyril Scott der unglaubliche Musik geschrieben hat. Debussy hielt ihn für ein Ausnahmetalent das schon im Alter von 2 1/2 Jahren Klavier spielte. Studiert hat er in Deutschland, in seinen diversen Konzerten saß er oft selbst am Klavier und war für seine Virtuosität berühmt. Auf Einladung von Frau Mahler kam er nach Wien und gab unter großem Beifall ein Konzert.

Unter seinen Werken sind vorallem das erste Klavierkonzert hervorzuheben, sowie das Konzert für Cello (beides erst jüngst bei CHANDOS erschienen).

Um einen guten Einstieg zu finden kann die Einspielung der beiden Klavierkonzerte unter Bernard Herrmann wärmstens empfohlen werden.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen und noch einen Komponisten vorstellen, welchen ich ohne Übertreibung als den größten Komponisten

bezeichnen würde, den die Türkei je hervorgebracht hat: Ahmed Adnan Saygun.

Seine Ausbildung genoss er größten Teils in Europa und war bei Gründung der türkischen Republik in den 1920ern die Identifikationsfigur der neuen Türkei.

Stilistisch beeinflusst von seinem Lehrer Vincent dIndy entwickelte er schnell einen sehr persönlichen Stil mit dem es ihm gelang, europäische Moderne mit der traditionellen Folklore der Türkei zu verbinden. Bela Bartok und Saygun unternahmen außerdem einige Reisen durch die Türkei um die traditionelle Musik des Landes damals festzuhalten. Wenn ich ein Werk favorisieren müsste - was bei Saygun sehr schwer ist - so würde ich das erste Klavierkonzert wählen. Außerdem sind die beiden Konzerte für Viola und das für Cello sowie die zweite Symphony sehr zu empfehlen; die Musik ist unglaublich gut strukturiert und durchdacht.

Sich eine nahezu komplette Saygun Sammlung mit den großen Werken aufzubauen ist dank der günstigen Preise bei CPO/->JPC mittlerweile möglich (das einzige Label bis dato, dass sich seiner Werke ernsthaft angenommen hat).

Beispiele:

Saygun - Klavierkonzert:

[ame=http://www.youtube.com/watch?v=zUFmnXNM8SE]YouTube - Gulsin Onay - Saygun 1st Piano Concerto (1/4)[/ame]

Scott - Klavierkonzert:

[ame=http://www.youtube.com/watch?v=6a8qhnQ95Wk]YouTube - Cyril Scott Piano Concerto No 1 3rd mvt[/ame]

Bowen - Fantasie für Klav.&Orch.

[ame=http://www.youtube.com/watch?v=blEFggIIzEg]YouTube - York Bowen : Fantasia for piano and orchestra (1907) 1/2[/ame]

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Danke für die tollen Hörbeispiele. Es gibt Herrmann-Einspielungen von Bowen? Wie klein die Welt doch ist. Aber das Gehörte bestätigt meine vom Cellokonzert gewonnenen Eindrücke: Ein absolut spätromantischer Komponist. Derart süffige Musik bekommt man auch bei Strauss und anderen, doch da man seine Werke nahezu überhaupt nie zu hören bekommt, haben sie doch gegenüber des abgnudelten "Heldenleben" eine gewisse Frische bewahrt. Trotzdem werde ich meine Bowen-Diskographie erstmal höchstens sporadisch erweitern. Cyril Scott ist mir ein Begriff, aber da sollte ich doch noch stärker die Ohren offen halten. Ahmed Adnan Saygun scheint ebenfalls sehr interessant zu sein, da ich aus dem türkischen Raum bisher nichts kenne.

Bei mir ging's dann heute doch nochmal los mit

Havergal Brian - Lieder

Havergal Brian hat sich in den letzten Jahren durch eine steigende Präsentation auf Tonträgern und die Bemühungen der Havergal Brian Society langsam aber sicher seine Beachtung als großer Symphoniker der Musikgeschichte - immerhin 32 Symphonien - erarbeitet. Nichts desto trotz begann auch Brian wie viele andere spätromantische Komponisten seine Karriere mit dem Schreiben von Kunstliedern. Über 60 Lieder entstanden in den früheren Jahren zwischen 1900 und 1920, von denen mehrere verschollen und von einigen nicht einmal mehr der Titel überliefert wurde. Diese CD enthält 18 ausgewählte Lieder für Bariton, die alle auf Gedichten basieren, die sich mit den drei Themen beschäftigen, denen alleine Brian den Wert beimaß, vertont zu werden: Liebe, Hass & Tod. Diese sehr romantischen Themen decken sich auch mit dem damaligen Stil des Komponisten, der äußerst spätromantisch und empfindsam komponierte, gleichzeitig aber offen für neue Ströhmungen und moderne Eindrücke war, diese teilweise aufnahm und mit seinem eigenen Stil verschmolz. So begegnen einem in dem Lied "Renunciation" fast schon Mahlerische Seufzer und "The Land of Dreams" verdankt seinen starken expressionistischen Anstrich ohne Zweifel Brians Begeisterung für Schönbergs "Buch der hängenden Gärten". Doch auch viele persönliche Merkmale spiegeln sich in der Musik wieder. Hier wäre besonders das von Shakespeare vertonte "Take, O Take These Lips Away" zu nennen, dessen fast tragischen Text Brian mit einem Reigen des Klaviers unterlegte, der dem Charakter des Textes vollkommen widerspricht und auch musikalisch seinen ganz eigenen Weg zu gehen scheint. Auch das aggressive "Soul of Steel", das auf einem Text von Brians Vermieter aus dem Jahre 1921 basiert, spiegelt die persönliche Krise des von sich selbst überzeugten Komponisten wider, der aber für sein Werk keine Beachtung oder ein Publikum findet.

Insgesamt ist die emotionale Bandbreite der 18 Lieder spektakulär und Brians Kompositionen geben die Texte mit äußerster Empfindsamkeit wieder, sodass auch die tieferen Bedeutungen eines Textes in den Noten ihren Niederschlag finden und man es hier nicht mit der oft allzu aufgesetzt erscheinenden überbordenen Gefühllastigkeit anderer romantischer Textvertonungen zu tun hat. Die Begleitstimmen des Klaviers sind stets sehr vollgriffig und virtuos gesetzt und auch an den Sänger erhebt Brian hier höchste Ansprüche in Bezug auf technisches Können sowie eine geistige Reife, diese oft schweren Texte entsprechend zu interpretieren. Hier traf man mit Brian Rayner Cook die beste Wahl, da dieser die Lieder noch selbst mit dem Komponisten diskutiert und erarbeitet hat. Roger Vignoles' Klavierspiel ist absolut brillant und wird den anspruchsvollen Kompositionen absolut gerecht.

Die Aufnahmen sind mittlerweile knapp 30 Jahre alt, wurden aber hervorragend wieder aufpoliert und liegen hier zum ersten Mal auf CD vor. Das Booklet enthält eine ausführliche Besprechung aller Lieder in Hinblick auf ihren musikalischen Elemente sowie ihre Bedeutung im Kontext von Brians Schaffen in Englisch, Deutsch und Französisch sowie alle Liedtexte. Die deutsche Übersetzung des Textes ist sehr gelungen, allerdings häufen sich absolut überflüssige Tippfehler wie fehlende Silben und Buchstaben oder ganze Wortwiederholungen. Trotzdemhandelt es sich bei diesem Album um ein absolut hochwertiges Produkt, das in keiner Sammlung eines Liebhabers spätromantischer oder allgemein anspruchsvoller Vokalmusik fehlen sollte.

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[ame=http://www.youtube.com/watch?v=A3ork0msQ_o]YouTube - Until The Last Moment - Yanni Live! The Concert Event[/ame]

4:48 oO


[ame=http://www.youtube.com/watch?v=jbRJ3Y4tztY]YouTube - Yanni Ft Samvel Yervinyan - For All Seasons (HQ)[/ame]

der Teufelsgeiger ^^ Bearbeitet von lordvigor
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  • 2 Wochen später...

Havergal Brian ist ein Phänomen der Musikwelt Englands. Neben seinem beeindruckenden Zyklus von 32 Symphonien machte er besonders als Komponist der Gothic Symphony von sich reden, da dieses Werk in der Rubrik Größte Symphonie sogar einen Eintrag ins Guinnessbuch der Weltrekorde erzielte. Brian wurde 1976 in eine Töpferfamilie in Dresden, Staffordshire geboren und verlies mit bereits zwölf Jahren die Schule und arbeitete als Organist im nahe gelegenen Cheshire. Abgesehen von einer umfangreichen Grundlehre in Musiktheorie, die Brian von einem ortsansässigen Lehrer erhielt, war der junge Brite zeitlebens Autodidakt und genoss nie eine professionelle Ausbildung. Diese Tatsache und seine Herkunft machten es dem jungen Havergal Brian schwer, Fuß zu fassen und so nahm er möglichst alle Arbeiten, die etwas mit Musik zu tun hatten an, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ob als Kopist, Musikjournalist oder Kritiker. Anfang des neunzehnten Jahrhunderts wurde Brian mit seiner English Suite Nr.1 bekannt und es kam in den folgenden Jahren zu mehreren Aufführungen seiner frühen Orchesterwerke, doch spätestens in den 1920ern blieb ihm der Erfolg verwehrt.
Doch trotzdem ist dieser auf den ersten Blick vielleicht etwas wunderliche Komponist mit seinen oft gigantisch besetzten Werken es auf jeden Fall wert, näher erkundet zu werden. Dank der Havergal Brian Society wurden mittlerweile viele Werke professionell eingespielt und sind hauptsächlich bei Naxos zu finden. Auch andere britische Label ziehen mittlerweile mit Brian-Veröffentlichungen mit. Insgesamt bietet sich dem interessierten Sammler, auf dem momentanen Markt rund 20 Brian-CDs zu kaufen, die ich in den folgenden Wochen nach und nach hier besprechen werde. Die frühen Jahre von dem ältesten überlieferten Orchesterwerk bis zur gigantischen Gothic Symphony folgen heute in einer Besprechung aller in dieser Zeit entstandenen Werke, die auf CD erschienen und erhältlich sind. Da jedes Werk fast nur einmal eingespielt wurde ist es müßig, sich besonders über die Interpretationen auszulassen, da es keine Alternativen gibt (in den meisten Fällen ein Set der Orchesterwerke aus den 80er Jahren eines Laienorchesters, von dem mittlerweile vermehrt abgeraten wird, da viele dort eingespielten Werke mittlerweile als professionelle Aufnahmen erhältlich sind).

 

 

 

 

 

Burlesque Variations on an Original Theme

 


Die Burlesque Variations on an Original Theme, for large orchestra wurden zwar in einer frühen Werkliste Havergal Brians in The Staffordshire Sentinel am 15.Januar 1907 sowie dem Programm für die Londoner Premiere der Englischen Suite Nr.1 und Vor Valour erwähnt, allerdings blieb das früheste erhaltene orchestrale Werk Brians bis 1974 unaufgeführt und galt als verschollen, bis das Manuskript in einer Auktion vom Londoner Buchhändler Maggs Bros. mit anderen Stücken aus der Sammlung des Kritikers Ernest Newman wieder auftauchte, dem Brian damals die Partitur zeigte. Eintragungen Brians besagen jedoch außerdem, dass dieser das Manuskript bis 1912 behalten hat. Nach der Wiederentdeckung über siebzig Jahre nach der Fertigstellung wurde das Werk von dem City of Hull Youth Orchestra unter Geoffrey Heald-Smith im Rahmen einer LP-Reihe mit Brians Orchesterwerken erstmals eingespielt.
Laut Manuskript im September 1903 in Hartshill, Stoke on Trent, fertiggestellt sind die Burlesque Variations on an Original Theme das älteste überlieferte Werk für Orchester im Schaffen Brians. Dir vorigen beiden Werke für Orchester - ein Requiem und Tragic Prelude sind bis heute verloren.Das ebenfalls vor 1903 entstandene Pantalon and Columbine für kleines Orchester wurde mit einer geringfügigen Veränderung in die zwischen 1904 und 1906 entstandene Englische Suite Nr.1 eingefügt, doch auch unter Einbeziehung dieser Komposition sind die Burlesque Variations on an Original Theme das bis dahin am größten besetzte Stück Brians, welches mit dreifach besetzten Holzbläsern inklusive Piccoloflöte, Englischhorn und Kontrafagott, Bassklarinette und jeweils vier Hörnern und Trompeten sowie drei Posaunen, Tuba, Streichern und Schlagzeug (Pauken, kleine und große Trommel, Becken und Gong) an der Anzahl der zu spielenden Musiker erst 1914 übertroffen wird. Eine zweite Harfe sowie die im Finale eingesetzte Orgel wurden von Brian zwar mit ad libitum gekennzeichnet, sind jedoch für eine dem Stück angemessene Aufführung unverzichtbar. Als eines der frühesten Orchesterwerke weist die Partitur in ihrer Erstfassung einige kleine Fehlannahmen in Hinblick auf das Zusammenspiel des großen Orchesters auf, die von Brian zwischen 1910 und 1912 handschriftlich im Manuskript korrigiert wurden, doch hätte der Komponist jemals die Gelegenheit gehabt, dieses Werk zu hören so hätte er die Veränderungen wahrscheinlich sofort vorgenommen.

Brian schrieb die Burlesque Variations on an Original Theme im Alter von 27 Jahren als junger Komponist, der zwar in der Vergangenheit viele Erfahrungen im musikalischen Bereich als Kopist oder Arrangeur gesammelt hatte und über ein fundiertes Wissen im Bereich der Musiktheorie verfügte, aber nie eine professionelle Ausbildung als Komponist erhalten hatte. Dadurch ist sein Stil weitaus unabhängiger als der anderer Komponisten wie Vaughan Williams, dessen Studium unter Maurice Ravel in einigen Werken seiner mittleren Phase wieder durchschimmert oder natürlich den Schülern Schönbergs. Trotzdem lassen sich in den Burlesque Variations on an Original Theme auch Havergal Brians musikalische Vorbilder leicht ausmachen, unter denen sich Edward Elgar ganz weit an der Spitze befand.
Auch Elgar hatte vier Jahre zuvor seine Enigma Variations geschrieben, die Brian sehr wohl bekannt gewesen sein dürften und die Burlesque Variations on an Original Theme durchaus als Anlehnung des jungen Komponisten an den Meister aufgefasst werden.
Der Begriff Burlesque stammt von dem italienischen Begriff burla ab, der mit Schabernack übersetzt werden kann und seinen Ursprung wiederum in dem lateinischen Wort burra hat, das soviel wie Lappalie bedeutet. Die italienischen Burleska des 17. Jahrhunderts war eine humorvolle theatralische Darstellung, in der Personen und Situationen übertrieben dargestellt und parodiert wurden.
Das Wort Burlesque im Titel des Werkes verwundert auf den ersten Blick unter Einbeziehung der teils mit forschen und tosenden Passagen durchzogenen Partitur und scheint hauptsächlich der Charakterisierung des sehr leicht gehaltenen Themas zu dienen, doch die heftigen Stimmungs- und Dynamikwechsel in der Musik sowie die teils völlig unerwarteten Wandlungen des Themas in furioses Tutti-Spiel und strenge Märsche haben schon fast etwas grotesk-überzogenes und erscheinen einem teilweise wie Parodien ihrer selbst.

Das Thema wird von einem ternären Auftakt der Holzbläser und der Pauke eröffnet, worauf die Streicher mit einer sehr weichen und fast schon getragenen Melodielinie antworten, bevor wieder das dreitönige Auftaktmotiv erklingt und wieder die Streicher, dieses Mal um einige Holzbläser verstärkt, antworten. Mit einem leisen Wirbel schaltet sich Pauke ein und spielt abermals die rhythmische Figur des Dreitonmotivs, welches nun von den Streichern harmonisiert wird und in einer Wiederholung der gesamten Periode mündet, in die wieder die Holzbläser einsteigen und die sanft ausklingt.
Die ersten beiden Variationen wurden mit dem Wort Tempesto übertitelt und dementsprechend stürmisch klingen die beiden Sätze auch und bilden mit ihrem wilden Charakter und der polyphonen Instrumentierung einen klaren Gegensatz zum eher schlicht gehaltenen ersten Thema.
Variation I wurde mit dem Wort Imitando versehen und eröffnet nach einem kurzen Auftakt der Pauke mit einer stürmischen Triolengirlande der Streicher, die in eine stark synchopierte Melodie mündet und eine getragene klar an das Thema angelehnte Melodie der Holzbläser umringt. Hier zeigt sich deutlich die zentrale Funktion, die der Kontrapunkt im musikalischen Denken Brians spielt. Langsam tun sich die Holzbläser hervor und nach einem Beckenschlag gekoppelt mit der großen Trommel erstrahlt das Thema im hellen Blech, während die Streicher mit ihrer vollbrüstigen Ornamentierung fortfahren. Für eine kurze Zeit gewinnen die Streicher die Oberhand bevor ein weiterer Unisonoschlag der großen Trommel und des Beckens eine Wiederholung der getragenen Melodielinie nun im tiefen Blech eröffnet, bevor die Musik nach und nach ruhiger wird und eine sanftere Passage für die Streicher und die Harfe mit leichten Flötenmotiven erklingt. Doch die Ruhe ist nur von kurzer Dauer, denn bald übernehmen die Pauke und das Blech das Motiv der Flöte und leiten somit eine strahlende Wiederholung des getragenen Themas ein, das wieder zuerst von den Trompeten und dann vom tiefen Blech gespielt wird. Spätestens hier wird dem Zuhörer die Überschrift des Satzes klar, denn die Streicher spielen nun um einige Zähleinheiten versetzt das Thema in Form einer kanonisch versetzten Imitation. Schließlich bricht die Musik abrupt ab, nur um sofort in voriger Manier wieder aufzubrausen und erneut abzubrechen. Fast satirisch mutet nun die von den gezupften Streichern eingeläutete Quarte in der Trompete als Finale an, denn zwei derart furiose Minuten Musik mit einer klassischen unschuldigen Quarte zu beenden ist tatsächlich burlesk.
Auch in der Variation II spielen kontrapunktisches Vorgehen und die Schichtung von binären und ternären Metren eine wichtige Rolle. Ein rollender Paukenwirbel eröffnet eine durchgehende binäre Linie von dicht beieinander liegenden Akkorden der Holzbläser, zwischen denen spitze Töne einer ternären Figur der Violinen hervorstechen. Ein mit der großen Trommel gekoppelter Beckenschlag läutet eine Wiederholung der ersten Takte ein, wobei die Holbläser nun auch von den Hörnern unterstützt werden. Es folgt eine geschmeidige Linie der Violinen, die auf den ersten Takten des ersten Themas basiert und sequenziert wiederholt wird. Ein kurzes aufsteigendes Motiv der Violinen, dessen dritte Wiederholung von einem Beckenschlag garniert wird, leitet zu der ternären Melodielinie der Violinen zu Beginn des Stückes über, die nun von den Flöten gespielt wird und sich so über eine langsame steigende Tonfolge der Violinen legen, die später auch vom Horn gespielt wird. Schließlich übernehmen die Violinen wieder mit einem aufsteigenden Motiv die Führung, das mit einer fallenden Bewegung beantwortet wird. Hier fallen nun auch die Trompeten ein bevor die fallende Tonfolge der Streicher in ein kräftiges Tutti mündet, das abrupt endet. Noch einmal bricht die Musik nach einer kurzen Generalpause voll aus, in der nun die Trompeten die ursprüngliche Akkordfolge der Holzbläser spielen und unter treibender Orchesterbegleitung den Satz in einer kurzen Fanfare beschließen.
Variation III enthält den Titel Elegy und setzt sich mit einer neuen Tonart und einem völlig anderen Charakter von den vorigen beiden sich einander ähnelnden Variationen ab. Der Anfang des Satzes wird alleine von den gedämpften Streichern bestritten, die eine weitere Variation des Themas spielen, das sich am leichtesten an dem ebenfalls ternären Auftakt erkennen lässt. Sanft mischen sich nach und nach einige Holzbläser hinzu, bevor die Musik etwas verhalten verstummt. Sofort erklingt ein dissonanter Akkord der gedämpften Trompeten und Hörner, der von den neckischen Holzbläsern umspielt wird, bevor ein plötzlicher Ausbruch des Orchesters folgt: über einen stehenden Wirbel der kleinen Trommel erstreckt sich eine nahezu schon gequält erscheinende Version des variierten Themas in den Trompeten, das von einem schmerzhaften Kontrapunkt der Violinen gestützt wird. Der Ausbruch verklingt rasch und eine markige Passage für die tiefen Streicher leitet in eine Wiederholung der Variation in den Holzbläsern ein, der sich langsam die Hörner hinzumischen und nach einer kurzen noblen Hornpassage und einer optimistischen Trompetenfanfare steigen nun die Streicher wieder mit einer sanft wiegenden Darbietung des Melodie mit einem verspielten Kontrapunkt der Violinen ein. Nach und nach steigen auch die Holzbläser mit kleineren Verzierungen und das Blech als stützendes Element in die Musik ein, die sich nun immer weiter steigert und schließlich in einem kräftigen und rauen Motiv für das Blech mündet, in das die große Trommel und das Becken einige Unisonoschläge setzen. Nach einer längeren Generalpause folgen zwei flirrend steigende Figuren der Harfe und Streicher, bevor das Thema nun in einem sehr ruhigen Arrangement für Holzbläser und Streicher erklingt, während das Blech mit den dichten Akkorden ein Fundament bildet. Schließlich eröffnen die Violinen eine etwas optimistischere Darbietung des Themas, das nun von kräftigen Akkorden des Blechs durchsetzt ist und schließlich bis auf einen Ton in den Holzbläsern verklingt. Es folgt eine weitere Generalpause, die wieder von den gedämpften Hörnern und Trompeten beendet wird. Nun spielen die Holzbläser das kräftige Hornmotiv, welches aber spätestens bei der Übernahme des Streicher eher einem Seufzermotiv gleicht und die Musik wieder abbremst, bevor das Thema ein letztes Mal schillernd und leidenschaftlich voll in den Streichern erklingt und der Satz in einem strahlend und triumphal vom ganzen Orchester beschlossen wird.
Variation IV versah Brian ursprünglich mit der Überschrift Question & Answer, strich diese Worte jedoch wieder heftig durch. Pauke, Harfe und Bässe bilden durch einen ruhigen regelmäßigen Viertelpuls in G einen Orgelpunkt über den sich eine weitere Variation des Themas in den Holzbläsern und Streichern erstreckt, die sich dynamisch ganz leicht steigert während sich das Blech hinzumischt und in eine Wiederholung folgt, die in einer erneuten dieses Mal deutlicheren Steigerung mündet. Ein Paukenwirbel garniert mit einem Beckenschlag leitet einen neuen Abschnitt ein, dessen Fundament nun ein wie zu Beginn instrumentierter jedoch um große Trommel und Becken erweiterter - Orgelpunkt in Fis bildet und dessen thematisches Material von einem Wechselspiel zwischen Hörnern, Holzbläsern und Streichern bestritten wird. Schließlich übernehmen die Holzbläser und die Streicher treten mit einer ebenfalls im Viertelpuls gehaltenen gezupften Begleitfigur in den Hintergrund, bevor ein kurzer Paukenschlag eine Wiederholung des zweiten Abschnitts einläutet, die sich auch ein drittes Mal zu wiederholen scheint, doch plötzlich nach den ersten Hornklängen abbricht und die ursprüngliche Variation des Themas wie zu Beginn in den Holzbläsern und Streichern erklingt und diesen Satz zu einem noblen von den Trompeten getragenen Finale leitet.
Variation V wird von einem Paukenschlag eröffnet und beginnt mit einer etwas verspielten Holzbläserfigur, die von einer längeren Melodielinie der Streicher, die die eigentliche Variation bildet, durchsetzt wird und die durch die Betonung des ersten Sechzehntels nach der jeweiligen Zählzeit eine interessante Gewichtsverschiebung innehat. Hin und wieder übernimmt die Pauke mit einzelnen Schlägen eine gliedernde Funktion, während die Holzbläser zielstrebig ihre Linie weiterverfolgen, bis sie langsam aufzulaufen und auf der Stelle treten zu scheint. Nach einer kurzen Generalpause eröffnet wieder ein Schlag der Pauke eine Quasi-Wiederholung, doch jetzt übernehmen die Streicher die ursprüngliche Holzbläserfigur und das Blech spielt die Variation des Themas und auch das Schlagwerk kommt deutlicher zum Einsatz Die Variation endet kräftig und bestimmt mit den letzten Takten der Holzbläserfigur, die nun von dem ganzen Orchester gespielt wird.
Variation VI wurde erst nach der Fertigstellung der gesamten Komposition geschrieben und diente wahrscheinlich als Ersatz für eine andere Variation, die es letztendlich doch nicht in dieses Werk schaffte und ist für vier Hörner, Pauke, Harfe und gedämpfte Streicher instrumentiert und dürfte mit seinem mystischen Charakter der am wenigsten burleske Satz sein. Über sanfte Harfenklänge und schimmernde Hornakkorde erstreckt sich ein dichtes Geflecht von Streichern, in das nun auch die Hörner einsteigen während die Pauke ein sanftes rhythmisches Fundament liefert
Variation VII ist der längste Satz des Werkes und wurde von Brian mit Finale en form dOuverture übertitelt. Dieser Umstand dürfte letztendlich zu dem falschen Titel Burlesque Variations on an Original Theme and Overture in der Ausgabe des Staffordshire Sentinel geführt haben. Als Vorbild für diesen Satz diente Brian die traditionelle Konzertouvertüre, die stets auf der Sonatenhauptsatzform basierte.
Das Finale beginnt mit einer der vierten Variation ähnlichen Transformation des Themas in den Streichern von sehr strengem Charakter, der schon fast klassisch anmutet. Das ganze Orchester steigt nach und nach ein und führt die Idee fort, sodass sich die Musik immer weiter steigert und nach einer vollen Darbietung der Variation abrupt abbricht. Nach einer kurzen Generalpause setzten die Holzbläser mit dem zweiten Thema ein, das ganz traditionell im Gegensatz zu dem strengen ersten Thema weich und lyrisch daherkommt und sanft von Harfenarpeggien begleitet wird. Auch hier steigert sich die Musik leicht, um sofort wieder abzubrechen. Nach einer kurzen Generalpause folgt eine hauptsächlich von den Hörnern und Streichern getragene Passage bevor ein kurzer Blechchoral erklingt und anschließend die Streicher unterstützt mit einzelnen Paukenschlägen - das erste Thema spielen, in das in einem vollen Tutti inklusive kurzer Trompetenfanfaren mündet. Schließlich leitet eine fallende Bewegung der Streicher in eine ruhigere Wiederholung des ersten Themas in den Holzbläsern ein, das erneut vom gesamten Orchester aufgegriffen und weitergeführt wird und noch einmal im tiefen Blech erklingt. Heftige Schläge der Pauke und des Beckens eröffnen schließlich eine ruhige von den Holzbläsern getragene Passage, die bald von den Streichern übernommen wird und in einen stets lauter werdenden Wirbel der kleinen Trommel mündet, über den sich eine immer weiter steigende Melodie für das Blech erstreckt, bevor ein heftiger Ausbruch des Orchesters und starke Unisonoschläge der großen Trommel und des Beckens einen harten Schnitt markieren, auf den eine Generalpause folgt. Noch einmal erklingt das zweite Thema in lyrischem Gewand unter schimmernden Harfenarpeggien zuerst in den Holzbläsern und schließlich in den Streichern. Eine erneute Steigerung der Musik führt nach einigen Anläufen zum Durchbruch: über einen stehenden Wirbel der Pauke und der kleinen Trommel erklingt ein triumphales Thema in der Orgel und den Bläsern, während die Streicher eine weit ausladende Sechzehntelgirlande als Kontrapunkt beisteuern und das Werk zuversichtlich endet.

Die als Frühwerk zu bezeichnenden Burlesque Variations on an Original Theme bilden ohne Zweifel eine interessante Studie über den noch jungen Havergal Brian. So finden sich in seinem dritten Werk für Orchester schon auffallende Merkmale seiner orchestralen Musik wie der häufige Einsatz von kurzen Generalpausen, die verschiedene Abschnitte deutlich voneinander trennen. Statt die oft heftig steigernden Passagen wieder zu schlichten und die Wogen zu glätten, beendet Brian abrupt einen Abschnitt, um nach einer kurzen Generalpause nicht selten einen totalen Stimmungs- und Charakterwechsel zu vollziehen. Das Werk schwächelt noch an einigen Fehleinschätzungen des jungen Autodidakten, der mit dem Umgang mit einem solch stark besetzten Orchesterapperat noch nicht ganz versiert ist sodass der Orchesterklang teilweise etwas schwammig wirkt. Trotzdem lassen die zahlreichen charakteristischen Wechsel in der Musik auf einen sehr einfallsreichen Komponisten schließen.





 

 

Drei frühe Lieder

 

 

 

 

Wie viele Komponisten der Romantik widmete sich auch Havergal Brian besonders zu Anfang seiner Karriere dem Genre des Liedes, sodass zwischen 1890 und 1926 rund 60 Kunstlieder entstanden, von denen mehrere als verschollen gelten und von einigen nicht einmal mehr der Titel überliefert wurde. 1906 schrieb Brian drei Lieder, die bisher die ältesten überlieferten Werke des jungen Komponisten in diesem Genre bilden. Brian war ein großer Bewunderer der Werke deutscher Romantiker und wählte daher in seiner Sprache ausschließlich Texte, die sich mit Liebe, Hass und Tod beschäftigen. Diese drei frühen Lieder basieren auf zwei Gedichten John Donnes und einem Text von Reginald Heber, der 1826 als Bischof von Kalkutta starb.
In dem ersten Lied mit dem Titel Sorrow Song bekennt das lyrische Ich seinem Gegenüber seine innigste Liebe, denn nun, wo die Liebe in seinem Herzen wohnt, ist kein Platz mehr für Kummer und Sorge. Das Klavier beginnt mit einem düsteren Vorspiel, aus dem sich langsam eine chromatische Linie emporquält, die nach einr kurzen Generalpause in leichte repetierte Akkorde mündet, über die sich schließlich die weit ausgedehnte Gesanglinie legt. Die weitschweifigen Melodienbögen des Gesangs lassen eine möglichst ausdrucksstarke Interpretation des Textes zu. Nach einem dem Vorspiel ähnlichen kurzen Zwischenspiel des Klaviers beginnt die zweite Hälfte des einstrophigen Gedichts. Diese Mal zielt alles auf das Wort Thee hin, dem ein gefühlvoller Ausbruch des Gesangs voller Leidenschaft folgt und der vom Klavier mit stark akzentuierten Akkorden untermalt wird. Schließlich kommt die Musik zur Ruhe und schließt sanft mit tiefen Klaviertönen. Diese Textvertonung ist somit fest der romantischen Liedtradition vollen emotionalen Ausdrucks verbunden und beeindruckt durch seinen kraftvoll leidenschaftlichen Charakter.
Das zweite Lied The Message bildet eine Botschaft des lyrischen Ichs an seine Geliebte, deren Lügen nun entlarvt wurden. Das lyrische Ich will von der verlogenen Frau loskommen, auf dass ein anderer Mann auf ihre Tricks hereinfalle. Das Lied strahlt den heiteren Optimismus des lyrischen Ichs aus, das sich nun in neuer Freiheit wähnt und besonders das vergnügte Klavierspiel unterstreicht die neckische Verachtung, die das lyrische Ich seiner ehemaligen Geliebten empfindet.
In Farewell wird der Schmerz während des Abschieds geschildert und so ist auch das Lied von verzweiflungsvoller Stimmung. Die oft sehr engen Intervalle der Gesangsstimme ähneln teilweise einem herzerweichendem Seufzer und während von schweren Akkordfolgen des Klaviers untermalt. Gegen Ende der beiden Strophen spitzt sich die Musik zu einem kurzen Höhepunkt, um wieder melancholisch und hoffnungslos zurückzusinken, denn nichts kann den Kummer zwei voneinander scheidenden lindern.
Die Wahl der Texte und die Art der Vertonung zeigen, dass der junge Havergal Brian vollkommen der Romantik verschrieben war, jedoch nicht ohne seine eigene musikalische Ausdrucksweise zu finden. So sind alle drei Kompositionen für den Solisten sowie für den Pianisten äußerst undankbar gesetzt. Während das Klavier mit sehr vollgriffigen Akkorden zu kämpfen hat, muss der Sänger oft äußerst große Intervallen und sehr lang gehaltene Linien bewältigen und währenddessen die tiefen Gefühle des lyrischen Ichs angemessen transportieren. Obwohl die Gesangsstimme oft in großen Linien agiert scheinen die Lieder insgesamt durch einschneidende Generalpausen und heftige Ausbrüche auseinander zu fallen. Die Kompositionen sind alles andere als idiomatisch konzipiert, entbehren aber nicht eines äußerst wirkungsvollen Effekts bei einer gelungenen Interpretation.


 

 

For Valour

 

 

 

 

Obwohl das erste Manuskript mit Oktober 1906 datiert ist, gab das Programm zur Uraufführung unter Henry Wood am 8.10.1907 schon 1904 als Entstehungsjahr an und auch ein Artikel in Brians Lokalzeitung The Staffordshire Sentinel lässt darauf schließen, dass das Stück schon vor dem im Manuskript festgehaltenen Datum existierte, denn in der Ausgabe des 14.10.1904 wird Brian als Ouvertüren-Komponist bezeichnet, obwohl heutzutage nur For Valour das einzig bekannte Werk dieses Genres in Brians früher Schaffenszeit darstellt. Am 24.11.1905 gab The Staffordshire Sentinel außerdem sogar die Fertigstellung des Werkes mit einer deutlichen Schilderung der Musik an Hand der Partitur bekannt. Es ist also davon auszugehen, dass Brian einige Veränderungen für die Uraufführung vornahm und die Arbeit an der neuen Partitur im Oktober 1906 beendete. Zu einer ebenfalls im Staffordshire Sentinel angekündigten Uraufführung in Bournemouth unter Sir Dan Godfrey kam es nie. Laut dem Programm des Konzertes unter Henry Wood wurde Havergal Brian bei seiner Komposition von der zweiten Hälfte des Gedichts Adieu to a soldier aus Walt Whitmans Drum Tabs inspiriert, auf nähere Verbindung der folgenden Zeilen und der Musik wird jedoch nicht eingegangen:

Adieu, dear comrade!
Your mission is fulfilldbut I, more warlike,
Myself, and this contentious soul of mine,
Still on our own campaigning bound,
Through untried roads, with ambushes, opponents lined,
Through many a sharp defeat and many a crisisoften baffled,
Here marching, ever marching on, a war fight outaye here,
To fiercer, weightier battles give expression.

Auch die Ausgabe des Staffordshire Sentinel am 24.11.1905 erwähnte diese Zeilen mit keinem Wort, beschrieb die Musik allerdings als Schilderung der Kontraste zwischen dem Pomp und Gloria des Krieges und dem ruhigen Landleben. Der Titel bezieht sich auf das Victoria-Kreuz der höchsten militärischen Auszeichnung des Vereinigten Königreichs auf dem die Worte For Valour Für Tapferkeit eingraviert sind. Kurze Zeit bevor Brian mit der Arbeit an dem Werk begann siegte das britische Imperium 1902 in der zweiten Auseinandersetzung zwischen britischen Truppen und burischen Rebellen zu Gunsten der britischen Interessen, was in der Bürgerschicht Großbritanniens ein starkes Gefühl von Patriotismus wachrief. Auch dieser geschichtliche Hintergrund könnte den strahlenden heroischen Charakter der Musik erklären.

Alleine die Besetzung des Werkes mit dreifachen Holzbläsern, sechs Hörnern, vier Trompeten, drei Posaunen, Basstuba, Orgel, einem großen Schlagwerkapparat und groß besetzten Streichern lässt auf Brians Ehrgeiz in Hinblick auf dieses Werk schließen. Da das Stück als Konzertouvertüre konzipiert ist, basiert For Valour klar auf einer Sonatenhauptsatzform, wobei auffällt, dass die Gewichtung einer langen Exposition gegenüber einer sehr knappen Durchführung nicht dem typischen Umgang romantischer Komponisten mit dieser Form entspricht.

Schon in den ersten Takten geht Brian sofort in die Vollen: Nach einem rollenden Paukenwirbel erstrahlt das erste Thema in Streichern und Blech. Bei diesem Thema handelt es sich um vier fallende Sekunden, die rhythmisch markant in Szene gesetzt und zwei Male nach oben sequenziert werden. Trotz seiner einfachen Beschaffenheit strahlt dieses Thema Glanz und Zuversicht aus. Nach einer kurzen Steigerungspassage der Streicher erklingt eine weitere markante Blechfigur auf die erneut das erste Thema folgt, welches nun vom ganzen Orchester weitergeführt wird. Die Musik steigert sich weiter um dann (typisch Brian) abrupt zu verstummen. Nach einer kurzen Generalpause beginnt eine ruhige Passage für Horn und Oboe, die mit leichter Streicherunterstützung eine in sich kontrapunktisch verflochtene chromatische Variation des ersten Themas spielen. Nach einer weiteren kurzen Generalpause wird das chromatische Material erneut aufgegriffen und fortgeführt, bis es schließlich in einem Seufzermotiv der Violinen endet und sanft von diesen erneut vorgetragen wird. Schließlich kehrt das erste Thema zurück und wird schließlich vom ganzen Orchester inklusive der Orgel triumphal vorgetragen. Eine Solooboe leitet zum zweiten Thema über. Handelte es sich bei dem ersten Thema um den Ruhm des Krieges, so erklingt hier das pastorale Element des bescheidenen Lebens auf dem Lande. Über einen langen Orgelpunkt der Streicher spielt die Klarinette ein sanftes Thema, das schließlich von den Holzbläsern mit leichter Unterstützung der Blechbläser und der Harfe unterlegt und schließlich auch von den Violinen gespielt wird. Eine kurze Fanfare in den Trompeten erschallt, um sofort wieder zu verstummen. Nach einer kurzen Generalpause erklingt eine feierliche Passage der Blechbläser und der Orgel, bevor auf eine weitere Generalpause ein zarter Streicherteppich folgt, über die nun eine Viola die chromatische Variation des ersten Themas spielt, bevor eine Trompetenfanfare über einem Wirbel der kleinen Trommel den dritten Abschnitt der Exposition markieren. Hier zeigt sich nun der militärische Aspekt des Krieges in einem schwergewichtigen Marsch des Schlagwerks und der Blechbläser, die sich mit dem neckischen Spiel der Holzbläser abwechselt, deren melodisches Material ganz klar an dem fallenden Charakter des ersten Themas angelehnt ist. Schließlich erklingen die Streicher mit einer schwelgerischen Darbietung des pastoralen zweiten Themas. Hier lässt Brian beide Welten schonungslos aufeinander prallen. Eine fulminante Version des ersten Themas mit einem kurzen Nachspiel der Holzbläser beschließt die Exposition. In der folgenden kurzen Durchführung spaltet Brian einzelne Motive des ersten Themas ab und schickt die mehrfach variierte fallende Tonfolge durch alle Instrumentengruppen, bevor eine kurze Blechfanfare das Ende der Durchführung bekannt gibt. Nach einer kurzen einschneidenden Generalpause beginnt die Reprise mit einer fast unveränderten Darbietung der chromatischen Variation des ersten Themas aus der Exposition für Horn und Oboe mit anschließender Wiederholung in den Streichern. Schließlich erklingt auch das erste Thema in ursprünglichem Gewand voller Heroismus und Zuversicht, bevor Einige Beckenschläge, gezupfte Bässe und Trompetenakkorde wieder zu der von Holzbläsern durchsetzten marschartigen Passage überleiten. Ein flirrender Streicherteppich und ein schwerer immer weiter nach oben steigender Blechchoral markieren schließlich das Ende des Werkes, welches triumphal in einem vollen Orchestertutti mit Orgel endet.

In dem Frühwerk Havergal Brians besticht For Valour vor Allem durch die kompositorische Konsequenz, mit der das Werk einer bestimmten Form folgt, der wenn auch sehr dichten gekonnten Instrumentierung und der beeindruckenden Vielfalt an musikalischen Einfällen. Einem heutigen Hörer mag der heroische und strahlende Charakter in Bezug auf kriegerische Handlungen negativ aufstoßen, jedoch sollte man die ganz andere Sichtweise des Bürgertums im die Jahrhundertwende berücksichtigen, die von einem viel stärkeren Nationalstolz und daraus resultierendem Patriotismus herrühren. Den moralischen Aspekt vernachlässigend ist Havergal Brian mit For Valour ein bestechend strenges, aber gerade deshalb wirkungsvolles frühes Werk gelungen, das ein deutliches Potential Brians als Symphoniker aufzeigt.


 

 

Festal Dance

 

 

 

 

1908 stellte Havergal Brian A Fantastic Symphony nach programmatischem Verlauf in vier Sätzen fertig, die mit ihren leicht ironisch Anklängen wahrscheinlich von Richard Strauss Sinfonia Domestica inspiriert wurde und deren thematisches Material auf der Melodie des Kinderreims Three Blind Mice basierte. Doch Brians inoffizielle Symphonie Nr.1 wurde schon ein Jahr später vom Komponisten in ein dreisätziges Werk mit dem Titel Humorous Legend on Three Blind Mice umgearbeitet, aus dem Brian wiederum den mittleren Satz strich und die übrigen beiden Rahmensätze nach einigen Veränderungen 1912 als einzelne Konzertstücke mit den Titeln Fantastic Variations on an Old Rhyme und Festal Dance veröffentlichte.

Ursprünglich als Dance of the Farmers Wife betitelt fungierte Festal Dance als Finale der Symphonie, die anscheinend zu Beginn in vier Sätzen konzipiert war. Obwohl Humorous Legend Three Blind Mice in drei Sätzen mit einem mittleren Scherzo unterteilt war, das von Brian später gestrichen wurde, ist auch Festal Dance mit seinem beschwingten ¾-Takt und dem mittleren langsamen Trio von der Natur eines Scherzos und die dichte aber detailreiche Orchestrierung bescheinigt erneut Brians Kompetenzen als symphonischer Komponist.

Das Stück wird alleine vom Schlagzeug eröffnet, das mit Pauken, großer und kleiner Trommel sowie Tamburin und Becken einen schwungvollen ¾-Rhythmus entwickelt. Schließlich erklingt das ganze Orchester über den perkussiven Teppich und stellt mit verspielten Holzbläsern und leuchtendem Blech ein markantes aber aber hüpfend tänzerisches Motiv vor, das in den folgenden Takten von den Streichern mit einem Schuss Eleganz in Moll wiedergegeben wird. Diese Figur erklingt mehrmals in den verschiedenen Registern und Instrumentengruppen, bevor die Flöten eine lyrisch anmutige Melodie vortragen, die sanft von dem Horn umspielt und anschließend elegant von den Violinen weitergeführt wird. Schließlich übernehmen wieder die Holzbläser und Brian schickt die ersten Noten der Melodie durch alle Holzbläserregister, bevor quirlige Triller der Flöten und eine behäbige Blechfigur ein Wechselspiel zwischen säuselnden Violinen und geschmeidigen Holzbläsern einleitet. Schließlich kehrt die Melodie wieder in den Holzbläsern zurück, doch dieses Mal aus einem strengen Fundament eines Achtelpulses in den gezupften Streichern und dem Tamburin. Nun zieht Brian die Temposchraube deutlich hoch und die Melodie erklingt um einige Töne nach oben gerückt in den Violinen, während der Achtelpuls immer stärker wird und auch der Hornkontrapunkt rauer wird. Dieses Spiel wiederholt sich zweimal, sodass die Musik in einen immer schneller werdenden Strudel gerät und schließlich in das beschwingte Tanzmotiv vom Anfang mündet und den ersten Teil beschließt.
Das Trio wird vollständig von einer Fuge bestritten, deren behäbiges Motiv zuerst gemächlich in den Fagotten und Bässen dahin trottet und später von den Flöten zierlich garniert wird. Schließlich steigt auch die Pauke mit ein bevor das Thema massiv in den Hörnern und Posaunen erklingt. Anschließend tauchen Fragmente des Themas immer dichter beieinander in einzelnen Solo-Instrumenten auf, bevor wieder strahlend die Tanzfigur die Wiederholung des ersten Teils einleitet. Wieder erklingt die lyrische Melodie dieses Mal in vollerem Gewand der Streicher, bevor wieder das Tempo stärker anschwillt und die Pauke unerbittlich einen Marschrhythmus einwirft. Aus dem immer hektischeren Durcheinander kristalliert sich ein gestauchte Variation des Tanzmotivs in den Holzbläsern und Trompeten mit Unterstützung der kleinen Trommel hervor, die von einem dissonanten Akkord der Hörner stets unterbrochen wird. Nach einer kurzen Generalpause bricht das ganze Orchester mit der gestauchten Tanzfigur los, ebenfalls durchsetzt von nun aggressiven schiefen Blechakkorden bevor das Stück in einen grandios virtuosen Rausch beschließt.


 

 

Fantastic Variations on an Old Rhyme

 

 

 

 

Bis heute ist man sich nicht einig, ob die Fantastic Variations on an Old Rhyme wirklich der erste Satz der ehemaligen Fantastic Symphony waren, da ein Variationssatz zu Beginn einer Symphonie etwas merkwürdig erscheint. Der Titel bezieht sich auf natürlich auf das Kinderlied Three Blind Mice, dessen eingängige Melodie Brian hier virtuos variiert. Während die vier Jahre zuvor entstandenen Burlesque Variations on an Original Theme noch in einzelne Sätze mit unterschiedlichen Charakteren unterteilt waren, handelt es sich bei diesem Werk um einen fast symphonisch angelegten Satz, dessen Programm sich ganz an dem Kindervers zu orientieren scheint.

Three blind mice. Three blind mice.
See how they run. See how they run.
They all ran after the farmer's wife,
Who cut off their tails with a carving knife,
Did you ever see such a sight in your life,
As three blind mice?

 

 

 

Brian arbeitet hauptsächlich mit zwei Themen: Da wäre einmal die originale Melodie des Liedes, dass sich in zwei Phrasen unterteilen lässt. Die ersten drei Noten sind zwei fallende große Sekunden (Three, Blind, Mice) auf die eine etwas tänzerische Melodie von volkstümlichem Charakter folgt. Brian komponierte selbst ein sehr liebliches Thema, das zuerst in den Celli auftritt und durchaus musikalische Verbindungen mit der Volksmelodie aufweist. Dieses zweite Thema repräsentiert die Bauersfrau, die die drei blinden Mäuse verfolgt. In den folgenden zwölf Minuten zieht Brian alle Register um mit beiden Themen eine haarsträubende Verfolgungsjagd voller Witz und Parodie aber ebensolcher Tragik vor unseren Augen erscheinen zu lassen.

Das Stück beginnt mit den ersten drei Tönen der originalen Volksweise voller Tiefe und Pathos in den Streichern. Gezupfte Bässe und Celli echoen noch einmal das Dreitonmotiv bevor eine Solo-Oboe in anmutiger Weise den tänzerischen Abschnitt der Volksmelodie vorträgt, der nochmals in den Streichern erklingt. Der tiefe Ernst, mit dem Brian die Volksweise hier unverändert im Orchester arrangierte, vermittelt dem Hörer schon gleich zu Beginn den tragischen Ausgang der Geschichte. Doch schon weist ein kurzes Heldenleben-Zitat der Oboe auf den noblen Charakter der drei blinden Protagonisten, bevor die erste Variation über die Volksweise in den Klarinetten mit einem sanften Holzbläserfundament und sanftem Paukenwirbel erklingt. Nun übernimmt die Flöte von zurückhaltenden Triangelschlägen und einem einfachen Kontrapunkt des Horns mit einem getragenen Motiv und leitet zu einer kurzen steigenden und sofort wieder fallenden Tonfolge der Streicher über, die in einen kurzen Ausbruch mündet, bevor nun die klagende Flötenmelodie von den Streichern und Holzbläsern gespielt wird. Diese motivische Kleinteiligkeit und häufig wechselnde Orchestrierung führen dem Rezipienten gekonnt die umher irrenden Mäuse vor Augen, deren Unsicherheit nun auch in immer dichter werdenden Tremoli der Streicher Ausdruck findet und zu einem kurzen rauen Ausbruch des Blechs über heftige Paukenschläge überleitet. Nach einem kleinen Zwischenspiel der Holzbläser folgt eine heftige Darbietung der zweiten Hälfte der Volksliedweise in den Streichern die wieder in eine kräftige Blechfanfare mündet. Nun erklingt das sanfte Thema über einen weit verteilten Orgelpunkt in den vierzehnfach geteilten Streichern zuerst nur in den Celli und dann auch in der Hälfte der Violen. Ein kurzer aufsteigender Hornkontrapunkt schält sich aus dem Streicherspiel und mündet in den dreitönigen Beginn der Volksweise, der von scharfen Schlägen der Pauke beantwortet wird. Das Dreitonmotiv kehrt nun völlig demontiert erneut in den Hörnern zurück und wird wieder von der Pauke abgelöst bevor das Motiv in einem zittrigen Wechselspiel zwischen Streichern und Holzbläsern erklingt.
Dann beginnt die Jagd. Über die Schläge der kleinen Trommel auf den Off-Beat und quirlige Holzbläserfiguren spielen die Posaune und die Tuba eine grotesk anmutende Variation der Volksweise. Aus der plötzlich verstummenden Musik tut sich ein stark crescendierender Wirbel der kleinen Trommel, auf die eine etwas schräge Blechfanfare basierend auf den ersten drei Tönen der Volksmelodie vielleicht einen vorerst glücklichen Ausgang für die Mäuse ankündigt. Nach einer ruhigen Hornpassage folgt nochmals eine kurze Fanfare und eine weitere ruhige Passage der Holzbläser über zurückhaltend tremolierenden leitet zu einem weiteren Abschnitt über, der als der Kernsatz des Werkes bezeichnet werden könnte.
Dieser wird von einer ausladenden Darbietung des zarten Themas für die Bauersfrau bestritten. Die durch und durch lyrische Passage wird hauptsächlich von den Streichern mit leichten Holzbläserornamenten und stützenden Akkorden des Blechs getragen. Wie zu Beginn wird das thematische Material von den Celli und Violen vorgetragen, erst später übernehmen die Violinen mit einer satten Interpretation des Themas. Während dieses Höhepunkts voller satten Streicherspiel und Tutti-Holzbläsern blitzt kurz eine Figur für Blech und Pauken hervor, die vom Rhythmus auf dem tänzerischen Element der Volksweise basiert und nach einem weiteren ausladenden Abschnitt für Streicher und Holzbläser beschließt der Kernsatz mit einer strahlenden Blechfanfare, die sich als Variation über den zweiten Abschnitt des Kinderliedes entpuppt.
Kaum ist diese verklungen leitet die kleine Trommel (dieses Mal ohne Schnarrsaiten) die zweite Verfolgungsjagd ein. Hier spaltet Brian nun kleine Variationen aus den ersten drei Tönen der Volksmelodie ab und lässt diese kleinen Motivzellen in unglaublich vielschichtiger detailreicher Orchestrierung von den Streichern und Holzbläsern hin und herschleudern. Schließlich steigen auch die vier Hörner ein und bei genauerem Hinhören stellt sich deren von eilenden Streichern und quirligen Holzbläsern ornamentierter Kontrapunkt als die ganz leicht abgewandelte Volksweise heraus. Nun treten die Hörner mit einem leicht dissonanten Rufmotiv über einen galoppierenden Rhythmus der kleinen Trommel in den Vordergrund und unterbrechen die virtuos orchestrierte Verfolgung. Nervöse Streicher und hektische Holzbläser läuten die letzte Runde ein. Nun treibt die kleine Trommel mit dem Galopprhythmus das Orchester erbarmungslos an, bevor eine schwerfällige Blechfigur garniert vom Glockenspiel und Beckenschlagen die Musik nach Luft schnappen lässt. Nervöse Streicher und zittrige Violinen steigen langsam wieder empor, bevor nachmals das schwer atmende Blech nach oben gerückt wiederkehrt. Schließlich kommt die Verfolgung langsam wieder in Fahrt. Eine vom Beginn der zweiten Jagd gewohnt verspielte Passage für Holzbläser und Streicher mündet in eine optimistisch schillernde Darbietung der ersten drei Töne der Volksweise in den Violinen auf die eine glanzvoll (inkl. Ad. lib. Orgelstimme) Orchestrierte Fortführung der Melodie folgt. Kann doch noch alles gut ausgehen? Doch plötzlich baut sich über einem spannungsvollen Wirbel der kleinen Trommel ein Dominantseptakkord in der Tuba und den Posaunen auf, der von einer rasend schnell fallenden Glissando-Figur des restlichen vollständigen Orchesters zum Schweigen gebracht wird. Der Tod blitzt aus jeder einzelnen Note dieser zwei Takte hervor und es wird schnell klar: Dieses Mal haben nicht die Mäuse gesiegt.
Die gezupften Bässe und leisen Paukenschläge symbolisieren das Echo nach dem verheerenden Schlag, auf den eine choralartig arrangierte Darbietung der Volksweise folgt. Der Grat zwischen Parodie und aufrichtiger Trauer um die drei Protagonisten ist schmal, doch Brian wandelt mit der Gewitztheit eines grandiosen Virtuosen im Umgang mit dem Orchester darauf. Dieses faszinierende und wahnwitzige Stück schließt mit einer hoffnungsvollen ausladenden Variation über die Volksweise voller vielschichtiger Kontrapunkte, bevor der Vorhang zu zwei von Beckenschlägen garnierten Schlussakkorden fällt.

 

 

Why Dost Thou Wound and Break My Heart?

 

 

 

 

Dieses Lied ist eine von drei Vertonungen Robert Herricks, die um 1910 entstanden. In Why Dost Thou Wound and Break My Heart bitte das lyrische Ich, das seine Geliebte verlässt, sich seiner Liebe sicher zu sein und seiner zu harren. Bevor die Tränen des Abschieds vollkommen getrocknet sind, werde das lyrische Ich seine Hand wieder auf die Türklinke legen, denn wenn es gegangen ist, ist es fast schon wieder zurück. Das Lied ist in Brians frühen spätromantischen Stil komponiert und beeindruckt durch ein großes emotionales Spektrum und einen rasanten Wechsel verschiedener Tempi.
So beginnt das Stück mit einem donnernden Vorspiel des Klaviers, über das der Sänger schon bald die titelgebende Frage stellt. Als das lyrische Ich den bevorstehenden Abschied anspricht, wird die Musik plötzlich sehr zurückhaltend und fast klagend, bevor das Klavier mit einem virtuosen Zwischenspiel losbricht, das sich allerdings schnell wieder beruhigt und in verträumte Klänge mündet. Voller Expression erinnert das lyrische Ich seine Geliebte nun an sein Liebesversprechen. Ein Nachhall des starken Ausbruches im Klavier mündet erneut in eine zarte Passage, bevor der Sänger die zweite Strophe voller Kraft und Ausdruck vorträgt und vom Klavier mit donnernden Akkorden unterstützt wird. Das Lied endet schließlich wieder mit zarten Klängen, zu denen das lyrische Ich seiner Geliebten verspricht, nach seiner Rückkehr mit ihr zusammen zu leben.


 

 

In Memoriam

 

 

 

 

Am 27.10.1910 beendete Havergal Brian in Trentham, Stoke-on-Trent seine Arbeit an In Memoriam, einer für Brian üblich groß besetzten Orchesterpartitur. Obwohl das Werk mit Tone Poem übertitelt ist, äußerte sich Brian nie zu der Inspiration zu diesem Stück und verneinte jede Verbindung zwischen der Musik und dem gleichbetitelten Gedicht Lord Tennysons oder dem Tod König Edwards VII am 6.5.1910. In dem Manuskript finden sich zwar einige Hinweise auf ein mögliches Programm, die aber von sehr vager Natur sind. Auf dem Deckblatt finden sich in goldener Schrift die Worte Vigueur de dessus, die sich ungefähr mit Macht von oben übersetzen lassen. Auf der ersten Seite findet sich allerdings der von Brian verworfene Untertitel Homage to an Artist, der sich eventuell auf James Whewall, Gründer der North Staffordshire District Choral Society bezieht. Whewall war für Brian ein enger Freund und Mentor, bis er im November 1909 eines plötzlichen Todes starb kurz nachdem er ein Konzert für das Königspaar in Windsor Castle dirigiert hatte. Außerdem finden sich innerhalb des Manuskripts mehrere gestrichene Hinweise auf ein Programm in Form einer Trauerzeremonie, doch in der gedruckten Ausgabe der Partitur sind nur noch die Unterteilungen des Werkes in drei Szenen enthalten.

Die erste Szene wird von einem strengen schwergewichtigen Marsch der Pauke eröffnet. Zuerst steigen die Trompeten mit einem fanfarenartig repetierten Akkord über einem absteigenden Kontrapunkt der Posaunen ein und schließlich erhebt sich ein nobles Motiv, das fast von dem ganzen Orchester vorgetragen wird. Auf diese pompöse Eröffnung folgt eine kurz anhaltende Stille bevor die Violinen mit den Klarinetten ein sanftes Thema spielen, das von weich gezupften Streichern begleitet wird. Es folgt eine kurze Hornpassage die von den Streichern fortgeführt wird und schließlich in ein Wechselspiel zwischen den Streichern und tiefen Holzbläsern mündet. Nun kehrt das Thema in vollerer Streicherbesetzung zurück und auch die Hornpassage erklingt jetzt mit einem ausladenden Kontrapunkt der Streicher während die kleine Trommel ein rhythmisches marschähnliches Fundament liefert und ein weiterer kurzer Höhepunkt folgt. Nach einer kurzen Generalpause folgt das Wechselspiel zwischen Holzbläsern und Streichern in einer ausgedehnten Fassung, aus der sich langsam der eine fallende Figur in den Hörnern hervorschält. Schließlich fällt das ganze Orchester inklusive der Pauke in dieses rhythmisch prägnante Motiv, um abrupt zu verstummen. Eine kurze Passage für Hörner, tiefe Streicher und Pauke leitet in einen weiteren getragenen Abschnitt über, der immer weiter anschwillt um erneut abrupt zu enden. Wieder läutet die kurze Passage für Hörner, tiefe Streicher und Pauken einen neuen Abschnitt ein, der von den Klarinetten über gezupfte Bässe vorgetragen wird, bevor auch hier wieder das ganze Orchester einsteigt und die Musik zu einem weiteren Höhepunkt führt, der langsam wieder abnimmt und in eine längere getragene Passage mündet, die sich immer weiter steigert. Schließlich erklingt in den Violinen ein oktaviertes Thema, das vom starken Blech gestützt wird um bald wieder abzubrechen. Nach einer kurzen Generalpause ertönt die kleine Trommel mit einer unerbittlichen Triolenkette über die das Orchester nun das fallende Motiv in kräftigem Charakter. Auch hier bringt eine einschneidende Generalpause die Musik zum Schweigen. In drei großen Orchestercrescendi bäumt sich die Musik noch einmal auf bevor ohne Pause die Zweite Szene beginnt, die mit Andante ma solenne e religioso überschrieben ist und tatsächlich erinnert das zarte vierstimmige Spiel der gedämpften Streicher an einen Choral. Nun übernehmen die Hörner unterstützt von der Harfe - mit einigen sanften Akkorden bevor die Streicher ihr Material fortführen. Schließlich erklingt das thematische Material zuerst in der Flöte und der Oboe über zarte Harfenarpeggien und nach einem kurzen Einwurf der Hörner in einem sanften Wechselspiel der Streicher und Holzbläser, in das sich kurz einige leise Schläge der Pauke und weiche Hornakkorde mischen. Schließlich gewinnt die Musik an Tempo und Fülle. Einzelne Töne des Glockenspiels verstärken die zauberhafte Atmosphäre. Nach einer kurzen etwas lebhafteren Passage erklingt ein lang gehaltener Orgelpunkt der Orgel über den sich zuerst wieder die Streicher legen bevor das Orchester nach und nach einsteigt und die zweite Szene mit einer furiosen Darbietung des Themas in voller Pracht von den Trompeten über schillernde Röhrenglocken und schließlich vom ganzen Orchester vorgetragen endet.
Die Dritte Szene beginnt wieder leise mit einem sanften Thema, das zuerst von der Oboe vorgetragen und von der Flöte fortgeführt wird. Nach einer kurzen Passage und einigen Tönen des Horns gewinnt die Musik wieder an düsterer Stimmung. Schließlich spielen die Celli das Thema über einen Viertelpuls der Pauke, der bald von einem getragenen Kontrapunkt der Holzbläser abgelöst wird und schließlich übernehmen die Violinen das Thema und leiten die Musik zu einem weiteren Höhepunkt. Über den flirrenden Streichern erheben sich nun nobel die Hörner und präsentieren das Thema in einer zurückhaltend kraftvollen Darbietung. Schließlich verklingt die Musik langsam und nur ein sehr weit auseinander liegender Orgelpunkt den Violinen und Bässen bleibt stehen über das jetzt die Hörner und Holzbläser abwechselnd noch einmal das Thema legen. Zarte Harfenakkorde und sanfte Hornklänge über hohen pianissimo-Violinen beschließen dieses Stück bescheiden und ruhig.



 

 

Doctor Merryheart

 

 

 

 

1912 stellte Havergal Brian in Trentham, Stoke-on-Trent seine erste von insgesamt drei Comedy Overture fertig. Obwohl als solche bezeichnet, stellt Doctor Merryheart Brians dritten Ausflug in das Genre der Variation dar und weist auffällige Ähnlichkeiten mit den symphonischen Dichtungen Richard Strauss' auf, dem Brian neben Sibelius zu dieser Zeit höchste Verehrung entgegenbrachte. Ähnlich wie in Strauss' "Don Quixote" besteht Doctor Merryheart aus acht Variationen, deren jeweiliger Charakter einer programmatischen Basis zu entnehmen ist. Doch im Gegensatz zu Strauss dachte Brian sich einen eigenen Protagonisten für sein Werk aus, sodass die Musik keiner bereits bekannten Vorlage folgt. In dem Vorwort zu dem Werk beschreibt Brian seinen wunderlichen Protagonisten mit diesen Worten: "

Doctor Merryheart war ein Astronom mit sehr eigensinnigen Ansichten, dessen ständiges Lächeln und seine Genialität ihm den Namen Doctor Merryheart einbrachten. So war Merryheart der festen Überzeugung, dass Sonne, Mond, die Sterne und alle weiteren Himmelskörper Teil einer großen diatonischen Skala seien, deren tonaler Kern im Zentrum der Milchstraße liege. Obwohl er ein Astronom war, verleugnete er den Nutzen des Spektroskops und wies außerdem darauf hin, dass es in der Himmelskörperskala keine Chromatik gäbe. Merryheart war der Meinung, dass man sich gerade im Zenit der Erschließung der himmlischen Musik befände, die auf der diatonischen Skala beruhe. Es fiel einem schwer, Merryhearts Ansichten ernst zu nehmen, da er seine Theorien stets mit einem Lächeln vortrug. Außerdem trug er stets eine illustrierte Ausgabe von Daudets vorzüglicher Satire Tartari of Tascaron und kannte das Buch so gut, dass er Tartarin schließlich als wahren Helden ansah. Doch wenn auch die Tage des Doctor Merryhearts so schelmisch erschienen, so ernst hingegen waren seine Nächte, denn Merryheart war ein großer Träumer, dem nachgesagt wurde, ständig während seines Schlafes zu murmeln und einmal "Ich muss diesen Löwen töten." gesagt zu haben. Auch plagten ihn des öfteren Alpträume und viele Geister erschienen ihm, bevor er in großer Aufregung erwachte."

Es gibt mehrere Hinweise darauf, dass Brian sich in der Figur des Merryhearts selbst ein wenig karikierte, denn es ist überliefert, dass Brian seine Träume ernst nahm. Auch das wäre ein kleiner Wink in Richtung Strauss, der sich selbst allerdings ohne den ironischen Unterton eine Tondichtung schuf: "Ein Heldenleben". Außerdem weist Daudets Held Tartarin Ähnlichkeiten mit dem ebenfalls von Strauss in einer Tondichtung charakterisierten Don Quixote auf.
Obwohl Doctor Merryheart nur mit einer normalen Orchesterbesetzung besetzt ist, gilt dieses Werk als eines der frühen orchestralen Meisterstücke des 36-Jährigen, das schon auf die kommenden gigantischen ersten und die raffinierten viel strafferen späteren Symphonien hinweist. Außerdem ist Dorctor Merryheart eines der ganz wenigen Werke, die zu Lebzeiten des Komponisten häufig aufgeführt wurden u. A. in den USA von Bernard Herrmann.

Das Werk beginnt in der Einleitung mit der musikalischen Charakterisierung des Doctor Merryheart, die nicht aus einem großen Thema, sondern vielen kleinen individuellen Elementen besteht, die in den einzelnen Variationen unabhängig voneinander entwickelt werden. So eröffnet die Musik mit einem kräftigen Triller der Trompeten und Violinen, der von einem Tamburinwirbel verstärkt wird. Hierauf folgt in den höheren Registern eine absteigende Skala, die auch simultan von den tiefen Registern jedoch in halbem Tempo gespielt wird. Nach einem weiteren Triller folgt eine kleine folkloristische Melodie in den Streichern, die nach einem dritten Triller von einem fanfarenartigen Motiv der Trompeten und Holzbläser abgelöst wird. Jetzt erklingen die ersten beiden Elemente in noch größerer Besetzung, bevor das folkloristische Element in fast scherzohaften Gewand erscheint. Schließlich wiederholt sich der gesamte Verlauf nun in voller und reicher Orchestrierung, bevor ein verspieltes Flötensolo die erste Variation mit dem Titel Grillen und Sonnenschatten einleitet. Flirrendes Holzbläserspiel mit tänzerischen gezupften Streichern und leichten Harfenklängen auf der Basis des folkloristischen Motivs wechselt sich hier mit erhabenen Blechchorälen ab. In der zweiten Variation Lächeln und Stürme werden die beiden gegensätzlichen Charaktere der verspielten Holzbläserpassagen und fast religiösen Blechchoräle nun deutlicher hervorgehoben, wobei Brian in den Ruhepausen zwischen den scherzoartigen stürmischen Momenten teilweise auch auf den Brucknerschen Registerklang zurückgreift. Nach einem abwechslungsreichen Tag scheint Merryheart nun zu schlafen, sodass in der dritten Variation Träume: Schlummernd in den Armen der Venus ein durchgehend sanfter und verträumter Charakter mitschwingt. Das sanfte Thema wird hauptsächlich im komplexen Satz von mehrfach geteilten Streichern getragen und von den Holzbläsern sanft umspielt. Schließlich verharrt die Musik kurz und eine leicht impressionistische Flötenkadenz führt uns vom tiefen Schlaf in das Land der Träume. Hier muss Merryheart in der vierten Variation Als ritterlicher Kämpe verfolgt Merryheart den Blaubart sein erstes Abenteuer bestehen. Das behäbige Motiv für Blaubart trottet hauptsächlich in den Streichern mit leichter Holzbläser- und Schlagzeugunterstützung dahin, bevor eine noble Blechpassage erklingt und das Orchester zusammenführt. Besonders interessant ist hier die Ryhtmische Kopplung von 2 x 3/4 + 2x 4/4. Doch plötzlich wartet ein viel größerer Gegner auf den Helden: Merryheart kämpft mit dem Drachen ist die fünfte Variation und ist durchgängig an Wagner angelehnt. Wie Fafner wälzt sich das Orchester in den tiefen Registern langsam vorwärts. Ob die garnierenden Streicherpizzicati allerdings den sich langsam anschleichenden oder geschwind davon laufenden Merryheart beschreiben hängt ganz vom geisten Auge des Rezipienten ab. In der sechsten Variation Merryheart führt einen Zug Helden begegnet uns eine ausladende würdevoll schreitende Variation zuerst in den Streichern und dann in den leichten Frage-Antwort-Passagen des Blechs, bevor die noble Melodie wieder in den Violinen erklingt und die Musik zu einem sich langsam aufbauenden Klimax führt. Dieser sinkt jedoch schnell wieder zurück, um sich nach einer kurzen Erholung erneut noch stärker zu steigern. Pulsierende Schläge der großen Trommel und schreitende Pizzicati der Bässe gepaart mit einem ansteigenden Wirbel der kleinen treiben den Marsch immer weiter voran, bevor die Musik kurz vor einem weiteren Höhepunkt innehält, denn in den siebten Variation Merryheart ist wach tauchte der Protagonist plötzlich wieder aus seiner Traumwelt auf und eine etwas leichter orchestrierte Reprise der Einleitung beschreibt die heitere Laune Merryhearts, der wieder einmal mit heiler Haut davon gekommen war. Das Stück mit der achten Variation Merryhearts Tanz. Hier vereinen sich alle Elemente des Protagonisten zu einem gewaltigen schwungvollen Klangrausch, der diese Ouvertüre heiter und kraftvoll beschließt.
 

 

Frühe Vertonungen von William Blake

 


Havergal Brian empfand sein gesamtes Leben eine glühende Begeisterung für die Schriften William Blakes, sodass in seiner frühen Schaffensphase um 1910 unzählige Textvertonungen Blakes aus der Feder des Komponisten flossen. Brian wollte mit den Vertonungen aus Songs of Innocence and Experience das junge Publikum adressieren, sodass sie ursprünglich für Kinderstimme mit Klavierbegleitung konzipiert waren. Doch auch wenn Brian den Schwierigkeitsgrad im Vergleich mit seinen anderen Liedern auffallend lockerte, so erfordert eine angemessene Interpretation dieser Lieder doch die professionell gebildete Stimme eines Sängers sowie die geistige Reife eines Erwachsenen.
Piping Down the Valleys Wild handelt von einem Spielmann, der durch die Lande zieht und von einem Kind gebeten wird, seine Lieder auf der Flöte zu spielen und schließlich auch zu singen. Das Gehörte begeisterte den Knaben dermaßen, dass er von dem Spielmann fordert, dessen Lieder aufzuschreiben, dass möglichst viele Kinder sie hören können. Der heitere Charakter des Textes wird treffend von der fröhlich-schlichten Melodie der Gesangstimme rübergebracht. Auch die Klavierbegleitung ist von schlichter Einfachheit, allerdings mit auffallend vielen kleineren Verziehrungen ausgeschmückt.
The Chimney Sweeper erzählt von Kindern, die von ihren Eltern weggegeben wurden und nun als Schornsteinfeger ein klägliches Dasein fristen. Einer der Jungs sieht im Traum einen Engel, der die Kinder befreit und auf eine grüne Wiese führt.
Das Klavier beginnt mit einer fast heiteren Melodie, die jedoch nach wenigen Noten auf der Stelle zu treten beginnt und schließlich in Moll kippt. Noch bevor der Sänger einsetzt, schildert Brian in wenigen Takten schon den Umschwung im Leben des jungen lyrischen Ichs, dessen frühe Kindheit ins Straucheln gerät. Doch schon bald kommt die tänzerische Melodie wieder zum stehen und weist auf die stete Hoffnung hin, die das lyrische Ich stets im Herzen bewahrt. Typisch für Brian schildert der Sänger die tragischen Ereignisse seiner frühen Kindheit wie den Tod der Mutter in einer naiven, fast schon heiteren Melodie, was einen starken Kontrast zum gesungenen Text erzeugt. Nur die onomatopoetischen Seufzer des lyrischen Ichs werden mit der klassischen fallenden kleinen Sekunden vertont und auch der letzte Ton, der von einem Moll-Akkord unterlegt ist, lässt die wahre Tragik des Schicksals erkennen. Wieder erklingt das Klavier mit der strauchelnden Melodie zu Beginn, bevor das lyrische Ich einem Leidensgefährten, dem der Kopf geschoren wird, Mut zuspricht. Erst als geschildert wird, wie die Kinder in kleinen Laden schlafen müssen, bricht die Musik erstmals in verzweifelte Klänge aus. Doch schon bald gewinnt wieder der kindlich naive Charakter die Oberhand und beschließt das Lied nach der Schilderung des Traums in fast heiterer Stimmung.
Das Hauptthema tauchte einige Jahre später in dem Lied Lady Ellaine nochmals auf, bevor es in der Oper The Tigers eine wichtige Funktion einnahm.


 

 

Three Illuminations

 

 

 

 

Die Three Illumintations wurden im Dezember 1916 komponiert und wurden am 12.4.1935 von John Tobin in der Aeolion Hall in London uraufgeführt. Jedes der drei kleinen Stücke ist mit einem zusätzlichen Programmtext sowie kurzen Texten zwischen den Notenzeilen veröffentlicht. Es ist heutzutage unklar, ob der Text bei der Aufführung gesprochen werden sollte und die Stücke somit wie Melodramen funktionieren oder ob die Texte nur zum besseren Verständnis der teils sehr expressiven Klavierstücke dienen.
Die in den Noten gedruckten Vorworte und Anmerkungen erzählen alle kleine lustige Geschichten, die von Brian im Falle eines Klaviersolos detailreich in Musik umgesetzt wurden, oder aber die von ironischem Klavierspiel im Falle eines Vortrags mit fast schon Mickey-Mousing-Tendenzen untermalt werden.
Die erste Geschichte erzählt von zwei Jungen, die sich an einem Sonntag langweilen und deshalb in die Kirche gehen. Der eine bekommt einen Hustenanfall und eine alte Dame reicht ihm aus der Reihe hinter ihm einen Bonbon, den dieser sich mit seinem Freund teilt. Als die Jungs des Dorfes von der Geschichte hören, wollen alle am nächsten Sonntag selbstverständlich auch in den Genuss eines Bonbons kommen und setzen sich alle in die Reihe vor der alten Dame. Das Klavier beginnt mit stampfenden tiefen Tönen einen dilettantischen Organisten zu imitieren, der nur zwei Bassnoten spielen kann und somit sein restliches Spiel völlig überschattet. Erbarmungslos stampft hier die oktavierte Quinte in der tiefen Lage, während die rechte Hand möglichst leise spielt. Erst als der Pastor eintritt beruhigt sich die Musik, geht aber schnell in heiteres Spiel über, als all die Jungs extra anfangen zu husten. Die verspielten Läufe und Akkordbrechungen werden immer wieder vom inkompetenten Spiel des Organisten unterbrochen. Die alte Dame versucht verzweifelt, die Jungs zu beruhigen, hat sie doch die Bonbons zu Hause vergessen. Schließlich verschluckt sie sich im Eifer des Gewichts bei dem Versuch, Ruhe zu schaffen, sodass sie mit den erfolglosen Jungs die Kirche unter lautem Husten verlassen muss. Das Stück endet mit der Feststellung, dass der Organist eingeschlafen sei, sodass die Musik langsam verklingt.
Die zweite Geschichte handelt von einem Schmetterling, der auf der Suche nach einer passenden Stelle für seine Eier ist, jedoch von einer Wespe verfolgt und von einem schelmischen Jungen immer wieder vertrieben wird.
Das elegante leichte Spiel des Klaviers unterstreicht den Flug des Schmetterlings, der ruhelos umherfliegt. Schnelle chromatisch abfallende Figuren blitzen immer wieder auf und verweisen auf die Wespe, bis eine akzentuierte Oktave den ersten Schlag des Jungen vor Augen führt. Wieder beginnt der Schmetterling hörbar zu flattern, doch nun ist ihm auch der Junge auf den Versen. Die Musik spitzt sich immer weiter zu, bis sie mit einem weiteren Forteschlag des Klaviers endet.
Venus and the Bobby berichtet von einem Londoner Polizisten, der während seines Streifzugs in einem Fenster den Blick auf eine wundervolle Frau erhascht, die er zuvor als Venus in der Oper sah. Als diese das Haus verlässt, macht er sich auf, ihr zu folgen.
Die atmosphärische Klavierbegleitung bringt die Spannung des Polizisten sowie die mystische Erscheinung der Frau sehr gut unter einen Hut, natürlich nicht ohne kurze musikalische Verweise auf den Tannhäuser, der in Wagners Oper ebenfalls der Venus vollkommen verfallen war. Die abendliche Atmosphäre wird durch tiefe Akkorde erzeugt, über die sich ein nach und nach schneller und wieder abnehmender Triller legt, der für die Erregung des Polizisten zu stehen scheint. Teilweise gewinnt die Musik an schreitendem Tempo und klingt tatsächlich wie die tappende Schritte eines unauffälligen Verfolgers, die plötzlich innehalten, nur um bald wieder die Verfolgung aufzunehmen.

 

 

Vier Vertonungen von Gedichten Temple Kebles

 

 

 

 

Zwischen 1916 und 1919 lebte Havergal Brian in Birmingham und vertonte 1918 fünf Lieder, die auf Gedichten der engen ansässigen Freundin Wilhelmina Mary Ayrston basieren, die unter dem Pseudonym Temple Keble schrieb, von denen vier für männliche Stimme geeignet sind. Die vier Lieder lassen sich gut zwei musikalischen Charaktereigenschaften Brians zuordnen. So sind Lady Ellaine und Love is a Merry Game von der zeitgleich entstandenen burlesken Oper The Tigers beeinflusst während Renunciation und On Parting auf die massive und tiefgründige Gothic Symphony hinweisen.
On Parting wird von einem ausladenden Vorspiel des Klaviers eröffnet, aus dem während des ersten kleinen Klimax mit Dissonanzen verschärfte Akkorde aufblitzen. Schließlich klagt das lyrische Ich über den unvermeidlichen Abschied von der Person, die es liebt. In sanften weiten Melodienbögen verdeutlicht der Text den mit Leidenschaft durchtränkten Schmerz, bevor das lyrische Ich in einem großen Ausbruch noch einmal seine Liebe schwört, um schließlich immer stiller zu werden und kurz nach der Bitte verstummt, dass die geliebte Person zwar gehen möge, aber unbedingt zurück kommen solle.
Das zweite Lied ist eine mit Ironie gespickte Ode an eine gewisse Lady Ellaine, die hier in überschwänglich höchsten Tönen beschrieben wird. Das kecke Vorspiel des Klaviers mit seinen Quarten und massiven Trillern leitet die schmeichelnde Gesangsstimme ein, die in ihrem schmachtenden Gestus, den vielen Tempowechseln und lang gezogenen Silben völlig übertrieben wirkt. Einem Brian-Kundigen fällt die Hauptmelodie bereits aus dem Chimney Sweeper bekannt vor.
Renunciation ist das tiefgründigste der vier Lieder. Hier schildert das lyrische Ich das Gefühl der Leere, nachdem seine Geliebte gestorben ist. Nach düsteren Akkorden in der tiefen Lage des Klaviers erklingt kurz ein absteigendes Dreitonmotiv, das der Musik etwas mehr rhythmischen und metrischen Halt vermittelt. Schließlich geht die Klavierstimme in eine tonal schwer fassbare durchlaufende Arpeggienfigur über, die die sanft und zurückhaltend vorgetragene erste Strophe unterlegt. Als sich das lyrische Ich allerdings seiner Geliebten erinnert, steigert sich die Musik zu einem heftigen Gefühlsausbruch, brvor die Musik immer weiter zurücksinkt und schließlich wieder mit düsteren Akkorden schließt.
Love is a Merry Game schildert die glücklichen Gefühle von frisch verliebten, die oft Narren gleichen. Das ausladende Klavierspiel zu Beginn mit den ausschweifenden mehrfach oktavierten Bögen beschreibt treffend die überschwegnlichen Gefühle, die mit junger Liebe verbunden sind. Schließlich leitet das Klavier mit einer fast marschähnlichen Figur zur fröhlichen Gesangsstimme über, die aber bald schon viel ruhiger und fast scheu die glücklichen Emotionen und Erinnerungen schildert. Das Gefühl der naiven Schüchternheit und Naivität wird hier treffend rübergebracht, bevor das Lied wieder mit der vergnügten Zeile Love is a merry game schließt.

 

 

Drei späte Blake-Vertonungen

 

 

 

 

Im Januar 1919 entstanden drei weitere Vertonungen von Texten William Blakes, von denen Brian die virtuosen Klavierbegleitungen von The Birds und The Land of Dreams auf Anraten des Verlegers als zweite und vierte Miniatur der Four Miniatures integrierte. The Defiled Sanctuary ist bei einem anderen Verleger erschienen und hat so keinerlei Verbindung zu den Four Miniatures.
In dem ersten Lied weckt ein Vater seinen im Schlaf weinenden Sohn auf und auf die Frage, was das Kind bedrücke, antwortet der Sohn, er sei im Land of Dreams gewesen und hätte seine Mutter gesehen. Das Land der Träume dem Paradies und es ist davon auszugehen, dass die Mutter die interessanterweise mit einem erotischen Unterton vom Sohn geschildert wird verstorben ist. Die geschilderte Traumwelt wird in ihren ungreifbarem Erscheinen und der mystischen Schilderung durch weiche Akkorde des Klaviers und die weite aber nahezu freitonale Melodielinie des Gesangs charakterisiert. Erst als wieder das Diesseits im Text auftritt und das Kind den Vater den Vater fragt O, father, what do we here? entlädt sich die volle Verzweiflung des Kindes in drei Takten bevor die Musik wieder in den verträumten Charakter des Anfangs eintaucht.
The Defiled Sanctuary ist ein verstörendes Gedicht, in dem das lyrische Ich eine prunkvolle Kirche beschreibt, in die sich eine riesige Schlange Zutritt verschafft und ihr Gift auf den Altar spuckt. Das lyrische Ich, das all das beobachtet hat, verwandelt sich in ein Gerstenkorn und findet sich zwischen Schweinen wieder. Diese Vertonung spiegelt Brians Begeisterung wider, die dieser für Arnold Schönbergs Buch der hängenden Gärten empfand. Der zu Beginn sehr ausladende Klavierteil und der anspruchsvolle Gesangspart weisen durchgehend expressionistische Züge auf. Die Chromatik in der Klavierbegleitung während der zweiten Strophe beschreibt perfekt die langsam auf den Altar zuschlängelnde Riesenschlange, der resignative aber trotzdem kraftvolle Schluss geben perfekt die geistige Verwüstung wieder. Insgesamt gilt Brians Vertonung dieses erschreckenden Gedichts als sein größtes Lied überhaupt und weist schon auf die baldige Entstehung der Gothic Symhpony hin, die sich aus dieser experimentellen Phase ergeben wird.
In The Birds besingt sich ein Vogelpaar. Während das Männchen sich im tiefen Dickicht befindet und die weite Entfernung zur Geliebten beklagt, sehnt sich das Weibchen in seinem Nest in einem riesigen Baum nach dem Männchen. Als sie schließlich wieder vereint über die Wiese fliegen, besingen sie ihr Glück. Auch dieses Lied ist seinen den tonalen Funktion beraubten Akkorden des Klaviers und der freitonalen Gesangslinie von ähnlich expressionistischem Einschlag wie besonders The Deflies Sanctuary. Der sehr fließend zurückhaltende und sanfte Charakter der Musik fängt die jeweilige Empfindung der Liebenden treffend ein.




 

 

Drei Lieder

 

 

 

 

1918 befand sich Havergal Brian in einer schweren Phase. Nachdem er nach rund zwanzig Jahren des Komponierens seinen eigenen Stil weitestgehend gefestigt und bereits sein bis dahin größtes Werk die Oper The Tigers skizziert hatte, war er sich über seine Fähigkeiten als Komponist auch in Anbetracht einiger kleiner Erfolge wie Doctor Merryheart durchaus bewusst. Trotzdem wurde Brian schon zu dieser Zeit kaum noch veröffentlicht oder aufgeführt, sodass ihm mit The Soul of Steel ein Text gelegen kam, um seine momentane Unzufriedenheit musikalisch auszudrücken. Das Gedicht stammt von Christopher M. Masterman, dem Vermieter des Hauses, in dem Brian zwischen 1920 und 1922 lebte und ist gespickt von Trotz und Zähneknirschen, denn das lyrische Ich feuert seine Seele an, dem Widerstand von Außen Stand zu halten. Nach einem kraftvollen Beginn voller hämmernder Akkorde des Klaviers und energischen Gesangslinien fällt der Mittelteil des Liedes überraschend ruhig aus und schwankt zwischen brodelnder Unruhe und Resignation, um sich noch einmal zu einem fast schon heulenden verzweifelten Finale zu erheben. Dieses Lied dürfte eines der kraftvollsten überhaupt aus der Feder des Komponisten sein und voller Temperament Brians Aggression auf seine ignorante Umwelt schildern.
In den frühen 1920ern empfand Havergal Brian eine heftige Begeisterung für elisabethanische Dichtung, da die Poeten in dieser Epoche seiner Meinung nach bis heute die besten Texte zu Brians wichtigsten Themen Liebe, Hass & Tod verfassten. Das Sonett Care-Charmer Sleep von Samuel Daniel (1562-1619) ist ein sehr düsterer Text, in dem das lyrische Ich seine allgemeine Verzweiflung äußert. Auch hier befindet sich Brian noch in seiner modernistisch experimentellen Phase, was sich am deutlichsten in den scharfen Dissonanzen durch den starken Gebrauch von übermäßigen Akkorden äußert. Die eher resignative Grundstimmung, die besonders von der zurückhaltenden Gesangstimme geprägt wird, steigert sich in der Mitte des Liedes langsam zu einem längeren heftigen Höhepunkt in Form eines emotionalen Ausbruchs, um noch resignierter zurückzusinken und düster zu enden.
Im selben Jahr entstand außerdem When Icicles Hang by the Wall basierend auf einem Text von William Shakespeare, den Brian auch mit zahlreichen merhstimmigen Liedern tiefgründig vertonte. Hier wird eindrucksvoll ein Dorf im Winter beschrieben. Die lebhafte Klavierstimme unterlegt mit ihrer flinken Begleitung den vergnügten Gesang, der hier lebhaft einzelne Charaktere und das winterliche Umfeld beschreibt. Brian greift hier musikalisch nicht nur die im Text vorhandenen onomatopoetischen Elemente auf, sondern lässt den Gesang z.B. mit schnellen auf- und absteigenden Phrasen den heftigen Wind besingen. Insgesamt ist When Icicles Hang by the Wall eine der heitersten Vertonungen Brians aus dieser Zeit.

 

 

Legend for Violin and Piano

 

 

 

 

Bisher ist nur von vier Werken Havergal Brians im Bereich der Kammermusik bekannt. Dazu zählen ein Streichquartett sowie zwei Kompositionen für Cello und Klavier, die alle drei bis heute verschollen sind sowie die Legend for Violin and Piano. Brian schätzte die Entstehung des Werkes auf das Jahr 1924, allerdings muss es schon mindestens drei Jahre zuvor existiert haben, da es auf einer Liste mit 13 anderen Werken zu finden ist, die Brian am 24.11.1921 seinem Verleger als Vorschlag für geeignete Stücke zur Veröffentlichung schickte. Das Werk wurde jedoch weder aufgeführt noch veröffentlicht und Brian selber verlegte es einige Jahre vor seinem Tod und hielt es für verschollen oder zerstört. Erst nach seinem Tod wurde das undatierte Manuskript in seinem Arbeitszimmer gefunden.
Das Werk selber ist typisch für Brian von sehr kraftvollem Charakter, sodass die orchestral konzipierte Klavierbegleitung oft sehr vollgriffig ausgesetzt ist und die Violine einige Passagen durchweg oktaviert. Allerdings weist auch dieses Stück Brians typische musikalische Charaktereigenschaften auf wie einen sehr heroischen Gestus, der sich weit von dem klassischen spätromantischen Überschwänglichkeit entfernt oder lyrische Passagen mit einem urig rauen Anstrich, der sich von dem sehr getragenen und auf dramatisch emotionale Effekte abzielende Momente aus Musik dieser Zeit unterscheidet. Wie auch in seinen Variationswerken legt sich Brian eine sehr einfache musikalische Sprache als Basis, um in seiner musikalischen Entwicklung immer virtuoser vorzugehen. Hierbei lässt sich fast jedes kleinste spätere Motiv mit den allerersten Takten in Verbindung bringen. Wie auch schon in seinen frühen kurzen Orchesterwerken erstreckt sich die Legend for Violin and Piano nur auf ein recht kurzes Zeitfenster von fünf Minuten, innerhalb dessen sich aber die einzelnen musikalischen Ideen und Stimmungen dicht an dicht reihen. Brian reduziert seine Ideen auf den inneren Kern einer jeden Passage und spielt die oft sehr unterschiedlichen Abschnitte radikal gegeneinander aus. Dabei entsteht ein dichtes Geflecht von Einfällen ohne jede Gefahr, die Musik könne in ihrer Straffheit einen Durchhänger und Längen erleiden. Durch die teils radikalen Einschnitte lassen sich die einzelnen Abschnitte und unterscheiden und ermöglichen dem Rezipienten, der Musik gut folgen zu können. So sehr sich aber die große Struktur der Musik leicht entschlüsseln lässt, umso weniger scheint Brian eine harmonische Basis ausmachen zu wollen. Besonders die Begleitung schwankt innerhalb einer Tonart immer zwischen der Moll- oder Dur-Parallele der jeweiligen Tonika. Insgesamt bietet Legend for Violin and Piano einen sehr interessanten Höreindruck, da man Brians typische Merkmale, die einem sonst immer in gigantisch besetzten Orchesterwerken voller Kontrapunkte und Nebenstimmen, nun einmal auf den Mikrokosmos von nur zwei Instrumenten reduziert zu hören bekommt.




 

 

Four Miniatures

 

 

 

 

Von den letzten Jahren des ersten Weltkriegs bis zu der Entstehung der monumentalen Gothic Symphony befand sich Brian in einer experimentellen Phase, in der er seine eigene musikalische Sprache inmitten der Zeit des Umbruchs von der Spätromantik in die Moderne suchte. Brian, der sich mit seinen Idolen Sibelius und Strauss ganz klar an der Spätromantik orientierte, dabei jedoch schon früh seine eigene Sprache entwickelte, begeisterte sich auch für einige Werke Schönbergs, auf die er unter Anderem in den vier Miniaturen für Klavier Bezug nimmt. Als Brian 1919 zwei seiner Blake-Vertonungen, nämlich The Birds und Land of Dreams zeigte, ermutigte dieser Brian, die Klavierbegleitstimmen als Solostücke zu veröffentlichen. In den darauf folgenden Monaten komponierte Brian zwei weitere Solostücke für Klavier, die von gleicher Länge und ähnlichen Charakter wie die beiden Klavierbegleitungen sind und fasste sie unter dem Titel Four Miniatures zusammen. Alle vier Stücke weisen einen starken modernistischen Einschlag auf, der so nur in wenigen vorherigen Textvertonungen Brians auszumachen war. Das sehr expressive Klavierspiel entfernt sich weit von den spätromantischen Solostücken anderer Komponisten aus dieser Zeit. Insgesamt löst sich Brian hier deutlich von der Tonalität und findet seine eigene Ausdrucksweise in sehr vollgriffigen und expressivem Spiel, dass jedoch oft von ruhigen sanfteren Passagen ausbalanciert wird. Nur die dritte Miniatur scheint wie ein verträumter Walzer eher von impressionistischem Einschlag zu sein. Die Stücke sind sehr abwechslungs- und detailreich und sind ohnehin ein spannender Ausflug in das recht spärliche Schaffen Brians für Soloklavier.

 

 

Zwei letzte Lieder

 

 

 

 

Die 1921 entstandene und bis heute unveröffentlichte Shakespeare-Vertonung Take, O Take Those Lips Away, in der das lyrische Ich seine verlorene Liebe betrauert, ist eine der letzten Shakespeare-Vertonungen Brians. Das recht kurze Lied ist ein Paradebeispiel für Brians eigenartigen musikalischen Humor: Während der triste Text von der Gesangsstimme in weitem Bogen vorgetragen wird, spielt das Klavier als Begleitung eine kreiselnde Reigenmelodie, die das gesamte Lied durchläuft und in Hinblick auf das Tempo sowie auch der Tonalität offensichtlich ihren eigenen Weg sucht und das Stück somit heiter unterlegt.
In den frühen 1920 vertonte Brian ungefähr zehn Gedichte zeitgenössischer Poeten, die heute mittlerweile in Vergessenheit gerieten. Auch von den Liedern ist nur noch eines erhalten, da Brian die Vertonungen nie an einen Verlag schickte und im Laufe der Zeit die originalen Manuskripte verloren gingen. Nur Since Love is Dead nach einem Gedicht von Fred G. Bowles aus der Zeit des ersten Weltkriegs blieb erhalten, da die Sängerin Elena Liarosa - Freundin und Förderin des Komponisten in den 1930er Jahren sich eine Abschrift des Liedes für ein Konzert anfertigen ließ. Der Text zu Brians wahrscheinlich jüngstem erhaltenen Lied ist kein riesiger lyrischer Wurf, doch Brian verstand es ausgezeichnet, die Klagen des lyrischen Ichs um die verlorene Liebe treffen zu vertonen. Die Klavierstimme ist für Brian überraschend zurückhaltend. Durchsichtig gesetzte Akkorde in der tieferen Lage gestalten einen langsamen Puls, über die Brian eine ergreifende Melodie des Gesangs legt. Die tiefe Trauer des lyrischen Ichs kommt besonders durch die zaghafte Untermalung zur Geltung. Auch sind die zwei Strophen musikalisch nahezu identisch. Während Brian sonst die einzelnen Strophen eines Gedichts unterschiedlich vertonte und oft auf einen Höhepunkt zuarbeitete ruht Since Love is Dead innerlich völlig.
 

 

Englische Suite Nr.3

 

 

 

 

Um 1919 komponierte Havergal Brian drei Sätze für Klavier, die er in den folgenden Monaten orchestrierte. Zusätzlich zu diesen drei Sätzen erstellte Brian zwei weitere Orchestersätze und stellte so 1921 seine dritte English Suite fertig. Auch von den beiden ursprünglich orchestralen Sätzen fertigte er wiederum Klavierarrangements an, was darauf hinweist, dass Brian die Klavierfassung nicht nur als bloßen Klavierauszug, sondern durchaus als Alternative zur Orchesterfassung betrachtete, allerdings ist das Arrangement für Klavier mittlerweile verloren gegangen und eine Rekonstruktion für die CD The Complete Piano Music of Havergal Brian scheiterte im Angesicht der komplexen Orchesterstrukturen. Die English Suite No.3 ist zwar nicht wie einige Lieder und Klavierwerke dieser Zeit von der frühen Wiener Schule und anderen modernen Entwicklungen geprägt, weist aber ebenfalls durch seine stilistische Zerrissenheit Brians noch andauernde Suche nach einem überzeugenden Personalstil. Wie auch in seiner ersten Englischen Suite (1902-1904) beschreibt Havergal Brian in diesem Werk für Orchester das ländliche Leben in einem englischen Dorf. Doch im Gegensatz zu Kollegen wie Vaughan Williams oder auch seiner ersten Englischen Suite scheint Brian das oft romantisierte Landleben auf eine groteske Art und Weise zu parodisieren und zu verzerren. Die English Suite No.3 erscheint wie ein bitterer Nachruf auf das in den 1920er Jahren nach und nach sich auflösende pastorale Landleben zu sein, der auf die Kehrseite der oft so gepriesenen naturverbundenen heilen Welt des kleinen Dorfes hinweist.

Der erste Satz Ancient Village ist teilweise sehr solistisch und fast schon kammermusikalisch orchestriert und weist durchweg eine impressionistische Einfärbung auf. Die Oboe eröffnet mit einer lyrischen Melodie, die hauptsächlich von einem robusten Fundament der Fagotte unterlegt wird. Die Melodie wird von der Flöte weitergeführt und zart vom Cello umgarnt, bevor nun die Klarinette sanft wiegend übernimmt und von gebrochenen Akkorden der Fagotte und gezupften Bässen und Celli begleitet wird. Nachdem die Klarinette mit einer fragenden Figur geendet erklingt eine sanfte Passage für die Streicher, in die sich die Hörner und Holzbläser sanft hineinmischen. Gedämpfte Trompeten spielen über eine sanfte Linie der Bässe und Celli eine fanfarenhaft rhythmisierte Tonrepetition. Die sanfte Linie der Bässe und Celli wird nun von den Fagotten übernommen während die Klarinetten ein Motiv in Form eines langsamen Trillers spielen, das sich bald durch das ganze Orchester zieht: Zuerst in den Fagotten unter der ausladenden Melodie der Violinen und anschließend kurz in den Bässen und Celli, die bald wieder in die ausladende Linie übergehen, während das wiegende Trillermotiv in den Violen über einen Flötenakkord erklingt. Es scheint, als ob der leichte Weckruf der Trompeten nun ein bisschen Leben in die Musik gebracht hat. Nach einer kurzen Holzbläserpassage breiten die Streicher einen vollen Teppich für ein zartes Violinsolo begleitet von einer Klarinette aus, das bald von der Flöte fortgeführt wird. Wieder zieht sich das wiegende Flötenmotiv durch das ganze Orchester hauptsächlich in den Holzbläsern bis schließlich ein kurzes Wechselspiel zwischen dem Horn und den Holzbläsern zu einer ausschweifenden Melodie der Violinen garniert mit schillerndem Glockenspiel und gestützt von weichen Bläserakkorden und die Musik zu einem sanften Finale führt.
Brian spielt hier mit deutlich pastoralen Elementen wie durchweg lyrischen Melodien oder der Solo-Violine. Der erste Satz ist in seiner sanften und anmutigen Natur noch frei von bizarren Elementen, vielleicht, weil in der Szenerie des alten Dorfes noch nicht direkt Menschen aufgetreten sind.
In dem zweiten Satz Ephithalamium wird ein Hochzeitsfest geschildert. Pauken, große Trommel und Triangel eröffnen einen urigen Rhythmus der Fagotte, der von einer ländlichen Melodie abgelöst wird, die in einem Wechselspiel von Streichern und Holzbläsern erklingt. Die heitere Stimmung wird immer weiter durch eine ansteigende Orchestrierung, penetrante Piccolo-Triller und fehlplaziert wirkende Trompetenfanfaren ins Groteske verzerrt bis das Fest in einer wilden Schlägerei endet. Die Musik bricht abrupt ab und die Solo-Violine spielt über das sanfte Fundament der Harfe mit einigen leisen Paukenschlägen eine melancholische Melodie bevor über den wiederkehrenden Bordunbass der Fagotte wieder das ländliche Element in einem nun viel zarteren und anmutigen Wechselspiel der Streicher mit solistischen Holzbläsern erklingt.
Im dritten Satz Postillions befinden wir uns wieder außerhalb des Dorfes, während sich langsam aus der Ferne berittene Boten nähern. Bässe und Celli etablieren eine schwungvolle Melodie im ¾-Takt, in die sich bald die Hörner und Holzbläser sanft einmischen. Die Musik steigert sich immer mehr. Schellenschläge und eine heroische kurze Hornmelodie blitzen aus einer immer dichter werdenden Orchestrierung auf, bevor die Reiter nun in vollem Galopp mit scharfen Posaunenklängen, Beckenschlägen und wummerndem Schlagwerk vorbeipreschen. Dann ist das Spektakel vorbei. Wie aus der Ferne nimmt man noch leicht die Schellen wahr. Das vorher so schwungvolle Ritt-Motiv der tiefen Streicher wandelt sich in eine weiche Begleitfigur, die bald von einer laufenden Achtelfigur der Harfe abgelöst wird, über die sich zart die Holzbläser legen. Sanfte Horn- und Streicherklänge beschließen den Satz.
Der vierte Satz The Stonebreaker wurde vermutlich von Henry Wallis gleichnamigen Bild inspiriert, das einen Steinklopfer im Abendlicht zeigt, der zusammengesunken an einen Abhang lehnt. Obwohl der Mann auf den ersten Blick nur zu schlafen scheint, weisen mehrere Elemente darauf hin, dass der Arbeiter vor Erschöpfung gestorben ist. Dieser Satz könnte als Hinweis auf das schwere und entbehrungsreiche Leben auf dem Land hinweisen. Stellvertretend für die oft als ehrlich und aufrichtig gepriesene harte Arbeit könnte man so die gesangliche Melodie der Hörner verstehen, die schon schnell von einer dissonanten robusten Achtelfigur der Streicher kurz unterbrochen wird, die die Not und die Gefahren repräsentiert. Doch schnell fängt sich die Melodie wieder, erklingt sogar in einem vollen Blechchoral und wird sanft von den Streichern zu Ende geführt. Eine nobel für Hörner, Holzbläser und Pauke instrumentierte Wiederholung mündet in eine ausladendere Variante der sich überlagernden Achtelkette der Streicher, die nun auch von wummernden Schlägen der großen Trommel durchsetzt ist. Doch wieder kann sich die Hornmelodie durchsetzen und wird nun von einigen kräftigen Trompetenakkorden gestützt. Schließlich erklingt die Melodie anmutig in den Violinen und Violen über gezupfte Celli und Bässe, wird allerdings schnell von einem zitternden Ausbruch des Orchesters unterbrochen um sehr zart nur im Solo-Cello und der Solo-Violine zu erklingen und von den Bässen über einen Orgelpunkt der Fagotte und schließlich von den Klarinetten über sanften Flötentrillern übernommen zu werden. Noch einmal spielen die Bässe mit den Fagotten kurz die Melodie an, die auch einmal kurz in den Violinen angerissen und über scharfe Harfenakkorde sanft in den Streichern ausgespielt wird. Ein ausgedehnter Kontrapunkt der Violinen verleiht diesem Arrangement nun allerdings eine gewisse Schärfe und schließlich unterbricht die robuste Achtelfigur des Orchesters die vorangegangene Harmonie. Aus einer recht unübersichtlichen Passage kristallisiert sich schließlich die Melodie verzerrt im Blech hervor, die von einer stark punktierten Linie der Streicher umspielt wird. Nun übernehmen die tiefen Streicher mit großer Geste die Melodie, die in kurzen Akkorden der Holzbläser und gezupften hohen Streicher nachhallt. Schließlich erklingt wieder nobel das Horn und leitet ein Wechselspiel der heftigen Achtelläufe der Streicher und der Melodie als Blechchoral ein. Nach einem weiteren Ausbruch des gesamten Orchesters erhebt sich die sangliche Melodie schließlich jedoch in einer ausladenden Fassung für das ganze Orchester inklusive einer Orgel.
Der letzte Satz Merry Peasant ist mit seiner Darstellung eines betrunkenen Bauers völlig dem ironischen Aspekt dieses Werkes gewidmet. In einer filigranen Orchestrierung werfen sich vor allem die Bläser mit fast fetzenhaften Motiven un kurzen Einwürfen der Streicher und des Schlagwerks kurze Fragmente einer nun völlig grotesk verfremdeten tänzerischen Melodie zu. Schließlich erklingt ein als Mittelteil ein hauptsächlich von der Flöte, der Oboe und den Streichern vorgetragener leichter Walzer. Doch schließlich übernimmt das wirre fragmentarisch detailreiche Spiel des Orchesters wieder die Führung und führt dieses abwechslungsreiche Stück zu einem fulminanten und von Dissonanzen geprägten Schluss.

 

 

Drei Fugen für Klavier

 

 

 

 

Obwohl Brian ein großer Freund der Musik Strauss und Elgars war, begleitete ihn schon seit seiner Zeit als junger Organist ein alter Meister auf seinem kompositorischen Weg, dem er in diesen drei Werken wahrscheinlich am Nächsten war: Johann Sebastian Bach. Allerdings waren diese drei Stücke wahrscheinlich nicht für den Konzertsaal vorgesehen, da Brian selber über sie schrieb, er hätte sie komponiert, um seine Technik für das Finale der Gothic Symphony zu verbessern. Die Fugen wurden wahrscheinlich 1924 geschrieben, also vier Jahre vor der Vollendung von Brians erster Symphonie. Außerdem sind einige Seiten nicht spielbar, da eine Hand teilweise Intervalle greifen muss, die über zwei Oktaven reichen, was dazu führt, dass in der ersten Aufnahme der Klavierwerke ein zweiter Pianist doppeln musste und Raymond Clarke in der aktuellen Einspielung teilweise über große Sprünge arpeggierte. Doch so sehr diese Werke auch als Studien verfasst wurden, so sehr sind sie es dennoch wert, zu Gehör gebracht zu werden. Während die beiden Fugen in c-moll und d-moll von sehr langsamen Tempo und schwerem Charakter sind so besticht die fast doppelt so lange Doppelfuge in Es-Dur durch ihren leichten und heiteren Charakter. Wie auch schon in seinen frühen Werken zeigt Brian hier sein großes Talent, aus einem sehr kleinen und simpel gestrickten Motiv ein komplexes Geflecht brillant komponierter Stimmen zu entfalten. Natürlich sind die Stücke sehr anspruchsvoll zu spielen und wie schon bei den Liedbegleitungen zeigt sich auch Brians oft orchestral konzipierte Satzweise, die den Stücken eine besondere Dichte und intensive Kraft verleihen.

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  • horner1980 änderte den Titel in Ich höre gerade folgendes Album (Der musikalische Rest)

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